Es lag an mir, nicht an der Technik; die haben alles richtig gemacht. Krimis sind in der Unterhaltungsindustrie mittlerweile ein echter Renner. Ich weiß nicht, wer von euch sich gerne mit Krimis beschäftigt. Sherlock Holmes ist uns, denke ich, allen bekannt – zumindest der Name. Aber auch die Kriminalromane von John Grisham werden gerne gelesen, ebenso wie die von Agatha Christie.
Eine große Leserschaft im deutschen Fernsehen hat besonders den Tatort. Ich habe das noch nie gesehen, der läuft sonntagabends in der ARD. Krimis, deswegen erwähne ich das, folgen immer einem ganz bestimmten Muster. Ganz am Anfang steht die Verübung einer Straftat. Das kann entweder ein Raub, eine Entführung oder ein Mord sein. In unserem Fall heute ist es ein Mord.
Dann tritt der Kommissar oder der Detektiv auf. Für den Rest des Krimis beziehungsweise des Buches beschäftigt er sich damit, diese Straftat aufzuklären. Was wir heute Abend machen, ist, dass wir uns eigentlich einen Krimi ansehen – heute Abend im Bibeltext. Wir schauen in 1. Mose 4,1-16.
Ich habe das Thema mal wie folgt überschrieben: Mordmotiv Neid – das erste Familiendrama.
Einführung in das biblische Familiendrama
Erste Mose 4,1 erzählt die Geschichte von Kain und Abel. Wenn wir jedoch genauer hinschauen, ist es eigentlich vor allem die Geschichte von Kain. Abel tritt kaum in Erscheinung. Er ist in diesen Versen eher passiv. Er wird geboren, bringt ein Opfer dar und wird schließlich erschlagen. Er kommt nicht einmal zu Wort.
Über Abel erfahren wir sonst nicht viel, nur von seinem Blut, das am Ende der Geschichte schreit. Im Mittelpunkt steht hier jedoch eindeutig Kain. Das müssen wir von Anfang an wissen, wenn wir uns mit diesen Versen beschäftigen.
Ich möchte noch einmal kurz auf die Gesamtsituation eingehen. Was ist die Lage? Adam und Eva haben das Paradies verlassen. Das haben wir gestern Abend betrachtet. Sie mussten den Garten Eden verlassen und leben nun nicht mehr in der unmittelbaren Gegenwart Gottes.
Das liegt daran, dass sie sich für die Sünde entschieden haben. Dadurch ist die Beziehung zu Gott gestört. Sie ist nicht mehr so unmittelbar, wie sie es im Garten Eden war. Trotzdem geht das Leben weiter. Das haben wir ebenfalls gestern festgestellt.
Gott ist gnädig. Er tötet die Menschen nicht. Das Leben geht zunächst weiter, auch wenn die Sterblichkeit Einzug gehalten hat. An diesem Punkt sehen wir bereits, dass Gott ein gnädiger Gott ist, denn das Leben darf weitergehen.
Leben außerhalb des Paradieses: Ein hoffnungsvoller Anfang
In Kapitel 4 stellt sich nun die Frage: Wie geht das Leben weiter? Wie sieht das Leben des Menschen außerhalb von Eden aus? Wie gestaltet sich das Leben außerhalb des Paradieses?
Zunächst sehen wir einen hoffnungsvollen Anfang, und damit beginnt dieses traurige Kapitel mit einem hoffnungsvollen Einstieg. Ich lese die Verse 1 und 2: Adam schlief mit seiner Frau Eva, und sie wurde schwanger. Sie gebar Kain zur Welt und sagte: „Mit der Hilfe des Herrn habe ich einen Mann geboren.“ Später brachte sie einen zweiten Sohn zur Welt und nannte ihn Abel. Abel wurde ein Schafhirte, Kain ein Bauer.
Der Text beginnt mit der Information, dass Adam mit seiner Frau schläft. Im Urtext heißt das wortwörtlich, er erkannte seine Frau. Ich finde das interessant, auch wenn es nicht das Hauptthema ist: Wenn die Bibel von Sexualität spricht, dann niemals als von einer bloßen Sache, sondern immer in Verben, die eine enge Beziehung verdeutlichen. Das ist, denke ich, in unserer heutigen Zeit mehr nötig als je zuvor zu betonen.
Es geht immer um eine vertraute, enge Beziehung, die im Kontext einer Ehe stattfindet. In Kapitel 3, nach dem Sündenfall, haben wir gesehen, dass Adam und Eva sich plötzlich voreinander schämen. Die Sünde hat auch etwas mit ihrer Beziehung gemacht. Davor waren sie nackt und schämten sich nicht. Nach dem Sündenfall schämen sie sich voreinander, sie beschuldigen sich gegenseitig. Wir haben gestern Abend gesehen, dass Adam seine Frau nicht mehr „meine Frau“ nennt, sondern „die Frau, die du mir gegeben hast, Gott“.
Dort sehen wir eine Entzweihung zwischen Adam und Eva: Die Frau ist schuld an allem. Aber in Kapitel 4 beginnt es mit einem vertrauten Umgang von Mann und Frau. Das heißt, man kann nicht sagen, die beiden haben wieder zueinandergefunden nach dem Sündenfall. Außerhalb von Eden gibt es keine perfekte Ehe mehr, aber es geht weiter – auch in der Ehe von Adam und Eva. Adam schläft mit seiner Frau, sie wird schwanger, und zum ersten Mal in der Weltgeschichte wird ein Kind geboren. Zum allerersten Mal.
Das Buch Erste Mose ist ja ein Buch der Anfänge, und wir sehen überall diese Anfänge. Paul hat gerade auf den Anfang der Anbetung hingewiesen, dort, wo zum ersten Mal das Wort „Anbetung“ verwendet wird. Wir sehen Anfänge von verschiedenen Dingen. Hier haben wir zum ersten Mal eine Geburt. Dementsprechend ist Eva völlig aus dem Häuschen. Jeder, der mal bei einer Geburt dabei war, weiß, wie besonders so etwas ist und wie emotional.
Aber ich glaube, jeder, der mehrere Kinder hat, wird vielleicht mit mir übereinstimmen, wenn ich sage: Auch wenn jede Geburt etwas ganz Besonderes ist, die allererste ist ein ganz besonderer Moment. Ein ganz besonderer Moment, wenn zum ersten Mal ein Kind, dein Kind, in deinem Arm liegt.
