Einführung in das Thema der Familie und des Segens Abrahams
Heute Abend lesen wir 1. Mose 45. Es sind auch noch einige Fragen offen. Wir haben heute und morgen noch Zeit für Fragen. Wenn Fragen auftauchen, darf man sie jederzeit stellen. Ob man eine Antwort bekommt, ist eine andere Sache, aber wir wollen es versuchen.
Es liegen hier schon einige Fragen zu Joseph vor, auf die ich gleich eingehen möchte. Eine Frage ergibt sich schon beim Lesen der ersten Verse von Kapitel 45. Darauf kommen wir gleich zu sprechen. Wir lesen zunächst Vers 1.
In diesem wunderbaren Finale, in den letzten Seiten des ersten Buches Mose, geht es um die große Frage: Wie gelangt der Segen Abrahams zu den Heiden? Wie kommt der Segen Abrahams unter die Völker?
Wir denken daran, dass Gott Abraham eine dreiteilige Verheißung gegeben hat. Der erste Teil der Verheißung betrifft den Samen, also den Nachkommen. Der zweite Teil betrifft den Segen: „Ich werde dich segnen.“ Und der dritte Teil der Verheißung betrifft, dass der Segen zu aller Welt kommen soll, dass alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollen in dem Samen, in dem Nachkommen Abrahams.
In diesem Zusammenhang haben wir von diesem Machthaber in Ägypten gelesen, von Joseph. Wenn wir das erste Buch Mose betrachten, ist es oft hilfreich, den großen Zusammenhang zu beachten. Denn schon am Anfang des ersten Buches Mose geht es um das Thema Familie, genauso wie am Ende des Buches.
Es geht um eine äußerst wichtige Familie: die Familie des Volkes Gottes, der Kern, aus dem das Volk Gottes werden soll. Es geht darum, wie diese Familie geeint wird und vor allem, wie sie bewahrt werden soll. Die Familie darf sich nicht unter die Kanaaniter auflösen. Es geht darum, wie die Identität dieser Familie bewahrt werden kann.
Gott als Familiengott und die Bedeutung der Vaterschaft
Und auch am Anfang des Neuen Testaments lesen wir von dieser Familie des Alten Testaments. Ganz am Anfang des Alten Testaments lesen wir von diesem Familiengott. Gott ist ein Gott, der in der Schöpfung viele Familien hineingelegt hat. Er ist ein Gott der Vaterschaft.
Wir lesen in Epheser 3,15: Von ihm her wird alles in den Himmeln und auf der Erde benannt, das einen gemeinsamen Vater hat. In einer anderen Übersetzung heißt es: Von welchem alle Väterschaft auf Erden benannt ist. Gott ist ein Vater, und er hat es so eingerichtet, dass Menschen in Gruppen leben, in Familien. Das nennt die Bibel Vaterschaft, eine Familie.
Gott ist ein Familiengott. Er hat Kinder, Menschen geschaffen und in diese Welt gesetzt, die in gewissem Sinn seine Söhne sein sollten. Ein Sohn Gottes ist jemand, der Gott ähnlich ist. Im hebräischen Denken ist ein Sohn jemand, der dem Vater ähnlich ist. Wenn von Söhnen Gottes die Rede ist, dann sind diese irgendwie ähnlich wie Gott.
Die Engel zum Beispiel werden Söhne Gottes genannt, weil sie etwas von dem Wesen Gottes haben. Sie strahlen etwas von der Heiligkeit Gottes wider. Auch die Menschen werden Söhne Gottes genannt. In 1. Mose 6 ist die Rede von einer Gruppe von Menschen, die Söhne Gottes genannt werden.
Adam wird ebenfalls einmal Sohn Gottes genannt. In Lukas 3 heißt es, dass er ein Sohn Gottes war. Er wurde so bezeichnet, weil er eine Ähnlichkeit mit Gott hatte. Gott hat den Menschen in seinem Bilde geschaffen. Deshalb sind die Menschen in gewissem Sinn seine Familie. Jedenfalls war es am Anfang ganz sicher so.
Der Sündenfall und die Wiederherstellung der Familie durch Josef
Und dann kam die Sünde. Da war ein Machthaber, ein Fürst, ein Engelsfürst, der zu einem Dämonenfürsten wurde. Er kam in der Gestalt einer Schlange und setzte seine ganze List und Macht ein, um dem Vater seine Kinder zu rauben, dem Vater seine Kinder wegzunehmen.
Wir wissen, was geschehen ist: der Sündenfall und das furchtbare Gericht, das Gott dann in der Sintflut schicken musste.
Am Ende des ersten Buches Mose sehen wir auch einen Vater, der seiner Kinder beraubt ist. Er hat den Josefvater nicht mehr, und die Beziehung zu den anderen Kindern, die er eigentlich hatte, war so gestört, dass man sagen kann, er hatte keine wirkliche, echte Beziehung zu seinen Söhnen.
Jetzt sehen wir hier einen Machthaber namens Josef, der unschuldig gelitten hat und dann zum zweithöchsten Posten der Welt erhoben wurde. Er verwendet seine Macht ganz sensibel, um die Brüder zur Buße zu führen und dadurch dem Vater die Söhne zurückzugeben. Die Familie wird wiederhergestellt.
Gott ist ein Gott, der will, dass Familie hergestellt und geeint wird. Hier handelt es sich um eine ganz besondere Familie.
Wenn wir dann weiter in der Geschichte schauen, sehen wir, dass Josef ein Vorbild für einen viel höheren Machthaber ist: Jesus Christus. Auch er hat unschuldig gelitten, sich stellvertretend hingegeben und wurde zur Rechten Gottes erhöht. Jetzt wirkt er in der Welt durch den Geist, um dem Vater verlorene Kinder zurückzugeben. So kann der Vater eine große Familie haben, nämlich dass der Segen Abrahams zu allen Völkern kommt.
Der Segen Abrahams und seine Erfüllung in Christus
Wir lesen von dem Segen Abrahams in Galater 3, besonders in Vers 14. Ich möchte zunächst Vers 13 vorlesen:
Galater 3,13: Christus hat uns erlöst vom Fluch des Gesetzes, indem er selbst ein Fluch wurde. Denn es steht geschrieben: „Verflucht ist jeder, der am Holz hängt.“
Warum wurde er ein Fluch? Er wurde ein Fluch, damit denen, die nicht aus Israel stammen, den Heiden, der Segen Abrahams zuteil werde in Christus Jesus. So empfangen wir die Verheißung des Geistes durch den Glauben.
