Einführung: Fragen des christlichen Alltags
Ich möchte diese Predigt mit einigen Fragen beginnen: Darf man als Christ angesichts all der Sünde und all der schlimmen Dinge, die dort geschehen, zum Oktoberfest gehen? Ist es Christen erlaubt, gelegentlich zu rauchen? Wie sieht es mit Tattoos aus? Ist das für Christen in Ordnung? Gibt es Filme, die man als Christ nicht sehen sollte? Und wie steht es mit Musik, die man nicht hören darf? Darf man als Christ Fleisch essen, das zuvor einem Götzen geopfert wurde?
Okay, ich gebe zu, die letzte Frage ist für die meisten von uns nicht so relevant. Aber sie war sehr wichtig für die Christen in Korinth.
Wir setzen heute unsere Predigtserie durch den ersten Korintherbrief fort und kommen heute zu Kapitel 8. In Korinth, der Gemeinde, der Paulus hier schreibt, wurden regelmäßig Tiere irgendwelchen Göttern geopfert – wirklich Götzen. Oft wurde von diesen Tieren nur ein ganz kleiner Teil verbrannt, und der Großteil wurde dann genommen. Es gab große Festmahle, bei denen dieses Fleisch gegessen wurde.
Manchmal wurde das Fleisch sogar auf einem Fleischmarkt verkauft, sodass man dort nie genau wusste, was man gerade kaufte. So stellte sich für Christen die Frage: Ist es okay, zu einem Festmahl zu gehen, bei dem vielleicht Götzenopferfleisch angeboten wurde? Kann man als Christ einfach auf dem Fleischmarkt ein Stück Fleisch kaufen, ohne zu wissen, woher es kommt?
Paulus beantwortet diese Frage in unserem Predigttext. Dabei spricht er nicht nur diese spezifische Situation an, sondern lehrt uns auch allgemein gültige Prinzipien. Diese Prinzipien helfen uns, unser tägliches Leben und die Fragen, die sich uns stellen, besser zu verstehen. So können wir besser leben, wie es Gott gefällt.
Darum geht es heute.
Lesung des Predigttextes: 1. Korinther 8
Ich möchte uns Gottes heiliges und irrtumsloses Wort vorlesen. Ich lese 1. Korinther 8, das ganze Kapitel.
Was aber das Götzenopfer angeht, so wissen wir, dass wir alle die Erkenntnis haben. Die Erkenntnis bläht auf, aber die Liebe baut auf. Wenn jemand meint, er habe etwas erkannt, der hat noch nicht erkannt, wie man erkennen soll. Wenn aber jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt.
Was nun das Essen von Götzenopferfleisch angeht, so wissen wir, dass es keinen Götzen gibt in der Welt und keinen Gott außer dem einen. Und obwohl es solche gibt, die Götter genannt werden – sei es im Himmel oder auf Erden, denn es gibt ja viele Götter und viele Herren – so haben wir doch nur einen Gott, den Vater, von dem alle Dinge sind und wir zu ihm, und einen Herrn, Jesus Christus, durch den alle Dinge sind und wir durch ihn.
Aber nicht jeder hat die Erkenntnis, denn einige, weil sie bisher an die Götzen gewöhnt waren, essen es als Götzenopfer. Dadurch wird ihr Gewissen, das schwach ist, befleckt. Aber Speise wird uns nicht vor Gottes Gericht bringen. Essen wir nicht, so werden wir darum nicht weniger gelten; essen wir, so werden wir darum nicht besser sein.
Seht aber zu, dass diese eure Freiheit für die Schwachen nicht zum Anstoß wird. Denn wenn jemand dich, der du die Erkenntnis hast, im Götzentempel zu Tisch sitzen sieht, wird er nicht sein Gewissen, der doch schwach ist, verleitet, das Götzenopfer zu essen? Und so wird durch deine Erkenntnis der Schwache zugrunde gehen, der Bruder, für den doch Christus gestorben ist.
Wenn ihr aber so an den Brüdern sündigt und ihr schwaches Gewissen verletzt, so sündigt ihr an Christus. Darum: Wenn meine Speise meinen Bruder zu Fall bringt, will ich nie mehr Fleisch essen, damit ich meinen Bruder nicht zu Fall bringe.
Soweit unser heutiger Predigttext, der uns zeigt, was wirklich wichtig ist. Damit wir diese grundsätzliche Erkenntnis besser verstehen, wollen wir drei Dinge mehr erkennen: Erkenne die Liebe Gottes, erkenne die Wahrheit Gottes und erkenne den Willen Gottes. Das sind die drei Punkte unserer Predigt.