Doch auch wenn es für uns etwas Besonderes ist, haben wir es schon von anderen gehört. Versetzen wir uns einmal in die Situation von Adam und Eva: Sie haben noch nie von einer Geburt gehört. Es gab keinen Geburtsvorbereitungskurs, keine Hebamme, keinen Kreißsaal, nichts. Und das Wunder geschieht: Eva bringt Kain zur Welt. Dementsprechend ist sie aus dem Häuschen. Sie sagt: „Ich habe einen Mann hervorgebracht mit Gottes Hilfe.“
Das ist übrigens ein Wortspiel im Hebräischen: „Hervorbringen“ heißt im Hebräischen „Kana“, deswegen nennt sie ihn Kain. Das ist eine ähnliche Wortwurzel. Daher kommt der Name Kain. Die Familienfreude ist groß. So beginnt ein trauriges Kapitel positiv – mit einem Jubelschrei von Eva: „Ich habe einen Mann geboren.“
Es beginnt hoffnungsvoll. Der Mensch lebt zwar nicht mehr im Garten, aber das Leben geht weiter. Es gibt einige Lichtschimmer, auch in der jungen Familie. Dementsprechend ruht jetzt auch auf Kain die Hoffnung. Wir haben nämlich gestern Abend im Kapitel 3 festgehalten, dass es bereits die Verheißung gab: Ein Nachkomme der Frau wird der Schlange den Kopf zertreten. Natürlich dachten Adam und Eva: Das ist er jetzt! Der Nachkomme der Frau ist da, und er wird den Fluch endlich besiegen. Das war ihre Hoffnung.
Auf Kain ruht hier die Hoffnung. Eva gebiert dann noch einen Sohn, einen zweiten Sohn, und der heißt Abel. Ein sehr interessanter Name. Wisst ihr, was Abel bedeutet? Abel bedeutet „Hauch“ oder „Nichtigkeit“. Wer nennt sein Kind „Nichtigkeit“? Das ist das Wort, das im Buch Prediger so häufig verwendet wird, wenn Salomo sagt: „Es ist alles nichtig.“ Es ist dasselbe Wort, Abel, „Hevel“ im Hebräischen.
Ich denke, diese beiden Namen wurden nicht von ungefähr gegeben. Kain, „hervorbringen“, betont den Aspekt: Ja, das Leben geht weiter. Aber Abel betont den Aspekt: Ja, das Leben geht weiter, aber das Leben ist jetzt außerhalb von Eden vergänglich. Es ist nur ein Hauch, es vergeht. Dass das Leben für Abel so schnell vergeht, wussten Adam und Eva bei der Namensgebung sicherlich noch nicht.
Die beiden Jungs wachsen heran und erlernen ehrenhafte Berufe. Kain macht seinen Master in Agrarwirtschaft und wird Ackerbauer. Abel studiert „Schafologie“ und wird Schafhirte. Aus den Jungs wird etwas, haben sich die Eltern gedacht, und der Mensch beginnt sich in einer Vielfalt zu entwickeln.
Es ist übrigens der erste Hinweis in der Bibel auf Arbeitsteilung. Dass man unterschiedliche Berufe wählt und sich gegenseitig zuarbeitet, sehen wir auf den ersten Seiten der Bibel. Gott schenkt hier Familienglück, der Mensch bekommt Kinder, zwei Söhne, die arbeiten auch. Man könnte sagen, wenn man den Rest der Geschichte nicht kennt, läuft es gut, auch außerhalb von Eden. Es geht weiter. Ein vielversprechender Beginn.
Kain ist mittendrin, mittendrin in so einer hoffnungsvollen Geschichte. Ich kann mir vorstellen, die Eltern waren stolz auf Kain, unseren Ältesten, der den gleichen Beruf wie sein Vater hat, auch ein Agrarwirt, der den Acker bebaut – ein guter Junge.
Kein Leben, das am Ende dieses Kapitels völlig ruiniert sein wird, beginnt hoffnungsvoll. Das ist übrigens häufig der Fall. Gescheiterte Menschen hatten oft einen sehr vielversprechenden Anfang.
Ich war ab und zu mal in Köln unterwegs bei den Obdachlosen und habe mit ihnen gesprochen. Dabei habe ich festgestellt, dass es oft Menschen sind, die gute Berufe erlernt hatten. Teilweise waren sie in Führungspositionen. Hättest du nie gedacht, wenn du sie jetzt sitzen siehst, dass sie mal Chef einer größeren Firma waren. Aber dann kam irgendwann der tiefe Fall in ihrem Leben. Sie haben falsche Entscheidungen getroffen, zum Teil Straftaten begangen und ihr Leben völlig in den Sand gesetzt.
Das Ende wirkt umso tragischer, wenn man den hoffnungsvollen Anfang kennt. Das sehen wir sehr deutlich bei Kain. Auch heute noch hatten gescheiterte Menschen häufig einen sehr vielversprechenden Anfang.
Übrigens: Alle gescheiterten Ehen beginnen mit den Worten: „Wir lieben uns, bis der Tod uns scheidet.“ „Wir wollen immer treu sein“ – das ist immer der Beginn. Viele Mörder und Verbrecher haben als Kinder ihren Eltern sehr viel Freude bereitet, und irgendwann sind sie auf den falschen Weg gekommen.
Das heißt: Das Erste, was wir hier aus dieser Geschichte lernen, ist: Ein guter Anfang garantiert noch kein gutes Ende.
Und vielleicht läuft in deinem Leben momentan vieles sehr vielversprechend. Du bist auf einem guten Weg, du erlebst Segen – danke Gott dafür, denn nicht jeder erlebt vielleicht den Segen, den du gerade erlebst. Aber ich möchte dir heute auch eins mitgeben: Du sollst wissen, dass du das alles ganz schnell ruinieren kannst, wenn du einen falschen Weg einschlägst, wenn du falsche Entscheidungen in deinem Leben triffst.
In dieser Gefahr stehen wir alle. Ich werde mir dessen immer mehr bewusst. Ich kann mein Leben mit ein paar kleinen falschen Entscheidungen völlig ruinieren. Ein guter Anfang garantiert noch kein gutes Ende. Das ist das, was wir hier aus diesem hoffnungsvollen ersten Vers lernen.
Der Konflikt um das Opfer: Zeichen innerer Haltung
In den Versen drei bis fünf wird der Konflikt geschildert. Das ist bei Krimis auch immer so: Es gibt immer einen Konflikt, der dann zur Straftat führt. Das sehen wir auch hier. Es gibt einen Konflikt, den wollen wir uns jetzt anschauen – das sind die Verse drei bis fünf.
Nach einiger Zeit opferte Kain dem Herrn einen Teil seiner Ernte. Auch Abel opferte ihm von den erstgeborenen Lämmern aus seiner Herde und von ihrem Fett. Der Herr sah wohlwollend auf Abel und nahm sein Opfer an. Kain und sein Opfer jedoch wies er zurück. Da wurde Kain sehr zornig, und er blickte grimmig zu Boden.
Kain bringt ein Opfer. Interessanterweise lesen wir nichts davon, dass er ein Opfer bringen sollte. Es gibt keinen Befehl von Gott, ein Opfer zu bringen. Beide bringen ein Opfer, wahrscheinlich hatte der Mensch schon ein Gespür dafür, dass es normal ist, Gott Opfer zu bringen – um irgendwie mit Gott in Kontakt zu treten.
Wir sehen hier auch noch keine Opfervorschriften; die kommen erst später. In welchem Buch der Bibel? Im dritten Buch Mose, dort finden sich die ganzen Opfervorschriften. Hier haben wir aber das erste Buch Mose, Kapitel vier, da gibt es noch keine großen Opfervorschriften. Trotzdem bringen beide Brüder Opfer.