Das Thema, wie der Segen in alle Welt kommen kann, ist sehr aktuell. Es beschäftigt uns heute besonders in der Evangelisation. Die Frage lautet: Wie kann der Segen Abrahams zu allen Völkern gelangen?
Dies geschieht durch Jesus Christus. Jetzt wird Jesus Christus in die ganze Welt hinausgetragen, damit Menschen ihn annehmen und in Jesus Christus hineinkommen. Wenn Menschen in Jesus Christus hineinkommen, erhalten sie den Segen Abrahams. Dann werden sie Söhne Abrahams, Kinder Abrahams.
Galater 3,29 sagt am Ende: „Wenn ihr Christus angehört, dann seid ihr Abrahams Same und Erben nach der Verheißung.“
Wir haben also ein gewaltiges Thema im ersten Buch Mose, ein Thema, das eigentlich die ganze Weltgeschichte und die gesamte Heilsgeschichte betrifft. Im Kleinen geht es hier um den Kern dieser Familie. Wie kann diese Familie zusammenkommen? Wie wird sie zu einer Einheit, damit der Segen Abrahams zu allen Völkern gelangt?
Durch Joseph kommt der Segen nach Ägypten, aber der Segen soll weitergegeben werden.
Die Offenbarung Josefs an seine Brüder und die Wiederherstellung der Familie
Wir haben gestern die ersten Verse von Kapitel 45 gelesen. Dort heißt es, dass Joseph sich nicht mehr beherrschen konnte, vor allen, die um ihn standen. Er rief: „Lasst jedermann von mir hinausgehen!“ Und es blieb niemand bei ihm, als Joseph sich seinen Brüdern zu erkennen gab.
Er erhob seine Stimme mit Weinen, und die Ägypter hörten es. Eine Frage war hier, was das bedeuten sollte: „Er erhob seine Stimme mit Weinen, dass es die Ägypter hörten“ – nicht im Sinne von „damit es die Ägypter hören sollten“, sondern man kann hier ganz einfach so übersetzen: „Er erhob seine Stimme mit Weinen, und die Ägypter hörten es.“ So steht es im Hebräischen. Es war also ein wirklich lautes Weinen, und das Haus des Pharao hörte es.
Josef sagte zu seinen Brüdern: „Ich bin Josef! Lebt mein Vater noch?“ Seine Brüder konnten ihm nicht antworten, denn sie waren bestürzt vor ihm. Josef sagte zu ihnen: „Tretet doch her zu mir!“ Sie traten heran, und er sagte: „Ich bin Josef, euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt.“ Josef gibt sich seinen Brüdern zu erkennen. Sie treten zurück und können nichts mehr sagen.
Vers 5: „Und macht euch nicht Kummer und lasst nicht in euren Augen brennen, dass ihr mich hierher verkauft habt. Denn zur Erhaltung des Lebens hat Gott mich vor euch hergesandt. Schon zwei Jahre ist der Hunger im Land, und noch sind fünf Jahre, in denen es weder Pflüge noch Ernten geben wird. Gott hat mich vor euch hergesandt, um euch einen Überrest auf der Erde zu setzen und euch am Leben zu erhalten für eine große Rettung.“
„Und nun, nicht ihr habt mich hierher gesandt, sondern Gott. Er hat mich zum Vater des Pharao gemacht, zum Herrn seines ganzen Hauses und zum Herrscher über das ganze Land Ägypten.“ Sie stehen sprachlos da. „Nicht ihr habt mich hierher gesandt, sondern Gott hat mich hierher gesandt.“ Wie sensibel geht Josef mit seinen Brüdern um! Er weiß, wie schwer das jetzt für sie ist. Nachdem sie ihre Schuld erkannt haben, muss er ihnen sagen, dass Gott es war, dass Gottes Hand hinter der ganzen Geschichte stand.
Gott hat es so gefügt. Ja, ihr habt Böses getan, aber Gott hat es gefügt, und Gott hatte wunderbar Gutes vor. Gott hat mich für euch hergesandt, um euch einen Überrest auf der Erde zu setzen, um euch am Leben zu erhalten für eine große Rettung.
Vers 9: „Eilt und zieht hinauf zu meinem Vater und sprecht zu ihm: So sagt dein Sohn Joseph: Gott hat mich zum Herrn von ganz Ägypten gemacht. Komm zu mir herab, zögere nicht! Du sollst im Land Goschen wohnen und nahe bei mir sein, du und deine Söhne und die Söhne deiner Söhne und dein Kleinvieh, deine Rinder und alles, was du hast. Ich will dich dort versorgen, denn noch fünf Jahre ist Hunger, damit du nicht verarmst – du und dein Haus und alles, was du hast.“
Vers 12: „Und siehe, eure Augen sehen es, und die Augen meines Bruders Benjamin, dass es mein Mund ist, der zu euch redet.“ Jetzt redet Josef auf Hebräisch zu ihnen, nicht mehr über einen Dolmetscher.
Vers 13: „Berichtet meinem Vater alle meine Herrlichkeit in Ägypten und alles, was ihr gesehen habt, und eilt und bringt meinen Vater hierher herab.“ Eilt, die Sache ist jetzt wirklich eilig. Josef hat lange genug gewartet.
Jetzt darf Josef auch seinen Gefühlen freien Lauf lassen. Vers 14: „Er fiel seinem Bruder Benjamin um den Hals und weinte, und Benjamin weinte an seinem Hals. Er küsste alle seine Brüder und weinte an ihnen.“ Danach redeten seine Brüder mit ihm. Es steht dann so einfach: „Danach redeten seine Brüder mit ihm.“ Es wäre interessant zu wissen, worüber sie jetzt wohl geredet haben.
Jetzt dürfen sie alles von ihrem Herzen reden, jetzt dürfen sie ihre Schuld bekennen, und jetzt wird Gemeinschaft wiederhergestellt. Sie haben echte Buße getan. Wenn hier echte Buße stattfindet, wird Gemeinschaft wiederhergestellt – echte Gemeinschaft. Nachdem wir Buße getan haben, können wir uns alles vom Herzen herunterreden mit dem Herrn. Jetzt ist echte Gemeinschaft da mit dem Herrn Jesus.