Gebet um Erkenntnis und Liebe
Bevor wir uns nun dem Text weiter zuwenden, möchte ich mit uns beten, dass diese Erkenntnis wirklich in uns Raum einnehmen kann.
Himmlischer Vater, das ist unser Gebet: Dass du durch dein heiliges Wort zu uns sprichst. Zeige uns, was wir heute verstehen müssen, und hilf uns, bereit zu sein, von dir zu lernen.
Herr, verändere unsere Herzen, damit wir mehr so lieben können, wie du es willst. Öffne du uns unsere Herzen und unseren Verstand, damit wir deinen Willen erkennen und immer mehr danach leben. Zum Lobpreis deiner Herrlichkeit, zum Wohl unserer Glaubensgeschwister und als Zeugnis in dieser Welt.
Das erbitten wir in Jesus Christus. Amen!
Erkenntnis und Liebe: Die Grundlage des Glaubens (Verse 1-3)
In den ersten drei Versen hilft Paulus uns zu erkennen, welche Erkenntnis wirklich wichtig ist. Ich lese noch einmal die ersten drei Verse:
„Was aber das Götzenopfer angeht, so wissen wir, dass wir alle die Erkenntnis haben. Die Erkenntnis bläht auf, aber die Liebe baut auf. Wenn jemand meint, er habe etwas erkannt, der hat noch nicht erkannt, wie man erkennen soll. Wenn aber jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt.“
Was Paulus hier tut, ist, dass er erneut eine Frage aufgreift, die ihm wahrscheinlich von den Korinthern gestellt wurde. Wir haben das schon zu Beginn von Kapitel 7 gesehen, wo es eine Frage gab, auf die er einging. So tut er es auch hier.
Die Frage, die ihnen gestellt wurde, betraf eine Erkenntnis. Dabei strebten die Korinther wahrscheinlich gar nicht wirklich nach Erkenntnis, sondern nahmen für sich in Anspruch, die Erkenntnis zu dieser Frage bereits zu haben. Wahrscheinlich haben sie gar nicht wirklich gefragt. Sie wollten nur hören, ob Paulus vielleicht noch einmal das deutlich sagen kann, von dem sie ohnehin schon überzeugt waren.
Vielleicht kennt ihr solche Fragen. Als Pastor habe ich immer wieder das Vergnügen, mit Leuten, die in die Gemeinde kommen, ins Gespräch zu kommen. Manche von ihnen stellen mir gleich tiefe theologische Fragen: „Mathias, wie stehst du oder wie steht ihr als Gemeinde eigentlich zur Entrückung? Wie genau ist das mit den Abläufen und dem tausendjährigen Reich? Glaubt ihr an die doppelte Prädestination?“
Was ich dann immer wieder feststelle, ist, dass sie nicht wirklich belehrt werden wollen. Sie suchen nicht Erkenntnis, sondern haben diese schon. Sie wollen nur prüfen, ob ich es auch schon verstanden habe. Wenn nicht, werde ich gegebenenfalls erbarmungslos belehrt oder sie wenden sich einfach ab, weil ich ein hoffnungsloser Fall bin. Oder sie sind glücklich, weil ich jetzt auch die Erkenntnis habe.
Wir kennen das. Ihr kennt das sicher aus eurem Leben auch: Diese Fragen, die gar keine Fragen sind.
Paulus spricht das hier direkt an: Ja, wir alle haben die Erkenntnis. Und dann lehrt er die Leute mit einem sehr einprägsamen Satz: „Die Erkenntnis bläht auf, aber die Liebe baut auf.“
Um das deutlich zu sagen: Paulus hat natürlich nichts gegen Erkenntnis. Er selbst hat nach Erkenntnis gestrebt. Er war Evangelist und Lehrer, das heißt, er wollte, dass Menschen in ihrer Erkenntnis wachsen. Erkenntnis an sich ist nicht das Problem.
Erkenntnis wird dann zum Problem, wenn sie sich überschätzt und es ihr an Liebe mangelt. Das war ganz offensichtlich hier in Korinth der Fall. Deswegen fährt Paulus fort und schreibt:
„Wenn jemand meint, er habe etwas erkannt, der hat noch nicht erkannt, wie man erkennen soll. Wenn aber jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt.“
Je nach Übersetzung lesen wir hier relativ unterschiedliche Aussagen. Das liegt daran, dass die Textgrundlage tatsächlich etwas unklar ist. So etwas kommt an Bibelstellen selten vor, hier ist es ein bisschen so. Deshalb gehen die Auslegungen weit auseinander.
Ich will gar nicht in die Details eingehen, sondern die Kernbotschaft betrachten. Diese ist eigentlich klar.
