Philipper 3, Vers ... Nein, da sind wir noch nicht.
Philipper 2, das ist der zweite Vortrag.
Ab Vers 19 geht es weiter.
Einheit und Hingabe als Grundlage des gemeinsamen Dienstes
Ich möchte noch einmal auf das zurückblicken, was hinter uns liegt, und zwar auf den Philippabrief Kapitel 2. Am Anfang geht es dort um das Thema, gemeinsam zum Wohl des Evangeliums zu arbeiten.
Paulus sagt: Wenn ihr wirklich zusammenarbeiten wollt, dann braucht ihr eine Einheit untereinander als Gemeinde, als Geschwister. Ihr müsst dieselbe Gesinnung, dieselbe Ausrichtung und dasselbe Ziel haben. Man könnte sagen: Ihr braucht Liebe, sogar dieselbe Liebe. Ihr braucht Harmonie und eine Haltung, in der man sich gegenseitig hilft. Dabei soll niemand versuchen, nur das Seine aus der Beziehung herauszuziehen, sondern das Wohl des anderen suchen.
Dann kommt das Vorbild des Herrn Jesus, der uns zeigt, wie das eigentlich geht.
Ich habe hier ein älteres Buch, das sich mit dem Evangelium und den Kirchen beschäftigt – ein altes Dogmatikbuch. Darin habe ich einen ganz tollen Satz gefunden, den ich unbedingt vorlesen möchte. Die Sprache ist vielleicht nicht ganz unsere, aber der Inhalt ist großartig. Dort heißt es: Die Kirche ist Herold Jesu Christi.
Ein Herold ist so etwas wie ein PR-Manager. Die Kirche ist nicht einfach etwas, dem dieser Auftrag zusätzlich zufällt, also dass wir irgendetwas sind und dann außerdem noch Herold. Sie ist nicht der Leib Christi, an dem einzelne Glieder die Aufgabe hätten, Christus zu verkündigen. Vielmehr macht die Verherrlichung Christi diesen Leib aus.
Das ist ein schwieriger Satz: Die Verherrlichung Christi macht Gemeinde eigentlich erst zur Gemeinde.
Dann schreibt der Autor weiter: Die Kirche ist nicht Kultgemeinde oder Erbauungsgemeinschaft, die gelegentlich einen Vorstoß in die gottentfremdete Welt unternehmen müsste. Vielmehr ist die Kirche Mission – oder sie ist gar nichts.
Die Kirche ist Mission – oder sie ist gar nichts.
Das sind ganz deutliche Worte. Hier geht es um die Auslegung der Barmer Erklärung, und ich finde es ganz fantastisch, wie das hier auf den Punkt gebracht wird. Wir sind nicht erst Kirche und evangelisieren dann, sondern wir sind Kirche, weil wir evangelisieren. Das ist unsere Mission, das ist unser Auftrag.
Ich denke, gerade in unserer modernen Zeit muss man an dieser Stelle vorsichtig sein. Man macht sich oft Gedanken darüber, was eigentlich das Ziel der Gemeinde ist und was das Wichtige daran ist. Dabei gehört zum Evangelium und seiner Verbreitung in seiner großen Form eine Vielzahl von Aufgaben, denen wir tatsächlich die Priorität einräumen sollten, die ihnen gebührt.
Jesus und seine Nachfolger als Vorbilder im Dienst
Der Herr Jesus war das Vorbild schlechthin, um zu lernen, was es bedeutet, demütig zu sein, sich hinzugeben, sich einzusetzen und nicht am eigenen Willen festzuhalten.
Nun kommen zwei andere Vorbilder, die etwas bodenständiger und erdverbundener sind: Timotheus und Epaphroditus. Timotheus ist ein außergewöhnlicher Mitarbeiter, mit dem wir beginnen wollen. Paulus arbeitet schon lange mit ihm zusammen. Als die Gemeinde in Philippi gegründet wurde, war Timotheus bereits dabei. Er kennt die Gemeinde von Anfang an, und die Gemeinde kennt ihn ebenso von Beginn an.
Deshalb heißt es in Philipper 2,19: „Ich hoffe aber im Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch zu senden, damit auch ich guten Mutes sei, wenn ich um euer Ergehen weiß.“
Das ist ein schöner Satz: „Ich hoffe, Timotheus bald zu euch zu senden.“ Das Wort „Hoffnung“ im Neuen Testament kann unterschiedliche Bedeutungen haben. Es kann einerseits für eine sichere Erwartung stehen. Bestimmte Dinge hoffen wir nicht nur so halbherzig oder mit Zweifeln, sondern wir sind uns ganz sicher. Zum Beispiel haben wir eine sichere Hoffnung auf Verherrlichung. Wir sind uns sicher, dass wir einmal in das Bild Christi umgestaltet werden. Diese Hoffnung ist ganz fest, da gibt es keinen Zweifel.
Wir hoffen auch in dem Sinne, dass der Herr Jesus wiederkommt. Auch das wissen wir ganz sicher. Trotzdem bedeutet das Wort „hoffen“ hier etwas wie „Ich hoffe auf etwas, bin mir aber nicht ganz sicher, wie es kommen wird.“
„Ich hoffe im Herrn Jesus“ – das heißt, der Herr Jesus ist derjenige, von dem unsere Hoffnung abhängt. Unsere Hoffnung ist abhängig vom Herrn Jesus. Ich kann mir etwas überlegen, ich kann etwas planen. Ich kann denken: Wenn ich dies und das mache, dann wird das und das herauskommen. Ich kann mir etwas wünschen. Aber letztendlich ist unsere Hoffnung oder unser Hoffen immer ein Hoffen im Herrn Jesus.
