Wir waren das letzte Mal bei Kapitel 2 und Kapitel 3 stehen geblieben. Wir haben den Abschluss von Kapitel 2 gelesen. Dabei ging es um das Verhältnis von Glauben und Werken. Besser gesagt, könnte man es überschreiben mit „der echte und der falsche Glaube“, also der biblische Glaube und der menschliche.
Jakobus will uns vor Augen führen, dass der biblische Glaube nicht nur im Kopf stattfindet. Er betrifft das Leben, die Beziehung zu Gott und auch unser alltägliches Leben und Denken. Dabei nennt er uns einige Beispiele.
Er spricht von den Dämonen, die ebenfalls glauben, dass es einen Gott gibt, aber deshalb nicht gerettet werden. Außerdem erwähnt er ein Beispiel von jemandem, der an der Haustür steht und Hilfe braucht. Wenn du dann sagst: „Sei gesegnet, gehe hinweg“, klingt das zwar fromm, hat aber mit biblischem Glauben wenig zu tun.
Das sind nur Beispiele, die wir natürlich auf die Situationen unserer Gegenwart anwenden müssen. Wenn bei euch an der Haustür nicht so häufig bettelnde Geschwister aus der Gemeinde stehen, die ganz ausgezehrt sind und froh über eine Mahlzeit, die man ihnen anbietet, dann gibt es vielleicht andere Situationen, in denen wir herausgefordert werden.
Generell will uns Jakobus sagen, dass Frömmigkeit, die nur im Kopf stattfindet, also unser Glaube an Wahrheiten, die in der Bibel stehen, immer auch Konsequenzen im Leben haben muss. Wie groß diese Konsequenzen sind, erwähnt er nicht. Er sagt nicht, dass derjenige, der Christ ist, von einer Stunde auf die andere so denkt und handelt wie Jesus selbst. Aber es muss etwas sichtbar sein, es muss eine Veränderung erkennbar sein. Sonst ist der Rückschluss, dass kein echter Glaube vorhanden ist.
Ansonsten sind es nur leere Worte, Heuchelei oder nachgeplapperte Ausdrücke. Das will Jakobus uns deutlich machen.
Er nennt dann auch Abraham als Vorbild. Wir wissen, dass Abraham durch Glauben gerettet wurde. Aber Jakobus sagt, dieser Glaube war einer, der zur Tat geführt hat. Das ist ein Nachweis dafür, dass hier ein echter Glaube vorlag, eben nicht nur einer, der in Worten bestand.
Dasselbe wird auch von Rahab gesagt.
Dann haben wir den Text gelesen, in dem es um den Gebrauch des Mundes geht. Ja, genau, richtig, genau. Darüber hatten wir uns noch am Abend unterhalten, und das greife ich vielleicht gerade auf.
Also, derjenige von euch, der in einem katholischen Umfeld aufgewachsen ist oder vielleicht auch in einem anderen religiösen Umfeld, für den bedeuten Werke meistens die sogenannten verdienstlichen Werke, wie die Kirche sie nennt. Das heißt, das, was du tun kannst, um bei Gott gut angeschrieben zu sein.
Das bedeutet zum Beispiel, Wallfahrten zu unternehmen, Gebete zu sprechen, die Messe zu besuchen, Beichte abzulegen und so weiter. All diese Dinge gehören dazu. Das ist dann diese Prägung, die in der katholischen Kirche weit verbreitet ist: verdienstliche Werke, die mir bei Gott angerechnet werden.
Diese Prägung ist allerdings eine, die die katholische Kirche im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat. Es ist nicht der Wortgebrauch, den Jakobus hier benutzt. Jakobus meint mit Werken einfach alles, was wir tun – auch im Alltag. Und das soll geprägt sein von dem, was wir innerlich glauben.
Es sind also nicht besondere Werke gemeint, die wir uns anrechnen können, irgendwelche guten Taten im engeren Sinne, sondern Werke im weiteren Sinn. Deshalb spricht Jakobus von Glaube und Werk. Wir könnten auch sagen: dein Denken und dein Handeln. Das wäre vielleicht ein moderner Ausdruck. Diese beiden sollen im Einklang miteinander sein. Es soll kein Widerspruch zwischen ihnen bestehen.
Das bedeutet: Das, was du denkst und wovon du überzeugt bist, wird und muss sich auch in deinem Handeln zeigen. Zum Handeln gehört dann auch das, was Jakobus hier nachher beschreibt: das Reden. Auch das Reden ist für Jakobus ein Werk.
Deshalb nimmt er das ja direkt danach auf. Er sagt, wir sollen Werke tun, nicht nur glauben, und direkt danach folgt: „Schaut doch mal genau auf eure Zunge, wie ihr redet.“ Und dann sagt er sogar, wenn ihr das beherrschen könnt, dann könnt ihr auch fast alles andere in eurem Leben beherrschen.
Also ist auch das Reden für Jakobus ein Werk. Werk hängt jetzt nicht nur unbedingt damit zusammen, was du mit den Händen machst, sondern mit allem, was nach außen dringt aus deinem Leben. Alles, was andere mitbekommen: das, was du sagst, und das, was du tust, das ist für Jakobus Werk.
Er unterscheidet zwischen dem, was innerlich läuft – also deinem Glauben und deiner Überzeugung – und dem, was nach außen sichtbar ist, also wie du lebst. Diese äußere Lebensweise ist ein Nachweis dafür, ob das, was du glaubst und behauptest, auch wirklich glaubensüberzeugend ist oder nicht.
Wenn es nur ein Glaubensbekenntnis ist, das du herunterredest oder von deinen Eltern übernommen hast, dann bringt das nichts. Wenn du nur sagst: „Ich glaube an Gott“, weil das gerade modern ist oder weil du innerlich ein frommes Gefühl hast, dann ist das natürlich nicht schlecht, aber kein biblischer Glaube.
Der biblische Glaube wird immer auch sichtbar im Leben. Deshalb noch ein wichtiger Hinweis für jemanden, der das katholische Verständnis von Werk mitbekommen hat: Das ist hier bei Jakobus nicht gemeint. Es sind nicht diese verdienstvollen, guten Werke, die wir uns irgendwo auf eine Liste schreiben, um sie dann Gott, der Kirche oder sonst wem zu präsentieren.
Mit Werk ist alles gemeint, was wir tun, was wir anderen Menschen sagen, wie wir uns verhalten und wie wir unseren Tag einteilen. All diese Dinge sind mit Werk gemeint.
Jakobus bespricht ausführlich, wie wir mit dem Mund umgehen, also wie wir reden. Dabei nennt er einige Punkte, was wir falsch machen können.
Zuerst geht es darum, wenn wir lehren, dass wir gut darauf achten sollen, nichts Falsches zu lehren. Wenn wir reden – nicht nur in der Lehre, sondern auch im Alltag – sollen wir daran denken, dass das, was wir sagen, stimmt und im Einklang mit dem Willen Gottes ist. Unsere Worte sollen aufbauen und weiterführen.
Jakobus spricht auch davon, dass wir in Momenten innerer Ärgerlichkeit – er nennt das Zorn – nicht sofort reden sollen. Stattdessen empfiehlt er, zu schweigen. Wenn wir jedoch spüren, dass jetzt etwas gesagt werden muss, sollen wir auch reden. Dabei sollen wir so sprechen, dass es dem anderen weiterhilft. Es geht nicht nur darum, dass etwas gesagt wird, sondern dass der andere es annehmen kann und es eine Veränderung bewirkt.
Hier zeigt sich die große Herausforderung: Manchmal reden wir zu viel oder sagen das Falsche, manchmal reden wir zu wenig oder so, dass der andere uns nicht versteht oder sogar provoziert wird. Dieses weite Feld fordert uns heraus. Jakobus hat uns mit vielen Bildern vor Augen geführt, welche Auswirkungen unser Reden auf unser Umfeld, unser Leben und andere Menschen hat.
Deshalb sagt er, dass das Beherrschen des Redens eine sehr wichtige Sache ist. Er meint sogar, wenn jemand sein Reden beherrscht, dann ist er auch bereit, alle anderen Lebensbereiche zu beherrschen. Das ist eine sehr schwierige Aufgabe, die uns wahrscheinlich lebenslang begleiten wird.
