Einführung: Herausforderungen der heutigen Erziehung
Unser geliebter Herr, wir leben in einer chaotischen Welt. Wenn wir uns die Zeit ansehen, merken wir, dass es immer katastrophaler wird und die Menschen immer weniger von dir wissen wollen.
Wir möchten dich bitten, uns zu helfen und uns die Augen zu öffnen für die Entwicklungen, die da sind. Bitte mach uns anhand deines Wortes deutlich, wie wir dem entgegenwirken können – zumindest in unseren eigenen Familien.
So bitten wir dich, dass du uns heute Abend Konzentration schenkst auf dein Reden. Wir bitten dich, in unserer Mitte zu sein, uns beim Reden und beim Hören zu helfen. Wir loben dich und preisen dich. Amen.
Der Uli hat mein Manuskript mitgenommen, oder? Oder der Kurt? Du hast das Siste! Das nennst du Manuskript? Das sind nur Bildchen. Ja, so ist das. Als Grafiker habe ich eine andere Auffassung vom Manuskript als Literaten.
Das Thema heute Abend „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“ ist doch eines der lieben Kinder von uns, oder? Vielleicht auch eines eurer Enkelkinder. Wir könnten auch sagen: Warum unsere Enkelkinder Tyrannen werden. Das Thema heißt heute Abend nicht „Warum unsere Eltern Tyrannen werden“. Aber die Frage ist schon: Wie können wir dem entgegenwirken? Wie lerne ich von Gott, wie man Kinder erzieht und sie unterrichtet?
Ich glaube, dass es schwierig ist. Für alles macht man heutzutage eine Ausbildung, und selbst die, die Kinder nur stundenweise beaufsichtigen und die man Erzieher nennt, machen eine Ausbildung. Nur Eltern werden völlig ungeschützt auf die Kinder losgelassen. Da hat man den Eindruck: Beim Ersten probiert man es aus, und beim Letzten merkt man, dass man es nicht geschafft hat.
Ich glaube, dass es sehr schwierig ist, in der heutigen Zeit Kinder zu erziehen. Ich bin froh, dass meine Kinder groß sind und wir jetzt Enkelkinder haben. Wir haben also vier Kinder, vier prächtige Schwiegerkinder und acht Enkelkinder. Aber ehrlich gesagt möchte ich heute keine Kinder mehr erziehen. Die Welt hat sich verändert.
Beobachtungen zum Verhalten heutiger Kinder
Ich glaube, das ist ein aktuelles Thema, und jeder von uns könnte wahrscheinlich Erlebnisse erzählen: Kinder, die sich im Supermarkt schreiend auf den Boden werfen, Teenager, die ihre Eltern anbrüllen, Schüler, die ihre Lehrer bespucken, Kinder, die in Gemeindekinderstunden den Unterricht stören und stets durch auffälliges Verhalten im Mittelpunkt stehen.
Meine Frau und ich waren 32 Jahre lang Hausmeister in einer Gemeinde. Man könnte fast ein Anekdotenbuch darüber schreiben. Es ist manchmal schwierig, wenn die lieben Kleinen sagen: „Weißt du, das ist die Frau, die immer motzt.“ Damit ist meine Frau als Hausmeisterin gemeint.
Nach der Stunde laufen die Kinder oft durch den Gemeindesaal und machen Schneeballschlachten mit den Stuhlkissen. Dann holt man sich eines der Kinder heran und sagt: „Bitte, räum jetzt wieder auf.“ Die Antwort lautet oft: „Wieso?“ Daraufhin antworte ich: „Darfst du das zu Hause auch?“ – „Nein.“ – „Dann darfst du das hier auch nicht. Also räum bitte auf.“ Dann stellt man das Kind an die Arbeit, damit es die Stuhlkissen wieder hinstellt.
Anschließend kommen die Eltern und fragen: „Wer hat das denn aufgetragen?“ Die Antwort ist: „Der da.“
Ich bin oft erstaunt darüber, sowohl in Schulen als auch in Kindergärten, in Gemeindestunden und Kinderstunden, in Jungscharen und ähnlichen Gruppen, wie sich die heutige oder zukünftige Generation verhält. Offensichtlich merken die Eltern das gar nicht. Sie sind in tiefgeistliche Gespräche verwickelt und nehmen nicht wahr, was ihre Kinder machen.
Die Frage ist: Was läuft falsch in der modernen Erziehung? Und wie und warum werden immer mehr Kinder zu Tyrannen? Und...
Gesellschaftliche Diskussion und säkulare Perspektiven
Vielleicht ist euch auch aufgefallen, dass es in letzter Zeit verschiedene säkulare Bücher gibt, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Ich weiß nicht, wer von euch die Bücher von Michael Winterhoff gelesen hat, zum Beispiel „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“. Den Titel habe ich übernommen und natürlich ergänzt, weil wir heute nicht nur darüber sprechen, sondern auch versuchen, zu erklären, was die Bibel dazu sagt.
Ich kann diese Bücher nur empfehlen, auch wenn sie keine christlichen Werke sind. Zum ersten Mal seit vielen Jahren gibt es in Deutschland in der säkularen Welt Bücher, die dieses Problem aufgreifen. Michael Winterhoff schreibt, dass er vor zehn Jahren dieses Buch noch nicht hätte herausbringen können, weil er in Deutschland dafür „gesteinigt“ worden wäre. Er betont sehr deutlich, dass er Kinder- und Jugendpsychiater seit über zwanzig Jahren ist. In seinen Büchern gibt er Beispiele aus seiner Praxis und analysiert, warum Kinder sich heute so verhalten, wie sie es tun. Leider seien die Eltern daran schuld. Kinder werden so, wie sie erzogen werden.
Kann man das Rad zurückdrehen? Es gibt noch weitere Bücher, die sich im säkularen Bereich mit diesen Entwicklungen beschäftigen. Ich weiß nicht, wer von euch das Buch der Jugendrichterin Kirsten Heisig gelesen hat: „Das Ende der Geduld“. Diese Jugendrichterin hat sich im vergangenen Jahr offenbar umgebracht, so heißt es zumindest. Ich weiß es nicht genau, aber es wird gemunkelt, dass sie sich das Leben genommen haben musste.
Was spielt sich in Deutschland ab? Ich habe einen guten Freund, der stellvertretender Schuldirektor in Hamburg ist. Er erzählt, dass seine Schule in einem sozialen Brennpunkt liegt. 80 Prozent seiner Schüler sind Migranten, und jeden Tag hat er die Polizei in der Schule. Man hat den Eindruck, unsere Politik macht die Augen zu und versucht, Probleme zu lösen, indem Gesetze gelockert werden.
Ihr wisst, wir haben bei uns zu Hause eine Gefährdetenhilfenarbeit. Wir kümmern uns um drogenabhängige junge Männer und solche, die im Gefängnis gesessen haben. Die deutsche staatliche Drogenpolitik zielt darauf ab, weiche Drogen möglichst zu erlauben. Gerade in den letzten Wochen wurde die Menge an Drogen, die ein junger Mann bei sich haben darf, erhöht. Nach dem Gesetz ist Drogenbesitz strafbar, aber es wird nicht mehr geahndet, wenn es sich um Eigenverbrauch handelt. Nur wer mehr hat, wird als Dealer angeklagt.
Warum tut man das? Weil es keinen Platz mehr in den Gefängnissen gibt. Ich glaube, das ist keine Pädagogik, oder? Wir könnten fragen: Was hat sich verändert? Und was sagen wir Christen dazu?
Christliche Perspektiven und Herausforderungen
Als ich diese Bücher gelesen habe, habe ich mir Gedanken gemacht, wie wir als Christen darauf reagieren sollten – auch in unseren Gemeinden. Bei einer Freizeit habe ich verschiedenen christlichen Eltern in Gruppen Beispiele zum Bearbeiten gegeben. Wir werden uns gleich einige dieser Beispiele aus den Büchern ansehen und beurteilen, wie sie zu bewerten sind.
Ich muss sagen, ich war erschrocken. Auch christliche Eltern verhalten sich oft nicht anders als säkulare Eltern. Was sind die Ursachen dafür, dass Kinder nicht erwachsen werden wollen, nicht belastbar sind und sich von ihren Emotionen leiten lassen? Ihr kennt sicher die Ereignisse der letzten Jahre, wie zum Beispiel in Erfurt oder Winnenden. Was sind die Ursachen für die U-Bahn-Schlägereien in München oder Berlin? Woher kommt das alles?
Es sind nicht nur die schlechten Medien und Computerspiele; das Problem fängt viel früher an. Wie können wir Christen unsere Kinder richtig erziehen? Nun könnte man sagen, das Thema ist uralt. Ich habe ein Zitat gelesen: „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“
Wer weiß, von wem dieses Zitat stammt? Richtig, von Sokrates. Er hätte zu dem Thema schon etwas sagen können, hat es aber nicht wirklich getan – er rächte sich nur auf seine Weise. Die Bibel kennt dieses Problem ebenfalls. Wenn wir zum Beispiel 2. Timotheus 3,1-7 aufschlagen – ihr könnt das gerne mal tun – lesen wir einen Abschnitt, den ich euch jetzt vorlese. Es ist immer gut, nachzuschauen, ob das, was ich sage, auch stimmt. Nachdem ihr aufgeschlagen habt, stelle ich die Bibel auch hier vorne hin.
Da steht: „Dies aber wisse: In den letzten Tagen werden schwere Zeiten eintreten. Denn die Menschen werden selbstsüchtig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, lästernd, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, lieblos, unversöhnlich, verleumderisch, unenthaltsam, grausam, das Gute nicht liebend, Verräter, unbesonnen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott, die eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen.“
Das ist doch eine Beschreibung der heutigen Zeit, oder? Ihr seht mir an, dass ich schon ein bisschen älter bin. Ich habe die letzten 30, 40 Jahre bewusst erlebt. Wenn ich euch so ansehe, gibt es durchaus etliche, die das auch erlebt haben.
Was hat sich in den letzten 30 Jahren in Deutschland verändert? Wahrscheinlich werdet ihr sagen: „Als ich Jugendlicher war, durfte ich mir das nicht erlauben.“
Aktuelle Probleme im Sozialverhalten von Kindern
Michael Winterhoff schreibt in seinem Buch: Das Sozialverhalten vieler Kinder in Kindergärten und Schulen ist hoch problematisch. Sie verhalten sich in ihrer Umgebung wie kleine Tyrannen oder Monster. Sie treten Gleichaltrigen gegenüber körperlich und verbal extrem aggressiv auf und sind nicht einmal ansatzweise in der Lage, sich in eine Gruppe zu integrieren.
