Lieber Vater, das haben wir gesungen, und das ist unser Gebet. Du weißt, wie schwer uns das oft fällt.
Wir möchten dich bitten, uns zu helfen, wirklich still vor dir zu sein und auf dich zu hören, wenn du sprichst. Hilf mir, nur das zu sagen, was du uns sagen möchtest.
Öffne unsere Herzen, damit wir aufmerksam sind auf das, was du uns zu sagen hast. So können wir erquickt und neu zugerüstet werden, zu jedem guten Werk.
Amen!
Die Herausforderung der Stille in einer geschäftigen Welt
Ja, das stille Singen vor dir, mein Vater, ist das eine. Das andere ist, vor Gott dem Vater wirklich still zu werden.
Ich weiß nicht, ob dir das so leichtfällt. Ich habe den Eindruck, dass wir in einer extrem geschäftigen Zeit leben, in der es fast unmöglich ist, überhaupt einmal wirklich zur Ruhe zu kommen.
Vielleicht kennst du das: Der Chef bei der Arbeit fordert immer mehr, oder der Professor an der Universität gibt immer noch mehr Lektüre auf. Die Dinge, die sonst immer los sind, in den Hobbys – immer ist etwas los, jeder erwartet etwas von dir.
Du hast das Gefühl, du kommst gar nicht mehr zur Ruhe. Und dann, wenn du denkst, jetzt endlich mal Ruhe, kommt auch noch eine E-Mail von der Gemeinde, dass etwas zu tun ist und dringend Mitarbeiter gesucht werden.
Du fühlst dich nur noch als Getriebener. Du ringst um gute Prioritäten: Was soll man wirklich tun und was sollte man seinlassen? Aber du merkst, du kommst gar nicht mehr dazu, dir wirklich Gedanken darüber zu machen, weil du eigentlich die Kontrolle über deine Zeit komplett verloren hast.
Die Gefahr ist dann groß, dass unsere Herzen anfangen, bitter zu werden. Bitter, weil uns die Ruhe fehlt, nach der wir uns oftmals sehnen.
Die Botschaft des Predigttextes im Lukas-Evangelium
Unser heutiger Predigttext stellt uns vor diesem Hintergrund wirklich vor eine große Herausforderung. Zugleich kann er uns eine große Hilfe sein. Durch das, was wir heute lesen und bedenken wollen, fordert Jesus uns dazu auf, unsere Prioritäten noch einmal ganz neu zu überdenken. Er lehrt uns, was wirklich wichtig und notwendig ist: nämlich, dass wir vor ihm zur Ruhe kommen und auf sein Wort hören.
So werden wir dann freigesetzt, ihm und anderen mit einem wirklich frohen Herzen zu dienen. Das ist kurz zusammengefasst die Botschaft der heutigen Predigt.
Wir sind im Lukas-Evangelium, wie Alex bereits gesagt hat. Ich möchte euch wirklich ermutigen, die Flyer unten mitzunehmen. So könnt ihr schon einmal die Abschnitte lesen, die am Sonntag gepredigt werden, und euch Gedanken darüber machen. Das hilft euch, noch besser zuzuhören.
Wir haben diese Predigtserie durch die Mittelkapitel des Lukas-Evangeliums überschrieben mit den Worten „Jesus auf dem Weg zum Kreuz“. Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem, wo er sterben soll. Wir hatten gesehen, wie Jesus sich auf den Weg gemacht hatte und dann durch das ihm feindlich gesinnte Samarien gegangen war.
Die Samariter mochten die Juden nicht, und so hat Jesus selbst gesagt, dass er dort keinen Ort findet, an dem er überhaupt zur Ruhe kommen kann. Dann war er durch Samarien hindurchgekommen und fing an zu lehren.
Vor zwei Wochen haben wir in der Predigt gesehen, wie Jesus in ein Gespräch verwickelt wird. Er hatte eine Begegnung mit einem Schriftgelehrten, der ihn fragte, was er tun müsse, um das ewige Leben zu ererben.
Jesus half diesem Schriftgelehrten daraufhin, das Doppelgebot der Liebe noch einmal zu überdenken. Durch die Geschichte vom barmherzigen Samariter machte er ihm vor Augen, dass dieses Doppelgebot – Gott zu lieben und den Nächsten wie sich selbst – uns wirklich mehr als nur herausfordert, uns sogar überfordert.