Interessant ist, dass beide Opfer aus ihrer jeweiligen beruflichen Tätigkeit erwachsen. Was macht Kain beruflich? Er bebaut den Acker und bringt daher etwas von der Ernte des Ackers. Was macht Abel beruflich? Er ist Schafhirte und bringt ein Schaf. Gerade weil der Bezug zum Beruf da ist, kann man schon darauf schließen, dass sie wahrscheinlich Danke sagen wollten für den Segen, den sie in ihrem Beruf erleben.
Von außen betrachtet ist alles wunderbar. Aber die Reaktion Gottes ist überraschend: Nur das Opfer von Abel wird von Gott angenommen. Das stellt uns die Frage: Warum wird Kains Opfer nicht angenommen?
Wenn ich jetzt mal in die Runde fragen würde, dann würden wir vermutlich einige Antworten bekommen. Das ist eigentlich keine ganz einfache Frage, weil man nicht direkt im Text ein klares Statement dazu findet, warum Gott das Opfer von Kain zurückgewiesen hat. Es gibt hier fünf Vermutungen, warum Kains Opfer nicht angenommen wurde.
Es gibt Leute, die sagen, es hängt mit dem Beruf des Opfernden zusammen: Gott bevorzugt Hirten vor Ackerbauern. Aber ich denke, das macht wenig Sinn. Diese Auffassung können wir verwerfen.
Dann gibt es Leute, die sagen, es hängt mit der Art des Opfers zusammen: Gott bevorzugt Tieropfer. So habe ich lange gedacht. Ich habe lange geglaubt, Gott hat das Opfer von Abel bevorzugt, weil Abel ein Tier bringt und Kain kein Tier, sondern nur etwas von seiner Ernte. Aber es gibt keinen Hinweis im Text, der darauf schließen lässt. Später im dritten Buch Mose, Kapitel zwei, sehen wir, dass man durchaus Speisopfer bringen durfte. Deshalb ist es an sich nicht verkehrt, dass Kain ein Speisopfer bringt.
Natürlich gab es Opfer, bei denen ein Tier gebracht werden musste, zum Beispiel beim Schuldopfer. Da konnte man kein Getreide bringen. Aber hier steht nichts im Bibeltext, dass es ein Schuldopfer war. Es ist reine Spekulation zu sagen, Gott nimmt Kains Opfer nicht an, weil er kein Getreide geopfert hat und Abel ein Schaf geopfert hat. Nichts im Text lässt darauf schließen.
Eine dritte Möglichkeit ist Gottes freie Gnadenwahl. Die Vertreter dieser Ansicht argumentieren mit der Souveränität Gottes. Gottes Motive sind unergründlich, Gott ist frei zu entscheiden, wen er erwählt und wen er nicht erwählt. Es gibt Bibelstellen, die tatsächlich in diese Richtung deuten. Gott sagt zum Beispiel: „Ich schenke Erbarmen, wem ich will, und erweise Gnade, wem ich will.“ Wir wissen auch aus anderen Stellen, dass Gott sich für Jakob entschieden hat und nicht für Esau.
So argumentieren Vertreter dieser Sicht mit Gottes freier Gnadenwahl. Aber ich denke nicht, dass das hier zutreffend ist, weil ich glaube, dass die nächsten beiden Punkte eher auf den eigentlichen Grund schließen lassen.
Es könnte die Qualität des Opfers sein, denn im Text heißt es, dass Abel die Erstlinge brachte. Der Text möchte uns also schon einen Hinweis geben, dass Abel besonders darauf achtete, dass es auch etwas kostet. Dabei geht es nicht so sehr um die Frage, ob Tieropfer oder Getreide, sondern um die Qualität des Opfers. Die, die er bringt, war enorm. Er bringt das Beste, was er bringen kann.
Aber ich denke, letztendlich geht es um Punkt fünf, und dafür gibt es auch biblische Belege: Es ist die Einstellung des Opfernden zu Gott. Gott hat das Herz beider Männer gesehen.
Warum sage ich das? Schauen wir uns den Text noch einmal genauer an: Auf wen blickt Gott zuerst? Hier steht: „Und der Herr blickte auf Abel und auf seine Opfergabe“ – und dann „er blickte auf Kain“ – aber nicht auf seine Opfergabe. Jeweils wird die Person zuerst genannt, dann erst das Opfer, und das ist nicht von ungefähr.
Es ist die Einstellung des Opfernden. Gott sah Abel, er sah ihn als Person, er blickte in sein Herz hinein. Das gefiel ihm, und dementsprechend gefiel ihm auch das Opfer. Dann sieht er Kain, sieht ihn als Person, und das gefällt ihm nicht. Seine Einstellung zu ihm gefiel ihm nicht, und dementsprechend gefiel ihm auch das Opfer nicht.
Diese Auffassung entspricht dem, was der Hebräerbrief in Kapitel elf, Vers vier sagt: „Durch den Glauben brachte Abel Gott ein besseres Opfer dar als Kain.“ Das ist die Antwort: Durch den Glauben brachte Abel Gott ein besseres Opfer dar als Kain.
Gott nahm Abels Opfer an, um zu zeigen, dass er in seinen Augen gerecht gesprochen war. Wie wird man gerecht gesprochen? Durch den Glauben. Abel hatte Glauben. Und obwohl Abel schon lange tot ist, spricht er auch heute immer noch zu uns.
Das heißt: Abels Opfer wird angenommen, Kains Opfer wird verworfen, weil Abel an Gott geglaubt hat und Kain nicht. Vielleicht sagen Sie: „Moment mal, natürlich hat Kain auch an Gott geglaubt, er hat sogar mit Gott geredet.“ Ja, an die Existenz Gottes hat er geglaubt, aber er hat Gott nicht völlig mit seinem ganzen Leben und ganzer Hingabe gedient. Für ihn war das Opfer nur ein Ritual, aber sonst hatte er in seinem Leben mit Gott nicht viel am Hut.
Gott aber hat diesen Abel gesehen, der an ihn geglaubt hat, der ihm kindlich vertraut hat. Das war der Grund, warum er sein Opfer angenommen hat und Kains nicht.
Daraus können wir lernen: Es geht Gott nicht um das Opfer an sich, sondern um die Person und die Einstellung der Person, die das Opfer bringt. Das ist Gott so viel wichtiger.
Es geht Gott nicht um Rituale, auch nicht im Alten Testament. Manchmal denken wir, im Alten Testament gehe es Gott um Pflichterfüllung und Gesetzeinhaltung, und im Neuen Testament um das Herz. Nein, es ging Gott auch im Alten Testament schon immer um das Herz – um die Herzenshaltung dessen, der ihm Opfer bringt.
Und da hat er bei Abel einen echten Glauben gesehen. Bei Kain, Entschuldigung, bei Kain hat er das nicht gesehen. Er hat nicht mit Gott gelebt.
Gestern hat bei uns in Köln die fünfte Jahreszeit begonnen: Karneval, am Elften Elften geht es los. Mit welchem Tag schließt Karneval? Das weiß man sogar in meiner Gegend – auch ich sage sogar in meiner Gegend, weil hier nicht so viel Karneval gefeiert wird, Gott sei Dank – mit dem Aschermittwoch.