Wir haben bei uns im Hauskreis eine Schwester, die Kindergärtnerin ist. Sie sagt: Noch vor zehn Jahren war die Situation so, dass man in einer Kindergartengruppe von etwa zwanzig Kindern vielleicht zwei hatte, die verhaltensauffällig waren. Heute hingegen hat man in einer Gruppe von zwanzig Kindern vielleicht nur zwei, die normal sind – und das ist gar nicht mehr leistbar.
Mein Bruder war Berufsschullehrer. Er sagte mir, die letzten Jahre vor seiner Pensionierung waren für ihn die schlimmsten. Er konnte keinen Unterricht mehr machen und sich an die Tafel stellen, um etwas hinzuschreiben. Er konnte den Unterricht nur noch mit Tageslichtprojektor gestalten, damit er die Klasse beim Schreiben von Dingen, die sie an die Wand warfen, immer beobachten konnte.
Wenn ich zurückdenke: Wir waren auch keine Engel in der Schule. Klar, wir haben Streiche gemacht. Aber das waren Streiche. Das, was heute geschieht, sind keine Streiche mehr, das ist kein Witz, sondern Aggression.
Man könnte sagen, die eigentliche Veränderung in Deutschland begann mit den sogenannten 68er Jahren. Die 68er Jahre mit Habermas und der Frankfurter Schule markierten die Verschiebung der Maßstäbe. Der erste Paragraph, der abgeschafft wurde, war der Paragraph 175 und der Kuppeleiparagraph. Danach folgte der Homoparagraph.
Der eigentliche Dammbruch in Deutschland war nach meiner Beurteilung der Moment, als Bundeskanzler Willy Brandt sich scheiden ließ. Damit wurde etwas gesellschaftsfähig, was es vorher in den Regierungskreisen nie gegeben hatte. Stellt euch vor, Adenauer wäre geschieden gewesen – er wäre nie Kanzler geworden. Heute ist das möglich und selbstverständlich.
Unter Politikern gibt es heute solche, die nicht nur Audi fahren, sondern auch viermal verheiratet sind und noch mehr. Manche haben sogar Olympische Ringe. Was hat sich verändert?
Winterhoff schreibt weiter: Für viele Zehnjährige ist Respekt vor Eltern und Lehrern ein Fremdwort geworden. Siebzehnjährige sind oft nicht mehr arbeitsfähig und belastbar. Gesellschaftliche und pädagogische Fehlentwicklungen im Elternhaus, Kindergarten und in der Schule – wie können wir dem begegnen?
Ich weiß nicht, wer von euch Lehrer ist oder Auszubildende hat, die Lehrlinge in Firmen ausbilden. Der könnte wahrscheinlich auch eine Menge darüber erzählen, wie heute die Jugendlichen, die die Schulen verlassen, oft arbeitsunfähig sind.
Wir fragen uns: Woher kommt das? Was sind die Ursachen? Woher kommt es, dass diese Generation nicht mehr belastbar ist?
Wenn ich zurückblicke: Die Generation, die nach dem Krieg das sogenannte Wirtschaftswunder bewirkt hat – was haben die im Krieg durchgemacht? Man könnte die heutige Generation damit überhaupt nicht mehr belasten.
Fallbeispiele aus der Praxis
Ich möchte fünf Beispiele aus diesem Buch vorstellen. Das mag vielleicht etwas langatmig wirken, aber ich bitte um Geduld beim Zuhören. Es sind fünf Beispiele, die jeweils typisch für das Verhalten von Kindern beziehungsweise von Eltern sind.
Fallbeispiel eins: Eine Situation im Kindergarten.
Fallbeispiel 1: Kindergarten
Claudia ist fünf Jahre alt. Sie wird in der Regel morgens von ihrer Mutter in den Kindergarten gebracht und mittags abgeholt.
Eines Tages spielt sich folgendes Szenario ab: Claudias Mutter kommt mittags zum Kindergarten, um ihre Tochter zu holen. Ihr erster Weg führt zur Erzieherin, um sich zu erkundigen, ob sie rechtzeitig da sei. Claudia hat sich nämlich bereits zweimal beim Kindergartenpersonal über zu spätes Abholen beschwert.
Die Tür öffnet sich, und Claudia kommt als eines der ersten Kinder aus dem Gruppenraum gestürzt. Sie entdeckt sofort zu ihrer erkennbaren Freude, dass ihre Mutter bereits eingetroffen ist. Sofort entspinnt sie ihr ein Spiel: Claudia läuft auf die Mutter zu und hält ihr den ausgestreckten Arm entgegen, um ihr damit einen imaginären Muffin zu servieren, den sie nach stolzem Bekunden extra für die Mama gebacken hat.
Die Mutter geht auf das Spiel ein, sie beugt sich zu ihr nach unten, bedankt sich für den schönen, leckeren Muffin und beißt hinein. Die Reaktion des Kindes hat es in sich: Claudia beginnt nicht nur zu weinen, sondern wirft sich gleichzeitig auf den Boden. Sie ruft immer wieder laut, die Mutter habe doch den Muffin auf keinen Fall bereits jetzt anbeißen dürfen.
Das Kind ist etwa fünfzehn Minuten lang nicht ansprechbar. Es übertönt Beschwichtigungsversuche mit lautem Schluchzen und wehrt sich gegen körperliche Annäherung durch Strampeln und Schlagen.
Dann hat die Mutter die rettende Idee: Sie kann Claudia glaubhaft machen, dass sie ja nur einmal in das Gebäckstück gebissen habe und folglich den Rest noch in den Händen halte. Also könne man diesen Muffin mit nach Hause nehmen, und zu einem von Claudia festzulegenden Zeitpunkt werde der Muffin dann gegessen.
Das Kind akzeptiert zwar diesen Vorschlag, weist die Mutter jedoch darauf hin, dass so etwas keinesfalls noch einmal vorkommen dürfe.
Als Mutter und Tochter den Kindergarten schließlich verlassen, trägt die Mama sowohl den Rucksack als auch die Jacke ihrer Tochter und natürlich den imaginären Muffin.
Ich kommentiere erst mal gar nicht.
Fallbeispiel zwei: Einschulung
Fallbeispiel 2: Einschulung
Adrian fiel schon lange vor der Einschulung auf. Er begleitete seine Mutter mittags, wenn der ältere Bruder aus der Schule abgeholt werden sollte. Dabei kam es immer wieder zu lautstarken Auseinandersetzungen mit der Mutter auf dem Parkplatz vor dem Schulgelände beziehungsweise auf dem Schulhof.
Adrian schrie und tobte, weinte und jammerte lauthals, weil ihm etwas nicht passte. Beobachtende stellten fest, dass die Mutter nie irgendwelche Maßnahmen ergriff, um das ungebührliche und peinliche Verhalten des Kindes zu unterbinden.
Auch beim sogenannten Unterrichtsspiel bei der Anmeldung zeigte Adrian ein auffälliges Verhalten. Er ließ sich nicht auf die gestellten Aufgaben ein und beschäftigte sich anderweitig. Dennoch wurde Adrian eingeschult – auf Drängen der Eltern und auf Empfehlung des Kindergartens.
Schon von Anfang an war er in keiner Tischgruppe tragbar. Meistens lag er halb auf dem Tisch und belästigte die Tischnachbarn. Er erhielt einen Einzeltisch, konnte aber die besten Arbeitsergebnisse erzielen, wenn er auf einer Isomatte vor der Tafel liegend arbeiten durfte.
Es war auffällig, welche Strategien Adrian entwickelte, wenn die Lehrerin etwas von ihm verlangte. Zuerst stellte er die Ohren auf Durchzug und ignorierte Aufforderungen im normalen Ton völlig. Erst auf sehr energische, laute und dringliche Anreden reagierte er. Dann begann eine Phase der Verhandlungen und Diskussionen: Er erbettelte, spielte Baby und nervte.
Adrian scheint ein äußerst konsequentes Verhalten bisher nicht kennengelernt zu haben. Im Grunde ist er kein aggressives Kind, sondern eher total unangepasst. Dadurch gerät er mit seinen Mitschülern in Konflikte.
Besonders bedauerlich ist, dass er aufgrund seines Verhaltens nicht die Leistungen zeigen kann, die ihm von seiner Intelligenz her möglich wären.
Fallbeispiel drei: Im Elternhaus.
Fallbeispiel 3: Im Elternhaus
Manuels Mutter hat Post vom Jugendamt erhalten. Diese liegt offen auf dem Esstisch, während sich Manuels Mutter mit einer Bekannten unterhält, die zum Kaffee zu Besuch gekommen ist.
Während des Gesprächs betritt Manuel den Raum. Er spricht seine Mutter an, um ihr mitzuteilen, dass er nach draußen gehen will. Die Anwesenheit der Bekannten ignoriert er dabei. Manuel nimmt das Schreiben vom Amt und beginnt, es zu lesen.
Die Mutter möchte wissen, wohin ihr Sohn gehen will, und fragt ihn danach. Manuel überhört die Frage jedoch und kommentiert stattdessen den Inhalt des Schreibens. Als er sich schließlich anschickt, den Raum zu verlassen, ohne die Frage der Mutter beantwortet zu haben, wiederholt diese die Frage.
Erst jetzt reagiert Manuel, sichtlich genervt, mit einer unwirschenden Antwort. Er verlässt den Raum, ohne die Tür zu schließen. Während der gesamten Szene sitzt die Bekannte der Mutter noch im Zimmer, scheint für Manuel aber überhaupt nicht existent zu sein.
Interessant ist die Reaktion der Mutter. Als sie auf das Verhalten ihres Sohnes angesprochen wird, sagt sie, sie habe gar nicht registriert, dass Manuel ein an sie gerichtetes Schreiben gelesen hat, ohne sie um Erlaubnis zu fragen. Der Grund dafür ist schlicht, dass es häufig vorkommt, dass ihr Sohn die Post öffnet, liest und auch kommentiert.
Ohnehin bespricht sie oft wichtige Belange mit Manuel. Sie empfindet ihn als pfiffig und hat das Gefühl, er trifft oft den Nagel auf den Kopf. Selbst das abweisende und unfreundliche Verhalten beim Verlassen des Zimmers kommt der Mutter nicht ungewöhnlich vor und macht sie nicht ärgerlich.
Gleichzeitig macht sie sich Sorgen um seine nachlassenden schulischen Leistungen. Sie beklagt, dass er hinsichtlich der Hausaufgaben von ihr gar nichts mehr sagen lasse, obwohl ihr Verhältnis zu ihm geradezu partnerschaftlich sei.
