Einführung in das Thema und aktuelle Herausforderungen für Christen
Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen!
Liebe Gemeinde, liebe Gäste, ihr merkt, wir unterbrechen heute unsere Reihe über den Propheten Hosea. Das liegt einfach daran, dass ich heute für jemand anderes eingesprungen bin und keine Zeit hatte, mich auf den Propheten vorzubereiten. Deshalb gibt es heute überraschend ein Kapitel oder einen Teil eines Kapitels aus dem ersten Petrusbrief.
Ich habe das Thema überschrieben mit „Freude in Prüfungszeiten“. Wenn du Schüler bist und denkst: Was will der da vorne? Wir haben doch noch Ferien und du sprichst schon von Prüfungen, dann darf ich Entwarnung geben. Es geht nicht um irgendwelche Klausuren oder mündliche Prüfungen in der Schule. Es geht um Prüfungen, die wir als Christen durchmachen müssen.
Es geht um das Thema Christusnachfolge unter erschwerten Bedingungen. Christen werden heute oft kritisch beäugt. Der große kanadische Philosoph Charles Taylor spricht davon, dass wir in einem säkularen Zeitalter leben. Die Normen und Prinzipien, nach denen wir uns ausrichten, verweisen gar nicht mehr auf Gott.
Die Länder Westeuropas sind weitgehend weltlich, säkular geworden – sogar diejenigen, in denen noch Spuren des Gottesbezugs zu finden sind. Er sagt, der Glaube ist nur noch eine Option und oft nicht die bequemste Option. Der Rückblick auf eine Zeit, in der es fast unmöglich war, nicht an Gott zu glauben, hinterlässt bei vielen Menschen keine Trauer mehr, sondern Gefühle der Befreiung.
Jetzt haben wir Freiheit, jetzt können wir so leben, wie wir wollen. Manche machen sogar den Glauben an Gott für die Probleme in unserer Welt verantwortlich. Dieses säkulare Zeitalter hinterlässt Spuren auch in unserem Leben.
Christen, die in so einem geistigen Klima im Einklang mit dem Willen Gottes leben, müssen es sich gefallen lassen, als Ewiggestrige bezeichnet zu werden. Sie gehören zu jenen, die es nicht geschafft haben, im Blick auf die heutige Vielfalt anschlussfähig zu sein. Sie gelten als Spielverderber, als rückwärtsgewandte Bewahrer.
Nun darf man das nicht falsch verstehen. Ich glaube nicht, dass Jesusnachfolger immer nur Bewahrer sein sollen. Wenn wir auf die letzten 400 Jahre Kulturgeschichte zurückblicken, werden wir – oder könnten wir – herausfinden, dass zur Entwicklung der europäischen Kultur sehr viele Christen beigetragen haben.
Christen haben keinen Grund, fortschrittsfeindlich zu sein. Sie sind neugierige Menschen, die das Leben aktiv mitgestalten. Sie suchen nach Lösungen für die Nöte in dieser Welt und haben ein ernstes Interesse am Gemeinwohl.
Aber Christen können sich auf der anderen Seite nicht in allem mit ihrer Lebenskultur eins machen. Sie folgen keinem Geist, der die geschaffenen Dinge vergöttert. Sie gehorchen nicht den Stimmen, die uns von Gott wegreißen möchten.
Sie dienen nicht zwei Herren, nämlich nicht Gott und dem Mammon. Sie lassen sich nicht von einer Religionsvermischung blenden, sondern glauben fest daran, dass nur in einem einzigen Namen das Heil ist: Jesus.
Und wenn eine Kultur durch Unglauben mitstrukturiert ist, so wie das bei uns heute der Fall ist, dann gibt es Bereiche unseres Lebens, in denen wir gegen den Strom schwimmen. Und das kostet Kraft.
Herausforderungen im Alltag und Beispiel aus der Praxis
Wir als Familie haben einige Jahre im Ausland gelebt, als Missionare. Dort haben wir unter anderem Studentenarbeit gemacht. Eines Tages kam eine Frau zu mir, die vor nicht langer Zeit zum Glauben gekommen war. Sie offenbarte mir eine Not, die sie hatte.
