Die Herausforderung der Autorität der Bibel im Alltag
Was wir gerade gehört haben, ist, dass die Bibel uns Anweisungen für ganz unterschiedliche Lebensbereiche gibt: Sorgen, Vergebung, Ehebeziehung, Finanzen.
Man könnte jeden dieser Lebensbereiche durchgehen und feststellen, dass das Wort Gottes einen Anspruch auf unser Leben hat. Es ist durchaus eine Herausforderung, all diese Bereiche zu betrachten und dem Wort Gottes die Autorität zu geben, die es einfordert. Das ist sicherlich auch ein Wachstumsprozess.
In deiner Nachfolge wirst du nicht sofort alles perfekt haben. Die Autorität des Wortes Gottes bricht sich nach und nach Bahn, und du lernst dabei Vertrauen. So mancher Christ hat in einigen Bereichen noch nicht losgelassen und diese noch nicht der Autorität des Wortes unterstellt.
Es ist gut, dass wir uns ermutigen und sagen: „Ich hatte vielleicht mit dieser Sache Schwierigkeiten, aber ich habe es gewagt, dem Wort Gottes zu gehorchen und ihm zu glauben.“ Mit dieser Autorität des Wortes Gottes kam dann auch Segen in mein Leben.
Wisst ihr, was mir aufgefallen ist? Wir haben eben nur Segnungen miteinander geteilt. Das liegt daran, dass wir alle keine Schwierigkeiten haben, der Autorität der Bibel zu folgen – zumindest nicht in der ersten Frage.
Es ist vielleicht eine delikate Frage, die man mal eben in fünf Minuten mit seinem Sitznachbarn besprechen kann: Wo fällt es mir eigentlich schwer? Aber wenn wir uns auf der einen Seite die Segnungen bewusst machen, kann uns das auch auf der anderen Seite helfen, dort, wo es uns schwerfällt, der Schrift zu folgen.
Die Grundlage der Autorität der Heiligen Schrift
Steigen wir ein in das Thema, das Wayne Grudem ausgearbeitet hat. Es trägt den Titel „Die Autorität der Heiligen Schrift“. Die Autorität ist ein Wesensmerkmal der Heiligen Schrift, das er etabliert. Es folgen noch weitere Wesensmerkmale, doch die Autorität ist eines davon.
Als Einleitung zitiere ich seine Definition, die er auf Seite 81 anbietet: Die Autorität der Bibel bedeutet, dass alle Worte in der Heiligen Schrift in einer solchen Weise Gottes Worte sind, dass der Unglaube an ein Wort oder der Ungehorsam gegenüber einem Wort der Heiligen Schrift gleichbedeutend ist mit Unglauben oder Ungehorsam Gott gegenüber.
Es macht also keinen Unterschied, ob ich vor Gott persönlich stehe und ihm ungehorsam bin und ihm nicht vertraue, oder ob ich Gottes Wort lese und dem, was ich in der Bibel finde, nicht glaube, nicht folge oder nicht gehorche. Das ist seine Definition, sein Resümee im Prinzip, wenn er sich anschaut, was die Bibel über die Autorität des schriftlichen Wortes sagt.
Sein Fazit lautet, dass es am Ende des Tages keinen Unterschied macht, ob der Allmächtige leibhaftig vor mir steht oder ob ich am Morgen meine Bibel öffne und darin lese.
Er beginnt seinen Abschnitt mit dem Punkt: Alle Worte in der Heiligen Schrift sind Gottes Worte. Anschließend geht er einige Punkte durch, die wir in derselben Reihenfolge behandeln werden.
Falls du etwas anzumerken hast, kannst du jederzeit einhaken und dein Statement oder deine Anmerkung machen.
Die Bibel behauptet für sich selbst Gottes Wort zu sein
Er beginnt mit dem ersten Punkt: Die Bibel behauptet für sich selbst, dass die Heilige Schrift Gottes Wort ist. Er verweist darauf, dass besonders eine bestimmte Wendung im Alten Testament immer wieder vorkommt. Wenn die Propheten sprechen, leiten sie ihre Worte oft mit „So spricht der Herr“ ein. Diese Formulierung findet sich hunderte Male in den prophetischen Schriften.
„So spricht der Herr“ ist stets eine Einleitung für eine wörtliche Rede, in der Gott den Menschen etwas mitteilt. Im alttestamentlichen Kontext war diese Wendung vergleichbar mit einem königlichen Erlass. Es war, als würde jemand sagen: „So spricht König XY“ oder „So spricht der Herr“. Der darauf folgende Befehl durfte nicht verändert oder in Frage gestellt werden. Es handelte sich nicht um einen Vorschlag oder ein Sondierungspapier, über das man verhandeln könnte. Wenn „So spricht der Herr“ kam, war das unverhandelbar, und Gehorsam wurde eingefordert, denn diese Worte brachten eine absolute Autorität mit sich.
Wenn ein König damals einen Erlass erließ, konnten die Bürger nicht einfach sagen: „Das wollen wir anders haben.“ Das stand nicht zur Diskussion. Es ging nicht darum, was die Menschen davon hielten, sondern darum, was offenbart wurde. Gott legte sein Herz offen, damit die Menschen erkennen konnten, was er auf dem Herzen hatte. Natürlich wissen wir, dass es bei menschlichen Königen oft fragwürdig ist, wenn sie einfach durchregieren. Menschen sind fehlerhaft, und ihr Herz ist verdorben und trügerisch. Aber bei Gott ist es eine gute Sache, wenn er Dinge nicht zur Diskussion stellt, sondern uns klar sagt, was gut und was schlecht ist, wo Licht und wo Finsternis ist. Besonders dann, wenn uns Weisheit fehlt, ist es gut, wenn Gott sein Herz offenbart und wir die Wahrheit so erkennen, wie sie wirklich ist.
Diese Autoritätsgewalt, die mit der Wendung „So spricht der Herr“ einhergeht, sehen wir zum Beispiel in 5. Mose 18,19. Dort lässt Gott durch Mose das Volk wissen: „Und es wird geschehen, der Mann, der nicht auf meine Worte hört, die er in meinem Namen reden wird, von dem werde ich Rechenschaft fordern.“ Hier wird kein Diskurs geführt, sondern ein hörendes Herz erwartet.
Weiter schreibt Wayne Grudem, dass immer wieder deutlich gemacht wird, dass Gott durch die Propheten spricht – auch dann, wenn nicht ausdrücklich die Wendung „So spricht der Herr“ folgt. Gott verwendet die Propheten als Instrumente, um seinen Willen kundzutun. In Haggai 1,12 sehen wir, wie das Reden des Propheten mit dem Reden Gottes identisch ist: „Da hörten Serubbabel, der Sohn des Schealtiel, und der Hohepriester Jeschua, der Sohn Jotzadaks, und der ganze Rest des Volkes auf die Stimme des Herrn, ihres Gottes.“
Man könnte sich fragen, wie sie die Stimme Gottes hörten. Es heißt weiter: „Sie hörten auf die Stimme des Herrn, ihres Gottes, und auf die Worte des Propheten Haggai, so wie der Herr, ihr Gott, ihn gesandt hatte. Und das Volk fürchtete sich vor dem Herrn.“ Hier haben wir also sowohl die Stimme des Herrn als auch die Worte des Propheten Haggai. Für die Menschen war diese Botschaft identisch. Wenn ich Haggai höre, der im Namen Gottes spricht, höre ich die Stimme Gottes, die zu mir spricht.
Deshalb fürchtete sich das Volk nicht vor Haggai selbst, sondern er war nur ein Bote dessen, was Gott durch ihn sagen ließ. Sie hörten Haggai, sahen ihn, aber sie schlossen daraus auf Gott, sodass sie den Herrn fürchteten – das heißt, sie hatten Respekt und Ehrfurcht vor ihm. Das Volk fürchtete sich vor dem Herrn, nicht vor Haggai. Warum? Weil Haggai in sich selbst keine Autorität hatte. Er war lediglich ein Gefäß, ein Instrument. Er war ein Mensch wie du und ich. Aber in dem Moment, in dem Gott durch ihn spricht, haben wir es nicht mit einer menschlichen Autorität zu tun, sondern mit einer göttlichen Autorität.
Wayne Grudem folgert daraus, dass die Bibel für sich selbst behauptet, Wort Gottes zu sein. Wenn wir uns die Verse anschauen, in denen „So spricht der Herr“ oder ähnliche Formulierungen vorkommen, sehen wir, dass Gott durch die Propheten gesprochen hat. Diese Verse behaupten jedoch nicht, dass alle Worte im Alten Testament Gottes Worte sind. Sie beziehen sich nur auf bestimmte Abschnitte gesprochener oder geschriebener Worte im Alten Testament.
