Einführung in die Predigtserie über Götzen
Ihr Lieben, ihr habt es zu Beginn des Gottesdienstes gehört: Wir beginnen heute eine neue Predigtreihe. Nach einigen Wochen mit dem zweiten Timotheusbrief wollen wir uns in den nächsten Wochen thematisch mit dem Thema Götzen auseinandersetzen. Dabei betrachten wir fünf verschiedene Bibeltexte – oder vielleicht auch nicht immer nur einen einzelnen Bibeltext.
Laut Lexikon ist ein Götze eine Person oder eine Sache, die für jemanden zum Lebensinhalt wird. Man macht sich sklavisch von ihr abhängig, obwohl sie es nicht wert ist.
Das Problem mit Götzen ist, dass sie sich unheimlich gut verkleiden können. Ich sah kürzlich einen Film, in dem jemand vor einem Bösewicht weglief – ein typisches Motiv, das ihr alle kennt. Gerade war ein Sportevent zu Ende, und Menschen strömten aus dem Stadion. Der Bösewicht mischte sich unter die Menschenmassen, stahl noch jemandem ein Käppi, damit er wie ein Fan dieses Sportvereins aussah, und verschwand in der großen Menge.
Doch dann schoss der Jäger in die Luft und rief den Namen des Verbrechers. Alle warfen sich zu Boden, nur der Verbrecher starrte ihn an und rannte davon. Er war enttarnt, identifiziert, und konnte gefangen werden. Die Gefahr war gebannt.
Was wir mit dieser Predigtreihe vorhaben, ist etwas Ähnliches. Wir wollen die Götzen demaskieren, ihnen die Masken abreißen, damit wir sie klar und deutlich erkennen. So kann die Gefahr, die diese Götzen für uns darstellen, gebannt werden.
Das Problem mit diesen Götzen ist, dass sie überall sind. Sie sind überall um uns herum – und sie leben auch in uns. Sie krabbeln förmlich aus unseren Herzen heraus.
Der Reformator Johannes Calvin hat das so treffend beschrieben mit dem Wort, dass unsere Herzen, das menschliche Herz, eine Götzenfabrik ist.
Der Götze Marmon: Geld und Besitz als Herausforderung
Wir wollen uns heute zu Beginn dieser Predigtserie mit einem Götzen auseinandersetzen, den wir alle kennen, der uns aber wahrscheinlich relativ selten bewusst wird: dem Götzen Marmon. Marmon ist nicht der Name eines Gottes von irgendwoher. Marmon ist einfach ein aramäisches Wort, ein Wort in der Sprache, die Jesus gesprochen hat. Es bedeutet nichts anderes als „Geld und Besitz“.
Geld und Besitz können jedoch zu einem Götzen werden. Marmon kann ein Götze sein. Jesus lehrt immer wieder über diesen Götzen. Es ist einer, von dem er häufiger spricht. Wir wollen uns heute seinen ersten längeren Lehrabschnitt über den Götzen Marmon anschauen. Dieser findet sich inmitten der Bergpredigt, der bekannten Predigt, die Jesus gehalten hat und die im Matthäusevangelium, in den Kapiteln 5 bis 7, niedergeschrieben ist.
Mittendrin, in Kapitel 6, in den Versen 19 bis 24, lehrt Jesus über die Gefahr dieses Götzen. Er ruft Christen dazu auf, diesen Götzen nicht nur zu erkennen, sondern sich von ihm zu distanzieren.
Bevor ich den Text für uns lese, möchte ich mit uns beten:
Himmlischer Vater, danke, dass du der eine wahre Gott bist und dass du uns hilfst, dich klarer zu erkennen. Danke auch, dass du uns die Dinge und Personen zeigst, die uns von dir wegbringen wollen.
So wollen wir dich bitten, dass du uns heute bereit machst, uns herausfordern zu lassen – in unserem Denken, in unserem Fühlen und in unserem Handeln. Hilf uns, konsequenter für dich zu leben und dem Götzen Marmon keinen Raum in unseren Herzen zu geben.
Deshalb bitten wir in Jesu Namen, zu dessen Ehre wir leben wollen. Amen.
Bibeltext: Matthäus 6,19-24 – Warnung vor irdischen Schätzen
Ich lese mit euch Matthäus 6, die Verse 19 bis 24:
Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib Licht sein. Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein?
