Einführung in das Thema Sünde in der Gemeinde
Warum dürfen wir Sünde bei Geschwistern nicht einfach ignorieren? Fünf theologische Gründe, die dich im Glauben wachsen lassen. Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Konfrontation und Liebe. Diese Woche möchte ich mit euch ein Thema angehen, das es in sich hat: Sünde in der Gemeinde. Sünde unter Geschwistern in einer Gemeinde ist leider eine Realität.
Deshalb müssen wir überlegen, warum wir uns den Stress antun sollten, Sünde in der Gemeinde anzusprechen. Anders ausgedrückt: Warum können wir Sünde in der Gemeinde nicht einfach ignorieren?
Ich werde euch in dieser Woche fünf Gründe präsentieren. Wir starten heute mit einer Stelle im Alten Testament.
Die Aufforderung zur liebevollen Zurechtweisung im Alten Testament
Dritter Mose 19,17: Du sollst deinen Bruder in deinem Herzen nicht hassen. Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld trägst.
Ein ungewöhnlicher Vers, oder? Du sollst deinen Bruder, also deinen Mit-Israeliten, in deinem Herzen nicht hassen. Bis zu diesem Punkt ist eigentlich alles klar. Doch dann wird es merkwürdig, denn der Gedanke wird weiterentwickelt und die Forderung, nicht zu hassen, wird angewandt.
Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen. Und zurechtweisen hat mit Sünde zu tun. Ich soll zurechtweisen, weil ich sonst meinen Bruder hasse. Oder anders ausgedrückt: Wenn ich den Mut habe, zu einer Schwester oder einem Bruder aus der Gemeinde zu gehen und mit ihm über Sünde in seinem Leben zu sprechen, dann ist das ein Ausdruck von Nichthass, also von Liebe.
Jeder, der das schon einmal getan hat, weiß, warum das so ist. Es macht nämlich keinen Spaß, ein konfrontatives Gespräch zu führen. Aber es ist Liebe – Liebe pur. Gerade weil es keinen Spaß macht, weil ich mich dabei angreifbar mache oder oft auch angegriffen werde.
Korrektur stößt ja nicht immer auf offene Ohren. Fast niemand mag den, der ihm seine Sünde zeigt. Es braucht schon eine ganze Portion geistlicher Reife, um sich darüber zu freuen, dass ein anderer meine Sünde aufdeckt.
Wenn wir als Christen an der Liebe zueinander erkannt werden sollen, dann gehört dazu eben auch, dass ich Geschwister, bei denen ich sehe, dass sie sich durch Sünde kaputt machen, konfrontiere – aus Liebe. Und wenn ich es nicht tue, dann mache ich es mir selbst vielleicht leichter.
Ich mag auch ein paar Erklärungen parat haben, warum ich glaube, richtig zu handeln. Aber glaubt mir, es bleibt falsch.
Die Bedeutung des Kontexts beim Richten
Aber Jürgen, hat der Herr Jesus nicht gesagt: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“? Ja, das hat er gesagt. Matthäus 7,1 sagt genau das: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“
Dieser Vers ist eine großartige Lektion dafür, wie wichtig es ist, den Kontext, also den Zusammenhang, zu beachten. In Matthäus 7 geht es nämlich nicht um ein generelles Verbot des Richtens. Man muss nur weiterlesen, um das zu erkennen.
Was sind das für Leute, zu denen Jesus sagt: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“? Gilt das für mich und dich? Die Antwort lautet ja, aber nur dann, wenn du ein Heuchler bist. Matthäus 7,5 sagt: „Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, und dann wirst du klar sehen, um den Splitter aus dem Auge deines Bruders zu ziehen.“
Das heißt, wenn du jemand bist, der ständig auf die Fehler anderer schaut, dabei aber seine eigenen Fehler geflissentlich unter den Teppich kehrt, dann solltest du wirklich nicht richten. Und zwar nicht, weil das Richten grundsätzlich falsch wäre, sondern weil du Wichtigeres zu tun hast. Du musst dich erst um den Balken in deinem eigenen Auge kümmern, bevor du dich mit dem Splitter im Auge deiner Geschwister beschäftigst.
Aber wenn du kein Heuchler bist, wenn dir Sünde in deinem Leben wichtig ist und du deine eigene Sünde ernst nimmst, sie jeden Tag vor Gott bekennst und hoffentlich auch irgendwann lässt, dann darfst du natürlich auch gern die Geschwister darauf hinweisen, dass bei ihnen etwas nicht stimmt. Das ist nicht nur Liebe, sondern Liebe in Weisheit.
Deshalb heißt es in Sprüche 27,5-6: „Besser offene Rüge als verborgen gehaltene Liebe. Treu gemeint sind die Schläge dessen, der liebt.“ Das ist nicht der einfachste Vers, und wahrscheinlich habt ihr ihn auch noch nicht auswendig gelernt, aber hier werden Rüge und Schläge mit Liebe gleichgesetzt. Merkt ihr, manchmal ist es Liebe, wenn man deutlich und grob wird.