Das ist noch nicht das Ende seiner Ausführungen. Er möchte an dieser Stelle nur aufzeigen, dass zumindest das Gesprochene, das ein Prophet mit der Wendung „So spricht der Herr“ weitergegeben hat, verbindliches Wort Gottes ist. Aber diese Verse allein zeigen noch nicht, dass das gesamte Alte Testament komplett Wort Gottes ist. Das ist seine Position.
Aus diesen Versen erkennt man zunächst, dass die wörtliche Rede eines Propheten verbindliches Wort Gottes ist. Doch es gibt auch viele Verse, in denen es nicht um wörtliche Rede eines Propheten geht. Dort finden sich Geschichtsschreibung und historische Berichte. An dieser Stelle müssen wir vorsichtig sein.
Es wäre falsch zu behaupten, dass die Bibel nur Gottes Wort enthält. Einige sagen: Ja, die Propheten haben Gottes Wort weitergegeben, aber nicht alles in der Bibel ist Wort Gottes. Die Bibel enthält Wort Gottes, aber sie ist nicht Wort Gottes. Kann man den Unterschied spüren? Das ist ein signifikanter Unterschied: ob ich sage, die Bibel enthält Wort Gottes, oder ob ich sage, die Bibel ist Wort Gottes.
Diese Unterscheidung hat in der modernen Theologie großen Einfluss gewonnen und ist weit verbreitet. Dadurch kann man zum Beispiel selektieren: „Das ist Wort Gottes, aber das vielleicht nicht.“ Dann braucht man ein ganzes Studium, um herauszufinden, was Wort Gottes ist. Der Laie kann das sowieso nicht erkennen. Deshalb brauchen wir Theologen, die uns erklären, was wir richtig verstehen sollen.
Manche sagen: Du sollst nicht einfach davon ausgehen, dass Gott zu dir spricht, wenn du die Bibel aufschlägst. Sie enthält zwar Wort Gottes, aber das herauszufinden, ist sehr mühsam und schwierig. Das machen wir besser für dich. Natürlich spricht niemand so offen, aber leider funktioniert es manchmal tatsächlich so.
Die Bibel als Ganzes als Wort Gottes erkennen
Aber wie kommen wir darauf, dass nicht nur zum Beispiel die wörtliche Rede eines Propheten Wort Gottes ist, sondern dass die Schrift, wie sie uns gegeben ist, auch in ihrer Gesamtheit Wort Gottes ist? Dass zum Beispiel auch Geschichtsschreibung Wort Gottes ist und damit – wie wir später sehen werden – auch zuverlässig ist? Dass wir sagen können: Die Informationen, die wir dort bekommen, selbst wenn dort nicht gesagt wird: „So spricht der Herr:“ und dann der Rest folgt, auch das ist zuverlässig, vertrauenswürdig und wahrhaftig?
Wie können wir dazu kommen, die Bibel als Ganzes als Wort Gottes zu betrachten? Wie kommen wir überhaupt darauf? Wayne Grudem geht besonders auf diesen sehr bekannten Vers aus 2. Timotheus 3,15-16 ein. Das ist wahrscheinlich einer der zentralsten Bibelverse für das ganze Lehrgebäude, die Lehre über das Wort Gottes.
Lass uns den mal lesen: Paulus schreibt an seinen Nachfolger Timotheus Folgendes (2. Timotheus 3,15-16):
„Du kennst von Kind auf die heiligen Schriften, die Kraft haben, dich weise zu machen zur Rettung durch den Glauben, der in Christus Jesus ist. Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützt sich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit.“
Hier finden wir jetzt ein Wort, das uns schon vor zwei Wochen beschäftigt hat. Für die, die vor zwei Wochen dabei waren, ist das alles Wiederholung. Ihr seid schon Profis, und es langweilt euch jetzt zutiefst. Aber wir haben uns letztes Mal mit dem Begriff der Schrift kurz auseinandergesetzt. Ich schreibe das jetzt mal in deutschen Buchstaben, was dort eigentlich steht: Das ist das Wort „Graphä“.
Kannst du eigentlich Griechisch? Du kannst Griechisch, ne? Also könntest du jetzt übernehmen. Sehr gut. Graphä steht dort im Griechischen, und im Neuen Testament wird dieser Begriff „Graphä“ – Schrift – 51 Mal verwendet. Das kannst du hier auch nachlesen. Immer wenn im Neuen Testament „Schrift“ auftaucht, dann wird damit nicht einfach irgendein Notizzettel beschrieben, auf dem etwas geschrieben ist. Schrift ist ein stehender Begriff für etwas.
„Graphä“ ist immer ein Synonym für die Bibelbücher, die den Einzug gefunden haben in den Bibelkanon. Den Kanon hatten wir letztes Mal; ich hoffe, ihr könnt euch ein bisschen erinnern. Der Kanon ist die Zusammenstellung der gesamten Bibel.
Immer dann, wenn das Neue Testament von „Graphä“ spricht, dann meint es nicht einfach nur lose Worte, die wir hier in dem Buch finden oder dort finden, sondern Paulus sagt: die ganze Schrift, das ganze Buch – meine Bibel fällt leider etwas auseinander, der Kanon löst sich bei mir – die ganze Sammlung von diesen Schriften betrachten wir als „von Gott eingegeben“. Hier haben wir diesen schönen Begriff „Theopneustos“, das heißt „von Gott eingegeben“. Einige kennen das unter diesem eher klassischeren Begriff. Vielleicht kommt ja Pneuma vor. Aber welches Wort verwenden wir häufig, um zu sagen, dass die Bibel etwas ist? Sie ist inspiriert. Inspiration, genau. Oder halt von Gott ausgeatmet.
Wie kommen wir also darauf, dass nicht nur einzelne Prophetenworte Wort Gottes sind und die Bibel Wort Gottes enthält, sondern dass die Bibel als Ganzes Wort Gottes ist? Mit allem, was sie aussagt, mit allem, was sie uns weitergibt? Indem wir sehen, wie die Apostel zum Beispiel über die Bibel gesprochen haben. Sie haben nicht gesagt: Wir müssen ein paar Worte Gottes finden dort irgendwo. Sondern sie wussten: Hey, das ist Schrift, das ist heilige Schrift, das ist in seiner Gesamtheit von Gott ausgeatmet, damit wir Offenbarung von Gott bekommen.
Wayne Grudem schreibt zu diesem Wort „Theopneustos“: „Theo“ bedeutet Gott, „Pneustos“ kommt von „Pneuma“ – Geist oder Hauch, Atem. Da es von der Schrift heißt, dass sie ausgeatmet ist, muss dieses Atmen als eine Metapher für das Sprechen der Worte der Heiligen Schrift verstanden werden. Also Gott selbst ist derjenige, der kommuniziert, und zwar nicht nur irgendwo auf irgendwelchen Seiten, sondern in seiner Gesamtheit.
Mehrfach wird darüber hinaus neben diesem Vers angedeutet oder wird deutlich, dass die Heilige Schrift als Gottes Wort angesehen wird. In 2. Petrus 1,21 lesen wir:
„Denn niemals wurde eine Weissagung durch den Willen eines Menschen hervorgebracht, sondern von Gott her redeten Menschen, getrieben vom Heiligen Geist.“
Hier geht es nicht um einzelne Prophezeiungen, sondern Petrus schreibt: Wir haben das prophetische Wort, das ist eine Leuchte für uns. Niemals wurde eine Weissagung als gesamte Schrift einfach nur durch den Willen eines Menschen hervorgebracht, sondern von Gott her redeten Menschen, getrieben vom Heiligen Geist. Das ist, wenn du so willst, das Schriftverständnis eines Apostels über die Bibel.
Sie hatten ihre Schriftrollen, sie hatten nicht so ein Buch, sie hatten ihre Schriftrollen. Wenn sie gelesen haben, war das ihre Überzeugung: Von Gott her ist uns das gegeben. Das ist wichtig, weil wir heutzutage in unserer säkularen Welt – und das hat natürlich Einfluss auch auf unsere Theologen – die dann irgendwie sagen: Ja, wir müssen das irgendwie überwinden, diese Vorstellung. In einigen Kreisen wird ja fast die Bibel vergöttert. Wir beten doch eine Person an und nicht ein Buch, und auf einmal wird ein Keil getrieben zwischen der Bibel und Gott.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber als ich im Studium damit so konfrontiert war – welches Schriftverständnis habe ich? Wie betrachte ich die Schrift? – und dann die Theologen gewälzt habe, die ganzen Theorien im Unterricht gehört habe und komplett lost war und dachte: Was ist denn jetzt richtig? Dann habe ich mir irgendwann gesagt: Ich möchte gerne mit der Schrift umgehen, so wie Jesus es gemacht hat und seine Jünger.