Die Abhängigkeit unserer Pläne von Gottes Willen
Ich denke, diese Stelle kenne ich aus dem Jakobusbrief. Schlagen wir gemeinsam Jakobus 4 auf. Ich lese ab Vers 13 vor, und mir geht es besonders um Vers 15.
In Vers 13 heißt es: „Wohl an nun, die ihr sagt: Heute oder morgen wollen wir in die und die Stadt gehen, dort ein Jahr zubringen, Handel treiben und Gewinn machen, ihr, die ihr nicht wisst, wie es morgen um euer Leben stehen wird. Denn ihr seid ein Dampf, der eine kleine Zeit sichtbar ist und dann verschwindet.“ Stattdessen sollt ihr sagen: „Wenn der Herr will und wir leben, werden wir auch dieses oder jenes tun.“
Wir müssen planen, das ist logisch. Aber wir sollten immer im Hinterkopf behalten, dass es der Herr ist, der all unsere Pläne relativiert. Wir sollen planen, klug unser Leben leben und uns sogar auf Schwierigkeiten vorbereiten, die kommen werden.
In den Sprüchen heißt es einmal: „Das Pferd wird gerüstet für den Tag der Schlacht.“ Das bedeutet, jemand überlegt sich genau, was er für diesen Tag braucht. Aber es geht weiter: „Die Rettung ist Sache des Herrn.“ Am Ende, wenn jemand sagt: „Jetzt habe ich es geschafft“, liegt das bei Gott.
Ich habe euch das, glaube ich, schon beim Römerbrief gesagt. Der Römerbrief ist wahrscheinlich das literarische Werk, das in der gesamten Weltgeschichte am meisten bewirkt hat. Zumindest wüsste ich nichts, das mehr bewirkt hätte. Menschen sind beim Lesen darüber zerbrochen, haben das Evangelium verstanden und Strömungen losgetreten. Ich denke an Augustinus, Luther, Wesley – und man könnte die Liste fortsetzen. Ein und derselbe Brief hat Millionen inspiriert.
Wenn man aber schaut, warum dieser Brief geschrieben wurde, dann wusste Paulus selbst, dass es ein absoluter Frustbrief ist. Paulus wollte nach Rom, er betete darum und strengte sich an, dorthin zu kommen. Doch selbst als er den Römerbrief schrieb, waren es mindestens zweieinhalb Jahre bis zu seiner Ankunft in Rom. In den zwei Jahren dazwischen saß er im Gefängnis. Das ist totaler Frust. Er sagt: „Ich möchte so gern, aber ich darf nicht; ich bete darum.“ Aus diesem Frust heraus schrieb er den Brief nach dem Motto: „Na, wenn ich schon nicht kommen kann, dann schreibe ich euch wenigstens meinen Brief.“
Stellt euch mal vor, Paulus wäre gleich hingefahren – wir hätten den Römerbrief nicht. So denke ich manchmal: Wir beten für eine Sache, erleben, wie wir hoffen, ringen, beten, uns anstrengen, und dann macht Gott Türen zu. Wir fragen uns: „Vater im Himmel, warum?“ Oft genug erleben wir aber lange Zeit später im Rückblick, wie gut das war.
Ich weiß das aus meinem eigenen Leben. Ich habe darum gebetet und gerungen, eine Doktorarbeit machen zu dürfen. Ich dachte, das kann doch nicht so schwer sein. Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem ich sagte: „Vater, wenn du die Türen zumachst, dann mache ich halt keine.“ Und Gott machte die Tür zu. Ich fasste den Entschluss, meinen Weg an dieser Stelle zu ändern.
Ein halbes Jahr später begann ein ganz anderer Weg, der mich auf eine Kurzbibelschule führte. Letztendlich war das die Vorbereitung, drei Jahre später in den vollzeitlichen Dienst zu gehen. Ich merkte, dass an dem Weg, wo ich immer hinwollte, ein Stoppschild stand. Ich musste zur Seite gehen. Jahre später dachte ich: „Halleluja, Mann, bin ich froh, dass ich das damals nicht gemacht habe!“
So ist es immer, wenn wir hoffen und uns etwas vornehmen. Paulus schreibt in 1. Korinther 16,7: „Denn ich hoffe, einige Zeit bei euch zu bleiben, wenn der Herr es erlaubt.“ Und in 1. Korinther 4,19: „Ich werde aber bald zu euch kommen, wenn der Herr will.“
Wir müssen das nicht immer sagen, und wir sind nicht frommer, wenn wir diese Floskel ständig anführen. Aber lasst es zumindest in unserem Denken immer mitlaufen: Wir planen.
Gestern hatte ich Gespräche mit den Ältesten, und heute habe ich angefangen, für nächstes Jahr zu planen, was man machen könnte und wie man das zusammenbasteln kann. Während ich durch meinen Spandauer Forst gehe, hoffe ich, gute Gedanken zu haben. Aber im Hinterkopf weiß ich: Ich weiß nicht, ob ich nächstes Jahr noch lebe.