Natürlich ist dieser Vers kein Freibrief dafür, beim Korrigieren und Sünde ansprechen völlig an Anstand, Barmherzigkeit oder Geduld fehlen zu lassen. Zu Recht heißt es in Galater 6,1: „Brüder, wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt wird, so bringt ihr die Geistlichen einen solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht.“
Geist der Sanftmut – das ist das Stichwort. Bleib freundlich, bleib respektvoll und überlege dir gut, was du wie sagen möchtest. Man kann sich dabei klug und weniger klug anstellen.
Ein ganz positives Beispiel ist Nathan. Vielleicht erinnert ihr euch daran, wie er David, den Ehebrecher, konfrontiert, indem er ihm eine Geschichte erzählt. 2. Samuel 12,1-7 berichtet:
„Und der Herr sandte Nathan zu David. Er kam zu ihm und sagte: ‚Zwei Männer waren in einer Stadt, der eine reich und der andere arm. Der Reiche hatte Schafe und Rinder in großer Menge, der Arme hatte aber nichts als nur ein einziges kleines Lamm, das er gekauft hatte. Und er ernährte es, und es wurde groß bei ihm, zugleich mit seinen Kindern. Von seinem Bissen aß es, aus seinem Becher trank es und in seinem Schoß schlief es. Es war ihm wie eine Tochter.
Da kam ein Besucher zu dem reichen Mann, dem aber tat es leid, ein Tier von seinen Schafen und Rindern zu nehmen, um es für den Wanderer zuzubereiten, der zu ihm gekommen war. Also nahm er das Lamm des armen Mannes und bereitete es für den Mann zu, der zu ihm gekommen war.‘
Da entbrannte der Zorn Davids sehr gegen den Mann, und er sagte zu Nathan: ‚So wahr der Herr lebt, der Mann, der das getan hat, ist ein Sohn des Todes. Das Lamm aber soll er vierfach erstatten, dafür, dass er diese Sache getan hat, und weil es ihm um den Armen nicht leid war.‘
Da sagte Nathan zu David: ‚Du bist der Mann.‘“
Ja, es war mutig, David so zu konfrontieren, aber es war wichtig. Und es ist natürlich, wenn man weiterliest, auch großartig zu sehen, wie David Buße tut.
Kommen wir zum Schluss: Sünde anzusprechen macht keinen Spaß. Loben ist toll, aber Zurechtweisen ist einfach nur blöd. Da kann in der Bibel das Gebot stehen: „Ermahnt einander“ – und trotzdem wird es nicht leichter.
Aber genau das, wenn ich mich traue, Sünde anzusprechen, obwohl sich etwas in mir dagegen sträubt, genau das ist Liebe – echte Liebe. Nicht die weichgespülte, weltfremde, kitschige Form, sondern Liebe, die einem heiligen Gott entspricht, der uns vor den katastrophalen Konsequenzen der Sünde warnt, weil er uns liebt.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
Ein biblisches Beispiel für kluge Konfrontation
Ein ganz positives Beispiel ist Nathan. Vielleicht erinnert ihr euch daran, dass er David, den Ehebrecher, konfrontiert, indem er ihm eine Geschichte erzählt. In 2. Samuel 12,1-7 heißt es:
Der Herr sandte Nathan zu David. Nathan kam zu ihm und sagte: Zwei Männer lebten in einer Stadt, der eine reich, der andere arm. Der Reiche besaß viele Schafe und Rinder, der Arme aber hatte nichts als ein einziges kleines Lamm, das er gekauft hatte. Er zog es groß, zusammen mit seinen Kindern. Von seinem Bissen aß es, aus seinem Becher trank es und in seinem Schoß schlief es. Es war ihm wie eine Tochter.
Eines Tages kam ein Besucher zu dem reichen Mann. Doch es tat ihm leid, ein Tier von seinen Schafen oder Rindern zu nehmen, um es für den Gast zuzubereiten. Deshalb nahm er das Lamm des armen Mannes und richtete es für den Besucher zu.
Da entbrannte Davids Zorn sehr gegen den Mann. Er sagte zu Nathan: So wahr der Herr lebt, der Mann, der das getan hat, soll sterben. Das Lamm aber soll er vierfach ersetzen, weil er diese Tat begangen und kein Mitleid mit dem Armen gezeigt hat.
Darauf antwortete Nathan zu David: Du bist der Mann.
Ja, es war mutig, David so zu konfrontieren, aber es war wichtig. Wenn man weiterliest, sieht man auch großartig, wie David Buße tut.
Schlussgedanken: Liebe zeigt sich in der Bereitschaft zur Konfrontation
Kommen wir zum Schluss. Sünde anzusprechen macht keinen Spaß. Loben ist toll, aber Zurechtweisen ist einfach nur unangenehm. Da kann in der Bibel noch so sehr das Gebot stehen: „Ermahnt einander“ – es wird dadurch nicht automatisch leichter.
Aber genau das ist es: Wenn ich mich traue, Sünde anzusprechen, obwohl sich etwas in mir dagegen sträubt, dann ist das echte Liebe. Nicht die weichgespülte, weltfremde oder kitschige Form von Liebe, sondern eine Liebe, die einem heiligen Gott entspricht. Dieser Gott warnt uns vor den katastrophalen Konsequenzen der Sünde, weil er uns liebt.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, wie du zum Thema Sünde ansprechen stehst.
Das war's für heute. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.