Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Jörg Lackmann und Thomas Powileit.
Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zugleich zum theologischen Denken anregen.
Gilt das Gesetz noch für Christen? Diese Frage wird immer wieder gestellt, besonders wenn es darum geht, was man anziehen soll. Sind Hosen für Frauen erlaubt? Ist Mischgewebe erlaubt? Muss ich zehn Prozent meines Einkommens spenden? Kann ich auch am Sonntag arbeiten? Oder sollte ich auf Schweinefleisch verzichten? Schließlich hat Gott das ja im Alten Testament so angeordnet.
Thomas, wie geht man mit diesen Fragen um?
Ich glaube, es ist wichtig, nicht nur die einzelne Frage im Blick zu haben – also wie viel ich spenden soll oder ob ich am Sonntag wirklich einen Ruhetag einhalten muss. Vielmehr sollte man verstehen, welche Bedeutung das Gesetz grundsätzlich auch für uns Christen hat.
Ich denke dabei zum Beispiel an Psalm 119, Vers 97. Dort sagt der Schreiber: „Wie liebe ich dein Gesetz! Es ist mein Nachdenken den ganzen Tag.“ Das klingt richtig fröhlich. Wenn wir an das Gesetz denken, haben wir oft Pflicht und Vorschrift im Kopf.
Doch wenn man einmal in Israel war, sieht man, wie die Juden die Torarolle nehmen und damit tanzen. Die Tora heißt ja „Weisung“. Für sie ist diese Weisung wirklich eine Hilfe zum Leben. Sie sehen das Gesetz Gottes sehr viel positiver als wir, habe ich den Eindruck. Durch diese Weisung Gottes finden sie sich im Leben zurecht.
Bei uns ist das Gesetz dagegen oft eher eine Vorschrift.
Wenn man sich grundsätzlich mit dem Gesetz beschäftigt, kommt man in der Kirchengeschichte ziemlich weit zurück. Das ist nicht etwas, das wir heute nur in unserem Podcast behandeln, sondern ein Thema, das Menschen schon immer beschäftigt hat.
Ich denke dabei an Personen wie Justin – oder hieß er damals so? – oder Hieronymus. Das waren Kirchenväter. Auch die Reformatoren wie Luther und Calvin haben sich damit auseinandergesetzt. Sie teilten das Gesetz in drei Teile ein.
Erstens gibt es das Zeremonialgesetz. Dieses regelt, wie Opfer dargebracht werden sollen, wie der Priester gekleidet ist und Ähnliches. Dann gibt es das Moralgesetz, das wir heute als Ethik bezeichnen würden. Drittens gibt es das Judicialgesetz, also das Staatsgesetz. Israel war ja eine Nation und brauchte Gesetze, etwa für den Krieg oder andere staatliche Angelegenheiten.
Die Aussage dieser Kirchenväter und Reformatoren war, dass für Christen nur noch das Moralgesetz gilt. Die anderen Gesetze gelten demnach nicht mehr.
Heißt das, sie wollen nur noch ein Drittel des Alten Testaments befolgen? Wie ist das zu verstehen? Sie sagten, die anderen Gesetze seien vorbei, und nur das Moralgesetz sei entscheidend.
Zum Zeremonialgesetz meinten sie, dass zum Beispiel die Speisevorschriften, die Beschneidung, der Tempeldienst und die Opfervorschriften in Christus erfüllt wurden. Diese Gesetze seien praktisch nur eine Vorausschattung gewesen und müssten deshalb nicht mehr beachtet werden.
Das ist die theologische Begründung, und sie ist sehr sinnvoll. Es ist hilfreich, das Alte Testament beziehungsweise die Gesetze auf diese Weise zu unterscheiden.
Man muss sich jedoch immer bewusst machen, dass es sich dabei um eine theologische Unterscheidung handelt.
Wenn ich im Neuen Testament Paulus lese und er vom Gesetz spricht, scheint er für mich nicht klar zu differenzieren. Zum Beispiel denke ich an Römer 10, wo er sagt, Christus sei des Gesetzes Ende. Natürlich meint er damit nicht, dass Christus das Moralgesetz beendet, aber wenn er von Gesetz spricht, scheint das wirklich umfassend zu sein.