Am Aschermittwoch gehen viele noch einmal in die Kirche, lassen sich in Köln zumindest ein Kreuz auf die Stirn schmieren. Davor haben sie gesündigt, bis zum Gehtnichtmehr, aber dann erfüllen sie das Ritual, bekommen ihr Kreuz, und dann ist das Gewissen auch wieder beruhigt.
Gott ist nicht interessiert an Ritualen, wenn das Herz nicht wirklich bei ihm hängt. Das sehen wir hier auch gerade an der Geschichte von Kain und Abel. Deswegen hat Gott das Opfer von Abel angenommen, weil er mit ganzem Herzen bei ihm war.
Die Entwicklung der Sünde: Von Zorn zum Mord
Was lernen wir daraus für uns? Leistung für Gott kann niemals eine Beziehung ersetzen – niemals.
Bevor ich an die Bibelschule gegangen bin, habe ich eine Ausbildung als Industriekaufmann gemacht. Einmal kam ich mit dem Hausmeister aus der Firma ins Gespräch. Er erzählte mir, dass seine Mutter gestorben sei, sagte aber: „Ja, aber sie ist jetzt im Himmel.“ Es ist natürlich immer ein sensibles Thema, über einen Verstorbenen zu sprechen. Trotzdem habe ich gefragt: „Hat sie denn an Gott geglaubt?“ Er antwortete: „Nein, sie hat nicht an Gott geglaubt, aber an die Zehn Gebote hat sie sich gehalten.“
Das ist die Einstellung von Sophia: Wenn man ein bisschen fromm ist und etwas leistet, wird das schon für den Himmel reichen. Doch die Wahrheit ist, dass Gott nur den Glauben will – nicht irgendwelche Werke, wenn der Glaube nicht da ist.
Zum Beispiel heißt es in Hebräer 11,6: „Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen, denn wer zu Gott kommen will, muss glauben.“
Ihr Lieben, das Wichtigste für Gott ist unsere Beziehung zu ihm. Gott ist nicht an Leistung für ihn interessiert, wenn sie nicht aus einer Beziehung zu ihm kommt.
Als Christen müssen wir uns auch mal hinterfragen: Kann es sein, dass wir unser Christsein manchmal nur über den Dienst definieren? Versteht mich nicht falsch, ich denke, jeder Christ sollte Gott dienen. Ein Christ, der nicht dient, da muss man Fragen stellen: Warum dienst du nicht in der Gemeinde?
Aber kann es sein, dass wir unser Christsein manchmal nur über den Dienst definieren – so nach dem Motto: Ich bin ein guter Christ, weil ich das und das tue? Dabei verlieren wir aus dem Blick, dass Gott in erster Linie Beziehung will, Gemeinschaft mit uns sucht und unseren Glauben will.
Gott ist nicht an Leistung für ihn interessiert, wenn sie nicht aus einer Beziehung zu ihm kommt. Deshalb wird kein Opfer angenommen, wenn keine Beziehung zu Gott besteht.
Jetzt kommen wir zu den nächsten Versen, in denen eine grausame Tat beschrieben wird. Ich lese die Verse 6 bis 8:
„Gott fragte: ‚Warum bist du so zornig?‘ Warum blickst du so grimmig zu Boden? Ist es nicht so: Wenn du Gutes im Sinn hast, kannst du frei umherschauen. Wenn du jedoch Böses planst, lauert die Sünde dir auf. Sie will dich zu Fall bringen, du aber sollst über sie herrschen.‘
Später schlug Kain seinem Bruder Abel vor: ‚Komm, wir gehen aufs Feld hinaus.‘ Als sie dort waren, fiel Kain über seinen Bruder her und schlug ihn tot.“
Der Neid macht Kain zornig, und Gott sieht das natürlich. Gott sieht immer in unser Herz. Kain hat die Tat ja noch nicht vollbracht, aber wir sehen, wo der Mord eigentlich beginnt.
Das ist genau das, was Jesus sagt: Mord beginnt im Herzen. In unserer negativen Einstellung gegenüber unserem Bruder beginnt der Mord mit der Wut im Inneren.
Schaut mal, wie Gott reagiert: Er möchte Kain helfen. Er sucht das Gespräch mit ihm. Kain hat sich bewusst entschieden – er musste seinen Bruder nicht umbringen.
Gott warnt ihn, redet ihm ins Gewissen: „Warum bist du so zornig, Kain? Überleg mal, was du gerade planst.“ Er stellt Kain eine Frage und warnt ihn sogar: „Die Sünde will dich zu Fall bringen, du aber sollst über sie herrschen. Triff die richtige Entscheidung.“
Ihr Lieben, genauso geht Gott heute noch mit uns um. Wenn die Versuchung kommt, will Gott uns davor bewahren zu sündigen. Oft wissen wir das ganz genau, dass Gott noch mit uns redet. Manchmal wollen wir aber bewusst, dass Gott aufhört zu reden, weil wir die Sünde wollen.
Kain trifft hier eine dramatische, verheerende Entscheidung. Er entscheidet sich gegen Gott. In Vers 8 kommt es zum ersten Mord der Menschheitsgeschichte.
Ich finde es interessant, wie der Mord hier beschrieben wird. Es wird gar nicht groß ausgeschmückt, sondern relativ nüchtern: Er geht aufs Feld und erschlägt seinen Bruder.
Es ist der erste Mord, eigentlich eine Sensation. Doch Mose, der diesen Text schreibt, will keine großen Gefühle beim Leser wecken. Er stellt es als Faktum dar: So etwas passiert außerhalb von Eden.
Warum fällt das auf, dass es hier relativ nüchtern beschrieben wird? Morde in der Bibel werden manchmal ziemlich ausführlich geschildert. Zum Beispiel Jael und Sisera im Buch Richter oder wie Ehud den Eglon mit einem Messer tötet und die Eingeweide herausquellen.
Wenn das ein Film wäre, wäre er ab sechzehn oder achtzehn Jahren freigegeben. Dieser Text ist eher ab zwölf. Hier wird nichts groß ausgeschmückt.
Das bedeutet, die Botschaft des Bibeltextes ist: Ein Mord kommt vor – außerhalb von Eden. Ein Mensch, der ganz normal wirkt, der dein Nachbar sein könnte, der einer vernünftigen Arbeit nachgeht und aus einem guten Elternhaus stammt, ist zu so einer Tat fähig.
Das möchte der Text uns deutlich machen: Der Mensch außerhalb von Eden ist zu einer ganz schlimmen Tat fähig.
Und das ist eine Botschaft für uns. Denn wir tragen wie Kain die Sünde in uns. Kain ist der Erste, der die Sünde von Geburt an in sich trug. Wer die Sünde in sich trägt, wird sie irgendwann vollbringen – nicht unbedingt einen Mord, aber früher oder später eine Tat.
Neid als zerstörerische Kraft
Das Mordmotiv bei Kain war Neid. Lassen Sie uns nun ganz praktisch über Neid sprechen. Es ist ein Thema, über das vielleicht nicht so häufig in Gottesdiensten gesprochen wird, aber ich denke, es betrifft uns alle sehr stark. Neid hat eine zerstörerische Kraft – auch heute noch.