Niemand kann zwei Herren dienen. Entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird an dem einen hängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
Dieser relativ kurze Predigttext zeigt uns ziemlich offensichtlich drei Punkte auf. Er stellt uns drei Kontraste vor und fordert uns damit heraus, uns zu positionieren.
Ich möchte diese drei Kontraste in Form von drei Fragen mit euch durchdenken. Zuerst die Frage: Wo ist dein Schatz? Dann die Frage: Was ist dein Licht? Oder anders gefragt: Worauf richtet dein Auge? Und drittens die Frage: Wer ist dein Herr?
Ich hoffe, dass wir uns so öffnen können, dass wir diese drei Fragen wirklich ehrlich und persönlich durchdenken. So können wir den Götzen Mammon entlarven, damit er keinen Schaden anrichten kann.
Wo ist dein Schatz? – Die erste Frage
Die erste Frage lautet also: Wo ist dein Schatz? Diese Frage betrachten wir anhand eines Kontrasts in den Versen 19 bis 21. Ich lese diese drei kurzen Verse noch einmal vor:
Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Bemerkenswert ist, dass Jesus gar nicht in Frage stellt, ob wir Schätze sammeln. Die Frage ist vielmehr, wo wir unsere Schätze sammeln. Offensichtlich gibt es viele Menschen, die Schätze auf Erden anhäufen, und Jesus sieht die Notwendigkeit, dem entgegenzuhalten: Tut das nicht!
Menschen streben von Natur aus nach materiellem Besitz. Die Bibel beschreibt dieses Streben oft mit den Worten „Geiz“ und „Habgier“. Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand reich oder arm ist, ob er also erfolgreich in seinem Streben nach materiellem Reichtum ist oder nicht. Worum es hier zunächst geht, ist eine Herzenshaltung.
Kennen wir diese Herzenshaltung des Strebens nach Schätzen auf Erden? Kennen wir Gier? Kennen wir Geiz? In meinen inzwischen fast elf Jahren als Pastor in dieser Gemeinde ist tatsächlich noch niemand zu mir gekommen, um diese Sünden zu bekennen. Viele andere Sünden sind mir bereits bekannt geworden. Regelmäßig spreche ich mit Menschen, die mir ihr Problem mit Pornografie oder anderen sexuellen Sünden gestehen. Auch Lieblosigkeit wird immer wieder bekannt, ebenso wie andere Dinge. Gier und Geiz allerdings habe ich noch nie gehört.
Man könnte also meinen, dass dieses Thema für uns eigentlich keine Rolle spielt. Oder vielleicht doch? Ich möchte einige Fragen stellen, die uns helfen können, uns selbst einen Moment zu hinterfragen. Vielleicht hat dieser Götze ja doch ein wenig Raum in unserem Herzen eingenommen und ist in unser Innerstes gekrochen.
Wie ist das bei dir? Ist der Reichtum anderer Menschen eine Kategorie, die du benutzt, um sie zu beurteilen? Fühlst du dich Menschen, die offensichtlich arm oder nicht wohlhabend sind, überlegen? Schaust du vielleicht ein bisschen auf sie herab? Oder andersherum gefragt: Respektierst und achtest du diejenigen, die offensichtlich wohlhabend sind, vielleicht etwas mehr?
Bist du jemals neidisch auf etwas, das andere haben und du nicht? Oder bist du einfach zufrieden mit dem, was Gott dir gegeben hat, ohne dir große Gedanken darüber zu machen, was andere besitzen oder nicht besitzen?
Oder denken wir in einer anderen Kategorie: Wie stehst du zum Zehnten? Wenn du dich zu den Ärmeren oder Finanzschwächeren in der Gemeinde zählst, denkst du dann, dass vor allem die Reichen mehr geben sollten, weil sie ja mehr haben und aus dem Überfluss geben können? Und letztlich, weil wenn sie statt zehn Prozent zwölf Prozent geben, diese zwei Prozent mehr vielleicht sogar mehr sind als dein ganzer Zehnter?