Das Problem ist auch, dass es Schnittmengen gibt. Manche Dinge sind völlig klar, wie du es auch vom Zeremonialgesetz gesagt hast. Im Alten Testament gibt es bereits Stellen, in denen es heißt: „Lasst mich mit euren Schlachtopfern in Ruhe, übt lieber Recht.“ Dort wird deutlich, dass Zeremonialgesetz und Moralgesetz unterschieden werden. Im Alten Testament gibt es bestimmt über ein Dutzend solcher Stellen, in denen diese Unterscheidung immer wieder betont wird.
Die Trennung finde ich grundsätzlich gut. Du findest die Trennung also auch gut? Ja, ich finde die Trennung gut. Das Staatsgesetz ist ein anderes Thema, das uns hier erst einmal nicht interessieren muss.
Allerdings habe ich mit der Trennung auch Probleme. Ich denke, es ist eine sinnvolle, wie gesagt, theologische Unterscheidung, aber ich frage mich, ob sie wirklich so klar in der Bibel wiederzufinden ist. Es gibt Vorschriften, die ich eindeutig zuordnen kann, aber es gibt auch solche, bei denen man sich fragt: Wozu gehört das denn?
Manchmal muss man in der Theologie einfach sagen, dass man bestimmte Aussagen trifft, die verständlich sind und zu etwa 90 Prozent passen. Aber dann konzentrieren sich natürlich manche, besonders die Deutschen, auf die restlichen zehn Prozent und fragen, wie das denn logisch zusammenpasst.
Wollen wir jetzt etwas tiefer in diese Unterscheidung einsteigen oder erst einmal auf das eingehen, was du eben zum ganzen Gesetz angesprochen hast? Ich weiß nicht, wie es weitergeht, okay. Wir können zwar mit Römer 10,4 weitermachen, wo es darum geht, dass Christus das Ende des Gesetzes ist und es nicht mehr gilt.
Man könnte jetzt sagen, dass das Gesetz für uns Christen gar nicht mehr gilt. Aber wie darf ich das verstehen? Es gibt bestimmt noch andere Stellen, außer dieser einen, die das etwas näher erläutern.
Auch hier finde ich es sehr wichtig zu hören, wie Paulus das verstanden hat. Ich denke dabei an zwei Bibelstellen, die für mich in der Auseinandersetzung mit dieser Thematik sehr hilfreich waren.
Die erste ist 1. Korinther 9, da sagt Paulus: „Ich bin den Juden ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind“ – das sind ja logischerweise die Juden – „bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden, obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin.“ Ich habe das hundertmal gelesen und erst beim hundertsten Mal verstanden, was er damit meint.
Dann gibt es noch eine Stelle in 1. Timotheus 1,8. Dort sagt Paulus: „Das Gesetz gilt nicht mehr für von Gott gerechtgemachte Menschen“, also für Christen. Ich lese es mal vor: „Wir wissen aber, dass das Gesetz gut ist, wenn jemand es gesetzmäßig gebraucht.“ Auch hier wieder der Gedanke, dass das Gesetz gut ist.
Weiter heißt es: „Indem er dies weiß, dass das Gesetz nicht für einen Gerechten bestimmt ist“ – also ähnlich wie in 1. Korinther 9. Paulus fährt fort: „Sondern für Gesetzlose, Widerspenstige, Gottlose, Sünder, Heilose, Unheilige, Vatermörder, Muttermörder, Mörder, Unzüchtige, mit Männern Schlafende, Menschenhändler, Lügner, Meineidige und wenn etwas anderes der gesunden Lehre entgegensteht, nach dem Evangelium der Herrlichkeit des seligen Gottes, das mir anvertraut worden ist.“
Paulus sagt also, das Gesetz gilt für diese Gesetzlosen, aber nicht für die Christen. Für die Gesetzlosen gilt es hingegen sehr wohl.
Richtig, denn sie sollen ja gerade durch dieses Gesetz erkennen, dass sie gesetzlos sind. Das stimmt auch mit Römer 3,20 überein. Paulus sagte, aus Gesetzeswerken wird kein Fleisch, also man könnte sagen kein Mensch, vor Gott gerecht. Denn durch das Gesetz kommt die Erkenntnis der Sünde.
Wenn sie Jesus aber nicht als ihren Erlöser annehmen, dann wird dieses Gesetz die Grundlage sein, aufgrund derer sie gerichtet werden. Deshalb ist es logisch, dass Paulus sagt, ihnen gilt dieses Gesetz.
