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Umfassende Geborgenheit

13.05.2000Kolosser 3,14-15

Einleitung

Wilhelm Busch erzählt. Da sassen sie vor mir, meine 80 Konfirmanden. Es waren die ersten, die ich als ganz junger Pfarrer in der Grossstadtgemeinde unterrichtete. Ich hatte noch wenig Ahnung, wie es in den grossen Mietshäusern aussah, aus denen diese Kinder kamen. "Heute wollen wir das Gebot besprechen, Du sollst nicht töten." Etwas verständnislos schauten mich die 80 Gesichter an. Man sah es auf den ersten Blick, dass sie nicht die Absicht hatten, Mörder zu werden. Ich musste versuchen, ihnen klarzumachen, dass vor Gott ein Streit ebenso schwer wiegt wie ein Mord. Aber - wussten diese Kinder viel von Streit? Ich wollte erst einmal die Lage klären, und so fragte ich. Kinder, bei wem ist Krach im Hause?' Darauf gingen so viele Finger hoch, dass ich es gar nicht mehr überschaute. ,Halt!' rief ich. Wir machen es umgekehrt! Jetzt sollen mal die aufstehen, bei denen kein Krach im Hause ist!' Vier Kinder standen auf. ,Wie? Bei euch ist kein Krach? Offenbar gehört das doch hier zum täglichen Brot! Warum ist denn bei euch kein Krach?' Antwort - wie aus einem Mund -: "Wir wohnen allein!'

Text lesen: Kol. 3,14-15

I. Durch Liebe verbunden (14)

Und über das alles darüber zieht die Liebe an, die alles andere in sich umfasst. Sie ist das Band, das euch zu vollkommener Einheit zusammenschliesst. Nun kommt Paulus zum wichtigsten Kleidungsstück. Man kann sich das wie einen Mantel vorstellen, den man zum Schluss über die anderen Kleidungsstücke anzieht. Es kann sich um nichts anderes als um Liebe handeln! Die Liebe verbindet uns als Christen. Die ganze Unterweisung im christlichen Glauben zielt auf diese Liebe. Paulus sagt es dem Timotheus: Jede Unterweisung der Gemeinde muss zur Liebe hinführen, die aus einem reinen Herzen, einem guten Gewissen und einem aufrichtigen Glauben kommt. 1.Tim.1,5. Jede Unterweisung in der Gemeinde soll darauf hinzielen, dass wir in der Liebe vollkommener werden. Daran können wir fleissig arbeiten. Den Römern sagt Paulus: Bleibt niemand etwas schuldig – ausser der Schuld, die ihr niemals abtragen könnt: der Liebe, die ihr einander erweisen sollt. Wer den Anderen liebt, hat alles getan, was das Gesetz fordert. Rö.13,8.

Die Liebe verbindet uns untereinander. Sie ist wie ein Band, das uns zusammenhält. Liebe birgt eine grosse Kraft ins sich, so dass Petrus sagt: Vor allem lasst nicht nach in der Liebe zueinander! Denn die Liebe macht viele Sünden wider gut. 1.Petr.4,8. Vor allen Dingen habt untereinader beständige Liebe; denn "die Liebe deckt auch der Sünden Menge". 1.Petr.4,8. Diese Sünden werden also nicht einfach gedeckt, weil man sie vertuscht, nach der" Schwamm drüber" Methode, sondern diese Liebe ermöglicht, dass Sünden bereinigt werden und echte Vergebung geschehen kann. Jesus sagt über die Sünderin: Darum sage ich dir: Ihre grosse Schuld ist ihr vergeben worden. Eben deshalb hat sie mir soviel Liebe erwiesen. Wem wenig vergeben wird, der zeigt auch nur wenig Liebe. Lk.7,47. Bsp. das Gleichnis vom Schalksknecht Mt.18,23-35

Anwendung

Liebe ist gar nicht so leicht zu definieren. Es ist eine wohlwollende Zuneigung zum anderen. Oder man kann es mit der Beschreibung aus dem Koritherbrief sagen: Die Liebe ist geduldig und gütig. Die Liebe eifert nicht für den eigenen Standpunkt, sie prahlt nicht und spielt sich nicht auf. / Die Liebe nimmt sich keine Freiheiten heraus, sie sucht nicht den eigenen Vorteil. Sie lässt sich nicht zum Zorn reizen und trägt das Böse nicht nach. / Sie ist nicht schadenfroh, wenn anderen Unrecht geschieht, sondern freut sich mit, wenn jemand das Rechte tut. / Die Liebe gibt nie jemand auf, in jeder Lage vertraut und hofft sie für andere; alles erträgt sie mit grosser Geduld. 1.Kor.13,4-7. Diese Liebe sollen wir anstreben und davon sollen alle Menschen, Christen wir Nichtchristen, provitieren, denn Petrus sagt. Setzt alles daran, dass aus eurer Frömmigkeit Liebe zu den Glaubensgeschwistern erwächst, aus der Liebe zu den Glaubensgeschwistern Liebe zu allen Menschen. 1.Petr.3+7. Zuerst die Liebe unter den Gläubigen, aber diese Liebe weitet sich aus zu allen Menschen. D.h. nicht nur, dass wir den Menschen Gutes tun, sondern, dass wir ihnen die wichtigste Nachricht der Welt mitteilen, so dass sie sie wirklich hören.

II. Durch Frieden geborgen (15)

Der Friede, den Christus schenkt, soll euer ganzes Denken und Tun bestimmen. In diesen Frieden hat Gott euch alle miteinander gerufen, denn ihr seid ja durch Christus ein Leib. Mit dem Frieden ist es eine solche Sache, in einer Schülerzeitschrift war zu lesen: Wir wünschen Frieden, verhalten uns aber oft ganz anders. In einer Schüler- Zeitschrift war zu lesen: Du schreibst Frieden auf deine Jacke und machst Krieg mit deinen Eltern. Du schreibst Frieden auf deine Stirn und setzt zum Angriff gegen das Establishment an. Du schreibst es auf deine Hosen und läufst Sturm gegen deine Lehrer. Du brennst es in deine Haut und zankst dich mit deinem Bruder. Du möchtest, dass Frieden in deinem Wesen zu lesen ist, und du führst Krieg mit dir selbst. Auf dem Papier, auf deiner Jacke, auf deiner Hose, auf deiner Haut, überall steht Frieden, doch in deinem Herzen ist Krieg...- Bsp. 1283. Der Friede, den Christus schenkt ist ganz besonders, den Jüngern sagt er: Zum Abschied gebe ich euch den Frieden, meinen Frieden, nicht den Frieden, den die Welt gibt. Erschreckt nicht, habt keine Angst! Joh.14,27.

Der Friede Jesu unterscheidet sich grundlegend vom Frieden in dieser Welt. Unsere Welt kennt vorwiegend den Waffenstillstand. Ein Gleichgewicht von Macht. Wo dieses Gleichgewicht verletzt wird, beginnt der Krieg. Der Friede, den Jesus gibt ist von ganz anderer Qualität. Es ist der Friede, den Jesus für uns geschaffen hat. Wie wir das in der Apg. lesen: Seinem Volk Israel hat er die Botschaft verkünden lassen, dass er Frieden gestiftet hat durch Jesus Christus – aber dieser Jesus Christus ist ja der Herr über alle! Apg.10,36. Dieser Friede hat nicht nur Menschen mit Gott versöhnt: In Christus hat Gott selbst gehandelt und hat die Menschen mit sich versöhnt. Er hat ihnen ihre Verfehlungen vergeben und rechnet sie nicht an. 2.Kor.5,19. Dieser Friede soll unser Leben bestimmen. Aber was heisst das denn. Wie bestimmt der Friede unser Leben?

Anwendung

Der Friede mit Gott gibt uns eine tiefe Geborgenheit und innere Ruhe. Albert Schweitzer hatte in seiner Jugend ein besonderes Erlebnis: Albert Schweitzer erzählt aus seiner Jugend. Ein Jude, Mausche genannt, kam mit seinem Eselskarren zuweilen durch Günsbach. Da bei uns damals keine Juden wohnten, war dies jedesmal ein Ereignis für die Dorfjungen. Sie liefen ihm nach und verspotteten ihn. Um zu bekunden, daß ich anfing, mich als erwachsen zu fühlen, konnte ich nicht anders, als eines Tages auch mitzumachen. Mausche aber, mit seinen Sommersprossen und dem grauen Bart, ging so gelassen an ihnen vorbei wie sein Esel. Nur manchmal drehte er sich um und lächelte verlegen und gütig zu uns zurück. Dieses Lächeln überwältigte mich. Von Mausche habe ich zum ersten Male gelernt, was es heißt, in Verfolgung stillschweigen. Er ist ein großer Erzieher für mich gewesen. Von da an grüßte ich ihn ehrerbietig. Später nahm ich die Gewohnheit an, ihm die Hand zu geben und ein Stückchen Wegs mit ihm zu gehen. Aber nie hat er erfahren, was er für mich bedeutete. Gerüchte über ihn habe ich nie nachgeprüft. Für mich ist er der Mausche mit dem verzeihenden Lächeln geblieben, der mich noch heute zur Geduld zwingt, wo ich zürnen und toben möchte.

Wenn der Friede Christi unser Denken und Handeln bestimmt, dann können uns Menschen verspotten und wir sagen uns: Spottet nur weiter, ich habe Friede mit Gott, den könnt ihr mir nie und nimmer nehmen. Wenn ich durch eine wichtige Prüfung durchfalle, kann ich mir sagen: Schade, dass ich sie nicht bestanden habe, aber der Friede mit meinem Schöpfer bleibt mir erhalten, darüber will ich freuen.

III. Dankbarkeit

Dankt Gott dafür! Durch den Frieden Christi sind wir durch Christus ein Leib geworden, eben der Leib Christi, die Gemeinde. Und nun werden wir ganz konkret dazu aufgefordert dafür zu danken. Sind wir wirklich dankbar für den Leib Christi, dass wir zur Gemeinde Jesu gehören? Oder wäre es uns gerade so recht, wenn es heissen würde, wir sollen möglichst für uns allein leben?

Schluss

Umfassende Geborgenheit. Durch die Liebe bin ich in eine Gemeinschaft eingebunden. Verbunden durch den Frieden den Christus mir schenkt. Im Philipper lesen wir: Macht euch keine Sorgen, sondern wendet euch in jeder Lage an Gott und bringt eure Bitten vor ihn. Tut es mit Dank für das, was er euch geschenkt hat. / Dann wird der Frieden Gottes, der alles menschliche Begreifen weit übersteigt, euer Denken und Wollen im Guten bewahren, geborgen in der Gemeinschaft mit Jesus Christus. Phil.4,6-7. Amen.