Herr Jesus, wir haben dich angebetet. Heiliger Geist, lass uns Jesus so erkennen, dass wir dem Vater nur noch danken können. Amen!
Die Herausforderung des gekreuzigten Jesus im interreligiösen Kontext
Augen auf für den gekreuzigten Jesus! Der große indische Staatsmann Mahatma Gandhi war Hindu. Dennoch hatte er erstaunlich viel übrig für den Bergprediger Jesus. Für ihn war Jesus ähnlich wie die Figuren in den Weden, den Heiligen Schriften der Hindus.
Mit dem gekreuzigten Jesus konnte Gandhi jedoch überhaupt nichts anfangen. Das erschien ihm als eine große Torheit – ähnlich wie es heute vielen Christen, auch einflussreichen und klugen Christen, als Torheit vorkommt.
Vor Weihnachten hörte ich einen Vortrag eines Professors, der immer noch als evangelikal gilt. Er sagte, es wäre am besten, die Kreuze aus unseren Kirchen zu entfernen, weil das sowieso niemand mehr versteht. Stattdessen solle man Bilder des auferstandenen Jesus zeigen.
Gandhi war also nicht allein mit seiner Unfähigkeit, etwas mit dem gekreuzigten Jesus anzufangen. Er hatte jedoch Pläne für Neu-Delhi, die Hauptstadt des befreiten Indiens, auf die er hoffte und auf die er hinarbeitete. Dort sollte ein Tempel entstehen, der Ehrfurcht für alle Religionen zeigt. Natürlich sollte es ein Hindu-Tempel sein, aber mit dem Signal, dass auch die anderen Religionen nichts Schlechtes meinen.
Der berühmte Lakshmi-Tempel, der erst nach Gandhis Tod fertiggestellt wurde, zeigt dies eindrucksvoll. In der Eingangshalle sind jeweils einer der großen Religionsstifter eingemeißelt. Man erkennt den lehrenden Konfuzius, den Buddha in stoischer Ruhe, den Vishnu, den tanzenden Gott in selbstvergessenem Tanz – und dann auch den gekreuzigten Jesus.
Das ist unverwechselbar und typisch für Jesus. Der Bergprediger könnte auch Konfuzius sein, der Lehrende. Der, der Wunder tut und Kranke heilt, könnte auch Buddha sein. Aber der, der am Kreuz stirbt, als Inbegriff des Glaubens, an den wir uns halten können – das ist typisch für Jesus.
Und das hängt ganz eng mit dem zusammen, was Jesus selbst uns klargemacht hat.
Die Erhöhung des Menschensohnes als Rettungszeichen
Gleich zu Beginn seines Wirkens berichtet Johannes 3, dass Jesus gesagt hat: Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so wird der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.
Es heißt dort: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Johannes 3,14-16).
Das Stichwort ist hier „Menschensohn“. So wie Mose die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden.
Ludwig Hofacker erklärt, dass viele Leute Bibelkenner sind, aber der Begriff „Menschensohn“ taucht zum ersten Mal in der Bibel im Buch Daniel auf: „Und es ward aus dem Gewühle der Völker plötzlich einer, der aussah wie ein Menschensohn, vor Gott gebracht, zu Gott erhöht, und Gott gab ihm Kraft, Weisheit und Macht in der ganzen Welt“ (Daniel 7).
Der erhöhte Menschensohn, zu Gott erhöht – das ist die Vorstellung.
Jetzt sagt Jesus: „Moment mal, ihr wartet auf diese Erhöhung.“ Israel wartet bis heute darauf, dass Israel selbst der Menschensohn ist, der einmal zu Gott erhöht wird. Ihr wartet darauf, dass der Menschensohn erhöht wird.
Jesus sagt: „Ich will euch mal etwas sagen, was wirklich Erhöhung ist.“ So wie Mose die Schlange an der Stange erhöht hat, so wird der Menschensohn erhöht werden. Das ist ein Rettungszeichen für Menschen, die eigentlich zugrunde gehen müssten.
Der gekreuzigte Jesus ist typisch für Jesus überhaupt und für die ganze Christenheit.
Die Grenzen menschlichen Verstehens und die Weisheit Gottes
Aber jetzt sind wir beim zweiten Punkt. Das geht weit über unser Verstehen hinaus.