Was ist jetzt die Rolle des Gesetzes für den Christen? Bevor jemand Christ wird, war er natürlich gottlos. Das heißt auch, das Gesetz hat ihm gezeigt, wie gottlos er ist und dass er Vergebung braucht. Das ist im Hinblick auf die Errettung.
Aber das Gesetz, sagt Paulus auch mal in Galater 3, ist ein Zuchtmeister. Man kann es auch mit Pädagoge übersetzen, der mich zu Christus bringt. Auch im Alten Testament werden Menschen ja durch den Glauben in erster Linie gerecht.
Paulus sagt auch in Galater 3, dass das Gesetz der Übertretungen wegen hinzugefügt wurde, bis der Nachkomme, also der Herr Jesus, da ist. In diesem ganzen Passus sagt er außerdem, dass das Gesetz die Verheißung an Abraham nicht aufhebt.
Das Gesetz, das 430 Jahre später gegeben wurde, macht den Bund mit Abraham nicht ungültig. Ich beschreibe das gerne so: Am Anfang war Abraham, der die Verheißung bekommen hat. Dann läuft man quasi auf diesem Weg des Glaubens weiter.
Plötzlich steht da Mose, der sagt: „Stopp, hier darfst du nicht durch, hier ist eine Umleitung.“ Man fährt dann durch diese Umleitung, die mosaische Umleitung, durch das Gesetz. Am Schluss kommt man aber bei Jesus an, der einen auf den Punkt des Glaubens oder auf den Weg des Glaubens wiederbringt.
Die Juden heute sind umgekehrt und sind wieder zurückgegangen in diese Umleitung. Dort verharren sie immer noch, weil sie denken, sie müssten alles halten. Aber eigentlich ist das Gesetz auch für Christen gedacht, um zu Christus geführt zu werden. Es zeigt, dass ich ihn ganz dringend brauche.
Das ist der Sinn: Zum einen die Errettung, zum anderen, dass das Gesetz mich zu Jesus als meinem Erlöser bringt. So würde ich es mal nennen. Ich merke, ich kann das Gesetz nicht halten und brauche Jesus.
Es gibt den Spruch, dass das Gesetz Riegel, Spiegel und Regel ist. Ja, genau – das wäre der Spiegel.
Genau, es ist der Spiegel. Vor allem aber bewirkt der erste Teil, dass ich zu Jesus getrieben werde. Ich merke: „Hey, ich brauche einen Erlöser, ich komme allein nicht weiter.“
Die Regel betrifft das, was den Staat angeht. Das betrifft uns als Christen nicht direkt, da wir ja keinen Staat bilden. Über die Regel und die Regeln werden wir bestimmt noch sprechen.
Was ist jetzt, wenn ich, also Umwägung, was muss ich denn jetzt vom Gesetz halten? Das ist also die alte Frage. Wir sind jetzt vielleicht ein bisschen weiter, haben das Grundsätzliche verstanden.
Muss ich nun etwas vom Gesetz halten, oder muss ich gar nichts halten? Wie ist es jetzt? Ich bin ja nun zu Christus geführt worden. Ist jetzt alles in Ordnung? Der Umweg ist gegangen, und jetzt setze ich mich hin und schaue, dass ich weiter vorankomme.
Die Quintessenz dessen, wovon ich überzeugt bin, ist, dass ich nichts mehr vom Gesetz halten muss. Denn durch den Glauben werde ich bei Gott gerecht und nicht durch das Gesetz. Wenn ich aber versuche, das Gesetz zu halten, werde ich die Erfahrung machen, die Paulus in Römer 7 beschreibt. Er sagt: "Hilfe, ich schaffe das nicht."
Ich fand es auch sehr interessant, bei Armin Baum habe ich das gelesen, von einem A. Jacobs. Er hat tatsächlich versucht, ein Jahr lang die 700 Regeln der Bibel zu halten. Es sind nicht ganz 700, aber er hat sich bemüht: vier Monate Neues Testament, acht Monate Altes Testament.
Das heißt, er hat Geld gespendet, Essensvorschriften eingehalten, und bei Frauen, die ihre Blutung hatten, sieben Tage lang jeden Kontakt vermieden. Gesetzesbrecher hat er auch symbolisch gesteinigt. Wenn er merkte, dass jemand gesündigt hat, hat er, glaube ich, Kieselsteine geworfen.
