Einführung in die Begegnung am See Genezareth
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 368: Gott als ein Vater, der uns erzieht.
Wir haben gelesen, dass Jesus mit seinen Jüngern wieder an das Ostufer des Sees Genezareth gefahren war (Matthäus 16,5-12). Als seine Jünger das jenseitige Ufer erreicht hatten, hatten sie vergessen, Brot mitzunehmen.
Jesus aber sprach zu ihnen: „Seht zu und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer.“ Sie überlegten bei sich selbst und sagten: „Das sagt er, weil wir keine Brote mitgenommen haben.“
Als Jesus das erkannte, sagte er: „Was überlegt ihr bei euch selbst, ihr Kleingläubigen, weil ihr keine Brote habt? Versteht ihr noch nicht? Erinnert ihr euch nicht an die fünf Brote der Fünftausend und wie viele Handkörbe ihr aufhobt? Auch nicht an die sieben Brote der Viertausend und wie viele Körbe ihr aufhobt?
Wie versteht ihr nicht, dass ich nicht von Broten zu euch sprach? Hütet euch aber vor dem Sauerteig der Pharisäer und der Sadduzäer!“
Da verstanden sie, dass er nicht gesagt hatte, sich vor dem Sauerteig der Brote zu hüten, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.
Vertrauen und geistliches Wachstum als Lebensaufgabe
Dieser Text hat zwei Schwerpunkte. Zum einen geht es Jesus darum, dass seine Jünger darüber nachdenken, wie sie mit den Informationen umgehen, die sie bereits haben. Er spricht vom Sauerteig, und die Jünger denken, dass er sie dafür tadelt, zu wenig Brote eingepackt zu haben. Dabei hatten sie doch die beiden Wunder der Brotvermehrung erlebt.
Bevor wir den Kopf über die Jünger schütteln, sei der Hinweis erlaubt: Wir sind häufig nicht besser. Ich jedenfalls bin es nicht. Ich habe mich schon öfter dabei ertappt, in einer schwierigen Situation unruhig zu werden und mich aufzuregen, obwohl ich doch genug Beispiele aus meinem Leben mit Gott kenne. Diese belegen, dass Gott mich nicht im Stich lässt, dass er genau weiß, was er tut, dass er mehr als fähig ist, mich zu trösten, zu kräftigen und durchzutragen.
Ich weiß doch, wie viel Gutes aus wirklich doofen Momenten meines Lebens schon geworden ist. Ich kenne all das. Und doch rege ich mich manchmal auf.
Es ist wirklich spannend, darüber nachzudenken, dass es im Leben mit Gott um Vertrauen und um geistliches Wachstum geht und dass Gott mein Leben so lenkt, dass diese Aspekte wachsen.
Wir hören das heute selten in Predigten, aber Gott will uns erziehen. Wie ein guter Vater seinen Sohn erzieht, so will Gott uns erziehen.
Gottes Erziehung als Ausdruck seiner Liebe
Hebräer Kapitel 12, Verse 4 bis 7:
Ihr habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut widerstanden und habt die Ermahnung vergessen, die zu euch als zu Söhnen spricht: „Mein Sohn, schätze die Züchtigung des Herrn nicht gering und ermatte nicht, wenn du von ihm gestraft wirst. Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er aufnimmt.“
Was ihr erduldet, ist zur Züchtigung. Gott behandelt euch als Söhne. Denn ist der ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt?
Unsere größten Probleme sind eigentlich Momente der Züchtigung, der Erziehung. Deshalb heißt es hier: Was ihr erduldet, ist zur Züchtigung oder Erziehung. Und deshalb ist es so wichtig, dass wir unsere Lektionen auch wirklich lernen.
Lasst uns schwierige Zeiten, Nöte und Herausforderungen als genau das sehen, was sie sind: Gottes Erziehung.
Aber Jürgen, weißt du, wie weh das manchmal tut? Und ich kann dir eins versichern: Ja, das weiß ich. Ich kenne Krankheit, Verrat, Schockstarre, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit. Ich habe meine Portion Erziehung genossen.
Nicht umsonst heißt es in Hebräer Kapitel 12, Vers 11: Alle Züchtigung scheint uns zwar für die Gegenwart nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein. Nachher aber gibt sie denen, die durch sie geübt sind, die friedvolle Frucht der Gerechtigkeit.
Für den Moment ist Gottes Erziehung nicht Freude, sondern Traurigkeit – für den Moment. Aber sie ist trotzdem wichtig, sie ist ein Ausdruck seiner Liebe, sie ist nach vorne gerichtet. Deshalb heißt es hier: Nachher aber.
