Einführung und Rückblick auf die bisherigen Kapitel des Römerbriefs
Ja, dann machen wir etwas weiter mit dem Römerbrief. Bevor ich heute die Verse lese – heute ist ja schon Samstag – beschäftigen wir uns mit dem zwölften Kapitel des Römerbriefs unter dem Titel „Befreites Leben noch einmal neu anfangen – was das für uns bedeuten kann“.
Bevor ich die Verse 1 bis 21 aus dem zwölften Kapitel des Römerbriefs lese, möchte ich mit euch einen Blick zurückwerfen auf das, was wir bisher schon erfahren haben. Paulus hat uns einiges vor Augen geführt, damit wir auch richtig einordnen können, womit wir uns heute beschäftigen wollen.
Ganz am Anfang des Römerbriefes haben wir gelesen und mitbekommen, wie die Menschen vor Gott stehen, wie Gott die Menschen beurteilt, nach welchen Regeln und mit welchen Übertretungen die Menschen leben. Wir haben uns zwei Gruppen von Menschen vor Augen geführt: zum einen die Juden, also diejenigen, die in einer Umgebung aufgewachsen sind, in der man Gottes Wort kennt. Und dann auf der anderen Seite die Heiden, die nichts davon wissen. Doch auch von ihnen sagt Gott, dass sie wissen, dass es einen Gott gibt, und dass ihr Gewissen ihnen Hinweise gibt, was richtig und was falsch ist.
Dann haben wir uns mit dem Unterschied beschäftigt zwischen dem Gesetz der Werke und dem Gesetz des Glaubens. Welche Funktion hat das Gesetz der Werke? Es verurteilt den Menschen. Und was ist mit dem neuen Gesetz des Glaubens, unter dem wir leben können?
Wir haben Abraham kennengelernt als ein Vorbild derer, die im Glauben leben, die auf Gott vertrauen. Danach haben wir uns gefragt: Was bedeutet das Gesetz jetzt noch für uns, wenn das Gesetz nur dazu da war, zu zeigen, dass wir verloren gehen? Welche Wirkung hat das Gesetz noch für uns?
Wir haben gemerkt, dass es uns immer wieder in die Abhängigkeit zu Gott treibt. Wir haben mitbekommen, dass es uns leitet, uns ein neues Leben zu Gott eröffnet und dass es eine neue Ordnung, ein neues inneres Wissen gibt.
Wir haben uns mit dem Wort „Umdenken“, „Umsinnen“ beschäftigt. Das sind die neuen Wertmaßstäbe, die durch das Gesetz Gottes in uns hervorgerufen werden können.
Gestern haben wir uns mit dieser wunderbaren Wahrheit beschäftigt, die daraus hervorgeht: Wenn ich nichts dazu tun kann, um zu Gott zu kommen, wenn Gott derjenige ist, auf den es ankommt, dann weiß ich auch, ich bin in der Hand Gottes geborgen. Nichts, was passieren kann, ist größer als Gott und kann mich aus der Hand Gottes herauslösen. Ich bin sicher und geborgen, Gott umgibt mich.
Gottes Treue zu Israel und die Bedeutung für alle Gläubigen
Ich habe die Kapitel neun bis elf nur ganz kurz gestreift, weil uns dafür einfach die Zeit fehlt. In diesen Kapiteln geht es um das Volk Israel. Paulus möchte an diesem Volk die Wahrheit verdeutlichen, die wir gestern erkannt haben. Er zeigt, dass Israel zwar immer wieder gegen Gott gesündigt hat und sogar den Messias, Jesus Christus, verworfen und getötet hat, Gott sich dennoch an sein Versprechen hält.
Hier sehen wir die Treue Gottes auf sehr vorbildliche Weise. Auch für das Volk Israel gilt, was wir in Kapitel 11, Vers 13 lesen: „Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden.“ Das Versprechen Gottes gilt unabhängig davon, was Menschen getan haben. Wenn sie mit der Bitte um Erlösung zu Gott kommen und ihn anrufen, wird er sie erretten.
In Kapitel 11, Vers 18 heißt es: „Aber ich sage, haben sie etwa nicht gehört? Ja gewiss, ihr Schall ist hinausgegangen zu der ganzen Erde und ihre Reden zu den Grenzen des Erdkreises.“ Hier beschäftigt sich Paulus erneut mit Israel. Die Menschen haben gehört und gewusst, was Gottes Wille ist, sind aber dennoch nicht gehorsam gewesen.
In Vers 20 zitiert Paulus Jesaja: „Ich bin gefunden worden von denen, die mich nicht suchen, ich bin offenbar geworden denen, die nicht nach mir fragten.“ Das ist ein wunderbarer Hinweis: Nicht wir suchen Gott, sondern Gott sucht uns. Immer wieder ist er zu uns gekommen, bevor wir zum Glauben an Jesus Christus fanden. Er sagt: „Hier bin ich, bedenke dein Leben neu, kehre um zu mir, tue Buße!“ Wie Jesus es auch sagt, sollen wir bereuen, was wir bisher getan haben. Gott will uns ein neues, erfülltes, sinnvolles und zielorientiertes Leben geben.