Oder wenn du dich zu den Reicheren in der Gemeinde zählst, denkst du manchmal, dass du mit fünf Prozent im Grunde viel mehr gibst als manch anderer und deinen Anteil damit getan hast? Beide Gedanken sind mathematisch korrekt und nicht falsch. Sie zeigen aber vielleicht, dass Geld in deinem Herzen eine Rolle spielt. Du fragst dich nicht einfach: Was hat der Herr mir gesagt? Und gibst treu das, wozu er dich aufgerufen hat, ohne dich groß darum zu kümmern, was andere tun.
Noch eine andere Frage: Wie investierst du deine Zeit? Was machst du mit deinem Job? Wie viel Zeit und Energie investierst du ins Geldverdienen? Und was machst du dann mit dem Geld?
Versteht mich nicht falsch: Auch hier möchte ich ganz deutlich sagen, dass es völlig in Ordnung ist, gutes Geld zu verdienen. Es kann eine Gabe Gottes sein, dass er dir bestimmte Fähigkeiten geschenkt hat und dein Leben so geführt hat, dass du einen guten Job hast und gut verdienst. Preist den Herrn dafür!
Wir sind dankbar für manche Geschwister, die sehr gut verdienen und die Gemeinde großzügig unterstützen. Das ermöglicht uns viele Dinge, die wir sonst nicht tun könnten.
Die Frage ist nicht, ob wir arm oder reich sind. Die Frage ist: Wo ist unser Schatz? Wofür leben wir? Jesus macht deutlich, dass das Streben nach irdischen Dingen, ein Leben für diese Schätze und das Investieren in irdische Werte letztlich töricht ist.
Denn wir sammeln Schätze auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und Diebe einbrechen und stehlen. Irdische Schätze sind vergänglich. Spätestens, wenn deine irdische Lebenszeit vorbei ist, wirst du diese Schätze loslassen müssen.
Das Gleichnis von Pachom – Die Vergänglichkeit irdischer Schätze
Der russische Schriftsteller Leo Tolstoi bringt das in einer seiner Kurzgeschichten wunderbar auf den Punkt. Vielleicht kennt man die Kurzgeschichte „Wie viel Land braucht ein Mann?“ Sie handelt von einem Bauern namens Pachom. Dieser Bauer strebt nach Land, nach immer mehr Land. Er ist gierig und braucht mehr. Deshalb zieht er mehrfach um, um größere Landstücke zu bekommen.
Eines Tages hört er davon, dass noch weiter im Osten sehr günstig richtig gutes Land zu bekommen ist. Man muss nur einen kleinen Betrag bezahlen und darf dann all das Land kaufen, das man an einem Tag von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang umrunden kann. Und es ist wirklich gutes Land.
Pachom reist mit seinem Knecht dorthin. Früh am Morgen, schon vor Sonnenaufgang, steht er bereit. Sobald der erste Sonnenstrahl über den Horizont blitzt, rennt er los. Es ist richtig gutes Land, und er läuft und läuft. In der Ferne sieht er noch besseres Land, ebenfalls richtig gutes Land. Er läuft weiter und immer weiter.
Am Vormittag merkt er, dass er müde wird. Doch er denkt, der Herr wird ihm die Kraft schenken. Er läuft weiter und weiter. Dann ist es Mittag, und er weiß, dass er eigentlich zurück müsste. Doch da ist noch so ein gutes Stück Land. Er denkt: Wenn ich alle meine Kräfte zusammennehme, schaffe ich das noch. Also läuft er weiter und umrundet dieses Land.
Plötzlich merkt er, dass die Zeit knapp wird. Er muss sich sputen, um noch rechtzeitig zurückzukommen. Er nimmt seine letzten Kräfte zusammen und läuft so schnell er kann. Er ist völlig erschöpft. Die Sonne senkt sich immer weiter. Er wird verzweifeln. Doch er investiert seine letzte Kraft, rennt und rennt.
In dem Moment, in dem der letzte Sonnenstrahl hinter dem Horizont verschwindet, schafft er es tatsächlich. Er erreicht den Startpunkt, das Ziel. Dann bricht er zusammen und stirbt.
Tolstoi endet die Kurzgeschichte mit folgenden Worten: Sein Knecht nahm die Hacke, grub Pachom ein Grab, genauso lang wie das Stück Erde, das er mit seinem Körper von den Füßen bis zum Kopf bedeckte – sechs Längen – und scharrte ihn ein.
Wie viel Land braucht ein Mann?