Das klingt wie eine simple Frage, aber das war mein Rettungsanker, diese Frage. Als sie mir durch den Kopf schoss, dachte ich: Ja, ich finde doch die Antwort bei Jesus, wie er damit umgegangen ist. Was muss ich mich mit diesen ganzen Theorien rumschlagen? Es ist gut, sie zu kennen und sie auch zu widerlegen, aber um Hoffnung und Orientierung zu finden, möchte ich sehen: Jesus, wie hast du es gemacht? Wie haben deine Jünger das gemacht? Welchen Blick hatten sie, wenn sie in die Bibel geschaut haben?
Ich sehe einen Petrus, der sagt: Hey, das ist von Gott her! Ja, du verstehst vieles nicht, ja, vieles ist komplex, aber es ist von Gott her! Oder einen Paulus, der sagt: Das ist Atem Gottes! Hier atmet er aus, er spricht zu dir hier! Amen, wir sind noch lange nicht fertig!
Die Apostel und die Autorität der Schrift
Matthäus 1,22 berichtet, dass Jesus spricht. In einem Kontext, in dem Jesus gehandelt hat, kommentiert Matthäus: „Dies alles geschah, damit erfüllt wurde, was vom Herrn durch den Propheten gesagt worden ist.“ Anschließend folgt ein Zitat aus Jesaja.
Auch hier wussten die Juden, dass, wenn Jesaja etwas niederschrieb, dies vom Herrn gesprochen war. Es gab keine Trennung, sondern es war komplett deckungsgleich. In diesem Selbstverständnis, wie man auf die Propheten schaute, wurden die Schriften ganz natürlich etabliert. So gaben sie Gottes Wort in schriftlicher Form weiter und hatten den Anspruch, dass das, was niedergeschrieben und weitergegeben wurde, lebendiges Wort Gottes war.
Mit diesem Selbstverständnis traten auch die Apostel auf. Es gibt eine gewisse Parallele zu dem, was wir heute hören, aber sie ist nicht ganz deckungsgleich.
In 1. Korinther 2,13 schreibt Paulus an die Korinther: „Davon reden wir auch nicht in Worten, die menschliche Weisheit lehren, sondern in Worten, die der Geist lehrt, indem wir Geistliches mit geistlichen Worten deuten.“
Für mich war dieser Vers im Studium sehr zentral. In der Theologie gibt es eine Theorie, die besagt, dass Schriften und Worte erst im Nachhinein ein Gewicht und einen göttlichen Wert erhielten. So wie man heute auf eine Persönlichkeit schaut und sagt: „Schau mal, die hat einen großen Einfluss gehabt“, und diesen Einfluss dann im Nachhinein ehrt.
Aber war das das Verständnis von Paulus? War er so etwas wie ein netter Pastor von nebenan, der sich bemüht, und dann sagt man im Nachhinein: „Hey, das können wir doch zum Wort Gottes erklären“?
Dieser Vers war für mich wesentlich, um herauszufinden, mit welchem Selbstverständnis Paulus als Apostel auftrat. Wir sehen, ein Apostel kommt mit demselben Verständnis daher wie ein Prophet der damaligen Zeit.
Wir sind gelehrt nicht durch menschliche Weisheit, sondern durch den Geist. So kann Paulus später in 1. Korinther 14,37 sagen: „Wenn jemand meint, ein Prophet oder sonst ein Geistbegabter zu sein, so erkenne er, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist.“
Paulus hat bereits darüber gesprochen, wie unsägliche Praktiken Einzug in die Gemeinden gehalten haben, bei denen man eher Jesus als Paulus glaubt. Paulus würde sagen: „Wovon redest du? Aus welcher Weisheit schöpfst du das gerade?“ Für Paulus war klar: Wir sprechen mit Autorität, wir schreiben mit Autorität, und das, was wir weitergeben, ist ein Gebot des Herrn.
Wenn ich in Situationen komme, in der Seelsorge, in Konflikten oder Krisen, werdet ihr von eurem Pastor, egal ob er Waldemar, Nathanael oder anders heißt, nicht hören: „Dies ist ein Gebot des Herrn, und ich verkünde euch, was ihr zu tun habt.“
Wenn ich das jemals täte, dann nehmt beide Beine in die Hand und lauft so schnell ihr könnt – oder nehmt meine Beine in die Hand und schmeißt mich raus. Mit diesem Selbstverständnis tritt ein Pastor heutzutage einfach nicht auf.
Findet ihr das nicht interessant? Ich finde es zumindest interessant. Ich habe es schon angedeutet: Paulus sagt hier, wenn jemand meint, ein Prophet oder sonst ein Geistbegabter zu sein...
Es ist interessant, denn wir haben gerade über Propheten im Alten Testament gesprochen. Wir merken, dass es im Neuen Testament einen Wandel gibt, wie Prophetie sich in der Gemeinde etabliert. Sie hat nicht mehr die absolute Autorität, die im Namen des Herrn für alle bindend ist.
Das wird uns später in der Dogmatik noch beschäftigen, wie Wayne Grudem das erklärt. Aber wir sehen hier, dass der Apostel erkennt, dass ein Wandel stattgefunden hat. Er tritt als Apostel mit absoluter Autorität auf.
Die Autorität von Paulus im Vergleich zu Jesus
Wayne Grudem geht auch darauf ein, dass es Christen gibt, die einwenden: Ja, aber heißt es nicht zum Beispiel in 1. Korinther 7,12 – wir gehen jetzt nicht in die Thematik von Scheidung und Wiederheirat ein, worum es in 1. Korinther 7 und um Ehe sowie die ganzen Spitzfindigkeiten geht. Dort schreibt Paulus den übrigen: „Aber sage ich nicht der Herr.“ Paulus macht doch selbst diese Unterscheidung. Deshalb können wir seine Worte nicht auf dasselbe Niveau heben wie die Worte des Herrn.
Das ist eine, ich sage mal, gängige Praxis: Paulus ist wichtig, aber er ist auch nicht so wichtig. Im Zweifel folge ich Jesus. Man kann es versuchen, so zu sehen, aber ich glaube, es wird dem Selbstverständnis nicht gerecht. Zumal Paulus im selben Brief ganz anders daherkommt.
Wayne Grudem kommentiert das auf diese Weise, und mit ihm viele andere evangelikale Theologen, bis hin zur Reformation und noch weiter. Sie erklären diese Art der Formulierung von Paulus folgendermaßen: Wenn Paulus keine Worte Jesu hatte – durch Lehre, durch Schriften, Evangelien, die auch schon kursierten – wenn er keine Worte Jesu hatte, die er auf eine Situation anwenden konnte, gebrauchte er einfach seine eigenen Worte. Denn seine eigenen Worte hatten ebenso viel Autorität wie die Worte Jesu.
Wenn er sagt, „ich habe kein Wort des Herrn, sondern mein eigenes Wort“, dann bedeutet das nicht: „Na ja, jetzt sage ich einfach nur so, was ich mir mal darüber gedacht habe.“ Sondern: „Okay, zu dieser Situation braucht ihr Weisung als Gemeinde.“ Später sagt er: „Ich habe die Herzigkeit von Gott empfangen als treuer Verwalter.“ So sagt er es, und dann bringt er das, wozu es kein explizites Wort von Jesus gibt.
Warum macht er das zum Beispiel in dieser Situation? Ich muss der Versuchung widerstehen, zu sehr in die Ehescheidungs- und Wiederheiratsthematik einzutauchen. Aber Jesus spricht ja über das Thema Ehe, Scheidung und Wiederheirat. In den Evangelien finden wir dazu Aussagen. Wenn du dir 1. Korinther 7 durchliest, wirst du sehen, dass Paulus Argumente verwendet, die die gleichen sind, wie Jesus sie in den Evangelien schon gebracht hat.
Aber dann ist Paulus mit einem Szenario konfrontiert, einem Umstand, den Jesus damals nicht vor Augen hatte und deswegen nicht behandelt hat. Es war einfach keine Frage, deshalb hat Jesus dazu nichts gesagt. Paulus sagt jetzt, nachdem er sozusagen alles abgehandelt hat, was er in den Evangelien von Jesus gehört hatte: „Okay, jetzt bin ich mit einer Situation konfrontiert, wozu Jesus in den Evangelien nichts sagt. Dazu haben wir kein Wort von Jesus, und jetzt sage ich...“
Das bedeutet nicht, dass er das Autoritätsniveau abstuft. Sondern er erklärt einfach: „Dazu findest du in den Evangelien nichts. Deswegen ist es gut, dass ich dir jetzt schreibe.“ Jesus hat darüber nicht gesprochen – nicht, weil es nicht wichtig ist, sondern weil die Situation es nicht hergegeben hat.
Ein berühmtes Argument: „Okay, gleich machen wir Pause, weil einige schon gerne in die Diskussion gehen wollen. Philipp, mach dich schon mal bereit.“ Das ist das letzte Statement zu diesem Passus.
