Einleitung und Ausgangssituation am Laubhüttenfest
Gott und Mensch, Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 430: Richtet ein gerechtes Gericht.
Der Herr Jesus ist in Jerusalem zum Laubhüttenfest und predigt im Tempel. Seine Gegner sind erstaunt. Wir waren stehen geblieben bei Johannes 7,19: "Hat nicht Mose euch das Gesetz gegeben? Und keiner von euch tut das Gesetz. Was sucht ihr mich zu töten?"
Das ist also der Vorwurf, mit dem Jesus seine Gegner konfrontiert. Sie haben das Gesetz Gottes, doch sie halten sich nicht daran. Woher er das weiß? Ganz einfach: Sie wollen ihn umbringen.
Jetzt wird es etwas verwirrend. Nicht alle Juden auf dem Fest sind in die Pläne der Oberen eingeweiht. Vor allem diejenigen, die von weit hergekommen sind, ahnen vermutlich nicht, wie sehr die Obersten sich wünschen, diesen Rabbi aus Nazaret endlich mundtot zu machen.
So ergibt sich ein merkwürdiger Dialog.
Der Dialog mit der Volksmenge und die unterschiedlichen Perspektiven
Die Volksmenge antwortete: „Du hast einen Dämon, wer sucht dich zu töten?“
Jesus antwortete und sprach zu ihnen: „Ein Werk habe ich getan, und ihr alle wundert euch deswegen. Mose gab euch die Beschneidung, nicht dass sie von Mose ist, sondern von den Vätern. Am Sabbat beschneidet ihr einen Menschen. Wenn ein Mensch die Beschneidung am Sabbat empfängt, damit das Gesetz Moses nicht aufgehoben wird, warum zürnt ihr mir, dass ich einen ganzen Menschen am Sabbat gesund gemacht habe? Richtet nicht nach dem äußeren Anschein, sondern richtet das gerechte Gericht.“
Nun sagten einige von den Bewohnern Jerusalems: „Ist das nicht der, den sie zu töten suchen?“
Man merkt am Anfang die Frage: „Wer sucht dich zu töten?“ und am Ende die Frage von Leuten, die in Jerusalem leben: „Ist das nicht der, den sie zu töten suchen?“
Es gibt also sehr wohl Besucher auf dem Fest, die von dem Mordkomplott gegen Jesus wissen, aber eben nicht alle. So sind die einen darüber erstaunt, dass Jesus so etwas behauptet, und die anderen darüber, dass er noch lebt und so freimütig im Tempel predigt.
Der Grund für den Widerstand der religiösen Führer
Warum waren die religiösen Führer so gegen Jesus?
Das hat vor allem mit einem Wunder zu tun, das wir im Johannesevangelium, Kapitel fünf, lesen. Jesus heilt einen Gelähmten am Sabbat. Im Anschluss an dieses Heilungswunder kommt es zu einer Auseinandersetzung mit einer Gruppe, die im Johannesevangelium immer wieder „die Juden“ genannt wird. Dabei handelt es sich um die einflussreichen religiösen Führer.
Diese religiösen Führer sind es, die aufgrund dieses einen Wunders beschlossen haben, Jesus umzubringen. Doch das ist alles andere als fair. Deshalb fordert der Herr Jesus: Richtet nicht nach dem äußeren Anschein, sondern richtet das gerechte Gericht.
Was meint er damit? Was bedeutet „richtet das gerechte Gericht“?
Das wird deutlich, wenn wir seiner Argumentation folgen. Gehen wir sie noch einmal von oben nach unten durch.
Jesus’ Argumentation zur Heilkraft am Sabbat
Johannes Kapitel 7, Vers 23: Jesus antwortete und sprach zu ihnen: „Ein Werk habe ich getan, und ihr alle wundert euch deswegen.“
Dieses Werk war die Heilung des Gelähmten, der am Teich Bethesda in einer der fünf Säulenhallen lag. Diese Heilung geschah an einem Sabbat.
Johannes Kapitel 7, Vers 22: „Mose gab euch die Beschneidung, nicht dass sie von Mose ist, sondern von den Vätern, und am Sabbat beschneidet ihr einen Menschen.“
Wie kommt Jesus hier auf das Thema Beschneidung? Ganz einfach: Das Ritual der Beschneidung ist den Juden so wichtig, dass sie auch am Sabbat eine Beschneidung durchführen.
Dazu muss man wissen, dass die Beschneidung eines kleinen Jungen am achten Tag geschehen soll.