Fallbeispiel 4.
Fallbeispiel 4: Zuhause
Sven sitzt vor seinem Chemiebaukasten. Um ihn herum sind die Utensilien verteilt. Er hat den gesamten Esstisch und vier der sechs Stühle in Beschlag genommen. Auf einem Stuhl sitzt er, auf einem anderen stehen seine Colaflasche und sein Glas. Die beiden übrigen Stühle hat er mit Reagenzfläschchen, Teststreifen und ähnlichem zugestellt.
Die Mutter hat Sven vor fünfzehn Minuten bereits darauf aufmerksam gemacht, dass sie den Tisch für das Abendessen decken möchte. Sven hat nicht darauf reagiert. Nun steht sie wieder vor dem Esstisch und sagt: „Sven, kannst du jetzt bitte deine Sachen wegräumen? Ich möchte den Tisch decken. Es ist bereits neunzehn Uhr fünfzehn, und du musst noch duschen.“
Sven reagiert ungehalten: „Gleich! Siehst du nicht, dass ich gerade etwas teste? Ich kann nicht einfach unterbrechen, nur weil du den Tisch decken willst.“
Die Mutter fragt verständnisvoll: „Was für einen Test machst du denn gerade?“
„Das verstehst du ja doch nicht“, murmelt Sven und wendet sich wieder seinem Mikroskop zu.
Swens Mutter geht daraufhin kommentarlos in die Küche. Sie stellt alles auf die Anrichte, was sie für das Abendbrot benötigt. Ihre Freundin, die zu Besuch ist, findet Swens Verhalten unverschämt. Sie fragt die Mutter, warum sie sich solch ein Verhalten von einem Zehnjährigen bieten lässt.
Swens Mutter versteht jedoch nicht, was ihre Freundin meint. Sie empfindet das Verhalten ihres Sohnes nicht als unangemessen, sondern ist stolz auf seine Intelligenz.
Fünftes Beispiel im Internat.
Fallbeispiel 5: Im Internat
Der elfjährige Markus ist seit zwei Jahren in einem Heim untergebracht, weil er lügt, stiehlt und trotz guter Intelligenz seine Schulleistungen verweigert.
Während eines Besuchswochenendes schenkt er seinem dreizehnjährigen Bruder ein teures Playstationspiel. Als der Vater die Jungen zurück ins Heim bringt, erzählt er der Heimleitung stolz, Markus habe das Spiel von seinem Taschengeld dem älteren Bruder geschenkt.
Der Hinweis, dass Markus nicht so viel Geld besessen habe, führt dazu, dass der Vater eine erneute Lüge seines Sohnes provoziert. Markus gibt an, das Geld heimlich gespart zu haben. Anrufe in dem Geschäft, in dem er das Spiel während einer Freizeit gekauft haben will, ergeben jedoch, dass dieses Geschäft überhaupt keine solchen Spiele führt.
Auch das überzeugt den Vater nicht. Erst als ein anderes Kind bestätigt, dass Markus das Spiel und noch einige weitere in einem Spielwarengeschäft gestohlen hat, erkennt der Vater die Tatsachen an.
Dennoch fragt er im Zuge der Absprache mit der Heimleitung, wie mit den gestohlenen Waren umgegangen werden soll. Er erkundigt sich, ob die Spiele an Markus zurückgegeben würden, falls sich herausstellen sollte, dass sie doch nicht gestohlen wären.
Ursachen für problematisches Verhalten
Ich möchte jetzt eure Gedanken hören. Ja, wir werden das genau untersuchen. Was könnten die möglichen Ursachen für das Verhalten der Kinder sein? Am liebsten würde ich jetzt mit euch Gruppenarbeiten machen, um diese Dinge gemeinsam zu erarbeiten. Vielleicht könnt ihr diesen Test auch in euren Gemeinden und Hauskreisen durchführen.
Richtig! Wenn wir die Bibel lesen, merken wir, dass Eltern für ihre Kinder haften. Die Ursache für das Fehlverhalten der Kinder liegt nicht in erster Linie bei den Kindern selbst. Natürlich sagt die Bibel, dass wir Menschen von unserer Jugend an böse sind. Kinder sind nicht unschuldig; der Bazillus der Sünde steckt in jedem von ihnen. Das ist klar. Keiner von uns hat seinem Kind beigebracht, mit dem Fuß aufzustampfen, Nein zu schreien oder das Milchglas vom Tisch zu wischen. Das braucht man keinem Kind beizubringen, oder? Das Verhalten steckt einfach drin. Aber wie gehen wir damit um?
Ich finde es interessant, dass Winterhoff in seinen Büchern drei verschiedene Beziehungsfehler als Ursachen für auffälliges Verhalten von Kindern beschreibt. Dieses Verhalten kann man an den Beispielen, die ich euch genannt habe, sehr gut verdeutlichen.
Als erste Beziehungsstörung nennt er, dass Eltern ihre Kinder partnerschaftlich und nicht mehr hierarchisch erziehen. Das ist eine Folge der 68er-Generation. Wahrscheinlich habt ihr das alle miterlebt: Diese Entwicklung ging sogar in unsere Gemeinden hinein. Kindermitarbeiter wurden nicht mehr „Onkel“ oder „Tante“ genannt, sondern per Du angesprochen. Der nächste Schritt war, dass Eltern sich nicht mehr „Papa“ und „Mama“ nennen lassen wollten, sondern mit Vornamen angesprochen wurden. Man möchte seine Kinder nicht so erziehen, wie man selbst erzogen wurde, weil man das als ätzend und bestimmend empfunden hat. Stattdessen möchte man die Kinder sich selbst entwickeln lassen. Man begibt sich auf Augenhöhe mit den Kindern und sieht sie nicht mehr als Kinder, sondern als Partner. Kinder werden aus der untergeordneten Rolle befreit – Erziehung auf Augenhöhe. Oft ist das besonders bei Alleinerziehenden der Fall, die ihre Kinder als Partnerersatz brauchen.
Die zweite Beziehungsstörung, die Winterhoff beschreibt, ist, dass Eltern sich unter das Kind begeben und es für ihre eigenen Interessen benutzen. Ein typisches Beispiel dafür ist Manuel, von dem wir gelesen haben. Diese Eltern möchten Kinder erziehen, um von ihnen geliebt zu werden. Sie erwarten, dass die Kinder dankbar sind, wenn sie ihnen alles erlauben. Sie brauchen diese Streicheleinheiten. Winterhoff nennt das Projektion: Sie wollen von den Kindern Liebe bekommen. Wenn sie dann strafen wollen, kommt oft die Reaktion: „Dann habe ich dich eben nicht mehr lieb.“ Sie versuchen also, Liebe zu erzwingen.
Die dritte Beziehungsstörung ist, dass Eltern ihre Psyche mit der des Kindes verschmelzen und das Kind als Teil von sich selbst sehen. Ein Beispiel ist Markus, dessen Vater sich praktisch mit dem Sohn identifiziert und nicht wahrhaben will, dass sein Sohn lügt und stiehlt. Was nicht sein darf, gibt es nicht.
In letzter Zeit gibt es in Deutschland Bestrebungen, diese Entwicklungen zu erkennen. Vielleicht habt ihr gelesen, dass die Idee aufgekommen ist, alle Eltern sollten einen sogenannten Elternführerschein machen. Die Idee ist nicht schlecht, oder? Die Frage ist nur: Wer stellt die Fragen? Wer arbeitet das Konzept aus? Und was will man eigentlich vermitteln? Es nützt nichts zu sagen, wir wollen einen Elternführerschein, wenn wir nicht zuerst klären, wie wir erziehen wollen. Welche Tugenden wollen wir den Kindern beibringen? Was sind unsere Ziele?
An diesem Punkt habe ich mich gefragt: Was sagt die Bibel dazu? Welche biblischen Beispiele fallen euch ein, in denen Kinder zu Tyrannen wurden? Hofnebel und Pinchas, Absalom, die Söhne Elias, Adonija, Simson – wer war der Erste? Kain, jawohl! Es ist hochinteressant, die Bibel einmal durch die Brille von Winterhoff zu lesen, um zu sehen, welche Menschen zu Tyrannen wurden, schwer erziehbar waren, und dann zu überlegen, was die Ursachen dafür waren.
Auch darüber schweigt die Bibel nicht. Wir könnten die einzelnen Beispiele durchgehen. Lot und seine Töchter haben wir nur kurz angerissen. Wie kommt es dazu, dass die Töchter eines Mannes, von dem im Neuen Testament gesagt wird, dass er seine gerechte Seele quält, Inzucht begehen? Man muss sagen, das war Lot selbst schuld.
Was ist die Ursache, warum Simson zum Tyrannen wurde? Auch das wurde schon erwähnt. Sein Vater Manoah war ein weicher Mann. Simson sagt: „Gib mir diese Frau von den Philistern.“ Manoah antwortet: „Aber Junge, gibt es nicht auch nette Mädchen in Israel?“ Simson sagt: „Vater, die will ich!“ Ja, gut. Ich weiß nicht, wie Manoah ihn erzogen hat. Hätte man ihn gefragt, warum er so weich reagiert hat, hätte er wahrscheinlich gesagt: „Ich wollte meinen Sohn nicht verlieren.“
Absalom – ein Tyrann, wie er im Buch steht. Woher kam das? Dasselbe gilt für Adonija. Sein Vater hat ihm nie gesagt, dass das, was er tut, schlecht ist. Warum nicht? Weil David selbst Dreck am Stecken hatte. Hätte er seinen Söhnen gesagt: „So verhält man sich nicht!“, hätten sie antworten können: „Vater, wie lebst du denn? Was ist mit deinem Ehebruch? Und mir willst du etwas verbieten?“ Seht ihr, wir können Kinder nur so erziehen, wie wir selbst sind.
Rehabeam, sein Vater Salomo hatte gut angefangen, aber schlecht geendet. Esau, Jakob, die zwölf Söhne Jakobs – eine rühmliche Ausnahme ist Josef. Man könnte fragen und untersuchen, wie die Erziehung der Kinder in der Bibel beschrieben wird.
Es gibt Erziehungen mit positiven Folgen: Denken wir an Samuel und seine Mutter Hanna, an Mose und seinen Vater Amram, an Timotheus und seine Mutter Eunike. Und es gibt negative Beispiele: die Töchter von Lot, Ammon, den Sohn Manasse, Isaak von Abraham – ich meine hier nur die spezielle Sache, die Isaak seinem Vater nachgemacht hat, als er seine Frau verleugnete.