Ich habe einige Anzeigen mitgebracht, die nicht allzu alt sind. In einer wird von einem Mord aus Neid auf eine Nachbarwohnung berichtet. Ein Mann, der bereits zwei Menschenleben auf dem Gewissen hat, tötet seinen Nachbarn, weil dieser eine schönere Wohnung besitzt. Das Mordmotiv: Neid.
Die zweite Anzeige handelt von einer Hebamme. Dort gab es einen vierfachen Mordversuch im Kreißsaal. Die kinderlose Hebamme wurde offenbar von Neid getrieben – zumindest wird das als Überlegung angestellt.
Die dritte Anzeige stammt aus dem Jahr 2016 und ist ebenfalls relativ jung. Neid war das Motiv für eine lebenslange Haftstrafe wegen eines brutalen Mordes an einer Pianistin. Die Pianistin wurde getötet, weil sie besser spielen konnte. Man fasst sich an den Kopf, doch solche Dinge passieren auch heute.
Natürlich sind das Extrembeispiele, aber sie zeigen, wozu Neid einen Menschen führen kann. Auch im aufgeklärten 21. Jahrhundert sind Menschen bereit, aus Neid zu töten.
Ich möchte jetzt auf uns selbst zu sprechen kommen: Wo zeigt sich Neid in unserem Leben? Doch zuvor möchte ich Neid definieren, damit wir genau wissen, worüber wir sprechen.
Neid ist das schlechte Gefühl, das man hat, wenn andere etwas besitzen, das man selbst gerne hätte, aber nicht hat. Das können Besitztümer sein, Fähigkeiten, das Aussehen oder viele andere Dinge. Ein anderer hat sie, ich aber nicht. Ich will sie haben, und deshalb werde ich neidisch.
Neid zeigt sich in ganz unterschiedlichen Bereichen unseres Lebens. Zum Beispiel in der Schule: Dein Klassenkamerad hat ein besseres iPhone, du hast nur ein einfaches Smartphone ohne WhatsApp – da kann man als Teenager oder Jugendlicher schon mal neidisch werden.
Wenn wir an soziale Medien denken, an Netzwerke wie Facebook oder Instagram: Deine Freunde posten etwas und bekommen viele Likes. Du postest etwas und kaum jemand gibt dir ein Like. Da wirst du neidisch und fragst dich, warum die anderen so viel mehr Likes und Follower haben als du.
Auch im Berufsleben kann Neid entstehen. Du bewirbst dich intern auf eine andere Stelle, doch der Kollege wird genommen. Du fühlst dich zurückgesetzt und wirst neidisch, weil du die Stelle eigentlich haben wolltest.
Neid kann sogar in der Gemeinde am Sonntagmorgen auftreten. Du kommst in den Gottesdienst und stellst fest, dass Schwester XY schon wieder so tolle Kleidung trägt. Du hast nicht das Geld, um dir Ähnliches zu leisten. Dann sehen die anderen vielleicht auch noch besser aus, und du wirst neidisch. So etwas kann in Gemeinden vorkommen.
Das Tückische am Neid ist, dass er nicht so offensichtlich ist wie andere Sünden. Manche Sünden in der Gemeinde sind so klar, dass man sie anspricht. Aber Neid? Wie will man ihn sehen? Er beginnt im Herzen und oft bleibt er dort verborgen. Doch dort wird er wirklich bewegt.
Vielleicht wünschst du dir sehnlichst ein Kind, und es klappt nicht. Du siehst in der Gemeinde viele glückliche Familien mit Kindern. Dann kommt deine Freundin zu dir und sagt: „Ich bin schwanger.“ Wie reagierst du? Freust du dich mit ihr? Da kann Neid aufkommen.
Übrigens, auch bei älteren Geschwistern kann es zu Neid kommen, wenn der Wunsch nach Enkeln besteht. Man wird neidisch, wenn Schwester X und Bruder Y schon viele Enkel haben, man selbst aber noch nicht. Vielleicht grinst man darüber, doch das ist ein echter Punkt, mit dem auch ältere Geschwister zu kämpfen haben.
Vielleicht wünschst du dir als Single sehnlichst einen Partner. Du siehst die anderen glücklichen Paare in der Gemeinde, und du bist neidisch. Das ist nicht nur ein Problem bei jungen Leuten. Auch bei älteren, wenn man Witwe oder Witwer ist, kann Neid entstehen, wenn man andere sieht, die noch einen Partner haben.
Du bist bei Leuten zuhause eingeladen. Ihr fahrt hin, und du stellst fest, dass ihr Haus viel schöner eingerichtet ist als deins. Plötzlich packt dich der Neid: Warum wohnen wir in so einer ollen Hütte?
Du siehst andere Männer, die handwerklich sehr begabt sind – Brüder aus der Gemeinde, die ihr Auto reparieren oder Häuser in Eigenleistung bauen. Du hast zwei linke Hände und beneidest sie für ihre Fähigkeiten.
Du kommst in den Gottesdienst und siehst die perfekte Familie: Kinder sind gut erzogen, alle sind schick angezogen am Sonntagmorgen, sie fahren dreimal im Jahr in den Urlaub, haben einen guten Job, ein tolles Auto, und die Ehe läuft super. Bei dir zuhause geht es drunter und drüber. Da kann Neid aufkommen.
Neid kann sogar bei Pastoren entstehen. Ich habe mich selbst dabei ertappt. Man spricht mit anderen Pastoren, und einer berichtet, er habe dreißig Leute getauft. Plötzlich merke ich, dass ich neidisch werde, anstatt mich zu freuen, dass das Reich Gottes wächst.
Mir wurde bewusst, dass ich neidisch wurde, als ein Bruder predigte und sehr begabt war. Er konnte besser predigen als ich. Das muss ich offen bekennen: Da hat mich der Neid gepackt, und ich musste Buße tun.
Neid ist so tückisch. Neid ist eine schwerwiegende Sünde. Er entsteht immer dort, wo wir uns mit anderen vergleichen.
Was hat Kain gemacht? Er hat sein Opfer mit Abels Opfer verglichen. Sich zu vergleichen ist immer die Wurzel des Neides. Sie hat etwas, das ich nicht habe. Er kann etwas, das ich nicht kann.
Dort, wo wir uns vergleichen, entstehen Neidgefühle. Gerade die sozialen Netzwerke laden dazu ein. Alle posten Bilder, und man sieht, wie schön der Urlaub der anderen ist. Da kann uns der Neid packen.
Wir sollten auf der Hut sein.
Wege aus dem Neid: Praktische Ratschläge
Ich möchte ganz konkret drei Lösungsvorschläge geben, falls wir uns darin wiederfinden, dass uns der Neid packt.
Erstens: Ziehe deine ganze Freude ausschließlich aus der Beziehung zu Jesus Christus. Das klingt zwar grundlegend, aber ich bin zutiefst davon überzeugt, dass dies der Schlüssel gegen Neid ist. Neid entsteht nämlich dort, wo wir meinen, uns fehle etwas. „Er hat etwas, ich habe es nicht, ich hätte es gern“ – das bedeutet, wir empfinden einen Mangel.
