Wir haben jetzt bereits drei Krisen hinter uns. Die erste Krise war die Bedrängnis, also wenn es uns schlecht geht. Die zweite Krise war das Schweigen Gottes, wenn Gott einfach nicht zu sprechen scheint. Die dritte Krise, die wir gestern Abend besprochen haben, war der Burnout. Genau, Burnout – wenn man geistlich deprimiert ist. Wir haben uns dabei ein wenig die Ursachen bei unserem Freund Elia angeschaut und wie es ihm in dieser Situation ergangen ist.
Heute habe ich, während ihr Skifahren wart, die nächste Krise für mich durchgearbeitet. Diese Krise habe ich schon lange im Gedächtnis, nicht weil sie mich selbst unbedingt betrifft, sondern weil ich einige Leute kenne, die schwer damit zu kämpfen haben. Es handelt sich um die Krise der Bitterkeit.
Ich glaube, Bitterkeit ist sicher eine der schlimmsten und oft auch die langwierigste Krise. Ich bin mir sicher, dass ihr, falls ihr nicht selbst damit zu kämpfen habt, Menschen kennt, die bitter geworden sind. Menschen, die bitter sind, lassen sich sehr schwer helfen. Sie fühlen sich ungerecht behandelt – sowohl von Gott als auch von den Menschen.
Sie hegen und pflegen meistens ihr Selbstmitleid sehr stark und sehen sich selbst als die ärmsten Geschöpfe auf der Welt.
Die Natur der Bitterkeit und ihre Erscheinungsformen
Es gibt, so glaube ich, eine Bitterkeit, die wir alle kennen. Sie resultiert aus Stimmschwankungen. Meiner Erfahrung nach unterliegen Frauen dabei noch stärkeren Schwankungen als Männer. Das habe ich bisher so miterlebt. Auch wir Männer kennen das, das ist keine Frage.
Manchmal fühlen wir uns einfach ungerecht behandelt oder glauben zumindest, ungerecht behandelt worden zu sein. Das führt oft zu Trotzreaktionen, besonders wenn man verheiratet ist. Wenn man nicht verheiratet ist, kann man einfach gehen. Aber wenn man verheiratet ist, ist der Partner der Partner fürs Leben. Dann kann man Dinge nicht mehr objektiv sehen.
Man sieht die Dinge nicht mehr objektiv, wird gemein und ungerecht, wenn man bitter ist. Oft erkennt man das selbst nicht. Man fühlt sich selbst zu Unrecht behandelt, obwohl man eigentlich im Unrecht ist. Ich glaube, wir alle kennen das in gewissem Maße. Doch wenn diese Phase vorübergeht, vergibt man sich wieder. Man küsst sich wieder, entschuldigt sich, und das Leben geht weiter.
Ich denke, das ist eine Art von Bitterkeit, bei der man kurzfristig bitter wird wegen etwas, das einem widerfahren ist. Aber ich möchte heute vor allem auf eine andere Art von Bitterkeit eingehen.
Es gibt eine Bitterkeit, die ein Leben lang andauern kann. Das sind Menschen, die wirklich bitter geworden sind. Von solchen Menschen gibt es nicht wenige.
Ursachen und Folgen langanhaltender Bitterkeit
Das kann durch den plötzlichen Verlust entstehen. Ich spreche hier von Fällen, die ich persönlich kenne, und ich zähle Beispiele auf, von denen ich persönlich weiß.
Das betrifft Situationen, in denen Menschen durch den Verlust eines Lebenspartners, durch einen plötzlichen Tod oder durch den Verlust eines Kindes bitter werden. Sie können das oft nicht verstehen und werden dadurch verbittert.
Ebenso kann es passieren, wenn man seine Gesundheit verliert – sei es durch einen Unfall oder eine Allergie, was auch immer es ist. Wenn man dadurch unfähig wird, Dinge zu tun, die man vorher konnte, führt das bei vielen Menschen zu Bitterkeit.
Auch Erbstreitigkeiten können Bitterkeit hervorrufen. Ich kenne einige, die seit der Erbenübergabe nicht mehr miteinander reden. Sie sind bitter geworden.
Manche Menschen werden auch bitter, weil sie mit 22 Jahren noch nicht den richtigen Partner gefunden haben. Das mag übertrieben klingen, aber allein die Tatsache, keinen passenden Partner zu finden oder dass Gott nicht den Richtigen schenkt, erzeugt oft Bitterkeit in den Menschen.