Die Kernbotschaft, die Paulus hier vermittelt, ist, dass Erkenntnis, die mit Stolz und Arroganz einhergeht, anstatt von Demut und Liebe geprägt zu sein, wertlos ist. Sie ist oft ein Zeichen dafür, dass solche Menschen noch keine wirkliche Beziehung zu Gott haben.
Das darf uns gerade als Gemeinde, in der viele Menschen theologisch sehr versiert sind, ein hilfreiches Korrektiv sein. Theologische Erkenntnis allein bringt gar nichts.
Nicht der Teufel hatte hervorragende theologische Erkenntnis. Der Teufel erkannte Jesus als den Christus, als die Jünger das noch nicht verstanden hatten. Aber seine Erkenntnis führte ihn nicht dazu, eine tiefe Liebe für Jesus zu haben.
So macht Jesus in Matthäus deutlich und warnt, dass es Menschen geben wird, die ihn „Herr, Herr“ nennen und behaupten, große Dinge in seinem Namen getan zu haben. Doch er wird zu diesen Menschen am Tag des Gerichts sagen: „Ich habe euch noch nie gekannt, weicht von mir, ihr Übeltäter.“
Dieses „nie gekannt“ – ihn nicht erkannt zu haben, von ihm nicht erkannt zu sein – ist das, was hier am Ende von Vers 3 ausgesagt wird.
Dass Gott in seiner Liebe, in seiner Zuwendung und in seiner Gnade Menschen nicht erkennt und sie deswegen quasi nicht anerkennt.
Uns wird deutlich: Was wir mehr brauchen als alle theologische Erkenntnis, ist, dass wir den Herrn lieben. Die Grundlage dafür ist, dass er uns als die Seinen anerkennt.
Das ist es, was wir erkennen müssen: Wir brauchen nicht nur Erkenntnis über die Dinge Gottes. Wir müssen Gott selbst kennen, wir müssen ihn lieben. Denn wer den Herrn wirklich erkennt, der liebt ihn und ist von ihm geliebt.
Also erkenne die Liebe Gottes. Erst wenn du den Herrn in deinem Herzen liebst, wenn ihm dein Herz gehört, dann wirst du überhaupt erst befähigt, seine göttlichen Wahrheiten richtig verstehen zu können.
Anselm von Canterbury hat das sehr gut auf den Punkt gebracht mit der Aussage: „Ich glaube, damit ich verstehe.“ Glauben als Grundlage wirklicher Erkenntnis. Es ist also nicht so, dass unser Glaube aus dem Verstand erwächst, sondern dass unser Glaube die Grundlage für wirkliches Verstehen ist.
Paulus hat das den Korinthern schon deutlich gemacht in Kapitel 2. Dort schrieb er, dass alle geistliche Erkenntnis nur durch den Geist kommt. Wer den Geist Gottes nicht hat, den man erst im Glauben empfängt, wird die tiefen Wahrheiten, die geistlichen Wahrheiten, nicht verstehen können.
Ohne Glauben, also ohne Liebe für den Herrn, ist alle sonstige Erkenntnis letztendlich wertlos.
Also: Liebst du Gott?
Im Neunogottesdienst war es schon so, dass, als ich die Frage gestellt habe, alle mich mit großen Augen angeschaut haben. Deswegen frage ich: Kannst du das für dich beantworten?
Vor zwei Wochen habe ich in einer Gemeinde gepredigt. Dort haben bei einer solchen Frage ungefähr zwanzig oder dreißig Leute „Amen“ oder „Ja“ gesagt. Ihr schaut mich so an, als müsste ich euch sagen, ob ihr Gott liebt – das müsst ihr selbst wissen, okay?
Frag dich selbst: Gehört ihm dein Herz und damit auch dein Verstand?
Der Glaube lässt sich nicht denkerisch ergreifen. Der Glaube erwächst aus einer Beziehung.
Ich muss die Liebe Gottes erkennen – die Liebe, die Gott dazu veranlasst hat, seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus in diese Welt zu senden, als wir noch nichts von ihm wissen wollten.
Jesus Christus kam in diese Welt. Er war voller Erkenntnis und voller Liebe. Er erkannte, dass wir überhaupt nicht an ihn denken wollen, wenn er nicht erst zu uns kommt, wenn er uns nicht erst anrührt.
Er erkannte, dass wir Gott von Natur aus in unseren tiefsten Herzen ablehnen und als Rebellen vor diesem Gott am Tag des Gerichts nicht bestehen können.
Aber weil er eben nicht nur Erkenntnis hatte, sondern auch Liebe, kam er zu uns, damit wir Gott kennen können.
Er kam, um das gerechte Gericht, das wir verdient hätten, von Gott auf sich zu nehmen.
