Einleitung und Begrüßung der Familien
Es ist eine große Sache, wie Eltern es ermöglichen, sonntags mit ihrer ganzen Familie dabei zu sein. Wir wollen stets im Blick behalten, dass unsere Kinder sowohl in der Kinderübertragung als auch im Kindergottesdienst gut aufgehoben sind.
Besonders freuen wir uns heute, dass der Kinderchor wieder singt.
Christus spricht: „Ich bin gekommen, damit Menschen Leben haben und es in Fülle genießen.“ Vielen Dank für diese geistliche Waffenrüstung!
Lied und historische Einordnung
Und wir singen jetzt 440: „Allmorgen ist ganz frisch und neu“. Das Lied stammt von Johannes Zwick, dem Reformator von Konstanz. Diese Stadt ist bekannt dafür, dass Johann Hus dort, hundert Jahre zuvor, auf dem Konzil verbrannt wurde.
Johannes Zwick war ein Freund der Kinder. Er hat alle seine Lieder für Kinder gedichtet. Deshalb gehen sie uns auch so leicht in den Kopf hinein – gerade richtig.
Die Reformation kam durch Johannes Zwick zuerst eindrücklich nach Riedlingen. Ursprünglich war er Jurist, wurde dann aber Pfarrer in Riedlingen. Vom Evangelium ergriffen, wirkte er später in Konstanz während der schrecklichen Pestzeiten. Bis zum Schluss pflegte er Pestkranke, ohne Rücksicht auf seine eigene Gesundheit.
Außerdem gab er das erste Gesangbuch am Bodensee heraus: das Neue Gesangbüchlein 440. Wir singen jetzt „Allmorgen ist ganz frisch und neu“.
Gebet um Gnade und Leitung
Du, unser Herr Jesus Christus, in dieser langen Kette von Zeugen durch die Jahrhunderte hindurch wollen wir uns einreihen und mit diesen alten Worten Dich preisen und Dir danken, dass uns heute Morgen Deine Gnade offensteht. Wir brauchen sie.
Es sind so viele Dinge zwischen Dir und uns, die nicht recht sind. Wir brauchen Dein Wort zur Leitung, wir brauchen Deinen Geist, der uns erfüllt mit Deiner Liebe und mit Deiner Wahrheit, damit wir am lichten Tag wandeln können.
Herr, reiß uns heute raus aus der Finsternis, da, wo wir gebunden sind. Mach es uns deutlich, wo Umkehr, Erneuerung und Buße nötig sind. Und dann gib uns neue Freude und Ermutigung unter Deinem Wort.
Wir dürfen Dir jetzt in der Stille auch alles sagen, was uns ganz persönlich und privat bewegt. Alle, die auf Dich sehen, werden erquickt, und ihr Angesicht wird nicht zu Schanden. Amen!
Gemeinsames Singen und Bedeutung der Lieder
Wir singen das Lied 303: „Lobe den Herrn, o meine Seele“. Zuerst singen wir den ersten Vers. Danach sage ich, wie wir weitermachen.
Wichtig ist der Württemberger Aspekt, weil sich die Hofprediger zur Zeit der absolutistischen Herrscher nicht nehmen ließen, in der Schlosskirche zu Stuttgart gerade diesen Vers anzustimmen. Damit wollten sie den irdischen Monarchen zum Trotz und gegen ihren Größenwahn deutlich machen: Fürsten können gar nichts ausrichten, wenn sie ohne Gott sind. Letztlich sinken auch sie in das Grab.
Diese Fürsten sind, wie alle anderen Menschen auch, geboren und leben in ihrer ganzen Armseligkeit.
Wir singen dann den dritten Vers, der von der herrlichen Freude derer spricht, die Gott gehören. Anschließend folgen die Verse sieben und acht.