Ihr Lieben, ich fürchte, dass viele Christen genauso leben. Sie investieren all ihre Kraft, um Schätze zu sammeln, die ihnen letztendlich nichts nützen werden.
Jesus sagt uns, wie wir stattdessen leben sollten. Wir sollten Schätze im Himmel sammeln, denn diese Schätze vergehen nicht. Diese Schätze werden wir nicht irgendwann loslassen müssen, sondern wir werden sie eines Tages ergreifen können.
Schätze im Himmel sammeln – Beispiele und Jesu Vorbild
Jesus sagt hier nicht weiter, was es bedeutet, Schätze im Himmel zu sammeln. Doch durch sein Heiliges Wort wird dies an vielen anderen Stellen deutlich. Ich möchte nur einige Beispiele nennen.
Wir sammeln Schätze im Himmel durch wahrhaften Lobpreis und echte Anbetung. In der Offenbarung lesen wir, dass die Gebete der Heiligen vor dem Thron Gottes aufsteigen wie ein Wohlgeruch. Unsere echte Anbetung hier auf Erden ist etwas, das ewig bestehen bleibt.
Wir sammeln Schätze im Himmel auch dadurch, dass wir uns in Menschen investieren und sie zu Jüngern machen. Menschen, die wir eines Tages im Reich Gottes sehen werden – Schätze im Himmel. Diese Investition geht nicht verloren, wenn wir sterben. Sie ist real, und wir werden sie eines Tages ergreifen.
Auch wenn wir finanziell investieren, damit das Evangelium verkündigt werden kann und Missionare ausgesandt werden, investieren wir in Dinge, die bleiben und ewigen Wert haben. Auch die Unterstützung von Glaubensgeschwistern in Not wird im Himmel Bedeutung haben. Ganz einfache Hilfe untereinander zählt dazu.
In Matthäus 25, im Fortgang dieses Evangeliums, erklärt Jesus, dass er bei seiner Wiederkunft in Herrlichkeit diejenigen reich entlohnen wird, die sich in seine Nachfolger investiert haben und sich um sie gekümmert haben. Er sagt, wer den Hungrigen zu essen gibt, dem Durstigen zu trinken, die Fremden aufnimmt, den Nackten Kleidung gibt, die Kranken besucht und die Gefangenen besucht, dem wird Jesus sagen: „Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, erbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt.“
Schätze im Himmel werden also durch eine Herzenshaltung gesammelt, die sich in andere investiert – in Notleidende und vor allem in Glaubensgeschwister.
Die Bibel lehrt uns jedoch nicht nur, wie wir Schätze im Himmel sammeln können. Jesus selbst hat es uns vorgelebt. Es ist bedenkenswert, wie Jesus sein Leben geführt hat. Er existierte vor Grundlegung der Welt in herrlicher Gemeinschaft mit seinem Vater. Ihm gehörte alles, er hatte alle Schätze im Himmel und auf Erden. Dennoch ließ er diese Schätze los, erniedrigte sich und wurde Mensch. Er kam zu uns Menschen, nicht um hier auf Erden Schätze zu sammeln – hier auf Erden hatte er nichts.
Er kam, um Menschen, die auf Erden Schätze in der falschen Kategorie sammeln, die Möglichkeit zu geben, Schätze im Himmel zu sammeln. So lebte er vor, was es heißt, Schätze im Himmel zu sammeln. Er investierte sich in Menschen und in Dinge, die ewigen Wert haben. Er kümmerte sich um die Kranken, versorgte die Hungrigen und vor allem setzte er die Gefangenen frei – indem er Sünder wie dich und mich, die der Sünde versklavt sind, von ihrer Schuld freikaufte.
Jesus war bereit, alle Schätze, allen Reichtum und alles, was er hatte, zu geben. Alles, was er hier auf Erden besaß, gab er hin, damit wir den Weg zu den himmlischen Schätzen gehen können. Ja, er hatte nichts, keine Schätze hier auf Erden. Er gab sogar sein Leben und starb am Kreuz – armselig gab er es hin.
Er lebte und starb im Wissen um die Schätze im Himmel, die ihn erwarten und die allen offenstehen, die auf ihn vertrauen und ihren Glauben auf ihn setzen. Der Hebräerbrief beschreibt dies mit den Worten, dass Jesus um der vor ihm liegenden Freude willen das Kreuz erduldete.
