Einführung in die Ermahnung und Gemeinschaft in Christus
Philipper 2, Verse 1 bis 11:
Ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe, so macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid.
Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst.
Wenn man das so liest, ist das oft schwer verständlich, denn jedes dieser Worte, jeder dieser Satzteile sind gewissermaßen Keulenschläge, die unsere Selbstaufgabe fordern.
Wir müssen immer bedenken, wenn wir die Bibel lesen: Wenn man sagt, ich habe das schlecht verstanden, dann sind das keine Sprachprobleme, sondern Sachprobleme.
Wenn man so darüber nachdenkt, sieht man, dass jeder nicht auf das Seine schauen soll. Was haben wir den ganzen Tag über getan? Wir haben doch meistens nur auf das Eigene geschaut.
Und da ist plötzlich schon alles umgestürzt. Jeder soll nicht auf das Seine sehen, sondern auf das, was dem Anderen dient.
Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht.
Das Beispiel Jesu als Vorbild der Demut
Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, gottgleich zu sein. Stattdessen entäußerte er sich selbst und nahm die Gestalt eines Knechts an. Er wurde den Menschen gleich und erschien als Mensch.
Er erniedrigte sich selbst und war gehorsam bis zum Tod, ja sogar bis zum Tod am Kreuz. Deshalb hat ihn auch Gott erhöht und ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist.
So sollen sich im Namen Jesu alle Knie beugen – die im Himmel, auf Erden und unter der Erde. Und alle Zungen sollen bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.
Die Rolle der Kritik in der heutigen Zeit
Lassen Sie mich zuerst mit einer Zeitbeobachtung beginnen. Seit vielleicht 25 Jahren ist unsere Zeit, wenn ich das richtig beobachte, von einem Wort geprägt – einem Modewort: Kritik. Kritik wurde als die Lösung aller Probleme entdeckt. Man müsse nur richtig mit Kritik umgehen.
Sie erinnern sich vielleicht noch daran, wie in den Siebzigerjahren auch in Württemberg eine „kritische Kirche“ gefunden und organisiert wurde. Oder wie das eigentlich durchging: Es wurden alle Bereiche der Erziehung kritisch hinterfragt – kritische Erziehung, kritischer Kindergarten. Überall wurde gefragt: Was ist denn eigentlich überhaupt dran?
Nun weiß ich ja auch, ich bin ja auch ein Mensch, der seinen Verstand benutzen kann, dass in der Kritik etwas sehr Gutes steckt. Dass wir Dinge hinterfragen, forschen, dass es keinen Stillstand in der Wissenschaft gibt und wir immer den Dingen auf der Spur sind. Aber damals ging es um etwas ganz anderes. Da wurde die Kritik zum Lebensinhalt.
Vergesst das nie: Einige Freunde aus der Jugendarbeit brachten damals einen jungen Mann zu mir. Er hatte einen schrecklichen Nervenzusammenbruch gehabt. Dann kam die Geschichte heraus: Er hatte mit großer Freude, solange er ins Gymnasium ging, die ganzen Missstände aufgedeckt. Danach machte er ein diakonisches Jahr und deckte die Missstände in der Diakonie und besonders in der Kirche auf.
An einem Wochenende sagte man dem armen jungen Mann, er solle doch, ich glaube, er musste nicht einmal die Gruppe von Kindern allein in einem Kinderheim betreuen. Doch diese Aufgabe überforderte ihn so sehr, dass er einen Nervenzusammenbruch bekam. Er war der Aufgabe einfach nicht gewachsen. Aber vorher konnte er alles beurteilen, alles kritisch auseinandernehmen – mit einer Leidenschaft, die Sie als junge Leute kennen, wenn sie oft mit Feuereifer gegen den Professor oder die Eltern vorgehen.
Wenn Sie heute mit jungen Leuten über dieses Thema reden, sagen sie oft: Ja, das ist doch wichtig, wir müssen noch die Missstände aufdecken. Ich denke jedoch, dass Kritik nicht mehr erreicht hat, als dass sie zerstört hat. Diese totale Kritik hat eigentlich nichts Positives bewirkt.
Eltern ducken sich vor ihren Kindern, verschwinden unter dem Tisch und sagen, die hätten doch nur frech vorgespickt, weil sie keinen Mut mehr haben. Man bringt sich in Sicherheit. Was Koloman gesagt hat, trifft zu: Diese Revolution hat erreicht, dass mit Kritik fast alle Mauern gefallen sind, wie einst bei Jericho. Fast nichts hält mehr stand.
Das stimmt, denn man kann alles kritisieren. Warum hat der andere so eine „blöde“ Nase? Warum guckt der so komisch? Man kann wirklich alles kritisieren und nimmt der Kritik damit das Feuer, wenn man nicht weiß, wofür man sie eigentlich einsetzt.
Das ist auch wichtig, denn wir leben in einer sehr nihilistischen Zeit, die einen entmutigt. Oft weiß man gar nicht mehr, wo das Positive bleibt. Wir sehen alle sehr schnell die Fehler. Das ist für mich kein Kunststück. Ich sehe hundertmal schneller die Fehler als das Positive. Das ist eine Eigenschaft meines Herzens, unter der ich leide.