Vers 16: „Und die Kunde wurde im Hause des Pharao gehört, und es hieß, Josephs Brüder sind gekommen. Es war gut in den Augen des Pharao und in den Augen seiner Minister.“ Ja, der Pharao hört davon: Die Brüder Josephs sind gekommen, und der Pharao sagt: „Gut!“ Auch alle Minister sagen: „Gut!“
Der Pharao sagt zu Joseph: „Sage deinen Brüdern: Tut dieses, beladet eure Tiere und zieht hin und geht in das Land Kanaan. Nehmt euren Vater und eure Häuser und kommt zu mir.“ Vielleicht denkt er sich, wenn der eine schon so viel Segen gebracht hat, wie viel mehr dann die ganze Familie? Und vielleicht denkt er sich: „Oh, was muss das für ein Vater sein, der so einen Sohn hervorbringen kann wie Joseph!“ Wenn er wüsste, was Jakob für ein Mensch vorher war. Aber Jakob ist durch die Schule des Herrn gegangen.
Wer hat Joseph eigentlich erzogen? Es war die Schule Gottes, durch die Joseph gegangen ist. Ja, das war der Vater, der wirklich Joseph zu einem Joseph gemacht hat. Und uns auch. Er ist der, der uns wirklich erzieht. Wir brauchen nicht traurig zu sein über unsere Eltern, wenn wir vielleicht nicht zufrieden waren mit ihnen. Manche dürfen sogar sehr glücklich sein über ihre Eltern. Aber nicht jeder hat ideale Eltern, gar niemand hat wirklich ideale und vollkommene Eltern. Aber es gibt einen Vater, der vollkommen ist und uns erzieht, der uns in seine Schule nimmt.
Pharao freut sich, die Familie Jakobs kennenzulernen, den Vater Jakob kennenzulernen. „Ich will euch geben das Gute des Landes Ägypten, das Fett des Landes.“ Das heißt das Beste des Landes. Das Fett war ja das Beste vom Opfer, wenn man etwas geopfert hat. Hier sollt ihr das Fett des Landes essen, das Beste.
Vers 19: „Und du bist beauftragt zu sagen: Tut dieses! Nehmt euch aus dem Land Ägypten Wagen für eure Kleinen und für eure Frauen, holt euren Vater und kommt.“ Joseph hatte einen guten Ruf in Ägypten, und dieser gute Ruf schafft den Brüdern jetzt den Eingang beim Pharao.
Hier ist Joseph wieder ein schönes Vorbild für den Herrn Jesus. Der Herr Jesus hat wirklich einen guten Ruf, und wir, die Brüder Jesu, dürfen wegen seines guten Rufs Zugang zum Vater im Himmel haben. In Römer 5,1 steht: „Nachdem wir gerecht geworden sind aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir vermittels des Glaubens auch Zutritt haben zu dieser Gunst, in der wir stehen.“ Wir stehen in Gunst bei Gott wegen des guten Rufs von Jesus Christus und wegen der guten Tat, die er für uns getan hat.
Vers 20: „Euer Auge sehe nicht mit Bedauern auf euren Hausrat, denn das Beste des ganzen Landes Ägypten soll euer sein. Trauert nicht nach den Dingen in Kanaan. Das Beste des Landes Ägyptens soll euer sein.“
Vers 21: „Und die Söhne Israels“, wie sie hier genannt werden – nicht Söhne Jakobs, sondern Söhne Israels – „taten so.“ Joseph gab ihnen Wagen nach dem Befehl des Pharao und gab ihnen Wegzehrung. Er gab jedem Wechselkleider. Benjamin gab er dreihundert Silberstücke und fünf Wechselkleider, das waren Festkleider, fünf Stück. Seinem Vater sandte er zehn Esel, beladen mit den besten Gaben Ägyptens, und zehn Eselinnen, beladen mit Getreide, Brot und Nahrung für den Weg. Dann entließ er seine Brüder.
Warum ist Joseph eigentlich nicht mitgezogen? Joseph hatte nicht so viel Arbeit, dass er nicht ein paar Wochen Urlaub hätte machen können. Er hatte genug gearbeitet in den letzten Jahren, und er hatte seine Minister zur Seite. Warum ist er nicht mitgezogen? Er wusste genau, das wäre jetzt nur ein Hindernis.
Stellen wir uns vor, Joseph wäre mitgezogen: Wann sollten die Brüder mit dem Vater die Sache bereinigen, die noch zu bereinigen ist? Es gibt ja noch wichtige Dinge zu regeln mit dem Vater. Joseph weiß, er würde nur im Wege stehen. Er kommt nicht selber mit. Die Brüder haben 22 Jahre ihre Sünde vertuscht, und jetzt muss die Gemeinschaft mit dem Vater wiederhergestellt werden. Dabei kann er ihnen jetzt nicht helfen. Das müssen sie alleine tun.
Wir auch: Wenn wir zu Gott kommen, die Sache in Ordnung bringen, muss das jeder alleine tun. Da kann letztlich niemand helfen. Man kann höchstens sagen: „Ja, ich helfe dir, damit du beten kannst.“ Aber eigentlich muss das jeder alleine tun. Jeder steht selbst vor Gott.
Außerdem denken wir daran: Was wäre geschehen mit Vater Jakob, wäre er jemals nach Ägypten gezogen, wenn Joseph dorthin gezogen wäre? Wenn Joseph noch in Ägypten ist, dann ist er wie ein Magnet, der den Vater doch noch nach Ägypten zieht. Und das war wichtig.
Joseph entließ seine Brüder. Vers 24: „Sie zogen hin, und er sagte zu ihnen: Erregt euch nicht auf dem Wege!“ Das Wort „erregt euch nicht auf dem Wege“ ist zweideutig. Die Übersetzer tun sich schwer mit der Übersetzung. Soll es heißen: „Zanket nicht auf dem Wege“? Hat er das gemeint? Oder: „Werdet nicht ängstlich auf dem Wege“? Es ist nicht klar, um welche Erregung es geht. Ist es Erregung aus Streit? Oder Erregung vor Angst? Oder Erregung aus Eifer?
Joseph kennt diese Leute und weiß, sie könnten entweder ins Streiten geraten oder sich Vorwürfe machen. Sie könnten große Angst vor dem Vater haben. Es könnten schwierige Gespräche unterwegs entstehen. Das war schon schwierig für die elf oder zehn Brüder jetzt: Wie machen wir das jetzt mit dem Vater? Jetzt müssen sie alles auspacken, und die Frage ist, ob der Vater vergeben wird.
Jakobs Zweifel und die endgültige Entscheidung zur Reise nach Ägypten
Sie zogen aus Ägypten hinauf und kamen in das Land Kanaan zu ihrem Vater Jakob (Vers 25). Sie berichteten ihm, dass Josef noch lebt und Herrscher über das ganze Land Ägypten ist. Da erstarrte sein Herz, denn er glaubte ihnen nicht.