Er erniedrigte sich, wurde arm, damit er eines Tages die wahren Schätze in Empfang nehmen und mit allen teilen kann, die ihm nachfolgen. Nachdem er den Tod überwunden hatte und zu seinem Vater im Himmel auffuhr, empfing er Macht, Ehre und Reich.
Er sagt nun: Jeder, der auf mich vertraut, jeder, der sein Leben mir anvertraut, jeder, der nicht den Dingen hier auf Erden nachjagt, sondern mir nachfolgt, wird durch mich und mit mir eines Tages die Schätze im Himmel erben.
Jesus beendet diesen Abschnitt mit einer einfachen Aussage, die uns hilft zu erkennen, ob wir schon zu ihm gehören und ob ihm unser Herz gehört – wie wir es später im Lied singen: „Nun gehören unsere Herzen ganz dem Mann von Golgatha.“
Er sagt: „Wo ist dein Schatz? Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“
Das Licht des Auges – Die zweite Frage
Nun, ich glaube, wir merken alle, dass das sehr herausfordernd ist. Wir erkennen, wie schwierig es ist, den Schatz im Himmel im Blick zu behalten. Deshalb brauchen wir immer wieder Hilfe. Wir benötigen quasi göttliches Licht, das uns diese Fernsicht ermöglicht. So können wir nicht nur die Schätze hier auf Erden sehen, sondern auch die Schätze im Himmel und dafür leben.
Das bringt uns zum zweiten Punkt dieser Predigt, in den Versen 22 und 23. Dort heißt es: „Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib Licht sein. Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein?“
Dieser Text enthält viele Übersetzungsherausforderungen, auf die ich hier nicht weiter eingehen werde. Letztendlich zeigt er uns einen Kontrast, der, so glaube ich, relativ klar ist. Es geht darum, dass es zwei unterschiedliche Lichtquellen gibt und dass Augen unterschiedlich funktionieren. Das ist das, was wir hier im Blick haben sollten.
Unsere Augen funktionieren in gewisser Weise wie Scheinwerfer – das ist das Bild. Wenn diese Scheinwerfer gut funktionieren, dann ist alles in Ordnung. Sind sie jedoch kaputt, wird es schwierig. Vielleicht hast du schon einmal erlebt, im Dunkeln mit dem Fahrrad durch den Wald zu fahren. Du hast das früher mal ausprobiert und hattest dann eine erhebliche Rippenprellung kurz danach. Oder dein Autolicht ist kaputt, und du musst im Dunkeln noch irgendwohin. Das sind die Augen, das ist das Licht, das sind die Scheinwerfer, die kein wahres Licht haben.
Andererseits, wenn das Licht funktioniert, finden wir auch im Finsternis unseren Weg – das ist kein Problem. Ähnlich ist es auf unserem Lebensweg durch eine oft finstere Welt. Das Problem ist, dass wir von Natur aus kaputte Scheinwerfer haben. Wir haben so ein Dimmlicht, mit dem man nur ein ganz kleines bisschen sehen kann – eigentlich nur ein besseres Standlicht, mit dem wir fahren. Wir schauen immer nur auf das, was direkt vor uns ist.
Und nur das, was vor uns liegt, sind die Schätze hier auf Erden. Das ist das, was ich hier noch irgendwie kriegen kann, und das fokussiert mich. Jesus sagt aber, was wir brauchen, ist Fernlicht, sozusagen ein Licht, das uns hilft, über das Hier und Jetzt hinauszuschauen. Wir brauchen ein Licht, das von außen in diese dunkle Welt hineinkommt. Das ist das Licht der Welt, das in diese finstere Welt gekommen ist, damit wir Menschen wirklich sehen können.
Im Johannesprolog wird Jesus als dieses Licht der Welt beschrieben. Dort heißt es: „Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht ergriffen.“ Das bedeutet: Menschen, die in der Finsternis leben, Menschen, die dieses Licht der Welt – und das ist Jesus Christus – nicht erkennen, leben weiter im Dunkeln. Sie leben für die falschen Dinge.
Aber wir Christen haben das Licht der Welt erblickt. Wir haben in gewisser Weise dieses Fernlicht geschenkt bekommen und können jetzt weiter sehen. Das Problem ist, dass wir es immer wieder ausschalten und unser Blick nach unten geht. Dann schauen wir auf die falschen Dinge.