Deswegen hat Jesus nicht nur das vollkommene Leben gelebt – im perfekten Gehorsam, mit völliger Liebe und Anerkennung seines himmlischen Vaters –, sondern er hat, obwohl er das nicht verdient hatte, sein Leben aufgeopfert für Menschen wie dich und mich.
Er hat sein Leben am Kreuz von Golgatha gegeben, um dort die gerechte Strafe zu bezahlen für jeden, der sich ihm im Glauben zuwendet.
Deshalb ist die alles entscheidende Frage: Kennst du diese Liebe Gottes? Ist Jesus Christus dein Herr?
Wenn du heute hier bist und noch nicht wirklich sagen kannst: „Ja, ich kenne ihn so, ich liebe ihn, ich habe eine Herzensbeziehung zum Herrn“, dann freue ich mich sehr, dass du hier bist.
Tatsächlich ist ein Ziel, das wir mit jeder Predigt hier Sonntag für Sonntag verfolgen, Menschen wie dir zu helfen, den Herrn besser kennenzulernen, dir zu helfen, ihn mit deinem Herzen zu kennen und zu lieben.
Ich hoffe, dass diese Predigt dir hilft.
Vor allem möchte ich dich einladen: Ab November bieten wir wieder einen „Christsein Entdecken“-Kurs an, den wir genau zu diesem Zweck hier anbieten. Einen Kurs, in dem wir erklären wollen, wer Jesus Christus ist, damit du ihn sehen, erkennen und lieben kannst.
Lass dich einladen.
Und wenn du schon Christ bist, wenn du Christus kennst, dann überlege vielleicht jetzt schon und bete, wem du helfen willst, die Liebe Gottes zu erkennen.
Erkenne die Liebe Gottes und dann erkenne die Wahrheit Gottes.
Die Wahrheit Gottes erkennen: Freiheit und Gewissen (Verse 4-8)
Darum geht es in den Versen 4 bis 8. In diesen Versen spricht Paulus konkret die Frage nach dem Götzenopferfleisch an. Ich lese uns die Verse 4 bis 8 noch einmal vor:
„Was nun das Essen von Götzenopferfleisch angeht, so wissen wir, dass es keinen Götzen gibt in der Welt und keinen Gott außer dem einen. Und obwohl es solche gibt, die Götter genannt werden, sei es im Himmel oder auf Erden – wie es ja viele Götter und viele Herren gibt – so haben wir doch nur einen Gott, den Vater, von dem alle Dinge sind, und wir zu ihm, und einen Herrn, Jesus Christus, durch den alle Dinge sind und wir durch ihn. Aber nicht jeder hat die Erkenntnis, denn einige, weil sie bisher an die Götzen gewöhnt waren, essen es als Götzenopfer. Dadurch wird ihr Gewissen, weil es schwach ist, befleckt. Aber Speise wird uns nicht vor Gottes Gericht bringen. Essen wir nicht, so werden wir darum nicht weniger gelten; essen wir, so werden wir darum nicht besser sein.“
Die Kernaussage hier ist sehr klar: Es gibt nur einen Gott. Dieser Gott existiert in drei Personen, von denen hier zwei konkret genannt werden: Gottvater und Gottsohn. Gottvater und Gottsohn sind Ursprung und Ziel aller Schöpfung. Es wird konkret gesagt, dass vom Vater alle Dinge sind und durch Jesus Christus alle Dinge sind – vom Vater durch den Sohn.
Wir sehen also hier zwei Personen des dreieinigen Gottes. Die Aussage ist deutlich: Es gibt nur einen Gott. Die logische Konsequenz daraus ist, dass es keine anderen Götter gibt, es gibt keine Götzen. Diese sind einfach nicht echt. Es mag Götzenbilder geben, es mag Götzenaltäre geben. Diese letztendlich von Menschen gemachten Bauwerke beherbergen aber niemanden wirklich. Die sogenannten Götter, die dort angebetet werden, entspringen der Phantasie der Menschen. Sie existieren gar nicht.
Deswegen sagt Paulus hier: Das Fleisch, das diesen „Niemanden“ geopfert wird, ist einfach immer noch Fleisch. Man kann es essen oder auch nicht. Er betont aber auch, dass diese Erkenntnis nicht jeder hat. In Korinth gab es Christen, die zuvor diese Götzen als sehr real angebetet hatten. Als Gott ihnen dann die Augen und das Herz öffnete und sie die Liebe Gottes erkennen durften, Jesus Christus als ihren Retter und Herrn annahmen, wandten sie sich von diesen Götzen ab.