Ich hatte einmal einen Mitarbeiter, der oft sagte: „Gut schwäbisch, das hält sich ja im Kopf nicht aus.“ So ist vieles von dem, was Gott uns schenkt – der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, als alle Philosophie der Griechen, als alle Weisheit der Universitäten.
Manche zitieren den Vers: „Der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft.“ Naja, das sowieso – also meine 1200 Gramm Gehirn. Aber als alle Vernunft zusammengenommen, der Weltgeschichte – der Friede Gottes geht über alle Vernunft hinaus.
Gott kann mehr tun, als wir bitten oder verstehen (Epheser 3). Es wäre doch schlimm, wenn Gott nur das tun könnte, was in unser kleines Gehirn hineingeht, was wir mit unserem beschränkten Menschenverstand begreifen können. Die Weisheit Gottes ist größer, weit größer als alle menschliche Vernunft.
Deshalb, als Jesus sagte: „Ich muss jetzt hinaufgehen nach Jerusalem und den Heiden ausgeliefert werden. Sie werden mich verspotten, geißeln und töten“, da heißt es in den Berichten der Evangelien, dass das seine Jünger nicht verstanden. Die, die drei Jahre mit Jesus zusammen waren, haben es nicht kapiert. Das ging nicht in ihren Kopf hinein.
Wenn heute Menschen sagen: „Das mit dem gekreuzigten Jesus, das verstehe ich nicht. Das sollte man auch nicht im Religionsunterricht bringen“, dann ist das verständlich.
Ich hatte eine Erzieherin in Ulm, in meiner ersten Pfarrstelle. Ich habe darauf geachtet, dass sie auch biblische Geschichten erzählt. In der Passionszeit fragte ich sie: „Erzählen Sie auch die Leidensgeschichte?“ Sie antwortete: „Oh, ich bin ganz schnell durch bis zum Happy End, bis zu Ostern.“ Sie dachte, die Kinder verstehen das nicht.
Nein, das kann man nicht verstehen. Sogar die Jünger des Herrn Jesus haben es nicht verstanden.
Als Jesus noch einmal nachhakte und sagte: „Ich muss hinauf, das will Gott, dass ich nach Jerusalem gehe und dort leiden muss und sterben“, da sagte Petrus: „Moment mal, Herr Jesus, komm mal auf die Seite, wir haben was zu besprechen. Das kommt nicht in die Tüte, und das lässt du dir nicht gefallen. Du musst dir das auch nicht gefallen lassen. Wozu soll es gut sein?“
Und Sie wissen, was Jesus darauf gesagt hat: „Du Satan, du Versucher, geh hinter mich, weg! Ich möchte dich nicht mehr sehen, denn du meinst nicht das, was göttlich ist.“
Jetzt geht es nicht weiter so mit dem, was teuflisch ist, was menschlich ist. Es ist zutiefst human, allgemeinmenschlich, verständlich, normalmenschlich, wenn Menschen sagen: „Mit dem gekreuzigten Jesus fange ich nichts an. Das hat doch gar keinen Wert. Wozu soll das gut sein?“
Ich las gestern im Informationsbrief der Bekenntnisbewegung das große Wort von Dietrich Bonhoeffer, das etwa so heißt: Jesus Christus ist nicht dazu gestorben, dass wir es begreifen, sondern dass wir es für uns gelten lassen.
Ich sage es Ihnen noch einmal: Jesus ist nicht dazu gestorben, dass wir es begreifen, sondern dass wir es uns gelten lassen.
Als ich das gelesen habe, fiel mir ein, was vom alten Prälaten Christian Römer berichtet wird. Er war Pfarrer an der Stiftskirche, Prälat von Stuttgart, inzwischen verstorben.
In einer seiner letzten Predigten am Karfreitag 1919 sagte er: „Ich habe lebenslang noch nie mit meinem Verstand begriffen, warum Jesus sterben musste und wie das mit unserem Heil zusammenhängt. Aber ich will es mir gelten lassen.“
Das ist so ähnlich wie das Bonhoeffer-Wort: „Ich will es mir gelten lassen.“
Nicht dazu da, dass ich es begreife, sondern dass ich es gelten lasse.