Sie war angestellt bei der damals einzigen Telefongesellschaft des Landes. Ihre Abteilung war zuständig für die Abrechnung der Gespräche in einem sehr großen Bereich. In der Abteilung hatte man sich entschieden, auf jedes Gespräch ein bisschen etwas draufzuschlagen – also ein paar Cent mehr zu berechnen, sodass es keiner merkt.
Da damals sehr viel telefoniert wurde – heute ist das nicht mehr so, denn heute nutzt man WhatsApp – kamen durch diese kleinen Aufschläge hohe Beträge zusammen. Diese wurden innerhalb der Abteilung unter den Mitarbeitern aufgeteilt.
Jetzt war sie zum Glauben gekommen, und Gott hat ihr klargemacht: So kann ich nicht weiterleben, ich kann hier nicht mehr mitmachen. Aber was bedeutet das jetzt? Wenn sie das offenbart, belastet sie die ganze Abteilung. Wie geht das aus?
Das sind Konflikte, in die wir Christen hineingestellt sind, und die Lösungen sind gar nicht so einfach. Noch einmal: Das kostet Kraft.
Unser Bibeltext geht genau auf dieses Klima ein. Er ist an Geschwister geschrieben, die mit solchen Spannungen zu leben hatten. Der erste Petrusbrief wurde verfasst, um die Leser, die unter solchen Umständen lebten, aufzurichten, sie zu kräftigen und sie in ihrem Glauben sowie ihrem Leben festzumachen.
Ich bete noch einmal kurz, und dann schauen wir uns den Text genauer an.
Himmlischer Vater, wir kommen zu dir als Hungrige, als Durstige, als deine Kinder, die dich brauchen und dich besser kennenlernen wollen. Bitte speise und erquicke uns durch dein Wort, hilf uns, deinen Willen besser zu verstehen, kräftige uns und mach uns fest, damit wir auch in Prüfungssituationen an dir bleiben. Amen.
Überblick über die Auslegung des Bibeltextes
Wir wenden uns unserem Bibeltext in drei Schritten zu. Vielen Dank, ich habe gar nicht bemerkt, dass es ein Kratzgeräusch gibt. Das stört natürlich beim Zuhören, das kann ich sehr gut verstehen. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.
Also, wir wenden uns dem Text in drei Schritten zu. Zunächst betrachten wir die einleitenden Verse 1 bis 2. Dort werde ich kurz etwas über den Autor, die Situation und die Empfänger sagen.
Zweitens schauen wir uns die Verse 3 bis 5 an. Diese sind ein Lobpreis auf Gottes Heilshandeln. Hier wird Christen eine Wiedergeburt zu einer lebendigen Hoffnung zugesprochen.
Drittens betrachten wir dann die Verse 6 bis 9. Dort geht es um eine überwältigende Freude im Leben von Menschen, die gerade schwere Zeiten durchmachen. Ich werde einige Kraftquellen vorstellen, die uns helfen, auch dann in unserer Christusnachfolge dranzubleiben, wenn es nicht so einfach ist.
Die Einleitung des ersten Petrusbriefes: Autor, Empfänger und Situation (Verse 1-2)
Wir beginnen also mit den ersten beiden Versen. Ich möchte die Verse vorlesen und habe mich heute ausnahmsweise für die neue Genfer Bibelübersetzung entschieden.
Petrus, Apostel Jesu Christi, an die von Gott Erwählten, die als Fremde in der Welt über die Provinzen Pontus, Galatien, Kappadotien, Asien und Bithynien verstreut sind. Eure Erwählung entspricht dem Plan, den Gott, der Vater, schon vor aller Zeit gefasst hat. Dieser Plan ist es, euch durch das Wirken seines Geistes zu einem heiligen Volk zu machen – zu Menschen, die sich Jesus Christus im Gehorsam unterstellen und durch sein Blut von aller Schuld gereinigt werden. Euch allen wünsche ich Gnade und Frieden im reichsten Maß.