Seltsamerweise haben gerade die Juden, die wussten, dass Gott einen Plan mit ihrem Volk hatte und so viel mit Gott erlebt hatten, Jesus Christus abgelehnt. Jesaja weist darauf hin, dass Gott von denen gefunden wurde, die gar nicht so viel von ihm wussten, die nicht bewusst auf der Suche nach Gott waren und nicht gezielt nach ihm fragten. Denn die Initiative geht von Gott aus.
In Vers 21 steht: „Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgestreckt zu einem ungehorsamen und widersprechenden Volk.“ Trotz des Ungehorsams ist Gott treu.
Im Kapitel 11 setzt sich Paulus mit der Frage auseinander, ob das Volk Israel verworfen ist, weil es den Heiland abgelehnt hat. Paulus kommt zu dem Schluss: Nein, das Volk Israel ist nicht verworfen, weil Gott zu seinem Versprechen steht. So wie er zu dem Versprechen steht, bei uns zu sein, uns in allen Schwierigkeiten weiterzuführen und uns nach dem körperlichen Tod in die ewige Herrlichkeit aufzunehmen.
In Kapitel 11 wird außerdem darauf hingewiesen, dass wir in den Ölbaum eingepfropft sind, der Israel heißt. Das klingt eigentlich unsinnig und verrückt. Wer sich im Gartenbau auskennt, weiß, dass normalerweise der edle Zweig in die Wurzel eines wilden Baumes eingepfropft wird, damit das edle Gewächs oben wächst – etwa ein Kirsch- oder Apfelbaum.
Paulus sagt jedoch: Es ist gerade umgekehrt. Die Macht Gottes zeigt sich darin, dass das Volk Israel der edle Stamm ist, und wir werden in diesen eingepfropft. Das soll uns gegenüber dem Volk Israel zeigen, dass wir nicht sagen können: „Die haben Gott verworfen, aber wir tun das ja nicht.“ Paulus will uns damit zeigen, dass auch unser Glaube Gnade ist.
Wir haben nichts dazu getan. Wir sind genauso wie das Volk Israel. Eigentlich könnten wir sagen, wir sind Israeliten, auch wenn wir nicht in Israel leben. Wir gehören dazu – so wie Paulus es zuvor schon gezeigt hat. Wir sind die wahren Kinder Abrahams, der glaubte, und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Wenn wir Gott vertrauen, sind wir die wahren Kinder Abrahams und damit die wahren Israeliten.
Lasst uns bewusst sein: Das ist keine eigene Tat, sondern die Gnade Gottes.
Lesung von Römer 12,1-21 und erste Auslegung
So viel nur zu den Kapiteln 9 bis 11. Jetzt möchte ich aus Kapitel 12 lesen, Kapitel 12, Verse 1 bis 21.
Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Ermahnungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, gottwohlgefälliges Opfer. Das ist euer vernünftiger Gottesdienst.
Seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, damit ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist: das Gute, das Wohlgefällige und das Vollkommene.
Denn ich sage, durch die Gnade, die mir gegeben wurde, jedem, der unter euch ist: denkt nicht höher von euch, als ihr denken sollt. Seid vielmehr darauf bedacht, besonnen zu sein, wie Gott jedem das Maß des Glaubens zugeteilt hat.
Denn wie wir in einem Leib viele Glieder haben, aber die Glieder nicht alle dieselbe Tätigkeit ausüben, so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, aber einzelne Glieder voneinander.
Da wir verschiedene Gnadengaben haben, je nachdem die uns verliehene Gnade, so lasst sie uns gebrauchen: sei es Weissagung nach dem Maß des Glaubens, sei es Dienst im Dienste, sei es, der in der Lehre lehrt, sei es, der ermahnt in der Ermahnung, der da mitteilt in Einfalt, der davor steht mit Fleiß, der Barmherzigkeit übt mit Freude.
Die Liebe sei ungeheuchelt. Verabscheut das Böse, haltet fest am Guten. In der Bruderliebe seid herzlich gegeneinander, in Ehrerbietung einer dem anderen vorangehend.
Seid im Fleiß nicht säumig, inbrünstig im Gebet, dem Herrn dienend. In Hoffnung freut euch, in Trübsal haltet aus, im Gebet haltet an.
Nehmt an den Bedürfnissen der Heiligen teil. Trachtet nach Gastfreundschaft.
Segnet, die euch verfolgen; segnet und fluchet nicht. Freut euch mit den Freuenden, weint mit den Weinenden.
Seid gleichgesinnt gegeneinander. Sinnt nicht auf hohe Dinge, sondern haltet euch zu den Niedrigen.
Seid nicht klug bei euch selbst. Vergeltet niemandem Böses mit Bösem, sondern seid darauf bedacht, was ehrbar ist vor allen Menschen.
Wenn möglich, so viel an euch liegt, lebt mit allen Menschen in Frieden.
Rächt euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn. Denn es steht geschrieben: "Mein ist die Rache, ich will vergelten", spricht der Herr.
Wenn nun dein Feind hungert, so speise ihn; wenn er durstet, so tränke ihn.
Denn wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf dein Haupt sammeln.
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!