Ein ganz beliebtes Argument ist: „Jesus hat im Gegensatz zu Paulus nichts gegen Homosexualität. Das ist Paulus’ Problem, aber nicht Jesu Problem. Jesus hat nie etwas gegen Homosexualität gesagt, und da wir Jesus folgen und nicht Paulus, haben wir mit praktizierter Homosexualität in der christlichen Kirche kein Problem.“
Aber nur weil Jesus nicht darüber gesprochen hat, heißt das nicht, dass Jesus keine Meinung zu diesem Thema hat. Nur weil Jesus zum Beispiel nicht über Abtreibung gesprochen hat, heißt das nicht, dass er dazu kein Thema hat oder keine Gedanken dazu. Ihr versteht vielleicht den Gedanken, wie man dann versucht, die Autoren gegeneinander auszuspielen.
Wir werden jetzt nicht in die Debatte über Homosexualität hineintauchen, weil das den heutigen Rahmen sprengt. Aber ich wollte euch das als Argumentation präsentieren, wie man dann handelt.
Nur weil Jesus dazu nichts gesagt hat, heißt das nicht, dass es dazu keine Weisung gibt. Und nur weil Jesus zu diesem ganz spezifischen Scheidungsszenario nichts gesagt hat, heißt das nicht, dass es keine Weisung durch Paulus gab.
Der Witz bei der Sache ist ja: Wenn gesagt wird, „Ja, Jesus hat hierzu und dazu keine Stellung bezogen“, herrscht meistens die Vorstellung in den Köpfen, Jesus existiere erst seit dem Neuen Testament. Dort ist er als kleines, unschuldiges Baby zur Welt gekommen und bringt jetzt seine Weisheit heraus.
Aber als Christen glauben wir an einen dreieinigen Gott, an Jahwe, und Jahwe ist laut Neuen Testament Vater, Sohn und Heiliger Geist. Wenn du wissen möchtest, was Jesus zur Zeit des Alten Testaments gedacht hat, dann musst du einfach nur das Alte Testament lesen und das lesen, was Jahwe, Gott Israels, offenbart. Das ist das Wort von Christus.
Ja, okay, wieder ein dickes Thema. Wir kommen noch zu diesem ganzen Spektrum. Wer möchte noch etwas zu diesem Thema sagen?
Die Anerkennung der Schriften und die Berufung des Paulus
Wir hatten uns beim letzten Mal über die Kanonfrage unterhalten: Was gehört in diese zwei Buchdeckel und was nicht? Dabei haben wir gesehen, dass Petrus über die Briefe von Paulus einen Kommentar abgibt.
Paulus schreibt ja auch einiges, und er bezeichnet diese Schriften mit dem Wort „Graphä“. Er verwendet die Briefe von Paulus und nennt sie gemeinsam mit den alttestamentlichen Schriften „Schriften“. Wenn wir Petrus als den Anführer der Apostel bezeichnen wollen, dann war er derjenige, der Paulus als jemanden anerkannt hat, der Gottes Wort in schriftlicher Form weitergibt.
Das bedeutet, Paulus hatte natürlich seine Berufung und seine Legitimation durch Jesus Christus selbst. Er hat eine Berufung bekommen, die eine sehr besondere Art hat. Aber Paulus ist nicht einfach drauflosgegangen, sondern wollte auch seine Bestätigung in der Kirche Jesu bekommen. Das ist ganz interessant.
Er wollte die Anerkennung von den anderen Aposteln. Später wirbt er bei den Korinthern darum. Der zweite Korintherbrief dreht sich fast nur um dieses Thema: „Erkennt mich an als Gesandten Christi, dass ich ein Apostel Jesu Christi bin.“ Insofern hatte Paulus diese Vollmundigkeit, wie er auftrat, nicht einfach aus sich selbst heraus, sondern einmal durch Christus, aber auch bestätigt durch die etablierte Kirche in der damaligen Zeit.
Es ist interessant, dass Paulus nicht einfach gesagt hat: „Mir ist egal, was die anderen sagen, ich habe einen Auftrag vom Herrn.“ Vielleicht fallen hier manchen Christen solche Aussagen ein. Paulus hätte es so machen können, hat es aber nicht getan. Er hatte die Zuversicht, dass, wenn der Herr ihm einen Auftrag gibt, die Geschwister das auch erkennen werden. Sie werden die Überzeugung bekommen, dass wir in Einheit gehen können.
Das finde ich eine sehr interessante Weise, wie Paulus mit seiner Berufung umgegangen ist. Er hat nicht gesagt: „Ihr Apostel seid von vorgestern, ich habe den Herrn jetzt als Letzter noch mal richtig gesehen. Macht euer Ding, ich mache meins.“ Das wollte er nicht. Er suchte die Bestätigung, dass das Zeugnis, das Jesus ihm gegeben hat, sich auch bei anderen bestätigt.
Was ich gerade gesagt habe, finden wir später auch in der Argumentation wieder, warum wir sagen können, dass die Bibel wirklich Wort Gottes ist. Wayne Grudem wird darlegen, dass es schon ausreicht, dass die Bibel selbst über sich sagt, dass sie Wort Gottes ist. Das hat bereits eine Autorität in sich. Und der Heilige Geist hat den Auftrag, uns davon zu überzeugen, dass es auch wirklich Wort Gottes ist.
Okay, wir kommen gleich noch darauf zurück. Lass uns mal weitergehen.
Überzeugung durch die Bibel und den Heiligen Geist
Der erste Punkt ist – ehrlich gesagt – nur einer von mehreren. Dennoch ist er das große Filetstück. Keine Sorge, keine Angst, fürchte dich nicht: Es wird ein Ende geben. Jesus kommt vielleicht sogar vorher wieder.
Die Bibel behauptet selbst, dass sie das Wort Gottes ist. Damit kommen wir zum zweiten Punkt.
Die Überzeugung durch die Ansprüche der Bibel beim Lesen
Wir werden von den Ansprüchen der Bibel, Gottes Wort zu sein, überzeugt, während wir die Bibel lesen.
Solche Überschriften können nur Theologen machen, oder? Würde man so etwas im Alltag sagen? Wahrscheinlich nicht. Trotzdem ist es eine wichtige Aussage: Dass dieser Selbstanspruch der Bibel von uns geglaubt wird, ist kein natürliches Phänomen. Es ist vielmehr ein geistliches Resultat, bei dem Gottes Geist uns selbst die Gewissheit darüber schenkt.
Hier merkt man, und das hatten wir schon beim letzten Mal angesprochen, dass wir auf eine Ebene kommen, die nicht mit vermeintlich harten Fakten arbeitet oder operiert. Stattdessen handelt es sich um etwas Unverfügbares. Versteht ihr, was ich meine? Man könnte sagen, es ist irgendwie subjektiv. Ich werde von etwas überzeugt, der andere aber nicht.
Und jetzt stehst du mit deinem ganzen Leben auf diesem Bekenntnis: Die Bibel ist das Wort Gottes. Viele Christen würden für diese Wahrheit sterben – eigentlich sollten es alle tun. Trotzdem ist es irgendwie subjektiv, wenn die Bibel selbst nicht davon überzeugt, dass sie das Wort Gottes ist.
Doch genau das ist es, was Paulus den Korinthern zeigt, in 1. Korinther 2,14: „Ein natürlicher Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.“
So sehr man auch darüber klagen kann, dass das alles für einen selbst nur weiche Fakten sind oder zu subjektiv erscheinen, spricht die Bibel selbst davon, dass göttliche Wahrheit zu erkennen ein geistliches Geschehen ist. Es ist ein Resultat, das auf die Wirksamkeit Gottes zurückzuführen ist. Denn der natürliche Mensch hat diese Überzeugung von Grund auf nicht.
Gott selbst muss Hand anlegen. Das würde ich als einen sehr harten Fakt bezeichnen: Gott selbst bricht sich Bahn und lässt die Wahrheit im Herzen eines Menschen aufleuchten.
Wenn man nun sagt: „Die Bibel sagt, dass sie das Wort Gottes ist, und deswegen glaube ich das jetzt, weil sie mir das irgendwie schmackhaft machen muss oder mein Geist dadurch erleuchtet werden muss“, dann ist das oft zu unklar.
Letztendlich passiert bei der Bekehrung genau das Gleiche. Und das finde ich schön, wie Wayne Grudem das beschreibt oder vergleicht mit Johannes 10,27: Jesus ist unser Gott, er ist der Messias, er ist der Retter und der große Hirte.
Wo ist der harte Fakt dafür? Jesus bezeichnet das einfach so, er sagt: „Übrigens, das bin ich.“ Ja, das kann ja jeder sagen. Damals gab es auch Leute, die aufgetreten sind und behaupteten, sie seien der Messias. Es gibt sogar heute noch Spinner, die durch die Straßen laufen und sagen, sie seien der Messias.