Einführung in das Predigtthema: Leben in Christus
Ich lese ein paar Verse aus dem ersten Kapitel des Johannesevangeliums, Seite 110. Das ist an diesen Sonntagen das Thema. Jesus hat es so klar hineingerufen: Das eine, was ihm am Herzen lag, ist Leben, Leben, Leben. „Ich will Leben geben, überfließende Fülle, ich will geben.“ Nicht den Tod, sondern das Leben. Wir reden vom Leben und nicht vom Tod.
Vers 4: „In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht ergriffen.“
Vers 9: „Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.“ Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben. (Johannes 1,4.9-12)
Lied und Reflexion über Lebensleistung und Barmherzigkeit
Nun singen wir noch miteinander: „Mir ist Erbarmung widerfahren“, 355.
Ich weiß nicht, wie Sie Ihre gesamte Lebensleistung zusammenfassen, wenn Sie im Alter zurückblicken. Ich selbst habe doch viel in meinem Leben vollbracht. Wie der reiche Kornbauer freue ich mich, denn ich habe viel geschafft und viele Garben eingefahren.
Oder ist das die Melodie, mit der Sie zurückblicken? Mir ist unverdient von Anfang bis Ende die Barmherzigkeit Gottes widerfahren. Ich war es nie wert, wie er an mir gehandelt hat.
Predigttext Johannes 5: Leben ergreifen
Ich lese nun aus Johannes 5. Beim letzten Mal haben wir bereits den Abschnitt gelesen, der davon spricht, wie wir das Leben durchdringen können – wie wir über die Todeslinie schon zu Lebzeiten gelangen können. Es geht darum, das Leben zu durchdringen und heute das Leben zu ergreifen, das Leben zu haben.
Von Vers 39 bis 47 in Kapitel 5 heißt es: "Ihr sucht in der Schrift, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin, und sie ist die, die von mir zeugt." Das Wort bedeutet nicht das, was wir im Kopf haben, wenn wir sagen: "Sucht in der Schrift." Jesus wirft diesen frommen Leuten vor, dass sie den ganzen Tag in der Bibel blättern, aber nie das gefunden haben, was die Bibel ihnen sagen will.
Man kann täglich die Bibel lesen und doch am Wesentlichen vorbeigehen. Das macht das Bibellesen nicht unwichtig, sondern im Gegenteil soll es uns darauf stoßen, worum es wirklich geht beim Bibellesen: dass wir Christus finden und das ewige Leben ergreifen.
"Ihr sucht in der Schrift, aber ihr findet nicht. Ihr wollt nicht zu mir kommen, damit ihr das Leben hättet. Ich nehme nicht Ehre von Menschen, aber ich kenne euch, dass ihr nicht Gottesliebe in euch habt. Ich bin gekommen in meines Vaters Namen, und ihr nehmt mich nicht an. Wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, dann werdet ihr ihn annehmen."
Wie könnt ihr glauben, die ihr Ehre voneinander annehmt? Glauben und Ehre sind unversöhnliche Gegensätze, ebenso wie Glauben und Stolz. Darum haben wir gerade das Lied vom Erbarmen gesungen. Wie könnt ihr glauben, die ihr Ehre voneinander annehmt, und die Ehre, die allein Gott gebührt, sucht ihr nicht?
Ihr sollt nicht meinen, dass ich euch vor dem Vater verklagen werde. Es gibt einen, der euch verklagt: Mose, auf den ihr hofft. Wenn ihr Mose glaubtet, so würdet ihr auch mir glauben, denn er hat von mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie werdet ihr meinen Worten glauben?
Klarheit und Direktheit Jesu im Evangelium
Das zieht sich durch das ganze Evangelium: Jesus bleibt klar und eindeutig und lässt die Katze aus dem Sack. Er sagt, was los ist. Für keinen Menschen darf etwas unklar oder unsicher sein. Der Glaube ist keine verschwommene Sache und auch nichts Kompliziertes.
Das gilt nicht nur für dieses Kapitel, sondern zieht sich überall durch die Schrift. Jesus sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“, „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Überall liest man, wie Jesus immer wieder so direkt sagt: Wer will, kann das Leben haben.