Wir sollen nicht frühzeitig aufgeben und denken, das schaffen wir sowieso nicht, sondern dranbleiben. Wenn es eine Lebensaufgabe ist, heißt das, es gibt viel zu tun. Wir können bei kleinen Schritten anfangen, ähnlich wie beim Lernen einer Fremdsprache. Am Anfang versteht man kaum etwas, kennt vielleicht zehn Vokabeln, kann aber noch nicht sprechen. Trotzdem muss man dranbleiben.
Wenn wir bei den kleinen Veränderungen nicht dranbleiben und uns darüber nicht freuen, geben wir schnell auf. Wenn du heute Morgen zum Beispiel betest: „Herr Jesus, hilf mir, richtig zu reden“, merkst du vielleicht schon am Nachmittag, dass du wieder falsch geredet hast. Aber gib nicht auf. Denke daran: Kleine Schritte sind wichtig, wir müssen immer weiter wachsen, und irgendwann kommen wir dahin, wo Gott uns haben will.
Manchmal merken wir selbst unsere Fortschritte nicht so schnell wie andere. Das liegt daran, dass Veränderung oft kleinschrittig passiert. Das will ich euch zur Ermutigung sagen: Bleibt dran und kämpft dafür, auch wenn ihr meint, ihr seht nichts. Andere sehen oft viel mehr.
Das erleben wir zum Beispiel, wenn wir Schüler begleiten. Nach drei Jahren können wir oft sagen, dass sich ein Schüler richtig verändert hat. Der Schüler selbst hat das vielleicht kaum oder nur wenig bemerkt, weil die Veränderung so langsam geschah. Er meint vielleicht, es gibt noch so viel zu tun und zu verändern, und trotzdem wächst er.
Oder fragt mal Schüler: Die meisten merken gar nicht, wie ihr Wissen zunimmt. Warum? Weil es langsam passiert. Man bekommt kleine Bröckchen Wissen, gewöhnt sich daran und irgendwann denkt man: „Das habe ich doch schon immer gewusst.“ Dabei hat man es vor ein oder zwei Jahren noch nicht gewusst.
Das bedeutet, wir selbst merken Veränderungen nicht immer deutlich. Deshalb nehmen Eltern Veränderungen bei ihren Kindern oft weniger wahr als Außenstehende, die das Kind vielleicht alle zwei oder drei Monate sehen. Diese können dann sagen: „Bist du groß geworden?“ – das ist äußerlich sichtbar. Vielleicht sagen sie auch: „Bist du lieb geworden?“ oder „Bist du klug geworden?“ Manchmal merken andere mehr.
Das will ich euch nicht als Ratschlag zur Kindererziehung sagen, sondern euch ermutigen: Habt Mut und bleibt dran, auch wenn ihr das Wachstum und die Unterschiede nicht so schnell seht. Wenn ihr danach strebt und es wollt, wird es Wachstum und Veränderung in eurem Leben geben, auch wenn ihr es nicht immer deutlich merkt.
Das Wichtigste ist, nicht aufzugeben oder frustriert zu sagen: „Bringt doch alles nichts.“ Dann kommt man nicht voran. Wenn du aber danach strebst, Gott darum bittest und bereit bist, wird es Veränderung geben – auch wenn du sie nicht jeden Tag beobachten kannst. So ist es auch mit der Zunge.
Jetzt komme ich zum nächsten Abschnitt, und das ist Kapitel 3, Vers 13 bis zum Ende des Kapitels, Vers 18. Das ist der erste Abschnitt, den ich gerne lesen und dann ein paar Gedanken dazu weitergeben möchte.
Wir haben jetzt im Hinterkopf, dass es gerade um das richtige Reden ging. Jakobus fährt hier fort: Wer ist weise und verständig unter euch, der zeige durch einen guten Wandel seine Werke in Sanftmut, die aus der Weisheit kommen. Wenn ihr aber bittere Neid und Selbstsucht in eurem Herzen habt, so rühmt euch nicht und lügt nicht gegen die Wahrheit. Das ist nicht die Weisheit, die von oben kommt, sondern eine irdische, seelische, dämonische.
Denn wo Neid und Streitsucht ist, da ist Unordnung und jede böse Tat. Die Weisheit von oben aber ist erstens rein, sodann friedfertig, gütig, sie lässt sich sagen, ist voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch und frei von Heuchelei. Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird in Frieden denen gesät, die Frieden stiften.
Hier steckt also wieder eine ganze Menge drin, worauf Jakobus ganz nebenbei noch zu sprechen kommt, weil ihn immer noch sein Thema beschäftigt: Wie sieht der echte Glaube aus? Wie können wir echt unser Leben mit Gott führen? Wenn wir allein nur diese Sachen mal einzeln betrachten, hätten wir wahrscheinlich alle genug zu tun für das ganze nächste Jahr. Und hier ist es nur ein kleiner Teil, den wir heute Morgen anhören und anschauen. Trotzdem nehme davon etwas mit.
Der Gedanke war ja, was wir gerade gesagt haben: echter Glaube und menschlicher Glaube. Der echte Glaube ist der Glaube, der sich auch im Leben zeigt. Ein Beispiel: Wie redest du? Ist dein Reden auch bestimmt von dem, was du glaubst, was Gott in dir verändern will?
Jetzt sagt Jakobus: Ja, wie kann ich denn richtig reden? Das ist genau dieselbe Frage, die uns in Kapitel 1 schon gestellt wurde: Wie kann ich mit der Anfechtung richtig umgehen? Und du bekommst hier wieder dieselbe Antwort: Dafür brauchst du Weisheit von Gott.
Deshalb die Frage hier: Wer ist weise und verständig unter euch? Das heißt, der, der weise und verständig ist, kann mit der Zunge gut umgehen, der kann richtig reden. Wenn du es nicht bist, wirst du es auch nicht schaffen, richtig zu reden. Also das, was du brauchst, um richtig mit deinem Mund umzugehen und die Worte richtig zu gebrauchen, ist Weisheit.
Deshalb die Frage: Wer hat die denn? Wer ist weise und verständig unter euch? Wer kann damit richtig umgehen? Wenn wir zurückblenden zu Kapitel 1, da steht ja: Wem Weisheit mangelt, der bitte Gott darum, der gerne bereit ist zu geben, aber ohne Zweifel usw. Das wäre hier eine Antwort, die wir darin haben.
Wenn du Probleme hast mit dem, wie du redest, und denkst: Oh, das klappt ja manchmal gar nicht so, wie es sein soll, dann such Weisheit. Diese Weisheit ist Gott bereit zu geben – auf mehreren Ebenen. Manchmal sagt er dir innerlich durchs Gewissen plötzlich: Halt, kein Wort weiter, jetzt schweig erst einmal. Oder manchmal liest du in der Bibel, und dann zeigt dir Gott, so sollst du eigentlich reden, das soll aus deinem Mund herauskommen. Gott hat verschiedene Wege, wie er uns aufmerksam machen kann.
Jakobus stellt die Frage: Wer hat diese Weisheit? Und dann sagt er: Der Zeige sie durch einen guten Wandel in Werken der Sanftmut, die aus der Weisheit kommen.
Hier sagt er, woran wir erkennen, ob du weise bist: an dem, wie du lebst. Das ist jetzt für die Selbstanalyse, für diejenigen, die meinen: Ich bin doch weise, ich habe doch alles Ahnung, ich weiß doch genau, wie es geht. Dann sagt er: Okay, überprüfen wir das, ob du wirklich diese Weisheit hast.
Denn er sagt: Wenn du sie hast, dann muss aus der Weisheit etwas herauskommen. Er sagt, die aus der Weisheit kommen, nämlich ich sehe das an deinen Werken und deinem Wandel, ob diese in Sanftmut geschehen. Daran sehe ich, ob diese Weisheit in dir wohnt.
Wenn du merkst, ich habe sie nicht, dann musst du nicht den Kopf in den Sand stecken und sagen, jetzt ist alles vorbei. Sondern dann kannst du hinterher sagen: Oh Gott, gib mir diese Weisheit, ich brauche sie, ich habe sie eben noch nicht.