Warum glaubst du dem Spinner nicht, aber diesem – in Anführungszeichen – für viele damals als Spinner geltenden Mann aus Nazareth? Was kann aus Nazareth schon Gutes kommen? Warum legst du dein ganzes Leben nieder und folgst diesem Mann, den du nie gesehen hast, von dem du nur gelesen hast? Und trotzdem hast du in deinem Herzen, wenn du Jesus Christus kennst, die komplette Überzeugung: Ich würde für seine Worte mein Leben geben.
Warum ist das so? Welchen harten Fakt hast du? Du hast diesen einen Fakt: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.“ Jesus war damit völlig einverstanden, dass es keine äußeren Gesetzmäßigkeiten gibt, die das autorisieren. Er sagt: Die Wirkung wird man sehen, und die Menschen werden mir folgen.
Sogar wenn ich hingerichtet werde und den schändlichsten Tod erlebe, werden sie mir folgen – auf dem ganzen Planeten – und werden jedes Jahr Ostern feiern.
Das ist eigentlich irre, fast komplett absurd. Und trotzdem ist es passiert und hat eine Bewegung ausgelöst, die unbeschreiblich ist.
Du siehst es an der Wirkung, und du selbst sagst: Ich sterbe dafür, weil ich ein inneres Zeugnis in mir habe, dass das Wahrheit ist.
Preist den Herrn.
Also: Zweiter Punkt – wir werden von den Ansprüchen der Bibel, Gottes Wort zu sein, überzeugt, während wir die Bibel lesen.
Andere Beweisgründe sind nützlich, aber nicht endgültig überzeugend
Als dritten Punkt, der relativ kurz ist, sagt Owen Grudem: Andere Beweisgründe sind nützlich, aber nicht endgültig überzeugend. Auf Seite 86 schreibt er Folgendes, und das finde ich sehr bemerkenswert:
Es ist für uns hilfreich, wenn wir erfahren, dass die Bibel historisch genau ist, dass sie in sich schlüssig ist, dass sie Prophetien enthält, die Jahrhunderte später erfüllt worden sind, dass sie den Gang der Menschheitsgeschichte mehr als jedes andere Buch beeinflusst hat und dass sie im Laufe ihrer Geschichte fortwährend das Leben von Millionen Einzelpersonen verändert hat.
Dann führt er noch einiges mehr auf. Das sind alles, ich sage mal, Indizien, die du noch mit anführen kannst, um Menschen zu erklären: Merkst du nicht die Kraft und die Wirksamkeit der Bibel? Dass sie einfach anders ist als jedes andere Buch? All diese Argumente, sagt Wayne Grudem, und weitere sind für uns nützlich und beseitigen Hindernisse, die uns ansonsten im Weg stehen könnten, an die Bibel zu glauben.
Doch all diese Argumente, einzeln oder zusammengenommen, können nicht endgültig überzeugend sein. Das ist wichtig, dass wir das jetzt hören. Ich erachte es als sehr gut, wenn Christen diese ganzen nützlichen Dinge auch lernen, um Menschen, die Hürden haben, sich dem Wort zu nähern, sozusagen Appetithäppchen hinzuwerfen und all diese Dinge aufzuschlüsseln. Damit sie merken: Oh ja, das ist schon eine interessante Wirkung, die dieses Buch hat. Ich dachte, das ist einfach etwas Ewiggestriges, aber es hat doch eine Relevanz, es hat doch eine Durchschlagskraft. Vielleicht ist da ja etwas dran.
Also, es ist schon allein eine Nettigkeit unsererseits für den Skeptiker, dass wir auf diese Indizien hinweisen. Und sie bestätigen auch unseren Glauben natürlich, was auch immer sehr erfreulich ist. Aber all diese Dinge bieten noch nicht das Argument, dass jemand sagt: Und jetzt gebe ich mein Leben dafür, weil das wahr ist.
Das können wir mit einer anderen Sache vergleichen, um zu verstehen, warum ich denke, dass wahr ist, was Wayne Grudem hier gerade sagt. Es ist vergleichbar mit Wunderwirkungen Gottes und Heilungen.
In Johannes 10,37-38 sagt Jesus: „Wenn ich nicht die Werke meines Vaters tue, so glaubt mir nicht. Wenn ich sie aber tue, so glaubt den Werken, wenn ihr auch mir nicht glaubt, damit ihr erkennt und versteht, dass der Vater in mir ist und ich in dem Vater.“ Das ist Fakt, das ist die Realität. Ich bin mit dem Vater verbunden, ich bin eins, ich bin der, auf den ihr gewartet habt.
Schaut euch die ganze Beweisführung an, die davon zeugt, dass das wahr ist. Sie haben all diese Indizien gesehen, dass Jesus mächtig ist wie kein Zweiter und keiner nach ihm. Aber das war für sie nicht die eindeutige, letztgültige Beweisführung dafür, dass sie gesagt haben: Du bist der Sohn Gottes, du bist Christus.
Markus 16,20: „Jener aber zog aus und predigte überall, während der Herr mitwirkte und das Wort durch die darauffolgenden Zeichen bestätigte.“ Da geht es um Heilung, Wunder und so weiter.
Welche Nutzen haben Wunder? Welchen Nutzen haben Heilungen? Häufig haben sie einen sehr, sehr starken Nutzen, weil sie den Glauben fördern und Aufmerksamkeit erregen – für Menschen, die denken: Ich glaube nur an das, was ich sehe, was ich belegen kann. Und auf einmal sind sie mit einer Übernatürlichkeit konfrontiert und irritiert in ihrem Blick auf die Welt.
Aber in aller Regel, so nützlich das auch ist, hat es nur selten den Effekt, dass eine Person sagt: Und darum folge ich Jesus Christus und ich glaube an seine Wirksamkeit auch für mein Leben, nur weil du ihr erzählst, dass ein wundersames Ereignis passiert ist. Das war bei Jesus nicht anders, das war bei den Aposteln nicht anders und das wird bei uns auch nicht anders sein.
Das bedeutet nicht, dass Wunderwirkungen überhaupt obsolet werden oder keinen Nutzen hätten. Doch sie sind nützlich, aber an und für sich ist das noch nicht das, was das Herz komplett verändert und sich auf diese Wahrheit stellen lässt.
Deswegen kommen wir vielleicht jetzt ein bisschen darauf: Egal welche Fakten du hinzuziehst – die Prophetien in der Schrift, die Wirksamkeit der Schrift in unserer Gesellschaft durch die Jahrhunderte, wie Gesellschaften umgekrempelt wurden, veränderte Biografien – all das sind wertvolle Indizien, die wir ehren und schätzen sollen.
Aber dass jemand glaubt, dieses Wort ist das Wort Gottes, ist ein Resultat eines geistlichen Vorgangs im Herzen eines Menschen. Es ist unverfügbar, es kann nicht argumentativ hergebracht werden, sondern es ist ein unverfügbares Ja, ein souveränes Eingreifen Gottes im Leben eines Menschen, wenn er sich dem Wort Gottes nähert. Und das ist das Demütigende an dieser Lektion: Wir sind Gott ausgeliefert, dass er das tut, was nur er tun kann.
Schaut, wenn Leute Zweifel haben zum Glauben hin, wenn sie durch Skepsis oder Rationalität irgendwie gehindert sind, dann fällt es ihnen sehr schwer zu glauben. Dann bin ich im Gespräch mit ihnen, ich hole jedes Argument, das ich finde, und ich habe so einige auf Lager. Sie sind auch gut und hilfreich in diesem Prozess.
Aber ich habe noch nie einen Menschen erlebt, der gesagt hat: Deine Argumentationsführung war so schlüssig, und deswegen habe ich meine Wiedergeburt erlebt. Also diese Vollmacht habe ich leider nicht.
Und dann merke ich als Seelsorger – und das wirst du bestimmt auch merken, wenn du mit einer Seele ringst – Gott, ich gebe Zeugnis mit ganzer Kraft, aber ich kann diese Person nicht bekehren, ich kann nichts Neues in ihr wirken. Und das ist so ein elendiges Gefühl, so ausgeliefert zu sein.
Dann denkst du: Ja, was mache ich eigentlich? Ich kann nur Zeugnis geben und beten, dass Gott ein Wunder wirkt in diesem Herzen. Und das muss Gott tun. Er gebraucht all diese Dinge, aber sie sind nicht der Grund an sich.
Ich denke, ihr habt es verstanden, Tobi. Amen, sehr, sehr gut. Ja, das ist die perfekte Ergänzung, um das noch einmal zu unterstreichen.
Ja, ich hätte mir auch die 20 Minuten Predigt jetzt sparen können und einfach nur diesen Vers lesen. Achim, hättest du dich vorher gemeldet, hätten wir uns viel Gerede erspart! Aber sehr gut, das ergänze ich hier noch einmal.
Notiert euch gerne diesen Vers, er bringt das sehr, sehr gut zum Ausdruck. Sehr schön, sehr, sehr schön.