Das ist nichts Merkwürdiges. Wissen Sie, wie die vielen Pillen, die Sie wahrscheinlich einnehmen, funktionieren? Ob sie vom Magen oder von der Galle aufgenommen werden und wie lange das dauert? Nein. Aber Sie lassen es sich gelten, dass der Arzt gesagt hat: „Das ist gut für Sie, nehmen Sie es.“
So ist es erst recht, wenn der lebendige Gott sagt: „Ich habe hier etwas Rettendes.“
Wie Mose die Schlange erhöht hat in der Wüste – wer aufschaute, obwohl er schon von den giftigen Schlangen gebissen war und das Gift im Körper wirkte, wurde heil.
So sagte Jesus: „So werde ich erhöht werden ans Kreuz.“ Wie das damals in der Wüste funktioniert hat, konnte niemand begreifen. Aber es war zum Heil für die, die vertrauensvoll aufgeschaut haben.
Also: Ich will es mir gelten lassen.
Gott schenke es uns auch gerade in dieser Passionszeit, dass wir es uns neu gelten lassen.
Verstehenshilfen Jesu für das Heil am Kreuz
Der dritte Teil, also der erste Teil, behandelte den gekreuzigten Jesus. Das Kreuz ist ein typisches, unverwechselbares Zeichen für Jesus.
Das zweite ist, dass Jesus gekreuzigt wurde und dass dies einen Sinn haben soll. Dieses Konzept fällt vielen schwer zu begreifen.
Drittens hat Jesus bereits Verstehenshilfen gegeben, die uns ahnen lassen, dass hier etwas Heilvolles verborgen ist.
Nun muss ich wieder eine Geschichte aus dem Neuen Testament erzählen: Ein Blinder bat Jesus: „Du Sohn Davids, erbarme dich über mich!“ Jesus fragte: „Was willst du, Herr? Soll ich sehend werden?“ Dann legte Jesus ihm die Hand auf und fragte: „Kannst du etwas sehen?“ Der Blinde antwortete: „Ich sehe Menschen wie Bäume.“ Er erkannte also nur Konturen, noch nicht ganz klar.
Darauf legte Jesus ihm erneut die Hand auf, und seine Augen wurden vollständig geöffnet.
Das wird auch einmal geschehen, wenn wir das Vorrecht haben, in die Welt Gottes zu kommen. Dann werden wir ihn sehen, wie er wirklich ist. In der Offenbarung wird Jesus immer wieder als das geschlachtete Lamm beschrieben, als der Herr der Welt. Wir werden ihn sehen.
Bis jetzt hilft uns Jesus, dass wir gewisse Konturen erkennen und merken, dass es kein Durcheinander ist, sondern dass alles in den großen Masterplan Gottes hineinpasst.
Erste Verstehenshilfe: Das Weizenkorn
Hilfen! In unserem Festsaal in Korntal ist es ähnlich wie bei Ihnen. Unser jugendlich-sportlicher Bürgermeister macht immer eine Flanke, wenn er von der Bühne oben sprechen soll. Das schaffe ich nicht mehr so. Mir stellen Sie immer eine Treppe nach, damit ich hinaufkomme.
So stellt uns Jesus einen Tritt hin: Er gibt Hilfen zum Verstehen.
Erste Verstehenshilfe im Johannesevangelium: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein. Aber wenn es erstirbt, bringt es viele Frucht. Das ist ein Satz, ein Hinweis darauf, dass das Sterben und Vergehen des Herrn Jesus sinnvoll ist. Jesus sagt, so etwas Ähnliches gibt es schon in der Schöpfung. Wir geben ein Saatkorn in die Erde.
Eine Saatkartoffel kennen Sie als Städter vielleicht auch. Wenn man im Winter nachgräbt, würde man bloß noch etwas Matschiges finden. Das vergeht. Es wäre eklig, hinzugreifen – richtiges Vergehen. Aber dann, mit der neuen Ernte, ist plötzlich ein ganzes Nest mit frischen, neuen Kartoffeln da. Das bringt Frucht.
So hat Herr Jesus gesagt: Mein Sterben wird auch so sein, nicht nutzlos. Der Schöpfer wird etwas daraus machen. Wenn er das schon bei einem Saatkorn fertigbringt, wird er erst recht aus meinem Sterben und Hingegebenwerden etwas machen.