Sie kommen zum Vater nach Hause und sagen: Josef lebt, und er ist der Herrscher über die Supermacht der Welt. Nach 22 Jahren des Belogenwerdens kann er das jetzt nicht glauben? So schnell kann er nicht umschalten.
In Vers 27 lesen wir: „Und sie redeten zu ihm alle Worte Josefs, die er zu ihnen geredet hatte, und er sah die Wagen, die Josef gesandt hatte, um ihn zu holen.“ Der Geist ihres Vaters Jakobs lebte auf. Jetzt schaut er sich die Wagen an, die Josef geschickt hat, ebenso die zwanzig Esel und die vielen anderen Dinge, die sie aus Ägypten mitgebracht haben.
Nun dämmert es ihm: Wer sollte sonst diese meine Söhne so reich beschenkt haben in Ägypten? Ach, das war sehr weise von Josef, dass er die Wagen und die Güter mitgeschickt hat. Er weiß, welche Sprache der Vater versteht, denn er kennt seinen Vater. Die Wagen und die vielen Geschenke sollen ihm helfen, das zu glauben, was die Brüder ihm sagen.
Jetzt gab es Gespräche. Israel – nicht Jakob – steht hier. Israel sagte in Vers 28: „Genug, Josef, mein Sohn lebt noch, ich will hinziehen und ihn sehen, ehe ich sterbe.“ Jetzt handelt Jakob wieder als Israel. Er ist nicht mehr der Jakob.
Wir lesen hier nichts von Details der Gespräche, die jetzt stattgefunden haben. Das wird uns erspart. Aber die Brüder müssen sich zu ihrer Lüge stellen. Und was sagt Jakob? „Genug, genug, das genügt, dass Josef lebt, das genügt mir.“ Kein Vorwurf, keine Bitterkeit, kein Verfluchen dieser verruchten Söhne.
Wenn das vor vierzig Jahren geschehen wäre, dann wäre die Reaktion wahrscheinlich anders ausgefallen. Aber dieser Mann Jakob ist durch die Schule Gottes gegangen. Jetzt strahlt er in seiner Sanftmut, jetzt ist er reif geworden.
Wenn wir diese Geschichte lesen, ist Josef auch hier wieder ein Bild, ein Vorbild für Jesus Christus. Man könnte viele Details aufzeigen, in denen Josef ein Vorbild für Jesus ist – auf einer tieferen Ebene natürlich. Aber hier ist es besonders deutlich.
Wenn wir daran denken: Wir gehen zu unseren Freunden und sagen: „Jesus lebt, Jesus lebt“, so wie die Brüder zu Jakob sagten: „Josef lebt.“ Stell dir vor: „Josef lebt!“ Und wir sagen den Leuten, den Nachbarn: „Jesus lebt!“ Aber wie sollen sie das glauben? Sie starren uns ungläubig an und sagen: „Ja, was soll ich da jetzt glauben? Jesus lebt, und er ist der Herrscher der ganzen Welt? Das soll ich dir glauben?“
Was könnte ihnen helfen? Was hat Josef gemacht? Er hat die Wagen mitgeschickt – Zeichen und Bezeugungen. Was könnte unseren Nachbarn helfen, wenn wir sagen: „Jesus lebt und er ist der Herrscher über die ganze Welt“? Sie müssen irgendetwas von Jesus sehen. Wenn sie etwas von ihm sehen, wird es ihnen helfen.
Man kann sagen: „Schau, was er in meinem Leben gemacht hat, schau, was er im Leben meiner lieben Glaubensgeschwister getan hat.“ Unsere Aufgabe ist es, von ihm zu bezeugen. Das wird ihnen helfen zu glauben.
Also ist Josef auch hier wieder ein Vorbild für Jesus Christus. Weil Josef lebt, gibt es jetzt Hoffnung für Jakob. Und es gibt eine Zukunft für die Familie Jakob. Es gibt eine Zukunft für ein vereintes Volk Gottes. Und es gibt eine Zukunft, dass die Familie Jakob sich nicht unter die Heiden auflösen wird.
Jakobs Aufbruch nach Ägypten und Gottes Zusage
Wir lesen, dass Jakob, also Joseph, ihm sagte, Jakob solle nach Ägypten kommen. In Kapitel 46, Vers 1 heißt es: „Und Israel brach auf.“ Hier wird erneut der Name Israel verwendet. Israel brach auf, und alles, was er hatte, kam nach Beersheba (Kapitel 46, Vers 1).
Er bricht auf, wartet nicht allzu lange und macht sich auf den Weg nach Ägypten. Wenn man von Hebron, wo er gewohnt hatte, in den Süden zieht, kommt man nach Beersheba. Das ist nicht weit. Dort, in Beersheba – das bedeutet „Schwurbrunnen“ – gab es einen besonderen Ort, an dem er sich an den Schwur Gottes erinnerte, den Gott Abraham gegeben hatte.
Dort bleibt er stehen. Er kommt nach Beersheba und opfert Schlachtopfer dem Gott seines Vaters Isaak. Er sehnt sich danach, zu Joseph zu gehen, seinen geliebten, einzigartigen Sohn wiederzusehen. Doch er fürchtet sich davor, eigene Wege zu gehen. Er fragt sich: Darf ich Gott überhaupt nach Ägypten gehen? Ist es Gottes Wille? Ist es der Weg Gottes? Er hat Angst, einen eigenen Schritt zu tun.
Was sagt Gott? Jakob geht nach Beersheba und fragt den Herrn dort, wo schon früher eine Opferstätte war, an der man dem Herrn Schlachtopfer darbrachte. Hier ist ein leuchtendes Beispiel für uns: Dieser Jakob legt sich auf den Opferaltar. Sinnbildlich gesprochen nimmt er ein Schlachtopfer, aber es ist, als ob er sich selbst auf den Altar legt und sagt: „Herr, ich gehöre dir. Bitte entscheide du, ob ich gehen soll oder nicht.“
Er denkt zurück an Abraham: Wie war das damals? Da war eine Hungersnot, und Abraham wollte nach Ägypten ziehen. Doch das war kein richtiger Weg für Abraham, denn er brachte sich nur Probleme ein. Auch Isaak erlebte eine Hungersnot. Wohin wollte Isaak? Er ging in den Süden, ins Philisterland, und war schon auf dem Weg nach Ägypten. Doch Gott hielt ihn zurück.
Jetzt ist Jakob an der Reihe: Hungersnot, und er soll nach Ägypten gehen. Was sagt der Herr? Der junge Jakob tat immer, was er selbst wollte. Doch der alte Jakob will den Herrn fragen. Er will bei jedem Schritt fragen: Herr, was ist dein Wille?