Die Herausforderung eines neuen Lebensstils im Glauben
Soweit sehen wir schon, hier haben wir sehr herausfordernde Verse. In den vorherigen Kapiteln wurde uns viel zugesprochen. Es wurde gezeigt, wie wir an diese Stelle gekommen sind.
Gestern haben wir tröstende Worte gehört: Gott ist in jedem Fall bei uns, egal was uns passiert, egal vor welcher Herausforderung oder Versuchung wir stehen. Nun werden wir herausgefordert. Es geht darum, dass sich unser Leben ändern soll, dass etwas Neues in unserem Leben wachsen soll. Es kann nicht so bleiben, wie es bisher gewesen ist.
Wir beginnen wieder mit Vers 1: „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmung Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, gottwohlgefälliges Opfer, was euer vernünftiger Gottesdienst ist.“
Die Opfer im Alten Testament kennen wir. Sie waren dafür gedacht, die Sünden symbolisch darzustellen. Später sollte Jesus sterben, um die Sünde auf sich zu nehmen. Am großen Versöhnungstag gab es den sogenannten Sündenbock. Man sagte, dieser trage die Sünde des Volkes und wurde in die Wüste geschickt. Das war ein Bild dafür, dass Jesus Christus kommen wird, um die Sünde von uns allen zu tragen.
So sollen wir nun in gewisser Weise auch ein Opfer werden. Wir sollen unseren Leib als Opfer geben. Das sei unser lebendiger Gottesdienst, unser vernünftiger Gottesdienst. Das ist das, was Gott wohlgefällig ist.
Wenn wir uns fragen, wie die Menschen um uns herum so etwas betrachten würden, würden sie sagen: „Das ist doch vollkommen unvernünftig. Wieso sollen wir uns jemand anderem hingeben? Wir selbst stehen doch im Mittelpunkt. Mir muss es doch gut gehen.“
Hier lenkt Paulus den Blick weg von uns hin zu Gott, dem wir treu sein sollen, dem wir uns hingeben sollen. Das, was vorher gesagt wurde und was schon passiert ist, sollen wir hier tun. Wir sollen uns dessen bewusst werden.
Wir erinnern uns: Vorher wurde gesagt, ihr seid Sklaven der Sünde gewesen, und jetzt seid ihr Sklaven Gottes. Genau darauf wird hier wieder Bezug genommen. Nur werden wir hier aktiv angesprochen. Jetzt sollen wir etwas unternehmen und etwas tun.
Die Erneuerung des Sinnes als Grundlage für ein neues Leben
Und wie sieht dieser Gottesdienst denn aus? Was ist dieser vernünftige, gottwohlgefällige Gottesdienst? Damit beschäftigt sich Paulus im weiteren Verlauf des Kapitels.
In Vers 2 heißt es: „Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, dass ihr prüfen möget, was der Wille Gottes ist, das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.“ Hier liegt der erste Punkt, der diesen Gottesdienst ausmacht: Wir sollen uns nicht dieser Welt gleichförmig machen oder werden.
Das ist eine Herausforderung, denn das geschieht nicht automatisch. Auch wenn der Heilige Geist in uns wohnt, zwingt er uns nicht, so zu werden. Er wirkt nicht gewaltsam in uns. Paulus sagt hier, dass wir bereit sein müssen, das zu wollen. Wir müssen uns öffnen, damit der Heilige Geist in uns wirken kann.
Wenn wir das nicht tun, werden wir dieser Welt gleichförmig. Schließlich sind wir kaum noch von unseren Nachbarn, früheren Arbeitskollegen oder Freunden zu unterscheiden, die nicht gläubig sind. Diese werden sagen: „Du lebst doch genau wie wir. Nun gut, du gehst noch am Sonntag zur Kirche, besuchst die Bibelstunde und liest ab und zu in der Bibel, aber in deinem Leben gibt es keinen Unterschied.“
Wir werden dieser Welt gleichförmig in unseren Werten, also darin, was uns wichtig ist, und in unserem Verhalten. Später wird Paulus noch bewusst einige Beispiele nennen. Wir sollen uns davor hüten, uns der Welt anzupassen.
Zunächst müssen wir uns bewusst machen, was das Besondere ist, das Gott von uns verlangt. Wo sind wir der Welt bereits gleich geworden? Nur wenn wir das erkennen, können wir dagegen vorgehen und dagegen kämpfen.
Paulus schreibt später auch, dass wir unseren Sinn erneuern sollen. Dieses Wort kennen wir schon, denn es wurde uns vorher schon begegnet: „Erneuert euren Sinn.“ Innerlich müssen wir umdenken und uns neu besinnen auf das, was Gott eigentlich von uns will.
Dabei wird uns hier gesagt, dass es das Gute, das Wohlgefällige und das Vollkommene ist. Nicht das, was die Welt uns vorspiegelt. Das, was wirklich gut ist, ist das Gute.
Wir erinnern uns an den Anfang des Römerbriefes, wo ganz klar gegenübergestellt wird: So ist die Welt ohne Gott, und so ist die Welt mit Gott. Die Welt ohne Gott sagt: „Das Leben mit Gott ist langweilig, dumm und Unsinn.“ Paulus aber sagt, er schämt sich dessen nicht. Das ist eigentlich das Gute. So funktioniert das Leben wirklich. So können wir glücklich und zufrieden leben und in einer harmonischen Beziehung mit Gott und unseren Mitmenschen stehen.