Wir können planen, aber wir können nur das tun, was der Herr zulässt. Ich denke, das ist eine ganz grundsätzliche und gute Einstellung, wenn wir das immer wieder bedenken.
Timotheus als Vorbild für aufrichtige Sorge und bewährten Dienst
In diesem Fall hofft Paulus im Herrn, Timotheus bald zu senden. Er sagt: „Ich habe da einen, und wenn ich ihn zu euch schicke und er wieder zurückkommt, werde ich durch das, was ich höre, ermutigt.“ Das ist sein Wunsch.
Dann stellt er uns Timotheus vor und zeigt zwei Stärken dieses Mitarbeiters.
Erstens, in Vers 20: „Denn ich habe keinen Gleichgesinnten.“ Das ist etwas schwierig zu verstehen. In der Elberfelder Bibel steht in eckigen Klammern „ihm“, also wörtlich: „Ich habe keinen ihm Gleichgesinnten.“ Wir wissen nicht genau, worauf sich das „Gleichgesinnt“ bezieht. Es kann bedeuten: „Ich habe keinen wie ihn.“ Das würde so viel heißen wie „Er ist einfach mein bester Mann.“ Es könnte aber auch heißen: „Ich habe keinen mir Gleichgesinnten.“ Das würde bedeuten, dass Timotheus ihm seelenverwandt ist und seine Einstellung zu den Gemeinden teilt.
Es spielt keine große Rolle, was genau gemeint ist; wir wissen es nicht genau. Timotheus ist auf jeden Fall derjenige, der, ich lese den ganzen Satz: „Denn ich habe keinen Gleichgesinnten, der aufrichtig für das Eure besorgt sein wird.“ Timotheus ist jemand, den man senden kann, weil er aufrichtig ist – ohne Hintergedanken sorgt er sich um andere. Das ist großartig.
Wir müssen Timotheus verstehen: Warum arbeitet Paulus so gerne mit ihm? Wenn man die Biografie von Timotheus liest, bekommt man den Eindruck, dass Timotheus jemand ist, den man immer ein bisschen behutsam behandeln muss. Er ist nicht der Typ, den Paulus schickt, wenn es in Korinth nicht läuft – das wäre Titus. Titus ist eher ein Bulldozer, der einfach durch die Wand geht und die Gemeinde zurechtrückt.
Bei Timotheus schreibt Paulus: „Geht bitte lieb mit ihm um, behandelt ihn nicht zu hart, achtet darauf!“ Timotheus bekommt in den Timotheusbriefen Ermutigung mit: „Komm, mach das, halte daran fest, fache die Gnadengabe an und bleib dabei!“ Wir merken, dass Timotheus ein Mann ist, der wahrscheinlich immer wieder Ermutigung braucht.
Warum arbeitet Paulus so gerne mit so einem Typen? Paulus selbst ist ein Kämpfer, der einfach in die Stadt geht, in der Synagoge das Evangelium predigt, wenn es nicht klappt, geht er zu den Heiden, gründet Gemeinden, wird vielleicht aus der Stadt geworfen oder sogar gesteinigt – und macht weiter. Warum arbeitet er so gern mit Timotheus zusammen?
Weil Timotheus etwas hat, das Paulus für einen Mitarbeiter essentiell findet. Er ist jemand, der aufrichtig für andere besorgt ist. Timotheus sieht die Menschen nicht danach, was sie ihm geben können oder wie sie ihm nützlich sind. Er denkt nicht: „Ah, das ist ein guter Handwerker, um den kümmere ich mich, dann macht er meine Wasserhähne wieder ganz.“ Nein, Timotheus fragt: „Wie kann ich mich in den anderen investieren?“
Paulus sagt, er hat keinen ihm Gleichgesinnten. Das heißt nicht, dass Paulus keine anderen kennt, aber von den Leuten, auf die er zurückgreifen kann, gibt es keinen, der so wäre wie Timotheus – jemand, der aufrichtig für das Wohl der anderen sorgt. Denn alle anderen suchen ihr eigenes. Das bezieht sich auf die Menschen, die Paulus sonst zur Verfügung stehen und die er hätte schicken können. Er weiß, wenn es hart auf hart kommt, suchen sie ihren eigenen Vorteil.
Ihre Motivation zum Dienst ist nicht bedingungslose Liebe oder uneigennützige Hingabe. Tief in ihnen steckt eher die Erwartung, aus der Beziehung etwas für sich herauszuschlagen.
Das wirft eine wichtige Frage auf: Warum dienen wir? Was erwarten wir vom Dienst? Wenn wir uns um andere sorgen, haben wir dann im Hinterkopf das Denken „eine Hand wäscht die andere“? Wenn ich mich investiere, bekomme ich dann etwas zurück? Vielleicht können wir das nie ganz ausschalten, aber es wäre wünschenswert.
Der eine Pluspunkt von Timotheus und das, was einen guten Arbeiter auszeichnet, ist diese Sorge um andere Menschen. Wenn du jemanden hast, der Menschen liebt und sich um sie kümmert, dann kann dieser Mensch auch schüchtern sein. Er muss nicht der beste Prediger sein oder in allem perfekt. Aber du weißt: Wenn ich ihn losschicke, hat er die anderen im Blick.