Es gibt auch innerhalb einer Familie unterschiedliche Entwicklungen. Man könnte rätseln, woher es kommt, dass Abel anders ist als Kain, Salomo anders als Absalom, Jakob anders als Esau, Sem anders als Ham und Japheth. Die Zeit reicht heute Abend nicht aus, um darauf jeweils einzugehen. Das wären jeweils eigene Bibelarbeiten, aber es lohnt sich.
Seht, wir können Kinder nur so weit erziehen, wie wir selbst sind. Das Wort „erziehen“ kommt von „ziehen“. Ich kann jemanden nur bis zu dem Punkt ziehen, an dem ich selbst stehe. Wenn ich jemanden weiterbringen will, als ich bin, dann muss ich ihn drücken – und das ist Erdrückung. Erziehung ist also eine Sache: Ich kann jemanden nur so weit weiterziehen, wie ich selbst bin. Wenn ich möchte, dass meine Kinder weiterkommen als ich, dann muss ich selbst weiterkommen.
Und ihr merkt bei dieser Illustration: Wenn Eltern sich nicht einig sind in der Erziehung, kommt es zur Katastrophe. Mir ist lebhaft ein Erlebnis in Erinnerung, das ich mit meiner Frau hatte, als wir eines unserer Kinder an der Realschule anmeldeten. Auf dem Schulhof ging vor uns ein Ehepaar, und zwischen ihnen stand ihr Sohn. Der Vater wollte, dass der Junge aufs Gymnasium geht, die Mutter bevorzugte die Realschule. Am liebsten hätte ich das fotografiert. Das war ein typisches Bild: Das Kind wurde sozusagen zerrissen.
Erziehung funktioniert nur, wenn die Eltern sich einig sind und dieselbe Richtung verfolgen. Sonst gibt es eine Katastrophe. Das Gleiche gilt auch für die Gemeinde. Wenn Älteste in einer Gemeinde sich nicht einig sind, kann man miterleben, wie die Geschwister über Tisch und Bänke springen, oder?
Grundlagen und Prinzipien der Erziehung
Was ist Erziehung?
Es hat mal jemand gesagt: Was nützt alle Erziehung, wenn Kinder einem ja doch alles nachmachen? Sieh, genau darin liegt die Chance von Erziehung. Wenn du möchtest, dass deine Kinder nicht rauchen, dann rauche selbst nicht. Wenn du möchtest, dass deine Kinder keinen Alkohol trinken, dann trinke selbst nicht. Du kannst nicht sagen: „Junge, dafür bist du noch zu jung.“ Dann werden sie sich bemühen, schnell alt zu werden.
Ja, und sie werden auch merken, was Mutti tut, wenn sie Kopfschmerzen hat oder schlecht drauf ist. Tablette rein – okay, dann geht’s wieder gut, oder? Ein Lehrer erzählte mir einmal, er hatte ein Mädchen in der Klasse, das plötzlich immer geistesabwesend war und dessen schulische Leistungen abnahmen. Dann bekam er mit, dass sie ein Schächtelchen hatte und sich ständig Tabletten einwarf. Er fragte sie, was das sei, und sie sagte, das seien – wie nennt man die für alte Leute – Valium. Er fragte, woher sie die habe.
„Auch so ist es einfach“, sagte sie. „Meine Oma schickt mich mit einem Rezept zur Apotheke, und ich tausche die Tabletten gegen Smarties. Die Oma hilft dabei.“
Auch das war für mich ein einschneidendes Erlebnis. Bei einem unserer Missionseinsätze lernte ich ein Mädchen kennen, das Interesse am Glauben hatte, aber sagte: „Ich komme von den Tabletten nicht los.“
Ich fragte, welche Tabletten. Sie zeigte mir eine Tasche voller Tabletten und sagte: „Ich weiß selbst nicht, was das ist. Weißt du, das ist wie russisches Roulette. Ich nehme eine, trinke etwas Alkohol dazu und bin gespannt, welche Wirkung sie hat.“
Man kann sich fragen: Woher lernen die das? Erziehung ist mein Spiegelbild. Ich kann Kinder nur so weit erziehen, wie ich selbst bin. Und die Frage ist: Bin ich authentisch?
Wisst ihr, unsere Kinder kennen uns viel besser, als wir selbst glauben. Sie wissen ganz genau, wie du reagierst und wie du gerade drauf bist. Das hören sie schon an der Autotür, wenn du nach Hause kommst. Der Klang der Autotür verrät, wie du drauf bist. Und die Kinder sagen: „Vorsicht, heute ist Papa sehr empfindlich.“ Also dreht man schon gleich die Musik leiser, es sei denn, man möchte den Vater noch weiter hochbringen.
Die Frage ist: Wie authentisch bist du in deinem Leben? Bin ich bereit, mich selbst erziehen zu lassen? Wie glaubwürdig bin ich? Das habe ich schon bei David erwähnt. David hatte einen Stall voller hoffnungsvoller junger Männer, und einer nach dem anderen fiel aus. David war der Mund gestopft. In Bezug auf Amnon heißt es, David hatte ihm nie gesagt: „Lass das!“
Die Frage ist: Wie können wir unsere Kinder erziehen? Was ist richtig? Wahrscheinlich bist du, wenn du zur älteren Generation gehörst wie ich, ziemlich streng erzogen worden. Es gab klare Regeln. Bei uns hieß es: „Plattes Kinder dürfen noch lange nicht alles.“
Auch wenn du sagtest: „Ja, aber die anderen in der Jugendstunde dürfen das.“ Ja, dafür heißt du Platt. So ist das. Es ist zwar kein sehr stichhaltiges Argument, aber das musste auch nicht weiter begründet werden. Sonst hättest du die anderen Eltern aussuchen müssen.
Wie können wir unsere Kinder erziehen? Ich habe festgestellt, dass es im Groben vier verschiedene Arten von Erziehung gibt. Um das optisch deutlich zu machen, habe ich zwei Symbole: Für Disziplin einen Gewichtstein – also Druck – und für Liebe ein Herz. Das kann man gut unterscheiden.
Viele Eltern erziehen heute nachlässig. Man lässt die Kinder laufen, sie müssen ihre Erfahrungen selbst machen, sich ihre Hörner abstoßen und all solche komischen Sprüche hören. Nachlässige Erziehung heißt wenig Liebe und wenig Disziplin. Das gibt es nicht nur bei bestimmten Migranten. Ich weiß, Jungs von türkischen Landsleuten werden im Grunde nicht erzogen. Die dürfen alles. Die Mädchen dürfen nichts, das ist Weibersache. Aber Jungs werden nicht erzogen.
Wir hatten einmal für eine Woche eine Mutter aus der Roma-Gemeinschaft mit ihren Kindern bei uns, und ich muss schon sagen, das war heftig. Der Junge durfte alles. Er packte sich den Teller voll, aß einen Happen und ließ den Rest liegen. Ich sagte ihm: „Hier bei mir nicht. Du nimmst dir nur so viel, wie du auch isst, und was auf dem Teller ist, wird gegessen.“
Ich sagte ihm auch: „Was du zu Hause machst, ist die Sache deiner Eltern. Aber bei mir gilt eine andere Hausordnung.“ Ich habe oft den Eindruck, dass man heute bei Freizeiten mit jungen Leuten sehr schnell feststellen kann, wie sie zu Hause erzogen wurden.
Die nächste Art ist die sogenannte nachgiebige Erziehung. Sie ist in unseren Kreisen weit verbreitet. Das heißt: Viel Liebe und wenig Disziplin. Kinder dürfen alles. Sie dürfen sich alles wünschen, sie bekommen alles. Sie werden überschüttet mit Geschenken, Liebe und Klamotten. Sie dürfen selbst entscheiden, wann sie abends ins Bett gehen. Sie dürfen selbst entscheiden, ob sie mit zur Gemeinde gehen.
Die Frage, die gestellt wird, lautet: „Möchtest du heute mit zur Gemeinde?“ Was hättest du gesagt, als du klein warst, wenn man dich das gefragt hätte? Natürlich nehmen Kinder dann den Weg des geringsten Widerstands. Sie suchen sich aus.
Bei der nachgiebigen Erziehung ist es oft so, dass die Eltern sich nicht einmal einig sind. Das Kind merkt sofort: Bei wem bekomme ich was durch? „Papa, darf ich?“ „Was hat Mutti gesagt?“ „Mutti, darf ich?“ „Was hat Papa gesagt?“ Wenn Papa ja gesagt hat, darf sie. Wenn Mama ja gesagt hat, darf sie. Kinder sind klug. Es sind eure Kinder, und sie suchen sich den einfachsten Weg. Sie spielen die Eltern gegeneinander aus, und das geht sehr schnell. Wehe euch, wenn ihr das zulässt.
Die nächste Art ist die autoritäre Erziehung. Viele von euch sind sicherlich so erzogen worden. Das heißt: Wenig Liebe, viel Disziplin. Du kennst die Regeln, die der Vater aufgestellt hat, und wehe, du hältst dich nicht daran. Früher hatten Kinder Angst vor den Eltern, heute haben Eltern Angst vor den Kindern.
Wir merken, dass alle diese drei Arten der Erziehung nicht funktionieren. Wir brauchen eine ausgewogene Erziehung. Ich möchte sie autoritative Erziehung nennen – mit viel Liebe und viel Disziplin. Und ich werde gleich noch begründen, warum. Weil Gott so erzieht.
Gottes Erziehungsstil als Vorbild
Gott erzieht – ja, wie erzieht Gott? Ich weiß nicht, welches Gottesbild du hast. Für manche ist Gott wie ein Polizist, der hinter jeder Ecke mit dem Strafzettel steht und darauf achtet, ob du alles richtig machst. Du sammelst die Punkte nicht in Flensburg, sondern im Himmel und wartest auf das Strafgericht Gottes.
Vielleicht kennst du Gott nur als den, der straft. Das wäre autoritäre Erziehung. Heute wird oft gepredigt: Gott ist Liebe, er liebt dich, egal was du gemacht hast. Das wäre die nachgiebige Erziehung.
Von Gott wird in der Bibel gesagt, dass er beides ist. In 1. Johannes 1 heißt es, er ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm. Er ist heilig und gerecht. Aber er ist gleichzeitig auch Liebe – Liebe in Person. So sehr hat Gott die Welt geliebt.