Besonnenheit und Demut im Glaubensleben
Vers: Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben wurde, jedem, der unter euch ist, nicht höher von sich zu denken, als zu sich zu denken gebührt. Sondern darauf bedacht zu sein, dass er besonnen sei, wie Gott einem jeden das Maß des Glaubens zugeteilt hat.
Hier bedeutet besonnen zu sein das Gegenteil von hochmütig zu sein, also nicht mehr von sich zu denken, als einem eigentlich zusteht. Bereits hier sehen wir den Konflikt mit der Welt.
In der Welt ist der Schein manchmal wichtiger als das Sein. Wenn ich auf andere Eindruck machen kann, soll ich das ausnutzen. Das bedeutet, mich größer darzustellen und zu zeigen, was für ein toller Mensch ich bin, um Anerkennung zu bekommen und mich selbst gegenüber anderen aufzubauen.
Das führt zum Konkurrenzdenken: Ich muss immer besser sein und das auch zeigen. Ich muss gegen andere ausstechen. Im Gegensatz dazu heißt es hier, nicht höher von uns zu denken, sondern besonnen zu sein. Wir sollen uns bewusst machen, dass Gott uns das letztlich zugeteilt hat.
Alles, was ich tatsächlich habe, sollte ich nicht überbewerten. Denn letztendlich bin ich es nicht, weder an körperlicher noch an geistiger Kraft. Diese Gaben kommen von Gott, er hat sie uns zugeteilt. Dafür sollten wir dankbar sein, anstatt uns selbst in den Vordergrund zu spielen und uns anderen gegenüber darzustellen.
Verschiedene Gnadengaben und ihre Anwendung in der Gemeinde
Vers 4
Denn wie wir in einem Leib viele Glieder haben, aber die Glieder nicht alle dieselbe Tätigkeit ausüben, so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus. Einzelne aber sind Glieder voneinander.
Da wir verschiedene Gnadengaben haben, entsprechend der uns gegebenen Gnade, so lasst uns diese gebrauchen. Sei es in Weissagung, in der Entsprechung zum Glauben, sei es im Dienst, im Dienst, sei es der Lehrtätigkeit, in der Lehre, sei es der Ermahnt, in der Ermahnung, der mitteilt in Einfalt, der vorsteht mit Fleiß, der Barmherzigkeit übt mit Freundlichkeit.
Hier bezieht sich Paulus ganz besonders auf das Zusammenleben in der Gemeinde. In der Gemeinde gilt dies genauso wie in der Welt, wo wir mit Menschen zusammenleben, die nicht gläubig sind. Wir sind ein Leib; Christus ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde. Aber als Glieder dieses Leibes sind wir voneinander abhängig – mit unseren Begabungen, eben mit den Gnadengaben, von denen Paulus in Vers 6 spricht und die verschieden sind.
Wir müssen diese wahrnehmen, ohne uns immer nach dem auszurichten, was der andere hat. Wir sollen uns bewusst sein, dass wir nicht alles brauchen. So wie in unserer Umgebung die meisten Menschen alles haben wollen. Sie wollen möglichst jede Begabung besitzen. Der Neid bricht dort aus, von dem wir ja schon am Anfang des Römerbriefes gehört haben. Davor sollen wir uns hüten.
Stattdessen sollen wir die Gabe, die uns Gott gegeben hat, zum Wohl der Gemeinde und in Demut Gott gegenüber einsetzen.
Dann wird besonders erwähnt, dass der, der Weissagungen macht – wir haben uns damit beschäftigt: Weissagungen bedeuten nicht unbedingt, die Zukunft vorherzusagen. Das kann auch so sein. Weissagungen heißen, die Weisheit Gottes zu haben, im gegenwärtigen Augenblick das Richtige zu sagen. Das, was passt, die gegenwärtige Situation richtig zu interpretieren – mit den Augen Gottes zu sehen, was Gott in der Situation ausdrücken will.
Deshalb steht dahinter auch: Der, der nun etwas weissagt, der sagt, was im Augenblick richtig und zutreffend ist. Er soll das in der Entsprechung zum Glauben tun. Nicht, dass er sich selbst etwas überlegt oder eigene Gedanken und Pläne hineinlegt, sondern vom Glauben ausgeht.
Derjenige, der dient, soll das im Dienen tun. Der, der die Gabe des Dienens hat, soll nicht nur darüber sprechen, nicht nur andere dazu bringen, dass sie dienen, sondern selbst dienen.
Also lasst uns das tun, womit uns Gott begabt hat. Das bedeutet natürlich auch, dass derjenige, der dient, dies innerlich als Auftrag Gottes tut und nicht, um Anerkennung oder sonst etwas in der Gemeinde zu ernten.
Der, der lehrt, tue es in der Lehre – und das meint so viel wie in der Lehre Gottes, in der wahren Lehre. Er lehre nicht irgendetwas, was ihm gerade in den Sinn kommt, sondern halte fest an der Lehre Gottes.
Der, der ermahnt, tue es in der Ermahnung.
Der, der mitteilt, tue es in Einfalt.
Der Vorsteher tue es mit Fleiß.
Der, der Barmherzigkeit übt, tue es mit Freundlichkeit.
Hier sehen wir, welche Aufgaben Gott uns in der Gemeinde gegeben hat. Daran sollen wir uns orientieren und es mit voller Überzeugung und ganzer Hingabe tun.
Im Hintergrund steht, dass Gott jedem von uns eine solche Gabe gegeben hat und jeder von uns berufen ist, in der Gemeinde eine Aufgabe zu übernehmen. Hier sind Beispiele genannt, und diese Beispiele sollen wir mit ganzer Hingabe ausführen – mit dem Geist Christi.
Wenn jemand Barmherzigkeit übt, hilft er jemandem, der Hilfe braucht, und tut dies mit Freundlichkeit. Nicht mit verkniffenem Gesicht, so nach dem Motto: Nun, ich muss ja, und Gott will das ja von mir, also tue ich das jetzt. Sondern derjenige, dem Barmherzigkeit erwiesen wird, soll auch etwas von der Liebe spüren, die den Helfenden dazu treibt.
Wenn es nicht die Liebe Gottes ist, die uns dazu bewegt und im Hintergrund steht, dann ist das Ganze vergebliche Liebesmühe. Dann sind es wieder eigene Werke, mit denen ich vor Gott gerechtfertigt werden will.
Die Liebe als zentrales Lebensprinzip
Jetzt lesen wir in Vers 9, wo all diese Dienste zusammengefasst werden und unser ganzes Leben als Christen im Grunde beschrieben wird: Die Liebe sei ungeheuchelt, verabscheut das Böse, haltet fest am Guten!
Obwohl das hier etwas unkonkret erscheint, wird hier das Ganze, was Paulus in diesem Kapitel versucht zu umschreiben, zusammengefasst. Zunächst spricht er von der Liebe. Die Liebe soll der wesentliche Maßstab in unserem Leben sein.
Sie haben vielleicht schon gehört, dass es im Griechischen verschiedene Ausdrücke für Liebe gibt. Hier steht im Griechischen das Wort Agape. Das ist die göttliche Liebe, die vorbehaltlose Liebe – nicht diejenige, die beim anderen Gegenliebe erwartet, nicht die Geschwisterliebe, nicht die sexuelle Liebe. Hier ist die Liebe Gottes gemeint, die die Person ganz und gar annimmt, die umhüllt und das Beste für den anderen will.
Agape – diese Liebe sei ungeheuchelt. Wir sollen sie nicht vormachen, wenn wir uns begegnen, nicht grinsen und so tun, als ob alles in Ordnung sei, um dann, sobald der andere vorbei ist, innerlich zu denken: „Jetzt bin ich aber froh, dass ich aus dem Gottesdienst herauskomme und wieder allein für mich bin.“ Auch wenn wir das nur innerlich denken und nicht wirklich sagen.
Nein, hier soll die Liebe ungeheuchelt sein. Aber Paulus sagt nicht: Wenn ich diese Liebe nicht habe, dann zeige ich sie auch nicht, weil ich ja nichts heucheln will. Denn zuerst sagt Paulus: Die Liebe sei ungeheuchelt, aber die Liebe soll da sein.
Wenn sie nicht da ist, dann lasst uns uns danach ausstrecken und Gott darum bitten, dass er sie uns gibt. Das Nachstreben, das Nacheifern – das soll unser erstes Ziel im Leben als Christen sein: Gott ähnlicher zu werden, die Liebe, mit der Jesus die Menschen gesehen hat, nachzuempfinden und mit ihr zu leben.
Verabscheut das Böse! Nicht: Werft immer ein Auge auf das Böse, messt ab, ob ihr daraus vielleicht doch einen Vorteil ziehen könnt. Sondern verabscheut es.
Was Paulus sagt, ist: Innerlich umzudenken, neue Werte zu haben, damit wir das Böse ablehnen können. Haltet fest am Guten!
Praktische Lebensführung in der Gemeinde und im Alltag
In der Bruderliebe, Vers 10, seid herzlich zueinander, in Ehrerbietung einer dem anderen vorangehend. Hier ist die Bruderliebe ganz besonders in der Gemeinde gemeint. Wir sollen aufeinander achten und miteinander Lasten tragen.
In Ehrerbietung komme einer dem anderen voran. Dabei soll man nicht darauf schauen, ob der andere mich auch liebt oder ob der andere seine Gaben in der Gemeinde einbringt. Wir sollen zuerst unsere Abhängigkeit von Gott erkennen. Wenn Gott uns auffordert, sollen wir handeln, egal was rechts und links passiert. Wir sollen unseren Weg mit Gott gehen und die Liebe zeigen, auch wenn unser Nachbar diese Liebe nicht so zeigt oder unsere Geschwister in der Gemeinde das nicht tun.
Im Fleiß, nicht säumig, brennend, im Geist dem Herrn dienend. Hier ist nicht etwas Langweiliges oder Todesähnliches gemeint, sondern wir sollen brennend im Geist dem Herrn dienen. Es soll uns Freude machen und uns vorantreiben, egal in welchem Alter oder in welcher Lebenssituation wir uns befinden. Es soll uns innerlich ganz erfüllen. Das soll die treibende Kraft sein, die uns zu den anderen Menschen führt.