Er hat ein Buch geschrieben, das heißt „Die Bibel und ich“. Man kann es auch noch antiquarisch kaufen. Der Untertitel lautet: „Von einem, der auszog, das Buch der Bücher wörtlich zu nehmen“. Im Grunde genommen hat er genau das gleiche festgestellt, was Römer 7 sagt: Ich kann es nicht halten.
Nur seine Reaktion ist anders als die des Paulus. Er ist toleranter geworden, so steht es in der Buchbeschreibung. Ich würde sagen, er ist liberaler und begegnet anderen mit mehr Respekt. Er lässt sie stehen, weil er merkt: Ich kann das nicht halten.
Es ist auch logisch: Wenn ich das Gesetz halten könnte, wäre Jesus umsonst gestorben.
Ja, das ist jetzt die eine Seite, die mich zu Christus oder zum Glauben bringt. Das kann das Gesetz nicht sein und war es ja nach Paulus im Galaterbrief Kapitel drei im Alten Testament auch nie gewesen, weil es ja vor Abraham gegeben hat. Abraham wurde der Segen verheißt und damit der Glaube. Er wurde ja aus Glauben gerechtfertigt, also kann das nicht der Weg sein.
Umgekehrt kann man jetzt aber, finde ich, auf der anderen Seite vom Pferd fallen und sagen: „Ja, dann mache ich halt, was ich will.“ Das kann es doch auch nicht sein, oder? Das kann es nicht sein. Also, Leute, manchmal sagen manche: „Sei nicht so gesetzlich, es ist mir eh alles egal.“ Eben nicht! Wenn ich den Herrn Jesus liebe, dann werde ich ihm aus Liebe dienen und eben nicht aus Pflicht, nicht weil ich muss, sondern weil ich will.
Ich habe ja vorhin 1. Korinther 9,29 zitiert und bewusst dort angehalten, weil dieser Text ja weitergeht. In Vers 21 heißt es, dass Paulus sagt: „Ich will die gewinnen, die ohne Gesetz sind, obwohl ich nicht ohne Gesetz vor Gott bin.“ Dann beschreibt er, unter welchem Gesetz er steht. Er sagt: „Sondern ich bin unter dem Gesetz Christi.“ Also, er steht nicht unter dem Gesetz des Mose, er lebt unter dem Gesetz Christi. Ein Begriff, der an anderer Stelle auch noch einmal vorkommt, ganz bekannt in Galater 6,2: „Einer trage des anderen Lasten, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“
Für mich war es einmal sehr hilfreich zu verstehen: Es gibt ja ein Gesetz vom alten Deutschen Reich. Das gilt heute logischerweise nicht mehr. Aber wer Jura studiert, so habe ich es mir sagen lassen, wird sehen, dass in unserer Gesetzgebung sehr viele dieser alten Gesetze eingebaut sind. Dann haben sie Gültigkeit, wenn sie eben in unserer Verfassung oder in unseren Gesetzbüchern stehen. Sie sind ergänzt und aktualisiert, aber vieles der Rohfassung steht da noch drin.
So ist es auch zwischen den Geboten des Alten Testaments und dem, was wir uns im Neuen Testament verpflichtet wissen. Alle Gebote, die wir in den Zehn Geboten haben, sind im Neuen Testament wiederholt – bis auf das Sabbatgebot. Das ist ja das Bundeszeichen, das Gott mit Israel geschlossen hat. Was Adventisten anders sehen würden, ja, sind wir ja nicht der Sabbat-Volk.
In der Bergpredigt verschärft der Herr Jesus ja noch einmal das Gesetz, sodass ich noch mehr merke: Ich kann das selber gar nicht wirken. Es geht gar nicht um das äußere Halten, sondern auch um die innere Einstellung.
Dann gibt es natürlich auch Dinge, die wegfallen, zum Beispiel Markus 7,19. Der Herr Jesus erklärt alle Speisen für rein. Da kann ich sagen, das ist eine eindeutige Aussage. Deswegen muss ich die Gebote des Alten Testaments über „das darfst du essen, das darfst du nicht essen“ im Neuen Testament so nicht halten.
Mit einer Sahnesoße – ich möchte Milch hineinbringen. Wenn das nicht koscher ist, würde ich es nicht essen. Aber ich glaube, gemeint ist ein Schweinegulasch mit Sahne, Paprika und Sahnesoße.