Unmittelbar nach diesem Gespräch lesen wir nun davon, dass Jesus weiterzieht und in ein Dorf kommt. Ich lese uns den Predigttext Lukas 10, die Verse 38 bis 42.
Begegnung mit Martha und Maria: Zwei Wege der Hingabe
Als sie aber weiterzogen, kam Jesus in ein Dorf. Dort lebte eine Frau namens Martha, die ihn aufnahm. Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich zu Füßen des Herrn und hörte seiner Rede zu. Martha hingegen machte sich viel Mühe, um ihm zu dienen.
Sie trat zu Jesus und sagte: „Herr, fragst du nicht danach, dass mich meine Schwester allein dienen lässt? Sag ihr doch, dass sie mir helfen soll.“ Der Herr antwortete ihr: „Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist notwendig: Maria hat das gute Teil erwählt, das soll nicht von ihr genommen werden.“
In diesem Bericht sehen wir, dass die Handlung im Haus einer Frau namens Martha spielt. Wie schon oft zuvor bricht Jesus hier mit allen Konventionen. Er ist ein unverheirateter Mann und betritt das Haus einer Frau. Typischerweise hatte eine Frau nur dann ein eigenes Haus, wenn sie Witwe war. Ansonsten lebten Frauen bei ihren Eltern oder bei ihren Ehemännern. Es war also wahrscheinlich, dass Martha eine Frau war, die in relativ jungem Alter Witwe geworden war. Sie lud Jesus ein, und gegen alle Konventionen ging Jesus in ihr Haus.
Allein der Gedanke, dass Jesus zu jedem kommt, der ihn willkommen heißt, wäre schon eine ganze Predigt wert. Doch darum soll es hier heute nicht gehen. Wir sehen hier in diesem Haus zwei Schwestern: Martha und Maria. Aus dem weiteren Verlauf der Bibel wissen wir, dass sie auch einen Bruder namens Lazarus haben, doch von ihm ist hier noch nicht die Rede.
Diese beiden Schwestern zeigen Jesus jeweils auf ihre ganz eigene Weise ihre Liebe. Über Maria lesen wir, dass sie Jesus tief verehrt und unbedingt hören will, was er zu sagen hat. Wiederum gegen jede Konvention setzt sich Maria mitten unter seine Jünger zu Jesu Füßen. Sie tut das nicht wie ein Groupie, das Jesus einfach anhimmelt, weil er toll ist. Nein, sie sitzt aufmerksam und lernbereit da und hört seinen Worten zu. Das wird hier betont: Wie sie auf seine Rede hört. Sie hört auf die Worte des menschgewordenen Gottes und zeigt so ihre Verehrung für Jesus.
Martha hingegen zeigt ihre Liebe zu Jesus durch hingebungsvolles Dienen. Am Ende von Kapitel 9 hatten wir bereits gelesen, dass Jesus in Samarien keinen Ort hatte, wo er seinen Kopf niederlegen konnte. Nun kommt er nach einer langen Reise in ein Dorf in Judäa. Martha sieht ihn kommen und öffnet ihr Haus.
Wahrscheinlich waren Jesus und seine Jünger nach der langen Reise sehr erschöpft und hungrig. Martha erkennt diese Not und zeigt ihre Liebe zu Jesus, indem sie sich viel Mühe gibt, ihm zu dienen. Wir können uns das gut vorstellen: Sie sieht Jesus kommen, öffnet die Tür und lädt ihn und seine Jünger ein.
Wahrscheinlich eilt sie, bringt Wasser und Tücher, um ihnen die Füße zu waschen, wie es damals üblich war, wenn Gäste von einer Reise kamen. Sie richtet vermutlich die Zimmer her. Sie hatte keine Vorwarnung, dass Jesus kommen würde, es war wohl eine Überraschung. Dennoch bereitet sie alles vor, damit ein Nachtlager bereitsteht.
Dann kocht sie ein gutes Essen für die hungrigen Männer. Dabei begnügt sie sich nicht mit einem einfachen Gericht wie Kartoffelsalat und Bockwurst oder Ähnlichem. Wahrscheinlich war es eher ein Fünf-Gänge-Menü, denn für Jesus ist das Beste gerade gut genug.
So zeigt Martha ihre Liebe und Verehrung für Jesus. Ich möchte, dass wir das sehr bewusst wahrnehmen, bevor wir weiterlesen und darüber nachdenken, welche der beiden vielleicht besser ist oder was sie falsch gemacht haben könnten.
Wir sehen hier zwei Schwestern, die jeweils auf ihre ganz eigene Weise Jesus ihre Liebe und Hingabe zeigen. Das darf uns herausfordern: Wie zeigst du Jesus deine Liebe? Woran können Menschen deine Hingabe für Jesus erkennen?
Die Entstehung von Bitterkeit im Dienst
Nun sehen wir die Hingabe der beiden Frauen, doch im Verlauf wird deutlich, dass Martha bei ihrem Dienst bitter wird. Das führt uns zum zweiten Punkt dieser Predigt.
In der zweiten Hälfte von Vers 40 lesen wir, wie Martha Jesus anspricht: Sie trat hinzu und sagte: „Herr, fragst du nicht danach, dass sich meine Schwester allein bedienen lässt? Sag ihr doch, dass sie mir helfen soll.“
Hier klagt Martha Jesus an – und indirekt auch ihre Schwester Maria. Was ist hier los? Martha war doch eben noch froh, dass Jesus da war, und sie hatte ihm mit viel Hingabe gedient. Was ist geschehen?
Ich denke, wir können uns in die Situation von Martha hineinversetzen. Stell dir vor, du hast einen Ehrengast zu Besuch. Du freust dich, dass er kommt, öffnest dein Haus, und er sowie andere Gäste nehmen Platz. Sie fangen an, sich zu unterhalten. Der Ehrengast ist sehr auf die anderen bedacht.
Du arbeitest im Hintergrund noch in der Küche, deckst den Tisch, kochst das Essen – und die Gäste scheinen dich gar nicht zu beachten. Sie reden einfach weiter. Vielleicht lobt der Ehrengast sogar die guten Fragen und freut sich, dass sie alle beisammen sind. Doch du bist irgendwie außen vor.
Endlich ist es so weit, und du bringst das Essen. Sie reden einfach weiter, das Essen wird nebenbei verputzt, aber kein Wort des Lobes über deine Kochkunst oder deine Gastfreundschaft. Es scheint fast so, als würdest du gar nicht existieren, obwohl du dir all diese Mühe machst.
Und dann stell dir vor, da sitzt noch jemand mit dabei, der eigentlich dir helfen sollte. Die Person, auf die du gebaut hast, dass alles gut funktioniert, sitzt einfach da, genießt die Gemeinschaft, lacht mit den anderen und lässt dich allein stehen. Da kann man schon mal bitter werden, oder?
Martha ist eine Frau, die diese Bitterkeit nicht still in ihrem Herzen wachsen lässt. Sie trägt ihr Herz auf der Zunge, macht ihrem Ärger Luft und sagt, was Sache ist. Ist sie sich sicher, dass ihre Priorität, das, was sie für wichtig hält, auch wirklich wichtig ist?
So sagt sie letztlich: Für Maria ist doch jetzt keine Zeit, um nur herumzusitzen. Was soll das? Ich brauche Hilfe, auf geht’s, hopp hopp, Jesus, sag doch mal was!
Vielleicht kennen wir das auch. Oft hinterfragen wir nicht, was wir tun, sondern erwarten, dass andere unseren Dienst wertschätzen und es uns gleich tun.
Ich kenne das persönlich, sowohl aus meinem privaten Leben als auch aus der Gemeinde. Ich gebe euch gerne ein Beispiel aus dem Hause Lohmann – das wage ich nur, weil wir das inzwischen besser im Griff haben. Ich habe viele Jahre gebraucht, um diese Lektion zu lernen. Die angehenden Ehemänner unter euch, hört gut zu!
Früher kam es vor, dass meine Frau mir spät abends aus der Gemeinde entgegenkam und kaum war ich durch die Tür, sagte sie: „Oh, heute war ein schlimmer Tag. Die Mädels waren so ungehorsam, es war chaotisch, einfach schlimm. Ich hoffe, der Tag ist bald vorbei.“
Ich komme rein und sehe, dass es wohl so gewesen sein muss, denn die Küche sieht desaströs aus. Aber als liebevoller Ehemann sehe ich die Notwendigkeit, wir mögen es alle gerne ordentlich, und ich schreite zum Werk.
Dabei übersehe ich gnädig, dass meine Frau mich nicht fragt, wie mein Tag war. Der war nämlich vielleicht auch nicht einfach. „Nein, ich wasche ab, ich mache alles ordentlich“, und meine Frau steht da, irritiert.
Der Tonfall in ihrer Stimme wird nicht sanfter, sondern eher noch bitterer: „Was soll das jetzt? Mein Tag war auch nicht einfach. Ich diene dir, und du stehst da und scheinst nicht mal richtig dankbar zu sein. Deinen tollen Ehemann zu verehren für seine Dienstbereitschaft – was ist los?“
So kriecht eine gewisse Verbitterung in mein Herz. Ich wasche natürlich weiter ab, aber plötzlich machen die Töpfe beim Abwaschen viel mehr Geräusche. Vielleicht kennt ihr das.
Was mir dabei lange nicht in den Sinn kam, war, dass meine Frau nicht jemanden brauchte, der die Küche aufräumt. Was sie wirklich wollte, war: „Nimm mich doch mal in den Arm. Mein Tag war einfach schlecht.“
Sie hat den Kindern gedient, ohne ein Wort der Dankbarkeit. Es war einfach ein schlechter Tag. Sie braucht Liebe, Gemeinschaft. Können wir uns nicht einfach mal aufs Sofa setzen?
Ich aber habe meine ganz eigenen Prioritäten. Wenn meine Frau nicht genauso tickt, werde ich sauer. So war es bei Martha.
Die Gefahr, eigene Prioritäten zum Maßstab zu machen
Vielleicht ein anderes Beispiel aus der Gemeinde:
Vielleicht ist mein Familienleben für euch unerreichbar weit weg. Nehmen wir nur die letzte Woche. Wir hatten vor einer Woche noch das Oktoberfest, bei dem wir im Einsatz waren. Dort gingen mutige und treue Geschwister als Evangelisten auf die Straßen, um Menschen das Evangelium weiterzusagen. Dafür sind wir schließlich hier, nicht wahr? Jesus hat uns als seine Botschafter auf die Erde gesandt, um Menschen das Evangelium zu bringen.
Vielleicht warst du dabei und hast dich gefragt: Wo sind eigentlich all die anderen? Was ist mit ihnen los?
Andere waren am Donnerstagabend in der Gemeinde, als Ado Gräwe von Open Doors über die Situation der verfolgten Christen berichtete. So konnten wir für sie beten. Du warst als hingegebener Beter mit dabei, hast dich umgeschaut und gedacht: Es ist ein Armutszeugnis für unsere Gemeinde, dass nur so wenige da sind, um mitzubeten.
Vielleicht warst du am Freitagabend in der Gemeinde, als wir im Rahmen der Jugend den Missionsbericht von Rob und Birgit gehört haben. Du hast gedacht, außer den Jugendlichen, die ja sowieso irgendwie da sein mussten, waren relativ wenig andere da. Mission ist doch so wichtig! Wir wollen unsere Missionare unterstützen, gerade an solchen Abenden, damit sie erleben, wie wir hinter ihnen stehen und für sie beten. Das ist unser verlängerter Arm zu den unerreichten Völkern. Wo sind die ganzen Leute?
Oder vielleicht warst du gestern Abend hier beim Lobpreisabend. Gott liebt es, wenn wir ihn in Liedern anbeten und ihm singen. Wo waren eigentlich die vielen anderen? Warum waren sie nicht da? Das ist doch so wichtig, das liegt so nah an Gottes Herzschlag, wenn wir Lobpreisabende haben.
Am Dienstagabend war ein Lehrabend, und der Pastor liebt es, wenn die Gemeinde kommt und sich lehren lässt. Aber wo waren die, die nicht da waren? Was ist los mit ihnen? Verstehen sie nicht, wie wichtig das ist?
Vielleicht könnt ihr euch in einer dieser Kategorien irgendwo wiederfinden und sagen: Ja, das ist mir ganz besonders wichtig – Gebet, Evangelisation, Lehre, Unterstützung von Mission, Lobpreis. Und das ist alles gut und schön. Ich bin sehr dankbar, dass sich viele engagieren.
Aber manchmal passiert es in solchen Situationen, dass wir denken, das, was mir wichtig ist, muss allen wichtig sein. Dann fangen wir fast ein bisschen bitter und verärgert an zu werden, wenn nicht alle so denken. Kennst du das?