Du kannst nicht das eine gegen das andere ausspielen. Beide Seiten Gottes sind gleichmäßig vorhanden. Für uns Menschen ist das schwer zu verstehen. Autoritative Erziehung, also viel Liebe und viel Disziplin, fordert von uns viel.
Ich komme gleich noch kurz darauf zurück. Zunächst möchte ich uns fünf Säulen der Erziehung vorstellen – Grundlagen, die wir auch in der Bibel finden, wie wir Kinder erziehen sollen.
1. Liebe
Der erste Punkt ist, dass wir Kinder lieben sollen. Kinder brauchen Wärme, Trost und Wohlwollen.
In Sprüche 22 heißt es: „Erziehe den Knaben seinem Weg oder seinem Alter gemäß, und er wird nicht davon lassen, auch wenn er alt ist.“ Das bedeutet, dass man Kinder nach ihrem Alter und ihrem Verständnis erziehen soll. Von einem Sechsjährigen darf man nicht erwarten, dass er sich wie ein Fünfzehnjähriger verhält. Man soll ein Kind als Kind nehmen und es nicht auf die Erwachsenenebene heben, denn das überfordert es.
Viele Kinder sind heute überfordert, auch mit Themen in der Schule. Wenn sie im vierten Schuljahr schon Sexualkundeunterricht bekommen, ist das oft nicht altersgerecht. Früher sagten unsere Eltern: „Das erkläre ich dir später.“ Heute hingegen meint man in unserem aufgeklärten Zeitalter, Kinder schon vor der Schule vollständig aufklären zu müssen.
Natürlich sage ich auch, dass wir als Eltern immer einen Schritt vor der schulischen Erziehung sein müssen. Unsere Kinder sollen von uns aufgeklärt werden, bevor sie es in der Schule sind. Unsere Aufklärung muss mit Werten verbunden sein, während die schulische Aufklärung meist nur sachlich erfolgt. Wenn es um Themen wie Evolution geht, sollte man als Elternteil bereits vorher mit den Kindern darüber sprechen, bevor es in der Schule Thema wird.
Daher kann ich nur raten: Lass dir zu Jahresbeginn immer die Schulpläne vom Lehrer geben. Er ist verpflichtet, sie zu übergeben, damit du weißt, was im kommenden Schuljahr behandelt wird.
Ein weiterer Tipp: Wenn du Kinder- und Jugendarbeit machst, nutze diese Gelegenheiten, um Themen in der Kinderstunde, im Teeniekreis oder in der Jugendstunde anzusprechen, bevor sie in der Schule behandelt werden. So kannst du deine Kinder mit dem Wort Gottes prägen. Andernfalls laufen wir immer nur hinterher.
Unsere Kinder brauchen Liebe, Trost und Wohlwollen. Ein wunderschöner Vers dazu steht in Zephanja 3,17: „Der Herr, der Herrlichkeit, freut sich über dich, er schweigt in seiner Liebe.“ Diesen Vers habe ich einmal von einem unserer Kinder zum Geburtstag geschenkt bekommen. Er hängt bei uns im Wohnzimmer.
Interessant ist die Aussage, dass Gott manchmal schweigt, obwohl er vielleicht strafen müsste. Ich erinnere mich, dass meine Mutter uns als junge Eltern sagte, als die ersten Kinder da waren: „Wisst ihr, ihr müsst nicht alles sehen, was im Kinderzimmer passiert.“ Wir dürfen nicht wie Polizisten über unsere Kinder herrschen.
Auf der anderen Seite brauchen unsere Kinder Achtung, Anerkennung, Lob und Respekt. Sie sind Persönlichkeiten, die Gott uns anvertraut hat, und wir sind ihm gegenüber verantwortlich. Das bedeutet, ich werde als Vater niemals die Scham meiner Kinder verletzen.
Ich bin nie ins Badezimmer gegangen, ohne vorher anzuklopfen, wenn meine Kinder darin waren. Ebenso betrat ich nie das Schlafzimmer meiner Tochter, ohne anzuklopfen und zu warten, bis sie mich hereinbittet. Ich erwarte von ihr dasselbe, bevor sie unser Schlafzimmer betritt.
Ich glaube, das ist ein wichtiges Thema, besonders im Hinblick auf Fragen, die heutzutage auch in Deutschland immer wieder gestellt werden, wie zum Beispiel der sexuelle Missbrauch. Wir müssen die Schamgrenze bewahren. Gott hat uns Menschen die Scham gegeben, seit dem Sündenfall sozusagen als Schutz, damit wir nicht völlig verletzt werden.
Jeder weiß: Ein Mensch, der sexuell missbraucht wurde, dessen Persönlichkeit ist zerstört. Leider geschehen solche Dinge auch in christlichen Kreisen, nicht nur in katholischen Kirchen oder Sportvereinen. Deshalb muss ich meine Kinder in ihrer Persönlichkeit achten.
Das bedeutet auch, dass ich einem Kind niemals ins Gesicht schlagen werde. Das ist Demütigung.
Dritter Punkt...
2. Kooperation
Zur Kindererziehung gehört Kooperation. Das heißt, dem Alter entsprechend muss ich die Kinder fördern und ihnen Verantwortung übertragen. Gleichzeitig sollten ihnen Freiräume eingeräumt werden, damit sie lernen, Verantwortung zu übernehmen.
Kinder brauchen viertens Struktur – das ist ganz wichtig. Sie benötigen Regeln, Rituale, Grenzen und Konsequenzen. Doch leider ist das heute in vielen Familien nicht mehr üblich. Die Kinder kommen aus der Schule, die Mutter arbeitet, und der Zettel hängt an der Kühlschranktür, weil das Essen in der Mikrowelle steht. Wo gibt es noch das gemeinsame Essen? Was ist mit dem gemeinsamen Tischgebet und der gemeinsamen Tischandacht? Haben wir Rituale, unsere Kinder abends ins Bett zu bringen? Was ist mit der Abendandacht, mit dem Gebet, auch wenn sie morgens aus dem Haus gehen, wenn sie zur Schule gehen? Kinder brauchen Regeln und Rituale.
Wenn Kinder darauf eingespielt sind, dann wissen sie, was es bedeutet, wenn es heißt: „Komm nicht so spät.“ Unsere Kinder wussten das im Laufe der Jahre. Als wir eine Pflegetochter bekamen – sie war neunzehn, als sie zu uns kam und hatte vorher auf der Straße gelebt – wollte sie an ihrem ersten Abend ausgehen. Da habe ich gesagt: „Komm nicht so spät.“ Sie kam um halb zwei in der Nacht zurück. Ich sagte ihr: „Entschuldige bitte, ich habe dir vergessen zu sagen, was das bei uns heißt. Bei uns heißt ‚komm nicht so spät‘ halb elf. Du musst wissen, wenn du später kommst als halb elf, ist die Tür abgeschlossen.“
Ich kann mir vorstellen, was an dem Abend passierte. Es wurde halb elf und sie war nicht da. Was tut man da? Na, wir zählen bis drei, oder? Ich habe die Tür abgeschlossen. Um fünf nach halb elf klingelte es. Versteht ihr, das war ein Testfall. Und wie reagiert man dann? Ich habe sie ein zweites Mal klingeln lassen. Dann bin ich zur Tür gegangen, habe sie aufgeschlossen und sie nur angeschaut. Sie wusste Bescheid. So etwas kam nicht mehr vor.
Regeln und Konsequenzen sind wichtig. Wir werden unglaubwürdig, wenn wir Regeln aufstellen und Dinge androhen, sie aber nicht einhalten.
Fünftens: Förderung. Wir haben die Aufgabe, unsere Kinder zu fördern – sowohl in Naturwissenschaft als auch im Glauben. Ich muss mich ein bisschen beeilen, sonst sind wir morgen früh noch dran. Aber ihr merkt, ich weiß nicht, wann ihr ins Bett müsst. Im Grunde sind das immer wieder Themen, die man ausführlicher behandeln müsste. Ich kann heute Abend nur anreißen.
Wer weiß, was Paragraph eins aller Erziehung ist? Selbst hier im Haus Zavelstein hängt hinter der Zimmertür ein Schild. Was steht da als Paragraph eins? Ruhe bewahren. Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Punkte, um Kinder zu erziehen.
Ihr kennt das wahrscheinlich auch, auch von Lehrern, die ihr hattet. Es gibt Lehrer, die stellen sich vorne hin und die Klasse wird ruhig. Und es gibt Lehrer, die stehen vorne und schreien: „Ruhe, Ruhe, Ruhe!“ Die Kinder werden aber immer lauter, weil sie sich nicht mehr verstehen.
Dasselbe gibt es auch in Gemeinden. Ich komme durch viele Gemeinden. Da gibt es Gemeinden, da steht vorne ein Bruder oder eine Schwester und sagt: „Wir wollen anfangen, bitte ruhig, setzt euch hin, wir wollen das erste Lied singen.“ Und es gibt Gemeinden, da geht die Uhr auf halb und es wird still. Woran liegt das?
Ich war letztes Jahr im Allgäu und habe ein schönes Schild gefunden, das an einer Kuhstalltür hing. Das Schild sollte man auf jede Kinderzimmertür, vielleicht auch ins Arbeitszimmer, hängen: „Die Fliegen sind echt, also Ruhe bewahren.“
Ich muss euch noch eine Geschichte erzählen. Ich war in einer Gemeinde eingeladen – ich erzähle euch natürlich nicht, in welcher, sonst werde ich von euch nicht mehr eingeladen. Ich sollte bei einer Familie übernachten, die ich in der Gemeinde kennengelernt hatte. Sie waren sehr engagiert. Wir schließen die Wohnungstür zu, und plötzlich ist eine völlig andere Atmosphäre. Die Mutter schrie die Kinder an, die Kinder schrieen die Mutter an, und der Vater saß vor der Glotze im Wohnzimmer.
Ich habe die Mutter gefragt: „Warum schreist du?“ Sie antwortete: „Sie hören nicht.“ Ich fragte: „Doch, hören sie denn, wenn du schreist?“ „Nein, warum schreist du dann?“
Ich habe die Kinder gefragt: „Warum schreit ihr eure Mutter an?“ „Das ist bei uns immer so.“
Dann bin ich zum Vater ins Wohnzimmer gegangen und habe gefragt: „Warum schreien deine Kinder deine Frau an?“ Er hatte schon die Ohren zugeklappt. Klar, Fußball war dann oder er war in einer völlig anderen Welt und nahm das gar nicht mehr wahr.