Selbst Abraham hat diesen Engeln, glaube ich, in 1. Mose 18 kein Schweinefleisch vorgesetzt. Nein, aber er hat ihnen Fleisch serviert und auch Milch geholt. Nein, er war nicht koscher, das ist ihm wohl nie aufgefallen.
Das wäre also das, was man theologisch unterscheidet und was, denke ich, an vielen Stellen zu finden ist: Die Speisegesetze weisen einfach auf Christus hin. Es geht darum, was rein und was unrein ist. Da Jesus da war, sind diese Gesetze erfüllt.
Letztendlich hat er ja nicht gesagt, dass alles falsch war, sondern dass die Zeit vorbei ist. Er ist gekommen, damit sie erfüllt werden. Ihr als Christen müsst diese Gesetze nicht mehr halten. Das hat Jesus deutlich gemacht.
Was Juden jetzt machen müssen, ist eine andere Frage. Die lassen wir mal außen vor, um den Podcast nicht zu sprengen.
Dieses Gesetz des Christus gilt jetzt. Du hast es so erläutert: Es gibt einige Regeln im Alten Testament, die heute noch gelten, ähnlich wie in der deutschen Gesetzgebung auch noch alte Gesetze gültig sind.
Für mich ist jetzt die spannende Frage: Darf ich Schweinefleisch essen? Natürlich muss ich das nicht, wenn ich aus gesundheitlichen Gründen, wegen meiner Ablehnung von Massentierhaltung oder aus anderen Gründen darauf verzichten möchte. Rein von den rituellen Vorschriften her darf ich es aber. Das gilt auch für alle anderen Speisevorschriften, Waschungen und das ganze Zeremoniell. Ebenso für alle Vorschriften, die den Tempel betreffen. Denn den Tempel gibt es nicht mehr, und er ist in Christus erfüllt.
Was fällt jetzt weg und was bleibt noch? Das Gesetz des Christus steht ja nicht im luftleeren Raum. Die Regelungen im Alten Testament waren ja nicht schlecht. Also, was übernehme ich nun aus dem Alten Testament, und was vielleicht nicht? Hier muss ich unterscheiden: Es ist nicht etwas, das ich übernehmen muss, weil das Gesetz nicht für mich gilt. Trotzdem hast du Recht, es gibt Weisungen im Alten Testament, die einfach gut und logisch sind.
Zum Beispiel gibt es die Weisung, auf einem Flachdach einen Zaun zu bauen, damit niemand herunterfällt. Das ist doch super – so müssen nicht so viele Leute unten auf der Straße eingesammelt werden. Oder ich denke an den Umgang mit Eigentum. Gott ist kein Kommunist, aber er sagt mir sehr deutlich, wie ich mit Eigentum umgehen soll. Daraus kann ich viel lernen. Das ist eine gute Weisung, aber keine Vorschrift. Es ist gut, wenn ich mich daran halte, also eine Weisung für mein Leben.
Du meinst die Einzelweisungen, zum Beispiel: Du sollst nicht stehlen. Würdest du das als moralisches Gesetz verbindlich ansehen? Richtig, richtig. Aber nicht jede Einzelausformung, wie zum Beispiel: Baue einen Zaun auf deinem Dach oder Ähnliches.
Noch einmal zur Betonung: Im Neuen Testament habe ich auch die Kraft, das zu tun, was Gott freut. Das ist der große Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Testament. Deshalb kann ich die Zehn Gebote im Alten Testament auch so lesen: Du musst nicht mehr lügen. Du musst nicht mehr andere mit deinen Worten ermorden. Wenn ich die Bergpredigt dazu heranziehe, musst du nicht mehr stehlen.
Ich bin freigemacht. Ich kann das wirklich leben. Und das finde ich sehr mutmachend, dass Gott hier mein Herz erreichen kann und nicht nur den äußeren Buchstaben.