In gewisser Weise waren also diese Götzen, die sie früher angebetet hatten, die größten Feinde und Konkurrenten des wahren Gottes, den sie nun anbeteten. Für sie waren diese Götzen und Götter noch sehr reale Feinde des Herrn. Deshalb hatten sie noch keine Freiheit, das Fleisch zu essen, das diesen Götzen geopfert worden war.
Schließlich überdauern alte Denkmuster und Gewohnheiten oft auch unsere Bekehrung. Ich habe das sehr persönlich erlebt: Als ich mit 26 Jahren zum Glauben kam, gehörte mein Herz sofort Christus. Ich habe ihn wirklich geliebt, sein Wort gelesen und darüber nachgedacht. Ich wollte entsprechend leben. Aber irgendwann, nach einigen Wochen als Christ, erzählten mir andere Christen, dass sie nicht an die Evolution glauben, sondern dass Gott alles geschaffen hat.
Da dachte ich: „Moment mal, ich habe doch in der Schule die Evolutionstheorie gelernt. Das machte für mich absolut Sinn. Ihr glaubt das nicht?“ Es hat eine Zeit gedauert, bis ich verstanden habe, dass die Bibel tatsächlich Schöpfung lehrt und dass die Evolution eine Theorie ist – genauso wie die Schöpfung in gewisser Weise eine Theorie ist. Es braucht Glauben, das eine oder das andere zu glauben.
Die Frage ist nun, welche Quelle zuverlässiger ist: das, was Wissenschaftler behaupten, die von vornherein ablehnen, dass es einen Gott gibt, der etwas geschaffen haben könnte, oder das, was die Bibel sagt. Dann haben sich meine Denkmuster geändert, und heute glaube ich ganz klar daran, dass Gott alles geschaffen hat.
Ähnlich ging es mir interessanterweise auch mit einer ganz anderen, viel praktischeren Frage. Am Tag meiner Bekehrung zog ich von Braunschweig nach München um – in die Bierhauptstadt Deutschlands. Ich hatte zuvor sehr gerne und auch viel Bier getrunken. In meiner Bekehrung wurden mir manche Dinge klar, die ich nicht mehr tun sollte. Über dieses Thema aber hatte niemand mit mir gesprochen.
So lebte ich als guter Neumünchner, bis ich eines Tages Epheser 5 las: „Sauft euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt.“ Das hatte mir noch keiner gesagt. Wiederum war ich schon bekehrt, aber ich hatte manches einfach noch nicht verstanden.
Was dann oft passiert – und auch bei mir so war –, ist: In dem Moment, wo man so etwas liest, wie „Sauft euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt“, war für mich klar: Sämtlicher Alkoholkonsum ist absolut verboten. Das Gewissen von jungen Christen kann manchmal viel zu weit oder sehr eng werden – so in dem Bestreben, unbedingt gottgefällig leben zu wollen.
Manche Christen, die schon länger unterwegs sind, bleiben in einem sehr engen Gewissen und vielleicht mit einem Hang zur Gesetzlichkeit. Andere freuen sich über all die Freiheit, die Gott ihnen gibt. Ich glaube, wir tun gut daran, nach der Wahrheit Gottes zu streben. Wir sollten fragen: In welchen Bereichen haben wir Freiheit? Welche Bereiche sind vielleicht keine Fragen von „Darf ich das oder nicht?“, sondern eher von „Ist das weise oder nicht?“ Und dann erkennen, wo Gott uns klare Grenzen setzt.
Paulus hilft den Korinthern hier zu erkennen, dass das Essen von Götzenopferfleisch an sich kein Problem ist. Er macht deutlich: Wir haben Freiheit in dieser Frage. Gleichzeitig erkennt er aber an, dass es Christen gibt, die diese Freiheit für sich noch nicht in Anspruch nehmen können.
Reife Christen: Ich möchte daran erinnern, dass wir vieles auch erst lernen mussten. Wir tun gut daran, unseren jüngeren Glaubensgeschwistern mit viel Barmherzigkeit und Geduld zu begegnen – sowohl dort, wo sie vielleicht noch Freiheiten haben, in Bereichen, in denen wir denken, wir sollten lieber keine Freiheit haben, als auch in den Bereichen, wo sie vielleicht noch sehr radikale, enge Ansichten haben, von denen wir heute wissen, dass wir sie eigentlich nicht haben sollten.
Unser Dienst an unseren jüngeren Geschwistern ist es, sie mit Demut, Barmherzigkeit und Geduld anzunehmen und ihnen dann zu helfen, in aller Sanftmut die Wahrheiten Gottes immer besser zu verstehen.
