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Rahel weint um ihre Kinder

Jesu Leben und Lehre, Teil 54/658
14.07.2021Matthäus 2,16-18
SERIE - Teil 54 / 658Jesu Leben und Lehre

Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.

Episode 54: Rahel weint um ihre Kinder.

Einführung in die heutige Prophetie und ihre kulturelle Einbettung

Kommen wir heute zu einer weiteren Prophetie, die in unseren westlichen Ohren des einundzwanzigsten Jahrhunderts zunächst vielleicht etwas seltsam klingt. Dennoch war sie für Menschen mit dem historischen, kulturellen und linguistischen Hintergrund des Judentums im ersten Jahrhundert perfekt verständlich.

Auch wenn ich das an anderer Stelle bereits erwähnt habe: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Wenn Matthäus also nach den Denkweisen und Erwartungen seiner Zeit argumentiert, mag uns das nicht immer überzeugen. Das gilt zumindest so lange, wie wir uns nicht auf seine Argumentation einlassen.

Trotzdem bleibt die Argumentation an sich sehr schlüssig. Sie bietet einen überzeugenden Blick auf den Empfängerkreis.

Der Kindermord von Bethlehem als historischer Hintergrund

 Matthäus 2,16 beschreibt den Kindermord von Bethlehem. Herodes geriet in große Wut, als er bemerkte, dass die Weisen ihn überlistet hatten. Daraufhin ließ er alle Jungen in Bethlehem und im gesamten Gebiet, die zwei Jahre alt oder jünger waren, töten. Diese Altersangabe basierte auf der Zeit, die er von den Weisen genau ermittelt hatte.

Die Vorgehensweise passt gut zu Herodes, der für seine Grausamkeit bekannt war. Er wartete auf die Weisen aus dem Morgenland, doch irgendwann stellte er fest, dass sie bereits auf dem Heimweg waren. Eigentlich sollten sie ihn zum neugeborenen König der Juden führen. Das war nun nicht mehr möglich. Deshalb griff er zu Plan B: Wenn er nicht genau wusste, welches Kind er töten sollte, dann ließ er eben alle Jungen umbringen.

Genauer gesagt, alle Jungen, die zwei Jahre alt oder jünger waren – basierend auf der Zeit, die die Weisen ihm mitgeteilt hatten. Sie hatten ihm gesagt, wann sie den Stern zum ersten Mal gesehen hatten, und das war vor zwei Jahren. Wenn das Erscheinen des Sterns die Geburt des Messias symbolisierte, konnte dieser also nicht älter als zwei Jahre sein. Aus diesem Grund ordnete Herodes den Mord an allen Jungen in diesem Altersbereich an.

Wie viele Kinder das gewesen sein mögen, lässt sich schwer sagen. Persönlich schätze ich, dass es etwa zehn bis zwanzig Kinder in Bethlehem gewesen sein könnten.

Die Erfüllung der Prophetie aus Jeremia im Matthäusevangelium

Nun aber zu unserer Prophetie. In Matthäus 2, die Verse 17 und 18, heißt es: Zu dieser Zeit wurde erfüllt, was durch den Propheten Jeremia gesagt wurde. Dort steht: „Eine Stimme ist in Rama gehört worden, Weinen und viel Wehklagen. Rahel beweint ihre Kinder, und sie wollte sich nicht trösten lassen, weil sie nicht mehr sind.“

Diese Prophetie stammt aus Jeremia 31, Vers 15. In Jeremia 31 geht es um die Rückkehr des Volkes Israel aus dem babylonischen Exil. Jeremia gehört als Prophet zu der Generation der Juden, die den Untergang Jerusalems und die Verschleppung des Volkes nach Babylon miterleben mussten, auch wenn er selbst dieses Schicksal nicht teilt.

Er schreibt in Jeremia 31 prophetisch von der Rückkehr und dem Neuanfang des Volkes Israel. Gott selbst wird ihr Retter sein und sie ins Land zurückbringen. Das ist allerdings noch Zukunft; die Gegenwart sieht düster aus.

Der Ort Rama und seine Bedeutung in der Prophetie

 Matthäus 2,18: „Eine Stimme ist in Rama gehört worden, Weinen und viel Wehklagen.“ Rama ist ein Ort nördlich von Jerusalem.

Wir lesen in Jeremia 40,1: „Das Wort, das von dem Herrn zu Jeremia geschah, nachdem Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, ihn von Rama entlassen hatte, als er ihn holen ließ.“ Jeremia war nämlich mit Ketten gebunden, mitten unter allen Weggeführten von Jerusalem und Juda, die gefangen nach Babel weggeführt werden sollten.

Nebusaradan war der Oberste der Leibwache von König Nebukadnezar, und er ließ Jeremia frei. Wo? In Rama.