Die Selbstbestätigung der Bibel und der Zirkelschluss
Okay, dann lasst uns zum vierten Punkt übergehen. Wir befinden uns weiterhin in der Diskussion, dass alle Worte in der Heiligen Schrift Gottesworte sind.
Erstens: Die Bibel selbst erhebt den Anspruch, Gottes Wort zu sein.
Zweitens: Wir werden von den Ansprüchen der Bibel, Gottes Wort zu sein, überzeugt, während wir sie lesen.
Drittens: Andere Beweisgründe sind nützlich, aber nicht endgültig überzeugend.
Viertens: Die Worte der Bibel bestätigen sich selbst.
Das fand ich eine sehr interessante Diskussion, die er in seiner Dogmatik geführt hat. Er beschreibt das so: Das Suchen nach einer externen Beweisführung – statt dieser inneren, kraftvollen Beweisführung durch den Geist Gottes im Herzen eines Menschen – würde bedeuten, eine höhere Autorität zu finden. Damit wäre die Bibel am Ende nicht mehr die höchste Autorität, sondern dieses andere Etwas, das mir sagt, dass die Bibel Gottes Wort ist.
Das fand ich einen sehr interessanten Gedanken. Dann schreibt er auf Seite 80 (nicht Vers 78, wie ich zuerst dachte):
„Wenn wir uns letztlich auf die menschliche Vernunft oder auf die Logik oder auf historische Genauigkeit oder auf wissenschaftliche Wahrheit als die Autorität berufen, durch welche die Bibel als Gottes Wort bewiesen würde, dann haben wir der Sache, auf die wir uns berufen haben, eine höhere und wahrere oder zuverlässigere Autorität beigemessen als den Worten Gottes.“
Ein langer Satz, aber sehr tiefgründig.
Wenn jemand sagt: „Ich glaube nur, wenn du, Achim, es mir noch einmal erklärst“, dann können wir durchaus in die Falle tappen, unsere kulturelle Umgebung als Deutungshoheit zur Deutungshoheit zu machen. Dadurch bekommt die Schrift plötzlich ein untergeordnetes Niveau.
Wenn also jemand sagt: „Ich brauche einen wissenschaftlichen Beweis, dass die Bibel Gottes Wort ist“, und wenn allein die Wissenschaft das leisten könnte, aber die Bibel selbst nicht, dann ist die Frage nach der Autorität der Bibel komplett hinfällig. Denn dann ist die Wissenschaft dein Gott und hat in allem das letzte Wort. Dass das nicht immer stimmt, darüber müssen wir hier nicht diskutieren.
Nun kommen wir aber zu einem sehr wichtigen Einwand in diesem Thema. Ich habe mich sehr gefreut, dass Wayne Grudem diesen aufgegriffen hat. Der Einwand lautet: „Damit argumentiert man im Kreis.“ Du glaubst, dass die Bibel Gottes Wort ist, weil die Bibel sagt, dass sie Gottes Wort ist. So läuft man immer im Kreis. Wo ist die Instanz von außen, die sagt: ‚Deshalb ist es die Autorität‘? Es ist immer noch diese Suche nach einer letztgültigen Autorität von außen.
Nur zu sagen: „Ich glaube, dass sie die Autorität ist, weil das Buch selbst das sagt“, ist ein bisschen schwach.
Er nennt diesen Vorwurf einen Zirkelschluss. Diesen Zirkelschluss darf man nicht leugnen. Ja, es stimmt, wir drehen uns in gewisser Weise im Kreis. Aber er legt dar – und wir lesen jetzt einige Beispiele, die er auf Seite 87 anführt –, dass jeder früher oder später im Zirkelschluss argumentiert, wenn es um die letztgültige Autorität geht.
Er bringt einige Beispiele, was Leute anstatt des Christen sagen, der sagt: „Die Bibel ist meine letztgültige Autorität, und die Bibel sagt mir, dass sie Gottes Wort ist, deshalb glaube ich das.“ Zirkelschluss.
Jetzt kommt jemand und sagt: „Moment, meine Vernunft ist meine letztgültige Autorität, weil es mir vernünftig erscheint, sie dazu zu machen.“ Wenn es vernünftig ist, dass deine Vernunft deine letztgültige Autorität ist, dann hast du wieder genau dasselbe Problem, das du dem Christen vorwirfst. Der Christ sagt, die Bibel ist Gottes Wort, weil sie das selbst behauptet. Die logische Konsequenz ist: „Meine Vernunft ist meine letztgültige Autorität, weil es logisch ist, sie dazu zu machen.“
Du hast deine Denkvoraussetzungen und hinterfragst deine eigene Denkvoraussetzung kein Stück, sondern sagst einfach: Deine Denkvoraussetzung ist wahr, weil sie wahr ist. Okay, das ist ein Zirkelschluss.
Jetzt ein längerer Satz: „Die Entdeckungen der sinnlichen Erfahrung des Menschen sind die letztgültige Autorität, wenn man herausfinden will, was real ist und was nicht, weil unsere menschlichen Sinnesorgane nie irgendetwas anderes entdeckt haben.“ Also sagt mir die Erfahrung der menschlichen Sinne, dass mein Prinzip wahr ist. Meine Sinne sind meine letzte Autorität, weil ich alles von meinen Sinnen abhängig mache.
Besonders schön ist auch die Aussage: „Ich weiß, dass es keine letztgültige Autorität geben kann, weil ich keine derartige letztgültige Autorität kenne. Sie gibt es nicht, weil es sie für mich nicht gibt.“ Aber das ist eine Denkvoraussetzung, die du hast. Nur weil du sie nicht kennst, heißt das nicht, dass es sie nicht geben kann.
Es gibt eine ganze Menge in dieser Welt, das ich nicht kenne. Ich denke, dass es das nicht gibt. Aber wenn ich einmal den Moment erreiche, wo ich davon Kenntnis habe, muss ich gestehen: Das gab es auch schon vorher, ich habe es nur noch nicht gekannt.
Das ist ein bisschen philosophisch, oder? Es ist tatsächlich auch eine philosophische Diskussion, aber sie ist wichtig. Denn wenn du in dieser Debatte bist, kommt das sofort von Kritikern: „Ja, du schlägst die Bibel auf und sagst, sie ist Gottes Wort, weil da steht, dass sie Gottes Wort ist. Ich schreibe auch ein Buch und schreibe das hinein, und dann sage ich, das Buch sagt das. So kann ich mir auch meine eigene Religion bauen und Gottes Wort schreiben.“
Und wenn man darüber nicht nachdenkt, sind dann manche Christen plötzlich ratlos und sagen: „Ja, stimmt, ich fühle mich jetzt schlecht.“ Anstatt darüber nachzudenken: „Moment mal, du machst das doch ganz genau so.“ Mehr oder weniger ist das tatsächlich am Ende des Tages der Fall, dass jeder für eine Entscheidung oder um Wahrheit auszumachen, eine Voraussetzung hat, die für ihn unhinterfragt ist und von der er denkt, sie sei wahr.
Das tun wir auch. Und deswegen kann man uns keinen Vorwurf machen, dass wir in dieser Art und Weise in einem Zirkelschlussdenken gefangen sind – so wie jeder andere.
Er geht auch darauf ein, dass nicht alle diesen Selbstanspruch der Bibel akzeptieren. Das liegt daran, dass, wenn wir in einer perfekten Welt leben würden, alle damit einstimmen und sagen würden: „Wir können es erkennen.“ Aber wir leben in einer gefallenen Welt, und deswegen bleiben uns diese Dinge verborgen.
Ich möchte – auch wenn er das nicht macht – einige Verse dazu lesen, weil ich sie sehr gewichtig finde, um selbst nicht allzu sehr irritiert zu sein, wenn Menschen einfach davorstehen und kritisieren, nicht anerkennen wollen, dass das etwas damit zu tun hat, dass unsere Welt aus der Ordnung gefallen ist.
2. Korinther 4,4: „Den Ungläubigen, bei denen der Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat, damit sie den Lichtglanz des Evangeliums von der Herrlichkeit des Christus, der Gottes Bild ist, nicht sehen.“
Der Gott dieser Welt hat den Sinn verblendet.
