Die verbotene Beute und die Niederlage bei Ai
Aber die Israeliten vergriffen sich an dem Gebannten. Denn Achan, der Sohn Karmis, des Sohnes Saptis, des Sohnes Sirachs vom Stamm Juda, nahm etwas vom Gebannten. Daraufhin entbrannte der Zorn des Herrn über die Israeliten.
Jonah sandte Männer aus Jericho nach Hai, das bei Bedaben liegt, östlich von Bethel. Er sprach zu ihnen: „Geht hinauf und erkundet das Land.“ Als sie hinaufgegangen waren und das Land erkundet hatten, kehrten sie zu Josua zurück und sagten zu ihm: „Lass nicht das ganze Kriegsvolk hinaufziehen. Etwa zwei- oder dreitausend Mann sollten hinaufziehen und Ei schlagen, damit nicht das ganze Volk sich dorthin bemüht, denn ihrer sind so wenige.“
Sie zogen vom Volk etwa dreitausend Mann hinauf. Doch sie flohen vor den Männern von Ei, und die Männer von Ei erschlugen von ihnen etwa sechsunddreißig Mann. Sie hatten sie nämlich vom Tor bis zu den Steinbrüchen gejagt und am Abhang erschlagen.
Da verzagte das Herz des Volkes und war wie Wasser. Josua aber zerriss seine Kleider und fiel auf sein Angesicht zur Erde vor der Lade des Herrn bis zum Abend, zusammen mit den Ältesten Israels. Sie warfen Staub auf ihr Haupt.
Josua sprach: „Ach Herr, Herr, warum hast du dieses Volk über den Jordan geführt und gibst uns in die Hände der Ammoniter, dass sie uns umbringen? Oh, dass wir doch jenseits des Jordans geblieben wären! Ach Herr, was soll ich sagen, nachdem Israel seinen Feinden den Rücken gekehrt hat? Wenn das die Kanaaniter und alle Bewohner des Landes hören, werden sie uns umringen und unseren Namen von der Erde ausrotten. Was willst du dann für deinen großen Namen tun?“
Gottes Offenbarung der Sünde und die Aufforderung zur Reinigung
Da sprach der Herr zu Joshua: Steh auf! Warum liegst du da auf deinem Angesicht?
Israel hat sich versündigt. Sie haben meinen Bund übertreten, den ich ihnen geboten habe. Sie haben von dem Gebannten genommen, gestohlen, es verheimlicht und zu ihren Geräten gelegt. Darum kann Israel nicht bestehen vor seinen Feinden. Sie müssen ihren Feinden den Rücken kehren, denn sie sind dem Bann verfallen.
Ich werde hinfort nicht mit euch sein, wenn ihr nicht das Gebannte aus eurer Mitte tilgt.
Steh auf, heilige das Volk und sprich: Heiligt euch auf morgen! Denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Es ist Gebanntes in deiner Mitte, Israel, darum kannst du nicht bestehen vor deinen Feinden, bis ihr das Gebannte von euch tut.
Und morgen früh wird der Herr treten, ein Stamm nach dem anderen. Welchen Stamm der Herr treffen wird, der soll herantreten, ein Geschlecht nach dem anderen. Welches Geschlecht der Herr treffen wird, das soll herantreten, ein Haus nach dem anderen. Welches Haus der Herr treffen wird, das soll herantreten, Mann für Mann.
Und wer so mit dem Gebannten angetroffen wird, den soll man mit Feuer verbrennen, mit allem, was er hat. Denn er hat den Bundesherren übertreten und einen Frevel in Israel begangen.
Die Enthüllung von Achans Schuld und die Strafe
Und dann heißt es im Achtzehnten: Sie ging das durch, von Stamm zu Stamm, Vers achtzehn.
Und als er sein Haus, Herr Zutresen ließ, wurde Mann für Mann getroffen Achan, der Sohn Karmis, des Sohnes Saptis, des Sohnes Serachs, aus dem Stamm Juda.
Und Josua sprach zu Achan: „Mein Sohn, gib dem Herrn, dem Gott Israels, die Ehre und bekenne es ihm. Sage mir, was du getan hast, und verhehle mir nichts.“
Da antwortete Achan Josua und sprach: „Wahrlich, ich habe mich versündigt an dem Herrn, dem Gott Israels, so habe ich getan. Ich sah unter der Beute einen kostbaren babylonischen Mantel, zweihundert Lot Silber und eine Stange von Gold, fünfzig Lot schwer. Danach gelüstete mich, und ich nahm es. Siehe, es ist verscharrt in der Erde in meinem Zelt, und das Silber darunter.“
Da sandte Josua Boden hin, die liefen zum Zelt, und siehe, es war verscharrt in seinem Zelt und das Silber darunter. Sie nahmen es aus dem Zelt und brachten es zu Josua und zu allen Israeliten und legten es nieder vor dem Herrn.