Junger Christ, vergib uns Langzeitchristen, wenn wir manchmal wenig Geduld und Verständnis dafür haben, dass du natürlich vieles erst noch lernen musst. Zugleich möchte ich dich ermutigen: Erkenne an, dass es noch vieles zu lernen gibt. Wir alle dürfen noch besser verstehen, was die göttliche Wahrheit ist.
Deshalb lasst uns miteinander danach streben, mehr und mehr zu erkennen, was Gottes Wahrheit ist.
Den Willen Gottes erkennen: Freiheit im Dienst der Liebe (Verse 9-13)
Aber noch wichtiger als die Erkenntnis der Wahrheit Gottes ist die Erkenntnis des Willens Gottes. Darum geht es in den Versen 9 bis 13. Hier erklärt der Apostel Paulus, dass all unsere Erkenntnis wertlos ist, wenn wir sie nicht im Sinne Gottes einsetzen.
Lest uns die Verse 9 bis 13 noch einmal:
„Seht aber zu, dass diese eure Freiheit für die Schwachen nicht zum Anstoß führt. Denn wenn jemand dich, der du die Erkenntnis hast, im Götzentempel zu Tisch sitzen sieht, wird dann nicht sein Gewissen, da er doch schwach ist, verleitet, das Götzenopfer zu essen? Und so wird durch deine Erkenntnis der Schwache zugrunde gehen, der Bruder, für den doch Christus gestorben ist. Wenn ihr aber so sündigt an den Brüdern und ihr schwaches Gewissen verletzt, so sündigt ihr an Christus. Darum: Wenn Speise meinen Bruder zu Fall bringt, will ich nie mehr Fleisch essen, damit ich meinen Bruder nicht zu Fall bringe.“
Sie sehen hier, die Korinther standen in der Gefahr, ihre richtige Erkenntnis – nämlich dass sie Freiheit hatten, Götzenopferfleisch zu essen – ohne Rücksicht auf andere zu nutzen. Paulus lehrt sie, dass es sehr wohl Sünde sein kann, wenn man etwas tut, was an sich erlaubt ist.
Es ist vielleicht ein bisschen kompliziert, aber ich möchte, dass wir uns das genau überlegen: Etwas kann Sünde sein, obwohl es eigentlich erlaubt ist, nämlich dann, wenn man es zum Schaden anderer tut.
Das Problem war also nicht das Essen des Götzenopferfleischs an sich, sondern das, was wir damit bei anderen anrichten. Tatsächlich sehen wir hier zwei Dimensionen von Sünde, die auf den ersten Blick vielleicht nicht so offensichtlich sind.
Die eine bezieht sich auf die, die ein schwaches Gewissen haben, die denken, dass etwas verboten ist, sich aber durch andere verleiten lassen, das zu tun, von dem sie glauben, dass es verboten ist. Wir können uns die Situation vorstellen: Da ist ein frisch Bekehrter, und die anderen Christen gehen nach ihrem Gottesdienst und sagen: „Hey, lass uns mal gehen, da hat ein nichtchristlicher Freund uns eingeladen. Zum Festmahl gibt es leckeres Fleisch. Es gibt ja keine Götzen, lass es uns genießen.“ Und da ist einer dabei, der sagt: „Götzenopfer? Niemals habe ich das früher getan, und niemals werde ich das wieder tun.“ Die anderen sagen: „Komm mit!“ Weil alle hingehen, geht er irgendwie mit und isst. Und dann liegt er abends wach in seinem Bett und denkt: „Herr, was habe ich getan? Ich habe mich gegen dich versündigt. Ich bin wahrscheinlich gar kein echter Christ.“ Er verzweifelt und leidet.
Wer hat gesündigt? Die, die ihn eingeladen haben, oder der, der es gegessen hat? Beide! Denn wenn du etwas tust, von dem du denkst, dass es gegen Gott ist, und du tust es trotzdem, ist das Sünde.
Ich mache das ganz kurz – einfach nochmal für die, die sich gerade vielleicht schwer mit dem Konzept tun – deutlich im Kontext von Ehe: Manche unter uns sind verheiratet, alle anderen kennen Leute, die verheiratet sind. Jetzt stellt euch vor, ich bin davon überzeugt, dass meine Frau etwas auf keinen Fall will, dass ich es tue. Und ich mache es trotzdem. Was offenbart das über mein Herz? Ein Mangel an Liebe. Genau, das ist Sünde. Wenn ich handle gegen das, von dem ich überzeugt bin, dass Gott es nicht will, und ich tue es trotzdem.
