Die Bedeutung von Gesundheit und geistlicher Gesundheit
Hauptsache Gesundheit, oder? Habt ihr das schon mal gehört? Man hört es oft vor Geburtstagen, besonders wenn die Leute schon etwas älter sind. Dann fragt man: „Was wünschst du dir?“ Und die Antwort lautet meistens: „Hauptsache Gesundheit.“ Was wünsche ich dir? „Hauptsache Gesundheit.“
Daran ist viel Wahres dran, oder? Manche von euch kennen Margot. Sie sitzt bei uns in der Gemeinde mit ihrem Mann. Sie hat ziemlich schwere Parkinson-Erkrankung. Im Prinzip kann sie nichts mehr alleine machen. Sie wird nur noch im Rollstuhl bewegt und kann nicht mehr so sprechen, dass man sie normalerweise versteht – es sei denn, man verbringt den ganzen Tag mit ihr und hat sich daran gewöhnt, wie sie sich ausdrückt.
Unser Vermieter und Nachbar pflegt seit Jahren seine MS-kranke Frau. Sie muss gefüttert werden, sitzt in einem Elektrorollstuhl und muss gewickelt werden. Das sind Situationen, die man sich nicht wünscht.
Viele Menschen haben Angst vor Krebs, vor Tumoren, die sich im ganzen Körper ausbreiten und brutale Schmerzen verursachen. Vielleicht entscheidet man sich, noch eine Chemotherapie durchzumachen, obwohl einem den ganzen Tag schlecht ist.
Da ist viel Wahres dran, oder? Hauptsache Gesundheit. Es sind Situationen, vor denen ich Angst habe und die ich nicht gerne durchleben möchte. Wenn ich solche Menschen sehe, wünsche ich mir, nie in so eine Lage zu kommen.
Trotzdem, wenn jemand sagt: „Hauptsache Gesundheit“, würden wir vielleicht antworten: „Na ja, vielleicht doch nicht Hauptsache Gesundheit, sondern Hauptsache gerettet.“ Ja, vielleicht auch Hauptsache geistlich gesund.
Die Frage nach gesundem Glauben
Ich möchte heute noch einmal mit euch in den Titusbrief hineinschauen. Dort steht in Titus Kapitel 1, Vers 13, in der zweiten Hälfte: „Weise sie konsequent zurecht, damit sie gesund sind im Glauben.“
Was bedeutet es, gesund im Glauben zu sein? Was ist ein gesunder Glaube? Wenn ich jetzt eine Umfrage machen würde – wofür ich keine Zeit habe – müsste ich mich mit jedem Einzelnen etwas länger unterhalten, um herauszufinden, was ihr denkt, was es heißt, gesund im Glauben zu sein oder einen gesunden Glauben zu haben.
Wir denken schnell daran, dass ein gesunder Glaube ein Glaube ist, der uns Geborgenheit gibt. Dass wir ein gutes Gottesbild haben, das uns Geborgenheit vermittelt. Dass wir Gott als einen guten Vater wahrnehmen. Das brauchen wir. Einen gesunden Glauben zu haben bedeutet, ein gesundes Bild von Gott zu haben: einen Gott, der sich wirklich für uns interessiert, der wirklich ein Vater ist, der sich um seine Kinder kümmert.
Das ist ein gesunder Glaube, oder? Ein Glaube, der mich auch innerlich gesund macht, ein Stück weit.
Jemand hat einmal gesagt, drei Dinge sind bei Gott für uns wichtig: Erstens, dass er sich wirklich für uns interessiert. Dass es ihm wichtig ist, dass es uns gut geht. Dass wir nicht nur eine Nummer unter Milliarden Menschen sind, bei denen es auf den Einzelnen nicht ankommt. Sondern dass es ein Gott ist, der meinen Namen kennt, der sich für meine Umstände interessiert und dem wichtig ist, dass es mir gut geht.
Aber das reicht natürlich nicht, wenn wir wirklich darüber nachdenken. Wir wollen auch einen Gott, der weise genug ist, um zu wissen, was für uns gut ist.