Vielleicht sind Sie anders programmiert. Wir sehen sehr schnell die Fehler und sind schnell dabei, sie aufzudecken und auszusprechen, weil wir denken, das sei heilsam und gut. Ich bezweifle jedoch, dass das Aufdecken von Fehlern jemals etwas Positives bewirkt hat.
Auch heute in unseren Medien – da kann man sagen, dass manche Missstände in der Politik aufgedeckt wurden. Ich weiß nicht, ob man dabei nicht oft das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hat. Viel mehr wurden Verdächtigungen ausgestreut, die haltlos waren, als dass man ab und zu mal etwas Richtiges kritisiert hätte.
Ich habe große Fragen, ob nicht auch das ganze Vertrauen zwischen den Generationen zerstört wurde, indem eine Skepsis geschürt wurde, die dazu führt, dass junge Menschen am Ende nicht mehr wissen, wo sie stehen.
Ich habe mich gefreut, wie wir mit Angola diese Verbindung hatten. In Heidelberg habe ich wieder Kontakt mit einer Frau von Bayer aufgenommen. Sie gehört zu den größten Psychotherapeuten. Sie und ihr Mann, beide sehr berühmte Professoren der Psychiatrie und Psychologie, sagten schon früher: Das Schlimme für den heutigen jungen Menschen ist, dass er nicht mehr weiß, wo er im Kosmos seinen Platz hat.
Ihm wird ständig beigebracht, er dürfe alles in Frage stellen, aber keiner gibt ihm mehr einen Platz, an dem er stehen kann und sagt: Hier stehe ich, das bin ich, das ist mein Wert, das ist mein Können.
Er weiß nicht einmal mehr, was sein Abitur wert ist, selbst wenn er sein Studium schafft. Was bin ich eigentlich? Er kennt sich selbst nicht. Und er maßt sich an, über alles zu richten – über Gott und die Welt.
Und wenn er dann die kleinste Schwierigkeit hat, bricht er zusammen und hat keinen Halt mehr. Er hat nirgendwo mehr eine Geborgenheit in unserer Welt.
Die biblische Alternative zur Kritik: Ermahnung als Ermutigung
Deshalb ist es für mich interessant, dass die Bibel eine ganz andere Art der Auseinandersetzung kennt als die Kritik. Sie spricht vielmehr von der Ermahnung. Ich wollte Ihnen das zuerst ausführlich darstellen, denn die Bibel hätte ja einen Grund, den Menschen rundheraus zu verurteilen. Sie sagt nicht: „Du gottloser Versager, du verlorener Mensch, du mit vielfältigen Enttäuschungen und Untreue.“ Das macht Gott niemals.
Auch im Neuen Testament, wo eine Gemeinde voller Fehler und Mängel beschrieben wird, gibt es im Grunde nur eine Ermahnung. Wir sollten uns daher fragen: Was ist biblisch gesehen diese Ermahnung? Oft denken wir bei „Ermahnung“ an den Zeigefinger – das liegt an der deutschen Sprache. Schauen wir aber ins Griechische, steht dort etwas anderes dahinter.
Dasselbe Wort wird zum Beispiel in Johannes 14 verwendet, wenn vom Heiligen Geist die Rede ist. Dort heißt es in der Lutherbibel „der Tröster“. Das Wort „Tröstung“ wird bei uns oft so verstanden, als würde man einem Menschen nur oberflächliche Worte sagen, um Wunden zuzuschmieren. Doch was ist wirklich gemeint? Es ist ein Mutmachen. Man spricht einem anderen etwas Positives zu und zeigt ihm, was möglich ist.
Das ist wie bei Kindern: Wenn ein Kind Angst hat, aber gerne über eine Mauer klettern möchte, sagt man: „Komm, ich nehme dir die Hand, dann kannst du da oben rüberlaufen.“ Genau das ist der christliche Dienst der Ermahnung. Es geht nicht darum, mit dem Zeigefinger zu mahnen, sondern – mit dem theologischen Fremdwort Paraklese – jemanden zu ermutigen. Paulus benutzt dieses Wort für die Ermutigung, einem Menschen zuzusprechen: „Schau doch mal, so schlecht bist du gar nicht.“
Stellen Sie sich vor, Sie kommen in eine Familie, in der alles voller Streit und Tränen ist. Dann sagen Sie: „Jetzt wollen wir doch mal anfangen, wir wollen die Familie nicht mehr auseinanderreißen, sondern mit der Vergebung Gottes neu beginnen, einander achten.“ Sie sprechen Mut zu und sagen: „Ihr könnt auch miteinander leben, deshalb muss man die Ehe nicht aufgeben.“ Sie machen den Leuten Mut und zeigen ihnen, wie Jesus hilft.
Im Namen Jesu Mut zu sprechen ist gerade in den Schwierigkeiten des Lebens wichtig. Ich darf einem Menschen sagen – und das hat Jesus ganz besonders getan: Du kannst ein neues Leben beginnen. Und ich helfe ihm, die ersten Schritte zu gehen.
