Einführung: Schwierige Zeiten als verborgener Segen
Wie können schwierige Zeiten in meinem Leben ein Segen sein? Fünf Punkte, die du wissen solltest.
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag. Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um die Verherrlichung Gottes.
Schwierige Zeiten sind schwierig, das steht außer Frage. Aber sie tragen ein ungeheures Potenzial in sich. Wenn wir sie schon nicht vermeiden können, müssen wir sie wenigstens nutzen.
Charakterbildung durch Ausharren
Zwei Aspekte haben wir bereits kennengelernt. Erstens: Schwierige Zeiten formen unseren Charakter. Durch sie lernen wir Ausharren. Bitte unterschätzt das Ausharren niemals.
Ausharren ist ein Charakterzug, über den viel zu selten gelehrt wird. Häufig liegt der Fokus von Predigten auf der Bekehrung und nicht darauf, was es bedeutet, im Glauben zu bleiben.
Der Herr Jesus sagt in Lukas 21,19: „Gewinnt eure Seelen durch euer Ausharren.“ Wenn ihr den Kontext dieser Stelle betrachtet, werdet ihr sehen, dass es um Verfolgung geht – also um schwierige Zeiten, in denen wir Ausharren brauchen.
Diese Standfestigkeit sollten wir hoffentlich schon gelernt haben, bevor die Krise kommt.
Gottes Erkenntnis in der Not
Der zweite Segen aus schwierigen Zeiten, den wir bereits kennen, ist Gottes Erkenntnis. Der Moment, in dem ich so richtig in der Klemme stecke und keinen Ausweg mehr sehe, ist genau der Augenblick, in dem ich Gott auf eine besonders intensive und intime Weise kennenlernen kann.
Ein dramatischeres Beispiel dafür gibt es kaum als die Bekehrung des Königs Manasse. Manasse war als König das genaue Gegenteil seines gläubigen Vaters Hiskia. Seine Herrschaft war geprägt von Götzendienst, Okkultismus und sogar Mord. Wenn jemand mit dem Gott seiner Väter nichts zu tun haben wollte, dann war er es.
Doch Manasse gerät in assyrische Gefangenschaft. In 2. Chronik 33,11-13 lesen wir: Da ließ der Herr die Heerobersten des Königs von Assur über sie kommen. Sie nahmen Manasse gefangen, banden ihn mit eisernen Fesseln und führten ihn nach Babel. Als er so bedrängt war, flehte er den Herrn, seinen Gott, an. Er demütigte sich sehr vor dem Gott seiner Väter und betete zu ihm. Gott ließ sich von ihm erbitten, erhörte sein Flehen und brachte ihn zurück nach Jerusalem in seine Königsherrschaft.
Da erkannte Manasse, dass der Herr der wahre Gott ist. Mitten im Leid bekehrt sich Manasse, wird wieder König über Israel und erkennt den wahren Gott. Das ist das Potenzial schwieriger Situationen: Wir können Gott auf eine Weise erkennen, wie wir es zuvor nie für möglich gehalten hätten.
Leben mit dem Ziel der Gottesverherrlichung
Ein dritter Aspekt, wie schwierige Zeiten zum Segen werden können, betrifft die Frage, wofür wir leben. Wofür leben wir also?
Die Antwort darauf ist im Großen Westminster-Katechismus sehr schön formuliert. Dort wird gefragt: Was ist die vornehmste und höchste Bestimmung des Menschen? Die Antwort lautet: Die vornehmste und höchste Bestimmung des Menschen ist, Gott zu verherrlichen und ihn vollkommen in alle Ewigkeit zu genießen.
Das ist schön formuliert, oder? Gott verherrlichen und ihn genießen – dafür leben wir. Wir leben dafür, dass Gott geehrt wird, sein Reich wächst und sein Wille geschieht.
In der Bibel gehören diese beiden Dinge übrigens ganz eng zusammen. Je klüger und gläubiger wir sind, desto mehr richtet sich unser Denken nicht mehr auf uns selbst, sondern auf Gott. Es geht nicht mehr darum, dass wir etwas für uns erreichen, sondern dass Gott in uns etwas für sich erreicht. Es geht um ihn.