Es gibt Kinder, die lieben ihren Hund so sehr und wollen nur das Beste für ihn – und füttern ihn tot. Wenn Gott nur das Beste für uns wollte, aber nicht den Weitblick und die Weisheit hätte, zu erkennen, was wirklich gut für uns ist, würde uns das nichts nützen.
Überleg mal: Wir hätten einen Gott, der sich für uns interessiert und der weise genug ist, zu wissen, was gut für uns ist – aber nicht stark genug, es umzusetzen. Dann würde uns das auch nichts nützen.
Wir brauchen also einen Gott, der sich für uns einsetzt, der weise ist und stark.
Der Glaube an einen solchen Gott ist ein gesunder Glaube, oder? Ein Glaube, der uns Geborgenheit gibt.
Gerade wenn es um körperliche Gesundheit geht und um den Vergleich damit, dann ist ein gesunder Glaube auch ein Glaube, der uns Hoffnung gibt. Ein Glaube, der uns eine Perspektive für die Ewigkeit schenkt.
Dass es überhaupt eine Ewigkeit gibt, dass es etwas gibt nach diesem Leben – egal, ob wir es gesund oder zum Teil krank verbracht haben. Dass wir einen Platz in der Ewigkeit bei diesem Gott haben und nicht fern von ihm sind.
Dass wir sicher sind, zu diesem Gott zu gehören und dass es auch so bleibt.
Heilsgewissheit und Heilssicherheit gehören bestimmt zu einem gesunden Glauben. Denn nur so ein Glaube gibt uns Hoffnung. Ein Glaube, der uns ein Leben ermöglicht, das nicht von Angst geprägt ist.
Ein gesunder Glaube – ganz ehrlich – ist all das wichtig.
Die Herausforderung der kretischen Gemeinden vor 2000 Jahren
Ich bin der Überzeugung, dass Paulus hier nicht das meint, was man auf den ersten Blick vermuten könnte. Heute Morgen möchte ich euch mitnehmen nach Kreta, zu den Kretenern. Aber nicht in die heutige Zeit, sondern vor zweitausend Jahren, als sie noch ganz anders waren als heute.
Wir wissen nicht genau, wie die Kreter heute sind. Dieser kleine Ausflug lädt uns alle dazu ein, uns ganz gemütlich zurückzulehnen. Denn wir sind anders als die Kretener. Das ist keine Ironie, sondern eine Tatsache. Wir sind anders als die Kreter. Die Pfälzer sind anders als die Kreter, selbst die Hessen unterscheiden sich von ihnen – das kann ich euch versichern.
Die Menschen, die damals umhergingen und andere verunsicherten, auch Gläubige, von denen wir gleich noch hören werden, sind heute nicht mehr unterwegs. Es handelte sich um Leute mit jüdischem Hintergrund, die jüdische Lehren und Gebote verbreiteten. Viele von ihnen sind euch sicher schon begegnet! Solche Situationen kommen heute nicht mehr so häufig vor.
Deshalb meine ich es ernst: Wir können uns ein Stück weit zurücklehnen und die damalige Situation betrachten, die wirklich anders war als unsere heutige. Trotzdem glaube und hoffe ich, dass wir daraus das eine oder andere lernen können. Es wäre ja seltsam, wenn wir das nicht könnten. Dann hätte Gott es wahrscheinlich nicht in sein Wort aufgenommen, damit es auch Hunderte von Jahre später noch relevant ist.
Also schauen wir uns das Ganze ganz entspannt an.
Charakterisierung der Kreter und ihre Herausforderungen
Wer waren die Kreter?
Wir haben vor ein paar Monaten schon kurz darüber gesprochen, und ich möchte es jetzt wiederholen. Titus 1, insgesamt schauen wir heute die Verse 10 bis 16 an. Vers 13 habe ich schon kurz angesprochen, darauf werde ich zurückkommen. Nun schauen wir uns noch einmal Vers 12 an, denn das ist der Angelpunkt dieses Abschnitts.