In Vers 2 spricht Gott zu Israel in den Gesichten der Nacht und sagt: „Jakob, Jakob!“ Und er antwortet: „Hier bin ich.“ Gott ruft zweimal seinen Namen. Das ist etwas Besonderes und das einzige Mal, dass wir das im Leben Jakobs lesen. Auch bei Abraham, Mose, Samuel, Marta, Simon und Saul wird der Name manchmal zweimal gerufen. Der Herr Jesus rief einmal: „Eli, Eli, mein Gott, mein Gott.“
Hier offenbart Gott sich besonders Israel. Er nennt ihn wieder Israel und betont, dass er der Mann ist, der neu geworden ist und durch die Schule Gottes gegangen ist. Gott spricht: „Ich bin der Gott, der Gott deines Vaters. Fürchte dich nicht.“
Furcht hat Jakob gehabt. Er fürchtete sich davor, eigene Wege zu gehen. Früher tat er das ohne Angst, doch jetzt hat er Furcht. Der Herr sagt: „Fürchte dich nicht, nach Ägypten hinabzuziehen, denn dort werde ich dich zu einem großen Volk machen.“
Das ist auch für uns oft so: Wir stehen vor der Frage, ob wir den Ort wechseln oder umziehen sollen. Wir fragen uns: Herr, was ist dein Wille? Wir möchten nicht unabhängig von Gott handeln. Grundsätzlich gilt: Bleibe im Land, bleib da, wo du bist. Aber manchmal sind die Umstände nicht günstig, und wir denken, wir wollen weg. Ungünstige Umstände sind jedoch nicht der einzige Grund, wegzuziehen. Manchmal will der Herr, dass wir wegziehen. Dafür braucht es eine klare Führung, ein klares Signal – die Ampel muss auf Grün stehen.
Hier ist ein Mann, der nach Gottes Willen fragt. Gott sagt: „Fürchte dich nicht, nach Ägypten hinabzuziehen, denn dort werde ich dich zu einem großen Volk machen. Ich selbst ziehe mit dir nach Ägypten hinab und führe dich wieder herauf, ja, herauf!“
Joseph wird seine Hand auf deine Augen legen. Im Hebräischen ist das eine starke Betonung: „Ich führe dich wieder herauf, ja, herauf.“ Das bedeutet, die Gewissheit wird betont, dass Gott sich ganz sicher daran hält. Keine Angst, ich hole dich da wieder heraus, ich führe dich wieder herauf.
Dann sind sie gezogen, sie sind weitergezogen.
In Vers 5 heißt es: Jakob machte sich auf von Beersheba. Die Söhne Israels – so werden sie hier genannt, nicht mehr die Söhne Jakobs – führten Jakob, ihren Vater, sowie ihre kleinen Kinder und Frauen auf den Wagen, den der Pharao gesandt hatte, um ihn zu holen.
Ach, wie wunderbar hat sich die Geschichte jetzt gewendet! Es war eine verfahrene Situation, eine kaputte Familie, eine zerrissene Sache. Und nun ist alles gut geworden.
Lektionen über Vergebung und Wiederherstellung
Und hier können wir einiges lernen, auch für unser praktisches Leben. Es gibt Situationen, die wirklich schwierig sind. Situationen, in denen eine Beziehung zu Menschen einfach verfahren ist.
Diese Geschichte zeigt uns, wie schön es werden kann, wenn man bereit ist, sich zu demütigen. Diese Brüder kamen an den Punkt, sich wirklich zu demütigen.
Ich habe mir vier Punkte über Vergebung und Wiederherstellung aufgeschrieben.
Erstens: Vergebung ist eine Willensentscheidung, keine Gefühlsentscheidung. „Ich kann nicht vergeben, das geht nicht, und vergessen schon gar nicht“ – so denken viele. Aber es geht nicht darum, was wir können, sondern ob wir wollen. „Ich kann nicht“ heißt in Wirklichkeit „Ich will nicht“. Paulus sagt im 2. Korintherbrief, dass wir uns entscheiden sollen, Liebe zu üben. Er spricht davon, jemandem zu vergeben, 2. Korinther 2.
Zweitens: Vergebung ist etwas, das wir immer wieder tun sollen. Siebzig mal sieben mal, wenn der andere kommt und für die gleiche Sache um Vergebung bittet, dann sollen wir siebzig mal sieben mal vergeben. Und wenn Jesus sagt, wir sollen so oft vergeben, wie oft wird er uns vergeben? Wenn wir 490 Mal am Tag für dieselbe Sache kommen, wird er uns vergeben. Er wird genauso handeln.
Drittens: Vergebung geschieht nur auf der Basis eines Bekenntnisses der Schuld. Das haben wir bei den Brüdern Josefs gesehen. Man muss sich demütigen. Wenn eine Situation verfahren ist, warum sagen wir nicht offen, was falsch gelaufen ist? Warum gehen wir nicht den Weg der Demut? Warum bekennen wir nicht unsere Sünde dort, wo wir gesündigt haben? Nicht den anderen die Schuld geben, sondern ich bekenne meine Sünde und stelle mich ehrlich darunter.
Viertens: Vergeben müssen wir so, wie Jesus Christus uns vergeben hat. „Wie Christus euch vergeben hat, so auch ihr“ (Kolosser 3,13). Wie hat er vergeben? Ohne Vorwürfe, ohne Bedingungen, aus Gnade und nur aus Gnade allein. Reichhaltig hat er vergeben und nachhaltig. Er hat es nicht wieder aufgegriffen. Und so ist es wieder gut geworden.
Die Ankunft Jakobs in Ägypten und die Familienzusammenführung
Vers 6: Sie nahmen ihr Vieh und ihre Habe, die sie im Land Kanaan erworben hatten, und gingen nach Ägypten. Jakob zog mit all seinen Nachkommen dorthin: seine Söhne und die Söhne seiner Söhne, seine Töchter und die Töchter seiner Söhne. Alle seine Nachkommen brachte er mit sich nach Ägypten.
Dies sind die Namen der Söhne Israels, die nach Ägypten kamen: Jakob und seine Söhne. Anschließend werden alle aufgezählt, doch wir lesen sie hier nicht vor.
Vers 27: Die Söhne Josephs, die ihm in Ägypten geboren wurden, waren zwei Personen. Insgesamt zählten alle Seelen des Hauses Jakobs, die nach Ägypten kamen, siebzig.
Ich denke, wir machen hier eine kurze Pause, singen ein Lied und gehen anschließend auf die noch offenen Fragen ein. Wir werden nicht mehr lange machen.