Als Verfasser stellt sich Petrus vor, und zwar der Petrus, den wir aus dem Evangelium und aus der Apostelgeschichte kennen. Das lässt sich dem Brief selbst entnehmen, wenn wir genauer hinschauen. In Kapitel 5 spricht er davon, dass er Zeuge der Leiden Christi gewesen ist, was darauf hinweist, dass er von seiner Berufung an bis zur Kreuzigung mit Jesus unterwegs gewesen ist.
Gemäß 1. Petrus 5,13 befindet sich Petrus zur Zeit der Abfassung in Babylon. Wahrscheinlich ist damit die Stadt Rom gemeint.
Doch wer waren die Empfänger des Schreibens? Petrus adressiert die erwählten Fremden oder Pilger in der Zerstreuung. Höchstwahrscheinlich sind es Juden und Heidenchristen, die in den genannten fünf Provinzen, überwiegend auf dem Gebiet der heutigen Türkei, mit Jesus gelebt haben.
Es ist möglich, dass „Fremde“ so zu verstehen ist, dass die Christen in diesem Gebiet keine eigenen Rechte hatten. Dafür spricht einiges. Ich gehe aber davon aus, dass Petrus noch mehr sagen möchte: Nämlich, dass nicht nur Christen in Kleinasien Fremdlinge sind, sondern Christen allgemein Fremde in der Welt, in die Gott sie hineingestellt hat.
Gott hat uns nämlich herausgerufen aus der Welt. Der Hebräerbrief spricht davon, dass wir hier keine bleibende Stadt haben. Im Philippabrief heißt es, dass Christen ihr eigentliches Bürgerrecht im Himmel haben.
Nachfolger Jesu leben, egal wo sie sind, mit zwei Identitäten. Wenn du ein echter Bayer bist – ich glaube, so viele wird es gar nicht geben hier – dann darfst du stolz darauf sein und dich darüber freuen. Aber wichtiger als deine Identität als Bayer ist, dass du ein Kind Gottes bist. Und wenn du ein Brasilianer bist, dann darfst du dich ebenfalls freuen und stolz darauf sein. Doch wichtiger ist, dass du ein Kind Gottes bist.
Christen leben in dieser Welt immer irgendwie als Fremdlinge, so heimisch sie es sich auch gemacht haben. Sie bleiben Pilger. Ihre tiefere Identität ist davon bestimmt, dass sie vom Vater durch den Sohn in die Nachfolge gerufen worden sind. Ihr Zuhause ist das neue Jerusalem, also die himmlische Stadt. Sie warten auf den Einzug in die Wohnung, die der Vater durch den Sohn für sie bereitet hat.
Die Empfänger des ersten Petrusbriefes wurden nicht mit aller Schärfe verfolgt, so wie das später bei den großen Christenverfolgungen der Fall war. Aber sie bekamen zu spüren, dass sie nicht wirklich dazugehörten. Sie waren nicht wirklich erwünscht, sie wurden benachteiligt, angefeindet und oft auch ausgegrenzt. Und zwar mit einer viel, viel größeren Wucht, als wir uns das hier in Deutschland vorstellen können.
In Kapitel 4 beschreibt Petrus das, und ich will das mal vorlesen, weil es uns mit der wirklichen Herausforderung konfrontiert. Er schreibt dort: „Ihr Lieben, wundert euch nicht über die Nöte, die wie ein Feuersturm über euch hereingebrochen sind und durch die euer Glaube auf die Probe gestellt wird. Denkt nicht, dass euch etwas Ungewöhnliches zustößt.“
Die Empfänger erleben also Anfeindungen und Ausgrenzungen. Es ist das Anliegen von Petrus, die Christen in dieser Situation zu ermutigen, an Christus dranzubleiben. Als von Gott Erwählte sollen sie ungeachtet der Leiden im Fleisch konsequent den Willen Gottes leben.