Titus 1,12: „Wir sind die Kreter.“ Paulus sagt, dass einer von ihnen, ihr eigener Prophet, gesagt hat: „Kreter sind immer Lügner, böse Tiere, faule Bäuche.“ Dieses Zeugnis sei wahr.
Ich finde das schon sehr heftig, so etwas zu sagen und aufzuschreiben. Heute würde sich wohl niemand trauen, so etwas über die Pfälzer zu sagen. Da würde man sofort Ärger bekommen. Das ist schon sehr direkt. Ich bin momentan beim Bibellesen total verblüfft, wie offen Paulus manchmal Dinge anspricht. So direkt würde ich mich nie trauen zu sprechen.
Ich habe immer gehört, Deutschland sei eine ziemlich direkte Kultur, in der man Leuten relativ offen etwas sagt und nicht so indirekt. Im Vergleich dazu sind wir aber sehr vorsichtig.
Immerhin zitiert Paulus hier einen Insider. Er sagt nicht, das sei seine eigene Beobachtung, sondern er beruft sich auf jemanden aus der eigenen Gruppe, der das über sie gesagt hat. Trotzdem bestätigt er hinterher, dass es wahr ist. Das würde ich mir nicht trauen.
Okay, was sind die Kreter für Leute? Paulus beschreibt ihren Volkscharakter, wie sie gesellschaftlich miteinander umgehen. Er sagt, von jeher seien sie Lügner. Wenn sie sich einen Vorteil davon versprechen, nehmen sie es mit der Wahrheit nicht so genau.
Man kann sich einfach nicht darauf verlassen, ob das, was sie sagen, stimmt oder nicht. Das macht den Umgang schwierig. Man weiß nie, ob es wahr ist, ob gelogen wird oder ob vielleicht ein Körnchen Wahrheit drinsteckt, damit es glaubwürdig wirkt. Das ist eine schwierige Situation.
Paulus sagt, die Kreter sind so – das macht den Umgang mit ihnen kompliziert.
Zweiter Punkt: Paulus benutzt ein Bild, das nicht ganz so direkt ist wie „Lügner“. Er sagt, sie seien böse Wildtiere.
Was meint er damit? Wie verhalten sich wilde Tiere, wenn sie böse sind? Ich denke, Paulus meint, wenn ein Kreter etwas bekommen kann, dann sorgt er dafür, dass er es auch bekommt. Wenn er etwas möchte, setzt er sich durch. Er handelt relativ instinktgetrieben: „Das gefällt mir, das will ich.“ So sind Tiere. Sie denken nicht darüber nach, ob sie jemand anderem etwas wegnehmen, der es vielleicht nötiger hat.
Böse Wildtiere – ich denke an Raubtiere, die sich notfalls mit Gewalt nehmen, was sie wollen. Paulus beschreibt die Kreter als instinktgetrieben und spontan. Wenn ihnen etwas gefällt, greifen sie zu, rücksichtslos im Ernstfall.
Eine andere Seite von Wildtieren ist: Man sollte ein wildes Tier nicht in die Enge treiben, weil es sich sonst bedroht fühlt und aggressiv reagieren kann.
Bei uns in der Gegend ist vor knapp zwei Monaten ein Luchs aus einem kleinen Zoo, einer Fasanerie, ausgebrochen. Er wird überall gesucht. Die Tierparkverwaltung schreibt, man müsse eigentlich keine Angst vor ihm haben, denn Menschen gehören nicht zu seinem Beuteschema. Er würde also nicht von sich aus Menschen angreifen. Man soll nur nicht direkt auf ihn zugehen oder versuchen, ihn zu streicheln.
Warum sagen sie das? Weil, wenn der Luchs sich in die Enge gedrängt fühlt, selbst wenn er normalerweise einen Bogen um Menschen macht, kann er sehr spontan und aggressiv reagieren.
Ich glaube, Paulus meint das auch. Man muss aufpassen, wie man Kreter kritisiert. Wenn sie sich unter Druck gesetzt oder in die Ecke gedrängt fühlen, kann das zu ungeahnten Reaktionen führen – wie bei wilden Tieren.