Das erinnert mich an meine Kindheit: Als Baby habe ich in einer Garage in der Wannenstraße das Laufen gelernt. Meine Eltern haben immer gesagt, dass ich dort das erste Mal ohne Hilfe gelaufen bin. Man muss lernen, die Schritte zu tun, und die Eltern sind da, um zu loben und zu ermutigen. Das bleibt im Leben so. Haben Sie schon einmal Ihr Kind gelobt? Erwachsene brauchen das noch viel mehr.
Menschen, die scharf kritisieren, sind oft die empfindlichsten. Sie dürfen nichts falsch machen, ohne beleidigt zu sein. Kritisieren Sie niemals einen Journalisten – er wird es Ihnen übelnehmen. Solche Kritik ist ein heikler Punkt, denn jeder Mensch ist sehr empfindlich. Oft ist es nur ein Schutzpanzer, den jemand um sich legt.
Wer seine Geborgenheit im Herrn Jesus hat, kann dennoch keinen Kritiker überzeugen. In unserer Welt sind Trösten und Mutmachen wichtig. Das ist ein Amt des Heiligen Geistes. Der Paraklet in Johannes 14 kann mit verschiedenen Worten übersetzt werden: Beistand, Fürsprecher, Anwalt. All das bedeutet, einem Menschen zuzusprechen: „Es ist gut.“
Wenn Sie mit einem Menschen zusammenkommen, dessen Leben zerbrochen ist, sind Christen nicht diejenigen, die sagen: „Du bist verkommen, ein Versager, böse.“ Nein, wir sagen: Heilung ist möglich! Egal ob jemand drogensüchtig ist, die Ehe gescheitert ist, im Unglauben verharrt oder sagt: „Ich kann nichts mehr ernst nehmen.“ Wir sagen: Dein Leben kann wunderbar neu werden, weil Christus eine große Zukunft schenkt.
Das ist die biblische Ermahnung. Wir haben kein Gesetz mehr, das Forderungen an die Menschen stellt, sondern diesen Zuspruch, diese Ermahnung als Kennzeichen der Gemeinde. Und das sollten wir miteinander tun.
Es ist wichtig, sich zu überlegen, wann man den anderen in einem Moment erreicht, in dem man sagen kann: „Du, das war nicht ganz ideal, aber wir können das auch anders angehen.“ Dann kommt das beim anderen besser an. Wir sollten einander Tipps geben, wie man es von Christus her machen kann.
Immer ist es eine große Zukunft für einen Menschen. Jesus hat nie Menschen in Schubladen gesteckt – Zöllner hier, Hurer dort – sondern jeden Menschen als Person geliebt. Er sagt: Das Unrecht kann weggenommen werden und der Mensch kann sich positiv entwickeln.
Das sollte auch heute so sein: In unserer Mitte sollte große Hoffnung leben. Darum sollten wir nie einen Menschen mit einem Begriff abwerten, auch nicht unsere Kinder oder Jugendlichen. Wir wissen: Wir wollen für sie beten, große Hoffnung haben. Und oft erleben wir, wie Jesus in kürzester Zeit eine gewaltige Veränderung bewirken kann.
Wenn wir für einen Menschen beten – auch wenn es streitsüchtige oder schwierige Menschen sind –, kann man oft schon beim nächsten Gespräch eine wirkliche Verwandlung bemerken. Man ist sprachlos. Das haben wir bei unseren Konfirmandengruppen erlebt: Sie bringen einen oft auf die Knie, aber dann sieht man, dass sich etwas ändert. Plötzlich ist alles ganz anders.
Man sieht die Liebe, wenn man sagt: „Ein armer Bursche, der von fremden Mächten gesteuert wird, aber den man lieben kann und den Jesus nicht aufgibt.“ Man kann ihm zeigen, dass das Leben besser und harmonischer werden kann. Niemand ist gezeichnet für immer.
Meine Kritik an Methadon ist, dass es keine Sanierung mehr ermöglicht. Wenn man Methadon gibt, gibt es keine Rehabilitation mehr. Für unsere Gesellschaft ist das schlimm, wenn man sagt: „Jetzt musst du ein Leben lang an der Spritze bleiben.“ Du bekommst vom Arzt etwas, es kostet nichts mehr. Aber im Grunde bedeutet das: Es gibt keinen Ausweg mehr.
Das Evangelium sagt: Aus jeder Verstrickung des Lebens gibt es einen Ausweg. Für Jesus gibt es keine unmöglichen Fälle, egal was es ist. Ich weiß, ich habe manchmal mit Gemeindegliedern zu tun, bei denen man denkt, es geht nicht mehr. Doch oft staunen wir, was Jesus mit seiner heilenden Kraft noch bewirken kann.
Darüber wollen wir nicht mit anderen reden, sondern mit Jesus. Das ist die Ermahnung: Bitte nichts mit dem Zeigefinger, sondern ein positives Zusprechen. So wie ich sage: „Adel verpflichtet“, oder „Nutze deine Chancen“, oder „Du hast es doch“, oder „Christus reicht es dir dar, und du darfst im Glauben darauf vertrauen, dass es neu wird.“
Natürlich geht das nicht von heute auf morgen. Es ist ein langsamer Heilungsprozess, so wie eine Genesung voranschreitet.