Die Auserwählung wird in Vers 2 dann noch etwas näher qualifiziert. Sie geschah in Übereinstimmung mit der Vorsehung des Vaters durch den Heiligen Geist. Ihr Ziel ist der Gehorsam und die Besprengung mit dem Blut Jesu.
Der Hintergrund dieser nicht ganz so einfach zu verstehenden Passage ist 2. Mose 24,3-8. Dort wird uns der Bundesschluss am Sinai beschrieben. Nachdem das Volk seinem Gott versprochen hatte, all den Worten, die er gesagt hatte, gehorsam zu sein, nahm Mose das Blut vom Opferaltar, besprengte damit das Volk und sagte: „Seht, das ist das Blut des Bundes, den der Herr mit euch geschlossen hat.“
Petrus übernimmt jetzt diesen Zuspruch und Anspruch und überträgt ihn auf den neuen Bund. Die Besprengung mit dem Blut Jesu ist der neue Bund. So wie das Volk Israel im alten Bund dazu erwählt war, ein heiliges, gehorsames Volk zu sein, so sind auch die Gläubigen des neuen Bundes dazu berufen, in der Kraft des Heiligen Geistes das zu tun, was Gott will.
Die Briefeinleitung endet mit dem Verweis auf die Gnade und den Frieden. Das scheint mir mehr zu sein als einfach eine Formel. Ich glaube, das ist ein Gebet. Hier wird die Gnade Gottes als etwas zugesprochen, das im Leben der Christen wirksam ist. Der Friede versichert den Gläubigen, dass sie mit Gott in einem geordneten Verhältnis leben.
Dieser Zuspruch ist sehr wichtig, wenn die Zeiten eben schwere Zeiten sind.
Lobpreis auf Gottes Heilshandeln und die lebendige Hoffnung (Verse 3-5)
Wir kommen zum zweiten Punkt, dem Lobpreis auf das Heilshandeln Gottes, in den Versen 3 bis 5.
Gepriesen sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus! In seinem großen Erbarmen hat er uns durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten ein neues Leben geschenkt. Wir sind von neuem geboren und haben jetzt eine sichere Hoffnung – die Aussicht auf ein unvergängliches und makelloses Erbe, das niemals seinen Wert verlieren wird. Gott hält dieses Erbe im Himmel für euch bereit und wird euch, die ihr glaubt, durch seine Macht bewahren, bis das Ende der Zeit gekommen ist und der Tag der Rettung anbricht. Dann wird das Heil in seinem ganzen Umfang sichtbar werden.
Petrus macht hier den Christen deutlich, dass sie ihr neues Leben nicht sich selbst zu verdanken haben. So wie ein Kind, das geboren wird, sich nicht selbst das Leben gibt, sondern Eltern hat, so ist der Christ wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung. Gott ist hier der Handelnde; er ist es, der das neue Leben durch seinen Geist schenkt. Jesus hat den Weg freigeräumt, damit wir als Sünder mit dem heiligen Gott versöhnt werden können.
Paulus sagt das im 2. Korintherbrief: Jesus hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt. Das ist dieser große Tausch. Jesus hat durch seinen Tod gesühnt, aber er ist nicht im Grab geblieben. Er ist auferstanden und somit der Erste der neuen Menschheit.
Petrus sagt, dass wir durch die Wiedergeburt Anteil bekommen an diesem Auferstehungsleben.
Du hast sicher schon davon gehört, dass es ein Gespräch gab zwischen dem Pharisäer Nikodemus und Jesus. Nikodemus kam nachts zu Jesus, damit ihn niemand sieht, und wollte mehr über ihn erfahren. Er fragte sich: Wer ist dieser große Lehrer eigentlich?
Jesus sagt in dem Gespräch zu ihm: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Das sagt er zu dem Pharisäer, dem gottesfürchtigen, gesetzestreuen Nikodemus. Dieser versteht gar nicht, was Jesus sagen will. Er denkt an die natürliche Geburt eines Kindes, aber Jesus stellt klar: Es geht nicht um die Geburt aus dem Fleisch, sondern um eine neue Geburt aus dem Geist.