Ich glaube, wir alle kennen das. Wenn ich anfange, regelmäßig meinen Kontostand zu überprüfen oder – für die unter uns, die vielleicht ein bisschen wohlhabender sind – das Depot und die Investitionen anzuschauen, dann prägt das unser ganzes Denken und Leben. Unsere Stimmung und Gefühle hängen davon ab. Ein schlechter Börsentag ist ein schlechter Tag. Ein Kratzer im Lack des neuen Autos wird zum Drama.
Wenn du jetzt lachst, dann frag dich mal, ob du das nicht auch kennst. Ja, ich kenne das. Ich weiß, wie schwierig das ist. Und ich merke, wie wichtig es für mich und, ich glaube, für uns alle ist, immer wieder zu lernen, nicht so sehr auf diese Dinge zu schauen. Denn sie prägen unser Denken, Fühlen und Handeln.
Deine Augen verraten, wo dein Schatz ist, worauf du siehst: die irdischen Schätze oder die himmlischen Schätze? Wenn ich diese dunklen Lichter habe, wenn ich das Fernlicht ausmache und auf Sicht fahre, dann geht es im Leben nur darum, möglichst viel zu haben, es möglichst gut zu haben. Dann sind Luxus, Gier und Geiz wichtig. Ich muss mich schützen und brauche alles, was ich hier kriegen kann.
Das führt zu bösen Augen, wie Jesus es hier beschreibt. Es führt dazu, dass ich nicht auf das Wohl anderer bedacht bin, sondern auf mein eigenes Wohl. Ich muss erst einmal auf mich selbst achten. Jesus sagt: Ihr braucht einen anderen Blick. Ihr braucht anderes Licht. Ihr braucht dieses Licht, das von außen in eure Augen scheint und euren Blick auf die Ferne richtet.
Dann sagt ihr: Ich strebe nach Schätzen im Himmel. Auf einmal muss ich hier in dieser Welt nicht mehr böse sein und auf das achten, was ich habe. Stattdessen kann ich geben. Ich kann anderen Gutes tun. Ich kann sagen: Dich nehme ich mit auf dem Weg, und dich behandle ich so, als wärst du Jesus selbst.
Ich werde den Hungrigen geben, den Durstigen zu trinken, für die Kranken da sein, die Gefangenen besuchen, die Nackten kleiden und den Notleidenden Trost spenden. Auf einmal lebe ich anders. Das ist das Licht, das wir brauchen.
Hast du dieses Licht? Sind deine Augen darauf ausgerichtet? Das ist kein Sehen, das wir mit den Augen schaffen, sondern ein Sehen, das vom Herzen herkommt. Es ist das Sehen auf die Schätze im Himmel.
Es ist interessant, wie der Hebräerbrief das formuliert: Wenn Christen dazu aufgerufen werden, „lasst uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender unseres Glaubens“. Dabei ist klar, dass das kein Sehen mit den Augen ist. Denn ein Kapitel vorher hat der Hebräerbriefschreiber gesagt, dass Glaube eine feste Zuversicht ist auf das, worauf man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.
Also glaube ich an das, was man nicht sieht, und deswegen sehe ich. Darf ich fragen: Siehst du auf das Unsichtbare? Bestimmt das Licht der Welt dein Schauen auf diese Welt?
Wer ist dein Herr? – Die dritte Frage
Nun, das bringt uns zur dritten Frage, denn worauf wir sehen, offenbart, wer unser Herr ist. Das ist die Frage, die uns in Vers 24 letztendlich gestellt wird.
Jesus bringt noch einen Kontrast und sagt: Niemand kann zwei Herren dienen. Entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird an dem einen hängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
Jesus fordert uns also auf, uns zu positionieren. Geteilte Loyalitäten sind nicht möglich. Gott und Mammon stehen sich diametral gegenüber. Der eine ist der eine wahre Gott, und der andere ist ein Götze.
Ich glaube, es ist gut, dass Jesus das hier so deutlich anspricht. Er sagt: Der Versuch, Dinge irgendwie zusammenzuhalten und mit geteilten Loyalitäten zu leben, wird scheitern. Das geht nicht. Wir reden uns nämlich ständig ein, dass das doch geht, oder?