Ich habe ihm gesagt: „Weißt du, wenn meine Kinder meine Frau so anschreien würden, ich würde ihnen etwas anderes sagen. Das könnt ihr später mit euren Frauen machen, aber nicht mit meiner. Das ist meine Frau. Und wenn ihr meine Frau anschreit, schreit ihr im Grunde mich an.“
Auch das ist sicherlich ein ausführliches Thema.
Was sagt die Bibel über Erziehung? Im fünften Buch Mose finden wir viele Abschnitte. Zum Beispiel heißt es in Kapitel 31, Vers 12: „Versammle das Volk, die Männer und die Frauen und die Kindlein und deinen Fremdling, der in deinen Toren ist, auf dass sie hören und lernen, den Herrn, euren Gott, zu fürchten und darauf achten, alle diese Worte dieses Gesetzes zu tun. Und ihre Kinder, die es nicht wissen, sollen es hören, damit sie den Herrn, euren Gott fürchten lernen alle Tage, die er in dem Lande lebt.“
Das macht deutlich – und das wird im Neuen Testament noch einmal sehr deutlich gesagt – Kinder gehören in den Gottesdienst.
Im Epheserbrief steht: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern.“ Dort steht nicht: „Ihr Väter, sagt zu Hause euren Kindern, sie sollen euch gehorchen.“ Wann wurde dieser Brief gelesen? In der Gemeinde. Wenn also steht: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern“, was heißt das? Die Kinder waren in der Gemeinde. Logisch, oder?
Man sagt aber: „Das geht nicht, sie sind zu laut, sie können nicht ruhig sitzen.“ Warum nicht? Das können sie zu Hause lernen, oder? Das müssen sie zu Hause lernen.
Wissen Sie, Kindererziehung ist keine kleine Sache und macht man nicht mit links. Kindererziehung ist nicht in erster Linie Handarbeit, sondern Kniearbeit – Gebet, Gebet, Gebet.
Kinder sind eine Gabe Gottes. So sagt Luther es in Psalm 127, Vers 3: „Kinder sind eine Gabe Gottes.“ Ich möchte das vielleicht noch etwas anders ausdrücken: Sie sind eine Leihgabe. Gott vertraut uns Kinder an, nicht als Besitz. Deine Kinder gehören dir nicht, du musst sie wieder abgeben. Du hast zwar eine Menge Zeit. Kinder sind biologisch gesehen Nesthocker. Manche bleiben zwanzig Jahre und noch länger – Hotel Mama ist ja auch praktisch. Es hat mal jemand gesagt: Erwachsene sind Kinder, wenn sie ihre Rechnungen selbst bezahlen.
Gott vertraut uns Kinder an, und es ist ein kostbares Material. Gott wird dich einmal fragen: „Was hast du mit den Kindern getan, die ich dir anvertraut habe?“
Wir haben eine große Verantwortung und eine große Chance. Wir haben die Chance, Kinder zu Gott hin zu erziehen. Wir haben die Chance, ihnen vorzuleben, was es heißt, Gott gehorsam zu sein, an Gott zu glauben und Gott als höchste Autorität im Leben Wirklichkeit werden zu lassen.
Deine Kinder werden zunächst einmal Gott so sehen, wie du als Vater bist. Als wir unserer Pflegetochter erklären wollten, dass Gott wie ein Vater ist, guckte sie uns mit entgeisterten Augen an und sagte: „Wieso ist er immer besoffen?“ Ihr Vater war Alkoholiker und hatte sie missbraucht. Wie macht man so einem Menschenkind klar, dass Gott ein Vater ist?
Ich glaube, das ist eine riesige Verantwortung für uns, gerade für uns als Väter. Und wir delegieren die Erziehung auf unsere Frauen. Ich habe den Eindruck, dass viele Frauen in unseren christlichen Kreisen, obwohl sie verheiratet sind, alleinerziehend sind. Und wir Männer stehlen uns aus der Verantwortung und sind froh, wenn wir Überstunden machen können.
Auch das ist sicherlich nicht einfach, wenn die Kinder dann groß werden und wir sie dann abgeben müssen.
Jesus sagt: „Lasst die Kinder zu mir kommen.“ Das ist unsere größte Aufgabe: Kinder zu Jesus zu bringen, darum zu beten, dass sie ihn finden und ihm nachfolgen.
Jesus sagte in Matthäus 18: „Seht zu, dass ihr nicht eines dieser Kleinen verachtet, denn ich sage euch, dass ihre Engel in den Himmeln allezeit das Angesicht meines Vaters schauen, der in den Himmeln ist. So ist es nicht der Wille eures Vaters, der in den Himmeln ist, dass eines dieser Kleinen verloren geht.“
Vielleicht fragst du: Wie erzieht Gott denn? Wie erzieht er dich, wie erzieht er mich, und wie sollen wir unsere Kinder erziehen?
Ich habe einen schönen Vers gefunden, in 2. Samuel 7, Vers 14. Da sagt Gott dem König David in Bezug auf dessen Sohn Salomo: „Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein. Wenn er verkehrt handelt, werde ich ihn mit einer Menschenrute und mit Schlägen der Menschenkinder züchtigen.“
Das heißt, Gott gibt Disziplin, aber dem Verhältnis entsprechend. Er straft Salomo nicht mit einer Gottesrute, sondern mit einer Menschenrute, mit Schlägen der Menschenkinder. Das heißt also, immer dem Verhältnis entsprechend. Was er getan hat, so reagiert Gott auch in Strafe.
Dabei macht Gott noch einen Unterschied. In den Sprüchen gibt es zwei Begriffe: „die Rute der Zucht“ und „die Zucht der Rute“. Das sind zwei verschiedene Dinge. Die „Zucht der Rute“ ist uns allen verständlich – das ist ein Stock. Aber die „Rute der Zucht“ kann durchaus etwas anderes sein, womit Gott straft.
Das macht deutlich: Wir haben viele Möglichkeiten, Kinder zu strafen und zu disziplinieren. Ich weiß, das ist ein heikles Thema. Ich will das auch jetzt nicht provozieren. Ich weiß, dass man öffentlich, wenn etwas aufgenommen wird, das nicht sagen darf, weil man leicht riskiert, eine Anzeige zu bekommen.
Aber ich möchte deutlich machen: Gott erzieht in den meisten Fällen mit anderen Dingen als mit einer Rute. Er erzieht durch Zucht. Und auch da gibt es viele Möglichkeiten, wie wir Kinder disziplinieren können. Das kann Taschengeldentzug sein oder dass man Folgen einsetzt, die durch falsches Verhalten entstanden sind. Das müsste man im Einzelfall überlegen.
Aber dieser Vers geht noch weiter: Gott sagt: „Ich will ihm Vater sein, er soll mir Sohn sein. Wenn er verkehrt handelt, werde ich ihn mit einer Menschenrute und mit Schlägen der Menschenkinder züchtigen. Aber meine Gnade soll nicht von ihm weichen.“
Und merken wir, das ist Liebe. Hier merken wir in diesem Vers, dass Disziplin und Liebe in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Mich wundert, wie Gott in der Bibel mit uns Menschen umgeht und uns immer wieder neu die Chance gibt, neu zu beginnen und uns immer wieder Liebe entgegenbringt, obwohl er oft, wenn wir ehrlich wären, sagen müsste, jetzt müsste bei ihm langsam der Geduldsfaden gerissen sein.
Noch einen Vers möchte ich euch mitgeben, der mir sehr wichtig geworden ist: Psalm 32, Vers 8. Da sagt Gott dem Volk Israel: „Ich will dich mit meinen Augen leiten.“
Erziehung durch Blickkontakt. Was setzt das voraus? Dass man sich anguckt. Das müssen wir unseren kleinen Kindern in den ersten Jahren beibringen: Wir gucken uns an, wenn wir miteinander sprechen.
Wenn du das einem kleinen Kind beibringst, brauchst du später kaum noch etwas zu sagen. Dann musst du oft gar nicht mehr strafen.
Wenn mein Vater mich anschaute, wusste ich, wo die Glocken hängen.
Wir merken das auch bei Jesus. Wir kennen wahrscheinlich alle den Vers, wo Jesus dem reichen jungen Mann begegnet. Da heißt es: Er blickte ihn an und gewann ihn lieb. Das haben wir gern.
Aber als Jesus in einer Synagoge war, Markus 3, stellten sie ihn auf die Probe. Da war einer und er überlegte: Soll ich den am Sabbat heilen? Und alle warteten schon darauf.
Dann heißt es: „Und er blickte jeden Einzelnen der Reihe nach im Zorn an.“ Den Blick hätte ich gern mal gesehen.
Merken wir, das ist Blickkontakt. Da braucht der Herr Jesus gar nichts zu sagen. Er schaut sie im Zorn an und heilt dann den Mann. Der Blick hat jedem Einzelnen deutlich gemacht: Ich habe es hier mit einer Autorität zu tun, und ich werde mich hüten, mich ihr zu widersetzen.
Blickkontakt ist etwas, das wir unseren Kindern im Kleinkindalter beibringen müssen. Dann ersparst du dir vieles später. Dann brauchst du nicht laut zu werden und in der Regel gar nicht handgreiflich zu werden.
Blickkontakt ist eigentlich das Geheimrezept für Erziehung. Unsere Pflegetochter hat es selbst mit zwanzig Jahren gelernt. Sie hat sehr schnell gemerkt, wenn ich sie anschaute.
Aber das merken im Grunde unsere Kinder ja auch. Jede Mutter weiß, wenn ein Kind etwas ausgefressen hat, kann es die Mutter nicht anschauen, oder? Das ist bei uns Menschen einprogrammiert.
Und das steht schon in der Bibel. Bei Kain, als Kain in seinen Gedanken überlegt, seinen Bruder Abel umzubringen, spricht Gott zu Kain und sagt: „Ist es nicht so, wenn die Sünde vor der Tür lauert, ist dein Angesicht gesenkt?“
Das ist bei uns Menschen einprogrammiert. Das heißt, wenn du etwas ausgefressen hast, kannst du auch Gott nicht anschauen. Das ist Blickkontakt mit Gott.
Du merkst sehr schnell, ob etwas zwischen dir und Gott nicht in Ordnung ist. Und du merkst sehr schnell, ob etwas zwischen dir und deinem Kind nicht in Ordnung ist.
Das ist ein Geheimrezept, oder? „Ich will dich mit meinen Augen leiten.“
Ich möchte schließen: Ihr merkt, das Thema ist sicherlich noch weiter umfassend.