Dazu will uns Jakobus ja helfen. Er will uns nicht nur niederdrücken und sagen: Hey, du hast sie ja nicht. Er will uns, so wie er das Beispiel mit dem Spiegel gibt, den Spiegel vor Augen halten und zeigen, was Realität ist. Denn erst wenn wir erkennen, was Realität ist, suchen wir nach einer alternativen Lösung.
Solange wir meinen, alles ist in Ordnung, suchen wir ja nicht nach einer alternativen Lösung. Also müssen wir erst einmal erkennen, wo möglicherweise Defizite sind.
Jetzt die Frage: Hast du Weisheit, hast du genügend Weisheit, um richtig damit umzugehen? Dann sagt Jakobus: Das ist ganz einfach, das kannst du feststellen, indem du einmal klar analysierst: Wie sieht es in meinem Leben denn aus? Rede ich denn so, wie Jakobus das vorher gesagt hat?
Hier steht ja Wandel und Werke – es sind meine Wandel und Werke. Und jetzt nicht katholische Werke, sondern alles, was du tust: Ist das gekennzeichnet von Sanftmut, von dem, wie Gott das eigentlich will in unserem Leben? Wenn nicht, dann fehlt dir noch Weisheit.
Bitte um die Weisheit von Gott, dass du da besser mit umgehst. Das ist der Hinweis, den er uns gibt.
Und jetzt will er uns einige Punkte nennen, an denen es Leute gibt, die von sich behaupten, weise zu sein und diese Weisheit von Gott zu haben – aber tatsächlich besitzen sie sie nicht.
Das, was wir im Folgenden bis zum Ende des Kapitels lesen, zeigt im Grunde den Unterschied, ähnlich wie beim Glauben. Zuvor hat er uns ja erklärt, was biblischer Glaube ist und was irdisch-menschlicher Glaube bedeutet. Der irdisch-menschliche Glaube rettet nicht. Er findet nur im Kopf statt und hat keine wirklichen Auswirkungen. Der biblische Glaube hingegen zeigt sich im Leben – und genau dieser rettet.
Genauso sagt er uns jetzt etwas zur Weisheit. Er beschreibt, dass es eine irdische Weisheit gibt und eine göttliche Weisheit. Er nennt die irdische Weisheit sogar sehr radikal: Sie ist irdisch, seelisch und dämonisch, erscheint aber nach außen hin fromm. Gerade das ist die Gefahr.
Er beschreibt, woran wir diese Weisheiten erkennen können. Das ist eines der Hauptthemen, die Jakobus behandelt. Der Kerngedanke ist: Wir können Weisheit an den Auswirkungen erkennen, an dem, was sie bewirkt und was nach außen sichtbar wird. Er nennt dazu einige konkrete Kriterien.
Generell müssen wir sehen, dass es manche Weisheit gibt, die von sich behauptet, fromme Weisheit zu sein. Mit solchen Menschen setzt er sich auseinander. Er schreibt ja an Christen, nicht an Ungläubige. Unter seinen Lesern gibt es offenbar Leute, die behaupten, die göttliche Weisheit zu besitzen, aber in ihrem Leben zeigen sich deutliche Merkmale, die mit dieser göttlichen Weisheit nicht vereinbar sind.
Am Ende sagt er also: Habt ihr sie nicht! Ihr behauptet, die göttliche Weisheit zu haben, doch tatsächlich habt ihr nur eine irdische Weisheit. Das ist ja auch möglich. Es gibt Menschen, die vernünftig handeln – aber eben rein irdisch.
Dann nennt er einige Beispiele, die mit der göttlichen Weisheit unvereinbar sind. Diese sind ein Zeichen dafür, dass du zumindest in diesen Bereichen die göttliche Weisheit nicht hast. Er sagt: Wenn ihr bittere Neid und Selbstsucht in eurem Herzen habt, so rühmt euch nicht und lügt nicht gegen die Wahrheit.
Einfach gesagt: Wenn ihr Neid und Selbstsucht habt, dann seht doch ein, dass ihr die göttliche Weisheit nicht besitzt, sondern nach irdischer Weisheit handelt.
Er erklärt weiter: Denn das ist nicht die Weisheit, die von oben kommt, sondern die irdische, seelische und dämonische. Denn wo Neid und Streit ist, da ist Unordnung und jede böse Tat.
Jakobus beschreibt hier ein Problem, das bis heute genauso alltäglich ist – sowohl innerhalb von Gemeinden und Familien als auch außerhalb. Er nennt nur zwei Punkte, und wenn wir diese betrachten, werden wir wahrscheinlich feststellen – oder ich könnte prophetisch sagen: Ohne eure Gemeinde zu kennen, gibt es in den meisten Gemeinden diese Defizite.
Nehmen wir doch einmal den bitteren Neid als Beispiel. Neid bedeutet ja, dass ich etwas begehre, das ich nicht habe, und ständig darauf schaue. Ich will das gerne haben. Meistens ist Neid damit verbunden, dass ich unglücklich bin, weil ich nicht das habe, was der andere besitzt und was ich gerne hätte.
Hier wird noch betont, dass es ein bitterer Neid ist. Bitter bedeutet so viel wie ungenießbar. Das Wort „bitter“ wird auch im Alten Testament für bitteres Wasser verwendet. Es ist also ein Neid, der dich zu einem Quälgeist macht. Du läufst mit bitterer Miene herum.
Viele Menschen sind davon geprägt. In der Gemeinde sind sie immer nur am Beschweren und Schimpfen, und nichts kann man ihnen recht machen. Natürlich würden sie nie sagen, dass sie neidisch sind. Das tut man ja nicht, denn jeder in der Gemeinde weiß, dass Neid etwas Negatives ist. Man ist neidisch, aber man sagt es nicht. Man merkt es jedoch an der Haltung der Leute, besonders an diesem bitteren Auftreten.
Das sind zum Beispiel Menschen, die an allem und jedem etwas zu kritisieren haben. Das gibt es ja. Häufig steckt dahinter Neid. Denn Neid bedeutet, dass ich etwas von jemand anderem haben will. Ich kann das dem anderen aber nicht sagen, weil der Herr dann sagt: „Du Sünder, du bist neidisch.“ Dann geht es mir noch schlechter. Manchmal gestehe ich mir meinen Neid nicht einmal selbst ein. Plötzlich fange ich an, denjenigen, dem ich etwas neide, zu kritisieren.
Neid wird auf zweierlei Weise befriedigt: Entweder ich habe das, was der andere hat – das ist meistens schwer zu erreichen – oder der andere steht schlecht da. Dann brauche ich nicht mehr neidisch zu sein.
Wenn jemand in der Gemeinde glorreich dasteht, dem alles zufällt und alles super läuft, gibt es zwei Möglichkeiten, meinen Neid zu beseitigen: Entweder ich bin genauso toll und werde gefeiert, oder der andere bekommt einen Dämpfer, und dann wissen alle, wie böse er ist. Dann sind wir wieder auf einer Stufe.
Neid bedeutet, ich kann es nicht ertragen, dass ein anderer besser dasteht – äußerlich, innerlich oder in sonst einer Hinsicht. Das ist natürlich auch Ausdruck einer tiefen inneren Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Es ist auch ein Zeichen von Undankbarkeit. Ich bin Gott undankbar, denn hinter all dem verbirgt sich, wie ich bin und in welcher Situation ich mich befinde.
Innerlich werfe ich Gott vor: Warum bin ich nicht so wie der andere im Positiven? Warum bin ich nicht so berühmt und bekannt? Warum bin ich nicht so beliebt, so musikalisch, redegewandt, fleißig oder wohlhabend? Es gibt viele Dinge, auf die man neidisch sein kann. Wahrscheinlich kann man auf alles im Leben neidisch sein.
Der eine ist neidisch auf die Haare des anderen, der eine hat sie, der andere nicht. Oder auf die Haarfarbe. Der eine ist neidisch, weil der andere schlank ist, der andere, weil der andere stark ist. Der eine ist neidisch, weil der andere klug ist, und der andere, weil der andere fröhlich ist. Man kann auf alles neidisch sein.