Wenn wir uns in solchen Momenten jedoch vor Augen führen: „Nein, ich habe den Herrn“, und aus ihm beziehe ich all die Freude in meinem Leben, dann verändert das alles. Ein Psalmist sagt: „Wenn ich nur dich habe, so frage ich nicht nach Himmel und Erde.“ Wenn wir diese Einstellung haben – „Herr, ich habe dich, ich habe dein Wort, und auch wenn ich sonst nichts habe, bin ich dennoch froh, weil ich dich habe“ – dann ist das das beste Mittel gegen Neid.
Die Freude an Jesus und an all den geistlichen Segnungen, die wir in ihm haben, ist entscheidend. Wir können immer wieder sagen: „Jesus, du allein genügst mir.“ Wenn Gott alles ist, was wir haben, dann haben wir alles, was wir brauchen. Vielleicht haben wir keinen tollen Job oder kein schönes Haus, aber wir haben Gott. Und ich möchte immer wieder zu diesem Gedanken zurückkehren: „Herr, wenn ich dich habe, habe ich alles, was ich brauche. Du genügst.“
Zweitens: Freu dich mit den anderen. In Römer 12,15 heißt es: „Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden.“ Ich möchte auf den ersten Teil eingehen: „Freut euch mit den Fröhlichen.“ Wir denken oft, Freude sei nur ein Gefühl. Aber wusstest du, dass Freude auch eine Entscheidung ist? Sonst könnte sie ja nicht befohlen werden.
Die Bibel fordert uns nicht auf, uns einfach so zu fühlen. Wenn Freude ein Gebot ist, dann ist sie eine bewusste Entscheidung. Wenn ich mir zum Beispiel sehr ein Kind wünsche und meine Freundin mir sagt, sie ist schwanger, trifft mich das im ersten Moment vielleicht, weil ich es mir so sehr wünsche. Trotzdem kann ich mich in diesem Moment entscheiden, mich mit ihr zu freuen.
Das ist das beste Mittel gegen Neid: Wenn wir einen Bruder sehen, der so begabt ist, und Neid in uns aufkommt, können wir sagen: „Ich freue mich, dass Gott solche Menschen in seinem Reich hat.“ Ein Bruder, der gut predigen kann, oder sich in der Gemeinde engagiert – wir eliminieren den Neid, indem wir uns bewusst entscheiden, uns zu freuen.
Drittens: Mach dir bewusst, dass hier auf dieser Erde sowieso alles vergänglich ist. Ja, der andere hat viel mehr Geld und kann sich mehr leisten, aber das kann er nicht mitnehmen in die Ewigkeit. Ja, der andere hat einen Ehepartner, ich nicht, aber auch die Ehe ist vergänglich. Das fällt uns manchmal schwer vorzustellen, aber im Himmel gibt es keine Ehen mehr.
Ja, der andere sieht besser aus, aber Schönheit ist vergänglich. Im Himmel haben wir alle einen vollkommenen Körper. Wenn wir uns bewusst machen, dass auf dieser Erde alles vergänglich ist, dann hilft uns das, Neid zu überwinden. Denn oft meinen wir, wir müssten hier schon alles haben. Doch das ist nicht der Fall.
Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit im Umgang mit Kain
Jetzt gehen wir zurück zu Kain. Leider hat Kain nicht gesiegt; die Sünde beherrscht ihn. Er tötet seinen Bruder, und nun übernimmt Gott die Rolle des Ermittlers. Gott klärt den Mord auf.
Zunächst kommt es zu einem Verhör: Gott spricht mit dem Mörder. Wir wissen nicht, wie wir Menschen reagiert hätten. Hätten wir überhaupt noch mit einem Mörder gesprochen? Gott tut es. Wahrscheinlich hätten wir nur Verachtung für Kain empfunden und wären ihm aus dem Weg gegangen. Doch Gott sucht das Gespräch mit einem Mörder und stellt ihm eine Frage.
Da fragte der Herr Kain: „Wo ist dein Bruder Abel?“ Warum stellt Gott so eine Frage? Er hat bereits Adam und Eva beziehungsweise Adam nach dem Sündenfall gefragt: „Wo bist du?“ Gott wusste genau, wo Adam war. Dennoch stellt er die Frage, damit der Mensch darüber nachdenkt. Das Gleiche gilt hier bei Kain. Natürlich weiß Gott, wo Abel ist. Aber er stellt die Frage, damit Kain die Sünde bekennen kann.
Ich denke, wir lernen zwei Dinge aus dieser Frage. Erstens geht Gott selbstverständlich davon aus, dass Kain eine Verantwortung für Abel hat. Er sagt: „Wo ist dein Bruder Abel?“ Vielleicht ein kurzer Exkurs: Weißt du eigentlich, wo dein Bruder ist? Weißt du, wie es um deinen Bruder steht? Das ist hier zwar nicht das Hauptthema, aber Gott erwartet, dass Kain Verantwortung für Abel übernimmt.
Zweitens möchte Gott mit dieser Frage vor allem Kain überführen. Er gibt ihm die Möglichkeit, Sünde zu bekennen. Ein Mörder hätte hier Buße tun können.
Wie reagiert Kain auf diese Frage? Vers 10: „Ich weiß es nicht“, entgegnete Kain. „Soll ich etwa ständig auf ihn aufpassen?“
Drei Dinge fallen hier auf. Erstens: Kain lügt Gott ins Angesicht. Er sagt „Ich weiß es nicht“, obwohl er es natürlich weiß. Abel liegt tot auf dem Acker. Zweitens verneint er jegliche Verantwortung für seinen Bruder. Er macht Gott sogar einen Vorwurf: „Wie kannst du so eine Frage stellen? Ich bin doch nicht für meinen Bruder verantwortlich.“ Doch, das ist er. Drittens übernimmt Kain keine Verantwortung für seine Tat. Er weigert sich, Schuld zuzugeben.
Diejenigen, die gestern Abend dabei waren, haben das Schuldbekenntnis von Adam und Eva gesehen. Es war nicht ganz so, wie es sein sollte. Der eine schob die Schuld auf den anderen, aber immerhin sagten sie am Ende: „Ich habe gegessen.“ Kain hingegen lügt völlig. Es gibt kein Schuldbekenntnis, keine Reue. Er gibt seine Schuld nicht zu. Typisch Mensch: Wir wollen nicht für unsere Sünden verantwortlich gemacht werden.
Er lügt, und wenn Kain lügt, dann beantwortet Gott die Frage eben selbst. Doch der Herr sprach in Vers 10: „Was hast du getan? Hörst du nicht, das Blut deines Bruders schreit zu mir?“
Diese Frage „Was hast du getan?“ ist keine wirkliche Frage, sondern eher ein Ausruf Gottes. Eigentlich müsste hier ein Ausrufezeichen stehen. Es ist ein Ausruf: „Wahnsinn, Kain, was hast du da getan?“ Das Blut, ich höre da etwas. Es ist eine Stimme, die kein Mensch hören kann – die Stimme des Blutes. Aber Gott kann sie hören. Gott weiß genau, was passiert ist.