Gottes Absicht hinter der Erziehung
Jürgen, willst du damit sagen, dass Gott mir schwere Zeiten zumutet, weil er es eigentlich gut mit mir meint? Ja, genau das meine ich. Gott ist ein guter Vater. Und ein guter Vater reizt seine Kinder nicht zum Zorn. Er will seine Kinder auch nicht entmutigen.
Ein guter Vater mutet seinem Kind nur so viel Traurigkeit zu, wie es braucht, um sich zu entwickeln. Das Kind sieht die Notwendigkeit von Erziehung natürlich nicht ein. Es weiß weder, was es heißt, erwachsen zu sein, noch kennt es die Zukunft. Aber Gott als Vater kennt beides.
Er kennt mich mit meinen Defiziten, er kennt den Weg, der vor mir liegt, er kennt meine Berufung und hat mit seiner Erziehung alle diese Punkte im Blick.
Heute wird in evangelikalen Kreisen viel über Bekehrung gepredigt und wenig darüber, dass wir nach der Bekehrung einen schmalen Weg vor uns haben, den wir zu Ende gehen müssen. Christsein wird häufig auf ein Bekehrungserlebnis reduziert, während der Geist Gottes in der Schrift auch das Ausharren betont. Wir hatten das schon in Episode 312.
Wenn heute wenig über Gottes Erziehung gepredigt wird, dann wohl auch deshalb, weil die Idee, auf einem Weg Richtung Ewigkeit zu sein, nicht mehr präsent ist.
Das Leben als Weg der Erziehung und Prüfung
Wir vergleichen uns nicht mehr mit dem Volk Israel auf dem Weg durch die Wüste in Richtung des verheißenden Landes. Paulus schreibt, nachdem er die Sünden der Israeliten und Gottes Strafen aufgelistet hat, in 1. Korinther 10,11: „Alles dies aber widerfuhr jenen als Vorbild und ist geschrieben worden zur Ermahnung für uns, über die das Ende der Zeitalter gekommen ist.“
Wie das Volk Israel sind auch wir auf einem Weg. Deshalb müssen wir verstehen, was das Volk Israel verstehen musste.
In 5. Mose 8,5 heißt es: „So erkenne in deinem Herzen, dass der Herr, dein Gott, dich erzieht, wie ein Mann seinen Sohn erzieht.“
Doch wie sollte das Volk Israel genau das erkennen? In 5. Mose 8,2 steht: „Und du sollst an den ganzen Weg denken, den der Herr, dein Gott, dich diese vierzig Jahre in der Wüste hat wandern lassen.“
Wie erkenne ich Gottes Erziehung? Indem ich den ganzen Weg betrachte, den Gott mit mir geht. Es geht darum, sowohl die Prüfungen als auch den Segen zu erkennen. Beides ist Erziehung, aber ich muss genau hinschauen.
Aufforderung zum Lernen aus Erfahrungen
Und jetzt zurück zu Jesus. Wenn er seinen Jüngern den Vorwurf macht, begriffsstutzig zu sein – „Was überlegt ihr bei euch selbst, Kleingläubige? Versteht ihr noch nicht? Erinnern ihr euch nicht? Wie versteht ihr nicht, dass ich nicht von Broten zu euch sprach?“ – dann tut er das nur, weil er etwas anderes von ihnen erwartet hätte.
Dieses Andere erwartet er auch von uns. Er möchte, dass wir aus unseren Erfahrungen mit Gott lernen, besonders aus den vermeintlichen Katastrophen unseres Lebens.
So sehr wir uns manchmal auch wünschen, die schweren Zeiten einfach zu vergessen, sollten wir sie erst dann vergessen, wenn wir aus ihnen gelernt haben. Darum geht es Jesus hier: Wir sollen die Erfahrungen mit Gott durchdenken und die Lektionen lernen, die er uns beibringen will. Klug zu werden, ist der eine Schwerpunkt dieses Textes.
Ausblick auf die nächste Folge und Abschluss
Der andere Schwerpunkt besteht darin, dass wir darauf achten müssen, auf wen wir hören und wer unser Denken prägt. Damit beschäftigen wir uns in der nächsten Episode.
Du kannst jetzt darüber nachdenken, ob du dich als ein geistliches Kind siehst, das noch erzogen werden muss.
Das war es für heute. Danke Gott jetzt für einige Katastrophen in deinem Leben und lerne Prediger 3,14 beziehungsweise Römer 8,28 auswendig.
Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.