Das ist also der Grund. Viele wollen nicht, und viele wollten schon. Jesus hatte eine Menge Sympathisanten. Kurz vor seiner Hinrichtung glaubten viele von den Oberen an ihn. Doch dann kommt der Satz: Sie hatten lieber Ehre bei den Menschen als Ehre bei Gott.
Die Herausforderung des Glaubens und der Ehre
Wer an Jesus glaubt, hat auch Anteil an seiner Schmach. Es ist nicht nur in Ihrem Freundeskreis so, dass andere verächtlich auf Sie herabblicken, wenn Sie sich zu Jesus bekennen. Auch bei Ihren Kollegen ist es oft so, dass sie komisch reagieren, wenn Sie von Jesus sprechen.
Schon von den ersten Tagen an war das so. Im Leben kann man viel darüber reden, was man geleistet hat, was man kann und wie gut man ist. Doch wer Jesus nachfolgt, kann das nicht mehr tun. Die andere Seite beginnt dann wieder mit ihrer Platte und redet von Schuld und Versagen.
Paulus sagt einmal: „Ich schäme mich nicht am Evangelium.“ Oft ist es peinlich, von Jesus zu reden, und Paulus gesteht, dass es für ihn besonders schwierig war. In der anspruchsvollen Kultur der Hellenisten und Römer, mit ihren beeindruckenden Bauwerken und ihrer großen Philosophie vom Elend und Verlorensein des Menschen, war es nicht einfach, das Evangelium zu verkünden. Trotzdem sagt Paulus: „Ich schäme mich nicht.“
Die Bedeutung des öffentlichen Bekenntnisses
Wir machen unseren Glauben nur zu gern zur Privatsache. Wir setzen einen Deckel darauf und sagen: Niemand darf etwas davon sehen.
Aber Jesus sagt: Wer mich vor den Menschen bekennt, mit all dem, was dazu gehört, den will ich auch vor meinem himmlischen Vater bekennen.
Wer die Ehre der Menschen wichtiger nimmt als die Ehre bei Gott, der gehört nicht zu Jesus.
Die Notwendigkeit von Ehre und Würde
Sollen wir das mal ein wenig klären: Wie ist das überhaupt mit unserer Ehre? Wir brauchen Ehre. Wenn wir sagen, die Ehre sei unwichtig, ist das ein Missverständnis. Es wäre falsch zu glauben, dass Ehre keine Rolle spielt. Wir brauchen sie gerade, weil wir sehr armselige, schwache Menschen sind.
In unserem deutschen Grundgesetz steht in Artikel 1: Die Menschenwürde ist unantastbar. Aber was ist eigentlich Menschenwürde? Jeder Mensch, so ein armseliger Kerl, verführt, betrogen, schwach – dennoch besitzt er Menschenwürde. Wir brauchen das. Wir haben einen Anspruch darauf, dass andere fair mit uns umgehen und unsere Ehre nicht in den Dreck treten.
Paulus sagt zum Beispiel in einem seiner Briefe, dass er bei seiner Ehre spricht. Für ihn ist seine Ehre sehr wichtig, ebenso wie sein Dienst. Er setzt seine ganze Ehre dafür ein. Auch Bibelfiguren haben eine Ehre und eine Würde, und das ist wichtig.
Wie tut es weh, wenn jemand hinter unserem Rücken schlecht über uns spricht! Wie schmerzhaft ist es, wenn jemand Lügen über uns verbreitet! Wie schmerzlich ist es, wenn jemand unseren Freunden das Herz stiehlt und sie mit falschen Dingen gegen uns aufbringt! Wenn unsere Ehre genommen wird, trifft uns das tief.
Die Verletzung der Würde im Alltag
Das Schlimmste, was unsere Kinder durchmachen müssen, wird viel zu selten angesprochen. Es passiert immer noch im Schulalltag, dass irgendein ungeschickter Pädagoge vor dem Gelächter der Klasse ein kleines, schwaches Kind lächerlich macht.