Kain wollte Abel auf dem Feld irgendwie beseitigen, wo es niemand sieht. Doch einer hat es immer gesehen, einer sieht es immer – und das ist Gott. Gott hört das Blut der Erschlagenen. Übrigens hört Gott auch das Blut der Kinder, die im Mutterleib getötet werden. Gott entgeht keine Ungerechtigkeit auf dieser Welt; sie schreit zum Himmel. Gott entgeht auch deine und meine Sünde nicht.
Heute Abend werden wir wieder die Möglichkeit haben, Sünden zu bekennen. Wenn Gott dich von Sünde in deinem Leben überführt, wirst du auch heute Abend wieder die Chance bekommen, Buße zu tun und Vergebung zu empfangen.
Das Interessante ist, dass Gott in diesem Kriminalfall nicht nur der Ermittler ist, sondern auch der Richter. Er spricht in den Versen 11 und 12 die Strafe aus:
„Deshalb sollst du verflucht sein und musst den Acker verlassen, den du mit dem Blut deines Bruders befleckt hast. Er wird keinen Ertrag mehr bringen, auch wenn du noch so hart arbeitest. Von jetzt an sollst du ein Flüchtling sein, der heimatlos von Ort zu Ort irrt.“
Kain wird verflucht. Bisher wurden nur die Schlange und der Ackerboden verflucht, noch kein Mensch. Adam und Eva wurden nicht verflucht, das steht so nicht im Text. Sie bekamen zwar Konsequenzen: Bei Eva eine erschwerte Geburt, bei Adam erschwerte Arbeitsbedingungen. Aber sie wurden nicht verflucht.
Jetzt wird zum ersten Mal ein Mensch verflucht. Das bedeutet, wir haben hier eine Steigerung der Bestrafung, und die Strafe entspricht dem Vergehen. Auf dem Acker wurde Abel umgebracht, und der Acker bringt keinen Ertrag mehr.
Was hat Kain mit diesem Mord seiner Familie angetan? Er hat großen Kummer über die ganze Familie gebracht. Sein Zuhause, seine Familie verliert er jetzt. Das ist der zweite Teil der Strafe.
Wir sehen hier im Text das erste Familiendrama. Kain hat alles kaputt gemacht, die Familienbeziehung ruiniert. Seine Sünde hat so tragische Auswirkungen. Und, ihr Lieben, Sünde hat immer tragische Auswirkungen.
Ich habe kürzlich von einem Bibelschullehrer in Amerika gehört: Ein verheirateter Mann begeht Ehebruch mit einer Schülerin. Die Sache kommt ans Licht. Was für ein Leid für seine Frau! Er hat seine Ehe ruiniert, seine Familie. Was denken seine Kinder über ihn? Er verliert seinen Job als Bibelschullehrer, seinen Ruf. Er hat sein Leben mit einer Sünde völlig ruiniert.
Genau das ist es, was Satan möchte. Satan hat eine Agenda für mein Leben und für dein Leben. Er will dich kaputt machen. Er will dich immer weiter in die Sünde führen. Am Anfang denken wir, es sei harmlos, aber irgendwann merken wir, dass wir da selbst nicht mehr herauskommen. Satan will uns immer und immer wieder weiterführen.
Ich habe gestern Abend erst wieder eine E-Mail von einem Mann aus einer anderen Gemeinde mit einem seelsorgerlichen Anliegen erhalten, das ich hier natürlich nicht nennen werde. Das zeigt mir noch einmal: Sünde hat eine Dynamik. Sünde ist nicht statisch. Sünde wird immer stärker, und die Konsequenzen werden immer heftiger.
Kain begeht hier einen Mord, und er ruiniert alles. Weißt du, falsche Entscheidungen in deinem Leben können so viel ruinieren. Sei dir dessen bewusst.
Ich möchte dich warnen mit den Worten, mit denen Gott auch Kain warnte: „Wenn du jedoch Böses planst, lauert die Sünde auf dich. Sie will dich zu Fall bringen. Aber du herrsche über sie.“
Kains Einspruch und Gottes Gnade
In den Versen 13 und 14 geschieht etwas, das es in dieser Situation so noch nie gegeben hat: Das Geschöpf erhebt Einspruch gegen den Schöpfer.
Niemand entgegnete dem Herrn: „Meine Strafe ist zu hart, ich kann sie nicht ertragen. Du vertreibst mich heute von meinem Land, und ich muss mich vor dir verstecken. Ich werde ein heimatloser Flüchtling sein, der von Ort zu Ort irrt. Jeder, der mir begegnet, wird mich töten.“
Keiner sagt: „Es ist zu hart, Gott.“ Man kann sich nur an den Kopf fassen. Was hat er jetzt noch einzuwenden? Er kann froh sein, dass er überhaupt noch lebt. Aber Cain sagt: „Gott, die Strafe ist zu hart, weil ich kein Zuhause mehr habe. Und wenn ich einfach so herumlaufe, bin ich ja freiwillig für alle da. Die können mich ja alle töten.“
Die Frage entsteht natürlich: Wer kann ihn töten? Wer lebt denn noch? Vielleicht haben wir uns diese Frage noch nie gestellt. Aber wer ist hier eigentlich gemeint? Abel ist tot. Also leben momentan nur noch Adam und Eva. Seine Eltern werden ihn wahrscheinlich nicht töten. Einige bibelkritische Aussiger sagen, es hätten mehrere Familien unabhängig von Adam und Eva existiert. Ich denke nicht, dass das dem biblischen Befund entspricht.
Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass die Menschen damals viel, viel länger lebten. Ein Leben war damals viel länger, und es gab schon viele Menschen, die natürlich alle irgendwo aus der Familie stammen. Aber genau darin besteht auch die Gefahr. Im Alten Testament gab es das Konzept der Blutrache. Der Bluträcher kam immer aus der Familie des Ermordeten.
Vielleicht fürchtet Cain in Zukunft irgendwann, dass andere nachkommen. Vielleicht denkt er hier auch an Tiere. Ich vermute aber nicht, dass er wilde Tiere meint. Wie auch immer, diese Frage ist eigentlich nicht zu entscheiden.
Viele interpretieren diesen Text danach, wie Cain reagiert. Cain ist bekümmert. Wenn wir jetzt nicht seine Worte hören würden, sondern nur sein Gesicht sehen könnten, würden wir vielleicht denken, er sei ein reumütiger Sünder. Vermutlich weint Cain, als er Gott sagt: „Die Strafe ist zu hart.“
Hier müssen wir sehen, dass es in der Bibel falsche Trauer und richtige Trauer über Sünde gibt. David hat wirklich über seine Sünde mit Bathseba getrauert. Er hat Buße getan, und seine Trauer war darin begründet, dass er gegen Gott selbst gesündigt hatte.
Manchmal ist es möglich, dass Menschen in der Seelsorge traurig sind, aber eigentlich nur, weil die Sünde herausgekommen ist und sie jetzt in einem schlechten Licht dastehen. Oder sie sind traurig, weil negative Konsequenzen eingetreten sind.