Also: Sie sind Lügner, sie nehmen es mit der Wahrheit nicht genau, wenn sie einen Vorteil haben. Sie sind instinktgetrieben und greifen rücksichtslos zu. Und wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen, reagieren sie aggressiv. Vorsicht mit Kretern!
Ich will euch euren Urlaub nicht vermiesen. Wie gesagt, wir sprechen hier von vor zweitausend Jahren. Damals lebten dort ganz andere Menschen als heute.
Dritter Punkt: Sie sind faule Bäuche. Ihr eigenes Wohlbefinden, ihre Bequemlichkeit ist für sie ein sehr hohes Gut. Wenn sie nicht arbeiten müssen, tun sie es auch nicht. Und wenn sie auf Kosten anderer faul sein können, dann tun sie das.
So etwas wirkt sich immer aus – in Familien, am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft. Das ist problematisch.
Also, so sind die Kreter, sagt Paulus, im Großen und Ganzen.
Die Herausforderung durch falsche Lehrer in Kreta
Puh, und da hatten sich einige bekehrt, es waren Gemeinden entstanden, und Titus sollte nun irgendwie für Ordnung sorgen. Er sollte ihnen grundsätzlich beibringen, wie man als Christ lebt. Das stelle ich mir nicht einfach vor; es wäre kein Job gewesen, um den ich mich gerissen hätte.
Doch nun kam etwas Neues hinzu zu der Veranlagung, die ohnehin schon da war. Es kamen Leute mit Lehren, die einen gewissen jüdischen Hintergrund hatten – Menschen, die einfach Anhänger suchten. Paulus sagt, Titus müsse jetzt besonders aufpassen. Für diese Leute seien die Kreter mit ihren Veranlagungen die idealen Opfer.
In Vers 10 schreibt Paulus: „Denn es gibt viele aufsässige Leerschwätzer und Betrüger, besonders die aus der Beschneidung“, also mit jüdischem Hintergrund, „denen man den Mund stopfen muss.“ Ganze Häuser – das können Hauskreise oder Familien sein – würden sie umkehren oder ruinieren, indem sie aus schändlichem Gewinn Gründe lehren, was man nicht tun soll.
Paulus warnt Titus also davor, dass im ganzen Mittelmeerraum – und besonders verstärkt auf Kreta – Leute unterwegs sind, die in seiner Situation extrem gefährlich für die Gemeinden und die Gläubigen dort sind.
Was sagt Paulus über diese Leute? Er ist ziemlich direkt. Er bezeichnet sie als Leerschwätzer und Betrüger, denen es um ihren eigenen Gewinn geht. Das ist ziemlich deutlich, oder? Ich habe mich kurz gefragt, ob Leute, die leeres Zeug reden, auch Betrüger sein können.
Im 1. Timotheusbrief werden ebenfalls Leute beschrieben, die leeres Zeug reden. Dort heißt es, dass sie selbst an das glauben, was sie verkünden, obwohl es eigentlich dumm ist und von wenig gründlichem Nachdenken zeugt. Hier aber fasst Paulus es direkt zusammen mit dem Wort „Betrüger“. Ein Betrüger ist ja jemand, der nicht an das glaubt, was er sagt, oder?
Wenn ich jemanden betrüge, glaube ich normalerweise selbst nicht an das, was ich erzähle. Ich will nur etwas sagen, um die Leute zu beeinflussen. Doch oft ist es so: Wir wissen, dass unsere Argumente eigentlich nicht stichhaltig sind, dass sie leer und hohl sind. Trotzdem verwenden wir sie, um die Diskussion zu gewinnen und andere zu überzeugen. Ich muss sie ja nicht selbst glauben, der andere soll sie glauben – egal wie dumm sie sind.
Solche Leute waren hier unterwegs. Sie waren auf Gewinn aus, sammelten Anhänger und versprachen sich wahrscheinlich auch einen gewissen materiellen Vorteil. Vielleicht hofften sie, dass jemand sie finanziell unterstützt, weil er ihre Lehren toll fand.