Drittes Mose 12, Vers 3: „Und am achten Tag soll das Fleisch seiner Vorhaut beschnitten werden.“
Diese Vorschrift geht sogar noch weiter zurück auf den Bund Gottes mit Abraham, wo es heißt:
Erstes Mose 17, Verse 11 und 12: „Und zwar sollt ihr am Fleisch eurer Vorhaut beschnitten werden. Das wird das Zeichen des Bundes sein zwischen mir und euch. Im Alter von acht Tagen soll alles, was männlich ist, bei euch beschnitten werden.“
Weil die Beschneidung am achten Tag nach der Geburt erfolgen soll, kann es also sein, dass die Beschneidung auf einen Sabbat fällt.
Nun soll aber am Sabbat nicht gearbeitet, sondern geruht werden. Es entsteht also ein Konflikt: Soll ich mich ans Sabbatgebot halten oder soll ich die Beschneidung durchführen?
Eine Kollision der Gebote.
Und beim Thema Beschneidung sind sich die Oberen einig: Die Beschneidung ist wichtiger als der Sabbat.
Vom kleineren zum größeren Prinzip: Heilung am Sabbat
Mose gab euch die Beschneidung – nicht, weil sie von Mose stammt, sondern weil sie von den Vätern kam. Und am Sabbat beschneidet ihr einen Menschen.
Jesus überträgt nun das Prinzip, das hinter dieser Entscheidung steht, auf das, was er selbst getan hat. In Johannes 7,23 sagt er: „Wenn ein Mensch die Beschneidung am Sabbat empfängt, damit das Gesetz Moses nicht aufgehoben wird, warum zürnt ihr mir, dass ich einen ganzen Menschen am Sabbat gesund gemacht habe?“
Hier argumentiert Jesus vom Kleineren zum Größeren. Wenn es legitim ist, am Sabbat ein kleines körperliches Defizit zu beheben, wie kann es dann ein Problem sein, am Sabbat einen ganzen Menschen gesund zu machen? Umso mehr, wenn sowohl die Beschneidung als auch das Heilungswunder im Auftrag Gottes geschehen.
Gott selbst ist es, der die Beschneidung anordnet, und ebenso ist er es, der Jesus das Wunder tun lässt. Der Sabbat ist zwar ein Tag der Ruhe, doch es gibt gute Gründe, an diesem Tag nicht zu ruhen. Die Heilung eines Mannes, der seit 38 Jahren krank ist, gehört definitiv dazu.
Die Aufforderung zum gerechten Gericht
Johannes 7,24: Richtet nicht nach dem äußeren Anschein, sondern richtet das gerechte Gericht. Dieses Prinzip ist typisch für das Alte Testament. Das Gericht soll gerecht sein.
So heißt es in 5. Mose 16,18-20: "Richter und Aufseher sollst du dir einsetzen in allen deinen Toren, die der Herr, dein Gott, dir nach deinen Stämmen gibt, damit sie das Volk richten mit gerechtem Gericht. Du sollst das Recht nicht beugen, du sollst die Person nicht ansehen und kein Bestechungsgeschenk nehmen. Denn das Bestechungsgeschenk macht die Augen der Weisen blind und verdreht die Sache der Gerechten. Der Gerechtigkeit und nur der Gerechtigkeit sollst du nachjagen. Damit du lebst und das Land in Besitz nimmst, das der Herr, dein Gott, dir gibt."
Man merkt, Gerechtigkeit ist in Gottes Augen ein ganz hohes Gut, vor allem für diejenigen, die andere richten – für die Richter und Aufseher.
Nur weil mir die Person eines Rabbis nicht passt, nur weil er meine Autorität in Frage stellt und mich mit seinen Wundern und Predigten ein wenig alt aussehen lässt, nur weil dieser Jesus aus Nazareth so gar nicht in meine Vorstellung von Religion passen will, darf ich ihn deshalb noch lange nicht für ein Vergehen zum Tode verurteilen, das in Gottes Augen überhaupt keine Sünde ist.
Wehe, wenn ich vorschnell dem äußeren Anschein nach ein Urteil fälle, weil ich in meinem Herzen parteiisch bin und als Richter die Person ansehe. Vorsicht ist geboten, wenn es mir mehr darum geht, diesen missliebigen galiläischen Wanderprediger loszuwerden, als ein gerechtes Gericht zu sprechen.
Persönliche Reflexion und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, wo du selbst in Gefahr bist, Menschen, die du nicht magst, unfair zu beurteilen.
Das war's für heute. Falls du auf Fragen von kirchendistanzierten Menschen stößt, auf die du keine Antwort weißt, schau doch mal auf www.bibel.chat vorbei.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.