Einführung und biblischer Ausgangstext
Gott wird Mensch
Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode zweiundvierzig
Die Logik des Futtertroges.
Lasst mich noch einmal den Text vorlesen, den wir gestern an den Anfang gestellt haben: Lukas 2,1-6.
Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben. Diese Einschreibung geschah als erste, als Quirinius Statthalter von Syrien war. Oder aber man könnte auch übersetzen, wie wir wissen: Diese Einschreibung fand vor derjenigen statt, die vorgenommen wurde, als Quirinius Statthalter von Syrien war.
Und alle gingen hin, um sich einschreiben zu lassen, ein jeder in seine Vaterstadt. Es ging auch Joseph von Galiläa aus der Stadt Nazareth hinauf nach Judäa, in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt, weil er aus dem Haus und Geschlecht Davids war.
Um sich einschreiben zu lassen, ging er mit Maria, seiner Verlobten, die schwanger war. Und es geschah, als sie dort waren, wurden ihre Tage erfüllt, dass sie gebären sollte. Sie gebar ihren erstgeborenen Sohn, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Raum für sie war.
Die historische und theologische Bedeutung der Geburtsumstände
Wir wissen, dass der Prophet Micha für den Messias verheißt, dass er in Bethlehem geboren werden soll. Ob Maria und Joseph sich dessen bewusst waren, wissen wir nicht. Man kann jedoch annehmen, dass sie, wenn sie es gewusst hätten, früher nach Bethlehem gereist wären.
Die Erzählung, wie Lukas sie berichtet, klingt ganz danach, als hätten die beiden von sich aus nicht vorgehabt, am Ende der Schwangerschaft noch schnell nach Bethlehem zu gehen, nur um dort eine Prophezeiung zu erfüllen. Es ist vielmehr die Verordnung von Kaiser Augustus, die sie im hochschwangeren Zustand zwingt, in die Stadt Davids zu ziehen.
Augustus ist dabei nicht der Name des Kaisers, sondern ein Titel. Augustus bedeutet „der Erhabene“. Es ist ein Ehrenname, der ihm vom römischen Senat verliehen wurde. Dieser Augustus war zugleich oberster Priester des römischen Staatskultes. Nach ihm wurde damals ein Monat benannt, den wir auch heute noch August nennen.
Dieser Augustus, der für die Menschen seiner Zeit wie ein Übermensch war, wird vom allmächtigen Gott verwendet, der die Zeit überblickt. So sorgt Gott dafür, dass sein Sohn am richtigen Ort zur Welt kommt.
Für mich ist das in Zeiten von Corona ein wichtiger Punkt: Gott überschaut die Zeit. Er benutzt die Entscheidungen ungläubiger Menschen, um sein Reich zu bauen.
Die Unbegreiflichkeit göttlicher Geschichte
Wir können seine Gedanken in Bezug auf die Welt, in der wir leben, niemals vollständig nachvollziehen. Für uns bleibt die Welt stets verworren und undurchsichtig. Die Abläufe der Geschichte erscheinen uns in ihrer Komplexität oft sinnlos. So bringt es der Prediger auf den Punkt: „Da sah ich am Ganzen des Werkes Gottes, dass der Mensch das Werk nicht ergründen kann, das unter der Sonne geschieht. Wie sehr der Mensch sich auch abmüht, es zu erforschen, so ergründet er es nicht, und selbst wenn der Weise behauptet, es zu erkennen, er kann es doch nicht ergründen“ (Prediger 8,17).
Der Mensch kann das Werk Gottes in der Geschichte nicht ergründen. Das ist ein wirklich wichtiger Punkt. Der Mensch ist nicht das Maß aller Dinge. Die Tatsache, dass sich das Warum hinter den Abläufen der Geschichte grundsätzlich nicht ergründen lässt, bleibt bestehen. Kein Mensch kann es verstehen. Die Tatsache, dass ich nicht verstehe, warum Gott seine Heilsgeschichte so in die Geschichte hineinwebt, ist kein Grund, an Gott oder an seiner Weisheit zu zweifeln.
Gott weiß, was er tut. Er kennt die Zukunft. Er wusste um die Verordnung des Kaisers und wusste, sich diese Verordnung zunutze zu machen. Und heute ist es immer noch genauso: Gott macht sich die Geschichte zunutze.
Fragen ohne Antworten und die Herausforderung des Glaubens
Warum hat Gott Josef nicht noch einen weiteren Traum gesandt oder Maria erneut den Engel Gabriel geschickt? Dann hätten sie vielleicht etwas früher aufbrechen können. So kurz vor der Geburt eine Reise von vielleicht einer Woche anzutreten, war doch ziemlich riskant.
Der Text liefert uns auf diese Frage keine Antwort. Natürlich hätte Gott Maria und Josef übernatürlich begegnen können, aber er hat es nicht getan. Das ist wichtig zu verstehen.
Wir können Fragen an den Bibeltext stellen, die interessant sind, für die es im Text aber keine Antworten gibt. Dann müssen wir leider damit leben. Warum-Fragen lassen sich nur beantworten, wenn der Text selbst Hinweise darauf gibt. Fehlen diese Hinweise, bleibt nur die Antwort: Ich weiß es nicht.