Epheser 4,17-18: „Dies nun sage und bezeuge ich im Herrn, dass ihr nicht mehr wandeln sollt, wie auch die Nationen wandeln in Nichtigkeit ihres Sinnes. Sie sind verfinstert am Verstand, entfremdet dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verstockung ihres Herzens.“
Römer 1,21-22: „Weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen auf Nichtiges verfielen und ihr unverständliches Herz verfinstert wurde, indem sie sich für weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden.“
Es ist okay, wenn Leute unsere Argumentation hören und sagen: „Das ist für mich nicht logisch, das ist für mich nicht von meinen Sinnesorganen nachvollziehbar.“
Wayne Grudem schreibt auf Seite 88: „Deshalb ist das Wirken des Heiligen Geistes nötig, der die Wirkungen der Sünde überwindet und uns befähigt, überzeugt zu werden, dass die Bibel tatsächlich das Wort Gottes ist und dass die Ansprüche, die sie für sich selbst erhebt, wahr sind.“
Ich habe diese Woche mit einem jungen Mann gesprochen, der letzte Woche in meinem Büro sein Leben Jesus gegeben hat. Ich habe mich diese Woche mit ihm getroffen, um die Bibel zu lesen und auch zu reflektieren, was letzte Woche bei ihm passiert ist. Ist das nachhaltig oder war es nur ein Gefühlsmoment? Ihr wisst, was ich meine. Manche sind auch aufgrund von Emotionalität manchmal dazu geneigt, etwas zu beten, was sie vielleicht einen Tag später schon wieder verworfen haben.
Aber bei diesem jungen Mann war das nicht so. Wir sprachen darüber, frisch in Glaubensfragen, und ich bin mit ihm einige Grundsatzfragen durchgegangen. Dann kam auch die Frage auf, ob er überzeugt ist, dass die Bibel Gottes Wort ist und Autorität für sein Leben hat. Er dachte kurz nach und sagte: „Ja, das glaube ich.“
„Wie kannst du so etwas glauben? Du hast ein halbes Leben gelebt, ohne diese Überzeugung. Und auf einmal, ja, wie kann das sein?“ Weil er darin liest und die Stimme seines Schöpfers hört. Weil er den großen Hirten hört, der sein Schaf ruft.
Diese Überzeugung hatte er vorher nicht. Auf einmal hat er sie. Sie wurde ihm nicht antrainiert. Es gibt vielleicht Indizien und Argumente, die ich ihm liefern kann, aber die reichen nicht aus, um zu sagen: „Jetzt habe ich diesen Turnaround in meinem Leben und gebe Dinge auf, die mir früher lieb und teuer waren.“
Es braucht das Wirken des Heiligen Geistes. Amen!
Unterschiedliche Kommunikationsmittel der Bibel und kein Diktat
Dann wendet sich Wayne Grudem einer Diskussion zu, die für mich etwas unvermittelt erscheint. Allerdings hat er mich nicht gefragt, wie er sein Buch schreiben soll. Er folgert oder gibt folgenden Hinweis: All diese Wahrheit darüber, dass das Wort Gottes an uns gerichtet ist, impliziert nicht, dass es sich um ein Diktat Gottes als einziges Kommunikationsmittel handelt.
Manche erinnern sich jetzt vielleicht finster an die Schulzeit und fangen an zu zucken oder zu reagieren. Wayne Grudem beschreibt, dass einige diese Vorstellung haben, wenn wir sagen, das ist das Wort Gottes: Hat Gott etwa jedes einzelne Wort diktiert, und jetzt schreibt jemand dies, das, jenes und so weiter? Er sagt, dass es unterschiedliche Prozesse gibt, um das Ergebnis der Bibel zu realisieren, das dann als Ganzes als Wort Gottes bezeichnet wird.
Ja, es gibt Bereiche, in denen man von einem Diktat sprechen kann. Er nennt als Beispiel die Sendschreiben. Jesus sagt zu dem Apostel Johannes, dem Engel der Gemeinde in XY: „Schreibe dies!“ Das ist ein sehr, sehr diktiertes Unterfangen. Aber die allermeisten — oh, jetzt muss ich aufpassen — nee, das würde ich so nicht sagen, ich ziehe das nochmal zurück: Viele Bereiche oder weite Teile der Bibel sind keine Diktatform.
Zum Beispiel bei Lukas – ich habe es ja auch hier aufgeschrieben. Lukas, wie sicherlich einige wissen, beschreibt, wie er zu diesem Evangelium gekommen ist. Er sagt: Ich habe den Herrn gefragt, so wie Mose, und dann hat der Herr mir geantwortet. Nein, vielmehr habe ich nachgeforscht. Ich habe Augenzeugen befragt. Das ist interessant, oder? Es ist eine recht profane, recht natürliche Art und Weise, Geschichte aufzuschreiben.
Aber die Apostel haben später das, was Lukas geschrieben hat, als göttliche Schrift anerkannt. Gott hat das gebraucht, um auf diese Art und Weise zu seinem Ergebnis zu kommen. Jesus sagt den Jüngern: „Ich werde euch den Geist senden, und er wird euch erinnern an alles, was ich euch gesagt habe.“ Erinnerung gebraucht Gott, um seine Worte zu etablieren und auszubreiten.
Gott kommuniziert durch Träume, Visionen, Stimmen, die die Gläubigen gehört haben, Engel und Stimmen, die die Gläubigen gehört haben. Das klingt vielleicht ein bisschen seltsam: Die Stimme des Herrn, die ein Gläubiger oder ein Prophet gehört hat und weitergegeben hat.
Also, es gibt sehr unterschiedliche Kommunikationsmittel. Aber es ist nicht alles in einer Diktatform. Es gibt einzelne Abschnitte, die so sind, aber nicht die Bibel als Ganzes.
Die Konsequenzen von Unglauben und Ungehorsam gegenüber der Schrift
Nun müssen wir noch etwas präziser werden. Ihr redet schon lange, und der Witz ist offenbar nicht angekommen. Deshalb bringt er ein kurzes Zwischenresümee ein.
Weil die Bibel Gottes Wort ist und diesen Anspruch mit Recht erhebt, bedeutet Unglaube oder Ungehorsam gegenüber einem Wort der Bibel auch Unglaube oder Ungehorsam gegenüber Gott. Da all das, was wir gerade betrachtet haben, wahr ist, schlussfolgert er genau dies.
Wir lesen nun einige Schriftstellen dazu. In Lukas 24,25 sagt Jesus zu den Emmaus-Jüngern: „Ihr Unverständigen und im Herzen zu träge, an alles zu glauben, was die Propheten geredet haben.“ Damit verweist er auf die Gesamtheit dessen, was die Propheten verkündet haben, und macht deutlich, dass die Jünger dem nicht folgen. Das führt zu einem Problem zwischen Jesus und den Jüngern: Sie sind nicht in Einheit mit der Schrift, und damit sind wir es auch gerade nicht.
In Johannes 15,20 heißt es: „Gedenkt des Wortes, das ich euch gesagt habe: Ein Sklave ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen. Wenn sie mein Wort gehalten haben, werden sie auch eures halten.“ Interessant ist hier, wie das Wort Jesu mit dem Wort der Jünger gleichgesetzt wird.
Zweite Petrus 3,2 fordert: „Damit ihr gedenkt der von den heiligen Propheten schon vorher gesprochenen Worte und der durch eure Apostel übermittelten Gebote des Herrn und Retters.“ Hier sind die heiligen Propheten des Alten Testaments und die Apostel des Neuen Testaments gemeint. Dieses Gedenken und der daraus folgende Gehorsam sind nicht einfach eine Option.
Man sieht das daran, dass Christen, die sich gegen das, was die Apostel weitergegeben haben, gestellt haben, mit Konsequenzen rechnen mussten. Zwei exemplarische Bibelstellen zeigen das deutlich.
In 2. Thessalonicher 3,14 sagt Paulus: „Wenn aber jemand unserem Wort durch den Brief nicht gehorcht, den bezeichnet und habt keinen Umgang mit ihm, damit er beschämt wird.“ Dieses Thema ist sehr komplex und emotional. Was das alles praktisch bedeutet, schauen wir uns jetzt nicht an.
Doch hier wird klar: Wenn innerhalb der Gemeinden jemand sagt: „Das kann für euch gelten, aber ich mache mein Ding“, dann sagt Paulus: In diesem Moment besteht keine geistliche Gemeinschaft mehr. Es gibt eine Konsequenz. Warum? Weil man sich damit nicht einfach nur gegen ein Bibelbuch oder eine Notiz aus der Antike stellt. Man zeigt damit Unglauben und Ungehorsam gegenüber Gott selbst.
In 2. Korinther 13,2-3 gilt ein ähnliches Prinzip. Ich werde diese Stelle jetzt nicht vorlesen, da es schon fast 21 Uhr ist. Stattdessen werde ich nur noch die Überschriften vorlesen und nicht mehr weiter in die Materie einsteigen. Das sind noch vier Überschriften, und dann ist Schluss.
Weitere Aspekte zur Wahrhaftigkeit und Autorität der Heiligen Schrift
Zum Thema der Wahrhaftigkeit der Heiligen Schrift geht Wayne Grudem darauf ein und möchte aufzeigen, was die Bibel über das Reden Gottes sagt. Er hält fest, dass Gott nicht lügen kann und auch nichts Falsches sprechen kann. Wenn Gott derjenige ist, der nicht lügen kann, dann ist das, was er gesagt hat, auch in seinem Wort absolut wahr, zuverlässig und treu.