Da nahmen Josua und ganz Israel mit ihm Achan, den Sohn Serachs, samt dem Silber, dem Mantel und der Stange von Gold, seine Söhne und Töchter, seine Rinder und Esel und Schafe, sein Zelt und alles, was er hatte, und führten sie hinauf ins Tor.
Achan und Josua sprach: „Weil du uns betrübt hast, so betrübe dich der Herr an diesem Tage.“
Und ganz Israel steinigte ihn und verbrannte sie mit Feuer. Als sie sie gesteinigt hatten, machten sie über ihm einen großen Steinhaufen, der bis auf diesen Tag geblieben ist.
So kehrte sich der Herr ab von dem Grimm seines Zornes. Daher nennt man diesen Ort Talachor bis auf diesen Tag.
Die Bedeutung der Herzensverfassung in der Geschichte
Aber ich glaube, es ist doch noch einmal Zeit für einen Liedvers. Darf ich noch einmal den Herrn Direktor Scheuermann bitten, dass wir noch einmal singen: Nun gehören unsere Herzen ganz dem Mann auf Golgatha.
Fünfundneunzig, damit wir hier hellwach sind, Fünfundneunzig in unserem Gesangbuch. Ein ewiger Glaube, da erweint meine Stärke, deine Wäsche, meine Treue, meine Träne.
Da verzagte das Herz des Volkes und ward zu Wasser. Es schlug ihnen aufs Herz, sie bekamen es mit dem Herzen zu tun. Also hier letztlich keine Kriegsgeschichte, auch keine Diebstahlsgeschichte, erst recht keine Lügengeschichte, sondern eine Herzgeschichte. So hat es mir einmal auch der Doktor vor einigen Jahren bestätigt.
Man muss einmal zum Doktor, wenn man so auf die siebzig zuläuft. So wie ein Auto mit hunderttausend Kilometern, da muss man mal zum TÜV. Und wenn man in meinem Alter ist, muss man eben zum Doktor. Der schaut einen an, macht es gründlich, klopft einen ab, schaut einem in die Augen und misst den Puls.
Dann sagte er mir, der Herr Doktor: „Jetzt machen wir noch ein EKG.“ Ich dachte natürlich sofort an das evangelische Kirchengesangbuch und wollte schon „Lobe den Herren“ anstimmen. Aber er verkabelte mich und schaute sich die Apparate an. Dann sagte er: „Ach so, schon ein bisschen Herzgeschichten.“
„Sie kaufen sich ein Fahrrad, so eines, das man im Keller abstellt, fahren Sie jeden Tag eine halbe Stunde, und Sie werden hundert.“ Nun, bis siebzig haben Sie es schon immer geschafft, aber Herzgeschichten werden einem etwas bestätigt.
Vom Herz wissen wir ja viel. Es kann kalt werden, wenn man Menschen begegnet, kühl bis ans Herz hinan. Umgekehrt kann es auch warm werden, wenn man Schönes erlebt, so wie am heutigen Tag. Es wird einem warm ums Herz, es kann sogar heiß werden, wenn es entflammt wird.
Es kann zittrig werden vor schweren Aufgaben. Es kann auch hart werden, Herzen wie Steine, die völlig ungerührt bleiben. Das Herz kann sogar loswerden und in die Hose rutschen. Es kann schnell werden, ein erhöhter Herzschlag, und es kann langsam werden, so langsam, dass man einen Herzschrittmacher braucht.
Aber hier kommt noch eine Möglichkeit hinzu: Es kann flüssig werden. Davon habe ich bisher so noch nicht gelesen, wie ein Herz flüssig werden kann. Das Herz war zu Wasser, so wie ein Schneeball in einer warmen Hand. Natürlich ist das nicht normal. Normal ist das feste Herz.
Das feste Herz im biblischen Kontext
Am schönsten wird das feste Herz in 1. Samuel 17 beschrieben. Dort tritt wieder der Erzfeind Philister auf. Sie kennen alle diese Geschichte. Diesmal hatten sie eine Superwaffe mitgebracht, eine Wunderwaffe: einen drei Meter langen Muskelberg, eine Mehrzweckwaffe. Sie nannten ihn Goliath – eine Rakete aus Eisen und Leder.