Jesu Vorbild in schwierigen Zeiten
Wir sehen diese Haltung sehr deutlich bei dem Herrn Jesus. In Johannes 12,27 heißt es: „Jetzt ist meine Seele bestürzt. Und was soll ich sagen, Vater, rette mich aus dieser Stunde? Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen.“
Wir befinden uns hier wenige Tage vor der Kreuzigung Jesu. Jesus sieht sein Ende vor sich. Noch jubeln alle ihm zu, doch bald werden sie schreien und seinen Tod fordern. Der Herr Jesus ist bestürzt. Er bekommt Angst – und das völlig zu Recht. Der Begriff „schwierige Zeiten“ ist für das, was ihm bevorsteht, definitiv eine Untertreibung.
In Johannes 12,27-28a steht: „Jetzt ist meine Seele bestürzt, und was soll ich sagen, Vater, rette mich aus dieser Stunde? Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen, Vater, verherrliche deinen Namen.“
Jesus hat Angst und fragt sich, was er beten soll. Soll er beten: „Vater, rette mich aus dieser Stunde?“ Doch das macht keinen Sinn. Was vor ihm liegt, ist genau seine Berufung. Er soll diesen Weg gehen – und zwar genau so, wie der Vater ihn für seinen Sohn geplant hat. Das geht nicht anders.
Was bleibt dann? „Vater, verherrliche deinen Namen.“ Der Sohn verherrlicht durch das Leid, das er erduldet, den Vater. Sein Ja zu Gottes Plan – in all seiner Grausamkeit, Unmenschlichkeit und rohen Gewalt – rettet die Menschheit und verherrlicht Gott.
Gottes Liebe zu den Menschen wird am Kreuz sichtbar. Bis heute feiern wir Christen unseren Gott dafür, dass er uns gerettet hat. Dass er in seiner Liebe bereit war, diesen Weg bis zum Schluss zu gehen.
Leid als Ausdruck der Gottesverherrlichung
Durch das Leid des Kreuzes offenbart sich Gottes unglaubliche, hingebungsvolle Liebe an die Welt. Das Leid Christi verherrlicht Gott, und auch das Leid der Christen tut dasselbe – jedenfalls dann, wenn wir dafür leiden, dass wir Christen sind.
In 1. Petrus 4,15-16 heißt es: „Denn niemand von euch leide als Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder als einer, der sich in fremde Sachen mischt. Wenn er aber als Christ leidet, schäme er sich nicht, sondern verherrliche Gott in diesem Namen.“
Wenn Christen dafür leiden, dass sie Christen sind, dann tun sie das zur Verherrlichung Gottes. Sie wollen, dass Gottes Liebe sichtbar wird. Sie möchten, dass andere Menschen Gott finden. Außerdem wünschen sie sich, dass noch viel mehr Menschen Gott anbeten, feiern und verherrlichen.
Damit das geschieht, müssen wir die Ablehnung dieser Welt erleiden – so wie unser Herr Jesus. Und genauso wie er können wir in schwierigen Situationen beten: „Vater, verherrliche deinen Namen.“ Oder mit meinen eigenen Worten: „Vater, lass mich in dieser schwierigen Zeit so leben, dass dein Reich wächst, dein Wille geschieht, die Engel über die Gemeinde staunen und ich die Berufung erfüllen kann, die du mir gegeben hast.“
Praktische Erinnerungshilfen für den Glauben
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir drei kleine Zettel ins Bad hängen. Auf dem ersten steht „Charakter (Ausharren)“, auf dem zweiten „Gotteserkenntnis“ und auf dem dritten „Verherrlichung Gottes“.
Wenn du das auch für die nächsten beiden Begriffe dieser Woche machst, wirst du dir alle fünf Aspekte viel leichter merken können.
Abschluss und Segenswunsch
Das war es für heute. Weitere Predigten von mir findest du auf meinem YouTube-Kanal.
Der Herr segne dich. Erlebe seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