Fragen zur Person Joseph und zur Heirat
Eine Frage war das Alter Josephs. Er war siebzehn Jahre alt, als er verkauft wurde. Dreizehn Jahre später wurde er erhöht und wurde der zweite Mann in Ägypten. Zu diesem Zeitpunkt war er dreißig Jahre alt.
Mit etwa dreißig Jahren hat er dann geheiratet. Es stellt sich die Frage: Was bedeutete damals eine Heirat? Eine Heirat war eine offizielle Angelegenheit. Es war nicht so, dass zwei Menschen sich heimlich entschieden, ab jetzt Mann und Frau zu sein. Stattdessen war es ein öffentliches Fest.
Es gab zwar kein Standesamt im heutigen Sinne, aber die Ältesten der Stadt waren beteiligt. Die ganze Stadt oder das ganze Dorf wusste, dass die beiden jetzt heirateten. Meistens wurde ein Fest gefeiert, bei den Juden oft eine ganze Woche lang. Es war also ein öffentlicher Akt, und ab diesem Zeitpunkt war klar, dass die beiden Mann und Frau waren.
Das richtet sich immer nach den Gegebenheiten eines Staates. Bei uns ist das Standesamt die Öffentlichkeit. Deshalb müssen wir auch zum Standesamt gehen, wenn wir heiraten. Eine Heirat ist nicht einfach so ohne Standesamt möglich. Man muss dort bezeugen, dass man jetzt Mann und Frau ist, und es wird unterschrieben.
Damals war das durch diese große öffentliche Handlung ganz klar. Es gab einen Hochzeitsumzug, Hochzeitsgewänder und ein Hochzeitsmahl. Es war also etwas Großes. Außerdem gab es eine Hochzeitsgabe, die man sozusagen bezahlte. Heiraten war damals wie heute ein Akt der Öffentlichkeit.
Dann war noch die Frage, warum Joseph eine Heidin geheiratet hatte, eine Ägypterin. Nun, es gab damals nur Heiden. Zur damaligen Zeit waren alle Völker Heiden. Der einzige Nichtheide war Abraham gewesen. Seine Nachkommen, in diesem Fall Jakob und seine Söhne, waren die Nichtheiden. Das heißt, sie waren die von Gott auserwählten Menschen, das Kernstück für das Volk Israel.
Wenn also einer der Söhne Jakobs heiraten wollte, musste er eine Heidin heiraten. Die Frage war, welche Heidin: Sollte er eine Ägypterin heiraten, eine Kanaaniterin oder eine aus der Verwandtschaft Abrahams aus Haran, Mesopotamien oder Ur in Chaldäa? Überall gab es Götzendienst, und alle waren Heiden. Manche Völker waren jedoch nicht so verdorben wie die Kanaaniter. Das stimmt.
Deshalb schickte Abraham seinen Sohn zum Beispiel nicht zu den Kanaaniterinnen, sondern zu einer Frau aus seiner Verwandtschaft in Haran. Ebenso handhabte es Jakob. Er nahm zwei Frauen aus seiner Verwandtschaft, aus Haran. Aber nicht alle Söhne konnten das tun.
Außerdem stellt sich die Frage, warum gerade aus Haran. Das Problem war, dass die Söhne Jakobs und ihre Nachkommen nicht immer weit nach Haran oder anderswo reisen konnten, wenn sie heiraten wollten. Mit der Zeit würden sie Kanaaniterinnen heiraten, denn Kanaan war die unmittelbare Nachbarschaft. Natürlich würden sie Menschen aus Kanaan heiraten.
Joseph war ein Ägypter, und ihm wurde eine Ägypterin als Frau gegeben. Aber die Gefahr für das Volk Gottes, für die Familie Jakobs, war, dass sie sich ins kanaanitische Wesen auflösen könnten. Wenn zum Beispiel Juda eine Kanaaniterin heiratete, wegzog und seine Kinder kanaanitisch erzogen wurden, dann würden auch seine Enkel Kanaaniter sein.
Mit der Zeit gäbe es kein Volk Gottes mehr, kein besonderes Volk, das sich von anderen unterschied. Es gäbe keine Absonderung, sondern sie würden sich in die Kanaaniter auflösen.
Deshalb hat Gott etwas Wunderbares getan. Er sagte zu Jakob: Geh nach Ägypten! Denn die Ägypter empfanden alle Menschen aus Kanaan als Gräuel. Die Hebräer waren ihnen ebenfalls ein Gräuel, und sie vermischten sich nicht mit den Israeliten, niemals.
Die einzige Ausnahme war Asnat, die Joseph gegeben wurde. Aber Joseph war in gewissem Sinne schon fast ein Ägypter, er wurde als Ägypter anerkannt, nicht als Ausländer. Ansonsten hielten sich die Ägypter von den Israeliten fern.
Als Israel mit seinen Söhnen und Enkeln nach Ägypten kam, lebten sie in einem gesonderten Bereich. Dort vermehrten sie sich untereinander. So blieb die Identität der Familie Jakobs erhalten.
Sie hatten bereits kanaanitische Frauen, natürlich, und Kinder. Aber diese kanaanitischen Frauen lebten nun in einer israelitischen Umgebung, nicht in einer kanaanitischen. So konnten sie sich nicht unter die Kanaaniter auflösen.
Joseph hatte eine ägyptische Frau, ja. Aber die weiteren Kinder würden sich nicht mit den Ägyptern vermischen und unter ihnen auflösen. Die ganze Familie Jakobs kam nach Ägypten. Nun konnten auch die Söhne Josephs, Ephraim und Manasse, zur Familie Jakobs gezählt werden. Sie blieben in dieser Familie, übernahmen die Kultur und lebten abgesondert von den Ägyptern.
Das haben sie getan: die Ephraimiter und die Manassiter. Manasse und Ephraim waren die zwei Söhne Josephs. Aber was hat Jakob gemacht? Er adoptierte die beiden Söhne Josephs. Sie wurden seine Söhne und gehörten nun zu ihm (vgl. 1. Mose 48).
Darauf werden wir morgen noch näher eingehen. Hier besteht also überhaupt kein Problem.
Die Bedeutung der Heirat im Neuen Testament und Warnungen vor ungläubigen Ehepartnern
Im Neuen Testament ist es ganz klar geregelt: Wenn jemand Christ wird, kann er keinen Heiden oder Ungläubigen heiraten. Würde er das tun, würde er sich großes Unglück einhandeln. Die Gefahr besteht fast sicher darin, dass sich das heidnische Wesen auf die Kinder überträgt und möglicherweise sogar auf den gläubigen Ehepartner.