Eine sehr interessante Stelle in diesen Tagen ist Römer 13, der ja oft zitiert wird. Besonders finde ich Römer 13, Vers 8. Das ist eine Stelle, die nicht so häufig zitiert wird. Dort sagt Paulus: Wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt. Denn das Gebot „Du sollst nicht ehebrechen“, „Du sollst nicht töten“, „Du sollst nicht stehlen“, „Du sollst nicht begehren“ und wenn es ein anderes Gebot gibt, ist in diesem Wort zusammengefasst: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Die Erfüllung des Gesetzes ist also die Liebe. Das bedeutet, ich soll doch alles halten. Und wenn es ein anderes Gesetz gibt, wird es in der Liebe getan. Genau das ist wirklich in der Kraft des Herrn Jesus zu tun. Aber nicht so, dass ich sage: Ich halte das jetzt, um irgendwie eine Leiter zum Himmel zu erklimmen oder weil ich es muss.
Paulus zeigt mir ja sogar im Römerbrief, wo ich diese Liebe herbekomme. Ich denke an Römer 5, Vers 5, wo er sagt: Gottes Liebe ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist. Also kann sie nicht aus eigener Kraft wirken, aber Gott schenkt mir die Kraft, einfach ihm zur Ehre zu leben.
Das heißt, Liebe ist jetzt nicht im luftleeren Raum, wo jeder selbst definiert, was Liebe ist. Ich habe einmal erlebt, dass ein christlicher Ehemann seine Frau und zwei Kinder verlassen hat und gesagt hat, das sei Liebe, weil er eine andere liebt. Das würde ich nicht als biblische Definition von Liebe ansehen. Das mag Verliebtheit oder Leidenschaft sein, aber nicht Liebe, weil er dabei Gebote bricht.
Das Gesetz ist gut. Wir dürfen es halten. Aber nicht, um gläubig zu werden oder gerecht vor Gott zu sein – dafür war es nie gedacht. Es zeigt uns aber die Sünde und bringt uns auf Christus hin, diesen Pädagogen. Es zeigt uns auch unsere Ohnmacht gegenüber der Sünde als Christen und führt uns zu Christus.
Jetzt gibt es ja manchmal Fragen, zum Beispiel zu Kleidungsvorschriften, die man im Neuen Testament nicht begründen kann. Bestimmte Vorschriften meine ich. Ich denke, du weißt, worauf ich hinauswill.
Aber wie sieht es im Alten Testament aus? Was würdest du dazu sagen? Man kann als Gemeinde durchaus in der einen oder anderen Frage eine Lösung oder eine Orientierung finden. Aber man darf es dann nicht aus dem Gesetz ableiten, weil das so nicht mehr gilt.
Deswegen ging es mir von Anfang an darum, grundsätzlich zu verstehen: Welche Bedeutung hat das Alte Testament in meinem Leben? Denn da muss ich mir die Frage gefallen lassen, warum ich auf diesem Punkt so beharre, während ich andere Dinge einfach ignoriere. Und da werde ich nicht immer eine Antwort finden.
Nach Jakobus, etwas abgewandelt: Wenn du ein Gesetz brichst, brichst du alles. Du suchst dir praktisch die Kleidungsvorschrift aus dem Alten Testament heraus, aber näherst dich deiner Frau – oder deine Frau wäscht sich nicht, obwohl sie das eigentlich tun müsste, nachdem sie unrein war, etwa wegen Blutfluss. Das ist ein Zeremonialgesetz.
Jetzt habe ich es mal alles gesagt. Du weißt ja die ganzen Regeln. Genau. Also würdest du sagen, dass man da sehr selektiv vorgeht? Richtig, da muss man einfach fair sein und sagen: Das finden wir jetzt wichtig als Regel, aber wir begründen es nicht mehr im Alten Testament.
Zum Beispiel gibt es die Regel, dass Mischgewebe nicht erlaubt ist. Du darfst nicht zwei verschiedene Garne zusammenbringen oder auf dem Feld nicht zwei verschiedene Samen aussäen. Ich weiß jetzt gar nicht, was ihr anhabt, ich nehme mal stark an, dass ich Mischgewebe trage – und wahrscheinlich auch noch Plastik drin ist.
Das befürchte ich auch. So ist das, wenn man sich nichts anderes leisten kann als die schönen Naturfasern. Würdest du jetzt aus dem 5. Mose ableiten, dass das verboten ist? Nein, es ist aus dem 5. Mose, aber ich würde das nicht ableiten.
Und wie sieht es mit anderen Regeln in diesem Bereich aus? Was meinst du mit anderen Regeln? Zum Beispiel Hosen für Frauen – es steht da auch drin – und solche Dinge. Mir geht es ja immer noch darum, dass manche Dinge nur aus dem Alten Testament begründet werden. Inwiefern ist das halt möglich? Das halte ich für nicht legitim. Da muss man es anders begründen.