Er fragt zum Beispiel: „Wer bist du denn?“ Oder er fällt mit einem festen Urteil wie „Du bist ein Lügner“ oder „Du bist hinterhältig“ über das Kind her. Viele Menschen tragen ihr ganzes Leben lang die Wunden aus solchen Erlebnissen in der Kindheit mit sich herum. Diese Verletzungen der Würde heilen oft nie vollständig.
Jeder Mensch hat Anspruch auf Würde, und das sollte klar sein. Es ist schön, wenn wir einander mit Würde und Anstand begegnen, hochachtungsvoll. Das sind keine Floskeln. Der Apostel rät sogar, dass einer dem anderen mit Ehrerbietung zuvorkommt.
Es ist wichtig, so miteinander umzugehen. Denn die Würde und die Ehre eines Menschen sind vielleicht wichtiger als viel Geld oder sonstige materielle Güter. Meine Würde.
Unterschiedliche Arten von Ehre
Aber was ist jetzt meine Ehre? Ist es die Ehre, die ich von Menschen erhalte? Das Lob, das sie mir geben? Das tut ja wohl gut!
Wenn selbst an unserem Grab noch ein paar Leute mit lieben Worten unseres Gedenkens gedenken, bedeutet das: Er war mir etwas wert. Wenn uns Menschen zu Lebzeiten Anerkennung entgegenbringen, ist das schön. Aber es wäre furchtbar, wenn wir von diesen löchrigen Ehrreden der Menschen abhängig wären, als wäre das alles, was unsere Würde ausmacht.
Jesus spricht von der Ehre bei Gott, die man haben kann. Er sagt, das ist ein Unterschied: Ehre bei den Menschen und Ehre bei Gott. Das sind zwei ganz grundverschiedene Dinge.
Jesu Haltung zur menschlichen Ehre
Jesus hat oft über das Thema der Ehre gesprochen. So sagt Jesus zum Beispiel: Wenn du betest und dir dabei wichtig ist, ob die Menschen dein Gebet anschließend loben oder es schön finden, wie du gebetet hast, dann hast du deinen Lohn bereits erhalten. Für Gott ist das nutzlos.
Wenn du eine Spende gibst und nur darauf spekulierst, dass du in der Zeitung erwähnt wirst oder vom Menschen groß angesehen wirst, dann hast du deinen Lohn ebenfalls schon erhalten. Das zählt bei Gott nicht mehr.
Wie streng ist Jesus mit den kleinen menschlichen Ehrschwächen ins Gericht gegangen! Er hat seinen Jüngern verboten, sich mit Titeln anreden zu lassen. Ihr solltet euch nicht Rabbi nennen lassen. Sicher, manche sind wichtig und sagen: „Ich bin Rabbi, ich bin Theologe.“ Doch Jesus macht klar: Bei Gott zählt das nicht mehr.
Auch wenn dir wichtig ist, wo du am Tisch sitzt oder ob du menschliche Ehre bekommst, das ist nicht wichtig. Nicht, weil wir kein Verständnis hätten für vermeidbare Schwächen von Menschen. Jeder braucht doch ein bisschen Anerkennung. Hast du heute schon dein Kind gelobt? Man braucht ja auch Ermutigung, weil wir schwache Menschen sind.
Aber es geht um viel mehr: Du sollst unabhängig werden vom Lob und Urteil der Menschen. Wenn du noch von Menschen abhängig bist, dann ist dein ganzes Leben wie ein Blatt im Wind.
Die innere Freiheit durch Gottes Ehre
Und Jesus war es wichtig, dass sie eine Basis haben, einen Standpunkt – ganz gleich, wenn man übel über sie redet oder ihre Ehre in den Dreck zieht. Ganz gleich, ob sie Gerüchte hören, die alle erlogen sind. Und trotzdem können sie fröhlich ihres Weges ziehen.
Warum? Weil sie lieber Ehre bei Gott haben. Sie sagen: „Ist Gott für mich, wer kann dann gegen mich sein?“ Gleichgültig, was andere tun oder sagen, sie bleiben standhaft.