Das führt er weiter aus im nächsten Punkt: Deshalb sind alle Worte in der Heiligen Schrift vollkommen wahr und ohne Irrtum in allen ihren Teilen. Das Thema, dass die Bibel irrtumslos ist und keine Fehler enthält, ist eine große Debatte. Diese werden wir uns in zwei Wochen anschauen. Das nächste Kapitel beschäftigt sich nämlich ausschließlich mit diesem Aspekt, inwiefern die Bibel irrtumslos ist und keine Fehler enthält. Denn natürlich gibt es Kritiker, die sagen: „Moment mal, da kenne ich einige Verse, in denen es ein paar Ungereimtheiten gibt.“ Das werden wir dann genauer betrachten.
Drittens: Gottes Worte sind der letztgültige Wahrheitsmaßstab. Hier geht Grudem sehr schön darauf ein, wie Jesus in Johannes 17, als er im Garten zum Vater betet, sagt: „Dein Wort ist Wahrheit.“ Er sagt nicht einfach „wahr“, sondern „dein Wort ist Wahrheit“. Das ist der Goldstandard für das, was wahr ist. Dein Wort ist nicht nur einfach wahr in vielen Dingen, sondern es ist die Wahrheit selbst.
Anschließend behandelt er die Frage, ob irgendeine neue Tatsache jemals der Bibel widersprechen kann. Können wissenschaftliche Errungenschaften oder Forschungsergebnisse uns irgendwann in die Bredouille bringen, sodass wir sagen müssen: „Ja, war gut gemeint von der Bibel, aber es ist doch nicht wahr?“ Hier ist er sehr kühn und antwortet: Nein, das wird nicht geschehen.
Was er allerdings einräumt – und das finde ich wichtig, dass wir das hören – ist Folgendes: Manchmal haben wir als Christen einen Traditionsglauben, der von Generation zu Generation weitergegeben wird. Dieser Glaube beruht darauf, was vermeintlich die Bibel lehrt. Dann kommt eine wissenschaftliche Erkenntnis, und die Christen schauen nochmal in die Bibel, um zu prüfen: „Stimmt das eigentlich?“ Dabei merken sie oft: „Oh, doch nicht!“
Ein Beispiel dafür ist der Glaube, dass die Sonne sich um die Erde dreht. Lange Zeit haben Christen das geglaubt. Dann kam die wissenschaftliche Erkenntnis, und es hieß: „Jetzt haben wir den Christen das Handwerk gelegt.“ Doch wenn man genauer hinschaut, wird diese Lehre in dieser Art und Weise gar nicht in der Bibel vertreten. Wissenschaftliche Erkenntnisse helfen also auch dabei, zu prüfen, ob wir wirklich das lehren, was die Bibel sagt, oder ob wir einfach nur Glaubenssätze von einer Generation zur nächsten weitergeben.
Er beendet sein Kapitel mit dem Absatz: „Die geschriebene Bibel ist unsere letztgültige Autorität.“ Dabei geht er darauf ein, dass manche das sicher schon erlebt haben: Wenn ein Prediger die Bibel auslegt, möchte er einen Punkt machen, doch statt einfach die Verse zu erklären, erzählt er tausend Mutmaßungen über die Kultur, die Hintergründe und Ähnliches. Am Ende kommt er dann zu einem Ergebnis, bei dem man denkt: „Okay, allein vom Text hätte ich das jetzt nicht mitbekommen. Aber deine Mutmaßung, was doch in Korinth noch passiert sein könnte, führt dazu, dass dieser Text so gemeint ist.“
Das ist sehr gefährlich. Solche Mutmaßungen können manchmal hilfreich sein, aber bei solchen Rekonstruktionsbemühungen muss man sehr vorsichtig sein. Man darf nicht eine vermeintliche Situation in den Text hineinlesen, die vielleicht gar nicht da war. Wenn man als Zuhörer nicht genau aufpasst, denkt man: „Ja, stimmt, steht ja da.“ Aber wenn man nicht eine Dreiviertelstunde zugehört hätte, in der vielleicht irgendein Hannes aus Korinth seine Gedanken geäußert hat, käme man nicht auf die Idee, was der Prediger einem da gerade erzählt hat. Deshalb muss man da vorsichtig sein.
Abschluss und Gebet
Ich möchte mit einem Zitat von Seite 91 abschließen, das uns einen schönen Abschluss bietet und zugleich ein Indiz dafür gibt, warum wir unbedingt daran festhalten sollten, dass die Bibel Gottes Wort ist und Autorität über unser Leben hat.
Wayne Grudem schreibt dort: Im Laufe der Kirchengeschichte waren die größten Prediger – und ich möchte das mal ausweiten, nicht nur auf Prediger, sondern auch auf wirksame Christen – diejenigen, die anerkannt haben, dass sie keine Autorität in sich selbst besitzen. Ihre Aufgabe sahen sie darin, die Worte der Bibel zu erklären und sie eindeutig auf das Leben ihrer Hörer anzuwenden.
Ihre Verkündigung zog ihre Kraft nicht aus der Darstellung eigener christlicher Erfahrungen oder der Erfahrungen anderer, auch nicht aus eigenen Meinungen, kreativen Ideen oder rhetorischen Fähigkeiten, sondern aus den mächtigen Worten Gottes.
Im Wesentlichen standen sie auf der Kanzel, wiesen auf den biblischen Text hin und sagten im Grunde zur Gemeinde: Dies ist die Bedeutung des Verses. Erkennt ihr dessen Bedeutung hier ebenfalls? Dann müsst ihr daran glauben und ihm mit eurem ganzen Herzen gehorchen, denn Gott selbst, euer Schöpfer und Herr, sagt dies heute zu euch.
Nur die geschriebenen Worte der Heiligen Schrift können der Verkündigung eine derartige Autorität verleihen. Und ich bin überzeugt, dass das zutiefst wahr ist.
All die Prediger und Theologen, die mit irgendwelchen Philosophien und Ideen kommen, flammen kurz im Zeitgeist auf, doch sie werden vergehen und niemand erinnert sich an sie. Aber diejenigen, die im Sinne Jesu etwas in dieser Welt bewirkt haben, waren immer Christen, die einen ganz kindlichen Glauben hatten und einfach sagten: Das ist wahr, das glaube ich, und das verkündige ich – ob ich nun auf einer Kanzel stehe oder hinterm Herd, ist völlig egal.
Dort, wo ich bin, stelle ich mich hier drauf und erlebe die Frucht, die Gottes Wort in sich trägt.
Lass uns gemeinsam beten.
Vater im Himmel, ich danke dir, dass du uns dein Wort gibst. Es ist so schön, dass wir uns Woche für Woche einzelne Facetten der Bibel anschauen, um herauszufinden, welche Tiefe darin liegt, wie die Bibel sich selbst sieht, wie Jesus die Bibel gesehen hat, wie auch deine Jünger, und welche Kraft darin liegt.
Herr, ich bitte dich, dass diese Einheit dazu dient, dass wir einen neuen, unerschütterlichen Glauben daran haben, dass dein Wort wahr, gut und kraftvoll ist. Dass dein Wort ausreicht, damit wir uns darauf stellen können und zuverlässig oder zuversichtlich sein dürfen, dass darin alles enthalten ist, was wir brauchen, und dass wir darin weise werden.
Ich bitte dich, Herr, dass du deine Kraft entfaltest und besonders in deiner Unverfügbarkeit handelst. Dass du durch den Heiligen Geist uns überzeugst, vor allem von den Dingen, die uns so schwerfallen oder die wir nur ungern annehmen und befolgen wollen – wo wir unser Leben nicht danach richten möchten.
Überzeuge uns durch den Heiligen Geist, dass dein Wort wahr ist und dass du es gut mit uns meinst. Dass wir dir gerne folgen, denn du, Jesus, sagst: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.“
Wir wollen, Herr, dir folgen. Wir wollen nicht Menschen sein, die von dir gehört haben und dann weggehen und sagen: „Ich habe bessere Gedanken, ich weiß es besser.“ Das hatten wir schon einmal, und das hat uns die ganze Misere gebracht.
Herr, wir wollen aus diesen Geschichten lernen und sagen: Erkenntnis und Weisheit wollen wir nicht aus uns selbst oder aus selbstsüchtigen Handlungen auf unseren eigenen Wegen holen, sondern wir kommen zu dir und wollen bei dir weise werden.
Herr, segne uns hier in Emmendingen, segne auch die Geschwister in Laar und alle, die jetzt auch online parallel zugeschaltet sind, unsere Geschwister, die mit uns verbunden sind.
Ich bitte dich, Herr, dass du uns segnest und uns durch den Heiligen Geist an die Worte erinnerst, die wir gehört haben, um uns durchzutragen – gerade in den Stunden, in denen es schwer oder hart ist, wo der Zweifel nagt.
Dass du durchbrichst, Herr, mit deinem Licht.
Amen. Amen.