Vielleicht ist auch der Vergleich, den Jesus gebraucht hat, in der ähnlichen Richtung: Ich bin das Brot des Lebens. Es ist ja nicht nur so, dass das Weizenkorn erstirbt. Wenn dann aus dem Weizenkorn und seinem Vergehen der Halm wächst und die volle Ehre erreicht, kommt der Bauer und mäht mit der scharfen Sense den Halm ab, als wollte er alles abschneiden.
Dann wird getroschen, früher schlug man mit dem Dreschflegel darauf, als sollte es kaputtgeschlagen werden. Danach wird geworfelt, als ob man alles wegschmeißen wollte – lauter Todesprozesse. Dann werden die Getreidekörner in der Mühle zermahlen, als wären sie bloß Pulver.
Anschließend werden sie in den Backdruck gegeben und einem Gärungsprozess ausgesetzt. Dann walkt der Bäcker den Teig. Am Schluss wird das Brot einer Hitze ausgesetzt, die wir in der Sauna nicht aushalten könnten.
Doch am Ende entsteht ein Lebensmittel: Brot.
Vielleicht steckt in dem Bildwort des Herrn Jesus, „Ich bin das Brot des Lebens“, der ganze Prozess drin. Er lässt sich in solche Todesprozesse hineinnehmen, damit am Schluss etwas herauskommt, das dem Leben dient.
Vergleiche aus der Schöpfung.
Weitere Vergleiche aus der Schöpfung
Merken Sie sich das mit dem Weizenkorn. Es ist keineswegs aus der Welt, dass ich sterbe und dass dies von Gott her einen Sinn hat. Das zeigt sich bereits beim kleinen Weizenkorn.
Wenn wir bei der Schöpfung weitermachen wollen, denken Sie daran, wie Sie im Leib Ihrer Mutter erwartet wurden. Die Mutter erlebt das, was der Herr Jesus gesagt hat: Eine Frau hat Angst und Bange, wenn ihre Stunde kommt. Aber wenn das Kind geboren ist, denkt sie nicht mehr an die Schmerzen. Stattdessen freut sie sich, dass neues Leben da ist.
Meine Frau hat mir einmal erzählt, dass sie bei jeder Geburt empfunden habe, als wolle das zu gebärende Kind sagen: „Entweder du oder ich, aber besser du als ich, ich möchte leben.“ Jede Geburt ist ein Sterbensprozess. Es ist nichts Einfaches, aber es führt zum Leben.
Wir könnten also weitermachen, indem wir uns daran erinnern, dass Jesus uns auf die Schöpfung hinweist. Merken Sie sich das Stichwort vom Weizenkorn.
Zweiter Hinweis: Gottes Wirken aus Chaos und Bösem
Zweiter Hinweis des Herrn Jesus für uns, die wir sagen: Hat denn das einen Sinn? Gott kann aus einem großen Durcheinander etwas Rettendes machen. Das wissen wir schon seit der Josef-Geschichte.
Ihr, die bösen Brüder des Josef, ihr dachtet daran, Böses zu tun. Aber Gott gedachte es gut zu machen, zu retten – viel Volk. Was war das für ein Durcheinander, als Josef in die Sklaverei verkauft wurde, in der Sklaverei ins Gefängnis geworfen und im Gefängnis vergessen wurde! Doch der Herr war mit Josef, sodass er schließlich als zweiter Regent Ägyptens für den ganzen Vorderen Orient Rettung schaffen konnte.
Ihr dachtet, Böses zu tun, aber Gott hat es nicht dabei belassen. Er gedachte, etwas Gutes daraus zu machen. Das hat der Herr Jesus in einem seiner Gleichnisse aufgegriffen.
Gleichnisse sind überhaupt eine Hilfe für uns, damit wir leichter begreifen können. Die göttlichen Dinge sind uns, die wir so viel Alltägliches erleben, oft fremd. Jesus hat uns deshalb mit den Gleichnissen herangeführt.
Er erzählt von einem Weingärtner, der einen wunderbaren Weinberg angelegt hat. Er setzte einen Turm hinein, zog eine Mauer und einen Zaun. Dann ging er ins Ausland. Den wunderbaren Weinberg, der bald Früchte bringen sollte, gab er den Pächtern. Er machte aus, dass er im Herbst die Pacht vom Ertrag holen würde.