Zweimal am Tag ging diese lebende Haubitze in Stellung und feuerte breitseitig ihre Hass- und Hohnsalven gegen die israelitischen Infanteristen ab. Den Israeliten entfiel das Herz.
Sehen Sie, der Ausdruck „entfiel das Herz“ ist eine interessante Vokabel. Manchmal kann einem etwas entfallen, zum Beispiel Vokabeln. Man weiß dann nicht mehr, dass „Haus“ eigentlich „Haus“ heißt oder „Mann“ nicht mehr. Es kann einem entfallen.
Aber viel schlimmer ist es, wenn man älter wird und einem die Namen entfallen. Ich erinnere mich noch, wie mein Vater sagte: Wenn er Albrecht rief, meinte er eigentlich Hans. Wenn er Ulrich rief, meinte er Konrad. Und wenn er Konrad rief, meinte er Ulrich. Wir dachten damals: „Baba fängt auch schon mit Alzheimer an.“ Heute sage ich statt Albrecht „Tobias“ und statt Luisa genau dasselbe. Uns entfallen die Namen. Wenn man jemanden trifft, denkt man: „Oh, den habe ich doch schon einmal gesehen“, aber der Name ist einfach weg. Dann stottert man und sagt schöne Sätze, aber der Name ist entfallen, nicht wahr?
Am schlimmsten aber ist es, wenn nicht nur Vokabeln entfallen oder Namen, sondern wenn einem das Herz entfällt. Und das Herz fällt dort am schlimmsten hinunter – genau bei diesem Philister. Dort trifft David als lebendige Feldpost ein.
Die Mutter dieser Buben wusste, dass ihre Söhne, die beim Militär waren, mit einem Schlagerbsenzubel aus der Gulaschkanone nicht satt zu kriegen sind. So schickte die fürsorgliche Mutter ihren Soldaten draußen zehn Brote für die Buben und zehn Käse für den Hauptmann, wie es in der Bibel steht. Das war echter Schmierkäse, echtes Schmiergeld für den Vorgesetzten.
David steht drei Käse hoch und hört dieses entsetzliche Trommelfeuer. Er sagt: „Ich ziehe los, ich ziehe los gegen den.“ Er trägt nur das auf dem Leib, was ein Hirte eben trägt: ein ordentliches Fell und darunter ein festes Herz. Gott macht das Herz fest, sodass es nicht mehr rutschen kann. Ein festes Herz, kein Wackelpeter.
Er sagt: „Ich komme im Namen des Herrn.“ David kommt im Namen der größten Großmacht.
Deren Herz war nicht mehr so fest, sondern war flüssig – eine gefährliche Veränderung. Wenn das Herz flüssig wird, ist eine ernste Veränderung eingetreten. Eine Herzveränderung ist eine Herzkrankheit, ein Herzschaden.
Die Ursache der Herzkrankheit: Die Infektion durch Sünde
Wie entsteht und woher kommt dieser Herzschaden? Genau das wird hier beschrieben.
Erstens: die Infektion des Herzschadens. Das ist das Erste – die Infektion. Das Wörtchen „aber“ in Vers 1 deutet es an. Dieses „aber“ wirkt manchmal wie ein Bremsschuh auf einem Gleis. Der Zug der Geschichte wird gestoppt.
Das Volk Israel war ja unter vollem Dampf auf freier Fahrt, auf Grünzeichen programmiert. Mose ist tot, aber Josua wird gefunden, der das Steuer übernimmt. Der unüberquerbare Jordan steht vor ihnen, aber dann bleiben die Wasser still. Die uneinnahmbare Festung Hirchow, doch die Mauern fallen wie Kartenhäuser zusammen. Hundert ziehen hinein in das Land, in dem Milch und Honig fließen.
Dann hört man fast laut die Bremsen quietschen. Eine Vollbremsung wird eingeleitet, der Zug steht. Die Israeliten werden gestoppt.
In der Apostelgeschichte kennen wir einen ganz ähnlichen Vorgang. Fast hört man dasselbe dort auch. Die Gemeinde wächst; an Pfingsten kommen dreitausend Menschen mit einem Schlag hinzu. Ein Gelähmter wird geheilt, die Menge der Gläubigen ist ein Herz und eine Seele. Mit großer Kraft bezeugen sie die Auferstehung ihres Herrn.
Und dann, in Kapitel 5: „Aber“. Aber ein Mann namens Ananias und seine Frau Saphira. Plötzlich geschieht etwas Schlimmes in dieser Gemeinde. Ein anderer Geist macht sich breit – man könnte auch sagen, eine Infektion hat stattgefunden.