Das Problem ist, dass wir nicht das, was wir tun, einfach mit frohem Herzen tun, sondern unsere Prioritäten zum Absoluten machen und sie auf alle projizieren. Dann wird unser froher Dienst am Herrn plötzlich etwas, das von Bitterkeit erfüllt ist.
Ich glaube, in vielen von uns steckt ein bisschen Martha. Martha hat anfangs noch froh ihren Dienst getan, aber dann ist sie bitter geworden. Ihre Bitterkeit geht so weit, dass sie Jesus anklagt und ihm sogar vorschreiben will, was er zu tun hat.
Interessant: Da ist Jesus, und sie sagt zu ihm: Sag der Maria, der faulen Maria, dass sie mir helfen soll. So absurd es ist, dass Martha denkt, sie müsste Jesus sagen, was er tun soll, so können wir das doch nachvollziehen, oder?
Gerade wenn unsere Herzen bitter geworden sind, wenn wir anfangen zu denken, dass Jesus ungerechte Dinge geschehen lässt, dass er uns mehr zumutet, während andere leichter davonkommen, dann werden wir bitter. Dann kommt es vor, dass wir Jesus anklagen und ihm sagen wollen, was er zu tun hat – vielleicht nicht laut, aber in unseren Herzen, vielleicht sogar laut im Gebet: Jesus, was soll das? Mach doch endlich was!
In solchen Momenten brauchen auch wir die Worte, die Jesus nun an Martha richtet.
Jesu liebevolle Zurechtweisung und die Bedeutung der Prioritäten
Und damit kommen wir zum dritten Punkt dieser Predigt. In den Versen 41 und 42 sehen wir, wie Jesus Martha in Sanftmut zurechtweist und sie belehrt. Der Herr antwortete und sprach zu ihr: „Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe; eins aber ist Not. Maria hat das gute Teil erwählt, das soll nicht von ihr genommen werden.“
Es ist gut zu sehen, dass Jesus Martha hier nicht ausschimpft. Er spricht ganz liebevoll zu ihr – dieses doppelte „Martha, Martha“. Dabei macht er deutlich, dass er genau weiß, wie es ihr geht: „Du hast viel Sorge und Mühe.“
Ich möchte mich kurz an die Marthas unter uns wenden. Das sind ja nicht nur Frauen, sondern auch manche Männer hier. Ich hoffe, du weißt, dass Jesus dich kennt und dich liebt. Jesus nimmt dich in deiner Not und mit all deinen Lasten ernst – so, wie er auch Martha ernst nimmt: „Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe.“
Gerade weil er uns liebt und uns in unseren Sorgen und Nöten ernst nimmt, spricht Jesus jetzt in das Leben der Martha und ich hoffe auch in dein Leben hinein. Er fordert uns dazu heraus, unsere Prioritäten neu zu überdenken und neu zu ordnen.
Dabei ist nichts dagegen einzuwenden, dass Martha ihm so wunderbar Gastfreundschaft zeigt. Das ist ganz biblisch und gut. Das Problem liegt nicht in ihrem Dienst, sondern in ihrem darüber bitter gewordenen Herzen.
Martha meinte, dass ihr Dienst wichtiger sei als das, was Maria tat. Sie wurde gerade deshalb bitter, weil Maria nicht mit anpackte. Sie hatte noch nicht verstanden, dass Maria wirklich das bessere Teil erwählt hatte, dass Maria das tat, was wirklich Not ist. Sie besann sich auf das, was notwendig ist, damit etwas ewig bleibt und uns nicht genommen wird, wie es hier heißt.
Nun, was hatte sie erwählt? Was war das gute Teil? Maria war zu Jesus gekommen und hatte sich ihm zu Füßen gesetzt, um auf sein Wort zu hören.
Die tiefere Bedeutung des Berichts im biblischen Kontext
Die Bedeutung dieses gesamten Berichts wird uns noch viel klarer, wenn wir uns einen Moment von den Details lösen und den großen Kontext betrachten. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Bibel nicht nur Wort für Wort von Gott eingegeben und inspiriert ist. Gott hat auch die Anordnung der Worte inspiriert. Das heißt, die Reihenfolge der verschiedenen Berichte in der Bibel ist nicht zufällig.