Nun haben Sie all die Bilder vor Augen. Was war das damals in Konstanz bei Johannes Zwick? Er wagte es, dem mächtigen Kaiser Karl V. zu trotzen. Konstanz war nur ein kleines Städtchen. Und trotzdem sagte er mit Gott „Nein“ zu einer Politik, die seine Stadt gelähmt und das Evangelium verboten hätte.
Wenn Sie so stark, mutig und verlässlich werden, dass Sie sagen: „Ich will ein Zeuge Jesu sein, ganz gleich, was die Leute über mich reden oder sagen“, dann ist das viel wichtiger als die Meinung der Menschen. Die Ehre bei Gott ist das Entscheidende.
Wenn ihr die Ehre bei Gott wirklich suchen würdet – das hat Jesus in diesem Abschnitt gesagt – dann hättet ihr das Leben gefunden. Das richtige Leben, das wirkliche Leben.
Abhängigkeit von menschlicher Ehre als Lebensgefahr
Es ist wirklich erbärmlich, wenn ein Mensch davon abhängig ist, was andere über ihn reden.
Doch wo findet man die Ehre bei Gott? Bei Gott erhält man keine Ehre, wenn man aufzählt, was man für ihn getan hat, wie gut man war, wie lieb man ist, wie viele Stunden man die Bibel gelesen oder wie lange man gefastet hat. Das wäre Gott nicht angenehm.
Was ist also bei Gott angenehm? Es ist, wenn man der Wahrheit Raum gibt. Wenn wir in unserem Leben Ehre geben, dann können wir nur sagen: Herr, es ist alles wahr – vom ersten bis zum letzten Satz –, dass wir tiefgefallen, gottlos und ungehorsam sind.
Der schlimmste Kritiker könnte nicht so genau den Nagel auf den Kopf treffen, wie es das Evangelium tut, wenn es unser böses Herz beim Namen nennt.
Die Sehnsucht nach Gnade und Erlösung
Bewegt sind wir, wenn wir uns hier zum Gottesdienst versammeln. Wir sind Menschen, die nur eine Leidenschaft haben: die Gnade Jesu zu suchen. Darum suchen wir das Eine, das Notwendige, und nicht vielerlei.
Christus ist der, der mein Leben neu macht. Christus ist der, der mir Hoffnung gibt. Christus ist mein Leben. Ich brauche doch ihn. Ohne Christus, was bin ich denn?
Sagen Sie es mit den Worten aus der Bibel nach. Schlagen Sie Jesaja 64 auf, Sie haben doch die Bibel. Jesaja 64, Verse 4 und 5: Wir sind alle wie die Unreinen, alle unsere Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid. Ist das wahr oder nicht? Ist das nur ein Spruch? Wir sind alle verwelkt wie die Blätter, und unsere Sünden tragen uns davon wie der Wind.
Darum war Jesus so erschüttert, dass diese frommen Bibelleser, die das Wort Jesajas auswendig kannten, als Jesus kam – das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt – sagten: „Wir brauchen ihn nicht, wir können selber gerecht sein.“
In unseren Zeiten ist es in der Christenheit genauso. Es gibt eine große Selbstzufriedenheit, und das Schreien nach Erlösung, nach Erbarmen Jesu, ist von vielen gewichen. Darum spricht Jesus davon: „Ich bin doch gekommen, damit ihr das Leben habt.“ Lest ihr denn nicht in der Bibel?
Beispiel König Saul und die Bedeutung von Ehre vor Gott
In der Geschichte vom König Saul wird erzählt, wie er vor Gott in Sünde fiel. Als der Prophet Samuel zu ihm kam und sagte: „Saul, Gott hat dich nicht mehr lieb, Gott ist von dir gewichen“, antwortete Saul mit einem Satz, den viele nicht richtig verstanden haben. Dieser Satz erklärt, warum Saul verworfen wurde.