Zweitens, Vers 22: „Ihr kennt aber seine Bewährung, dass er wie ein Kind dem Vater mit mir am Evangelium gedient hat.“ Hier blickt Paulus zurück auf die Zeit, als er mit Timotheus und anderen zu den Philippern kam. Er fragt: „Erinnert ihr euch, wie Timotheus gearbeitet hat? Was für ein Typ war er?“
Man erinnert sich an die enge Verbindung zwischen Paulus als geistlichem Vater und Timotheus als geistlichem Kind. In der damaligen Zeit war es ganz normal, dass ein Rabbiner seinen Schüler als Kind bezeichnete. Das klingt für uns heute etwas fremd, aber damals war das üblich.
Paulus sagt also: Wenn ihr zurückdenkt, was war Timotheus für einer? Wie hat er seinen Dienst getan? Die Philipper erinnern sich an jemanden, der erprobt und geprüft wurde. Er hat sich als zuverlässig erwiesen und wurde von Paulus sicher für verschiedene Aufgaben eingesetzt.
Vielleicht hat er mal eine Straßenpredigt gehalten, vielleicht eine Gemeinde geleitet – und er hat es gut gemacht. Man hat gesehen, dass eine enge Verbindung zwischen Paulus und Timotheus besteht. Die Philipper erinnern sich daran, dass Timotheus wirklich ein Diener war.
Die Bewährung zeigt sich durch den Dienst. Viele in der Gemeinde werden sagen: „Ja, damals, als ich zum Glauben kam, hat Timotheus einen Anteil daran gehabt.“
Das sind die zwei Charakteristika, die einen Timotheus auszeichnen: Erstens ehrliche Sorge um andere Menschen – ein Vorbild, in dem wir wachsen können. Zweitens Erprobtheit und Bewährung – jemand, der bereit war, in einer engen Beziehung mit einem geistlichen Mentor unter schwierigen Bedingungen zu lernen, Aufgaben zu übernehmen und zu erledigen. Dadurch ist er gewachsen und wurde für andere ein Vorbild.
So einen Typ möchte Paulus zu den Philippern schicken.
Vers 23: „Diesen nun hoffe ich sofort zu senden, sobald ich meine Lage überschaue.“ Paulus sagt damit, dass er Timotheus heute noch nicht schicken kann. Er würde ihn gern senden und viel darum geben, wenn er von der Gemeinde hören könnte. Wenn Timotheus zurückkommt, kennt er die internen Verhältnisse und kann Paulus einen Eindruck vermitteln, wie es der Gemeinde geht.
Aber Paulus kann ihn im Moment noch nicht schicken, weil er seine Lage nicht überblickt. Er weiß nicht, wie das Gerichtsverfahren ausgeht und ob er lebend darauskommt. Solange braucht er Timotheus hier bei sich.
Vers 24: „Ich vertraue aber wieder im Herrn darauf, dass ich auch selbst bald kommen werde.“ Paulus macht klar, dass der Besuch von Timotheus kein Ersatz für seinen eigenen Besuch ist.
Hier haben wir also ein großes Vorbild. Wir suchen Menschen, die uns vorleben, was es heißt, würdig des Evangeliums zu wandeln und so zu leben, wie Jesus lebt. Timotheus ist so ein Mann. Er war bereit zu lernen, sich in Menschen zu investieren, seine Bewährung ist bekannt, und er hat gerne gedient.
Epaphroditus als treuer Mitarbeiter und Bruder im Dienst
Das ist der eine, es gibt einen zweiten: Epaphroditus. Timotheus kann er nicht schicken, Epaphroditus schon (Vers 25).
Ich habe es aber für nötig gehalten, Epaphroditus, meinen Bruder, Mitarbeiter und Mitstreiter, euren Abgesandten und Diener meines Bedarfs zu euch zu senden.
Dieser Epaphroditus ist auch so eine Kanone. Timotheus kann er nicht schicken, Epaphroditus schon. Darin liegt keine Missbilligung, das ist ganz wichtig. Er schickt ihn zurück, nicht weil er sagt: „Naja, mit dem kann man eh nichts anfangen, nur gut, dass der endlich weg ist.“ Darum geht es überhaupt nicht.
Epaphroditus – der Name ist von Aphrodite abgeleitet. Aphrodite sagt euch sicher etwas, es hat mit Liebe zu tun. Der Name bedeutet so viel wie „der Liebenswerte“ oder „der Betörende“. Das ist auch so ein Name, bei dem man sich fragt, wie Leute darauf kommen, ihn ihrem Sohn zu geben. Man kann annehmen, dass seine Eltern Anbeter der Aphrodite waren und in ihrer Hingabe an Aphrodite dachten: „Na klar, dann darf unser Kleiner halt ‚der Betörende‘ oder ‚der Liebenswerte‘ heißen.“ Hm, okay.
Wir denken uns einfach mal jemanden, der einen heidenchristlichen Hintergrund hat. Das ist anzunehmen, denn er dürfte kein Jude gewesen sein oder seine Eltern waren keine Juden. Epaphroditus. Von ihm sagt Paulus, er ist sein Bruder. Dieses „mein“ bezieht sich auf alle drei Begriffe: Bruder, Mitarbeiter und Mitstreiter. Er ist mein Bruder, mein Mitarbeiter und mein Mitstreiter. Und das ist ziemlich viel, wenn jemand das sagt.