Es gibt nämlich einen Geist der Versuchung, der sich wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte der Begegnung Gottes mit seinem Volk zieht. Gott schenkt eine Gabe, zum Beispiel das Leben, die Lebensgefährtin, das Paradies.
Nun steht der Mensch vor zwei Möglichkeiten: Entweder er macht rechten Gebrauch von der göttlichen Gabe, indem er glaubend und fürbittend, fröhlich und treu für Gott lebt. Oder er missbraucht die Gaben durch Unglauben, das heißt, indem er sie für die eigene Person verwendet.
Dann sagt der Mensch: „Ja, sollte Gott vielleicht gesagt haben?“ Das ist der Augenblick der Versuchung.
Jesus wird genau das unterstellt: Versuchung in der Wüste, Versuchung auf der Tempelzinne, Versuchung auf dem hohen Berg. Auch seine Jünger werden versucht. In Matthäus 20 fordert die Mutter der Söhne des Zebedäus, dass ihre Söhne zu seiner Rechten und Linken sitzen sollen.
Ananias und Saphira in der Apostelgeschichte haben die Gabe, doch sie entscheiden sich für ihren eigenen Vorteil.
So auch hier: Das Volk Israel hat alles – Durchzug, Eroberung, das weite Land – doch die Israeliten vergreifen sich an dem Gebannten. Aber falsch: nicht alle, nur Achan. Trotzdem gilt: Einer für alle. Die Tat des einen ist die Tat der Gesamtheit.
Wenn einer leidet, ist das keine Privatsache. Wenn einer leidet, leiden alle anderen mit.
Der Geist der Versuchung setzt Gottes Gebote außer Kraft. Das tut dieser Geist. Sie hatten das Gebot, nichts zu stehlen. Doch das Mitlaufenlassen ist die Infektion.
Jedes Mal, wenn wir Gottes Gebote ignorieren, werden wir infiziert.
Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Luther wollte mit seinem Kleinen Katechismus, dass die Grundtatsachen des Glaubens nicht nur in der Kirche oder im Unterricht vorgestellt werden, sondern vor allem auch in der Familie. Väter müssen ihren Kindern das eigentlich beibringen.
Die Zehn Gebote: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Oder das Feiertagsgebot.
Kürzlich klagte mir ein christlicher Bäcker aus Reutlingen, dass er sonntags nicht verkaufe, aber es sei schwer. Ein anderer christlicher Bäcker ein paar Straßen weiter öffne sonntags die Türen und viele Christen kauften dort ihre Brezeln und Brötchen.
Was heißt das praktisch in Ihrem Haushalt? Du sollst den Feiertag heiligen.
Ich kenne Häuser, in denen es am Sonntag nur Eintopf gibt. Ich kenne Häuser, in denen am Sonntag Alkohol getrunken wird. Es kommt kaum mehr durch, dass Feiertag ist.
Wenn wir Gebote nicht halten, ist das eine Infektion – wissen wir das noch? Es ist eine Infektion.
Das Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren. Ein Gebot, das fast nichts mehr gilt.
Als ich in Amerika studierte, lernte ich, dass man nicht „Vater“ sagt, sondern „Daddy“. „Daddy“ heißt übersetzt „Dackel“, der alte Dackel, vielleicht der Kumpel, der Buddy, mit dem man auf gleicher Ebene spricht. Das meint das Gebot nicht.
Du sollst Vater und Mutter ehren.
Bill Gothard, einer der großen Lehrer in Chicago, sagte immer wieder: „Der Hammer ist der Vater, der Meißel ist die Mutter, und der rohe Stein ist das Kind, das behauen werden will und muss.“
Haben wir noch dieses Verhältnis? Sind wir auf einer Ebene mit unseren Kindern? Vater und Mutter sind etwas anderes als ihre Kinder. Das meint das Gebot: Vater und Mutter ehren.
Wenn wir dieses Gebot nicht mehr haben in unseren Familien, ist das eine Infektion.
Sehen Sie, Gebotsübertretung ist mehr als eine strafbare Handlung. Gebotsübertretung ist vielmehr ein Infekt – eine gefährliche Herzkrankheit.
Symptome und Reaktionen auf die Infektion
Aber wie merkt man eigentlich, dass man infiziert ist?
Bei AIDS erkennt man es an der Immunschwäche, bei Windpocken an den juckenden Hauterhebungen, bei Scharlach an den roten Flecken und bei BSE am schwankenden Gang. Manchmal denke ich sogar, ich hätte BSE, wenn ich schwanke. Doch es gibt immer bestimmte Anzeichen, an denen man eine Infektion erkennen kann.