Er sagte: „Es mag ja sein, dass ich gesündigt habe, aber ehre mich vor dem Volk. Die anderen dürfen es nicht wissen!“ Dabei wäre es vor dem Volk keine Schande gewesen, offen zuzugeben, dass er gesündigt hatte. Wie wir alle wissen, sündigen wir täglich vielfach.
Doch wir haben einen Herrn, der großes Erbarmen zeigt. Er macht Tote lebendig und macht den Unwürdigen würdig. Das ist die Freude! Und das ist die wirkliche Ehre, die Gott gibt – die wahre Ehre.
Gottes Haltung zu den Menschen
Gott will nicht zerschlagen, er will nicht zerbrechen. Er will nicht mies machen und auch nicht herunterputzen. Ebenso möchte er den Menschen nicht ins Gewissen reden, um ihnen den Mut zu nehmen.
Was will er denn? Derjenige, der dir alle deine Sünden vergibt, der alle deine Gebrechen heilt, der dich mit Gnade und Barmherzigkeit krönt und dir das Leben geben will.
Er möchte, dass nie mehr ein falscher Zungenschlag in uns ist – weder in Bezug auf die menschliche Ehre, von der wir abhängig sind, noch auf die göttliche Ehre, die wir brauchen.
Herr, das bekomme ich nur gnadenweise, unverdient und nur geschenkt zugesprochen.
Die Herausforderung des Bibellesens
Was war mit dem Bibellesen in der Synagoge los? Ihr sagt, ihr lest ja wie die Weltmeister Bibel. Warum kommt ihr eigentlich nicht darauf? Zählt ihr nur die Seiten, die ihr herunterrattern lasst, oder was macht ihr denn beim Bibellesen?
Es kann eine ganz tote Angewohnheit werden, wenn wir stille Zeit machen. Oder ist es wirklich ein Ringen: Jesus, ich will jetzt mit dir von Angesicht zu Angesicht unter vier Augen sprechen. Ich suche dein Angesicht.
Die ganze Schrift, von den ersten Blättern der Bibel, von der Schöpfungsgeschichte an, deutet Jesus. Er deutet nichts anderes. Überall ist schon die Rede von seinem Kommen.
Jesus geht sogar so weit und sagt: Ihr beruft euch dauernd auf Mose, auf die Tora, bis der Mose euch verklagen wird. Warum denn? Weil dem Mose die irdische Ehre auch so unwichtig war. Er hat sich selbst vor Gott gesehen als ein Durch-und-Durch-Bedürftiger mit leeren Händen, der nur die Gnade Gottes greifen konnte.
Als Adoptivsohn des Pharaos, aus bestem Hause und mit der besten Erziehung, stand er vor Gott barfuß auf dem Sinai da wie ein Vieh und nichts weiter als ein armer Beduine. Er hat gemerkt, dass er viel lieber mit dem Volk Gottes misshandelt werden wollte, als eine Zeitlang den Genuss der Sünde zu haben.
Er hielt die Schmach Christi für größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens, denn er sah auf die Belohnung. Was kann mir die Welt überhaupt noch bieten? Und wenn ich die Schmach auf mich nehme, ist das doch nicht wichtig. Ich gehe mit Jesus den Weg, weil das der einzige ist, der Leben ist.
Wer an Mose festhält, muss das doch merken.
Die Sehnsucht nach Leben und die Einladung Jesu
Wo das Leben liegt, zeigt sich heute ein grenzenloser Hunger nach Leben. Seit es Menschen gibt, gibt es auf allen Seiten einen riesigen Hunger, eine Gier, eine Sehnsucht, das Leben zu ergreifen. Manche setzen sich dabei über alle Tabus hinweg, um das Leben irgendwo zu suchen. Diese Sehnsucht lebt tief in uns: Ich will das Leben noch finden.
Nur der dorngekrönte Jesus, der keine vielen irdischen materiellen Versprechungen macht, gibt ihnen Leben. Er sagt: Bleib in meiner Liebe, bleib in meinen Worten. Man kann das vorwiegend sagen, aber viele wollen es nicht hören. Das Leben haben, das Leben haben – ich kann mit Jesus das Leben haben. Das Leben, das den Tod heute schon überwindet. Das Leben, das in der Schrift beschrieben ist, das erfüllte, lohnende und glücklich machende Leben.