Erziehe den Knaben seinem Alter gemäß, er wird nicht davon weichen, auch wenn er älter wird. Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern zieht sie auf in der Zucht und Ermahnung des Herrn. Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern im Herrn, denn das ist recht. Ehre deinen Vater und deine Mutter, das ist das erste Gebot mit Verheißung, damit es dir wohl geht und du lange lebst auf Erden. Amen.
Ich danke euch, dass ihr mit mir Geduld hattet und Überstunden gemacht habt.
Lieber Eberhard, vielen Dank. Wir haben es mit wenig Disziplin und viel Liebe zur Kenntnis genommen.
Wir hören jetzt ein Chorlied, das wir gemeinsam singen: „Preis und Anbetung“, Lied 360. Ich darf den Chor bitten, mit uns das Lied zusammen zu singen, 360.
Ja, ihr Lieben, auf meinem Programmzettel steht ab 20:45 Uhr Fragen an den Referenten. Ich frage einfach mal in die Runde: Wollen wir das noch machen, halten wir das noch durch, oder sollten wir jetzt lieber einen Schlusspunkt setzen? Ich bitte um spontane Voten.
Halb zehn, gut, dann machen wir noch zehn Minuten Fragerunde, und zwar zunächst einmal zu dem Vortrag von heute Abend.
Eberhard, vielleicht kommst du nach vorn. Ich nehme wieder das Handmikrofon. Bei der nächsten Frage könnte es etwas kürzer gehen, dann wäre ich dir persönlich sehr verbunden.
Haben wir noch weitere Fragen oder Bemerkungen?
Wo? Ach, stell ihm die schwierige Frage! Die wirst du jetzt hören.
Eberhard, aufgrund meines Alters bin ich eigentlich ganz froh, dass ich nicht mehr in die Situation komme, Kinder – mindestens eigene – zu erziehen. Ich weiß nicht, wie vielen Menschen ich jetzt klammheimlich oder ganz offen hier aus der Seele spreche.
Du hast sehr hohe Maßstäbe angesetzt. Wer will das erfüllen?
Kannst du – und jetzt kommt meine schwierige Frage – bitte ganz kurz zusammenfassen, wie Eltern denn so sein sollten, so ganz kurz, dass man sich das als Fazit von dem heutigen Abend merken kann?
Das ist wirklich eine schwere Frage. Du sollst ein Kind zwanzig Jahre erziehen, und ich soll das in einem Satz sagen? Das tut Gott auch nicht. Dann hätten wir nicht so eine dicke Bibel.
Vielleicht das eine: Erziehe deine Kinder so, als ob alles von dir abhängt, in der Verantwortung vor Gott. Lebe ihnen vor, wie du möchtest, dass sie sein sollen. Aber wenn du sie erzogen hast, wirst du sagen: Es war nur Gnade Gottes, was daraus geworden ist.
Ja, das ist ein sehr schönes Schlusswort.
Ich möchte jetzt zum Abschluss noch mit uns beten. Wer dazu aufstehen kann, möchte bitte aufstehen.
Jesus Christus, wir haben jetzt einen sehr vollgepackten Tag hinter uns und haben viel von Dir gehört, aus verschiedenen Perspektiven.
Ich möchte Dich bitten, dass Du das in uns verankerst – in Gedanken und im Herzen –, was für uns persönlich, für jeden einzelnen wichtig ist und war an diesem Tag.
Herr, lass es nicht nur Gehörtes bleiben, sondern hilf uns, es in unser Leben mitzunehmen.
Ich bitte Dich auch für die Nacht, dass Du uns behütest und bewahrst und uns einen erquickenden Schlaf schenkst.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Ihnen allen eine gute Nacht mit guten Träumen, und vielleicht sehen wir uns ja noch ab 22:00 Uhr.
4. Förderung
Wir haben die Aufgabe, unsere Kinder sowohl in Naturwissenschaft als auch im Glauben zu fördern. Ich muss mich ein wenig beeilen, sonst sind wir morgen früh noch dran. Aber ihr merkt, ich weiß nicht, wann ihr ins Bett müsst. Im Grunde sind das immer wiederkehrende Themen, die man ausführlicher behandeln müsste. Heute Abend kann ich nur kurz darauf eingehen.
Wer weiß, was Paragraph eins aller Erziehung ist? Selbst hier im Haus Zavelstein hängt hinter der Zimmertür ein Schild. Was steht dort als Paragraph eins? Ruhe bewahren. Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Punkte, um Kinder zu erziehen.
Ihr kennt das wahrscheinlich auch von Lehrern, die ihr hattet. Es gibt Lehrer, die stellen sich vorne hin, und die Klasse wird sofort ruhig. Und es gibt Lehrer, die stehen vorne und schreien „Ruhe, Ruhe, Ruhe!“, doch die Kinder werden immer lauter, weil sie sich nicht mehr verstehen.
Dasselbe gibt es auch in Gemeinden. Ich komme in viele Gemeinden. Dort gibt es Brüder oder Schwestern, die vorne stehen und sagen: „Wir wollen anfangen, bitte ruhig, setzt euch hin, wir wollen das erste Lied singen.“ Und es gibt Gemeinden, da geht die Uhr auf halb, und es wird still. Woran liegt das?
Letztes Jahr war ich im Allgäu und habe dort ein schönes Schild gefunden, das an einer Kuhstalltür hing. Dieses Schild sollte man an jede Kinderzimmertür hängen, vielleicht auch an die Tür zum Arbeitszimmer und so weiter. Es steht dort: „Die Fliegen sind echt, also Ruhe bewahren.“
Ich muss euch noch eine Geschichte erzählen. Ich war in einer Gemeinde eingeladen. Natürlich verrate ich nicht, welche, sonst werde ich von euch nicht mehr eingeladen. Ich sollte bei einer Familie übernachten, die ich in der Gemeinde kennengelernt hatte. Sie waren sehr engagiert.
Als wir die Wohnungstür schlossen, war plötzlich eine völlig andere Atmosphäre. Die Mutter schrie die Kinder an, die Kinder schrieen die Mutter an, und der Vater saß vor dem Fernseher im Wohnzimmer.
Ich fragte die Mutter: „Warum schreist du?“ Sie antwortete: „Sie hören nicht.“ „Doch, hören sie denn, wenn du schreist?“ fragte ich weiter. „Nein.“ „Warum schreist du dann?“
Dann fragte ich die Kinder: „Warum schreit ihr eure Mutter an?“ Die Antwort war: „Das ist bei uns immer so.“
Ich ging zum Vater ins Wohnzimmer und fragte: „Warum schreien deine Kinder deine Frau an?“ Er hatte die Ohren schon „runtergeklappt“, war wahrscheinlich beim Fußball oder in einer völlig anderen Welt und nahm das gar nicht mehr wahr.
Ich sagte zu ihm: „Weißt du, wenn meine Kinder meine Frau so anschreien würden, würde ich ihnen etwas anderes sagen. Das könnt ihr später mit euren Frauen machen, aber nicht mit meiner. Das ist meine Frau. Und wenn ihr meine Frau anschreit, schreit ihr im Grunde mich an.“
Auch das ist sicherlich ein Thema, das man ausführlich behandeln könnte.
Biblische Grundlagen der Erziehung
Was sagt die Bibel über Erziehung?
Im fünften Buch Mose finden wir viele Abschnitte dazu. Zum Beispiel steht dort in Kapitel 31, Vers 12: „Versammle das Volk, die Männer und die Frauen und die Kindlein und den Fremdling, der in deinen Toren ist, damit sie hören und lernen, den Herrn, euren Gott, zu fürchten und darauf zu achten, alle Worte dieses Gesetzes zu tun. Und ihre Kinder, die es nicht wissen, sollen es hören, damit sie den Herrn, euren Gott, fürchten lernen alle Tage, die sie im Lande leben.“
Das macht deutlich, und das wird im Neuen Testament noch einmal sehr klar gesagt: Kinder gehören in den Gottesdienst. Im Epheserbrief heißt es: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern.“ Da steht nicht: „Ihr Väter, sagt zuhause euren Kindern, sie sollen euch gehorchen.“
Wann wurde dieser Brief gelesen? In der Gemeinde. Wenn also dort steht „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern“, was heißt das? Die Kinder waren in der Gemeinde. Logisch, oder?
Man sagt aber oft, das geht nicht, die sind zu laut, sie können nicht ruhig sitzen. Warum nicht? Das können sie zu Hause lernen, oder? Das müssen sie zu Hause lernen.
Wissen Sie, Kindererziehung ist keine kleine Sache, und man macht sie nicht mit links. Kindererziehung ist auch nicht in erster Linie Handarbeit, sondern Kniearbeit: Gebet, Gebet, Gebet.
Kinder sind eine Gabe Gottes, so sagt Luther das in Psalm 127, Vers 3: „Kinder sind eine Gabe Gottes.“ Ich möchte das vielleicht noch etwas anders ausdrücken: Sie sind eine Leihgabe. Gott vertraut uns Kinder an, nicht als Besitz. Deine Kinder gehören dir nicht, du musst sie wieder abgeben.
Du hast zwar eine Menge Zeit, denn Kinder sind biologisch gesehen Nesthocker. Manche bleiben zwanzig Jahre und noch länger bei den Eltern. Hotel Mama ist ja auch praktisch. Es hat mal jemand gesagt: Erwachsene sind Kinder, wenn sie ihre Rechnungen selbst bezahlen.
Gott vertraut uns Kinder an, und sie sind ein kostbares Material. Gott wird dich einmal fragen: Was hast du mit den Kindern getan, die ich dir anvertraut habe?
Wir haben eine große Verantwortung, wir haben die große Chance, Kinder zu Gott hin zu erziehen. Wir haben die große Chance, ihnen vorzuleben, was es heißt, Gott gehorsam zu sein, an Gott zu glauben und Gott als höchste Autorität im Leben Wirklichkeit werden zu lassen.
Deine Kinder werden zunächst einmal Gott so sehen, wie du als Vater bist. Als wir unserer Pflegetochter erklären wollten, dass Gott wie ein Vater ist, schaute sie uns mit entgeisterten Augen an und sagte: „Wieso ist er immer besoffen?“ Ihr Vater war Alkoholiker, ihr Vater hatte sie missbraucht.
Wie macht man einem solchen Menschenkind klar, dass Gott ein Vater ist? Ich glaube, das ist eine riesige Verantwortung für uns, gerade für uns als Väter. Und wir delegieren die Erziehung oft auf unsere Frauen.
Ich habe den Eindruck, dass viele Frauen in unseren christlichen Kreisen, obwohl sie verheiratet sind, alleinerziehend sind. Wir Männer stehlen uns aus der Verantwortung und sind froh, dass wir Überstunden machen können.