Kennt ihr die Geschichte von Spurgeon? Spurgeon war ein Prediger in England. Eines Tages kam eine Frau zu ihm und sagte, sie wolle einen ungläubigen Mann heiraten. Daraufhin stellte er sich auf einen Tisch, der etwa so hoch war wie dieser hier. Er gab der Frau die Hand und sagte: „Ziehen Sie mich hoch!“ Sie versuchte, ihn auf den Tisch zu ziehen, fiel aber herunter.
Spurgeon erklärte daraufhin: „Sehen Sie, Sie glauben, Sie werden den Mann, den Sie heiraten, zu Jesus hinaufziehen. Aber in Wirklichkeit wird er Sie zum Feind hinunterziehen.“
Es gibt viele Beispiele von Menschen, die einen ungläubigen Ehepartner geheiratet haben. Ich denke zum Beispiel an eine Frau, die mir erzählt hat, dass sie schon im fortgeschrittenen Alter genau wusste, dass ihr zukünftiger Mann nicht gläubig war. Trotzdem nahm sie sich fest vor, ihn zum Herrn zu bringen. Sie heiratete ihn; er gab sich anfangs ein wenig scheinfromm.
Was geschah? Sie waren sehr lange verheiratet, vielleicht 50 oder 60 Jahre. Die Frau lebt heute noch, der Mann ist bereits gestorben. Er hat sich nie bekehrt und hat ihr über all die Jahre das Leben zur Hölle gemacht. Sie hatte ein sehr schweres Leben. Doch sie ist nicht vom Glauben abgefallen – das war Gnade Gottes. Ich weiß nicht, ob der Mann sich am Sterbebett bekehrt hat; davon habe ich nichts gehört. Jedenfalls ist er in der Ewigkeit, und sie ist wohl über neunzig Jahre alt. Sie selbst bekennt: „Hier lag mein Fehler.“
Eine andere Frau aus Österreich erzählte mir Ähnliches. Bei ihr war es so, dass ihre Töchter zum Glauben kamen, aber dann ungläubige Männer heirateten. Mittlerweile weiß ich nicht, ob die Töchter noch im Glauben stehen. Es sind traurige Geschichten.
Das war also die Antwort auf die Frage bezüglich des Heiratens.
Frage zur Bedeutung des Kelches in 1. Mose 44, Vers 5
Die andere Frage betrifft 1. Mose 44, Vers 5, wo es um den Kelch geht, aus dem Josef trank. Dort heißt es, dass der Knecht Josefs sagt: „Warum habt ihr Böses für Gutes vergolten? Ist es nicht der Kelch, aus dem mein Herr trinkt?“
Hier spricht also der Knecht Josefs und meint den Kelch, aus dem sein Herr trinkt und mit dem er zu Wahrsagen pflegt. Er wirft den Männern vor, dass sie etwas Übles getan haben. Die Frage ist nun: Hat Josef wirklich Wahrsagerei betrieben, also mit diesem Kelch in Ägypten gezaubert oder Wahrsagerei ausgeübt?
Ich denke, das müssen wir nicht unbedingt annehmen. Der Text sagt nicht, dass Josef ein Wahrsager in Ägypten war. Offensichtlich möchte hier der Knecht Josefs zu den Männern sprechen, um ihnen zu zeigen, warum er weiß, dass dieser Kelch gerade bei ihnen ist. Er muss also einen Grund haben, warum er den Brüdern nachgelaufen ist und warum er den Verdacht hat, dass der Kelch in ihrem Besitz ist.
Wir müssen nicht davon ausgehen, dass Josef ein Wahrsager war – was auch immer genau mit „Wahrsagen“ gemeint sein soll, ist unklar. Auch im Hebräischen ist nicht eindeutig, was das Wort „Wahrsagen“ hier bedeuten soll, wenn es denn überhaupt so zu verstehen ist.
Der Knecht spricht hier vielmehr wie ein Heide, also wie ein Ungläubiger, wie ein Ägypter oder ein ägyptischer Fürst sprechen würde. So ist die Situation zu verstehen.
Frage zum Wachstum in Gnade und Erkenntnis (2. Petrus 3,18)
Da war noch eine andere Frage, die nicht Josef betrifft, aber ich finde sie sehr wichtig. Sie bezieht sich auf die Stelle Zweiter Petrusbrief, Kapitel 3, Vers 18. Vielleicht sollten wir diese Stelle aufschlagen: 2. Petrus 3,18. Dort heißt es: "Wachset aber in der Gnade und Kenntnis unseres Herrn und Retters Jesu Christi."
Zuerst zur Übersetzung. Im Griechischen steht hier kein Artikel bei dem Wort "Gnade". Das bedeutet, man könnte übersetzen: "Wachset aber in Gnade." Man muss es nicht so übersetzen, aber es wäre möglich. Es könnte auch heißen: "Wachset aber durch Gnade und Kenntnis Jesu Christi." Diese Übersetzung mit "durch" ist jedoch unwahrscheinlich, denn wenn in der Bibel vom Wachsen die Rede ist, dann wird fast immer – oder vielleicht sogar immer – gesagt, worin man wachsen soll.
Die Bibel spricht nicht so, dass wir einfach wachsen sollen. Sie sagt immer: wachset in der Gnade, wachset im Glauben, wachset in der Liebe, wachset in der Erkenntnis. Das heißt, das Gebiet, in dem wir wachsen sollen, wird angegeben. Daher dürfte die Übersetzung richtig sein: "Wachset in Gnade" oder "wachset in der Gnade und in der Erkenntnis oder Kenntnis unseres Herrn und Retters Jesu Christi."
Was heißt das und wie kann ich in der Gnade wachsen? Dazu hilft uns der zweite Petrusbrief, Kapitel 1, Vers 2. Wenn wir den Anfang des zweiten Petrusbriefs lesen, finden wir dort schon eine Hilfe. Dort sagt Petrus: "Gnade sei euch zuteil, und Friede werde euch vermehrt in Erkenntnis Gottes und Jesu unseres Herrn." Das heißt, die Gläubigen, an die er hier schreibt, sollen Gnade haben und Friede, und diese Gnade und der Friede sollen zunehmen in Verbindung mit der Erkenntnis Gottes und Jesu.
Das bedeutet: Je mehr wir Gott erkennen und kennenlernen, desto mehr werden wir wachsen – in Gnade und in Friede. Je mehr Erkenntnis wir haben, desto mehr Gnade und Friede werden wir erfahren.