Jedes Mal im Herbst schickte er seine Knechte, seine Beauftragten, um die Pacht zu holen. Doch die Pächter verhöhnten sie, schickten sie weg, warfen sie hinaus, warfen Steine nach ihnen und schlugen sie.
Wenn wir nicht ganz verblendet sind, merken wir, dass der Herr Jesus hier die Geschichte der Propheten vor ihm erzählt hat. Gott hatte seine Boten geschickt, aber Israel brachte immer noch keine Frucht.
Da sagte der Herr des Weinbergs: „Ich habe noch einen einzigen, meinen Sohn, den werden sie fürchten.“ Aber als der Sohn kam, sagten die Pächter: „Jetzt kommt der Erbe, lasst uns ihn töten, damit der Besitz unser sei.“
So erzählte Jesus die Geschichte weiter und fragte dann die Zuhörer: „Was denkt ihr, was der Besitzer des Weinbergs tun wird, wenn er kommt?“
„Oh“, sagten sie, „er wird den Bösen ein böses Ende bereiten.“
Das war menschlich konsequent, dass dann auf den Tisch gehauen wird und abgerechnet wird. Aber Jesus sagte: „Habt ihr denn nie gelesen in Psalm 118, den Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden? Das ist vom Herrn geschehen und ein Wunder vor unseren Augen.“
Die Logik dieses Berichts heißt doch nicht, den Bösen ein böses Ende zu bereiten. Im Gegenteil: Sie haben zwar verworfen, so wie man einen Grundstein, der angeblich nichts taugt, wegwirft. Aber dann sagt Gott: „Den brauche ich erst recht zu einem Fundament, damit etwas daraus wird.“
Gott macht aus einer Passion, aus einem Erleiden eine Aktion. Aus Bösem, aus Durcheinander macht er Hilfreiches. Also nicht den Bösen ein böses Ende, sondern Gott gedachte es gut zu machen – dort, wo Menschen gesagt haben: „Weg mit Jesus!“
Wenn wir auf einen in unserer Welt verzichten können, dann auf diesen Jesus von Nazareth. Doch Gott hat in der Auferstehung deutlich gemacht: Wenn ihr einen braucht in dieser Welt, dann diesen Jesus. Wenn ich auf einen nicht verzichten kann und nicht verzichten will, dann auf ihn. Ich kann auf alle anderen verzichten, sie können alle sterben – aber nicht auf diesen Jesus.
Gott gedachte es gut zu machen, den Retter. Also: Erstes Beispiel – das Weizenkorn aus der Schöpfung. Dann der Hinweis von Jesus: Nicht den Bösen ein böses Ende, sondern Gott gedachte es gut zu machen.
Drittes Wort: Der gute Hirte und stellvertretendes Leiden
Das dritte Wort des Herrn Jesus, das ich für heute Mittag auswählen möchte, betrifft den guten Hirten, der sein Leben für die Schafe lässt. Dieses Bild finden wir im großen Hirtenkapitel des Johannesevangeliums.
Wir denken dabei oft an die schwäbischen Heimatkalender, an die Theke im Hintergrund und den Hirten mit seiner Herde. Dass der Hirte auch sein Leben für die Herde geben kann, ist eine besondere Vorstellung. So etwas gab es nicht einmal bei David. Er hat mit dem Prügel dem Löwen und dem Bären ins Maul geschlagen, bis sie endlich das Schäflein wieder hergaben.
Wer sich in der Bibel auskennt, weiß, dass das Urbild des wahren Hirten der Gottesmann Mose ist. Am Ende des Buches Jesaja wird erzählt, dass er der Hirte Israels ist, der das Volk Israel wie eine Herde aus Ägypten herausgeführt hat.