Das erste Wort: Bruder. Wenn Paulus sagt, er ist mein Bruder, bringt er damit eine ganz enge Beziehung, eine besondere Nähe und Verbundenheit zum Ausdruck. Er sagt nicht „ein Bruder“, er sagt nicht „er ist ein Bruder im Herrn, er ist gläubig, vielen Dank, dass er ihn geschickt hat“, sondern er sagt: „Er ist mein Bruder.“ Merkt ihr den Unterschied? Nicht „ein Bruder“, sondern „meiner“. Zwischen ihm und mir ist etwas entstanden. Epaphroditus war hier in Rom, und wenn Paulus ihn jetzt wegschickt, dann schickt er seinen Bruder weg. Das fällt ihm nicht leicht.
Und er ist mehr geworden als nur jemand, der Nähe gefunden hat. Es gibt so etwas wie gemeinsamen Dienst. Ja, er ist mein Mitarbeiter.
Dieses Wort „Mitarbeiter“ wird in der Bibel nicht für Gläubige im Allgemeinen verwendet. Ein Mitarbeiter ist schon jemand, der sich wirklich angestrengt hat, der auch etwas getan hat. Du bist nicht dadurch Mitarbeiter, dass du gläubig wirst, sondern dadurch, dass du mitarbeitest. Wenn Paulus hier sagt, er ist mein Mitarbeiter, zeichnet das Epaphroditus als jemanden aus, der an irgendeiner Stelle gedient hat, der am großen Ganzen teilgenommen hat.
Und wenn Paulus dann schreibt „und mein Mitstreiter“, dann sind wir wieder bei unserem Film von gestern. Das Wort „Mitstreiter“ ist ein Begriff aus dem Militär. Es bedeutet „Zusammenstreiter“. Da steht einer und neben ihm steht der andere, und man schaut, dass der neben einem stehen bleibt. Denn solange du neben mir stehst, kann mir eigentlich nichts passieren. Das ist der Gedanke des Mitstreiters: Die, die Seite an Seite kämpfen. Und natürlich für das Evangelium an dieser Stelle.
Das sind drei Dinge, die Paulus über Epaphroditus sagt: Ich bin ihm herzlich zugetan, ich schätze ihn als Mitarbeiter, und ich habe erlebt, wie er sich im Kampf für das Evangelium eingesetzt hat.
Dann nennt Paulus ihn euren Abgesandten und Diener meines Bedarfs. Hier ist das Wort „Abgesandter“ interessant, das ist das Wort für Apostel, also „Apostolos“.
Hier ist ein Apostel, aber nicht in dem Sinne, wie ihr es allgemein lest, sondern in der ganz einfachen, allgemeinen Form. Das Wort „Apostolos“ kann im Neuen Testament mindestens auf drei Weisen verwendet werden.
Zum einen bezeichnet der Begriff Apostolos die Apostel, also die zwölf Apostel plus Paulus, der auch noch dazugehört. Das sind die Gründer der Kirche, der Gemeinde. Sie legen das Fundament. Das Fundament der Gemeinde ruht auf dem Lehrdienst und dem Evangelisationsdienst der Apostel. Das ist der innere Kern.
Dann gibt es um diesen inneren Kern herum einen weiteren Kreis. Manche Mitarbeiter der Apostel werden in bestimmten Situationen auch als Apostel bezeichnet. Nicht im allerinnersten Kern, aber doch in einem weiteren Sinn, weil sie an dieser Aufgabe teilhaben.
Und dann gibt es die ganz allgemeine Formulierung, ganz außen herum: Ein Apostel ist jemand, der gesandt wird, ein Gesandter. Der innere Kern wurde von Jesus gesandt, um die Gemeinde zu bauen. Der mittlere Kern nimmt an diesem Sendungsauftrag teil und teilt etwas von der Autorität des inneren Kerns.
Ganz außen herum ist der Begriff Apostel einfach jemand, der gesandt ist, jemand, den ich irgendwo hinschicke mit einem Auftrag.
Epaphroditus ist von den Philippern ausgesandt worden nach Rom, um Paulus zu suchen, ihn im Gefängnis zu finden und ihm ein Geschenk, eine Geldgabe, zu überbringen. Er ist euer Abgesandter und Diener meines Bedarfs.
Epaphroditus’ Einsatz und Gottes Erbarmen
Vers 26
Jetzt lernen wir etwas über Epaphroditus. Er sehnte sich sehr nach euch allen und war in großer Unruhe. Warum schickt Paulus ihn gerne weg? Ein Grund ist, dass Epaphroditus Sehnsucht hat.
Dabei handelt es sich nicht um das weinerliche Heimweh eines Drittklässlers, der zum ersten Mal mit der Klasse wegfährt und nach drei Tagen am Rockzipfel der Lehrerin hängt und nach Hause will. Das ist hier überhaupt nicht der Punkt.
Epaphroditus ist ein starker Mann, aber auch ein Mann mit Emotionen. Er hört etwas und fühlt sich deshalb unruhig. Denn er sehnte sich sehr nach euch allen und war sehr in Unruhe. Heute würden wir sagen, er spürt eine Beklemmung, kann schlecht schlafen und denkt ständig über die Dinge nach. Er hat gehört, dass ihr erfahren habt, dass er krank war.