In Hoffnung freut euch, in Bedrängnis haltet stand, im Gebet bleibt beharrlich! Hier sind drei Ermahnungen, die uns darauf hinweisen sollen, ganz gleich, was uns passiert. Die ersten Christen, auch die Christen in Rom, an die das gerichtet ist, wurden im römischen Reich verfolgt. Ihnen ging es schlecht, und sie haben das hier ganz stark empfunden.
Dann meint Paulus: Wenn da Hoffnung ist, dass Gott einmal auf dieser Erde regieren wird und die Erde neu schaffen wird, dann freut euch jetzt schon daran. Denkt nicht nur, das wird irgendwann einmal in der Zukunft passieren, sondern freut euch jetzt schon und lasst euch davon erfüllen.
Wenn ihr in Bedrängnis seid, lasst euch nicht davon unterdrücken, sondern haltet fest am Glauben. Denn ihr wisst doch: Wenn ihr in der Hand Gottes seid, kann euch nichts herausreißen. Und im Gebet lasst euch nicht müde machen, auch wenn der Teufel euch davon abhalten will. Auch wenn ihr meint, das Gebet bringt nichts, haltet fest am Gebet.
In der Apostelgeschichte lesen wir, dass eines der Kennzeichen der ersten Christen war, dass sie fest am Gebet und an der Apostellehre festhielten. Sie trafen sich in den Häusern, aber eben auch zum gemeinsamen Gebet.
Vers 13: An den Bedürfnissen der Heiligen nehmt teil, nach Gastfreundschaft trachtet. Wir haben gehört, dass in Kolumbien die Christen sehr gastfreundlich sind. Lassen wir uns dadurch herausfordern und tun wir es ihnen gleich. Seien wir gastfreundlich, zuerst zu unseren Geschwistern, aber darüber hinaus auch zu anderen.
Das ist eine Herausforderung, der wir ständig ausgesetzt sind. Es gibt fast keinen Tag, an dem wir nicht Gastfreundlichkeit üben müssen. Menschen spüren, ob sie bei uns willkommen sind oder ob wir froh sind, wenn sie wieder gehen. Lasst uns hier ein Vorbild sein.
Wir sehen Gastfreundschaft und die Bedürfnisse der Heiligen. Das ist alles Liebe, die hier ausformuliert wird. Paulus sagt: Ihr sollt lieben, und jetzt zeigt er uns, was das in der Gemeinde bedeutet.
Die Bedürfnisse der Heiligen zu sehen, ist wichtig. Paulus hat das am Anfang des Römerbriefes erwähnt: Er sammelt Geld für die Gemeinde in Jerusalem, weil er sieht, dass sie arm dran sind und eine Hungersnot herrscht. Ihnen geht es schlecht.
Wie denken wir an die Bedürfnisse der anderen Christen, sei es in anderen Ländern, wo Christen tatsächlich verfolgt werden? Beten wir für sie! Sehen wir dort, wo Christen weltweit hungern, dass das unsere Brüder und Schwestern sind, die da hungern? Nehmen wir Anteil an ihren Bedürfnissen und unterstützen wir sie!
Die Haltung gegenüber Verfolgern und Feinden
Wie ist es dann eben auch mit der Gastfreundschaft? Segnet die, die euch verfolgen, segnet und fluchet nicht (Vers 14). Hier ist wieder etwas, was die Welt um uns herum als vollkommen unsinnig betrachten würde. Segnet ihr eure Verfolger, segnet und fluchet nicht? Da müssten wir doch selbst unser Gewehr herausnehmen und die anderen erschießen, oder nicht, wenn wir verfolgt werden?
Und hier begegnet uns wieder diese ganz seltsame Behauptung, die Jesus auch in Matthäus 5,44 in der Bergpredigt aufstellt: „Ich aber sage euch, liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“ Ganz seltsam, nicht? Und da sehen wir, spätestens hier wird unsere eigene Kraft überfordert. Wir können nicht so leben aus uns selbst heraus.
Wir können das nur, wenn wir unser Leben Gott ausliefern, wenn wir unser Leben als Opfer Gott darbringen. Dass wir in diesem Gottesdienst, dass unser Leben ein Dienst für Gott ist, wie wir das in Römer 12,1 gelesen haben. Nur dann, wenn wir uns Gott ausliefern, sind wir überhaupt fähig dazu. Sonst kann die Forderung aufgestellt werden, aber wir können es nicht.
Trotzdem sollen wir danach streben und uns nicht zufrieden geben, wenn wir es einfach nicht können und sagen: „Nun, ich habe es halt nicht.“ Nein, lasst uns danach streben.
Vers 15: Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden, seid gleichgesinnt untereinander, sinnt nicht auf hohe Dinge, sondern haltet euch zu den Niedrigen, seid nicht klug bei euch selbst.