Von Mose wissen wir aus 2. Mose 32,34, dass Gott enttäuscht war über das Volk Israel, dem er Befreiung geschenkt hatte. Doch sie hatten schnell einen goldenen Götzen angebetet. Da sagte Gott zu Mose: „Ich fange mit dir noch einmal neu an. Ich lasse die, sie haben keinen Wert, sie sind ungehorsam.“
Mose, der Hirte, der nicht nur am Sinai vierzig Jahre lang Kleinvieh gehütet hatte, sondern Hirte Israels war, sagte zu Gott: „Lieber tilge mich aus dem Buch des Lebens und lass sie leben. Anstelle von ihnen mich, mach mich fertig, erledige mich, aber lass sie leben.“
Damals hat Gott diese Opferbereitschaft des Hirten, der sein Leben für die Schafe lassen will, nicht angenommen. Aber es heißt dann in 2. Mose 34: „Ich werde die Sünde heimsuchen, wenn meine Zeit gekommen ist.“
Als der Herr Jesus gestorben ist, ist das in Erfüllung gegangen: Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Dass Jesus anstelle der Schafe stirbt, wird oft nicht verstanden. Viele finden das eine seltsame Vorstellung. Sogar Universitäts-Theologen sagen, das sei eine archaische, israelitische Vorstellung, die wir heute nicht mehr nachvollziehen könnten.
Unser Bruder Ayet Fernando, der auch schon hier in der Hofhager Gemeinde gepredigt hat, beim Gemeindetag im Neckarstadion, hat dazu gesagt: Sogar in unserem Blut, wenn ein Fremdkörper eindringt, etwa bei einer Blutvergiftung, stürzen sich die kleinen weißen Blutkörperchen auf die giftigen Eindringlinge und gehen lieber selbst zugrunde.
Was wir später als Eiter sehen, sind die weißen Blutkörperchen, die sich in den Kampf gestürzt und sich töten ließen, damit der Körper gerettet wird. Stellvertretendes Leiden pulsiert also in unserem Blut. Wer das nicht versteht, muss nur die Augen öffnen für das Geheimnis des stellvertretenden Leidens.
Nicht jeder kann für andere eintreten. Aber von Mose heißt es, dass er der Auserwählte Gottes war (Psalm 106), der in die Bresche trat. Das war wie eine erste Ankündigung auf den wahren Auserwählten, auf Jesus, der in die Bresche tritt und sein Leben für uns gibt – für uns, die wir eigentlich von Gott verworfen sein müssten.
Letzter Hinweis: Das Abendmahl als Zeichen des neuen Bundes
Letzter Hinweis im Abendmahl: Mein Blut, das Blut des neuen Bundes, ist für euch vergossen.
Manche Menschen haben Hemmungen beim Abendmahl, weil sie denken, es solle wirklich Blut sein. Aber nein, der Herr Jesus hat gesagt, dass ihr nicht mehr vom Gewächs des Weinstocks trinken werdet – sei es Traubensaft oder Wein.
Wie einst der Bund am Sinai geschlossen wurde, als Mose das Opferblut über die Gemeinde sprengte, wusste jeder, der von einem Blutstropfen getroffen wurde: Ich bin jetzt im Bund Gottes angenommen, als Bundespartner Gottes.
Jesus sagt nun, dass die Pfarrer kein Blut mehr über die Leute sprengen müssen. Stattdessen dürft ihr aus dem Kelch trinken, und dann weiß jeder, dass ihr Bundespartner im neuen Bund seid. Diesen Bund hat Jesus für Sünder geschlossen, die oft danebenliegen – auch im Umgang mit der Schöpfung, den Gleichnissen Jesu, den Erkenntnishilfen bis hin zum Abendmahl.
Das Christsein ist nicht nur ein bisschen Frömmigkeit oder Religiosität. Es bedeutet, hineingenommen zu sein in den Bund, den Gott mit ihnen schließen will. Herr Jesus hat durch sein Sterben diesen Bund in Kraft gesetzt.
Zusammenfassung und Ermutigung zum Glauben
Hinweise
Wir könnten noch lange weitermachen. Augen auf für den gekreuzigten Jesus. Was wir oft nur schwer verstehen, dafür gibt Jesus uns Verstehenshilfen, damit wir klare Konturen erkennen.
Als Ludwig Hofacker im Sterben lag – Sie kennen die Geschichte wahrscheinlich – besuchte ihn sein Freund Wilhelm Roos, um ihn zu trösten. Doch Hofacker sagte immer wieder: „Ich habe tausendmal mehr die Hölle verdient als den Himmel.“ Wilhelm Roos verließ das Krankenbett unsicher, so wie wir manchmal auch von Krankenbetten gehen: Wir wissen nicht, ob wir das Richtige gesagt haben oder ob wir etwas anderes hätten anpacken müssen.