Nur wer aus dem Geist geboren ist, der kommt in das Reich Gottes. Der Ausdruck, den er dort gebraucht, ist, dass der Menschensohn erhöht werden muss. Das ist nicht so einfach zu verstehen. Wir werden jetzt nicht näher darauf eingehen. Jesus spricht von sich immer in der dritten Person, wenn er vom Menschensohn spricht. Es geht hier um die Kreuzigung und die Verherrlichung, also die Auferstehung.
Dann sagt er, ohne geistliche Geburt kommt niemand in das Reich Gottes. Das ist gar nicht so einfach zu verstehen. Die Wiedergeburt ist eine sehr geheimnisvolle Sache.
Der Begriff bezieht sich auf eine neue Zeugung, auf eine neue Schöpfung. Gott tritt durch seinen Geist in das Leben eines Menschen hinein und macht es neu. Diese Wiedergeburt ist nicht sichtbar, im Gegensatz zur Geburt im Fleisch.
Aber bei Menschen, wo der Heilige Geist das Herz erobert, wird etwas sichtbar. Dort wird etwas erkennbar. Der Geist Gottes richtet das Herz eines Menschen neu aus. Er schenkt das Verlangen, mit Gott versöhnt zu leben.
Der Geist wirkt so, dass das, was Jesus Christus getan hat und was er zu uns sagt, auf einmal auch geglaubt wird.
Direkt nach dem Gespräch zwischen Jesus und Nikodemus sagt das Johannesevangelium: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“
Wer glaubt, dass Jesus Christus für ihn gestorben und auferstanden ist, der wird nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.
Der Glaube an Jesus ist das Instrument, mit dem wir die Rettung, das ewige Leben, ergreifen.
Glaubst du an Jesus? Vertraust du ihm? Glaubst du, dass Jesus für deine Sünden gestorben und auferstanden ist? Wenn du das glaubst, dann darfst du die Gewissheit haben, dass Gott dir ein neues Leben geschenkt hat. Dann hat Gott dich von neuem geboren. Du hast eine sichere Hoffnung, eine Aussicht auf ein makelloses, unvergängliches Erbe.
Und wenn du das noch nicht glaubst, dann ruft dich Gott jetzt gerade. Er will dich retten. Er will dich retten vor einem drohenden Gericht. Er will dich zu einem Bürger der himmlischen Stadt machen. Er will, dass du das ewige Leben hast und Jesus Christus derjenige ist, um den sich dein Leben dreht.
Nur wenige Verse später heißt es im Johannesevangelium: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben; wer dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen; der Zorn Gottes bleibt auf ihm.“
Höre auf Gottes Stimme und schenke den Worten Jesu Vertrauen. Es gibt heute so viele Stimmen. Jeder will etwas von uns, jeder sagt uns irgendetwas. Auch in uns, in unserer eigenen Seele, gibt es viele Stimmen. Aber keine ist so vertrauenswürdig wie die Stimme Jesu.
Ihr kannst du vertrauen.
Wenn du dazu Fragen hast, sprich bitte die Pastoren an. Ich glaube, heute ist gar keiner da, die sind alle irgendwie auswärts im Dienst. Oder sprich auch mich an – wir können das Thema gern vertiefen.
Überwältigende Freude trotz Prüfungen (Verse 6-9)
Wir kommen zum dritten Punkt: Was macht uns fest? Ich lese die Verse 6 bis 9:
Ihr habt also allen Grund, euch zu freuen und zu jubeln, auch wenn ihr jetzt nach Gottes Plan für eine kurze Zeit Prüfungen verschiedenster Art durchmachen müsst und manches Schwere erleidet. Denn diese Prüfungen geben euch Gelegenheit, euch in eurem Glauben zu bewähren. Genauso wie das vergängliche Gold im Feuer des Schmelzofens gereinigt wird, muss auch euer Glaube, der ja unvergleichlich viel wertvoller ist, auf seine Echtheit geprüft werden. Und wenn dann Jesus Christus in seiner Herrlichkeit erscheint, wird eure Standhaftigkeit euch Lob, Ruhm und Ehre einbringen.