Du würdest es generell ausschließen? Richtig. Ich würde es an der Stelle sowieso festmachen, weil die Bibel zum Beispiel nicht von Hosen redet, sondern von Männer- und Frauenkleidung. Und Jesus hat auch nie eine Hose getragen. Er hatte das, was wir heute Kaftan nennen, kein Kleid.
Mir ging es noch einmal ums Gesetz als Grundsätzliches. Ich fand auch Luthers Antwort dazu interessant. Er sagt: Mose ist tot, sein Regiment ist beendet, denn Christus kam. Mose dient nicht mehr als Gesetzgeber über diesen Punkt hinaus. Seit Christus gilt dieses Gesetz nicht mehr für uns als Christen.
Machen wir vielleicht trotzdem noch ein, zwei oder drei Einzelsachen.
Wenn du in manche Gemeinden kommst, habe ich letztens ein wunderbar witziges Video darüber gesehen, über schwarze Gemeinden in Amerika. Dort geht der Korb herum, und du darfst spenden. Das wurde ein bisschen karikiert: Die sind praktisch den ganzen Tag zusammen, und fünfmal wird gespendet. Er hat gesagt: „Was, ich habe doch schon dreimal gespendet!“
Muss man also zehn Prozent seines Einkommens geben, so wie im Alten Testament den Zehnten? Wobei es ja mehrere Zehnte gab. Nein, musst du nicht. Du darfst mehr spenden, wenn du möchtest. Willst du wenig von deiner Gemeinde haben? Gott hat den lieb, so sagt es ja das Neue Testament, der fröhlich gibt. Und das ist mir dann freigestellt.
Ich kann Gott doch bitten, mein Herz zu bewegen. Ich kann es auch trainieren, Geld auf der Himmelsbank einzuzahlen. Es ist keine Vorschrift, sondern hier eher eine Richtlinie oder ein Richtwert – so besser. Aber ich muss es nicht als Pflicht ansehen, um Gott dadurch irgendwie zu bestechen.
Zum Thema Sonntagsarbeit: Du bist auf einer Messe, hast Werke der Herzlichkeit, bist Krankenschwester, bei Polizei oder Feuerwehr oder in solchen Bereichen, wo man für andere dient. Paulus sagt ganz klar, wir halten die Tage verschieden. Trotzdem gehört die Ruhe vor Gott zu seinem Topf. Das darf man nicht übersehen.
Was sind die anderen drei Gebote? So wie die Gebote anfangen: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ – und so weiter – ist das vierte Gebot dann nach 2. Mose 20. Wenn ich mir Zeit zum Atemholen nicht nehme und mich nicht auf Gott ausrichte, nehme ich mir etwas weg.
Da würde ich einfach sagen: Pass auf, dass du dir deine Privilegien nicht einfach aus der Hand nehmen lässt. Aber es ist keine Pflicht im strengen Sinne. Wobei Sonntag ja eh schon ein besonderer Tag ist. Die Juden haben den Sabbat gehalten, wir halten den Sonntag, den Tag der Auferstehung unseres Herrn. Also haben wir den Tag ohnehin verschoben.
Am Ruhetag würdest du auch sehen, dass manche Pastoren Sonntag als Arbeitstag haben. Die machen dann Montag, Dienstag oder einen anderen Tag in der Woche frei – also extra. Das würden wir auch so sehen.
Ich denke, wir haben jetzt mit den Einzeldingen einiges noch abgedeckt. Ich kann, glaube ich, feststellen, dass das Verständnis vom Gesetz ziemlich große Auswirkungen auf unser Leben hat. Nämlich darauf, was ich halte und was ich nicht gern halte.
Das hat sehr praktische Auswirkungen. Es ist also nicht nur ein theologisches Gebäude, das man im Kopf hat, sondern es geht sehr deutlich in meine ethischen Entscheidungen hinein.
Das war der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart.
Wir hoffen, dass ihr einen Impuls für euch mitnehmen konntet und dass der Podcast euch dabei hilft, als gewissenhafte Menschen ethische Entscheidungen zu treffen. Manchmal muss man solche Fragen einfach noch einmal in Ruhe durchdenken.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gerne unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch derweil Gottes Segen.