Nun, was heißt Gnade und Friede? Friede verstehen wir noch besser: Friede ist "Schalom" im Hebräischen. Im Griechischen ist es ein anderes Wort, aber der Gedanke von Schalom bedeutet eigentlich Wohlergehen, Friede rundum, in allem Wohlergehen. Hier ist natürlich das Geistliche angesprochen. Es geht nicht um weltlichen Frieden, sondern um geistlichen Frieden.
Diesen Frieden bekommen wir zuerst einmal, wenn wir gläubig werden. Wir erhalten den Frieden Gottes. Das heißt, Gott ist jetzt nicht mehr mein Feind, sondern ich habe eine Beziehung zu meinem himmlischen Vater. Es ist Friede, ein angenehmes Verhältnis, das hier entstanden ist. Wenn ich zum Glauben gekommen bin, habe ich grundsätzlichen Frieden mit Gott.
Aber ich brauche auch jeden Tag nach meiner Bekehrung Friede, weil mein inneres Empfinden und Wohlergehen durch allerlei Dinge gestört werden kann. Durch Sünde und durch die Umgebung, in der ich mich befinde, kann ich innerlich durcheinandergebracht werden und Unfrieden und Unruhe erfahren. Deshalb sagt Petrus: "Ich wünsche, dass bei euch der Friede zunehme." Das verstehen wir.
Aber was heißt dann Gnade? Inwiefern kann Gnade zunehmen? Hier müssen wir verstehen, was Gnade ist. Gnade ist eine Form von Liebe. Gnade heißt, dass Gott sich uns zuwendet und uns etwas schenkt, grundsätzlich und zwar unverdienterweise. Er schenkt uns etwas in Liebe.
Wir haben eine grundsätzliche Gnade, wenn wir zum Glauben kommen. Dann bekommen wir Gnade, die sich in Vergebung äußert. Wir erfahren die Gnade Gottes in Vergebung. Wenn wir als Sünder zu Gott kommen, Buße tun und uns bekehren, dann bekommen wir Vergebung. Das ist die Art, wie Gott uns seine Liebe zeigt und schenkt. Er vergibt uns, und wir sind aus Gnade gerettet. Das macht sich wirksam in der Vergebung (Epheser 1,7).
Nachdem wir zum Glauben gekommen sind, brauchen wir weiterhin Gnade. Gnade bedeutet, dass ich weiterhin von Gott beschenkt werde. Womit beschenkt er mich? Was brauche ich jetzt? Ich brauche nicht nur tägliche Vergebung, sondern auch täglich Kraft.
Der Herr sagt im 2. Korinther 12,9: "Meine Gnade genügt dir." Das sagte Jesus dem Apostel Paulus, als dieser um Kraft betete, um eine Krankheit auszuhalten oder geheilt zu werden. Der Herr sagt: "Meine Gnade genügt dir." Was ist dann die Gnade? Im nächsten Vers heißt es: "Denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig." Die Kraft Gottes kommt in der Schwachheit zur Vollendung.
Das heißt, die Gnade erfahre ich als Kraft. Wenn ich mit Sünden zum Herrn komme und er mir vergibt, erfahre ich die Gnade in Form von Vergebung. Wenn ich als Schwächling komme und er mir Kraft gibt, erfahre ich die Gnade als Kraft und sonstige Hilfe.
Die Bibel spricht auch von Gnaden und Gaben. Das heißt, das sind Ausrüstungen. Gott rüstet uns aus, weil wir nichts ohne ihn tun können. Wir müssen immer wieder ausgerüstet werden, und er gibt uns Befähigungen für den Dienst, den wir zu tun haben. Das bekommen wir von ihm, und das ist auch Gnade.
Deshalb spricht die Bibel von Gnaden und Gaben. Wenn hier also steht, dass wir wachsen sollen in der Gnade, dann heißt das, dass wir darin wachsen sollen, dass Gott uns mehr und mehr mit seiner Kraft und seiner Hilfe beschenken kann. Das hängt von mir ab, denn ich muss zu ihm kommen.
Was hilft mir dabei? Dabei hilft mir, dass ich ihn besser kennenlerne. Je mehr ich ihn kennenlerne, desto mehr werde ich zu ihm kommen. Ich werde mir bewusst, dass ich alles von ihm holen darf. Brauche ich Weisheit, darf ich zu ihm kommen und um Weisheit bitten. Brauche ich Kraft, weil ich schwach bin, darf ich zu ihm kommen und bekomme Gnade in Form von Kraft. Brauche ich Vergebung, komme ich zu ihm.
Je mehr ich Gott kennenlerne, desto mehr lerne ich, alles aus seiner Hand zu nehmen – wie Jakob. Keinen Schritt ohne ihn zu tun. "Wachset in der Gnade und in der Erkenntnis oder Kenntnis von Jesus Christus." Wachset darin, dass ihr mehr und mehr in Abhängigkeit steht, dass ihr alles aus seiner Hand nehmt. Wachset darin, dass ihr ihn mehr und mehr kennenlernt.
Das bedingt einander. Es ist also nicht so, dass das eine Gebiet die Gnade ist, in der ich wachsen muss, und das andere die Erkenntnis, in der ich wachsen muss. Je mehr ich in Erkenntnis wachse, je mehr ich den Herrn kennenlerne, desto mehr werde ich auch zu ihm kommen und von ihm empfangen und Kraft bekommen, wenn ich sie erbitte und ihm vertraue.
So weit zu dieser Liebestelle. Ich denke, damit sollten wir heute Abend schließen. Es ist lange genug gewesen, und wir wollen zum Abschluss noch beten.
Lieber Vater im Himmel, wir danken Dir auch heute Abend wieder für Deine Gnade, die wir in Form von Hilfe und Kraft erleben dürfen. Danke, Herr, dass wir so viel lernen dürfen. Wir flehen Dich an, dass wir Dich besser kennenlernen. Danke, lieber Vater, im Namen Jesu Christi.
Wir beten auch, dass Du uns weiterhin segnest, dass Du uns Dinge darreichst, die uns fördern – die uns fördern in Richtung ewiges Leben, im Glaubensleben, im geistlichen Wachstum, im Glauben, in der Liebe und in anderen Bereichen, in der Heiligkeit.
Danke, lieber Herr, für Dein Wirken an uns. Danke, dass Du uns Dein Wort gegeben hast, und vor allem für dieses erste Buch Mose. Danke, dass Du uns hineinblicken lässt. Wir beten auch für morgen, dass Du uns Gnade schenkst und hilfst, dass wir dieses Buch verstehen und es in unser Leben mitnehmen können.
Wir preisen Dich. Amen.