Jetzt kommen wir eigentlich zur Kernfrage des heutigen Predigthemas: Woher bezogen die Christen, die in der Diaspora, in der Zerstreuung unter schwierigen Verhältnissen lebten, ihre Kraft? Woher nahmen sie die Kraft, dort, wo es notwendig war, gegen den Strom zu schwimmen? Was gab der angefochtenen, der umkämpften Gemeinde das Durchhaltevermögen, um dort fromm zu leben?
Petrus zählt einige Dinge auf, einige Gründe. Ich möchte fünf kurz erwähnen, ein bisschen erklären und dann über den sechsten etwas ausführlicher sprechen.
Erstens: Petrus erwähnt die Gemeinschaft der Leidenden. Die Christen in der Zerstreuung sind nicht allein. Sie halten unbeirrt an ihrem Glauben fest, weil sie wissen, dass es noch andere gibt, die genau die gleichen Leiden zu ertragen haben. Martin Luther hat in seinem sehr berühmten Trostbrief genau diesen Vers aus 1. Petrus 5,9 aufgegriffen. Er schrieb dort über eine Frau, die große Not mit ihrer Heilsgewissheit hatte und in Depressionen versunken war. Luther schreibt: Sie soll nicht denken, dass sie allein sei, die solche Anfechtungen der Seligkeit halber hat. Denn wie 1. Petrus 5,9 sagt, leiden viele hin und her in der Welt dasselbe.
Leid schmerzt, und das müssen wir nicht schönreden. Aber es gibt einen Trost, sagt Luther, und er beruft sich auf Petrus: Wir sind eingebunden in den Leib, in dem viele Glieder leiden. Du bist also nicht allein, wenn du derzeit kämpfst. Halte durch, so wie viele deiner Geschwister durchhalten.
Zweitens: Was die bedrängten Christen zudem stärkt, ist das Wissen, dass sie nicht mit vergänglichem Silber und Gold von der Last ihrer Sünden freigekauft wurden, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes.
Lieber Bruder, liebe Schwester, wenn du Zweifel hast angesichts der Herausforderungen, in denen du gerade steckst, wenn du müde bist und denkst, du schaffst das nicht mehr, dann denk daran, womit oder durch wen dich der Vater erlöst hat. Er hat seinen einzigen Sohn für dich gegeben. Darin besteht die Liebe: Nicht, dass du Gott geliebt hast, sondern dass er dich geliebt hat und seinen Sohn gesandt hat zur Versöhnung für deine Sünden. Jesus ist das Lamm, das dich erlöst hat. Einen höheren Preis konnte Gott nicht bezahlen.
Drittens: Die Gläubigen wurden motiviert durch die Hoffnung auf ein Auferstehungsleben. Petrus sagt, ihr habt eine sichere Hoffnung auf ein Leben. Das relativiert das Leben im Hier und Jetzt.
Dazu gehört auch der vierte Grund: die zeitliche Begrenztheit der Leiden. Die kleine Zeit mit den Anfechtungen, so sagt Petrus, müsst ihr ins Verhältnis setzen zu der Ewigkeit, in der ihr dann in einem neuen Himmel auf einer neuen Erde leben werdet. Dort gibt es keine Sünden mehr, keine Tränen mehr, kein Leid mehr.
Fünftens: Er weist auf das Motiv der Läuterung hin. Er sagt, euer Glaube muss gereinigt werden, so wie das Gold. Er ist viel mehr wert als Gold. Die Leiden, die wir in unserem Leben durchmachen, helfen uns, damit unser Glaube gereinigt und gefestigt wird. Die Negativerfahrungen entsprechen der Zugehörigkeit zu Gott, die er selbst hergestellt hat und in der er seine Gemeinde bewahrt.