Ich kenne kein biblisches Recht auf Kritik. Wir nehmen nicht alles kritiklos hin, wir urteilen. Aber wir sprechen nicht alle Urteile lieblos aus, die wir im Kopf oder Mund haben. Wir müssen nicht jedem sagen, wenn wir etwas nicht gut finden.
Ermahnung ist positiv. Und das ist etwas Wunderbares: Wenn jemand begütigend und mutmachend sagt: „Das kann morgen schon ganz anders sein“, und wir rechnen einfach mit der Hilfe Jesu.
Gemeinschaft und Liebe als Fundament der Gemeinde
Das ist jetzt als Beispiel der Gemeinde Zusammenarbeit der Trost, der Liebe, die Gemeinschaft des Geistes. Christen sind sehr verschiedene Leute, Gott sei Dank, und die Gemeinden sind sehr vielfältig. Das soll auch gar nicht genommen werden.
Unsere Ansichten sind sicher sehr vielfältig, sei es bei kulturellen oder politischen Fragen. Es ist auch gar nicht erwünscht, dass alles einhellig ist. Aber wir haben eine Gemeinschaft des Geistes, in der wir in unserer Verschiedenartigkeit das suchen, was Jesus Christus will.
Wenn das in einer Gemeinde beherrschend ist, dann plappern wir nicht heraus, was uns vom anderen trennt. Stattdessen suchen wir das, was Jesus dem anderen positiv mitgeben will. Ich glaube, das ist jetzt so wichtig, dass wir zusammenkommen. Was können Sie heute Abend auch durch die Begegnung mit anderen, die Sie treffen, an Trost und Liebe weitergeben?
Mir waren letzten Dienstag sechs Leute im alten Bibelstündle unten um halb drei. Aber es freut mich so wahnsinnig, wenn Leute sagen: "Ich freue mich schon die ganze Woche wieder, wenn wir uns da treffen." Warum? Die Gemeinschaft, der Geist ist ein Stück Ermutigung. Das ist für die Leute ein Höhepunkt und für mich auch eine Beglückung, weil man sieht: Ich darf hier etwas weitergeben. Vielleicht ist darüber auch Freude im Himmel.
Sie wissen, Sie rufen jemanden an, trotz der Telekom-Reform oder was, und sagen noch einen Gutenachtgruß: "Ich denke an dich, wie geht es dir heute?" Das ist so wunderschön – der Trost der Liebsten, die großen Taten im Himmelreich. Darum bitte das nicht als kleine Dinge ansehen. Da kommt oft mehr rüber als in mancher Predigt, die gehalten wird.
Deshalb braucht man nicht die Predigt abschaffen. Man muss einfach wissen, dass das ganz wichtige Dinge sind. Jesus hat die kleinen Dinge des Lebens nicht unwichtig genommen. Die Gemeinschaft des Geistes, die herzliche Liebe – das ist immer wieder ja gefährlich. Natürlich darf man im Brief herzliche Glückwünsche so sagen, aber ob es wirklich von Herzen kommt, das spürt man ebenso schnell.
Es ist nicht der Gebrauch des Wortes, sondern ob wir wirklich füreinander einstehen und aneinander denken. Da sind wir einander so sehr schuldig, weil wir das oft nur routinemäßig machen. Sie spüren immer wieder, was von Herzen kommt.
Ich freue mich auch an so viel unendlich viel Liebe und Freundlichkeit, die Sie mir immer wieder erweisen. Deshalb möchte ich Ihnen danken, das ist so etwas Wunderbares. Das ist immer Gemeinde. Es ist so schön, weil man diese Liebe wie sonst nirgendwo in der Welt spürt, diese Gemeinschaft. Wo man da ist, ist das etwas Herrliches.
Ich bitte Sie auch immer wieder: Verstecken Sie sich mit Ihren Krankheiten nicht, sondern sagen Sie es anderen. Ich habe es natürlich auch wieder vergessen, dass Frau Metzger wieder im Krankenhaus liegt, aus Esslingen oder so. Manche kennen sie ja, wenn sie immer da vorne saß in der Kirchenbank. Aber das ist für die Leute so wichtig – bloß ein Anruf oder eine Postkarte. Dieses Spüren, dieses Mittragen, dieses Mitempfinden.
Unsere Frau Wörner, die den Bierwagen geschrottet hat, dagegen gelaufen ist oder so etwas – es ist einfach wichtig, dass man gerade so einsamen Alten auch spüren lässt: Du bist nicht vergessen. Sie haben so viele Menschen um sich. Die Welt ist so liebelos, und das ist der Dienst der Christen, das Allerschönste – einfach mal ganz schlichte Liebe und herzliche Anteilnahme spürbar werden zu lassen.
Das ist keine Frage der Zeit, wie viel Zeit man dafür gibt, sondern oft eine Frage, ob man es überhaupt merkt, ob man es überhaupt spürt, dass man einen anderen mitträgt.
Ich finde es auch so schön, dass da immer wieder Raum ist, auch in unseren Versammlungen. Die haben sich ja vorher so gefreut, wo sie aufeinander zugehen. Tun Sie es selber, wenn Sie sagen: „Mich hat aber niemand begrüßt.“ Dann gehen Sie einfach auf jemanden zu und tun Sie das, weil das so schön ist. Das macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, aber nicht einförmig.