Gott hat mich nach seinem Bild geschaffen, und ich darf sein Eigentum sein. Das ist eine herrliche Einladung: Nimm doch! Jesus spricht später von der Quelle: Trink doch von der Quelle, wenn du Durst hast, komm doch! Jesus hat den Menschen nie oberflächliche Versprechungen gemacht. Er hat nur versprochen, dass wer zu ihm kommt, niemals Reue empfinden wird – niemals Reue.
Das, was der Teufel bei seinen Versuchungen nicht einmal geschenkt hat: Genuss ohne Reue. Nehmt euch das Leben, nehmt euch das Leben! So ruft Jesus zu den Menschen. Er fragt: Warum lasst ihr euch immer von der Ehre blenden? Warum ist es euch so wichtig, wie ihr euch selbst seht?
Seht doch, was Johannes schon so klar gerufen hat: Das ist das Lamm, auf das ihr eure Last legen könnt. Er ist das Licht. Wer ihm nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln.
Ermutigung zum Glauben und Vertrauen auf Jesus
Ich weiß nicht, was in den nächsten Tagen vor Ihnen liegt. Es könnten ganz verschiedene Dinge auf Sie zukommen, vielleicht sogar schon am heutigen Tag – ich weiß es nicht. Doch ich bin sicher, dass Jesus Ihnen vorangehen will.
Es wird noch viel, viel wunderbarer sein, wenn Sie mit ihm ganz allein das Leben haben. Dann können Sie sagen: „Ich kann es ertragen, unverstanden zu sein, einsam zu sein. Aber Jesus, ich will von dir nie mehr weichen. Ich will keinen Schritt mehr ohne dich gehen, denn ich kann nicht mehr allein gehen.“ Und Jesus ist den Weg bereits vorausgegangen.
So tief führt er uns, er litt Schande, Spott und Hohn. Er trug die Schande, während alle verachtend auf ihn blickten. Das müssen Sie nie mehr ertragen, denn auf Ihnen ruht die Liebe Gottes.
Wenn Sie die Liebe Gottes suchen und seine Ehre suchen, dann kann kein Mensch Sie wirklich treffen. Denn der ewige Gott spricht Sie gerecht und frei.
Es ist gut für uns – wer kann jetzt noch gegen uns sein? Sie haben das Leben gefunden. Man muss durchkämpfen, um das Leben zu entdecken. Wollten Sie das?
Amen.
Lied und Gebet zum Abschluss
Ich weiss, woran ich glaube 357
Ernst Moritz Ernst, der seinen ertrunkenen Sohn selbst aus dem Rhein bergen musste, hat dieses Lied gedichtet. Es entstand in der unruhigen Zeit der Freiheitskriege und handelt von der großen Freude, woran er sich hält, wenn alles wankt und bricht.
357
Wir wollen beten: Herr, du willst uns gewiss machen. Darum fragst du nach unserem Willen, nach unserer Entscheidung, ob wir dich wollen. Ob wir dich mehr lieben als Geld und Finanzen, ob wir dich mehr lieben als die Ehre von Menschen, ob wir dich mehr lieben als unsere Gefühle und Sehnsüchte, mehr lieben als die Versuchungen, die uns bedrängen.
Hilf uns, Herr, durch dein Wort zum Festwerden im Glauben.
Wir wollen dir danken, dass du uns auch in den nächsten Stunden und Tagen ganz besonders begegnen willst. Dass du uns das erleben lässt, wie du Leben gibst in ungeklärten Situationen, im Suchen, im Fragen, auch in Angst und Sorgen. Dass wir deine Nähe erfahren dürfen. Und dann ganz besonders im Trauen des Todes willst du Leben geben.
Hilf uns, dass wir heute schon hindurchdringen. Dass wir keine Ruhe mehr finden, bis wir es ganz fest gemacht haben – mit dir.