Neid ist jedoch zerstörerisch, und das wird uns hier auch gesagt: Dieser bittere Neid führt nicht dazu, dass etwas Positives vorangebracht wird. Er macht alles kaputt. Deshalb heißt es hier auch, dass er die Grundlage für Unordnung und jede böse Tat ist.
Warum? Wenn ich mich vom Neid bestimmen lasse, werde ich vieles verschleiern, aber ich werde auch viel in der Gemeinde kaputt machen. Ich kann die geistliche Stimmung zerstören, das Werk des anderen beschädigen.
Der spielt gut, und ich sage dann noch: „Weißt du, wie eingebildet der ist, wenn er da vorne spielt? Man sieht ihm schon an, wie stolz er ist. Er müsste mal demütiger werden.“ Oder ich sage: „Der spielt immer nur moderne Lieder. Wenn er geistlich wäre, würde er die alten Lieder singen.“ Auch so kann sich Neid äußern.
Es gibt viele Variationen, wie sich Neid zeigen kann, auf alle möglichen Arten und Weisen. Dann wird der andere fertiggemacht. Im Grunde entsteht geistlich dadurch meistens gar nichts.
Manche, die ihren Neid verschleiern, wirken sogar noch obergeistlich. Sie haben für alles, was eigentlich aus Neid kommt, eine biblische geistliche Begründung.
Man könnte jetzt sagen: „Ich mache einen Test, und ich kann dir garantiert irgendeine geistliche Begründung geben, warum das auch schlecht ist.“ Denn wenn du willst, findest du bei allem etwas.
Nehmen wir zum Beispiel jemanden, der dir immer begegnet und stets ein frommes Wort auf den Lippen hat – dein Vorbild. Du könntest sofort sagen: „Dieser Heuchler, der ist ja vollkommen unecht. So ist das Leben nicht, er spielt uns nur etwas vor.“ Oder du sagst: „Der will uns nur als Besserwisser zeigen, wie man es machen soll. Der will uns fertigmachen.“ Also machst du ihn fertig.
Wenn er dann nicht mehr ständig fromme Worte sagt, sagst du: „Siehst du, habe ich doch gleich gesagt, das ist nicht echt.“ Wenn du willst, kannst du jeden fertigmachen – aus Neid.
Deshalb ist Neid etwas ganz Schlimmes. Jakobus erwähnt es hier, wie auch manche andere Dinge. Auffällig ist, dass Jakobus in seinem Brief meistens Dinge anspricht, die für uns gar nicht so spektakulär wirken.
Findet ihr im Jakobusbrief eine Stelle, wo steht: „Du sollst nicht morden“? Das ist so selbstverständlich, dass er es kaum erwähnt. Später erwähnt er es zwar noch einmal, aber nur symbolisch, nicht in dem Sinne, dass man wirklich mordet. Auch Ehebruch oder Ähnliches kommt hier nicht vor.
Er geht vielmehr auf die Dinge ein, die wir oft für Kleinigkeiten halten, für Bagatellen oder Nebensächlichkeiten. Und gerade diese Dinge will er uns deutlich vor Augen führen. Denn genau mit diesen kämpfen wir am meisten.
Wenn ich das lese, muss ich ihm Recht geben. Ich habe bisher kaum kämpfen müssen mit dem Gedanken, einen anderen Menschen zu ermorden. Ihr könnt froh sein, dass er mit mir zu tun hat. Ich überlege mir nicht jeden Tag, wie ich jemanden umbringen könnte.
Auch andere schwere Vergehen wie Banküberfälle oder Entführungen habe ich nie ernsthaft geplant. Wie ich das machen könnte, wo ich den Sprengstoff legen würde oder so – das war für mich bisher kein Problem.
Aber die Dinge, die Jakobus hier nennt, können im Leben der meisten von uns zu einem Problem werden.
Und das Erste ist eben: Schau in den Spiegel und erkenne, wo das möglicherweise der Fall ist. Manchmal besteht das Problem schon darin, sich selbst einzugestehen, wo das der Fall ist.
Eine Sache, bei der Gott mir das besonders deutlich gemacht hat, liegt schon ein paar Jahre zurück. Ich habe sie deshalb umso mehr in Erinnerung. Als ich ein junger Christ war, wollte ich unbedingt Klavier spielen können. Ich hatte auch ein paar Jahre Klavierunterricht, doch das lief nicht so toll. Ich würde immer noch sagen, dass mit entsprechender Übung jeder zumindest ein Minimum erreichen kann. Aber dieses Minimum ist nicht unbedingt befriedigend.
Und dann ist es sogar noch so: Gott hat einige viel mehr bei der Musik begabt als mich. Das heißt, ich hatte Leute um mich, die die ganze Woche geübt haben, jeden Tag mindestens eine Stunde. Bei mir ging das Spielen einigermaßen, aber dann kam jemand, von dem ich wusste, dass er die ganze Woche so gut wie gar nicht geübt hatte. Und er setzte sich hin und konnte besser spielen als ich. Ist das nicht gemein?
Ja, genau dieser Gedanke kam auf: „Ich, der Arme.“ Genau so habe ich gedacht. Ich fragte mich, warum es ihm so gut gelang. Das war genau der Neid. Ich war neidisch auf das Talent des anderen. Ich dachte: Warum kann der so gut spielen? Würden alle nur so stümperhaft spielen, wäre das kein Problem – so nach dem Motto: „Unter den Blinden ist der Einäugige König.“ Dann ginge das noch. Aber was ist, wenn du es mit Leuten zu tun hast, die richtig gut spielen können und dafür nicht einmal üben müssen? Das ist doch schlimm.
Dann war ich auch neidisch auf Leute in der Gemeinde. Ich dachte: Warum können die so gut spielen? Mit der Zeit habe ich dann eingestanden, dass ich wohl nicht musikalisch begabt bin in dieser Hinsicht. Also habe ich es aufgegeben. Heute müsste Hein, der jetzt nicht da ist, keine Angst haben: Ich bin nicht neidisch auf ihn. Ich freue mich über ihn und über andere, die musikalisch sind. Das ist heute kein Problem für mich.
Aber das ist etwas, worin Gott mir geholfen hat, frei zu werden. Ich sehe es nicht mehr so, dass ich das unbedingt haben müsste. Wenn Gott jetzt plötzlich vom Himmel eine musikalische Gabe auf mich herabfallen lassen würde, wäre ich natürlich nicht böse. Aber ich lebe auch ganz gut so, wie es ist. Gott hat mir vielmehr gezeigt, welche Begabung er mir gegeben hat – und wenn es nicht die musikalische ist, dann eben eine andere.
Neid ist häufig etwas, das blind macht für das, was Gott einem gegeben hat. Man sieht nicht mehr das, was man hat, sondern nur noch das, was man nicht hat. Dadurch ist man blockiert. Besser ist es, zu sehen: Nein, vielleicht ist es nicht Gottes Wille, dass ich das haben soll, sondern ich habe andere Gaben.
Neid zerstört viel. Er macht missgünstig gegenüber anderen, fördert – wie hier steht – Kritik, Streitsucht und Selbstsucht. Also Neid und Selbstsucht gehen oft Hand in Hand.
Selbstsucht ist ein Begriff, der früher sehr häufig von Politikern benutzt wurde und auch heute noch gut auf Politiker angewendet werden kann. Habt keine Illusion: Wahrscheinlich sagen 90 Prozent der Politiker dir zwar jeden Tag, dass sie nur für dein Wohl da sind, doch in Wirklichkeit geht es ihnen vor allem um ihr eigenes Wohl. Das ist klar. Politiker sind meistens Machtmenschen, die Macht ausüben wollen. Sonst käme man gar nicht an die Spitze. Natürlich wollen sie auch Einfluss und Geld. Wenn man nur Geld will, gibt es allerdings andere Wege, um reich zu werden. Macht aber hat man vor allem als Politiker. Viele sind selbstverliebt und freuen sich jedes Mal, wenn sie ihr Bild in der Zeitung oder in den Medien sehen. Das ist eine Art Aufwertung für sie. Dieses Verhalten ist bei ganz vielen Politikern zu beobachten und ist ein Ausdruck von Selbstsucht.
In kleinem Maße haben wir das alle. Selbstsucht bedeutet, dass wir uns um uns selbst drehen und uns am wichtigsten sind. Das ist natürlich auch ein Grund, warum es in Gemeinden zu Streit kommen kann. Wenn sich alles zuerst um mich dreht, bin ich sofort beleidigt, wenn meine Interessen nicht berücksichtigt werden. Zum Beispiel singe ich gerne die sechzehn Strophen langen Paul-Gerhardt-Lieder. Wenn die nicht gesungen werden, dann heißt es schnell, ihr seid alle ungeistlich und abgefallen. Oder ich singe nur die neueren charismatischen Lobpreislieder und behaupte, ihr habt den Heiligen Geist nicht, ihr habt keine Perspektive und seid noch im Mittelalter. Egal wie man es dreht und wendet: Für alles kann ich ein paar gute geistliche Begründungen nennen, die natürlich nicht immer stimmen.
Wenn wir jedoch ehrlich und tiefgründig hinschauen, dann ist es oft einfach so, dass ich die Lieder gerne singe, auch wenn ich weiß, dass sie in der Gemeinde schlecht ankommen. Wenn du der Gemeinde sagst, wir dürfen das nicht mehr singen, weil ich das nicht mag, dann sagen alle, du bist ungeistlich. Aber wenn du in einer Gemeinde bist, die Charismatiker nicht mag, und sagst, das ist zu charismatisch, dann klingt das geistlich – auch wenn es vielleicht gar keine charismatischen Lieder sind. Oder umgekehrt: Du kannst sagen, das ist neumodisch oder altmodisch oder sonst etwas. Wer gegen Paul Gerhardt ist, sagt vielleicht, das sei landeskirchlich, das hat der Kindertäufer gedichtet. Das gilt natürlich nur für diejenigen, die nicht in der Landeskirche sind. Für die, die in der Landeskirche sind, wäre das eher eine Auszeichnung oder ein Orden.
Ich will euch das alles sagen, damit ihr mich nicht falsch versteht: Diese Gründe sind meist nur vorgeschoben. Darum geht es in den meisten Fällen gar nicht wirklich. In Wahrheit steckt hinter vielen Streitigkeiten in der Gemeinde häufig Selbstsucht. Es geht im Grunde nur darum, dass ich möchte, dass es so läuft, wie es mir passt und wie ich es gerne habe. Dahinter steckt Machtstreben und ähnliches. Das wird aber oft verdeckt und führt dazu, dass es in der Gemeinde schiefläuft und zu Streit und Auseinandersetzungen kommt, die eigentlich nicht nötig wären. An manchen Stellen braucht man Auseinandersetzungen, aber das ist viel seltener, als es den Anschein hat.
Ich kann von einigen absurden Gemeindespaltungen berichten, bei denen im Grunde nur Selbstsucht, Neid und Eigeninteresse dahinterstanden – aber niemand hat das offen gesagt. Wir müssen uns immer bewusst machen, dass wir alle Menschen sind. Jakobus nennt Selbstsucht und Neid ein treibendes Motiv und eine treibende Emotion in uns allen. Deshalb müssen wir immer wieder skeptisch uns selbst gegenüber sein. Wir sollten prüfen, ob unser Handeln wirklich geistlich motiviert ist oder ob sich dahinter etwas anderes verbirgt.
Das kann uns von außen nur selten jemand sagen, denn niemand kann in das Herz eines anderen schauen. Nur wir selbst sollten uns, wenn wir geistlich bestrebt sind, immer wieder überprüfen. Manchmal werden wir dann eher den Mund halten und sagen: Ich mag diese Musik zwar nicht, aber eigentlich ist mein Wunsch eher eigensüchtig. Ich will eben die Lieder singen, die ich schon in meiner Jugend gesungen habe. Das geht wahrscheinlich jedem so, je älter man wird. Das sind die Lieder, mit denen man vertraut ist und die positive Erinnerungen wecken. Das stimmt, aber es bedeutet nicht, dass es der nächsten Generation genauso gehen muss.
Habt keine Angst, der nächsten Generation wird es genauso gehen, wenn sie zwanzig oder dreißig Jahre älter sind. Dann werden sie genau dasselbe sagen: Die Lieder, die wir in der Jugend gesungen haben, damals war alles klar, da waren wir geistlich, und heute sind sie alle abgefallen und oberflächlich. Das ist nur eine Frage der Zeit. Das sage ich auch meinen Bibelschülern und gebe ihnen die Garantie: Wartet ab, wenn ihr 50 oder 60 seid, werden die meisten genauso denken. Das ist keine große Weisheit von mir. Ihr müsst nur in die Geschichte schauen. Es gab schon immer Streitschriften, die sich kritisch mit dem Musikgeschmack der vorherigen Generation auseinandergesetzt haben. Das war zu allen Zeiten so.
Wenn ihr jetzt gerne Paul Gerhardt lest, dann lest auch die damaligen Kritiken, in denen Leute gegen diese neumodischen Lieder schrieben, die angeblich ungeistlich seien. Das können wir uns heute kaum vorstellen, aber es gab das zu allen Zeiten. Warum? Weil oft viel mehr menschliche Motive dahinterstehen als wirklich geistliche. Ich sage nicht, dass es keine geistlichen Motive gibt. Aber wir müssen uns selbst immer wieder überprüfen und auch kritisch zu uns selbst sein, nicht nur zu anderen.
Manchmal werden wir uns eingestehen müssen: Michael, du singst diese Lieder zwar gern, und sie sind auch nicht schlecht, aber die anderen sind eigentlich auch nicht so schlecht. Versuch sie mal neutral zu überprüfen oder zu singen. Oder mach dich einfach mal auf, auch neue Lieder zu lernen. Ich hake hier viel auf den Liedern herum, weil ich weiß, dass es darüber immer wieder Streit gibt. Ich will aber nicht sagen, dass alle Lieder gleich sind. Immerhin ist der Vorteil der alten Lieder: Die schlechten alten hat man schon vergessen, die schlechten neuen muss man erst noch vergessen.
Ich kann euch Liedersammlungen von Zinzendorf zeigen. Wenn ihr die Lieder lest, denkt ihr euch: Hände über den Kopf, was hat der für einen Quatsch gedichtet? Damals war das halt modern, man hat es gesungen, heute ist es lange vergessen. So wird es auch bei den neuen Liedern sein. Von den neuen Liedern werden vielleicht zehn überleben, das werden die guten sein. Die anderen wird man in 20 Jahren nicht mehr singen. So läuft das immer, weil die guten Lieder sich erst herauskristallisieren müssen.
Ich will aber kein Seminar über Lieder halten, das wäre eine ganz andere Sache. Ich will euch nur sagen: Ganz häufig gibt es in der Gemeinde, auch unter Christen, wie Jakobus sagt, Selbstsucht und Neid. Diese zerstören viel. Jakobus nennt sie sogar die Wurzel jeder bösen Tat. Warum? Wenn du wirklich ganz neidisch und selbstsüchtig bist, wirst du irgendwann alles, was unmoralisch ist, rechtfertigen, weil du sagst, das dient einem guten Zweck.
Dann wirst du solche Mittel einsetzen und kannst jede üble Tat begehen, um dein Ziel zu erreichen, dich in den Mittelpunkt zu spielen und deine Interessen durchzusetzen. Ich habe erlebt, dass Geschwister in Gemeindesitzungen gelogen haben, weil sie meinten, es diene einem guten Zweck. Zum Beispiel sollte jemand aus der Gemeinde verschwinden. Wenn sie keine guten Gründe hatten, wurde die Wahrheit stark verbogen. Man merkt dann, dass es eigentlich nicht darum geht, sondern dass etwas hineingeheimnist wird.
So etwas kommt immer wieder vor: Man war vielleicht bei jemandem zuhause, hat ein paar Videos gesehen und übertreibt dann. Oder man hat einen Krimi gesehen und behauptet, die Person schaut immer Krimis und kann deshalb nicht geistlich sein. Solche Dinge kommen immer wieder vor. Dahinter stecken oft andere Motive. Dann wird gelogen, betrogen und üble Nachrede betrieben.
Die Wurzeln von Selbstsucht und Neid führen, wenn wir sie nicht unter Kontrolle bekommen, dazu, dass wir alle möglichen anderen Sünden rechtfertigen. Deshalb warnt uns Jakobus so deutlich davor.
Und dem stellt er gegenüber – und da sagt er erst einmal: Wenn wir so handeln, also wenn wir sagen, wir sind weise, dann kann sich das fromm anhören. Aber in deinem Herzen ist das eigentlich – und das kannst nur du erkennen – dann lebst du nach einer irdischen, seelischen, dämonischen Weisheit.
Er macht ja eigentlich so eine Steigerung. Zuerst denken wir vielleicht, dass menschliche Weisheit ja noch ganz in Ordnung ist. Am Ende wird aber gesagt: Ja, aber es ist eben ganz im Gegensatz zur Weisheit Gottes. Und deshalb hat Dämonisches eigentlich in der Gemeinde nichts zu suchen.
Jetzt musst du nicht gleich danach suchen, ob du jetzt besessen bist. Er will dir einfach sagen, dass der Charakter dieser Weisheit dämonisch ist, weil sie geistliches Leben zerstört. Das heißt nicht, dass dann immer ein kleiner Dämon in deinem Kopf ist, der dir sagt, was du tun sollst. Sondern es bedeutet einfach, dass der Ursprung dieses Denkens nicht göttlich ist. Es macht vieles kaputt, und deshalb sollst du dir dessen bewusst sein.
Auf der anderen Seite gibt es dann die Weisheit, die von Gott ist, die oben ist. Diese ist erstens rein, friedfertig, gütig, lässt sich etwas sagen, ist voll Barmherzigkeit, bringt gute Früchte hervor, ist unparteiisch und so weiter.
Wenn ich jetzt all diese Aussagen einzeln betrachte, haben wir auch sehr viel zu tun. Ich will es deshalb nur kurz machen und ein paar Schlaglichter darauf werfen.
Rein – also diese Weisheit soll rein sein. Das bezeichnet eine geistliche Integrität, Aufrichtigkeit. Die Motivation deines Herzens soll rein sein. Wir sprechen von reiner Gesinnung, dass keine gemischten Motive dahinterstehen, mit denen du etwas tust. Wenn du in der Gemeinde etwas tust, dann tust du es wirklich nur für Gott und hoffentlich nicht nur, weil du Streicheleinheiten bekommst oder weil es Punkte im Himmel gibt oder so etwas.
Dann wird es dich auch gar nicht so stark treffen, wenn du nicht immer gleich Hände geschüttelt bekommst, sondern du sagst: Ich habe es für Gott getan, und das ist super und toll.
Manchmal geht es mir auch so: Ich spende irgendwo etwas, das tut ihr wahrscheinlich auch. Und dann spende ich irgendwo hin. Natürlich schaue ich vorher hin, wohin ich spende. Aber ich habe schon in ein paar Fällen gemerkt, dass ich das Geld auch wirklich zum Fenster rausgeworfen hätte. Dann ärgere ich mich manchmal, komme aber wieder runter und sage: Michael, du hast geprüft, was du prüfen konntest, jetzt hast du es gegeben. Ich habe es Gott gegeben, und wenn sie es falsch gebrauchen, ist das ihre Sache.
Natürlich spende ich dann nicht mehr dorthin, wenn ich das jetzt weiß. Aber ich ärgere mich auch nicht mehr darüber, das ist ihre Verantwortung, ich habe es Gott gegeben. Genauso soll es auch mit der Arbeit in der Gemeinde sein. Du hast es nicht getan, weil du viel Lob erwartest. Das wäre dann wieder Eigensucht, Selbstsucht. Sondern du hast es getan, weil du weißt, dass es von Gott richtig ist.
Das kann innerlich befreien. Das ist das Reine, also reine Motive, keine gemischten Motive.
Friedfertig – es gibt manche Leute, die mit Schaum vor dem Mund eifern können und oft als besonders rein und heilig wirken. Dann merkst du schon: Ah, friedfertig! Wenn diese Friedfertigkeit nicht da ist, dann ist das Eifern mit Schaum vor dem Mund meistens ein Zeichen für irdische, seelische, dämonische Weisheit. Nicht unbedingt für göttliche.
Für göttliche Weisheit steht hier: friedfertig. Und das sollen wir alle sein. Das heißt, selbst wenn du um die Wahrheit kämpfst – das muss man manchmal –, dann mach es friedfertig. Denn es ist ja auch ganz klar: Die meisten Schaum-vor-dem-Mund-Eiferer erreichen ja gar nichts.
Sie eifern und schäumen nur für die, die das gerne hören. Die Gegner, mit denen sie sprechen, erreichen sie gar nicht.
Ich nehme wieder mal ein Beispiel, weil es irgendwo hier schon mal in der Diskussion war: Ich kenne einige Eiferer gegen die charismatische Bewegung. Wenn du die hörst, schäumen die richtig und malen dir den Teufel an die Wand. Sie erreichen aber so gut wie nie einen Charismatiker, der mit Problemen hat. Sondern sie erreichen immer nur die, die sowieso keine Charismatiker sind, und die dann noch mehr ein Schreckbild vor Augen haben, wie schlimm das alles ist.
Oder es gibt Schaum-vor-dem-Mund-Eiferer gegen die Homosexualität. Da kannst du dir ausmalen, wie schlimm das ist, und dann malen sie aus, wie die in der Hölle schmoren und so weiter. In Wirklichkeit erreichen sie nie einen Homosexuellen, sondern immer nur die Leute, die damit gar nichts zu tun haben und die dann in ihren Vorurteilen noch bestärkt werden.
Eine praktische Wirklichkeit ist meistens keine Hilfe.
Ich nehme jetzt bewusst zwei Beispiele, die ich auch kritisch sehe. Also ich sehe die charismatische Bewegung in vielen Punkten als kritisch. Homosexualität ist von der Bibel verurteilt. Aber was sollen wir tun?
Hier steht: Wir sollen die Wahrheit friedfertig und gütig weitersagen. Wir sollen sie so weitersagen, dass den Homosexuellen geholfen wird und nicht, dass diejenigen, die sowieso schon verurteilen, jetzt noch mal ordentlich eine Unterstützung bekommen. Wir wussten ja schon immer, das sind ja die allerschlimmsten Menschen.
Das führt eher dazu, dass du diese Leute nie erreichst und sie auch gar nicht verstehst. Das heißt nicht, dass du sie rechtfertigen sollst – nein, du sollst deutlich wissen, dass es falsch ist. Aber das Ziel ist ja nicht nur zu wissen, dass es falsch ist, sondern das Ziel ist es, die Menschen von ihrem Weg abzubringen und zu Jesus zu führen.
Jetzt musst du überlegen, wie du das erreichst. Und das erreichst du eben nicht durch Schaum vor dem Mund, sondern durch Friedfertigkeit und Gütigkeit.
Also so sagen wir in der Beziehung zu anderen die Wahrheit. Der, der nichts sagt, der sündigt auch. Du sollst schon etwas sagen, aber jetzt eben wie – das wird die Bedingung: nämlich gütig und friedfertig.
Der, der Güte hat, gibt sich nicht zufrieden damit, den anderen nur zu verurteilen. Er sieht das Ziel vor Augen, dass der andere Veränderung erlebt. Und das genügt eben nicht, dass du dem anderen mal die Wahrheit um die Ohren haust. Das führt in den wenigen Fällen dazu.
Prüf doch bei dir selbst: Wende jemand, der jetzt mal nicht die Vorurteile der anderen, also zuhört, dass die Homosexuellen schlimm sind, ist ja ganz locker, weil du es nicht bist – die meisten wahrscheinlich von euch.
Aber jetzt nimm das mal einer, der genauso über irgendeine Schwäche von dir reden würde. Bist du dann hinterher motiviert und sagst: Ja, okay, ich ändere jetzt alles? Nein. Bei den meisten führt das zu Aggression.
Ich sage ja nicht, dass einer es deutlich sagt, sondern dieses Schaum-vor-dem-Mund-Verhalten führt auch dazu, dass man übertreibt, den anderen noch düsterer und böser malt und ihn gar nicht mehr als Menschen sieht, sondern nur noch als Ungeheuer.
Das führt, kann ich euch versprechen, gar nicht dazu, dass sich irgendetwas ändert. Aber manche Leute hören das gerne, und für die, die das gerne hören, reden ja diese Leute. Diese Leute reden nicht, weil sich irgendetwas verändern soll, sondern sie reden für die, die gerne diese heftigen Ausbrüche hören wollen.
Das gibt es in jedem Bereich des geistlichen Lebens. Aber es ist irdische, menschliche, dämonische Weisheit, auch wenn die Worte äußerlich vielleicht sogar zum Teil richtig sind.
Das, wovon wir gekennzeichnet sein sollen, ist, dass wir Wahrheit sagen, aber friedfertig und gütig.
Das ist jetzt ein Kennzeichen von dem, was wir nach außen sind.
Das andere finde ich auch ganz wichtig: Er lässt sich etwas sagen, der geistlichen Weisheit folgt. Warum? Weil er weiß, dass er noch nicht am Ende des geistlichen Lebens ist.
Denn jeder, egal ob du 30, 40 oder 50 Jahre Christ bist, weiß, dass du noch nicht am Ende bist. Wenn du Ältester einer Gemeinde bist, wenn du Oberpastor bist oder sonst etwas, hoffentlich weißt du, dass du noch nicht am Ende des geistlichen Lebens bist. Du brauchst noch Wachstum, du brauchst noch Weisheit.
Und dann schaust du nicht nur auf andere herab, sondern du hörst auch, was Gott dir sagen will – vielleicht sogar durch den Bruder, der erst zwei Jahre gläubig ist.
Das heißt, wir sollen uns etwas sagen lassen. Und das gilt jetzt besonders natürlich für diejenigen, die in geistlicher Verantwortung sind.
Diejenigen, die keine Verantwortung haben, bekommen ja dauernd etwas gesagt. Was aber nicht unbedingt heißt, dass sie es aufnehmen.
Schwer fällt es häufig denen, die selbst in geistlicher Verantwortung sind, weil sie gerne so innerlich denken: Hey, ich bin doch schon viel weiter als du, und was willst du mir eigentlich sagen? Schau doch auf deine eigenen Sünden!
Aber gerade geistliche Qualifikation besteht darin, sich von anderen etwas sagen zu lassen. Das heißt ja auch nicht, dass der andere immer Recht hat, aber der andere hat eben auch nicht immer Unrecht. Und das heißt, das muss ich prüfen und mir manchmal vielleicht unangenehme Wahrheiten sagen lassen.
Ja, da erinnere ich mich: Das war vor ein paar Jahren, eine schlimme Predigt, die ich gehalten habe. Eigentlich war sie nicht falsch, aber ich war vollkommen kaputt. Das war irgendwann im Herbst, ich hatte Schnupfen, Kopfschmerzen. Ich habe gesagt, ich sage die Predigt ab. Es war aber eine größere Gemeinde, wo ich eingeladen war, und sie hatten so schnell keinen Ersatz gefunden. Also bin ich hingegangen und habe die Hälfte der Predigt nur geschnupft und so.
Also das will ich jetzt als Entschuldigung sagen: Ich habe es schon verstanden, weil ich nicht ganz auf der Höhe war.
Ich habe viele Dinge darin gesagt, die stimmen alle, theologisch könnte ich das überprüfen. Aber sie waren sehr stark negativ geprägt. Also negativ: Das ist falsch, das ist falsch, da müsst ihr was machen, so stand es im Text.
Vielleicht war es auch einfach ungeistlich, dass ich vergessen hatte, den positiven Aspekt, der auch im Text drinstand, zu beherzigen.
Und dann war ich schon nicht so ganz zufrieden.
Da war der Oberpastor der Gemeinde, der saß neben mir. Ich fragte ihn: Ja, ist das, was drin vorkommt, so, wie ihr es euch gedacht habt?
Er war nicht nur freundlich, sondern ehrlich und hat mir genau das gesagt.
Ich habe es bis heute noch in Erinnerung: Erstmal hat es mich geärgert, und hier muss ich sagen, der hat Recht gehabt. Meine Predigt war unausgewogen und einseitig.
Dann habe ich daraus gelernt. Also muss man immer lernen.
Als ich den Text wieder ausgelegt habe, habe ich bewusst auch das Positive, das im Text stand, mit hineingenommen.
Das ist jetzt gar nicht lange her, nur ein paar Jahre. Aber ich habe bis heute eine Erinnerung daran.
Das heißt, wir brauchen immer – egal wo wir stehen – die Bereitschaft, uns auch etwas sagen zu lassen, auch wenn es unangenehm ist.
Denn alles, wo uns jemand sagt: „Da bist du falsch“, ist unangenehm. Immer!
Aber das ist ein Zeichen göttlicher Weisheit.
Warum? Weil wir wissen, wir brauchen Korrektur. Weil wir wissen, Gott gibt manchmal dem anderen mehr Weisheit in diesem Punkt als mir selbst.
Das ist echte göttliche Weisheit, nicht die, die meint, sie hätte das schon alles in der Hand.
Dann: voll Barmherzigkeit haben wir ja schon, gute Früchte, also auch das Leben unparteiisch.
Ganz, ganz schwierig: Du hast in der Gemeinde einen Streitfall oder in der Familie. Ganz schnell kommen wir dahin, parteiisch zu sein.
Seelsorge: Lasst euch einen ganz, ganz wichtigen Tipp sagen – ganz einfach, aber häufig geht er daneben.
Wenn ihr Seelsorge betreibt oder Streitfälle betrachtet, bevor ihr irgendetwas dazu sagt, also nur Urteil fällt, hört euch immer beide Seiten an.
Das ist eigentlich eine ganz einfache Sache, machen aber die meisten nicht.
Wie häufig habe ich das schon erlebt: Da klagt mir irgendein Jugendlicher, wie böse seine Eltern sind. Wenn du nur den hörst, denkst du, die Eltern sind Monster.
Dann redest du plötzlich mit den Eltern, und merkst: Oh, so ganz stimmt das ja nicht. Der hat viele Sachen weggelassen. Und was er falsch gemacht hat und rumgezickt hat, das hat er auch nicht erwähnt.
Natürlich, weil der, wenn er sagt, wie schlimm die Eltern sind, will er ja mein Mitleid. Er will, dass ich jetzt sage: Wie arm bist du dran und so weiter.
Genauso in der Eheseelsorge: Falls ihr mal vorhabt, eine Eheseelsorge bei mir zu machen, werde ich euch schon von vornherein sagen: Ich werde nicht prinzipiell alles für alleinige wahre Münze nehmen, was mir einer sagt.
Warum? Weil ich aus der Zeit weiß: Keiner sieht ein Problem objektiv, wenn er selbst Teil des Problems ist.
Das heißt auch nicht, dass es gelogen ist – meistens nicht –, aber es ist eine Perspektive, eine Interpretation, die du hast.
Immer bevor du urteilst, hör dir die andere Seite auch an.
Das gehört für mich zur Unparteilichkeit.
Unparteilichkeit ist schwierig.
Da kommt einer in der Saison und sagt: Mein Ehepartner ist so schlimm.
Wenn ich dann sage: Okay, nach dem, was du mir gesagt hast, müsste das und das wirklich das Problem sein. Aber ich muss erst mal mit dem anderen sprechen.
Manche sind in der Saison beleidigt. Sie denken: Was, du glaubst mir nicht?
Das ist ganz schwierig.
Die meisten Leute wollen dann: Du Arme oder Du Armer, und wie schlimm geht es dir, und wie böse ist der andere.
Nur das hilft keinem.
Das gibt ein paar Streicheleinheiten, aber hilft nichts und ändert auch nichts.
Unparteilichkeit ist eine ganz schwierige Sache.
Du kannst dir richtig viel Ärger einhandeln in der Seelsorge, in der Gemeinde oder sonst wo.
Jeder hat doch in der Gemeinde ein paar Freunde, mit denen er besser zusammen ist.
Wenn es dann um Auseinandersetzungen geht, versuchst du unparteiisch zu sein, dich vielleicht auch mal als Gemeindeleiter gegen das Interesse deines Freundes zu entscheiden.
Das ist schwierig.