Das werden wir auch noch mal mit Johannes 17 besprechen. Was wirklich Jesus will, das war nie in der Bibel, dass wir eine Organisation sein müssen oder gleiche Gedanken haben müssen oder vereint werden müssen in irgendwelchen Ansichten. Sondern wir sollen einen Sinn haben, den Sinn Jesu in der ganzen Verschiedenartigkeit.
So wie wir jung und alt verschiedene Interessen haben, Frau und Mann eben nicht gleichwertig, aber nicht gleich sind, sind wir sehr verschieden. Aber wir haben einen Sinn – den Sinn der Liebe, der Geduld und der Freundlichkeit. „Gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid.“ Das ist es, was in einer Gemeinde wichtig ist.
Ich bin Ihnen so dankbar, wenn uns Gott das erhält. Es ist wunderbar, dass wir das miteinander suchen. Lasst uns am Sonntag immer nur den suchen, der neu ist, der noch nicht dazugehört. Unser Anliegen muss sein: Der, der fremd ist und mit einer Last herkommt, soll an diesem Tag Erquickung erfahren.
Ich möchte mich jetzt nicht um die kümmern, die ich schon kenne, sondern mal schauen: Ist da jemand, der meine Zuwendung braucht, der diese Liebe nötig hat, weil er aus großer Not kommt und sehr verzweifelt ist? Ich möchte Ihnen danken, dass Sie immer wieder da hinüberspringen über einen Graben und irgendjemandem das spüren lassen. Das freut mich immer wieder.
Das ist die Kraft der Gemeinde. Die urchristliche Gemeinde hatte das schönste Evangelisationsmittel. Das waren nicht Plakate oder Lautsprecher, sondern die Liebe. Das haben die Leute gespürt, wenn sie am Waschplatz waren oder miteinander palaverten, auf der Straße sich trafen. Da war eine ganz wunderbare Liebe spürbar zu den anderen Menschen.
Das wirkt viel tiefer als alle Traktate und alles, was wir in die Hand drücken. Die Menschen haben ein ganz feines Gespür dafür. Einer hat mir das am Sonntag erzählt, es war ganz frisch. Er müsste es hier mal erzählen. Er sagte, er hat die Arbeitsstelle bekommen, weil der Chef von ihm, ein Nachbar mit Christen direkt daneben, die immer einen Hauskreis haben, gesagt hat: „Ich habe mich immer interessiert.“ Dann hat er gesagt: „Wenn Sie einen haben, unser junger Mann hat gerade gesucht und ist ein treuer Mitarbeiter.“ So hat er eine wunderbare Stellung bekommen.
Er sagt: Der Chef kommt zu Ihnen und sagt: „Das möchte ich eigentlich mal wissen: Was ist das Leben?“ Da können Sie ganz wunderbare Gespräche führen. Das war einfach mal so ohne große Sache ausgestrahlt.
Sie wissen, dass ich behaupte, man muss das Evangelium auch verkündigen. Trotzdem gibt es ein vorbereitendes Zeichen der Liebe, das ganz entscheidend wichtig ist – bei uns in den Häusern hin und her und in der Begegnung mit Kollegen und Freunden.
Die Herausforderung des Eigennutzes und der Demut
Und nun kommt das Nächste, wo ich sage: Das sind Keulenschläge, tut nichts aus Eigennutz. Das ist so schlimm, dass unser Wesen, unsere natürliche Art das alles nicht kann. Deshalb kann man kein Christ sein ohne Bekehrung.
Bekehrung ist ein dauerhafter Prozess bis zum Sterben, bei dem das alte Wesen überwunden werden muss. So wie es in mir kocht, der Hass ausbricht oder ich leidenschaftlich reagiere, muss die Art Jesu immer wieder Platz in mir finden. Und das kann ich nur tun, indem das Wort Jesu mich trifft, mich erneuert und Christus von innen in mir Raum gewinnt.
Tut nichts aus Eigennutz. Der Eigennutz sitzt so tief in mir drin. Es ist ja ganz schwierig, dass heute das Leitbild ist, sich selbst zu verwirklichen. Das ist ja eigentlich ein eigennütziger Ansatz. Es soll sich keiner verkrümmeln und so, aber jetzt muss man es in einem Zerrbild sehen, das wäre klar.
Der Eigennutz als solcher ist keine Möglichkeit, mein Jesusleben darzustellen. Und es ist auch heute ganz wichtig – ich wollte immer wieder auf unsere Gemeindefreiheit hinweisen – dass wir oft den Versuch machen, über diese menschlichen Seiten der Jesusnachfolge zu sprechen: Wie sieht das in der Familie aus? Wie im Umgang mit der Wahrheit oder mit dem Geld und so weiter?
Ganz wichtig ist, dass mein Christsein, da leite ich ja selbst daran, unser geistliches Leben betrifft. Dort will Christus Raum gewinnen, in dem mein Eigennutz nicht das Wichtige ist, sondern der Herr. Was bringst du mir an diesem Tag? Womit kann ich dir dienen? Verfüge über mich, ich möchte mein Leben dir zur Verfügung stellen.