Wir wissen nicht genau, wie das passiert ist. Ich nehme persönlich an, dass Epaphroditus auf dem Weg nach Rom krank wurde. Trotzdem entschloss er sich, weiterzureisen, was die Gefahr barg, an der Krankheit zu sterben. Er gab jemandem, der in die andere Richtung fuhr, mit, der Gemeinde zu sagen, dass er krank sei – wahrscheinlich so nach dem Motto: „Sagt das mal der Gemeinde, damit sie für mich beten.“
Nun weiß die Gemeinde, dass ihr Mann krank ist, und Epaphroditus weiß, dass sie es wissen. Die Situation ist sogar noch etwas kritischer, als die Philipper vielleicht geahnt hatten.
Vers 27
Denn er war auch krank, dem Tode nahe. Epaphroditus denkt die ganze Zeit: „Die machen sich riesige Sorgen um mich. Die müssen doch wissen, dass ich wieder gesund bin.“
Da gebe ich ehrlich zu, dass ich ihn nicht ganz verstehe. Mir wäre das wahrscheinlich ziemlich egal. Aber Epaphroditus ist da einfach anders. Er hat dieses innere Bedürfnis, wenn andere sich Sorgen machen, zu ihnen hinzugehen und zu sagen: „Hey, es geht mir gut.“ Er möchte nicht, dass sie sich unnötig sorgen.
Dieser Gedanke lässt ihn nicht los, und wahrscheinlich hat er das auch Paulus gesagt. Paulus ist froh, dass Gott sich seiner erbarmt hat, indem er Epaphroditus nicht sterben ließ. Dabei denkt er nicht nur an Epaphroditus, sondern auch an sich selbst, damit er nicht Traurigkeit auf Traurigkeit hätte.
Das bedeutet: Paulus ist so froh, dass Gott Epaphroditus wieder gesund gemacht hat. Wenn der Mann gestorben wäre, hätte Paulus die normale Traurigkeit seiner Lebenssituation plus die Traurigkeit, dass jemand, der ihm helfen wollte, auf dem Weg nach Rom gestorben ist.
Wobei die Frage bleibt, warum Paulus hier sagt, dass Gott sich seiner erbarmt hat, also ihn geheilt hat. Er hatte doch vorher gesagt, dass es ihm eigentlich egal ist, ob er lebt oder stirbt. Er sagte: „Mein Leben ist Christus, und Sterben ist Gewinn.“
Warum ist es dann ein Erbarmen, wenn Epaphroditus weiterlebt? Ich denke, der Punkt ist, dass das Leben als Geschenk Gottes ein Ziel hat. Darum geht es hier.
Wenn wir sterben, ist das nicht das Schlimmste. Wir gehen über in die Ewigkeit. Trotzdem hat unser Leben hier einen Wert, weil es ein Ziel hat. Es ist Barmherzigkeit Gottes, wenn Epaphroditus am Leben bleibt und dadurch seinen Dienst erfüllen kann. So wird er für Paulus und die Philipper zum Segen. Die Philipper, die sich sowieso schon viele Sorgen machen, bekommen dadurch nicht noch eine Sorge mehr.
Vers 28
Paulus sagt: „Ich habe ihn nun desto eilender zu euch gesandt.“ Das heißt, er hat ihn so schnell wie möglich zu euch geschickt, damit ihr, wenn ihr ihn seht, wieder froh werdet.
Ist das nicht schön? Die Philipper schicken ihren Mann los, und es ist nicht so, dass sie ihn einfach vergessen. Es ist nicht „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Sondern sie bleiben mit ihren Gedanken bei ihm.
Dann kommt jemand zurück und sagt, dass er krank geworden ist. Da wollen sie gleich beten und dranbleiben. Wir wissen nicht, wie viel Zeit vergeht, aber die Philipper bekommen Epaphroditus nicht aus dem Kopf. Sie denken die ganze Zeit an ihn.
Er steht wahrscheinlich auf jeder Gebetsliste. Sie beten: „Er muss wieder gesund werden. Er soll nach Rom zu Paulus, damit ihr wieder froh werdet und weniger betrübt seid.“
Wertschätzung und Anerkennung für treue Mitarbeiter
Paulus schreibt hier etwas sehr Schönes, worauf ich gern noch ein bisschen eingehen möchte, weil es mich wirklich begeistert hat, als ich es das erste Mal gelesen und dann auch ein Stück weit verstanden habe. Es heißt dort: „Nehmt ihn nun auf im Herrn mit aller Freude.“ Heute würden wir sagen: Macht eine richtige Willkommensparty. Wenn er beim Gemeindehaus ankommt, dann sollte dort oben ein Banner hängen mit der Aufschrift „Welcome back, Epaphroditus“. Das Ganze muss ein bisschen geschmückt sein. Im Gottesdienst braucht er auch eine Zeit, in der er erzählen kann, wie es ihm ergangen ist. Das muss richtig gewürdigt werden.