Was hier fehlt, ist eine echte Reue darüber, was Cain eigentlich gegen Gott getan hat. Echte Reue bekennt in erster Linie die Sünde gegenüber Gott. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Cain ist traurig, weil ihm die Konsequenzen zu hart sind.
Umso erstaunlicher ist, dass Gott mit einer Strafmilderung reagiert. Hier zeigt sich Gottes Wesen. In Vers 15 heißt es: „Doch der Herr antwortete ihm: Wenn nicht jemand dich tötet, sollst du siebenmal gerecht werden.“ Und er versah Cain mit einem Zeichen, damit niemand ihn töten würde.
Zur Klarstellung: Gott ändert die Strafe nicht, aber er schützt Cain. Er sagt zu Cain: „Wenn dich jemand umbringt, sollst du siebenfach Rache nehmen.“ Ich denke, die Zahl sieben ist hier symbolisch und steht für eine vollständige Rache.
Gott verspricht, den Mörder Cain zu beschützen und macht ihm ein Zeichen. Wir wissen nicht, wie das Zeichen aussah, aber anhand dieses Zeichens konnte jeder erkennen, dass dieser Mann von Gott persönlich beschützt wird.
Gott ist so gnädig. Er ist viel gnädiger als wir Menschen. Was hätten wir Menschen mit diesem Mörder getan? Gott hat vergeben. Wir Menschen sind oft nachtragend.
In unserer Gemeinde gab es einen Mann, der in seiner Vergangenheit eine Bank überfallen hat. Jetzt ist er Gemeindemitglied geworden – ein ehemaliger Bankräuber. Ich muss ganz ehrlich sagen: Immer wenn ich diesen Bruder sehe, denke ich an den Bankraub. Wir Menschen sind nachtragend.
In einer Tochtergemeinde gab es jemanden, der seinen Schwiegervater getötet hat. Er erzählt sein Zeugnis, und plötzlich kreisen meine Gedanken darum: Wie hat er seinen Schwiegervater umgebracht? Wir Menschen sind nachtragend.
Wir können nicht sagen, dass Cain um Vergebung gebeten hat. Aber was wir hier sehen, ist, dass Gott ihn viel besser behandelt, als er es verdient hat. Gott geht mit Sündern anders um, als wir Menschen mit anderen Sündern umgehen. Gott ist viel gnädiger.
Und auch wenn du nicht viel mit Gott zu tun hast oder dich bisher nicht für ihn interessiert hast, sollst du wissen, dass Gott auch die Sonne über Gerechte und Ungerechte aufgehen lässt. Gott ist gnädig gegenüber seinem Geschöpf.
Aber am Ende, weil Gott auch gerecht ist, muss es zur Strafe kommen. In Vers 16 heißt es: „Dann verließ Cain die Gegenwart des Herrn und ließ sich im Land Nod östlich von Eden nieder.“
Das ist die Konsequenz der Sünde: Es gibt immer eine Trennung von Gott. Ja, das Geschöpf steht immer noch unter einem gewissen Schutz des Schöpfers, aber es hat keine Beziehung mehr zu ihm.
Schlussbetrachtung: Entscheidungen prägen das Leben
Und hier müssen wir ganz am Ende im letzten Vers eine Geschichte sehen, die so hoffnungsvoll begann – von Kain – und so tragisch endet.
Als Pastor führt man immer wieder Beerdigungen durch, und es gibt unterschiedliche Arten davon. Das habe ich relativ schnell feststellen können. Es gibt viele hoffnungsvolle Beerdigungen. Da ist zum Beispiel eine Schwester, die mit 87 Jahren heimgegangen ist. Sie hat ihr Leben lang mit Gott gelebt, war eine ganz treue Seele in der Gemeinde und verstirbt im hohen Alter. Solche Beerdigungen sind einfach hoffnungsvoll und eindeutig.
Dann gibt es aber auch tragische Beerdigungen. Da stirbt jemand, der Gott völlig aus seinem Leben ausgeklammert hat. Du liest den Lebenslauf durch und stellst fest: Es begann eigentlich hoffnungsvoll, aber irgendwann hat diese Person verheerende Entscheidungen getroffen – etwa im Umgang mit Alkohol – und ist dann in der Alkoholsucht gelandet. Genau das hat sie letztlich umgebracht. Du liest das und denkst: Mann, das Leben hätte so anders verlaufen können, aber diese Person hat falsche Entscheidungen getroffen.
Wir lernen aus dieser Geschichte – und damit schließe ich jetzt auch gleich den ersten Vortrag – dass die Entscheidungen, die wir treffen, den weiteren Verlauf unseres Lebens bestimmen. Wenn du Gott konsequent aus deinem Leben ausklammerst, hat das Auswirkungen auf dein Leben. Wenn du falsche Entscheidungen triffst und keine Buße tust, sondern weiter in der Sünde lebst, wirst du dein Leben ruinieren.
Jemand hat mal gesagt: Unser Leben ist wie eine Münze. Wir können sie überall ausgeben, aber nur einmal. Die Frage ist: Wo gibst du dein Leben aus? Was hast du für Prioritäten? Welche Entscheidungen triffst du? Sei dir dessen bewusst: Du lebst nur einmal. Triff gute Entscheidungen.
Ich habe zu Beginn der Predigt gesagt: Ein guter Anfang garantiert noch kein gutes Ende. Aber weißt du, das Gegenteil ist auch wahr: Ein schlechter Anfang muss noch kein schlechtes Ende bedeuten. Auch wenn du momentan nicht auf dem richtigen Weg bist, aber den Eindruck hast, Gott rede zu dir, möchte ich dich ermutigen, heute eine gute Entscheidung zu treffen.
Wir sind immer nur einen Schritt von Gott entfernt – auch wenn Satan uns einredet, es sei schon so viel falsch gelaufen in deinem Leben, dass es Jahre dauern würde, das wieder hinzubekommen. Das ist eine Lüge. Wir sind immer nur einen Schritt von Gott entfernt.
Ich möchte dich einladen: Wenn du festgestellt hast, dass du dich auf einem falschen Weg befindest – auf dem Weg in der Sünde oder auf einem Weg mit falschen Entscheidungen – dann kehre um. Glaub nicht der Lüge Satans. Du bist nur einen Schritt von Gott entfernt, aber diesen Schritt musst du gehen. Ich lade dich ein, diesen Schritt heute zu gehen.
Wir werden jetzt gleich in die Pause gehen. Ich werde gleich dafür beten. Während der Pause werde ich hier vorne sitzen bleiben. Wenn du ein Gespräch wünschst, kannst du gerne auf mich zukommen. Ich bin gern bereit, mit dir zu beten. Du kannst auch eine andere Vertrauensperson ansprechen, die heute hier ist, und einen Neuanfang machen.
Dein Leben muss nicht so enden wie das Leben von Kain. Wir können gute Entscheidungen treffen, und die beste Entscheidung ist die Entscheidung für Jesus Christus. Dafür möchte ich gerne noch beten. Lass uns dazu aufstehen.