Wir dürfen jetzt auch wieder beten für die Pro Christ Evangelisation, dass doch viele in diesen Tagen das Festmachen mit dir erleben und zu einem lebendigen Glauben in dich kommen.
Wir wollen auch für die Kranken beten, für die Leidenden und die Sterbenden. Du kannst sie auch in ihrer Schwachheit ansprechen. Gib ihnen deinen Frieden, auch heute an deinem Tag.
Dann sind wir wieder verbunden mit denen, die wir ausgesandt haben. Sei auch jetzt bei ihnen in ihren schwierigen Aufgaben, dass du durch sie hindurch dein Reich bauen kannst. Das bitten wir.
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen!
Organisatorisches und Verabschiedung
Nehmen Sie bitte noch einmal Platz! Hinten liegen die Anmeldeformulare für das Ferienwaldheim im Sommer auf dem Simson. Diese können Sie jetzt mitnehmen, sodass Sie beim Anmeldetermin nicht persönlich erscheinen müssen.
Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass nächsten Sonntag die Sommerzeit in Kraft tritt. Man muss die Uhr dann eine Stunde vorstellen. So mache ich es: Ich stelle die Uhr bereits samstags vor. Das hilft mir, die Zeitumstellung zu behalten, und ich gehe rechtzeitig ins Bett. Sonst fehlt einem nachts die Stunde. Wie Sie es handhaben, bleibt Ihnen überlassen. Allerdings findet nächsten Sonntag kein dritter Gottesdienst statt.
Heute Abend beginnt pro Christ um halb acht Uhr im CWM-Haus die ganze Woche bis Samstag.
Meine Frau und ich haben noch einmal ein Buch über die Liederdichter geschrieben. Es ist das letzte Werk, das in diese Dienstzeit fällt. Der Titel lautet „Dennoch fröhlich singen“ und ist ein zweiter Band über die Liederdichter. Darin sind unter anderem Johannes Zwick und viele andere enthalten. Das Buch ist beim Ausgang erhältlich.
Es ist eine Ermutigung, dass die Lieder alle in Anfechtungen gedichtet wurden. Fast alle, bei vielen weiß man es nicht genau. Aber dort, wo es bekannt ist, ist es erstaunlich, dass gerade die fröhlichen Lieder diesen Hintergrund haben. Die Menschen hielten sich ans Wort Gottes und nicht an ihre Erfahrungen. Sie blickten von ihrer Not weg und auf ihren Herrn. Darum haben sie ein fröhliches Zeugnis.
Unser Opfer heute ist für die aus der Gemeinde ausgesandten Missionare. Das Opfer liegt auf Ihren Plätzen bereit. Das neue vierseitige Blatt ist schön gestaltet. Nehmen Sie es bitte auch zur Fürbitte mit. Einige Missionare stehen vor sehr schwierigen Aufgaben.
Deshalb bitten sie auch, dass wir keine Angaben zu Gebieten abdrucken, in denen die freie Verkündigung des Evangeliums nicht erlaubt ist. Andere sind sehr angefochten, wie zum Beispiel Andrea Hilger. Sie ist gesundheitlich sehr angeschlagen und koordiniert derzeit alle medizinischen Hilfen mit den evangelischen Krankenhäusern in Mosambik über das Büro Akrista der Evangelischen Allianz.
Das feuchte Klima und die schreckliche Not schlagen sich auch sehr auf ihre Seele nieder. Wir sollten sehr an diese Mitarbeiter denken.
Ich danke Ihnen für alle Unterstützung. Es war immer eine große Freude für unsere Mitarbeiter zu wissen, dass sie nicht vergessen und allein gelassen sind.
In der vergangenen Woche wurde Frau Margarethe C., geborene Köhler, 77 Jahre alt, am Reichelenberg sieben beerdigt.
„Ob ich schon wanderte durchs finstere Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich.“
Herr, segne uns und behüte uns! Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig! Erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden!