Einführung in die gemeinsame Geschichte
Der Gast der Woche: Fünf Episoden mit meiner Frau – Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt. Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um meine Frau und unsere gemeinsame Vergangenheit. An dieser Stelle muss ich ein wenig ausholen, damit unsere Zuhörer verstehen, worum es heute geht.
Wir haben sehr früh geheiratet, kurz nach unserer Bekehrung. Es war gut, dass wir geheiratet haben, doch wir waren sehr, sehr unterschiedlich. Vor allem ich hatte eine schwierige Kindheit hinter mir. Die Ängste, die ich im Blick aufs Leben hatte, versuchte ich durch Dominanz zu kompensieren.
Ich meinte es gut, habe es aber schlecht gemacht. Rückblickend schäme ich mich für vieles, was damals passiert ist: für mein Aufbrausen, meine falsche Form von Dominanz und dafür, dass ich dir das Leben schwer gemacht habe. Es hat Jahre, wahrscheinlich sogar Jahrzehnte, gedauert, bis ich mich ändern konnte.
Mit Gottes Hilfe hat es geklappt. Es war ein langer Weg, emotional intensiv und für dich extrem herausfordernd. An der Seite eines manchmal leicht reizbaren, unberechenbaren, aber wahrscheinlich auch total kreativen und geistlichen Mannes zu leben, war nicht einfach.
Doch du bist dran geblieben. Du bist dran geblieben.
Die Kraft des Durchhaltens in der Ehe
Ich würde gerne wissen, wie es ist, mit einem Mann zusammenzuleben, der sich so oft bei dir und den Kindern entschuldigen musste. Ein Mann, der durch sein aufbrausendes Wesen viele Ausflüge mit den Kindern kaputtgemacht hat. Was hat dir eigentlich die Kraft und Zuversicht gegeben, an dieser Ehe festzuhalten?
Ich frage das, weil ich den Eindruck habe, dass heutzutage Ehen oft an Problemen zerbrechen, bei denen wir vielleicht sagen würden: Da war doch gar nichts. Deshalb interessiert mich, was dir damals die Kraft und Zuversicht gegeben hat, um zu sagen: Ich bleibe dran, ich halte fest und schaue, was Gott macht.
Das Erste, was mir sehr wichtig ist, ist Folgendes: Wenn man sich für eine Ehe entscheidet, sollte man mit Treue und Verbindlichkeit an die Beziehung herangehen. Man muss auch in schwierigen Zeiten dranbleiben. Im Englischen gibt es dafür das schöne Wort "commitment". Ein deutsches Wort, das das genau trifft, gibt es nicht. Deshalb würde ich sagen: Treue und Verbindlichkeit.
Bleib einfach verbindlich in deiner Beziehung. Das war für mich selbstverständlich. Ich wollte bei dir bleiben, egal was kommt. Natürlich wusste ich nicht, was kommen würde.
Aber es gab auch viele wirklich sehr schöne Zeiten, die wir gemeinsam erlebt haben. Es gab schwierige Zeiten, ja, aber wir haben auch viel gemeinsam gestemmt. Wir sind zwar unterschiedlich, aber haben viele verschiedene Projekte zusammen verwirklicht. Wir haben mit Leidenschaft aneinander gehangen.
Du warst ein Mann, an den man sich wirklich anlehnen konnte. Deshalb gab es für mich viel Hoffnung, dass sich etwas ändern würde.
Hoffnung durch Korrekturfähigkeit und Vergebung
Ein wichtiger Punkt, der mir in unserer Beziehung immer Hoffnung gegeben hat, war, dass du korrigierbar warst.
Wir hatten zwar oft Streit, und du konntest mich argumentativ auch im Streit besiegen und überzeugen. Innerlich war ich da nicht immer überzeugt. Manchmal war der Ton, in dem der Streit geführt wurde, nicht der richtige. Dann habe ich innerlich zu Gott gesagt: Herr, eigentlich müsste er sich jetzt bei mir entschuldigen. Das war nicht der richtige Ton.
Ich wusste aber, früher oder später – meistens war es nur eine kurze Zeit, etwa nach einer Stunde – kamst du und hast dich entschuldigt. Das hat mir Hoffnung gegeben, weil Gott zu dir sprechen konnte. Gott konnte dich dazu bringen, dich bei mir zu entschuldigen. Dann dachte ich: Ja, das wird schon weitergehen.
Ich versuche jetzt, das zusammenzufassen, was ich bisher verstanden habe. Zum einen hast du dich auf die guten Dinge in unserer Ehe fokussiert. Du hast nicht angefangen, die Ehe umzuschreiben im Sinne von: Da war immer schon alles schlecht. Stattdessen hast du bewusst die Augen geöffnet für das Schöne, für das Produktive und für das Miteinander.
Zum anderen hast du deinen Mann erlebt und wahrscheinlich auch gefördert, dass er korrigierbar wurde. Das war es doch schon.
Ich denke aber, es hat auch damit zu tun, dass man, wenn jemand kommt und um Vergebung bittet, diese Vergebung annimmt und ihm auch spiegelt: Jetzt ist wirklich wieder alles gut. Das war zumindest für mich eine große Hilfe.
Die Bedeutung des gemeinsamen Gebets
Ja, was mir auch wichtig geworden ist, ist das Gebet – auch in unserer Beziehung.
Am Anfang war ich ja auch nicht ganz einfach. Ich habe sehr, sehr viel herumkritisiert, und wir haben sehr darunter gelitten, dass ich irgendwie ständig an dir herumgenörgelt habe. Deshalb haben wir angefangen, gemeinsam als Ehepaar zu beten.
An den Tagen, an denen wir für meine Kritiksucht gebetet haben, habe ich wirklich nicht kritisiert. An den Tagen, an denen wir das Gebet vergessen haben, habe ich dann oft kritisiert.
Wir sind einfach dran geblieben im Gebet und haben regelmäßig dafür gebetet, dass diese Kritiksucht aufhört. Nach einigen Wochen haben wir gemerkt, wie ich wirklich aufgehört habe, dich zu kritisieren. Das hat uns auch ermutigt, als Ehepaar weiter im Gebet dran zu bleiben.
Ich wusste also, ich kann auch unsere Probleme, unsere Eheprobleme, im Gebet empfehlen, und Gott wird sich früher oder später darum kümmern. Das ist schön.
Krisen und geistliche Durchbrüche
Ja, das stimmt. Ich erinnere mich an diese Zeiten, in denen wir beteten, aber wir waren auch am Ende. Wir waren einfach an dem Punkt, an dem wir wussten: Wenn Gott uns nicht rettet, werden wir es in unserer Unterschiedlichkeit nicht schaffen.
Wenn du die Frage beantworten müsstest, was mir eigentlich am meisten geholfen hat, ein veränderter Christ zu werden – also was in meinem Leben am meisten dazu beigetragen hat, dass ich mich geändert habe – wo würdest du denken, lag dieser Punkt? Es geht jetzt nicht darum, was ich sage, sondern wo denkst du, war der Punkt, der meinem Mann am meisten geholfen hat, auf diesem Weg anders zu werden und frei zu werden von Jähzorn?
Es waren eigentlich zwei Punkte. Es gab einen Punkt, ich weiß jetzt nicht mehr, wie lange das her ist, da hast du dich einfach entschieden, mit dem Streit aufzuhören. Du sagst es immer: Du warst dann im Wald spazieren und hast einfach mal gesagt, du probierst es mal ein halbes Jahr, auf Streit zu verzichten. Das tat unserer Ehe super gut. Ich bin aufgeblüht und konnte Mauern einreißen, die ich aufgebaut hatte, weil ich mich so bedroht fühlte durch den Streit.
Ich hatte ja dann die inhaltliche Kritik des Streits nicht an mich herangelassen. Inhaltlich war das ja berechtigt, was du gesagt hast, aber das hat mir nicht gefallen. Deswegen habe ich mir innerlich immer gesagt: Ach, so schlimm bist du gar nicht, und das musst du jetzt nicht ändern, er übertreibt da.
Als du aufgehört hast zu streiten, konnte ich wirklich einfach auch darauf hören, dass du dich nicht verstanden hast, was du sagst, und ich konnte ganz anders darauf eingehen. Ich war auch gewillt, darauf einzugehen und mich mehr auf dich zu entwickeln. Das hat uns beiden sehr gutgetan.
Ja, ich weiß bis heute nicht, wie das war. Ich war in diesem Wald spazieren, habe dafür gebetet, dass Gott mir das schenkt, anders mit dir umgehen zu können. Plötzlich hatte ich den inneren Eindruck, als wäre diese Not, streiten zu müssen oder zu sollen, einfach weg. Es war, als hätte der Herr Jesus in meinem Inneren einen Bereich mit seinem Geist und mit seiner Kraft erfüllt, der vorher noch ängstlich verschlossen war.
Ich kann es nicht anders beschreiben, es war wie so ein geistlicher Durchbruch.
Da sind es zwei Punkte, und wir kommen langsam zum Schluss.
Heilung durch Erkenntnis und Trauer
Ja, der zweite Punkt ist sehr schmerzlich. Wir haben in unserem näheren Umfeld einen Missbrauchsfall erlebt und waren uns sehr unsicher, wie wir den Betroffenen helfen sollten.
Damals hast du das Buch von Dan Allender, Das verwundete Herz, gefunden. Seine Vorträge waren für mich sogar noch wertvoller als das Buch selbst. Das Buch war ein guter Einstieg, aber die Vorträge waren einfach sehr hilfreich.
In den Vorträgen wurden auch falsche Beziehungsstile thematisiert. Dabei ist dir aufgefallen, dass du selbst einen dominanten Beziehungsstil gepflegt hattest, um dich zu schützen.
Genau, ich habe Worte gefunden für das, was ich getan habe, weil ich meinen eigenen Missbrauch erkannt habe. Allender gibt auch Tipps, dass man zunächst über seine Vergangenheit trauern soll. Außerdem zeigt er Wege auf, wie man mit den Verletzungen der Vergangenheit umgehen kann.
Damit begann deine innere Heilung. Ja, das stimmt wahrscheinlich. Das war ganz, ganz wesentlich.
Dankbarkeit für die gemeinsame Entwicklung
Ich freue mich, dass wir zusammengeblieben sind. Wir führen wirklich eine sehr glückliche Ehe. Manchmal erschrecken wir bei dem Gedanken, was aus uns hätte werden können, wenn wir bei den anfänglichen Schwierigkeiten einfach aufgegeben hätten.
Haben wir nicht. Mit Gottes Gnade haben wir das nicht getan. So dürfen wir heute verliebt sein, dieses Interview führen, einen Podcast machen und Gott dienen.
Ich freue mich, dass du da bist. Vielen Dank. Morgen werden wir uns mit dem Thema schwierige Zeiten beschäftigen.
Ich verabschiede unsere Zuhörer jetzt noch mit einem Segen: Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.