Diese Bitterkeit pflanzt etwas Tödliches in einem Menschen ein. Solche Menschen haben kaum noch ehrliche Freude im Leben. Alles erscheint schwer und ungerecht. Sie verkehren meist nur noch mit Menschen, die auf sie eingehen können.
Oft ist es bei bitteren Menschen so, dass sie, wenn man sie auf ihre Situation anspricht, nicht mehr mit einem sprechen oder sich zurückziehen. Alles, was man solchen Menschen sagt, legen sie auf die Waagschale und nehmen es persönlich. Sie können kaum noch gelassen reagieren.
Dabei vermiesen sie nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das Leben der Menschen, die mit ihnen zusammenleben oder sie umgeben.
Das Schlimme daran ist, dass man anfängt, solche Menschen zu meiden. Das bestätigt natürlich ihr Selbstmitleid: „Keiner mag mich.“ So geraten sie immer tiefer in diesen Teufelskreis.
Wenn ich von Bitterkeit spreche, meine ich genau das.
Und das Traurige daran ist, dass es gerade unter gläubigen Christen viele gibt, die bitter geworden sind. Ein Mensch, der die Vergebung im Herrn Jesus empfangen hat, der um seine Gegenwart weiß und auch weiß, dass er einmal in direkter Gegenwart bei ihm sein wird – und dennoch sind sie bitter.
Man fragt sich manchmal, wie es so weit kommen kann.
Fünf Schritte auf dem Weg zur Bitterkeit – eine Analyse anhand des Hebräerbriefs
Ich möchte heute mit euch fünf Punkte besprechen, die uns der Hebräerbrief gibt. Diese fünf Punkte zeigen, wie ein Christ – und natürlich nicht nur ein Christ, sondern jeder Mensch – in Bitterkeit abrutschen kann. Anhand des Hebräerbriefs möchte ich das mit euch durcharbeiten.
Schlagwort: Hebräerbrief, Kapitel 2.
Es ist heute relativ wichtig, dass du eine Bibel dabei hast. Ich lege dir das nur ans Herz. Es gibt Leute, die hören einfach lieber zu und stören sich selbst daran, wenn sie die Bibel lesen. Wenn du also keine dabei hast, ist das völlig okay. Aber so, wie wir heute arbeiten, ist es sinnvoll, wenn du eine hast – zumindest für mich wäre das hilfreich.
Wir werden uns fünf Schritte anschauen, laut Hebräerbrief, wie ein Mensch in Bitterkeit abrutschen kann. Es kann sein, dass du dich selbst in einem dieser Punkte wiederfindest. Es kann dir aber auch helfen, andere Menschen besser zu verstehen, wo sie vielleicht gerade stehen.
Übrigens möchte ich noch etwas dazu sagen: Wenn wir über Krisen sprechen und über Menschen, die in Krisen sind, dann ist der Grund, warum sie in diese Krise geraten sind, manchmal ein ganz blöder Grund. Manchmal denkt man: Wie kann jemand nur so unklug gewesen sein? Aber wenn ein Mensch in der Krise ist und du ihm sagst, wie blöd er gewesen ist, hilft ihm das nicht weiter.
Weißt du, was ein Mensch in der Krise wirklich braucht? Einzig und allein Barmherzigkeit – nicht unsere Klugheit. „Hätte er doch das getan, dann wäre es nicht passiert“ – solche Gedanken helfen nicht. Diese Menschen brauchen Barmherzigkeit und Ehrlichkeit. Ehrlichkeit, die manchmal zwar weh tut, aber manchmal muss man jemanden auch „schneiden“, damit er wieder munter wird – wenn es aus Liebe geschieht.
Darum, wenn du vielleicht jetzt einen Menschen im Sinn hast, während wir das durchgehen – und ich bin sicher, ihr kennt alle viele Menschen, bei denen euch das eine oder andere in den Sinn kommt – dann soll dieser Mensch der erste sein, dem du einen Brief schreiben solltest, den du anrufen solltest, den du einfach lieben und barmherzig behandeln solltest. Nicht klug sein, das wollen wir nicht tun, denn das will Christus ganz und gar nicht.
Aber es soll uns helfen, ein bisschen zu analysieren, woher das kommt. Gerade wenn du vielleicht selbst in einer gewissen Stufe dieser Bitterkeit steckst, soll es dir helfen, wieder herauszukommen. Okay?