Deshalb nun zweitens: das Symptom nach der Infektion. Was ist das Symptom dieser Krankheit?
In Vers 2 wird berichtet, dass Joshua Männer auswählt, die von Jericho nach Ai gehen sollen. Wieder Kundschafter, wieder Spione, ein Spähtruppunternehmen wie in Kapitel 2. Sie ziehen los und kehren zurück, lachend und voller Übermut. Freunde, das mit Ai machen wir mit links. Im Vergleich zu Jericho ist Ai eine Legoburg. Nicht einmal Husten, dann ist die Sache gelaufen. Ein Spaziergang für Krieger unserer Sorte und unseres Formats.
Es wird gerechnet: höchstens dreitausend Genügen. Es wird geschaut: solch ein Dreckhaufen wie Ai ist doch kein Hindernis. Es wird losmarschiert. Heute gehört uns Deutschland, und morgen die ganze Welt.
Doch dann kommen sie dort an, die Tore gehen auf, und die Männer von Ai jagen die Israeliten wie Hasen. 36 Israeliten fallen, und die anderen entkommen gerade noch mit ihrem Leben. Das war eine erbärmliche Niederlage, ein K.o. in der ersten Runde, eine unglaubliche Blamage. Gottes Volk hat sich bis auf die Knochen blamiert. Geschlagen und gebeutelt kehren sie zurück wie nasse Hunde.
Die Infektion hat die Krankheit ausgelöst, nämlich die Hybris, den Hochmut des Menschen, eigenmächtig zu handeln. Früher hatte Gott das Startzeichen gegeben, früher schaltete Gott die Ampel auf Grün. Früher sagte Gott: „Jetzt geht's los.“ Und jetzt? Jetzt geht es auf eigene Faust. Man macht alles auf eigene Kosten.
Immer dann, wenn wir anfangen zu rechnen: „Das genügt.“ Immer wenn wir anfangen zu schauen: „Das ist doch ein Kinderlitzchen.“ Immer dann, wenn wir frei und frech drauflosmarschieren, dann hat die Herzkrankheit begonnen.
Und das Symptom? Es klappt nicht. Wie oft sagen wir: „Das klappt nicht mehr. Das in meinem Leben geht nicht mehr. Es kommt gar nichts mehr heraus bei meinen Mühen. Ich strenge mich an, ich tue alles, ich rotiere, aber es ist nichts.“ Früher war das anders, aber heute denke ich das manchmal auch in der Kirche.
Wir haben Sitzungen, Versuche, Experimente, eine unwahrscheinliche Geschäftigkeit in der Gemeinde. Aber die Müdigkeit macht sich breit. Es klappt nicht, es klappt nicht. Die kommen nicht. In der Gemeinde gibt es Kreise und Gruppen, Freizeiten und Wochenenden, aber die Schallmauer zu den Außenstehenden durchbrechen wir nicht.
Ist es nicht auch so im eigenen Leben? Man müht sich ab, will das Rechte tun, läuft im Dauerstress, doch es klappt nicht mehr. Dauerniederlagen – das sind Symptome.
Bitte, man sollte solche Symptome wie „Es klappt nicht“, „Es geht nicht“ nicht einfach wegstecken. Nicht darauf zu achten, ist ein gefährlicher Irrtum. Man sollte auch keine reine Symptomtherapie betreiben, zum Beispiel durch Stärkung des Selbstbewusstseins, Ego-Therapie, Selbstannahme oder ähnliche Maßnahmen. Man sollte auch nicht auf die falschen Herzenströster hören, die einem sagen: „Alles hat seine Zeit.“
Die Suche nach Gottes Antwort und die Notwendigkeit der Buße
Nein, das ist das Dritte, was ich sage, nämlich die Indikation, die Anzeige, die Indikation.
Joseph merkt, dass es jetzt überhaupt keinen Sinn mehr hat, weiter herumzurennen. Er fragt Gott, aber er fragt so, wie man fragen soll und fragen muss – nämlich nicht Gott „Warum? Wie kannst du so etwas zulassen?“ Damit stellen wir uns über Gott als solche, die von ihm Rechenschaft verlangen. Gott ist uns keine Rechenschaft schuldig, er muss keine Auskünfte erteilen. Das weiß Joshua.