Auch das ist sicherlich nicht einfach, wenn die Kinder dann groß werden und wir sie abgeben müssen.
Jesus sagt: „Lasst die Kinder zu mir kommen.“ Das ist unsere größte Aufgabe: Kinder zu Jesus zu bringen, darum zu beten, dass sie ihn finden und ihm nachfolgen.
Jesus sagte in Matthäus 18: „Seht zu, dass ihr nicht eines dieser Kleinen verachtet, denn ich sage euch, ihre Engel im Himmel schauen allezeit das Angesicht meines Vaters, der im Himmel ist. Es ist nicht der Wille eures Vaters im Himmel, dass eines dieser Kleinen verloren geht.“
Vielleicht fragst du: Aber wie erzieht Gott denn? Wie erzieht er dich, wie erzieht er mich, und wie sollen wir unsere Kinder erziehen?
Ich habe einen schönen Vers gefunden in 2. Samuel 7, Vers 14. Dort sagt Gott zu König David in Bezug auf dessen Sohn Salomo: „Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein. Wenn er verkehrt handelt, werde ich ihn mit einer Menschenrute und mit Schlägen der Menschenkinder züchtigen.“
Das heißt also, Gott gibt Disziplin, aber dem Verhältnis entsprechend. Er straft Salomo nicht mit einer Gottesrute, sondern mit einer Menschenrute, mit Schlägen der Menschenkinder.
Das bedeutet, dass Gott immer dem Verhältnis entsprechend reagiert. Was der Mensch getan hat, so reagiert Gott auch in der Strafe.
Dabei macht Gott noch einen Unterschied: In den Sprüchen gibt es zwei Begriffe, einmal „die Rute der Zucht“ und „die Zucht der Rute“. Das sind zwei verschiedene Dinge.
Die Zucht der Rute ist uns allen verständlich, das ist ein Stock. Aber die Rute der Zucht kann durchaus etwas anderes bedeuten, womit Gott straft.
Das macht deutlich: Wir haben viele Möglichkeiten, Kinder zu strafen und zu disziplinieren.
Ich weiß, das ist ein heikles Thema. Ich will das auch jetzt nicht provozieren. Ich weiß, dass man öffentlich, wenn etwas aufgenommen wird, manches nicht sagen darf, weil man leicht riskiert, eine Anzeige zu bekommen.
Aber ich möchte deutlich machen: Gott erzieht in den meisten Fällen mit anderen Dingen als mit einer Rute. Er erzieht durch Zucht.
Auch da gibt es viele Möglichkeiten, wie wir Kinder disziplinieren können. Das kann zum Beispiel Taschengeldentzug sein oder dass man Konsequenzen einsetzt, die durch das falsche Verhalten entstanden sind. Das müsste man im Einzelnen jeweils überlegen.
Doch dieser Vers geht noch weiter: Gott sagt, ich will ihm Vater sein, er soll mir Sohn sein. Wenn er verkehrt handelt, werde ich ihn mit einer Menschenrute und mit Schlägen der Menschenkinder züchtigen.
Aber, sagt er, meine Gnade soll nicht von ihm weichen.
Und merken wir: Das ist Liebe. Hier sehen wir, dass Disziplin und Liebe in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Mich wundert, wie Gott in der Bibel mit uns Menschen umgeht, uns immer wieder neu die Chance gibt und uns immer wieder neu beginnen lässt. Er bringt uns immer wieder Liebe entgegen, obwohl er doch oft, wenn wir ehrlich wären, sagen müsste, dass bei ihm der Geduldsfaden längst gerissen sein müsste.
Noch einen Vers möchte ich mitgeben, der mir sehr wichtig geworden ist: Psalm 32, Vers 8. Dort sagt Gott dem Volk Israel: „Ich will dich mit meinen Augen leiten.“
Erziehung durch Blickkontakt.
Was setzt das voraus? Dass man sich anguckt.
Das müssen wir unseren kleinen Kindern in den ersten Jahren beibringen: Wir gucken uns an, wenn wir miteinander sprechen.
Wenn du das einem kleinen Kind beibringst, brauchst du später kaum noch etwas zu sagen, oft brauchst du gar nicht mehr zu strafen.
Wenn mein Vater mich anguckte, wusste ich, wo die Glocken hängen.
Wir merken das auch bei Jesus. Wir kennen wahrscheinlich alle den Vers, wo Jesus dem reichen jungen Mann begegnet. Dort heißt es, er blickte ihn an und gewann ihn lieb. Das mögen wir gern.
Aber als Jesus in einer Synagoge ist (Markus 3), stellen sie ihn auf die Probe. Da ist einer, und Jesus überlegt, ob er ihn am Sabbat heilen soll.
Alle warten schon darauf. Dann heißt es: „Und er blickte jeden Einzelnen der Reihe nach im Zorn an.“
Diesen Blick hätte ich gern mal gesehen.
Wir merken: Das ist Blickkontakt. Jesus braucht gar nichts zu sagen. Er schaut sie im Zorn an und heilt dann den Mann.
Der Blick hat jedem Einzelnen deutlich gemacht: Ich habe es hier mit einer Autorität zu tun, und ich werde mich hüten, ihr zu widersprechen.
Blickkontakt ist etwas, das wir unseren Kindern im Kleinkindalter beibringen müssen.
Dann ersparst du dir vieles später. Du brauchst nicht laut zu werden, meistens brauchst du gar nicht handgreiflich zu werden.
Blickkontakt ist eigentlich das Geheimrezept für Erziehung.
Unsere Pflegetochter hat es selbst mit zwanzig Jahren gelernt. Sie hat sehr schnell gemerkt, wenn ich sie anguckte.
Das merken im Grunde unsere Kinder ja auch. Jede Mutter weiß, wenn ein Kind etwas ausgefressen hat, kann es die Mutter nicht angucken, oder?
Das ist bei uns Menschen einprogrammiert.
Das steht schon in der Bibel. Bei Kain, als er überlegt, seinen Bruder Abel umzubringen, spricht Gott zu Kain und sagt: „Ist es nicht so, wenn die Sünde vor der Tür lauert, dass dein Angesicht gesenkt ist?“
Das ist bei uns Menschen einprogrammiert.
Das heißt: Wenn du etwas ausgefressen hast, kannst du auch Gott nicht angucken.
Das ist Blickkontakt mit Gott.
Du merkst sehr schnell, ob etwas zwischen dir und Gott nicht in Ordnung ist.
Und du merkst sehr schnell, ob etwas zwischen dir und deinem Kind nicht in Ordnung ist.
Das ist ein Geheimrezept, oder?
„Ich will dich mit meinen Augen leiten.“
Abschluss und Segensworte
Ich möchte schließen. Ihr merkt, das Thema ist sicherlich noch weiter umfassend.
Erziehe den Knaben seinem Alter gemäß; er wird nicht davon weichen, auch wenn er älter wird. Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern zieht sie auf in der Zucht und Ermahnung des Herrn.
Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern im Herrn, denn das ist recht. Ehre deinen Vater und deine Mutter, das ist das erste Gebot mit Verheißung, damit es dir wohlgeht und du lange lebst auf Erden. Amen.
Ich danke euch, dass ihr mit mir Geduld hattet und Überstunden gemacht habt. Lieber Eberhard, vielen Dank. Wir haben es mit wenig Disziplin und viel Liebe.
Zur Kenntnis genommen.
Wir hören jetzt ein Chorlied, das wir gemeinsam singen: Preis und Anbetung, Lied 360. Ich darf den Chor bitten, mit uns das Lied zusammen zu singen, 360.
Ja, ihr Lieben, auf meinem Programmzettel steht ab 20.45 Uhr „Fragen an den Referenten“. Ich frage einfach mal in diese Runde: Wollen wir das noch machen? Halten wir das noch durch oder sollten wir jetzt lieber einen Schlusspunkt setzen? Ich bitte um spontane Voten.
Halb zehn, gut, dann machen wir noch zehn Minuten Fragerunde, und zwar zunächst einmal zu dem Vortrag von heute Abend. Eberhard, vielleicht kommst du nach vorn. Ich nehme wieder das Handmikrofon. Bei der nächsten Frage könnte es etwas kürzer gehen, das wäre ich dir persönlich sehr verbunden.
Haben wir noch weitere Fragen oder Bemerkungen? Wo? Ach, stell ihm die schwierige Frage! Die wirst du jetzt hören.
Eberhard, aufgrund meines Alters bin ich eigentlich ganz froh, dass ich nicht mehr in die Situation komme, Kinder – mindestens eigene – zu erziehen. Ich weiß nicht, wie vielen Menschen ich jetzt klammheimlich oder ganz offen hier aus der Seele spreche: Du hast sehr hohe Maßstäbe angesetzt. Wer will das erfüllen?
Kannst du – und jetzt kommt meine schwierige Frage – bitte ganz kurz mal zusammenfassen, wie Eltern denn so sein sollten? So ganz kurz, dass man sich das als Fazit von dem heutigen Abend merken kann.
Das ist wirklich eine schwere Frage. Du sollst ein Kind zwanzig Jahre erziehen, und ich soll das in einem Satz sagen? Das tut Gott auch nicht. Dann hätten wir nicht so eine dicke Bibel.
Vielleicht das eine: Erziehe deine Kinder so, als ob alles von dir abhängt, in der Verantwortung vor Gott. Lebe ihnen vor, wie du möchtest, dass sie sein sollen. Aber wenn du sie erzogen hast, wirst du sagen, es war nur Gnade Gottes, das, was daraus geworden ist.
Ja, das ist ein sehr schönes Schlusswort.
Ich möchte jetzt zum Abschluss noch mit uns beten. Wer dazu aufstehen kann, möchte ich bitten, aufzustehen.
Jesus Christus, wir haben jetzt einen sehr vollgepackten Tag hinter uns und haben sehr viel von Dir gehört – aus verschiedenen Perspektiven heraus. Ich möchte Dich einfach bitten, dass Du das in uns verankerst, in Gedanken und im Herzen, was für uns persönlich, was für jeden persönlich wichtig ist und war an diesem Tag, Herr. Dass wir das nicht nur gehört haben, sondern dass wir es auch mitnehmen in unser Leben.
Ich möchte Dich jetzt auch bitten für die Nacht, dass Du uns behütest und bewahrst und dass Du uns einen erquickenden Schlaf schenkst.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Ihnen allen eine gute Nacht mit guten Träumen, und vielleicht sehen wir uns ja noch ab 22.00 Uhr.