Wir finden nicht einfach die Geschichte vom barmherzigen Samariter, dann die Geschichte von Maria und Martha, und nächste Woche ein anderes Thema wie das Gebet. Diese verschiedenen Themen sind nicht willkürlich zusammengestellt. Sie hängen zusammen, und hinter ihnen steht eine tiefere Bedeutung.
Wenn wir an das zurückdenken, was unmittelbar vor dem Bericht von Maria und Martha geschehen ist, fällt uns etwas auf: Da war die Begegnung mit dem Schriftgelehrten, der gefragt hatte, was er tun müsse, um das ewige Leben zu erben. Er ging davon aus, durch seine guten Werke etwas von Gott verdienen zu können. Genau dieselbe Herzenshaltung sehen wir jetzt bei Martha. Sie tut unermüdlich und meint, Jesus schulde ihr deshalb Aufmerksamkeit und Hilfe.
Dem Schriftgelehrten zeigte Jesus durch das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, dass er aus sich heraus niemals genug tun oder lieben kann, um sich das ewige Leben zu verdienen. Martha erklärt Jesus hier ganz direkt, dass das, was ihre Schwester Maria tut, viel wichtiger ist als ihre große Geschäftigkeit. Was wirklich nötig ist, ist, vor Jesus still zu werden und Gottes Wort zu hören.
Jesus sucht nicht zuerst unseren Dienst, sondern unsere Herzen. Er möchte, dass wir vor ihm zur Ruhe kommen, um auf ihn zu hören. Das, was wirklich bleibt und uns nicht genommen werden kann, sind seine Worte. Wie Petrus einige Zeit später sagen wird: „Wohin sonst sollen wir gehen, Herr? Du allein hast Worte des ewigen Lebens.“
Jesus brauchte also kein gutes Festmahl, so schön es auch war. Dafür war er nicht gekommen. Er suchte nicht den liebevollen Dienst der Martha. Nein, Jesus war nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um uns zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele zu geben.
Das hatte Martha noch nicht verstanden, und Maria durfte im Zuhören auf Jesus beginnen, das zu erfassen. Wir alle müssen verstehen, dass wir niemals genug für Jesus tun können, um ihn zu beeindrucken oder um ewigen Wert zu erlangen. Nein, wir brauchen den Dienst Jesu an uns. Dazu ist er gekommen.
Jesus brauchte unseren Dienst überhaupt nicht. Er hatte alles. Er war in der Herrlichkeit beim Vater, und ihm gehörte alles, was da ist. Dennoch hat er alles aufgegeben, sich erniedrigt und ist Mensch geworden. Er ist den Weg zum Kreuz gegangen, nicht um irgendwelche Dienste von Menschen zu empfangen.
Es ist nicht so, dass Jesus gesagt hätte: „Beim Vater war das Essen nicht so gut, ich gehe mal zu Martha.“ Das ist Unsinn! Er hatte alles und hat sich dennoch erniedrigt. Er kam, um das zu tun, was wir brauchen. Trotz all unserer Bitterkeit, unseres Klagens und unserer Überheblichkeit, die uns immer wieder dazu bringt, Gott anzuklagen statt ihn anzubeten.
Jesus ist gekommen, um die Strafe für all unser Versagen auf sich zu nehmen. Selbst als er seinen Jüngern ankündigte, dass er sein Leben für uns geben und sterben würde, um siegreich über Tod und Sünde aufzuerstehen, wollten sie ihn noch korrigieren. So sind wir alle.
Aber Jesus wurde in seinem Dienst nicht bitter. Trotz aller Missachtung, aller Missverständnisse, aller Widerstände, Feindschaften, Verrate und Brutalität ging er seinen Weg mit einem ungeteilten Herzen, voller Liebe für Gott, den Vater, und für uns Menschen.
Nun gibt er jedem, der zu ihm kommt, der sich ihm zuwendet, der beginnt, auf ihn zu hören und ihn als Retter und Herrn anzubeten, durch seinen Heiligen Geist ein neues Herz. Jesus gießt seinen Geist in die Herzen aller aus, die zu ihm kommen, damit sein Geist die Bitterkeit vertreibt, die immer wiederkehrt.
Seine Liebe allein vertreibt alle Bitterkeit. So werden wir frei. Frei, ihm mit Freude zu dienen und ihn wahrhaft anzubeten.