Das war das eine: Sie hatten leere Argumente, waren eigentlich Betrüger und verfolgten starke Eigeninteressen.
Das zweite – oder eigentlich das erste, was Paulus über sie sagt – ist ein ganz interessantes Wort. Ich weiß nicht, wie es in euren Übersetzungen steht. Bei mir steht „zügellos“. Eigentlich heißt es wohl eher „aufsässig“ oder „rebellisch“. Wenn man das griechische Wort genau betrachtet, steht hier: Leute, die sich nicht unterordnen.
Also waren diese Menschen nicht nur Schwätzer und Betrüger auf eigenem Gewinn aus, sondern auch solche, die sich nicht unterordnen wollten und eine gewisse Rebellion verbreiteten.
Es ist interessant, dass das Wort „Unterordnung“ genau im Titusbrief dreimal vorkommt – also das Gegenteil von dem, was diese Leute wollten.
In Kapitel 2 Vers 5 steht, dass Frauen sich ihren eigenen Männern unterordnen sollen – Unterordnung in der Familie. In Kapitel 2 Vers 9 heißt es, dass Knechte sich ihren Herren unterordnen sollen – Unterordnung am Arbeitsplatz. Und in Kapitel 3 Vers 1 steht, dass alle sich den Regierungen und Obrigkeiten unterordnen sollen – Unterordnung in der Gesellschaft.
Paulus nimmt genau diesen Punkt auf: Diese Irrlehrer wollten nicht, dass sich die Leute unterordnen. Sie brachten den Menschen bei: „Ordnet euch nirgends unter, sucht euren Vorteil.“
Paulus sagt dreimal, dass es wichtig und gesund für den Glauben ist, sich dort, wo man lebt, unterzuordnen – in der Familie, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft.
Es gehört zu einem gesunden Christsein und zu einem gesunden Glauben, bereit zu sein, sich diesen Ordnungen unterzuordnen.
Die Bedeutung von Reinheit im Glauben
Spannend! Kapitel 2, Verse 12 und 13 haben wir schon gelesen. In Vers 15 kommt Paulus auf diese Leute zurück und sagt einen sehr interessanten Satz, der glaubwürdig charakterisiert, mit was sie unterwegs waren und welche Botschaft sie verbreiteten: „Den Reinen ist alles rein.“
Paulus hat einen ähnlichen Satz bereits im Römerbrief verwendet. Was er damit ausdrückt, ist Folgendes: Wenn jemand wirklich zu Jesus gehört und im Herzen gereinigt ist, dann muss er keine Angst haben, sich mit irgendetwas zu verunreinigen. Es spielt keine Rolle, ob er das falsche Fleisch isst oder die falschen Leute im falschen Moment berührt – all diese Dinge, vor denen Juden Angst hatten. Paulus sagt, wenn du im Herzen rein bist, wenn Jesus dich gereinigt und gerechtfertigt hat, dann musst du dich vor solchen Dingen nicht mehr fürchten.
Diese Leute, die hier unterwegs waren, haben das, glaube ich, genau umgedreht. Sie sagten: Wenn du rituell rein bist, also religiös rein, zum Beispiel wenn du beschnitten bist, wenn du immer brav den Sabbat hältst oder dir vor dem Essen rituell die Hände wäschst – manche von euch kennen diese Geschichten von den Pharisäern, wie sie mit Jesus zusammen waren –, dann musst du dich um moralische Reinheit nicht so sehr kümmern.
Sie sagten: Wenn du alle diese Dinge einhältst, zur richtigen Gruppe gehörst und die richtigen Riten befolgst, dann bist du religiös rein. Dann musst du dich nicht so sehr um moralische Reinheit sorgen. Wenn du den Sabbat immer hältst, ist es nicht so wichtig, ob du ab und zu lügst. Wenn du dreimal am Tag betest, ist es nicht so wichtig, ob du dich egoistisch verhältst. Du bist religiös rein, du gehörst doch zu Jesus, du hast deine Fahrkarte in den Himmel. Es ist nicht so wichtig, ob du faul bist – du kannst doch faul im Himmel ankommen. Ich glaube, das wäre ihre Botschaft gewesen.
Paulus sagt dagegen: „Den Befleckten aber und Ungläubigen ist nichts rein, sondern befleckt sind sowohl ihre Gesinnung als auch ihr Gewissen.“ Er meint, es ist genau umgekehrt. Titus, da sind Leute unterwegs, denen Reinheit nicht wichtig ist. Sie erzählen euch jüdische Fabeln und Gebote, aber wirkliche Reinheit – moralische Reinheit, Reinheit im Verhalten – ist ihnen egal. Und diese Leute erzählen deinen Leuten, für die du verantwortlich bist, dass das nicht wichtig ist.
Diese Menschen sind befleckt. Sie glauben eigentlich gar nicht an Gott und nicht an die Maßstäbe Gottes. Pass auf, was sie verbreiten! Gesunder Glaube legt Wert auf Reinheit. Paulus sagt weiter, dass diese Leute vorgeben, Gott zu kennen, ihn aber durch ihre Werke verleugnen. Sie tun so, als gehörten sie zu Gott, doch ihr Leben spricht dagegen. Sie repräsentieren Gott nicht so, wie er ist.
Wir haben es heute Morgen gehört: Welches Bild geben wir als Christen von Jesus ab? Paulus sagt, indem sie sich so verhalten, verleugnen sie die Maßstäbe Gottes und verleugnen letzten Endes auch Gott selbst. Denn nichts ist ihnen so wertvoll, dass sie es rein halten würden.
Das heißt: Den Befleckten ist nichts rein. Ihr Körper ist ihnen nicht wertvoll genug, um ihn reinzuhalten. Ihr Herz und ihre Gedanken sind ihnen nicht wertvoll genug, um sie reinzuhalten. Ihre Beziehungen sind ihnen nicht wertvoll genug, um sie reinzuhalten. Auch ihre Pläne halten sie nicht rein.
Sie haben irgendwo eine Barriere durchbrochen, die sie vielleicht einmal von ihrem Gewissen her hatten. Manchmal ist es so: Du bist mit bestimmten Maßstäben aufgewachsen und hast dich lange an diese gehalten. Irgendwann hast du den Mut, diese Maßstäbe zu durchbrechen, und merkst plötzlich: Das ist das Leben, das ich schon immer leben wollte – ein Leben, das nicht von schlechtem Gewissen geprägt ist, ein Leben, das nicht von dem geprägt ist, was sie „rein“ nennen.
Und wisst ihr, wie sie das nennen? Sie nennen es Freiheit. Freiheit zu lügen, Freiheit, sich rücksichtslos zu verhalten wie ein Tier, Freiheit, ihrer Faulheit zu leben – Faulheit so zu leben, wie es ihrem Denken und ihren Wünschen entspricht.
Paulus hat das etwa ein bis zwei Jahre vorher im ersten Timotheusbrief geschrieben. Er schreibt dort an Timotheus, dass dieser den Glauben bewahren soll und ein gutes Gewissen. Einige aber hätten dieses gute Gewissen von sich gestoßen und in Bezug auf den Glauben Schiffbruch erlitten.
Hier sind Menschen, die das gute Gewissen von sich gestoßen haben. Sie haben die Barriere durchbrochen, die ihr Wissen ihnen aufgerichtet hat, um das zu leben, was für sie Freiheit bedeutet.
Paulus sagt, solche Leute sind unterwegs. Sie kommen zu deinen Leuten, zu deinen bekehrten Kretern, in die Gemeinden, in die Familien und Hauskreise. Sie sagen ihnen: „Hauptsache, ihr befolgt ein paar jüdische Gesetze, dann könnt ihr so bleiben, wie ihr seid, so wie es eurem Volkscharakter entspricht. Ihr könnt so bleiben, wie ihr seid, euch Christen nennen, und müsst euch nicht verändern. Christsein muss nicht anstrengend sein.“
Ich habe gesagt, Paulus ist direkt. In meiner Übersetzung steht: „Sie sind gräulich.“ Ich würde übersetzen: Sie sind abstoßend. Es sind Leute, die behaupten, Gott zu kennen, aber so leben und solche Dinge verkünden.
Paulus sagt: „Ich finde das abstoßend.“ Er meint, das würde er sich auch nicht trauen zu sagen. Aber Paulus lebte offensichtlich in einer sehr direkten Kultur.
Konsequenzen für den Glauben und das Leben
Das ist die Situation: So sind die Kreter. Hinzu kommt, dass unterwegs Menschen sind, die sie bestärken, so weiterzumachen, wie sie waren.
Was ist gesunder Glaube? Zurück zu Vers 13: Dieses Zeugnis ist wahr, sagt Paulus über die Kreter. Aus diesem Grund soll Titus sie konsequent zurechtweisen, damit sie gesund im Glauben sind.
Was ist gesunder Glaube? Glaube, der uns Geborgenheit gibt? Ja. Glaube, der uns Hoffnung gibt? Ja, das ist gesunder Glaube. Aber hier im Titusbrief ist gesunder Glaube mehr.
Ein gesunder Glaube ist ein Glaube, der nicht lügt, selbst wenn es zum eigenen Vorteil wäre. Ein gesunder Glaube denkt darüber nach, was der andere braucht, bevor ich es ihm wegnehme. Er rastet nicht gleich aus bei Kritik, wenn jemand mich konsequent zurechtweist. Sondern er überlegt: Was steckt dahinter? Warum ist es dem anderen wichtig?
Ein gesunder Glaube ist bereit, sich Mühe zu machen und zu investieren. Er lebt nicht von der eigenen Bequemlichkeit und Faulheit. Ein gesunder Glaube legt Wert auf Reinheit. Er zeigt sich darin, dass wir bereit sind, gute Werke zu tun.
Dieser Abschnitt endet mit Vers 16: „Sie sind ungehorsam und zu jedem guten Werk unbrauchbar.“ Immer wieder im Titusbrief und auch in den Timotheusbriefen schreibt Paulus davon, wie wichtig es ist, gute Werke zu tun. Gerade im Titusbrief kommt das immer wieder vor: gute Werke.
Als Christen seid ihr berufen, gute Werke zu tun. Es wäre eine eigene Predigt, jetzt darüber zu sprechen, was alles gute Werke sind. Wahrscheinlich ist es nicht nur, alten Leuten über die Straße zu helfen.
Es ist interessant, dass Paulus hier in Vers 16 fast die gleiche Formulierung benutzt wie zweimal im 2. Timotheusbrief. Viele von euch kennen den Vers 2. Timotheus 3,16-17: „Das Wort Gottes ist nützlich zu Lehre, zu Überführung, zu Rechtweisung und zu Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch vollkommen sei und zu jedem guten Werk ausgerüstet.“
„Zu jedem guten Werk unbrauchbar“ steht in Titus 1. Ein gesunder Glaube ist ein Glaube, der sich aufrafft und Unbequemlichkeiten auf sich nimmt, um in der Familie, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft positive Dinge zu tun – auch wenn es Mühe kostet.
Das ist gesunder Glaube, sagt Paulus: nicht nur ein Glaube, der mir Geborgenheit und Hoffnung gibt. Ein gesunder Glaube wirkt sich aus in unserem Leben und in unserer Umgebung.
Ich beneide Titus nicht. Wisst ihr, diese jüdischen Lehrer haben den Leuten gesagt: Ihr könnt so bleiben, wie ihr seid. Titus sollte ihnen sagen: Ein gesunder Glaube zeigt sich darin, dass ihr anders werdet, als ihr von Natur aus seid.
Jetzt überlegt mal, was die Leute lieber gehört haben. Ihr könnt es euch denken. Das war kein angenehmer Job für Titus. Diese Leute haben viel lieber gehört, dass sie so bleiben können, wie sie sind, als dass ihnen gesagt wurde, wie gesunder Glaube aussieht.
Die Aufforderung zur Verkündigung der gesunden Lehre
Paulus kommt darauf zurück, vielleicht ein oder zwei Jahre später. In 2. Timotheus Kapitel 4 richtet er sich diesmal nicht an Titus, sondern an Timotheus, der nicht auf Kreta war, sondern in Ephesus.
Lies mal Kapitel 4, Vers 1: „Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christus Jesus, der richten wird die Lebenden und die Toten bei seiner Erscheinung und seinem Reich.“ Paulus legt hier schon viel Gewicht auf das, was er jetzt sagen wird. Er bezeugt das vor Gott, dem Gott, der alles richten wird, vor Jesus, der wiederkommen und sein Reich aufrichten wird. Vor ihm bezeugt er nun etwas Wichtiges.
Was jetzt kommt, hat Paulus in Vers 1 gleich dreimal unterstrichen: „Predige das Wort! Halte daran, zu gelegener und ungelegener Zeit; überführe, weise zurecht, ermahne mit aller Langmut und Lehre.“ Das ist im Grunde dasselbe, was Titus kurz gesagt wurde: weise und konsequent zurechtweisen. Paulus sagt es hier an Timotheus mit etwas mehr Worten. Er fordert ihn auf, nicht aufzuhören, das Wahre zu sagen. Es ist wichtig.
In Vers 3 heißt es weiter: „Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen werden.“ Kommt euch der Begriff „gesunde Lehre“ bekannt vor? Eine gesunde Lehre ist notwendig, damit ein gesunder Glaube entsteht. Doch es wird eine Zeit kommen, in der die Menschen diese gesunde Lehre nicht mehr ertragen. Sie werden sich Lehrer suchen, die ihnen sagen, dass sie so bleiben können, wie sie sind.
Paulus drückt es im nächsten Satz so aus: „Sondern sie werden sich nach ihren eigenen Begierden selbst Lehrer aufhäufen, indem es ihnen in den Ohren kitzelt.“ Das bedeutet, sie suchen sich Lehrer, die das sagen, was sie hören wollen. Sie wenden ihre Ohren von der Wahrheit ab und kehren sich den Fabeln zu – jüdischen Fabeln, von denen Paulus bereits in Titus 1 gesprochen hat.
Paulus fordert Timotheus auf: „Du aber sei nüchtern in allem, halte Leiden und Trübsal aus!“ Sein Job ist nicht leicht, denn viele wollen seine Botschaft nicht hören. Sie wollen Menschen, die ihnen sagen, sie könnten so bleiben, wie sie sind.
Doch die Botschaft Gottes, die Botschaft von Titus und Timotheus, ist: Ihr sollt gesund werden im Glauben. Ihr sollt rein sein. Ihr sollt euren alten Charakter, euren alten Volkscharakter – was immer das auch ist, ob persönlich oder durch Erziehung geprägt – in Frage stellen. Ihr sollt überlegen: Wie lebt ein Christ? Und ihr sollt bereit sein, gute Werke zu tun, nicht nur kluge Theorien zu verbreiten.
Es ist gut, wenn wir gute Lehre verbreiten, aber gesunder Glaube bedeutet auch, positiv zu leben – in der Familie, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft. Das heißt nicht, dass wir plötzlich die Gesellschaft umkrempeln oder alle Politiker werden müssen. Es bedeutet vielmehr, dass wir an unserem Platz einen positiven Beitrag leisten.
Gesunder Glaube ist ein Glaube, der Geborgenheit gibt – ja. Gesunder Glaube ist ein Glaube, der Hoffnung schenkt – ja. Aber gesunder Glaube ist auch ein Glaube, der mich zu einem positiven Faktor an dem Ort macht, an dem ich lebe.
Das sollten wir nicht vergessen. Wir tun das mit Gott. Gute Werke bringen uns nicht in den Himmel, aber sie gehören zu einem gesunden Christenleben dazu.
Ich finde es spannend, wie direkt Paulus hier ist. Dieser Punkt ist ihm offensichtlich sehr wichtig, gerade gegen Ende seines Lebens, als er diesen Brief schrieb.