Er stellt sich nicht hin, sondern er legt sich hin – das ist der Unterschied. Er stellt sich nicht vor Gott hin und verlangt eine Antwort, sondern er legt sich hin. Mit den Ältesten liegen sie auf dem Boden vor der Lade, mit zerrissenen Kleidern und Staub auf dem Kopf, Zeichen der Trauer und der Buße. Nicht immer mit anderen über die Not reden, sondern zuerst mit Gott über die Not sprechen.
Er nimmt sich Zeit bis zum Abend. Das heißt, es ist nicht nur ein Stoßseufzer, kein kurzer Hilfeschrei. Stundenlang ringt er mit seinem Gott – auch nicht allein, sondern mit den Ältesten in einer Gebetsgemeinschaft. Das ist die Stunde des Gebets in diesem Volk, die Stunde des Gebets, die wir alle brauchen, auch in den Gemeinden. So wie wir sie alle halten sollten.
Sie wissen, was Sie beten müssen. Letztlich geht es um den Namen des Herrn. Dieser Name soll groß bleiben und darf nicht durch ihre Namen und ihre Machenschaften verunglimpft werden.
Und Gottes Antwort: Er ist ein Gott, der nicht schweigt. Er indiziert den Grund – er zeigt ihn an, heißt es auf Deutsch. Er indiziert den Grund, nämlich die Infektion: die Sünde. Ganz einfach: Die Ursache ist die Sünde. Er nennt die Dinge beim Namen, auch wenn es wehtut und wir es am liebsten überhaupt nicht hören wollen. Nichts wird verharmlost oder heruntergespielt.
Israel hat sich versündigt, hat Gottes Gebot gebrochen und Schuld auf sich geladen. Sünde trennt von Gott. Sünde ist der Graben, der uns von Gott trennt. Eigentlich sollten wir in guter Nachbarschaft mit unserem Gott leben, doch nun leben wir getrennt von ihm – wie Mitschlich sagte – in der Kraterlandschaft der Schuld.
Und das hat Folgen: Wer in den Tropen lebt, hat es mit der Feuchtigkeit zu tun, wer in der Arktis lebt, mit der Kälte, wer in der Wüste lebt, mit der Hitze. Und wer in der Kraterlandschaft der Schuld lebt, der hat es mit Sünde zu tun.
Schuld und Sünde blockieren das Verhältnis zu Gott. Nicht die Feinde waren in Ai zu stark, nicht der Stadtkönig war zu schlau, nicht die Umstände standen unter einem schlechten Stern. Gott hat Widerstand geleistet, weil Sünde da war.
Wenn es nicht mehr klappt, wenn Hemmungen und Schwierigkeiten da sind, wenn es nicht mehr weitergeht, dann sollten wir nicht sagen: „Der ist schuld, das ist schuld und jenes ist schuld“, sondern dann sollten wir fragen: „Herr, wo ist die Schuld bei mir?“
Gehen wir auch nicht zu schnell von okkulten Belastungen aus, wenn jemand nicht zum Glauben kommt. Wir sagen zu schnell: „Ach, die okkulte Belastung ist schuld, wenn wir die wegkriegen, dann kommt er schon zum Glauben.“ Nein, so einfach liegen die Dinge nicht.
Nicht „was alles schuld sein könnte“, sondern ich – ich und meine Sünden, die sich wie Körnchen Sand am Meer finden. Sehen Sie, das ist Sand im Getriebe.
Gott schweigt nicht zur Sünde des Volkes, zum Ungehorsam der Leute. So kann das nicht bleiben. Die Sünde muss weg, die Sünde muss heraus. Deshalb: Steh auf!
Die notwendige Reinigung durch Ausschluss der Sünde
Und deshalb, viertens, folgt nach der Indikation die Operation. Hier wird nun die Operation beschrieben. Für uns ist das ein unglaublicher Vorgang, der einem den Atem raubt. Das Volk wird versammelt, und ein Einzelner wird herausgeworfen. Das ist kein Aberglaube, sondern Glaube – der Glaube, der weiß, dass Gott alles sieht und alles kennt.
Nur Gott kann den Herd aufdecken und den Schaden sichtbar machen. Dieser Gott ist hier wie ein Chirurg, dessen Hände am Körper immer weiter suchen, immer weiter, bis es ganz arg wehtut. Bis er spürt: „Ah! Hier ist der Herd, hier ist der Herd! Da sitzt der Krebs, der muss wehtun.“ Achan, der Schuldige, steht fest. Achan heißt auf Deutsch „der Unglücksbringer“. Er steht schließlich fest, hat es getan, er ist es – der Schuldige.