Was jedoch auffällt, ist Folgendes: Gott mutet Maria und Josef eine Menge zu. Hochschwanger reist Maria möglicherweise tagelang auf dem Rücken eines Esels nach Bethlehem. Dort angekommen, ist der Ort völlig überlaufen. Von überall her waren Nachkommen Davids gekommen, und in der Herberge war schlichtweg kein Platz mehr.
Die Geburt Jesu unter einfachen und demütigen Umständen
Maria kommt in Bethlehem an und kurz darauf bringt sie ihren Sohn zur Welt. Wo genau, wissen wir nicht. Die Tatsache, dass das Kind in einen Futtertrog gelegt wird, lässt darauf schließen, dass sie sich in einem Stall aufhalten.
Ich weiß nicht, wann du das letzte Mal in einem Stall warst. Falls du die Gelegenheit hast, geh mal hinein. Stell dir vor, du suchst dir irgendwo in der Ecke ein Plätzchen, legst dich dort hin – vielleicht auf halbwegs frischem Stroh mit einer alten Decke darüber – und dann setzen die Wehen ein.
Wir wissen wirklich nicht, wie es damals genau war, und ich will die Situation auch nicht schlimmer darstellen als nötig. Aber hygienisch war das sicher nicht. Fliegen, Dreck! Und mittendrin Maria, vielleicht ein paar ältere Frauen, ein hilfloser Josef. Dann kommen die Presswehen, Schreie – und dann ist er da, der Sohn.
Gott wird Mensch, und vom ersten Augenblick an wird klar: Gott wird Mensch für alle. Hier kommt Gott nicht in Macht und Herrlichkeit zur Welt, nicht als Prinz an einem Königshof, sondern im hintersten Winkel des römischen Reiches. Unter ärmlichen Verhältnissen, als Sohn einfacher Leute, die sich im Moment der Geburt als Spielball kaiserlicher Willkür vorkommen mussten.
Die Bedeutung von Demut in der Menschwerdung Gottes
Gott wird Mensch, und von Anfang an lernen wir von ihm etwas über Demut. Der Demütige macht sich klein.
Der Demütige ist kein Poser. Er stellt sich nicht in den Mittelpunkt und muss nicht allen zeigen, wie besonders er ist.
Der Demütige hat eines verstanden: Wenn ich mich klein mache, schaffe ich Raum dafür, dass Gott an mir und durch mich wirkt. So wie es Jakobus und Petrus passend formulieren.
Jakobus 4,6: "Deshalb spricht er: Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade."
1. Petrus 5,6: "Demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöht zur rechten Zeit."
Die göttliche Absicht hinter den ärmlichen Geburtsumständen
Durch die Umstände der Geburt Jesu lernen wir etwas über das, was Paulus später die Gesinnung Christi nennt. Wenn Gott das Wort für sich überlegt, wie es Mensch werden will, dann stehen ihm grundsätzlich alle Möglichkeiten offen. Gott kann tun, was er will. Doch das ewige Wort entscheidet sich für einen Stall in Bethlehem.
Es bereitet genau diesen Weg prophetisch vor. Dann erwählt es Maria und Joseph und nutzt die Wechsel der Geschichte, um genau zur richtigen Zeit an genau dem richtigen Ort von einer Jungfrau geboren zu werden. Es ist Gott, das Wort selbst, das darüber entscheidet, wie es geboren werden will.
Die Umstände bis hin zum Futtertrog waren kein Versehen. Sie waren gewollt und mehr noch: Sie waren richtig. Nicht nur richtig im Sinn von möglich, sondern richtig im Sinn von göttlich. Der Futtertrog und die ärmlichen Verhältnisse – es hätte nicht anders sein können.
Die Bedeutung von Demut und Abhängigkeit im Leben Jesu
Warum nicht? Warum erwarten wir Gottes Sohn als Prinzen in einem protzigen Palast, umgeben von Dienern in einer prunkvollen Wiege? Und warum kommt uns der Futtertrog so falsch vor? Warum?
Die Antwort lautet: Weil wir nicht begreifen, wie sehr Gott Demut und Abhängigkeit schätzt. Deshalb wird der Sohn als wahrer Mensch vom ersten Moment seines Lebens an völlig vom Vater abhängig.
Er will aus der Gnade des Vaters leben. Und weil Gott dem Hochmütigen widersteht, wird er klein – so klein, dass Menschen ihn übersehen. Aber auch so klein und abhängig, dass er sich vollständig unter die mächtige Hand Gottes demütigt.
Nur so kann Gott ihn zur richtigen Zeit erhöhen und ihm schließlich den Namen geben, der über allen Namen ist.
Einladung zur persönlichen Reflexion und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, welchen Wert Demut in deinem Leben hat und an welchen Stellen du dich bewusst klein machst, weil dir Hochmut zuwider ist.
War das schon alles für heute? Falls du die App noch nicht hast, kannst du sie dir gerne herunterladen: Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