Wenn ich also gegen mein Gewissen handle und Götzenopferfleisch esse, dann habe ich gesündigt, obwohl an sich das Essen okay ist. So wie wenn meine Frau das gar nicht gemeint hätte, ich sie falsch verstanden habe, aber ich habe gegen das gehandelt, was ich von ihr verstanden zu haben meinte, dann habe ich ihr gezeigt: Ich liebe dich nicht. Das ist Sünde.
Und die, die andere Leute verführen, etwas zu tun, was sie nachher in eine solche Gewissensnot bringt, versündigen sich an ihren Geschwistern. Das ist, was Paulus hier sagt.
Lasst mich das ganz kurz praktisch machen und schon eine Vorschau geben auf einen Text, zu dem wir in den nächsten Wochen kommen werden, so Gott will. In einigen Wochen darf ich 1. Korinther 11 predigen. In der ersten Hälfte von 1. Korinther 11 geht es um die Frage nach dem Kopftuch. Das ist eine Frage, mit der ich auch hier in der Gemeinde immer mal wieder konfrontiert wurde und auf die ich schon einige Antworten gegeben habe. Ich werde das in der Predigt noch ausführlicher erklären, es soll hier nur ein Beispiel sein, das die Sache noch einmal verdeutlicht.
Nach meinem Verständnis lehrt uns Gottes Wort Prinzipien, die allzeit gültig sind, und konkrete Anwendungen von Prinzipien, die in bestimmten Situationen so anzuwenden sind und in anderen Situationen anders.
Zum Beispiel: Als ich vorhin hier im Gottesdienst saß, kam Ruben rein und hat mich freundlich begrüßt, aber er hat mir keinen Kuss gegeben. Nun, die Bibel fordert eigentlich den Bruderkuss. Aber wir verstehen, das ist nur die Anwendung des Prinzips der Bruderliebe, die heute hier nicht ganz verstanden werden würde. Manche wären vielleicht schockiert gewesen.
Nach meinem Verständnis – und das ist erst einmal relevant – gibt es beim Kopftuch das Grundprinzip der Anerkennung einer gottgegebenen Ordnung und dann die konkrete Anwendung, die damals von allen verstanden wurde, nämlich die Bedeckung des Hauptes. Wir sprechen mehr darüber demnächst.
Was ich aber deutlich sagen möchte und immer wieder denen sage, die zu mir kommen und sagen: „Matthias, ich ringe mit der Frage, ob ich ein Kopftuch tragen sollte“: Ich sage immer wieder, wenn du mit dieser Frage noch ringst, dann trag es. Denn wenn du es nicht tust, sündigst du.
Ja, tatsächlich liebe ich es zu sehen, wie jemand so Gott hingegeben ist, dass er sagt: „Ich möchte Gott treu sein, auch in dieser Frage, auch wenn das sonst keiner tut.“ Preist den Herrn für ein solches Herz, das Gott lieben und treu sein will.
Da spielt es keine Rolle, was ich denke. Du tust das Richtige, wenn deine Überzeugung ist, dass Gott das von dir will. Und wenn ich dich dazu verführen sollte, es nicht zu tun, dann versündige ich mich an dir.
Deswegen ist meine Ermutigung immer: Wenn jemand sagt, „Soll ich das Kopftuch abnehmen?“, sage ich nur: Wenn du überzeugt bist, dass du es biblisch nicht musst, dann fühle dich frei. Auch dann darf man übrigens ein Kopftuch tragen. Das ist nicht verboten. Wir haben Freiheit, wie beim Götzenopferfleisch.
Also, ihr Lieben, wir sollten darauf achten, dass wir nie jemanden dazu verführen, etwas zu tun, von dem er denkt, dass es Sünde ist. Das ist das, was Paulus hier betont:
„So wird durch deine Erkenntnis der Schwache zugrunde gehen, weil er sündigt, weil er gegen Gott rebelliert. Das wird ihn innerlich zugrunde richten. Er wird nicht seine Erlösung verlieren, der Bruder, für den doch Christus gestorben ist. Das heißt, der hat gesündigt.“
„Wenn ihr aber so sündigt, also ihr habt auch gesündigt an den Brüdern und verletzt ihr schwaches Gewissen, so sündigt ihr an Christus.“
Gottes Wille im Umgang mit aller Erkenntnis ist, dass wir sie so einsetzen, dass sie unsere Geschwister erbaut und so die Gemeinde erbaut.
Ich finde es bedenkenswert, wie Paulus hier daran erinnert, dass Jesus Christus sein Leben für alle Geschwister gelassen hat – für die mit einem sehr engen und für die mit einem sehr weiten Gewissen.
Jesus Christus ist für alle gestorben, die ihn als ihren Retter und Herrn anerkennen, egal ob sie zur Gesetzlichkeit oder zur Gesetzlosigkeit neigen. Was uns rettet, ist nicht unser Umgang mit den Gesetzen, sondern unser Glaube an den einen Retter und Herrn Jesus Christus, unsere Liebe zu ihm.