Was war in Rama? Rama war der Ort, an dem man die jüdischen Gefangenen sammelte, um sie nach Babylon zu deportieren. Also war Rama das Sammellager vor der Deportation. Es war natürlich ein Ort der Tränen und der Verzweiflung.

Noch einmal Matthäus 2,18: „Eine Stimme ist in Rama gehört worden, Weinen und viel Wehklagen.“

Die symbolische Bedeutung Rahels als Mutter Israels

Zweiter Teil der Prophetie, Matthäus 2,18: „Rahel beweint ihre Kinder, und sie wollte sich nicht trösten lassen, weil sie nicht mehr sind.“

Wenn Jeremia auf Rahel Bezug nimmt, ist Rahel, die Frau von Jakob, bereits seit über tausend Jahren tot. Es geht also nicht um Rahel als Person, sondern um sie als „Mutter Israels“.

Rahel beweint ihre Kinder – das ist ein Bild für das Weinen aller Mütter in Israel. Sie weinen angesichts der Deportation ihrer Kinder, halten Totenklage und trauern darüber, dass man ihnen ihre Kinder wegnimmt und nach Babylon verschleppt.

Hoffnung trotz Schmerz – eine genauere Betrachtung von Jeremia 31

Und jetzt müssen wir uns Jeremia 31 noch etwas genauer anschauen. Bitte achtet beim Zuhören besonders auf den Aspekt der Hoffnung im Text.

 Jeremia 31,15-17: So spricht der Herr: „Horch, in Rama hört man Totenklage, bitteres Weinen. Rahel beweint ihre Kinder; sie will sich nicht trösten lassen über ihre Kinder, weil sie nicht mehr da sind.“

So spricht der Herr weiter: „Halte deine Stimme zurück vom Weinen und deine Augen von Tränen, denn es gibt Lohn für deine Mühe, spricht der Herr. Sie werden aus dem Land des Feindes zurückkehren, und Hoffnung ist da für deine Nachkommenschaft, spricht der Herr. Deine Kinder werden in ihr Gebiet zurückkehren.“

Was passiert hier? In Rama wird geweint, aber Gott macht Mut. Hoffnung ist da für deine Nachkommenschaft, steht im Text. Die Tränen haben nicht das letzte Wort. Sie sind real, aber sie sind nicht alles.

Heute wird geweint, aber am Ende siegt die Freude.

Die Verbindung von Schmerz und Hoffnung im Matthäusevangelium

Für einen Moment treffen in der Geschichte der Schmerz um die, die gestorben sind, und der Schmerz um das Volk, das in die Verbannung muss, aufeinander. Matthäus überträgt diesen Moment auf den Kindermord von Bethlehem. Auch dort begegnen sich diese beiden Formen von Schmerz.

Da ist der Schmerz um den Verlust der Kinder, aber auch der Schmerz um den Verlust des Messias. Auch er muss gewissermaßen in die Verbannung. Er darf nicht bleiben.

Wichtig ist nun: In Jeremia steht nicht der Schmerz im Vordergrund, sondern die Hoffnung. In Vers 17 heißt es: „Hoffnung ist da für deine Nachkommenschaft, spricht der Herr, und deine Kinder werden in ihr Gebiet zurückkehren.“

So wie das Volk aus der Gefangenschaft zurückkehren wird, wird auch der Messias zurückkehren. Hoffnung steht im Raum. Wir müssen im Text von Matthäus nur weiterlesen.

Der neue Bund und die noch ausstehende Erfüllung der Prophetie

Und diese Hoffnung enthält noch eine weitere Komponente. Jeremia 31 feiert die Rückkehr des Volkes in sein Land. Zuerst wird geweint, es folgen Jahrzehnte der Verbannung, und dann erfolgt die Rückkehr.

In Jeremia 31, Vers 31 kündigt Gott einen neuen Bund an, den er mit seinem Volk schließen will. Dieser Bund war zur Zeit Jesu noch nicht erfüllt. Wenn Matthäus Jeremia 31 zitiert, möchte er zeigen, dass dieses Kapitel noch nicht in Erfüllung gegangen ist. So wie damals die Tränen nicht das letzte Wort hatten, sollten sie auch diesmal nicht das letzte Wort sein.

Die Tränen gehörten dazu, sie waren Teil der Geschichte. Für Matthäus waren sie sogar ein Erkennungszeichen. Wofür? Dafür, dass der Sohn Gottes, der nach Ägypten fliehen musste, wiederkommen würde, um Jeremia 31 endgültig zu erfüllen und den neuen Bund zu errichten – den Bund, der noch ausstand.

Man könnte Jeremia 30 und 31 lesen, um die Prophezeiung in ihrem Kontext besser zu verstehen.

Abschluss und Segenswunsch

Das war es für heute. Übrigens lohnt es sich besonders, das Skript heute anzuschauen, denn dort finden sich einige sehr interessante Ergänzungen.

Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.

Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!

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