Und das ist dann ganz gleich, ob man sagt: Ich gehe in die Diakonie oder in die Mission oder ich bleibe zu Hause. Das Jesusleben wird immer dasselbe sein. Und da läuft manchmal an einem Tag alles ganz anders, als man geplant hat.
Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen. Da sind wir heute ganz besonders geplagt, dass wir alles im Grund immer gerne als Demonstrationsobjekt sehen. Es ist immer ganz toll, wenn man sagen kann: Bei uns ist alles ganz super, bei uns kann man lernen, wie man alles macht.
Ich weiß, das tut wahnsinnig weh, wenn man auch erleben muss, dass man fertiggemacht wird, keine Rehabilitation empfängt, zu Unrecht womöglich noch, wenn man geschmäht wird und gesagt bekommt, es ist alles nichts. Doch das ist Wissen.
Und machen wir unsere Arbeit wirklich dann auch noch so, auch wenn wir keine Anerkennung kriegen, kein Lob – um Christi willen? Das ist so schwer. Ich gehe meinen Weg unverrückt, weil die Ehre eh eitel ist.
Das mit der Ehre ist ja etwas Korruptes in unserer Welt. Was ist das überhaupt, diese Beweihräucherung? Jesus hat sehr deutlich gesagt: Es gibt nur eine Ehre im Himmel. Und sonst haben wir unseren Lohn dahin, wenn wir die Ehre von den Menschen nehmen.
Hier wird überhaupt kein Wert darauf gelegt, von irgendjemandem gelobt zu werden. Und heute ist das so ein Suchen: Komme ich beim modernen Menschen an oder so? Da ist es doch schon unmöglich, dass der Herr noch Segnungen geben kann.
Und dass wir Zahlen so immer wieder hochhalten, dass da etwas gelungen war, weil es überfüllt war – das ist ja schön. Freuen wir uns doch. Aber ich kann es auch so nehmen, nachdem ich alles prüfe.
Es gibt viele Dinge, die im verborgenen Stil anfangen und unbeachtet von der Welt sind. So waren meist die großen Dinge. Und erst recht eine Zeitung kann das nicht verstehen.
Ich war so froh, dass kein Wort in der Zeitung vom Jugendmissionstag drin war. Es hätte bloß wirklich daneben gehen können. Deshalb muss der Herr wissen, wo er Fruchtreifen lässt. Wir wollen doch nicht darauf schauen, als ob das ein Wert an sich wäre.
Die Ehre ist eitel. Sondern in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst. Da ist ein ganz herrlicher Maßstab an Sie gelegt: Tun Sie das im Begegnnen, dass Sie sagen, der andere ist viel wichtiger als ich.
Übrigens ist das auch schon die Antwort auf die biblische Frauenfrage, ob der Mann oder die Frau. Wer da behauptet, dass es beim Paulus eine Abwertung der Frau gebe, liegt völlig falsch.
Das ist nicht bloß Achtung, sondern für Paulus – und das wissen Sie – ist es, wie es auch in einer harmonischen Ehe selbstverständlich ist, dass einer dem anderen sich darunter gibt: Seid einander untertan in der Furcht Christi, einer dem anderen, auch der Mann der Frau.
Ich habe noch nie bei einer Trauung gesagt, dass der Mann das Haupt sein soll, weil es manche Missverständnisse gibt, die untragbar sind. Und es gibt schreckliche Despoten, die Frauen manchmal wahnsinnig diskriminieren.
Auf dem Missionsfeld entstehen furchtbar viele Nöte, wenn man sagt: Ja, es kann nur ein Mann die Leitung haben. Oder: Dürfen Schwestern nicht predigen? Sagen Sie mal, wirklich?
Ist das alles vom Teufel? Oder in Liebenzell, wo Schwestern ganze Bibelstunden halten? Aber man muss noch einmal sehen: Ich möchte jetzt keine lange Diskussion machen.
Ich glaube nur, dass manches auch bei uns außen Gewicht hat. Wir sind keine Feministen, da ist alles verkehrt und da schlüpfen Frauen in Männerrollen. Mir geht es einfach darum, den anderen höher zu achten als mich selbst.
Und wenn ich mich einmal mit meinen Mängeln und Fehlern seiner Würde bewusst werde, dann fällt mir Kritik gar nicht mehr so leicht. Und wenn ich den anderen so hochsehe, dann ist es wunderbar, wenn Sie jedes Mal, wenn Sie in eine Versammlung bei uns kommen, vorher besinnen, wo einer ist, der im Leben zu kurz gekommen ist.
So hat Paul Deidenbeck immer gesagt: Den, der zu kurz gekommen ist im Leben, dem kann ich an dem Abend Mut machen und das Wort sagen. Die Gemeinde ist eine Heimat für die, die im Leben zu kurz gekommen sind.
In der Welt würden Sie nach Rangordnung und Leistung beurteilt werden. In der Gemeinde soll der Schwache und der Bedrängte Ehre empfangen. Und es ist nicht wichtig, wie ich herauskomme oder wie der andere herauskommt.