Wir erleben es auch, dass Gottes Hand zugreift, dass Gottes Hände immer näher kommen und schließlich auf eine Stelle zeigen, die wir so lange verdeckt und versteckt gehalten haben. Einmal kann man diese Stelle der Schuld nicht mehr verbergen. Einmal zeigt Gottes Finger darauf – und dann herrscht Totenstille in der damaligen Runde. Dann heißt es: „Mein Sohn, gib dem Herrn die Ehre, bekenne ihm und sage mir, was du getan hast.“
Das klingt hier nicht richterlich, nicht von oben herab und ohne jede Spur von Überheblichkeit. Josua weiß: „Da könnte ich genauso stehen.“ Dann folgt das Geständnis, ähnlich wie einst im Paradies: „Ich sah, es gelüstete mich, ich nahm…“ Die gleiche Stufenleiter: sehen, gelüsten, nehmen.
Manchmal sind es so viele Kleinigkeiten, doch dann gelüstet es einen, und man nimmt. Es gibt eine Kettenreaktion, die nicht mehr zu stoppen ist, wie bei einem Kernreaktor, der heiß wird. Wer mit der Sünde in Berührung kommt, kann nicht mehr davonlassen.
Achan hatte nicht viel davon. Er hat es verscharrt, wurde damit aber nicht glücklich. Er musste Angst haben, dass es herauskommt. Denn: „Da ich’s wollte verschweigen, verschmachteten meine Gemeinde, meine Gebeine durch mein tägliches Heulen, und die Hand war schwer auf mir.“
Es sind Dinge, von denen wir wissen, dass sie Gott nicht gefallen, und doch tun wir sie immer wieder. Weil wir sie sehen, gelüsten und nehmen. Dann verscharren und verstecken wir sie irgendwo.
Eine ähnliche Szene gibt es in einem Buch, in dem zwei Kinder – eine Tochter und ein Sohn – das Zimmer ihres verstorbenen, geliebten und hochverehrten Vaters aufräumen müssen. Dabei kommen sie an einen alten Sekretär. Dort entdecken sie plötzlich ein Geheimfach, von dem sie bisher nichts wussten. Es gab keinen Schlüssel, also brachen sie das Fach auf. Heraus kam der ganze Schmutz eines Lebens: Briefe, Bilder, Bemerkungen – der ganze Schmutz eines Lebens.
Dann heißt es in diesem Roman: „Angesichts dieses Faches erstarb in ihnen die Liebe zum Vater.“ Nicht jener hat seine Sachen im Schreibtisch versteckt und verscharrt. Es gibt andere Fächer, in denen wir Dinge verstecken können – auch in unserem Herzen.
„Wenn das meine Frau wüsste, wenn das mein Mann wüsste, wenn das meine Kinder wüssten, wenn das an die Öffentlichkeit käme!“ Jeder hat sein Fach, jeder! Sehen Sie, wir sind nicht weg von Achan. Was haben wir versteckt? Auch durch Geschäftigkeit und Frömmigkeit decken wir es nicht zu.
Achans Sünde ist eine Krankheit, die ihn nicht nur betrifft. Sie ist infektiös und springt auf andere über. Das Volk wird betroffen, in der Gemeinde lebt niemand allein. Wer dort lebt, hat Anteil am Segen Gottes, aber auch an der Schuld des Einzelnen. Meine Sünde blockiert die ganze Gemeinde.
Manche Gemeinden sind deshalb blockiert, weil einzelne ihre Sünden nicht bekennen, weil Sünde in der Gemeinde gelebt wird. Sehen Sie, Sünde ist nie Privatsache. Deshalb muss sie wegoperiert werden. Deshalb wird Achan aus dem Volk herausgeschnitten.
Sie führten ihn hinaus ins Tal. Der Tod ist die Sünde Schuld, die reinigende Strafe für Israel. Im Zorn ist Liebe vergessen – wir dürfen das nie vergessen. Im Zorn ist keine Liebe, und es gibt keine billige Gnade.
Wir denken jetzt weiter: Wieder ein Zug zum Tor hinaus, wieder wird einer in der Mitte abgeführt, wieder wird einer zum Tode gebracht – Jesus. Darum hat Jesus gelitten, um das Volk durch sein Blut zu heiligen – draußen vor der Tür (Hebräer 13).
Gott hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht (2. Korinther 5). Am unschuldigen Sohn wird die Operation vollzogen – am Karfreitag. Die Operation geschieht am Karfreitag, am Kreuz, aber nicht an mir, wo sie eigentlich stattfinden müsste, sondern an seinem Sohn, an Jesus Christus, dem Sündlosen.
Wahrhaftig trug er unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen.
Die Rettung durch Gottes Netz der Liebe
Gelt, diese kleine Novelle, die Sie sicher schon öfter gehört haben, möchte ich trotzdem zum Schluss bringen. Sie stammt von Bergengrün, der sehr großartig mit wenigen Sätzen schreiben konnte.
Uns ist die Geschichte überschrieben: Das Netz. Darin erzählt er von einem kleinen sizilianischen Dorf. Dort lebte ein Fischer, der schon seit Wochen unterwegs war, um seinen Lebensunterhalt durch Fischen zu verdienen.
Während seiner Abwesenheit geriet seine Frau in die Fänge eines anderen Mannes. Diese ehrbrechische Tat kam ans Licht, und nach altem sizilianischem Recht wurde sie zum Tode verurteilt. Die Strafe sollte sofort vollstreckt werden.
Am nächsten Morgen, noch in aller Frühe, bei Nacht, führten sie die Frau hinauf auf die Klippe, um sie von dort hinunterzustürzen. Sie stand vorne auf der Klippe, die Männer hinter ihr. Beim ersten Lichtstrahl musste sie gestoßen werden.
Tatsächlich, als die Sonne über dem Meer aufging und die ersten Lichtstrahlen das Wasser berührten, wurde sie gestoßen. Sie fiel, sie fiel und fiel – doch sie fiel nur in die Netze ihres Mannes.
In der Nacht war er zurückgekehrt und hatte von dieser Tat erfahren. Unter unzähligen Mühen und harter Arbeit spannte er seine Netze über den Abgrund. Wegen seiner Tat musste sie nicht sterben, wegen seiner Tat durfte sie leben.
Wir sind in die Fänge eines anderen geraten, der viele Masken trägt. Früher dachte ich anders, doch je älter wir werden, desto deutlicher spüren wir es: Wir Älteren und Alten sind in die Fänge eines anderen geraten, der viele Masken trägt.
Über unser Leben heißt es: verdammt in alle Ewigkeit. Das ist unser Urteil, wenn wir ehrlich sind. Doch nun ist einer zurückgekehrt, einer, der in der Nacht von Karfreitag unter unsäglichen Mühen dieses Netz gespannt hat – die Netze seiner Liebe.
Wenn wir jetzt fallen, fallen wir nicht ins Nichts, sondern in die Netze unseres Herrn, in die Netze seiner Barmherzigkeit. Nun dürfen wir leben, nun kann das Herz wieder genesen.
Es muss nicht immer gefährlich flüssig bleiben, es kann wieder fest werden. Dieses Herz kann loben und preisen den, der unsere Sünde vergibt und alle Gebrechen heilt.
Schlussgebet und Segen
Ich wünsche Ihnen kein flüchtiges, sondern ein festes Herz. Wir beten: Herr, du weißt auch um unser Fach, du kennst unser Leben, du weißt alles. Herr, lass uns nicht so tun, als ob dies verborgen wäre. Es ist alles offenbar vor deinen Augen. Deshalb kommen wir zu dir, der du allein alles öffnen und wegnehmen kannst.
Wir danken dir für dein Leiden, für deinen Anfang, wir danken dir für deine Passion. Herr, geh jetzt mit uns hinein in diese Nacht.
Wir denken an den Lindenfürst, an die Alten und Pflegebedürftigen. Wir denken an die Wohnanlage, an die, die nicht mehr so gut auf den Füßen sind. Wir denken an all jene, die Erholung suchen, hier und auch an die Teilnehmer, die kommen werden – und noch mehr werden.
Lass es hier eine Segensstätte bleiben! Geh mit uns hinein in diese Nacht. Amen.
Singen wir noch einen Vers, unser Organist ist noch da. Lassen Sie uns singen vom Choral 349: „Ich freue mich in dem Herrn“, 349.
So, ich darf auch denen, die heute Abend gehen und zurück nach Liebenzell fahren, sowie den anderen, die nach Hülben zurück auf die Schwäbische Alb fahren, alles Gute wünschen. Morgen früh geht es dann gleich zurück nach Kanada. Egal, wohin sie auch gehen, ich halte sie fest mit dem, was bei Wilhelm Busch, dem Evangelisten, auf seiner Todesanzeige stand: „Heimkehr zum Fest“. Egal, auf welchen Wegen wir auch gehen, es ist immer Heimkehr zum Fest.
So kann man weitergehen.
Wir bitten um den Segen: Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht über uns leuchten und sei uns gnädig. Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden. Amen.
Gute Nacht und Gott befohlen.