Wieder viele Dinge, die wir gar nicht alle anstehen, nicht wahr? Aber dann kann derjenige sagen: „Warum habe ich nicht die Anstellung bekommen?“ Oder vielleicht mit der Gesundheit: „Der andere ist wieder gesund geworden nach dieser oder jener Operation, mir geht es weiterhin schlecht.“ Sich dann zu freuen, weil der andere sich freut, vielleicht weil der andere nun Kinder hat, die ihm Freude machen, die erfolgreich in ihrem Beruf sind, die im Glauben stehen – sich daran mitzufreuen. Aber auch zu weinen, wenn ich sehe, dass es meinen Geschwistern schlecht geht.
Seid gleichgesinnt untereinander! Hier müssen wir auch aufpassen: Es heißt nicht, seid so gesinnt, wie der andere gesinnt ist, also tut immer das, was die anderen wollen. Nein, sondern seid gleichgesinnt untereinander bedeutet, seid auf das Gleiche gesinnt. Und auf was sollen wir denn gesinnt sein? Auf Jesus Christus. Und danach sollen wir schauen, was dessen Sinn ist, was dessen Wille für unser Leben ist. Und dann sollen wir gleichgesinnt sein.
Das heißt nicht immer, klein beizugeben und zu sagen: „Jetzt mache ich halt das, was der andere macht.“ Nein, das ist dann Schwäche. Das ist jemand, der etwas schlaff ist, der nicht weiß, was er will. So soll es nicht sein. Wir sollen gleichgesinnt sein, nicht das Unsere suchen, sondern das suchen, was Gottes ist.
Und dann steht hier auch noch, wir lesen nur am Ende von Vers 16: „Seid nicht klug bei euch selbst.“ Heißt das nur, sollen wir dumm sein? Sollen wir keine Schule besuchen, nicht zum Gymnasium gehen, nicht zur Universität? Sollen wir nicht nachdenken und das Denken abschalten? Stimmt das?
Sondern was meint Paulus hiermit? Da sehen wir nämlich die Gefahr, wenn man nur ein kleines Stück aus einem Vers herausgreift. So machen das ja viele Sekten auch. Wir müssen den Zusammenhang lesen. Da steht nämlich: „Seid nicht klug bei euch selbst.“ Das heißt also, wir sollen nicht denken, wir seien über dem Wort Gottes, wie das viele kritische Theologen tun. Sie sagen dann: „Nun, das im Wort Gottes stimmt, und das stimmt nicht, das ist einfach kulturell abhängig von der früheren Zeit und kann ja sowieso nicht von Jesus geschrieben sein. Denn wir wissen natürlich genau, was Jesus gesagt haben sollte und was nicht.“
So sollen wir nicht sein. Nicht uns über das Wort Gottes stellen, nicht uns über die Weisheit Gottes stellen. Wenn Gott zu uns sagt, wir sollen die segnen, die uns verfolgen, dann sagen wir also: „Schön blöd, ich weiß doch, dass das gar nicht funktioniert.“ Nein, hier sollen wir nicht klug bei uns selbst sein, sondern wir sollen umsinnen und uns darauf besinnen, was Gott uns vorgesetzt hat. Wir sollen unseren Verstand dann dafür einsetzen, unter der Weisheit Gottes weiterzudenken.
Jetzt zu überlegen: Wie kann ich denn diese Liebe weitergeben? Kreativ sein, auf Ideen kommen.
Umgang mit Bösem und Feindschaft
Vers 17: Vergeltet niemandem Böses mit Bösem, sondern seid bedacht auf das, was ehrbar ist, vor allen Menschen. Das haben wir uns ja auch schon näher angeschaut. So viel an euch liegt, lebt mit allen Menschen in Frieden.
Darauf hat uns Anita bereits hingewiesen. Sie sagte, sie sei froh, dass hier steht: „So weit wie möglich.“ Wir sollen uns mit aller Kraft bemühen, doch es kann sein, dass Menschen keinen Frieden mit uns wollen. In solchen Fällen bleibt die Situation einseitig, und wir sollen uns weiterhin bemühen, auch wenn der Konflikt bestehen bleibt.
Kommen wir zu den letzten Versen, Vers 19 bis 21: Recht euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn, denn es steht geschrieben: „Mein ist die Rache, ich will vergelten, spricht der Herr.“ Dieses Zitat stammt aus 5. Mose 32,35.
Weiter heißt es: „Wenn nun dein Feind hungert, so speise ihn; wenn er dürstet, so gib ihm zu trinken. Denn wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln.“ Sehr gut aufgepasst, immer mitlesen! Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.
Hier sind wir herausgefordert: Wenn Menschen versuchen, uns Schlechtes zu tun oder uns niederzudrücken, sollen wir uns nicht selbst rächen. Wir sollen nicht überlegen, wie wir den anderen fertig machen können, keinen Machtkampf führen mit dem Gedanken: „Ich bin der Stärkere, ich halte länger durch, ich werde es ihm zeigen.“ Nein, hier heißt es: Überlass das Gott!
Wir sind Kinder Gottes, Kinder des mächtigsten Herrschers dieser Welt. Er wird dafür sorgen, dass wir von dem nicht betroffen werden. Er wird die Menschen richten, wir müssen das nicht tun. Wir erinnern uns auch an den Anfang des Römerbriefs: „Urteilt nicht über die anderen, denn dann werdet ihr selbst verurteilt werden.“ Das gilt auch hier für uns.