„Nehmt ihn nun auf im Herrn mit aller Freude und haltet solche Brüder in Ehren.“ Warum hat mich das so berührt? Eigentlich ist das ja relativ einfach: Jemanden mit aller Freude aufnehmen – klar, er hat ja auch wirklich viel durchgemacht. Jemanden in Ehren halten, jemanden hochschätzen. Warum hat mich das betroffen gemacht? Ich glaube, es liegt daran, dass wir hierzulande oft dazu neigen, dieses Gebot zu missachten. Wir sagen: „Na ja, der hat ja schon viel Anerkennung, er wird ja schon im Brief erwähnt. Der Brief wird vorgelesen, was braucht der noch? Eine Party? Öffentliche Anerkennung? Er hat doch schon alles.“
Natürlich, der hat viel geleistet, ist hingefahren, beinahe draufgegangen und wieder zurückgekommen. Das ist schon gut. Aber wenn wir uns richtig öffentlich mit Feuerwerk und allem Drum und Dran zu ihm stellen würden, dann würde er doch nur stolz werden. Das können wir doch nicht machen. Ich glaube, das ist ein typisch deutsches Denken.
Da kommt ein Missionar, der fünf Jahre im Ausland war, seinen Beruf aufgegeben hat oder zumindest fünf Jahre lang fast nichts verdient hat. Er hat seine Kinder großgezogen, vielleicht in einer Gegend, in der im Garten Kobras sind und andere Gefahren lauern. Er kommt vielleicht auch nicht ganz so gesund zurück, wie er weggegangen ist. Und dann gibt es einen zurückhaltend netten Empfang. Er darf mal kurz etwas sagen, vielleicht auch einen Diavortrag halten – und das war’s dann im Großen und Ganzen.
Ich kenne Missionare, die sind rückblickend auf ihren Dienst frustriert, wenn sie darüber sprechen, wie sie wieder nach Hause gekommen sind. Da sagen sie: „Na ja, es gab zwei, drei Familien, die haben sich ein bisschen um uns gekümmert, aber eigentlich hat die Wiedereingliederung nicht stattgefunden. Man war weg, dann hat man das Geld überwiesen, man ist wieder da, und alles ist gut.“
Jetzt möchte ich sagen, dass Paulus hier, wenn er von Epaphroditus spricht, einen anderen Maßstab anlegt. Biblisch betrachtet verdient ein Arbeiter seinen Lohn. So steht es in der Bibel. Das heißt: Wenn sich jemand in der Gemeinde müht und für die Gemeinde arbeitet, dann verdient er Anerkennung.
„Nehmt ihn auf mit aller Freude, haltet solche Brüder in Ehren.“ Wenn jemand so ein Typ ist, der so etwas geleistet hat, sich reingehängt hat, vielleicht Frauen und Kinder zurückgelassen hat, vielleicht nicht weiß, wo er wieder einen Job findet und trotzdem bereit war zu gehen, dann achtet darauf, dass diese Leute Anerkennung bekommen.
Und ich möchte das von hier vorne, ich darf das ja sagen, weil ich nicht in eurer Gemeinde bin, so deutlich aussprechen: Macht euch bitte Mühe, euren guten Leuten in der Gemeinde regelmäßig Wertschätzung zu zeigen – auch wenn sie nur Teilzeit angestellt sind und ihr von ihnen profitiert. Ich rede nicht von mir, sondern wirklich von den anderen, die bei euch sind.
Macht euch die Mühe, ihnen regelmäßig Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Nicht einfach nur zu sagen: „Ich bete für dich.“ Ihr habt mir zu meinem letzten Geburtstag eine E-Mail geschickt, die ich euch vorlesen möchte. Eine kurze, kleine E-Mail mit einem bunten Bildchen – ihr kennt diese Kachel-Bildchen mit einem Bibelspruch darauf. Normalerweise ist das nicht mein Ding, ich habe keine Sonnenuntergangsbilder bei mir hängen, aber ich fand den Text schön.
Da schreibt jemand: „Lieber Bruder Jürgen“ – oder es sind drei Personen – „Wir wünschen dir auf diesem Weg alles Liebe, Gute, Schöne und Gottes überreichen Segen für dein Lebensjahr. Wir freuen uns sehr, dich als Leiter unserer kleinen Gemeindegründungsarbeit zu haben. Es ist immer wieder toll, dich dabei zu erleben. Deine Pläne zeigen uns, wie wichtig es dir ist, Gottes Wort allen zugänglich zu machen. Danke, dass du nie aufgibst, beim Versuch, alles auch in die Tat umzusetzen. Mit dir hat Gott den Richtigen für den Gemeindebau auserwählt. Verzweifle nie an den Aufgaben, die dir der Herr auferlegt, denn mit seiner Hilfe schaffst du das alles. Wir freuen uns sehr, mit dir zusammen Gemeinde zu bauen.“
Brauche ich so eine E-Mail, um zu überleben? Ja und nein. Ich mache meinen Job nicht, weil ich ständig gepampert werden muss. Ich werde auch weiterziehen, wenn ich nie so eine E-Mail bekomme, weil ich meine Motivation nicht daraus ableite.
Aber soll ich euch was sagen? Dass da Geschwister sind, die mir das zum Ausdruck bringen – die einfach sagen: „Hey, wir sind vielleicht nicht immer einer Meinung, wir streiten uns auch mal, manche deiner Ideen sind wirklich verrückt, und viele davon haben wir einfach in die Tonne getreten, auch wenn sie uns Geld gekostet haben. Aber weißt du was? Wir stehen hinter dir und freuen uns, dass du den Dienst tust. Geh weiter!“
Die hätten auch sagen können: „Na ja, der steht fast jeden Sonntag auf der Kanzel, und danach sagen wir ihm, was für tolle Predigten das sind. Das muss doch reichen.“ Aber es reicht nicht. Das ist noch nicht das, was hier gemeint ist.