Dann kommen wir zum sechsten Punkt. Petrus liefert einen Hinweis, der oft vernachlässigt wird, nämlich die überwältigende Freude an Jesus Christus, die in den Versen 6 und 8 angesprochen wird.
Wenn jemand eine Lutherbibel aufgeschlagen hat, die ich persönlich sehr schätze, wird er merken, dass Luther leider diese Freude an das Ende der Zeit verschoben hat. Er schreibt, dass man sich erst am Ende der Zeit freuen wird, wenn man Jesus Christus sieht.
Tatsächlich finden wir in den Versen 6 und 8 jedoch die Gegenwartsform. Petrus zeigt auf, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Jubel, der kommen wird, wenn wir Jesus Christus sehen, und dem Leben im Hier und Jetzt. Der erste Petrusbrief macht immer wieder klar, dass die endzeitliche Freude schon jetzt da ist, in der Gegenwart. Diese Freude drängt die Schatten der Anfechtung zurück.
Obwohl die Empfänger, anders als Petrus, Jesus nicht gesehen haben, können sie sich bereits mit einer unaussprechlichen Freude freuen. Jesus Christus sitzt zur Rechten des Vaters. Das heißt aber nicht, dass er abwesend ist. Er ist im Glauben und in der Liebe hier gegenwärtig. Christen sind bereits auf ihrer Pilgerschaft hier und jetzt mit dieser überwältigenden Freude erfüllt.
Kennst du diese Freude? Eine Freude, die so gewaltig ist, dass sie sich gar nicht mehr in einfache Worte fassen lässt? Dein Herz freut sich so sehr, dass du mehr willst, als nur einfach zu sagen, zum Beispiel, dass du anfängst, Lieder zu singen oder Gott in deinem Herzen oder in der Gemeinde zu loben.
Ich bin viel herumgekommen in Gegenden, in denen Christen schwerste Prüfungen durchgemacht haben. Ich war in Uganda und habe dort Christen getroffen, die von Milizen und Banden ausgeraubt und teilweise umgebracht worden sind. Oder ich habe von Christen in Ostindien gehört, die massiv bedrängt werden in ihrer Christusnachfolge. Dennoch sprechen Missionsexperten davon, dass es jetzt in Ostindien so etwas wie eine Erweckung gibt.
Dann müssen wir klar sein: Wenn Christen bedrängt werden, dann sind sie natürlich geängstigt, das ist ganz klar. Zugleich aber ist Angst und Sorge nicht das, was das Leben der Christen dauerhaft prägt. Die Freude Jesu, die die Wiedergeborenen erfüllt, ist neben der Wahrheit des Evangeliums und dem Zuspruch der Sündenvergebung etwas, das die Menschen um die Gemeinden herum zum Umdenken und Nachdenken bringt.
Die lebendige Hoffnung, die uns geschenkt ist, ist nicht nur eine Vertröstung auf etwas, das erst kommt, sondern etwas, das jetzt schon da ist. Und obwohl Christen an vielen Orten dieser Welt Schweres durchmachen, sind es nicht Sorge, Not oder Verbitterung, die sie prägen, sondern die Freude an Jesus.
Schlussbetrachtung und Ermutigung für die Gemeinde
Ich komme zum Schluss. Wir konnten sehen, dass die Gemeinde beides kennt: Anfechtungen und große Not. Zu diesen Leiden gehören auch die Schwierigkeiten, die wir erleben aufgrund einer Umwelt, die uns sehr skeptisch gegenübersteht.
Die Gemeinde darf sich diesen Prüfungen nicht entziehen. Sie nimmt diese Bedrängnisse aus Gottes Hand an. Christen haben eine doppelte Identität: eine himmlische Identität, die wichtiger und schwerer wiegt als die irdische Identität. Zu wissen, wer wir als Auserwählte sind, ist eine Wahrheit, die der Heilige Geist uns immer wieder vor Augen führt. Gerade in Zeiten der Bedrängnis soll sie uns ermutigen.