Das heißt nicht, dass wir Christen nicht danach streben sollten, mehr zu erkennen, was Gott will. Aus Liebe zu unserem Herrn sollten wir danach streben, auch seine Wahrheit immer mehr zu erkennen. Das ist gut.
Aber wir sollten in unserem Miteinander und in unserer Erkenntnis unsere Erkenntnis immer nur so einsetzen, dass sie unsere Geschwister nicht zur Sünde verführt. Das gilt besonders in den Bereichen, in denen wir denken, dass wir Freiheit haben.
Unsere Freiheit, Dinge zu tun, endet immer dort, wo sie anderen schadet. Das sagt Paulus hier: Christus ist gestorben für diese Geschwister und auch für uns, wenn wir Jesus Christus nachfolgen.
Er war bereit, seine Freiheit, ja sein ganzes Leben niederzulegen. Er hat sich erniedrigt bis zum Äußersten, ja bis zum Tod am Kreuz.
Lieber Christ, kannst du nicht gewisse Freiheiten zum Wohle anderer aufgeben?
Praktische Anwendung: Freiheit und Rücksichtnahme
Also darf ein Christ zum Oktoberfest gehen, kleidungsgemäß? Ich würde sagen, manche haben das heute wahrscheinlich noch vor.
Die Frage ist hochrelevant, und meine Antwort darauf lautet: Ja, das darfst du. Ich gehe auch regelmäßig auf die Theresienwiese – öffentliches Bekenntnis hier –, nicht in den drei Wochen, in denen es so voll ist, aber sonst sehr gerne. Und die Theresienwiese ist immer noch die Theresienwiese. Das ist kein Hüllenschlund, in dem du versinken wirst. Dort sind Leute, die Dinge tun, die falsch sind. Da machst du nicht mit, aber du kannst hingehen.
Deine Freiheit, dort hinzugehen, hat klare Grenzen. Wenn dein Bruder oder deine Schwester denkt, dass es Sünde ist, dann tue nichts, was sie dazu verführen könnte, entgegen ihres Gewissens trotzdem hinzugehen. Das heißt: Lade dich nachher noch fröhlich ein, zum Beispiel: „Ja, komm doch alle mit, wir gehen als Gemeindeausflug zur Theresienwiese.“ Dort ist vielleicht dein Bruder oder deine Schwester, die nach ihrem Gewissen das nicht tun sollte und für die es dann auch Sünde wäre, es zu tun. Verführe niemanden, sondern lege deine Freiheiten nieder.
Wenn du weißt, dass dein Bruder oder deine Schwester leicht in Gefahr stehen, zu viel zu trinken, wenn sie dort hingehen, dann tue alles, damit sie nicht in diese Gefahr kommen. Wichtiger als deine Freiheit zu genießen, ist es, dass du auf das geistliche Wohl deiner Brüder und Schwestern bedacht bist.
Das ist nur ein Beispiel, und ich hoffe, es hilft uns, das grundlegende Prinzip zu erkennen: Lieber Christ, sei in allem, was du tust, darauf bedacht, deine Glaubensgeschwister zu erbauen. Das kann bedeuten, dass du von manchen Freiheiten keinen Gebrauch machst, denn Gottes Wille ist es, dass wir einander geistlich erbauen. Alle andere Erkenntnis bläht auf, aber die Liebe baut auf.
Schlussgebet: Um Demut und Liebe im Umgang miteinander
Ich bete mit uns:
Himmlischer Vater, danke, dass du uns in deinem Wort zeigst, wo wir Freiheit haben und auch Grenzen gesetzt sind. Danke vor allem, dass dein Wort uns Weisheit lehrt.
Wir wollen dich bitten, dass du uns hilfst, demütiger, barmherziger und geduldiger mit dem umzugehen, was wir im Hinblick auf unsere Geschwister verstehen.
Herr, hilf uns, eine Gemeinde zu sein, die immer mehr davon geprägt ist, einander geistlich Gutes zu tun. Hilf uns, dass wir alle vor allem das Anliegen haben, dir zu gefallen und deine Gemeinde zu erbauen, denn du bist würdig aller Anbetung.
Schenk uns eine wachsende Liebe für dich und daraus fließend eine Liebe für die Menschen, die du in Jesus Christus geliebt hast. Hilf uns zu erkennen, was das ganz konkret für unser Leben bedeutet.
Herr, wende diese Wahrheiten auf unsere Herzen an, damit wir richtig denken, fühlen und leben. Amen.