Ich fand es witzig, dass das genau das hier widerspiegelt: Leute in Ehren halten heißt, wenn du erlebst, dass jemand einen guten Job macht, bitte, das kostet dich zwei Minuten, so eine Mail zu schreiben oder zwei Minuten zu sagen: „Hey, super!“
Ich gehe noch einen Schritt weiter: Wenn du ein gutes Buch liest, von jemandem, der sich hingesetzt hat, dieses Buch zu schreiben, warum schreibst du ihm nicht eine Mail? Ich habe angefangen, wenn ich gute Predigten von anderen Predigern höre, wo ich sage: „Super!“, dann schreibe ich das. Im deutschsprachigen Raum ist das nicht so üblich, auf Englisch ist das anders.
Wenn ich eine E-Mail bekomme oder einen schönen Artikel bei „Bibel und Gemeinde“ lese, warum nicht schnell schreiben: „Hey, das hat mich ermutigt, das war ein toller Artikel.“ Ist das wirklich so weit weg? Schaffen wir es so wenig, wenn wir an irgendeiner Stelle von Leuten profitieren, ihnen zu sagen: Danke?
Ich glaube, das ist ein Mangel, den wir in Deutschland haben – ein großer Mangel.
Diese Typen – ich werde zwei, drei Minuten überziehen – diese Typen brauchen wir für die Gemeinde. Wir brauchen einen Epaphroditus. Bill Hybels hat mal gesagt: Wir brauchen unsere eigenen Geschichten. Wir können nicht davon leben, dass irgendwo in Willow Creek, in Saddleback oder sonst wo Leute etwas Besonderes tun. Wir brauchen unsere Geschichte, unsere Leute, bei denen wir sagen: „Wow, so wie die das machen, super!“
Wir brauchen Vorbilder, denen wir den Jugendlichen zeigen können: „Schau mal, hier ist Epaphroditus, das ist ein Kerl, mach es so.“ Dann gehst du erst mal grob in die richtige Richtung.
Wir brauchen Vorbilder in der Gemeinde, weil nicht alle so Denker sind, die sagen: „Klar, Bibel in die Hand und dann studieren wir die 31.173 Verse von vorne bis hinten.“ Das ist ja auch nicht so wenig. Nicht jeder kann das.
Aber jeder kann einen Epaphroditus besuchen und von ihm lernen.
Wenn du mich fragst, von wem ich am meisten gelernt habe, dann ist es tatsächlich so: Ich habe einzelne alte Christen kennengelernt, bei denen ich das Privileg hatte, Zeit zu verbringen. Ich bin zweimal eine Woche extra nach Albanien gefahren, nur um Kofferträger von Gene Gibson zu sein. Ich liebe diesen alten 75-jährigen Ami, der über und über mit Altersflecken bedeckt ist. Ich denke an ihn morgens um sechs, wenn sein Wecker klingelt, er nach seiner alten, ledergebundenen Bibel greift, sich aufrichtet und zwei Kapitel liest. Dann fragt er: „Was hat der Herr dir gegeben?“ Er sagt das auf Englisch, und wir unterhalten uns, mein gebrochenes Englisch und sein Englisch.
Bis heute zehre ich davon, dass ich diesen 75-jährigen Ami kenne, der morgens immer seine Tabletten sortiert – sechs, acht, zehn kleine Beutelchen –, und ich sehe, wie dieser Mann im Jeep über die Straßen im Hinterland von Albanien fährt, zu einem kleinen Dorf auf einem Bauernhof, wo es nur ein Plumpsklo gibt, und vor acht Leuten das Evangelium predigt.
Ich dachte mir: Wenn du das machst, und deine Mittagspause dazu nutzt, dass noch Leute kommen dürfen, denen du seelsorgerliche Ratschläge für ihre Ehe gibst, wenn du das machst, Freund, dann will ich nicht zurückstehen. Ich bin 45 Jahre jünger, ich werde auch Gas geben.
Wir brauchen Vorbilder. Und wo wir Vorbilder in der Gemeinde haben, lasst uns sie ein bisschen höher heben, damit jeder sie sehen kann.
Keine Sorge, echte Vorbilder werden fast nie stolz. Warum? Weil sie genug Probleme im Leben haben. Sie sind meistens diejenigen, die sich, wie Timotheus, am liebsten verstecken und sagen: „Ich will gar kein Vorbild sein.“ Deshalb muss man sie ein bisschen hervorheben, damit andere sie sehen und sich an ihnen orientieren können.
Denn um des Werkes Christi willen ist er dem Tode nahe gekommen und hat sein Leben gewagt, um den Mangel in eurem Dienst für mich auszugleichen. Das klingt ein bisschen negativ, müsste man etwas anders übersetzen: Der Mangel in dem Dienst ist nicht etwas, was sie nicht geben wollten, sondern nicht geben konnten. Es ist der Dienst, von dem sie sich gewünscht hätten, ihn zu geben, und den Epaphroditus für sie erledigt hat.
Bis dahin.