Recht euch nicht selbst, denn dann setzt ihr euch ins Unrecht. Dann werden wir schuldig vor dem anderen und vor Gott. Es wird sogar eine ganz ungewöhnliche Idee vorgestellt: Wenn ein Feind hungert, sollst du ihm zu essen geben; wenn er dürstet, sollst du ihm zu trinken geben.
Einige von uns haben Krieg erlebt und wissen, wie schwierig das ist. Ich erinnere mich an einen meiner Lehrer an der Universität, der im Krieg Soldat war. Er sagte, dass er zwar im Großen und Ganzen nichts ändern konnte, aber wo es ihm möglich war – er war Unteroffizier – versuchte er, den Menschen zu helfen, auch wenn sie offiziell als Feinde galten: die Franzosen, die Russen, die Polen.
Er bemühte sich, ihnen das Leben erträglicher zu machen, sie mit Essen zu versorgen, selbst wenn es verboten war, sie zu ihren Familien reisen zu lassen. Er erzählte von einem Beispiel aus Frankreich, wo er eigentlich einen militärischen Auftrag hatte, aber trotzdem Menschen im Auto mitnahm, um ihnen zu helfen.
Solche Beispiele zeigen, dass es auch im Krieg möglich ist, Gutes zu tun. Heute leben wir zum Glück nicht im Krieg, aber es kann Menschen geben, die wir vielleicht nicht als Feinde bezeichnen würden, die uns aber gleichgültig sind, die uns aufregen oder über die wir uns ärgern.
Da heißt es: Vergeltet nicht Gleiches mit Gleichem, versucht nicht, das Böse mit Bösem zu überwinden. Das ist das Rezept der Welt: Das Böse mit Bösem vergelten. Wenn jemand auf mich schießt, schieße ich zurück, und es stirbt vielleicht jemand. So entsteht immer Gegengewalt.
Oder wie das Sprichwort sagt: „So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“ Das ist die Weisheit der Welt. Paulus sagt hier jedoch, wir sollen es ganz anders machen: Überwinde das Böse mit Gutem.
Das ist eine Herausforderung, der wir immer wieder begegnen. Wir können sie nicht aus eigener Kraft meistern, sondern nur, wenn der Heilige Geist uns erfüllt, leitet und uns den richtigen Weg zeigt. Er gibt uns die Kraft dazu, und dann ist es möglich.
Zusammenfassung und Ermutigung zum Leben im Glauben
Wir wollen uns das Kapitel noch einmal vor Augen führen, damit wir nicht vergessen, worum es dabei ging. Paulus hat uns herausgefordert: Ihr seid errettet, ihr seid in der Hand Gottes. Aber nun lebt auch so! Nutzt die Kraft, die in euch ist, in eurem ganzen Leben – nicht nur am Sonntagvormittag, nicht nur durch eine einzelne gute Tat am Tag, so wie es bei den Pfadfindern üblich ist. Nein, das ganze Leben soll ein Gottesdienst für Gott sein, ein Opfer, das Gott hingegeben ist. Denn wir gehören Gott, und Gott ist ein gnädiger Herr, mit dem wir es zu tun haben.
Das bedeutet, dass wir keinen Neid aufeinander haben. Wir sollen die Aufgaben sehen, die uns Gott anvertraut hat, die Begabungen, die Gott jedem von uns gegeben hat. Diese Begabungen sollen wir ernst nehmen, uns dafür einsetzen und sie mit ganzer Kraft ausüben. Wir sollen keinen Neid auf den anderen haben, sondern uns mit dem anderen freuen und auch mit ihm weinen können.
Insgesamt soll die Liebe die treibende Kraft in unserem Leben sein, die alle unsere Beziehungen bestimmt. Dann müssen wir dem Bösen nicht nachstreben. Es ist ja auch verrückt: Wenn wir auf Gottes Seite stehen, warum sollten wir uns nach dem Bösen orientieren? Auch wenn wir es manchmal tun, sollen wir in Ehrerbietung einander vorangehen und nicht erst warten, dass der andere anfängt zu handeln.
Die Hoffnung soll sich in unserem Leben ausdrücken. Wir sollen die Bedürfnisse des Anderen sehen und darauf eingehen, nicht nur zuerst an unsere eigenen Bedürfnisse denken. Dort, wo wir mit Menschen zu tun haben, über die wir uns ärgern oder mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, soll die Liebe walten, statt Hass. Statt Gleiches mit Gleichem zu vergelten, sollen wir dem Anderen in Liebe begegnen und versuchen, ihn zu gewinnen.
Dass wir trotzdem keine Garantie haben, dass die Menschen friedlich zu uns sind, ist klar. Aber deshalb kommen wir trotzdem nicht um den Auftrag Gottes herum. Wir sind herausgefordert, auch wenn der andere nicht nachgibt.
Und abschließend dürfen wir uns sicher sein: Gott ist es, der uns die Kraft gibt. So haben wir in Römer 8 gelesen. Darauf wollen wir vertrauen und vorangehen. Wir wollen bitten.