Die Notwendigkeit, Gottes Wort zu hören und Bitterkeit zu überwinden
Ich hoffe, wir sehen sehr klar, was wirklich Not tut, so wie Jesus es hier sagt. Das ist die Botschaft, die wir immer wieder hören müssen, immer und immer wieder. Denn nur wenn wir uns von Jesus bedingungslos geliebt wissen, nur wenn wir wissen, dass er mich liebt – nicht, weil ich jetzt irgendetwas Tolles für ihn getan habe – nein, er liebt mich, obwohl ich so oft versage.
Seine Liebe gilt. Er hat mich geliebt, da war ich noch sein Feind. Er hat mich geliebt, da wollte ich nichts von ihm wissen. Seine Liebe ist bedingungslos. Nur wenn ich das weiß, kann ich anfangen, ihm mit frommem Herzen zu dienen und anderen Menschen mit frommem Herzen zu dienen, ohne dabei immer Anerkennung zu suchen. Denn ich weiß, ich bin schon anerkannt, ich bin schon geliebt.
Mir wurde gedient in einer viel größeren Weise, als ich das jemals tun kann oder tun muss. Ich hoffe, du bist überführt und sagst: Ja, ich sollte mehr Zeit mit meinem Herrn verbringen. Ja, ich sollte mehr auf sein Wort hören. Ich sollte mehr zu seinen Füßen sitzen.
Aber vielleicht denkst du dir gerade: Das ist ja ein schöner Gedanke. Ich möchte, dass sein Wort mein Herz wieder neu erfüllt und die Bitterkeit vertreibt. Aber mir fehlt die Zeit.
Einladung zur Selbstprüfung und Ermutigung zur Ruhe bei Jesus
Lass mich dich fragen: Kann es sein, dass deine Prioritäten durcheinandergekommen sind? Bei Martha war es sicher auch so. Sie hätte auch gerne zu Jesu Füßen gesessen, aber sie meinte, es wäre wichtiger, ihm und den anderen zu dienen.
Kann es sein, dass es dir auch so geht? Darf ich dich ermutigen, dich zu prüfen, ob das, was du tust, das, was dich so getrieben sein lässt, wirklich wichtiger ist, als sich zu Jesu Füßen zu setzen, auf sein Wort zu hören und über sein Wort nachzudenken?
Ich bin überzeugt davon, dass wir als Gemeinde nichts Wichtigeres brauchen als das: dass wir vor Jesus zur Ruhe kommen, auf ihn hören und verstehen, wie sehr er uns liebt. Wir müssen begreifen, wie sehr er uns dient. Nur so können unsere Herzen Ruhe finden. Nur so können wir wirklich froh werden. Nur so werden wir freigesetzt zu einem frohen Dienst, einem Dienst ohne jede Bitterkeit.
Nur eins tut Not: dass wir Gottes Wort hören. Und dieses Wort bleibt. Dann ist es das Wort des ewigen Lebens.
Schlussgebet um Ruhe, Erquickung und Liebe
Ich bete mit uns.
Himmlischer Vater, wir danken dir, dass du uns auch dort nicht verurteilst, wo du uns gerade überführst. Du zeigst uns, dass wir dir nicht genug Zeit widmen und uns nicht die Zeit nehmen, um vor dir zur Ruhe zu kommen.
Lieber Herr Jesus, du weißt, dass viele von uns verlernt haben, überhaupt noch zur Ruhe zu kommen. Ständig gibt es neue Nachrichten und Dinge, die uns ablenken. Herr, du lädst uns ein: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“
Herr, das bete ich für mich und für meine Geschwister hier in diesem Raum, dass du uns neu lehrst, was es heißt, bei dir zur Ruhe zu kommen.
Ich bete auch, dass, wenn jemand noch nie zu dir gekommen ist, um zu erkennen, warum wir deinen Dienst und dein Werk am Kreuz nötig haben, du dieser Person hilfst, vor dir zur Ruhe zu kommen. Möge sie auf dich hören und so wie einst Maria und später auch Martha erkennen, wer du wahrhaftig bist und wozu du gekommen bist.
Herr, so beten wir, dass du uns auch im weiteren Verlauf dieses Gottesdienstes und in diese Woche hinein begleitest mit deiner Ruhe und deinem Frieden. Lass uns neu lernen, auf dich zu schauen, auf dich zu hören und dir mit einem frohen, freigesetzten Herzen zu dienen.
Das bitten wir in Jesu Namen. Amen.