In der Vorbereitung auf diese Predigt habe ich versucht, ein bisschen in mein eigenes Herz zu schauen. Das funktioniert natürlich immer nur bedingt, aber ich muss zugeben, ich ertappe mich ständig dabei. Ständig. Ja, ich möchte Gott von Herzen dienen. Aber ein bisschen Wohlstand hätte ich eigentlich auch ganz gerne. Das ist mir auch nicht ganz unwichtig. Kennst du das?
Jesus sagt: Das geht nicht, das wird nicht gelingen. Du musst dich positionieren. Es mag sein, dass der Herr es dir erlaubt, ihm nachzufolgen und das in einem gewissen Wohlstand zu tun. Aber letztendlich musst du dir die Frage stellen: Wem gehört deine Loyalität?
Vielleicht darf ich mal ein etwas unrealistisches Szenario entwickeln und dich bitten, dich daran zu prüfen. Was würdest du tun, wenn dir jemand eine Million Euro dafür böte, dass du einfach mal ein Jahr Pause von deinem Leben als Christ machst? Du musst deinem Glauben nicht absagen, du musst Jesus nicht verleugnen. Du sollst einfach mal ein Jahr nicht beten, ein Jahr keine Bibel lesen, ein Jahr keine christliche Gemeinschaft haben. Und schwupps, dein Kontostand hat eine Million mehr. Was würdest du tun?
Okay, vielleicht nehmen wir ein realistischeres Szenario. Vielleicht lockt dich der Götze Mammon ganz banal mit ein paar gut bezahlten Überstunden am Sonntag. Nicht jede Woche, aber regelmäßig. Das heißt, du musst dich entscheiden: ein bisschen extra Einkommen oder den Sonntag schützen, um unter Gottes Wort zu kommen und die Gemeinschaft der Gläubigen nicht zu vernachlässigen.
Oder du bekommst ein Jobangebot irgendwo anders, vielleicht die Möglichkeit, mit dem Geld, das du verdienst, dir das Eigenheim zu leisten, das du in München niemals bezahlen könntest. Bist du bereit, an diesen Ort zu ziehen und diesen Job anzunehmen? Auch dann, wenn du weißt, dass es dort keine gute Gemeinde gibt, keine gute christliche Gemeinschaft und du geistlich unterversorgt wirst? Wie stark prägt der Götze Mammon deine Entscheidung?
Einige Zeit, nachdem Jesus diese Predigt gehalten hatte, hatte er eine Begegnung mit einem sehr wohlhabenden Mann. Davon haben wir in der Textlesung aus Matthäus 19 gehört. Es war ein reicher Mann, wie viele unter uns hier, ein angesehener Mann, ein feiner Mann. Er kam ehrfurchtsvoll zu Jesus. Es war kein Mann, der Jesus ablehnte. Er war bereit, etwas zu tun, um Schätze im Himmel zu sammeln.
Er wollte das ewige Leben haben. Er wusste, das ist ein Schatz, den ich noch nicht habe, den ich ergreifen möchte. Er fragt: Was muss ich tun? Jesus fordert ihn heraus und sagt: Dann fang noch einmal mit den zehn Geboten an. Er erwähnt einige der Gebote.
Der reiche Jüngling antwortet selbstbewusst: Die habe ich alle von Jugend auf gehalten. Jesus diskutiert das nicht weiter mit ihm. Aber die nächste Aufforderung, die er ihm gibt, zeigt, dass Jesus sofort erkannt hat: Dieser Mann hat schon das erste Gebot gebrochen.
Das erste Gebot heißt: Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Jesus sagt zu ihm: Okay, eins fehlt dir noch. Geh hin, verkaufe, was du hast, und gib es den Armen. So wirst du einen Schatz im Himmel haben. Komm, folge mir nach.
Wir haben gelesen, wie traurig diese Geschichte zu Ende geht. Als der Jüngling das Wort hörte, ging er betrübt davon, denn er hatte viele Güter. Diese Herausforderung, sich klar zu positionieren und seine Schätze auf Erden loszulassen für den Schatz im Himmel, war ihm zu viel.
Er wollte den Schatz im Himmel, aber nicht um jeden Preis. Die Schätze auf Erden waren ihm dann doch wichtiger, und so ging er traurig weg.