Gott spricht uns zu: Ja, du hast Angst in dieser Welt, die sich von mir entzweit hat. Du spürst etwas von dem Fluch, unter dem diese Welt steht. Aber du bist mein, du gehörst zu mir. Ich werde auf dich aufpassen, auch dann, wenn du verwirrt bist und Zweifel hast. Ich bin da. Diese Wahrheit muss fest in unseren Herzen verankert sein.
Der Geist Gottes hat dich zu seinem Besitz gemacht, zu seinem geliebten Besitz. Du gehörst jetzt dem König. Wir haben gesehen, dass es Kraftquellen gibt, über die Petrus den Gemeinden in der Zerstreuung etwas gesagt hat. Eine ganz wichtige Kraftquelle ist die Freude.
Trotz Druck soll nicht Trübsinn, Sorge oder Angst unser Gemeindeleben prägen. Adolf Schlatter hat einen Kommentar zum ersten Petrusbrief geschrieben. Er sagt: Wenn Betrübnis zur herrschenden Stimmung der Gemeinde würde, könnten wir das heilsame Wort Gottes gar nicht mehr sagen.
Deshalb kennen wir auf unserer Pilgerschaft in der Fremde auch die Freude, die von Jesus kommt. Der Jubel über den Erlöser und König stimmt uns jetzt schon froh. Diese übernatürliche Freude ist größer, als es mit Worten beschrieben werden kann. Dieser Jubel verleiht der Gemeinde eine einzigartige Würde.
Vielleicht geht es dir derzeit sehr gut, und es fällt dir schwer, dich mit dem Thema Prüfungszeiten zu beschäftigen. Wir freuen uns mit dir. Du musst das Leid nicht suchen als Christ. Aber wenn es dich erreicht, dann erinnere dich an das, was der erste Petrusbrief dazu sagt.
Wenn du gerade eine schwere Zeit durchmachst, dann lerne davon. Ich kenne Christen, die aufgrund ihrer Geradlinigkeit oder vielleicht auch wegen Stellenabbaus ihren Arbeitsplatz verloren haben – das ist furchtbar. Ich kenne Schüler und Studenten, die sich, weil sie sich zu Jesus bekennen, damit konfrontiert sehen, dass sie gehänselt und verspottet werden.
Was es auch immer in deinem Leben sein mag: Lauf nicht weg, gib nicht auf. Denke daran, wie hoch der Preis war, den der Vater für dich bezahlt hat, und freue dich an Jesus. Lass dir diese Freude an Jesus nicht nehmen.
Wenn es dir gerade schwerfällt, Freude zu empfinden, verzweifle nicht. Es gibt dunkle Täler, durch die wir hindurch müssen. Du darfst aber glauben, dass Jesus da ist und dass der Tag kommen wird, an dem du diese Freude ganz intensiv spüren wirst.
Ich schließe mit 1. Petrus. Ich lese noch einmal aus Kapitel 4, die Verse 12 bis 14:
Freut euch, dass ihr mit Christus leidet, damit ihr auch durch die Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben möget. Selig seid ihr, wenn ihr geschmäht werdet um des Namens Christi willen, denn der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, ruht auf euch. Amen!
Ich bete: Herr, unser Gott, gepriesen seist du dafür, dass du uns durch Jesus neues Leben geschenkt hast. Danke, dass wir eine sichere Hoffnung haben und ein unvergängliches Erbe auf uns wartet. Wir haben allen Grund, dich zu loben.
Wir sehen deine Werke, wir erfahren deine Liebe und Fürsorge. Und doch leben wir oft gedankenlos dahin. Wenn Prüfungen kommen, geben wir schnell nach und manchmal auch auf. Vergib uns und schenke, dass wir dem vertrauen, der uns wirklich liebt, Jesus Christus.
Lass nicht zu, dass wir von unseren Sorgen erdrückt werden, sondern dass die Freude an deinem Sohn unser Leben prägt. Hilf allen zum Glauben und zur mutigen Tat der Liebe, damit unser Denken, Reden und Handeln dich preist – durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.