Ich möchte ja sagen, weil ich das Ihnen gar nicht predigen muss, dass ich immer wieder bei vielen von Ihnen sehe, wie viel Dienstbereitschaft hier da ist – in einer ganzen stillen Liebe.
Was ich hier oft erlebe, was Sie alles auch schon in der Küche und anderswo machen, ohne dass Sie auf ein Wort warten – das ist so wunderbar, weil Jesus Sie dann segnen kann.
Und wenn Sie dieses Geheimnis entdeckt haben: Ich bin in den Fußstapfen Jesu und bin gesegnet.
Die Herausforderung der Selbstlosigkeit im Alltag
An jedem sollte nicht nur auf das Seine sehen. Eigentlich habe ich den ganzen Abschnitt, aber wir teilen ihn wieder in zwei Hälften. Ich glaube, wir kommen viel besser voran, wenn wir es langsam angehen. Dann haben wir beim nächsten Mal, also übernächstes Mal, also in 14 Tagen, noch einmal eine schöne Gelegenheit, gemeinsam das schöne Lied von Jesus zu lesen: „Ein jeder sehe nicht auf das Seine.“
Ja, aber das liegt mir so sehr am Herzen. Meine eigenen Dinge bewegen mich doch sehr. Das ist ja schon in einem Gespräch interessant. Wissen Sie, was gute Unterhalter sind? Die besten Unterhalter sind gute Zuhörer. Das ist klar, sie reden nicht selbst viel. Sie müssen nur wissen, wie sie den anderen zum Reden bringen können. Dafür braucht man ein bisschen Menschenkenntnis.
In der Johannesgemeinde, in der ich als Kind aufgewachsen bin, hat mir meine Mutter das schon mitgegeben: Ein guter Seelsorger redet kaum, er hört immer nur zu. Das ist ja klar. Es ist ein ganz großer geistlicher Dienst, dem anderen nicht den Kopf zu verdrehen. Bei vielen Menschen ist die Erklärung schon da, wenn man es vor Gott losgesprochen hat – vielleicht betet man einfach miteinander, herrlich!
Ich denke, wenn Sie sehen, was den anderen bewegt, wo er überhaupt schon Gelegenheit hatte, seine Dinge zu sagen, dann ist das etwas ganz Wunderbares. Es ist wichtig, überhaupt zu spüren, was den anderen bewegt.
Das Herz als Festung und die Notwendigkeit der Bekehrung
Jetzt möchte ich zu den Versen 1 bis 4 noch etwas sagen. Unser natürliches Wesen, das wir alle haben und das trotz unserer Glaubensfreude bis zum Sterben anhängt, ist, so sagt es Oswald Sanders, der große Missionstheologe der Überseeischen Missionsgemeinschaft China Inland Mission, zu diesem Abschnitt: Das ist eine Festung. Mein Herz, mein böses Herz, meine Lebensart ist eine Festung.
Die Glaubensprobleme beginnen nicht wegen irgendwelcher Verstandesprobleme, sondern es ist immer die Frage: Möchte ich, dass Jesus wirklich in meinem Leben ist? Ich kann Ihnen sagen, das Jesusleben ist voller Freude und Frieden. Das sieht vielleicht so aus, als müsste man verzichten oder gar in der Welt missachtet werden. Im Gegenteil, Sie haben die volle Rehabilitation bei Gott. Sie haben zum ersten Mal in Ihrem Leben die Gewissheit: Gott ist bei mir. Was können mir Menschen tun?
Freude ist das Leben. Es gibt keine Spannungen und keine Krise dieser Welt, die Sie damit nicht bewältigen können. Gerade die Probleme mit ganz schwierigen Menschen, mit denen Sie zusammenleben, werden deshalb so schwer, wenn wir meinen, es sei unser Recht, zurückzuschlagen oder dem anderen auch eins auszuwischen. Ich weiß ja, ich bin oft schwach und ich versage. Ich muss wissen, dass ich mir selbst mein Leben dadurch zerstöre.
Was ich hier sage, predige ich nur mir selbst. Deshalb kann ich es vielleicht recht anschaulich sagen, weil ich es an mir selbst sehe. Aber ich möchte es Ihnen sagen, weil es bei Ihnen keinen Deut anders ist. Und das ist so ein Geheimnis: Wenn Sie diese Jesusnachfolge leben, dann gehen Ihnen die Herzen von Menschen auf.
Ich meine immer wieder, wenn ich mit Menschen rede, die zum Glauben gekommen sind, war es immer zuerst durch Menschen, bei denen so ein Lichtschein der Liebe hineinfiel. Es ist gar nicht das Wissen, das haben oft Leute irgendwo auch mitbekommen und sie haben schon oft Verkündigung gehört. Wie kann dieser Lichtschein ins Leben eines Menschen hineinfallen, so dass jemand wirklich spürt: Der andere hat für mich gesorgt, ich brauche keine Angst haben?
Ich erzähle keine Geschichten. Aber ich würde einfach bitten, wenn mal Leute wieder Mut haben. Und es gibt so viele Menschen, die in großer Not waren, genau so war es auch bei mir. Dort habe ich erfahren, dass mir jemand jahrelang in großer Geduld nachging. Das hat mich zum Schluss zum Hören auf den Glauben wiedergebracht.