Ich möchte dich am Ende dieser Predigt fragen: Was hättest du getan? Oder anders gefragt: Wer ist dein Herr? Der eine wahre Gott oder der Mammon? Auf wen oder was siehst du? Wo sammelst du Schätze?
Gottes Eingreifen als Voraussetzung für die Veränderung des Herzens
Nachdem der reiche Jüngling traurig weggegangen war, erklärt Jesus seinen schockierten Jüngern etwas, das auch wir unbedingt hören müssen. Er sagt, es ist tatsächlich unmöglich. Es ist unmöglich, von sich aus den Schatz im Himmel zu ergreifen. Wir können nichts aus eigener Kraft tun.
Was wir brauchen, ist, dass Gott etwas tut. Nur Gott kann es möglich machen, dass Menschen wie du und ich eine neue Gesinnung bekommen. Dass wir die Schätze auf Erden loslassen, um dem Schatz im Himmel nachzustreben. Wir brauchen Gottes Eingreifen. Wir brauchen, dass er unsere Herzen verändert.
Wenn du heute merkst, dass du vielleicht wie der reiche Jüngling schon lange irgendwie zu Jesus kommst und auch eine gewisse Ehrfurcht vor ihm hast, aber letztendlich nicht bereit bist, ihn wirklich zum Herrn deines Lebens sein zu lassen, dann ist das wichtig. Wenn du merkst, dass du noch versuchst, mit geteilten Loyalitäten zu leben und wenn es hart auf hart kommt, vielleicht doch eher den Mammon ergreifst, dann möchte ich dich einladen: Bete. Bete gleich nach dieser Predigt in einem Moment der Stille und bitte Gott, dir ein neues Herz zu geben. Ein Herz, das ihn mehr liebt und die Dinge auf Erden weniger.
Auch wir Christen, die wir sagen: „Nein, Jesus ist mein Herr“, sollten diesen Moment der Stille gleich gebrauchen und vor Gott kommen. Viele von uns tun gut daran – ich schließe mich da sehr bewusst mit ein – Gott um Vergebung zu bitten, weil wir immer wieder den Götzen in unseren Herzen Raum geben.
Ich hoffe, dass der Herr heute früh geholfen hat, den Götzen Mammon zu demaskieren, damit wir ihn klar sehen, vor ihm fliehen und uns wieder ganz an den Herrn hängen.
Schlussgebet
Dafür möchte ich noch beten.
Himmlischer Vater, wir danken dir, dass du auch die harten Themen ansprichst – die Themen, über die wir nicht so gerne nachdenken wollen. Herr, ich kann mir vorstellen, dass manche unter uns gerade ein Herz haben, das gegen dein Wort aufbegehrt.
Herr, ich bitte dich, dass du durch deinen Geist unsere Buße führst. Ich möchte auch für die unter uns beten, die dich noch nicht als den Herrn über ihr ganzes Leben erkannt haben. Schenke ihnen, dass sie deine Schönheit erkennen und verstehen, dass du allein würdig bist, dass wir für dich leben und alles geben.
Herr, ich bete für jene unter uns, die für dich leben und doch immer wieder erleben, wie Götzen Raum einnehmen – in unserem Denken, in unseren Gefühlen und in unseren Taten. Hilf uns, uns immer wieder neu auf dich auszurichten.
So wollen wir jetzt in einem Moment der Stille jeder für sich vor dich kommen.
Himmlischer Vater, wir danken dir, dass du ein Gott der Gnade bist. Deine Gnade ist größer als unsere Verfehlungen. Du hast gehört, was wir dir in aller Stille in unseren Herzen gesagt haben. Du hast uns zugesagt, dass du treu und gerecht bist, wenn wir dir unsere Sünden bekennen.
Weil du für unsere Sünden gestorben bist, machst du uns rein von aller Ungerechtigkeit und vergibst uns unsere Schuld. Herr, du bist ein Gott, der uns neue Herzen gibt und unsere Herzen immer wieder neu reinigt.
Herr, reinige unsere Herzen und fülle uns mehr aus mit deinem Geist, damit wir immer mehr für dich leben und Schätze im Himmel sammeln – zu deiner Ehre und zum Wohle der Menschen.
Das erbitten wir in Jesu Namen.