Aber Unparteilichkeit – es geht ja nicht um uns und unseren Freundeskreis in der Gemeinde, sondern es geht um die Sache Gottes.
Das sollten wir uns klar sein.
Auch in der Seelsorge geht es nicht darum, ein paar Streicheleinheiten zu geben.
Mancher braucht eine „hinter die Ohren“.
Um das herauszufinden, wer die Streicheleinheiten braucht und wer eine „hinter die Ohren“, muss man unparteiisch sein.
Manche brauchen auch beides.
Also wir brauchen einmal eine „hinter die Ohren“ und danach auch ein paar Streicheleinheiten – oder umgekehrt.
Denkt daran: Unparteilichkeit ist eine ganz schwierige Angelegenheit, sie ist aber notwendig.
Das andere ist vielleicht erst mal netter, aber es hilft nicht.
Seid unparteiisch, was jetzt die Betreuung von anderen angeht.
Bei euch selbst geht das ja nicht, ihr seid ja immer ein Teil dieser Sache.
Dann: gute Früchte, unparteiisch, frei von Heuchelei.
Ja, jetzt würde es mich fast reizen, eine ganze Predigt über Heuchelei zu halten, aber dafür haben wir wahrscheinlich keine Zeit.
Was sagt denn die Uhr? Wie viel Zeit haben wir eigentlich? Schon vorbei? Ich wollte euch doch noch den ganzen Text vorlesen. Wie mache ich das denn?
Dann muss ich in der nächsten Stunde zwei Kapitel mit euch besprechen. Wir werden mal sehen, wie das läuft.
Also: Heuchelei.
Heuchelei ist auch eine schlimme Sache.
Was ist Heuchelei? Ganz vereinfacht und kurz gesagt: Heuchelei ist, wenn du etwas vorspielst, was nicht der Wirklichkeit entspricht.
So ein kleines bisschen tun das alle. Das liegt uns als Menschen drin. Nur pass auf, dass das nicht überhandnimmt.
Denn das wirkt nicht zu echtem geistlichem Wachstum.
Jedes kleine Kind, das fromm aufgewachsen ist, weiß in der Gemeinde genau, wie es auftreten und reden soll.
Das heißt aber noch lange nicht, dass das auch im Herzen so ist.
Was glaubt ihr, wie viele Jugendliche ich kenne, die in der Gemeinde fromm und lieb heucheln, immer die richtige Antwort wissen – auf alles Jesus, Bibel, Gott, immer die richtige Antwort.
Aber wenn du sie in der Schule triffst, sind sie total anders drauf. Oder wenn du mal liest, was sie auf Facebook schreiben, total anders.
Das ist die Tendenz zur Heuchelei.
Aber gehen wir nicht nur auf die bösen Jugendlichen ein – das kann uns genauso treffen.
Heuchelei ist eine ganz üble Sache.
Deshalb verurteilt Jesus ja ganz scharf die Pharisäer, die Heuchler, die von außen wie weiß getünchte Gräber sind, innen aber voller Totengebeine.
Ein schönes Bild eigentlich.
Aber das führt genau vor Augen, wohin fromme Heuchelei führt.
Nach außen kannst du wie der perfekte Christ aussehen, aber innerlich schlummern alle möglichen Leichen, die du im Keller hast.
Oder da sind alle möglichen Sachen, die schiefgelaufen sind.
Und das hilft ja keinem.
Nach außen läuft alles gut, alle denken, du bist super.
Nur du wirst nie geistliches Wachstum erleben, du wirst nie die göttliche Weisheit erfahren.
Du gibst dich immer nur zufrieden mit irdischer, seelischer, dämonischer Weisheit.
Vielleicht lassen wir es eben auch einfach dabei.
Wahrscheinlich steckt ja auch schon eine ganze Menge drin zum Weiterdenken, Nachdenken, Umsetzen.
Hoffentlich auch heute das Hauptthema: Unterschied zwischen göttlicher Weisheit und irdischer Weisheit.
Die irdische Weisheit schlägt sich auch im Denken und Leben nieder.
Sie zeigt sich unter anderem in Sachen, die wir als Nebensache ansehen würden: Neid und Selbstsucht.
Neid und Selbstsucht sind aber sicher ganz deutlich nicht vereinbar mit göttlicher Weisheit, sondern Neid und Selbstsucht sind normal irdisch.
Wir sind alle damit geboren worden.
Darüber hinaus sind sie aber auch dämonisch, weil sie nicht dem entsprechen, was Gott in unserem Leben umsetzen will.
Stattdessen will er göttliche Weisheit geben.
Und die ist rein.
Das heißt, unsere Motivation ist nicht nur darauf ausgerichtet, dass wir irgendetwas davon haben, sondern wir geben es einfach Gott.
Auch wie andere, darauf kommt es an.
Sie ist friedfertig.
Das heißt, es ist nicht so, dass ich kämpfe für irgendetwas und ganz radikal und aggressiv bin, nur um die Wahrheit gesagt zu haben.
Es ist wichtig, dass das Ziel erreicht wird.
Und da sollen wir gekennzeichnet sein von Friedfertigkeit und Gütigkeit.
Wir sind bereit, uns etwas sagen zu lassen.
Wir meinen nicht immer nur, die Chefs zu sein und immer einen Durchblick zu haben.
Wir wissen, dass wir begrenzt sind – nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis.
Das zeigt sich auch in unserem Leben.
Sie ist unparteiisch.
Sie ist frei von Heuchelei.
Kein Doppelleben führen oder möglichst minimal Doppelleben führen.
Daran arbeiten, dass es immer weniger wird.
Genauso auch bei der Unparteilichkeit.
Selbst dann wirst du sie nie hundertprozentig erreichen.
Ganz unparteiisch ist nur Gott.
Aber zumindest daran arbeiten.
Sehen, dass wir da schnell Schlagseite bekommen können – für uns und unser Gespräch mit anderen.
Ja, so weit für heute.
Morgen gibt es ganz interessante neue Gedanken, die uns Jakobus zu sagen hat, auch herausfordernde Gedanken.
Ich möchte an dieser Stelle mit euch beten und dann für heute morgen Schluss machen.
Ihr dürft auch gerne wieder aufstehen.
Herr Jesus Christus, du kennst uns alle viel besser, als wir uns selbst kennen. Und natürlich kennst du uns auch viel besser als andere Menschen. Du weißt, was in unserem Leben gut läuft und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt.
Du erkennst, wo wir unseren Glauben schon umgesetzt haben und wo das sichtbar ist, weil du uns geprägt hast in unserem Fühlen, Empfinden, Reden und Handeln. Gleichzeitig weißt du, wo das nicht der Fall ist. Auch die Defizite kennst du, die wir noch aufarbeiten müssen. Wo Neid sich breitmachen will und wir uns das vielleicht selbst nicht eingestehen wollen. Oder wo Selbstsucht und Eigensucht unser Denken und Leben bestimmen und vergiften.
Dafür möchte ich dich bitten: Zeige uns diese Dinge und gib uns die Weisheit, die wir brauchen, um damit fertig zu werden. Hilf uns, anders zu leben und anders zu denken, als es normal irdisch ist. Lass uns immer mehr so denken und leben, wie es deiner Weisheit entspricht. Gib uns diese Weisheit!
Du hast es versprochen. Gib uns auch den Willen, diese Weisheit umzusetzen. So dass andere Menschen in unserer Umgebung es merken und wir selbst es spüren, dass wir intensiver zu dir leben. Dass wir mehr mit dir erleben und erfahren. Dass andere Menschen unsere Friedfertigkeit, unsere Güte und unsere Korrekturbereitschaft wahrnehmen. Dass sie merken, dass wir kein Doppelleben führen, dass wir echt sind und uns etwas sagen lassen.
Hilf uns, dass wir dahin kommen und dir dadurch noch besser dienen können. Lass uns durch unser Leben ein noch deutlicherer Hinweis auf dich sein. Gib uns diese Weisheit. Danke, dass du versprochen hast, auf unser Gebet zu antworten. Dass du uns nicht einfach im Regen stehen lässt, sondern ein gutes Ziel mit uns hast.
Hilf uns, den Mut nicht aufzugeben, auch wenn es ein langer Weg bis dahin ist. Lass uns dranbleiben. Amen.