Dieses Suchen für den anderen ist so ungeheuer, weil es in unserem Wesen völlig fremd ist. Es ist uns angeboren, für uns selbst zu sorgen, aber nicht für den anderen. Es ist mir immer wieder komisch, dass in unserer Welt heute all die Begriffe so hoch geschätzt werden, und man sagt Solidarität – aber das gibt es doch nicht.
Glauben Sie, dass es Solidarität gibt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in unserer Gesellschaft wirklich irgendwo einzulösen wäre, auch nicht im Rahmen der deutschen Einigung. Ganz bestimmt nicht. Auch dass wirklich jemand sagen würde: Ich bin bereit, höhere Lasten für andere zu tragen. Da muss schon eine große Bekehrung im Herzen passiert sein.
Deshalb glaube ich, dass man es nur ganz allein leben oder in der Gemeinschaft mit Christen sagen kann: Wir wollen das einfach tun. Ich habe immer auch dieses Bewegende, und das lasse ich mir von niemandem nehmen: Wenn Frau Wethel und ich zusammen etwas tun, spüren wir immer wieder die Liebe der Menschen, die sich für andere selbst verzehren.
Da gibt es Leute, die essen den ganzen Monat kein Fleisch, nur damit sie noch ein bisschen etwas opfern können – selbst als Rentner oder so. So bewegend ist das wirklich, diese Jesusliebe. Nicht, dass hier jemand verkrampfen soll, sondern es ist die Ehre und die Freude der Menschen.
Und das ist bis ins hohe Alter eigentlich gar nicht das Gesetz, sondern die Freude der Hingabe – so wie eine Mutter für ihr Kind es tut. Glauben Sie, eine Mutter täte es um des Lobes willen? Nein. Zum Glück gibt es Mütter, die für ihre Kinder alles tun. Und egal, selbst wenn ein Kind straffällig oder kriminell geworden ist, sagt sie: Mein Kind bleibt mein Kind, für das sie liebt und wacht.
Diese Jesusart soll in uns Raum gewinnen – für die anderen, dass wir sie lieben und nicht beurteilen und sie auch nicht verachten. Es kann schon einen Herzunterton geben. Ich sage ja schon, das kann manchmal so sein, wenn wir das Wort „Außenstehende“ gebrauchen. Es kann schon ein arrogant-hochmütiges Wort sein. Aber das sind unsere Freunde, die kommen, das sind Menschen, die wir lieb haben, auch wenn sie uns Not machen.
Also, wenn sie uns vielleicht verhöhnen, wollen wir ihnen die Jesusliebe geben, so wie Jesus auf sie zuging. Billy Graham hat es damals in seiner Verkündigung so schön gesagt, als einer den Aidskranken in den Arm nahm, um ihm die körperliche Nähe spüren zu lassen.
Sie müssen nur das tun, was Sie wirklich können, von Herzen. Aber es gibt da manche Dinge, bei denen man sagt: Ich lebe nicht aus der Angst, sondern ich lebe aus dem Glauben. Und es ist ein bereicherndes Leben.
Abschluss und Ausblick
Jetzt habe ich Ihnen gar keine Geschichte erzählt. Ich würde Ihnen gerne wieder Geschichten erzählen, das machen wir dann das nächste Mal. Die ganze Reihe ist aufgeschrieben, Lebensbilder. Aber damit würden wir wieder von unserem kleinen Leben weggehen und uns auf große Leute konzentrieren.
Ich denke jedoch, dass es so groß ist, dass Sie das schaffen. Manchmal im Haus, wenn Sie viel Unrecht ertragen müssen, oder im Geschäft, wenn Sie sagen: „Der behandelt mich wirklich wie den letzten Dreck.“ Dann dürfen Sie einfach in ganzer Ruhe und Gelassenheit diesen Dienst tun und für einen Menschen beten.
Mir hat das damals sehr geholfen. In den Jahren 70, als Sie da waren, haben wir 1971 mit diesen Vierergruppen begonnen. Dort haben wir viele Gespräche geführt, und das war eine ganz wichtige Zeit für unsere Gemeinde.
In so einer Runde hat Hans Bürki aus der Schweiz, nicht der Bürki, der die Bücher geschrieben hat, sondern ein CVM-Bürki mit G, damals ganz schlicht gesagt: „Wir gehen oft in solche Versammlungen oder zu Menschen, die uns Angst machen, weil wir vielleicht schon einmal von ihnen fertiggemacht oder verspottet wurden. Dann sind wir gleich in der Abwehr und eine Mauer ist aufgebaut.“
Er gab mir einen Tipp, den ich nie vergesse: „Bete doch in der Stille für diese Leute, die dir Not machen, segne sie im Namen Jesu. Dann geh hin und sprich mit ihnen. Du hast keine Angst mehr, du brauchst nicht aufzubrausen, du kannst gelassen sein und etwas von der Sanftmut und Güte Jesu bezeugen.“
Das ist eine innere Denkweise, eine Revolution, die uns entthront.
Ich bin jetzt länger geworden, aber vielleicht hat es sich gelohnt. Es ist bildhafter geworden, und wir haben noch ein Lied.