Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Powileit und Jörg Lackmann. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zugleich zum theologischen Denken anregen.
Das Evangelium kam nicht als rein sachliche und sterile Botschaft nach Europa. Von Anfang an teilten die Apostel und Evangelisten auch ihr Leben mit den Menschen. Sie nahmen junge Christen mit in ihr Leben hinein.
Auch wenn sie an manchen Orten nur kurz verweilten, entwickelte sich eine tiefe Bindung zu diesen jungen Christen. So entstanden enge Beziehungen, die von Liebe und Sehnsucht nacheinander geprägt waren.
Ja, Jörg, heute soll es um die Anfänge des Evangeliums in Europa gehen. Zuerst war Philippi die erste Gemeindegründung, und ich möchte mich heute mehr auf Thessaloniki konzentrieren.
Bei der letzten offenen Freizeit ging es um den Thessalonicherbrief. Dabei ist mir eine Sache besonders wichtig geworden: Das übliche Grüßen und das „Ich bete für euch“ – also das Herstellen einer Beziehung – wird in vielen Briefen in etwa zehn Versen abgehandelt. Im Thessalonicherbrief sind es jedoch ganze drei von fünf Kapiteln im ersten Brief.
Er beginnt mit einem Dankgebet im ersten Kapitel, und im dritten Kapitel endet dieses Dankgebet. Dazwischen steht Beziehung, Beziehung, Beziehung. Das hat mich sehr beeindruckt. Es zeigt, dass nicht nur der Apostel kam und die Evangelisten etwas erzählten, sondern dass eine wirklich enge Beziehung entstanden ist.
Kurz zum Hintergrund, wie die Gemeinde entstanden ist: In Philippi war Paulus im Team unterwegs mit Silas, Timotheus und Lukas. In der Apostelgeschichte schreibt Lukas dort noch „Wir in Philippi“, also war er dabei. In Thessaloniki schreibt er nicht mehr „Wir“, daher war er wohl nicht mehr dabei. Paulus, Silas und Timotheus waren auf jeden Fall dort. Paulus und Silas wurden ausgepeitscht, also geschlagen mit Ruten, und kamen ins Gefängnis, wo sie in den Stock gelegt wurden – genau wie in Philippi.
Nach einem Erdbeben bekehrte sich der Kerkermeister, und so entstand die Gemeinde. Danach zogen sie weiter an einer ganz großen Handelsroute, der Via Ignatia. Diese führte vom damaligen Konstantinopel – heute Istanbul – Richtung Rom bis zum Meer. Es war eine sehr wichtige Straße, an der sich schnell große Städte entwickelten. So kam Paulus nach Thessaloniki.
Paulus lehrte dort drei Sabbate lang. Wie lange er genau blieb, ist umstritten: Manche sagen drei Wochen, andere zwei bis drei Monate. Auf jeden Fall mussten sie fliehen, weil die Juden sie stark verfolgten. Sie flohen schnell weiter nach Beröa, und von dort aus ging es weiter nach Athen und Korinth.
Das heißt, wir haben eine Gemeinde, die sehr schnell verfolgt wurde. Paulus war nur kurz dort mit den anderen, und es war ungewiss, ob diese junge Gemeinde in der Verfolgung bestehen würde.
In Thessaloniki entstand also eine Gemeinde unter schwierigen Umständen. Deshalb war Paulus so aufgewühlt und sagte, dass er unbedingt Kontakt halten müsse.
Aber ich lese vielleicht erst mal den Briefanfang vor, da habe ich noch einen Punkt.
Ja, wir sind ja ein Kommentar, wir sind ja in der zweiten Missionsreise, das muss ich jetzt unbedingt platzieren. Ich habe mir mal überlegt: Wo geht Paulus entlang? Du hast gesagt, entlang der großen Straße. Auf jeden Fall in Europa.
Genau, und ich habe mir den Satz gemerkt: Povilay Thomas bleibt am Klavier ein Chaot, und das ist so die zweite Missionsreise. Man hat eben Philippi, dann Thessalonich, Börea, Athen und dann Korinth. Am Schluss ist es Ephesus, danach ist es auf der zweiten Missionsreise noch Ephesus, genau, und dann Caesarea. Genau, das sind genau die Anfangsbuchstaben der zweiten Missionsreise. Für unsere Hörer, damit sie so ein bisschen wissen, da kann man entlanggehen.
Die zweite Missionsreise war ungefähr von 48 bis 50 nach Christus, schätze ich mal. Also hier, der Thessalonicherbrief ist so circa 50 nach Christus, dann wird das mit dem anderen Jahr 48, 49 angefangen. Und es ist einer der ersten Briefe, die Paulus schreibt.
Genau, das ist so. Und interessant: Das war mir neu, das habe ich irgendwie überlesen. Es heißt doch immer "die Paulusbriefe". Jetzt gehen wir mal in 1. Thessalonicher 1, Vers 1. Da steht: "Mich, Paulus, und Silvanus und Timotheus an die Gemeinde der Thessaloniker." Das sind drei Autoren.
Stimmt, ist mir nie aufgefallen. Und Silvanus ist schlicht und einfach Silas. Das ist nämlich die bei uns lateinische, aber eigentlich griechische Form Silvanos, die griechische Form von Silas, dem aramäischen Namen. Also der Silas, der die zweite Missionsreise mitbegonnen hat.
Paulus und Silas haben sich ja von Barnabas und Johannes getrennt und sind dann weitergegangen. Und er heißt hier einfach so, in der Apostelgeschichte wird er mit seinem aramäischen Namen genannt und hier eben mit dem griechischen, bei uns lateinischen Namen von der Übersetzung.
Ja, okay, sorry, aber du wolltest jetzt in den Text einsteigen. Ich hatte jetzt ein bisschen unterbrochen, um das zu zeigen.
Das macht überhaupt nichts. Wir können auch den Text nur mit ein paar Gedanken hin und her besprechen, weil drei Kapitel klar sind, da können wir nur ein paar Sachen rauspicken. Aber diese Beziehung ist mir halt wichtig.
Also erstens waren sie wirklich ein Team, und das hat mich beeindruckt. Ich habe dann auch andere Briefe angeschaut. Diese sogenannten Paulusbriefe sind natürlich Paulusbriefe, damit das nicht falsch verstanden wird. Aber sie sind nicht immer nur von Paulus allein geschrieben.
Im 1. Korintherbrief steht zum Beispiel Paulus und Sostenes. Im 2. Korintherbrief sind es Paulus und Timotheus. Der Philipperbrief wurde ebenfalls von Paulus und Timotheus geschrieben, ebenso der Kolosserbrief. Die ersten beiden Thessalonicherbriefe stammen von Paulus, Silvanus und Timotheus. Im Philemonbrief sind es wieder Paulus und Timotheus.
Im 1. Petrusbrief, Kapitel 5, Vers 12, steht, dass dieser zwar von Petrus diktiert wurde, aber Silvanus ihn geschrieben hat. Das wird extra erwähnt. Es ist also eine Teamleistung, die ich vorher so nicht gesehen hatte.
Das ist ganz wichtig: Sie waren im Team unterwegs und haben sich ergänzt. Deshalb waren Paulus und Silas auch zusammen im Gefängnis in Philippi, weil sie als Team unterwegs waren.
Paulus musste dann fliehen, als der Kopf der Gruppe. Silas und Timotheus blieben eine Weile in Beröa, während Paulus alleine nach Athen ging und anschließend allein unterwegs war. Danach schickte Paulus Timotheus zu den Geschwistern in Thessalonich, weil dort Sorge bestand. Das Bild vom kleinen Baum wird benutzt: Der Anfang war gut, aber eine kleine Pflanze kann man leicht herausreißen – im ersten Jahr und auch im zweiten Jahr. Ab dem dritten Jahr wird es schwieriger, den Baum herauszuziehen. Das Wachstum gedeiht schön, aber Verfolgung ist natürlich eine ganz andere Sache.
In Kapitel 2, Vers 17, sagt Paulus: „Wir aber, Brüder, nachdem wir vor einer kleinen Weile von euch getrennt waren, dem Angesicht nach, nicht dem Herzen nach.“ Er zeigt damit die Beziehung, die sie im Herzen haben, auch wenn sie sich nicht sehen konnten. „Wir haben uns mit großem Verlangen umso mehr bemüht, euer Angesicht zu sehen. Darum wollten wir zu euch kommen, ich Paulus einmal, sogar zweimal, doch der Satan hat uns gehindert.“ Ein spannender Satz.
Warum der Satan ihn hier gehindert hat, während er in Asien sagt, der Geist habe ihn zweimal gehindert, kann ich nicht beantworten. Paulus unterscheidet das nicht weiter. Er wollte zweimal kommen, es hat aber nicht geklappt.
Dann sagt er in Kapitel 3, Vers 1: Die ganzen ersten drei Kapitel handeln von Beziehung. „Weil wir es nicht länger aushielten, zogen wir es daher vor, allein in Thessalonich zu bleiben und sandten Timotheus, unseren Bruder, der Gottesdiener und unser Mitarbeiter am Evangelium von Christus ist, damit er euch stärke und euch tröste in eurem Glauben, damit niemand wankend werde in diesen Bedrängnissen.“
Sie konnten es nicht mehr aushalten, was mit diesen jungen Christen passierte. Paulus sagt, Satan habe ihn zweimal gehindert, selbst zu kommen, aber Timotheus könne wohl kommen. Also schickten sie Timotheus. Er kam zurück und konnte sehr gute Nachrichten überbringen. Darüber waren sie sehr froh.
Im Kapitel 3, Vers 5, steht: „Darum hielt ich es auch nicht mehr länger aus, sondern erkundigte mich nach eurem Glauben, ob nicht etwa der Versucher euch versucht habe und unsere Arbeit umsonst gewesen sei.“ Das zeigt die große Sorge um diese Geschwister, um diese jungen Gläubigen.
Was wir hier sehen, ist Paulus’ Follow-up, wie wir heute sagen würden, also Jüngerschaftsbeziehungen. Er nimmt das sehr ernst und sagt, es ist wichtig, dass er ihnen Leute schickt, die sie im Glauben stärken. Es geht nicht nur darum, dass Menschen zum Glauben kommen und man dann eine Strichliste macht, sondern Paulus hat die Menschen im Blick gehabt.
Das finde ich spannend. Wir sind hier noch beim Warmlaufen, denn sie haben nicht nur das Evangelium verkündet, sondern man merkt wirklich die Beziehung. Es ist Paulus wichtig, dass die Menschen als Menschen wachsen und gefestigt werden und eben nicht vom Glauben abfallen oder wegkommen.
Du hast ja auch deutlich gemacht, dass Paulus durch die Verse, die du gelesen hast, wirklich besorgt war um die Thessalonicher. Man könnte fast sagen, er hatte Angst – so vermittelt es der Text. Diese Sorge war allerdings nicht unbegründet, sondern berechtigt. Zum Glück hat sich die Angst nicht bestätigt, aber die Sorge war vorher definitiv da.
Es ist nicht so, dass Paulus einfach locker bleibt und sagt: „Gott macht eh alles.“ Ihm lagen die Thessalonicher wirklich sehr am Herzen. Da konnte er nicht einfach cool bleiben und sagen: „Na ja, wenn nicht, dann nicht.“ Ihm ging das wirklich zu Herzen, und es war echte Sorge da.
Demetrios ist dann zurückgekommen, und manche schätzen, dass der Brief ungefähr ein Jahr – plus oder minus – nach der Gemeindegründung geschrieben wurde. Paulus musste erst nach Perge, dann nach Athen, nach Korinth reisen. Timotheus ging hin, kam zurück, und so weiter. Insgesamt dauerte das mindestens ein halbes Jahr, wahrscheinlich eher ein Jahr.
Das bedeutet, der Thessalonicherbrief ist im Grunde eine Reaktion von Paulus auf den Bericht des Timotheus.
Exakt. Dabei fand ich ein paar Dinge spannend, die ich heute beim Durchgehen des Textes noch einmal besonders wahrgenommen habe. Das spricht mich auch persönlich an, deswegen habe ich noch einmal darüber nachgedacht – nicht als Vorbereitung, sondern einfach so.
Paulus beginnt den Brief, wie so oft, mit einem Dank. Das ist ganz normal. Ich lese mal vor, 1. Thessalonicher 1,2:
„Wir danken Gott allezeit für euch alle, wenn wir euch erwähnen in unseren Gebeten. Wir gedenken unablässig eures Werkes im Glauben, eurer Bemühungen in der Liebe und eures standhaften Ausharrens in der Hoffnung auf unseren Herrn Jesus Christus vor unserem Gott und Vater.“
Sie sind also vorbildlich im Glauben, in der Liebe und in der Hoffnung – ähnlich wie im 1. Korintherbrief.
Spannend ist, was ich in einer Auslegung von einem Referenten gehört habe. Er meinte, wir hätten in der deutschen Denkkultur oft eine „graue Brille“ auf, sehen alles negativ und suchen sofort die Fehler in der Gemeinde. Dabei hatte auch diese Gemeinde ihre Fehler.
Ab Kapitel 4 sieht man das zum Beispiel. Die Gemeinde bestand aus Heiden, Griechen, und Unzucht war ein großes Problem. Außerdem gab es verwirrte Lehren über die Wiederkunft Christi. Manche dachten, die Gestorbenen würden das Tausendjährige Reich nicht erleben, andere waren durcheinander wegen der Entrückung und der Wiederkunft.
Es gab auch Leute, die einfach nicht arbeiteten, weil sie auf die Entrückung warteten. Ob das wirklich der Grund war, steht nicht klar da – vielleicht waren sie auch einfach nur faul. Aber es scheint, als hätten sie gedacht: „Wenn Jesus bald kommt, warum soll ich dann noch arbeiten?“ Stattdessen taten sie nichts Sinnvolles.
Außerdem erkannten sie ihre Leiter nicht an, weshalb Paulus extra sagen musste, was zu tun ist.
Wenn ich die Gemeinde betrachte, sehe ich also: Sie haben Probleme mit Leiterschaft, Unzucht, Arbeit und Lehre. Was ist denn überhaupt noch gut?
Paulus konzentriert sich auf das, was gut ist. Er dankt für das Werk im Glauben, die Bemühungen in der Liebe und das Ausharren in der Hoffnung.
Der Referent meinte, wir sollten uns eher an den Stärken freuen, statt immer nur die Schwächen zu sehen. Das heißt nicht, dass man die Probleme schönreden soll – die werden in Kapitel 4 ja klar angesprochen. Aber die ersten drei Kapitel sind erst einmal dankbar.
Da habe ich gedacht: Was kann ich bei unserer Gemeinde dankbar sein? Zum Beispiel, dass wir glauben, die Bibel sei Gottes Wort. Das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich.
Stimmt, davon sind wir sogar überzeugt. Aber es gibt auch evangelikale Gemeinden, die das nicht mehr so sehen. Sie glauben, die Bibel enthalte Gottes Wort, aber sei nicht selbst Gottes Wort.
Wir glauben an den Sühnetod Christi. Wir haben auch Auslegungspredigten, nicht nur Geschichten, die jeden Sonntag erzählt werden, ohne tiefere Inhalte. Das ist nicht liberal.
Ich sehe manche negative Seiten in unserer Gemeinde, aber wir glauben zum Beispiel an ein zukünftiges, buchstäbliches Tausendjähriges Reich. Das freut mich persönlich, auch wenn wir in anderen Zukunftsfragen andere Ansichten haben. Aber wenigstens das ist nicht mehr selbstverständlich, vor allem in den letzten Jahren.
Wir haben keine Clans in der Gemeinde. Es gibt Gemeinden, in denen es egal ist, was du sagst – es kommt nur darauf an, aus welchem Familienclan du kommst. Dort kämpfen sie sich gegenseitig.
Wir haben keinen großen Geldgeber, der mit seinem Reichtum die Richtung vorgibt. Wir haben keine dauernden Spaltungen; tatsächlich hatten wir bisher keine Spaltungen.
Wir haben einmütige Brüder in der Leitung und Menschen, die das mit Ernst meinen – auch wenn ich in manchen Dingen anderer Meinung bin. Aber all das kann man sehen.
Da war ein Satz von einem Bruder, der mich ein bisschen schockiert hat. Er sagte: „Deine Gemeinde ist schön.“ Und ich dachte ehrlich: „Oh nein, bitte hör auf.“ Ein anderer Bruder fragte: „Schön? Was denn?“ Der Unterton war klar.
Was meint er damit? Er sagte: „Es ist die Braut Christi, die ohne Flecken und Runzeln vor Gott hingestellt wird.“ Da habe ich gedacht: Er hat Recht.
Wenn ich ernst nehme, was Paulus hier sagt, dann sieht er all die Probleme. Er hatte große Sorge um die Gemeinde, die verwirrt war und nur kurz von ihnen gelehrt wurde. Es gibt wirklich Probleme – aber Paulus dankt erst einmal für all diese guten Dinge.
Das möchte ich auch lernen: Nicht immer die graue Brille aufzusetzen und nur das Negative zu sehen, sondern auch zu danken für das, was Gott tut. Das möchte ich sehen und mich darin trainieren.
Ich bin vom Typ eher so, dass ich immer das Negative sehe. Deshalb will ich wirklich mehr lernen, wo ich Glauben, Liebe und Hoffnung sehe – trotz all der Probleme, die wir bei den Thessalonichern genannt haben. Diese Probleme werden nicht schön geredet.
Das erinnert mich daran: Ich habe kürzlich einen Podcast gehört, in dem jemand sagte, dass sie in Besprechungen oft eine „Praise Session“ machen – also eine Lobpreiszeit. Dabei konzentrieren sie sich darauf, was Gott in den letzten zwei Wochen getan hat, um das nicht zu übersehen.
Ich finde es interessant, dass du das hier auch noch einmal betonst. Das halte ich wirklich für sehr wichtig.
Und dann kommen noch viele andere Dinge hinzu. Interessant ist die Frage: Wie wurde die Gemeinde gegründet?
Ja, unter viel Bedrängnis, sagt Paulus auch im Kapitel 2. „Ihr seid unsere Nachahmer geworden, indem ihr das Wort unter viel Bedrängnis aufgenommen habt.“ Nein, das steht eigentlich in Kapitel 1, zusammen mit der Freude des Heiligen Geistes. Es war wirklich so: Paulus hatte noch die Striemen auf seinem Rücken von Philippi, und trotzdem hatte er im Heiligen Geist Freude.
Das Evangelium kam, wie er im Kapitel 1 beschreibt, in Kraft durch den Heiligen Geist und in großer Gewissheit. Es kam also als Gotteswort und nicht als Menschenwort. Paulus bekam Mut, und auch die anderen. Darauf möchte ich mich jetzt aber nicht weiter konzentrieren, obwohl das natürlich die Kraft war.
Im Vers 9 im ersten Kapitel steht dann auch die Auswirkung: „Sie haben sich von den Götzen zu Gott bekehrt.“ Das ist natürlich beeindruckend, denn von Thessalonich aus kann man auf den Olymp schauen, den Berg der Götter mit Zeus. Das ist, soweit ich weiß, in Sichtweite, also nicht weit entfernt.
Die Gemeinde hat sich von den Götzen abgewandt und dem lebendigen und wahren Gott zugewandt, um ihm zu dienen. Außerdem erwarteten sie seinen Sohn vom Himmel, den Jesus, der von den Toten auferweckt wurde und uns vor dem zukünftigen Zorn rettet. Die Wiederkunft des Herrn war also zentral.
Sie haben sich von den Götzen abgewandt, Gott gedient und auf den Herrn gewartet – die Naherwartung war in jedem Kapitel ein Thema. Die Wiederkunft des Herrn zieht sich durch den gesamten Brief.
Es war sogar so, dass sie zum Vorbild für alle in der Provinz wurden. Man sagte: „Schaut euch doch mal die Gemeinde an.“ Dort hatte Gott unheimlich viel gewirkt. Warum? Weil das Evangelium nicht einfach nur so kam, sondern in Kraft, durch den Heiligen Geist und in Gewissheit.
Du hast auch sehr gut beschrieben, was Paulus unter Bekehrung versteht. Es ist immer ein „von – zu“. Man kehrt sich ab von einem falschen Leben und wendet sich Gott zu. Dabei gehört das ganze Leben ihm – es ist nicht nur eine Versicherung für den Himmel oder Ähnliches.
Ich finde es ganz klasse, dass wir uns einfach darauf konzentrieren, was Gott hier bei den Thessalonichern getan hat.
Nun hast du es vorhin ja auch schon angedeutet: Es gab durchaus Dinge, die zu Recht Sorge bereitet haben und ein paar Sorgenfalten auf die Stirn gesetzt haben. Was waren das für Dinge bei den Thessalonichern?
Ja gut, die hatte ich schon erwähnt. Es waren eigentlich falsche Lehrer, die eingedrungen sind und auch gegen Paulus gesprochen haben. Im Kapitel zwei verteidigt er sich am Anfang. Man fragt sich zunächst, warum er das tut, denn es scheint gar nicht notwendig gewesen zu sein. Ich glaube, dass vielleicht andere Wanderprediger kamen – das ist reine Spekulation, die ich nur indirekt aus dem Text ableite. Aber ich denke, einige Wanderprediger kamen in die Gemeinde oder die Gedanken selbst entstanden dort, die sagten: „Schau mal, wie schnell er weg war. Dem sind wir doch total egal. Der will doch nur Geld machen, damit er mit Spenden unterstützt wird, oder andere Dinge.“
Die Leute sagten, wir sind jetzt eh schon in der Trübsalszeit, und wir müssen jetzt etwas ganz anderes tun. Ihr müsst euch so verhalten und so, und Paulus hat völlig falsch geredet. Das, was er sagte, sei erst in der Zukunft. Da war schon ziemlich viel Verwirrung. Deshalb verteidigte er sich im zweiten Kapitel, und das fand ich schon interessant, weil ich mich gefragt habe, warum er das sagen muss.
Er sagt nämlich: „Denn unsere Verkündigung entspringt nicht dem Irrtum.“ Das war wohl eine Unterstellung, die manche ihm gemacht haben. Sonst macht seine Aussage keinen Sinn. Noch interessanter fand ich, dass er sagt: „Noch aus unlauteren Absichten, noch geschieht sie in listigem Betrug.“ Offenbar haben ihm einige unterstellt, er sei nicht offen zu ihnen, sondern habe ganz andere, schlechte Ziele.
Paulus sagt aber: „Sondern so, wie wir von Gott für tauglich befunden wurden, mit dem Evangelium betraut zu werden – eine große Berufung – so reden wir auch nicht als solche, die Menschen gefallen wollen, sondern Gott, der unsere Herzen prüft.“ Er stellt klar: Wir stehen für Gott. Er hat uns mit dem Evangelium betraut, und wir wissen, welche Verantwortung das bedeutet. Wir machen das nicht leichtfertig und betrügen euch auch nicht.
„Denn wir sind nie mit Schmeichelworten gekommen, wie ihr wisst, noch mit verblümter Habsucht, Gottes Zeuge. Wir haben auch nicht die Ehre von Menschen gesucht, weder von euch noch von anderen, obwohl wir als Apostel des Christus würdevoll hätten auftreten können.“ Haben sie es gemacht? Nein.
Hier sieht man einige Gefahren, zum Beispiel Habsucht. Man denkt ja: Wie kann das sein? Aber ich habe auch schon Missionare gesehen, die sehr schöne Häuser hatten. Einer war Nachbar von einem Brigadegeneral, ein anderer von einem Professor. Da kann man sich schon vorstellen, wo sie lebten. Ich will das jetzt vor allem bei dem einen nicht verurteilen, weil er ein paar Kinder hatte. Aber in der Wohnung, in der der Professor wohnte, da war ich schon überrascht. Da dachte ich mir: „Boah, da gibt es so manche arme Rentnerin, die spendet, und der Missionar lebt schon ziemlich gut.“
Ob das manchmal vielleicht verblümte Habsucht sein kann? Offene Habsucht gibt es wohl kaum, wer weiß. Und mit der Ehre – da ist das Beispiel, wenn man auf die Klickzahlen bei YouTube oder Ähnlichem heutzutage schaut. Wie viele Follower hat eine Gemeinde? Man macht die Sachen wegen der Ehre. Du weißt ja ganz genau: Wenn du ein Thema auf eine bestimmte Art formulierst, gehen die Klickzahlen hoch. Das weißt du vorher schon. Oder wenn du bestimmte Themen wählst, weißt du, dass das in der aktuellen Zeit Resonanz bringt.
Aber das ist nicht für die Gemeinde gedacht, das ist nur, damit du dich daran erinnerst. Es gibt viele andere Gefahren. Im Philipperbrief lesen wir auch, dass es Leute gibt, die aus Neid, Streitsucht und Selbstsucht predigen. Ganz verrückt, aber es gibt sie.
Und genau so, wie du es beschrieben hast, ist Paulus eben nicht aufgetreten in dem Vers, den du vorgelesen hast.
Was hat auf der anderen Seite diese Beziehung zu den Thessalonichern positiv geprägt? Man merkt ja, dass Paulus’ Herz für die Thessalonicher schlägt. Ich habe nur zwei Ausschnitte gelesen, aber diese Sehnsucht, dieses Hinkommen, diese Verbindung spürt man überall heraus.
Er benutzt dabei zwei Bilder: das Bild der Mutter, der stillenden Mutter, und das Bild des Vaters. Ich lese mal vor aus Kapitel 2: „Wir waren liebevoll in eurer Mitte, also wieder wir, das Team – Silas und Timotheus waren ja auch dabei – wie eine stillende Mutter, die ihre Kinder pflegt. Und wir sehnten uns so sehr nach euch, dass wir billig waren, euch nicht nur das Evangelium mitzuteilen, sondern auch unser Leben, weil ihr uns lieb geworden seid.“ Obwohl sie nur ein paar Wochen dort waren, zeigt dieses Bild der stillenden Mutter viel: Sie ist sanft, zart, rücksichtsvoll und behütend. Sie pflegt ihre Kinder, auch wenn es mit Aufwand verbunden ist, weil Babys nachts schreien. Es braucht einige Wochen, bis die meisten Babys durchschlafen können, wenn man es gut macht. Das ist ein Erziehungsthema.
Paulus und sein Team haben den Thessalonichern nicht nur das Evangelium mitgeteilt, sondern auch ihr Leben. Und zwar nicht auf eine falsche Art und Weise, so nach dem Motto „Wir müssen jetzt dies und jenes“, sondern wirklich, weil sie sie liebgewonnen hatten. Den Unterschied merkt man einfach. Deshalb waren die Thessalonicher, glaube ich, auch so stabil. Sie haben nicht nur Lehre gehört, die schnell erschüttert wird, wenn andere kommen, zweifeln oder Verfolgung einsetzen – was ja das große Thema in dieser Gemeinde war. Wenn du aber auch ein lebendiges Vorbild hast, wo du siehst, wie die sind, und auch, dass sie es ehrlich meinen, geht das noch viel tiefer rein.
Paulus war wirklich wie eine Mutter, aber nicht von oben herab mit Forderungen wie „Ihr müsst dies und jenes“, sondern erst einmal wie eine zarte Mutter. Übrigens hat mich ein Satz in einem Podcast sehr getroffen: „Viele wollen predigen, aber keiner will Pastor sein.“ Da dachte ich: Wie wahr! Predigen – da kannst du dich noch verwirklichen. Aber Pastor sein, das ist harte Arbeit. Das will keiner, hat ein Bruder gesagt. Ich weiß nicht mehr genau, wo ich das gehört habe, aber ich glaube, es war in einem Leiter-Podcast.
Dann geht Paulus weiter und sagt: „Ihr erinnert euch ja, Brüder, an unsere Arbeit und Mühe, denn wir arbeiteten Tag und Nacht, um niemandem von euch zur Last zu fallen, und verkündigten euch dabei das Evangelium Gottes.“ Er hat das nebenberuflich gemacht. Paulus war Zeltmacher und hat also seine acht Stunden Schicht oder mehr am Tag gearbeitet – Zelte bauen ist harte Arbeit. Und dann hat er abends und nachts, Tag und Nacht, noch weiter gearbeitet.
In anderen Gemeinden ließ er sich mit Geld versorgen. Aber ich glaube, hier hat er es nicht getan, weil es schon den Vorwurf gab, sie wollten Habsucht und meinten es nicht ernst. Er wollte zeigen, dass er keiner ist, der das Geld der Gemeinde abzockt oder andere Motive hat. Es geht ihm vor allem um die Menschen dort. Natürlich hat er das Tag-und-Nacht-Arbeiten nicht jahrelang durchgehalten; das war eine Phase. Früher dachte ich, er mache das dauerhaft. In anderen Gemeinden hat er sich Geld geben lassen und nicht gearbeitet, sondern nur das Evangelium verkündet. Das war schon sehr vorbildlich.
Was meinst du, was das mit den Thessalonichern gemacht hat, wenn sie dieses Beispiel von Paulus gesehen haben? Sie sahen, dass er es wirklich ernst meint. Er macht es nicht, um Vorteile zu haben. Die Gefahr im hauptamtlichen Dienst ist, dass man nach einer Weile abhebt und keine Verbindung mehr zur normalen Welt hat, und auch denkt, alles sei selbstverständlich. Ich habe schon Menschen erlebt – Entschuldigung, dass ich es so sage – mit einer großen Anspruchshaltung, nach dem Motto: „Wir kommen und wollen jetzt bitte das und das haben, und zwar nicht Minderwertiges, sondern das Beste.“ Nicht Minderwertiges zu verlangen, finde ich auch okay. Man muss nicht den Schrott für Gott geben. Viele, die ich erlebt habe, waren sehr hingegeben – das ist gut. Aber ich habe auch anderes erlebt. Das muss man brutal sagen, so ist es nun mal. Und das spüren die Leute.
Deshalb hat Paulus genau das Gegenteil gemacht. Er hat es in die andere Richtung getrieben, würde ich fast sagen. Ich glaube nicht, dass es übertrieben war, aber schon sehr extrem. Er hätte es nicht machen müssen, aber er wollte nicht in die Falle tappen, dass die Leute sagen: „Guck mal, der fährt ein Auto, das von der Gemeinde gesponsert ist, der hat die Wohnung von der Gemeinde bekommen, und so weiter.“ Da war alles. Natürlich sollte man die Leute gut bezahlen, keine Frage. Aber Paulus hat es absichtlich nicht gemacht, um zu zeigen, es geht ums Evangelium. Damit gab er auch den Irrlehrern keine Angriffsfläche.
Ich weiß nicht, wie es damals in der Umgebung war, aber es gab bestimmt genug Leute, die so waren. Deshalb hat er es in dieser Gemeinde so gemacht, in anderen Gemeinden anders. Es gab kein Standardvorgehen.
Das Entscheidende: Er nennt zuerst die Mutter und dann den Vater. Er hat sie dann Tag und Nacht auch ermahnt. In Vers 10, Kapitel 2, heißt es: „Ihr seid Selbstzeugen und auch Gott, wie heilig, gerecht und untadelig wir bei euch, den Gläubigen, gewesen sind.“ Wieder dieser Hinweis: „Wir waren untadelig und auch heilig und gerecht.“ Sie waren echte Vorbilder.
„Ihr wisst ja, wie wir jeden Einzelnen von euch ermahnt und ermutigt haben, beides, wie ein Vater seine Kinder, und euch ernstlich bezeugt haben, dass ihr so wandeln sollt, wie es gottwürdig ist, der euch zu seinem Reich und seiner Herrlichkeit beruft.“ Beides also: nicht nur getätschelt und lieb behandelt, sondern jedem Einzelnen nachgegangen. Das, was angesprochen werden musste, wurde auch angesprochen. Warum? Weil sie eines Tages sein Reich erben und seine Herrlichkeit sehen werden. Darauf muss Paulus sie vorbereiten.
Diese familiären Bilder – Mutter und Vater – verwendet er hier bewusst. Die Mutter hat das einzelne Kind vor Augen, der Vater muss die ganze Familie im Blick haben, also auch die Gemeinschaft. Das merkt man, wenn man die drei Kapitel durchliest. Über drei Kapitel hinweg spürt man, wie eng diese Bindung ist. Das hat mich beeindruckt, so bewusst zu werden, wie das ist.
Das macht man ja auch beim Lesen. Man merkt es vor allem am Ende der drei Kapitel, wie Paulus für sie betet und wie stark die Beziehung zu den Thessalonichern ist.
Wir sehen noch einmal, dass sie in Verfolgung standhalten konnten. Das steht zwischendurch auch noch einmal. Ganz am Ende betet Paulus dann noch für sie – das mache ich als Abschluss.
Er dankt: „Denn nun leben wir, wenn ihr feststeht im Herrn.“ Sie leben also auch auf, wenn sie merken, dass es den anderen gut geht. Das ist ein Mutterherz. Meine Frau sagt es dauernd: „Wenn es euch gut geht, geht es mir gut.“
„Was für einen Dank können wir Gott euretwegen abstatten für all die Freude, die wir um euretwillen haben vor unserem Gott! Tag und Nacht flehen wir aufs allerdringlichste, dass wir euer Angesicht sehen und das ergänzen dürfen, was an eurem Glauben noch mangelt.“ Da mangelt schon noch etwas.
Aber erst einmal dieses ganze Positive, diese Beziehung, dieses Freundliche: „Ich möchte mit euch zusammen sein.“ Dann betet er: „Euch aber lasse der Herr wachsen und überströmend werden in der Liebe zueinander und zu allen, gleichwie auch wir sie zu euch haben, damit er eure Herzen stärke und sie untadelig sein in Heiligkeit vor unserem und Vater bei der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus mit allen seinen Heiligen.“
Das ist, was er für sie noch betet: Liebe, Heiligkeit, der Blick auf den Herrn, dass er wiederkommt und sie gestärkt werden. Denn da fehlte schon noch einiges. Aber er sagt es wie ein Vater, der seine Kinder liebt – nicht wie ein Oberlehrer von oben.
So war die Gemeinde dann gekräftigt. Sie haben auch ihn zurückgelebt, das habe ich jetzt nicht gelesen, das kann man aber nachlesen. Es war eine gegenseitige Beziehung in Herzlichkeit, und das in so kurzer Zeit.
Das ist das Bild, das mir in diesen ersten drei Kapiteln vom Thessalonicherbrief aufgegangen ist.
Vielen Dank, Jörg, fürs Teilen. Ich finde es sehr wichtig, auch das Positive zu sehen, auch wenn es Dinge gab, die in der Gemeinde korrigiert werden mussten – das hat Paulus ganz konkret angesprochen. Aber man merkt, dass es aus einer Beziehung der Liebe heraus geschah.
Ich fand es stark zu merken, dass die ganzen Einflüsterer keine Basis finden konnten, weil einfach das Leben des Paulus überzeugte und eben nicht nur sein Reden.
Tja, und das war es dann schon wieder mit dem Podcast der Evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen, ihr habt einen Impuls für euch mitnehmen können. Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gern unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und dass auch wir nicht nur reden, sondern das Leben mit anderen teilen.