Nach einer Woche wagte Roos kaum noch einen zweiten Besuch. Doch da traf er Hofacker geradezu heiter an. „Wie ist das denn gekommen? Haben die Schmerzen nachgelassen?“ fragte er. Hofacker antwortete: „Ach nein, ich habe nachgedacht, wie lang der Herr Jesus, der Gekreuzigte, seine Hände nach mir ausstreckt. Ich nehme mich im Kleinglauben und in meinem Zweifel so wichtig, dass ich nicht würdig bin. Jetzt habe ich mich einfach entschlossen, es gelten zu lassen“ – wieder dieser Ausdruck – „dass der gekreuzigte Jesus es toternst meint mit mir, dass er mich bei sich haben will.“
Unter dem Eindruck einer Predigt von Ludwig Hofacker, in der der gekreuzigte Jesus wichtig gemacht wurde, hat sein Freund Albert Knapp, der noch einen weiten Weg zum Glauben vor sich hatte, ein Lied gedichtet. Es ist Paul Gerhardts Lied „Der Geist ist schwach“. Knapp hat das Lied gedichtet, und es war im alten Gesangbuch enthalten – dazu komme ich noch.
Der Geist ist schwach, ja, eines wünsche ich mir vor allem anderen: eine Speise früh und spät. Selig lässt sich im Tränental wandern, wenn dieses eine mit uns geht: unverrückt auf einen Mann zu schauen, der voll blutigen Schweißes und Todesgrauen auf sein Antlitz niedersank und den Kelch des Vaters lang trank. Ewig soll er mir vor Augen stehen.
Als Martin Luther im Zweifel war, ob Gott ihn überhaupt annimmt, sagte sein Beichtvater Staubitz zu ihm: „Stell ein Kruzifix vor dich hin mit dem Gekreuzigten und sag: Danke, Vater, dass du so gut mit mir meinst.“ Das war der Anfang, dass Luther zu seinen großen geistlichen Erkenntnissen kam.
Augen auf für den gekreuzigten Jesus! Der Gott aller Gnade gebe euch erleuchtete Augen des Herzens – so heißt es im Epheserbrief –, damit ihr erkennen könnt, was euch im gekreuzigten Jesus geschenkt ist: erleuchtete Augen des Herzens.
Habt Dank, Herr Jesus, dass du so viel für uns getan hast. Lass es uns jetzt auch ahnen, ehrfurchtsvoll und dankbar, wie gut du uns bist, uns, die wir es gar nicht verdient haben. Amen.
Hinweise zum weiteren Gemeindeleben und Verabschiedung
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Chefbruch, für diese erste Stärkung und diesen Zuspruch – es wurde ja sogar mit Donner unterstrichen draußen – danke ich Ihnen. Wir können jetzt ein bisschen körperliche Stärkung gut gebrauchen.
Ich darf Sie im Namen der Ludwig-Hofacker-Gemeinde zu Brezeln, Tee und Kaffee sowie frischer Luft einladen. Wir werden die Fenster öffnen.
Wenn Sie heute hier zu Gast sind, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass an der Seite die neuen Gemeindebriefe ausliegen. Das kleine Dobbel-Journal heißt es. Außerdem finden Sie dort ein Dankbuch, das wir herausgebracht haben, um Gott für alles zu danken, was er hier in der Gemeinde schon getan hat. Ebenso liegt ein Kochbuch aus. Wenn Sie die Gemeinde gerne unterstützen möchten, steht dort ein kleines Spar-Kästchen in Form eines Vogelhäuschens. Dort dürfen Sie gerne etwas einwerfen.
Die Kassetten von gestern, auf denen Professor Siegfried Zimmer gesprochen hat, sind heute ebenfalls erhältlich bei unserer Gemeindesekretärin Sabine Höhne. Sie sitzt hinten am Tisch. Sabine, möchtest du dich kurz vorstellen, damit dich alle kennenlernen?
Bei Sabine Höhne können Sie also die Kassetten von gestern erhalten.
Ich wünsche Ihnen nun eine gute Tischgemeinschaft. Der Ausgabepunkt ist dort drüben und hier vorne. Lassen Sie es sich schmecken! Wir machen um 18.00 Uhr weiter.