Erster Schritt: Die Rettung missachten
Hebräer 2,1-3: Der erste Schritt auf dem Weg zur Bitterkeit
Deswegen müssen wir umso mehr auf das achten, was wir gehört haben, damit wir nicht etwa am Ziel vorbeigleiten. Wir können also tatsächlich am Ziel vorbeigleiten.
Denn wenn das durch Engel verkündete Wort fest war und jede Übertretung eine gerechte Vergeltung empfing, wie werden wir entfliehen, wenn wir eine so große Rettung missachten? Diese Rettung hat ihren Anfang dadurch genommen, dass sie durch den Herrn verkündigt wurde. Sie wurde uns gegenüber von denen bestätigt, die es gehört haben.
Es gibt jetzt viel zu sagen, doch ich möchte mich auf einen Satz konzentrieren: Vers 3 – Wie werden wir entfliehen, wenn wir eine so große Rettung missachten?
Weißt du, was der erste Schritt in die Bitterkeit ist? Christus zu ignorieren, ihn zu missachten. Als Christ kannst du jeden Tag Christus ignorieren. Ich habe das acht Jahre lang gemacht, darum weiß ich genau, wovon ich spreche.
Ich habe mein Leben Jesus gegeben, als ich vierzehn Jahre alt war. Nach ein paar Jahren kam ich zu der Erkenntnis, dass das Christsein stinklangweilig ist. Denn als Christ soll man zur Kirche gehen. Ich kann mich noch gut erinnern: Ich habe eine Ausbildung zum Automechaniker gemacht. Am Montagmorgen kam ich in die Firma, und jeder erzählte von seinen Wochenenderlebnissen. Der eine berichtete von der Party, auf der er war, er hatte ein Mädchen, ein anderer hatte zwei Mädchen, jemand war so betrunken, und am Sonntag hatte er bis zwei Uhr geschlafen. Das war der Spaß.
Dann haben sie mich gefragt, was ich so gemacht habe. Ich antwortete: Am Samstagnachmittag war Jugendstunde, am Abend haben wir uns im Gebetskreis getroffen, am Sonntagvormittag war Kirche, und am Sonntagnachmittag ein Kaffeekränzchen. Sie sagten: „Allerhand, was du wieder so erlebt hast – Wochen für Wochen, nicht schlecht.“
Ich habe festgestellt, das Christenleben ist stinklangweilig. Wenn du gelangweilt werden willst, werde Christ. Dann kannst du alles tun, was langweilig ist, und du darfst das nicht mehr tun, was schön ist.
Was habe ich dann getan? Ich bin in die Welt zurückgegangen, um mir die Freuden zu holen. Ich habe sie gefunden: Sündigen ist wunderschön. Ich habe jede Sünde genossen – die Konsequenzen zwar nicht, aber die Sünde schon.
Ich kann mich gut erinnern: Jeden Morgen hat Jesus mir auf die Schulter geklopft. Ich habe es übrigens nicht gespürt, aber er hat gesagt: „Guten Morgen, Hans-Peter, ich bin immer noch da.“ Er hat gesagt: „Ich weiß, aber du interessierst mich nicht, ich gehe meine Wege.“
Das kannst du tun, kein Problem. Du kannst Jesus kennen und leben wie Satan.
Übrigens: Das Leben mit Christus ist spannend, aber darauf gehen wir heute nicht weiter ein. Wir bleiben heute bei der Bitterkeit, ja?
Der erste Schritt, um in Richtung Bitterkeit zu gehen, ist, Jesus zu ignorieren und die große Rettung zu missachten.
Zweiter Schritt: Unglaube und Verhärtung
Der zweite Schritt findet sich in Hebräer 3, genauer in Vers 12. Hier geht es um den Abfall, wobei „Abfall“ im Sinne von „Es geht bergab“ verstanden wird, nicht unbedingt um einen vollständigen Abfall.
Hebräer 3,12 lautet: „Seht zu, Brüder, dass nicht etwa in jemandem von euch ein böses Herz des Unglaubens sei, im Abfall vom lebendigen Gott.“ Im Anschluss heißt es, man solle einander jeden Tag ermuntern, solange es „heute“ heißt, damit niemand durch den Betrug der Sünde verhärtet werde.
Denn wir sind Teilhaber Christi geworden, wenn wir die anfängliche Zuversicht bis zum Ende standhaft festhalten. Es wird betont: „Wenn gesagt wird: Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht, wie in der Erbitterung.“ Heute, wenn du seine Stimme hörst, wird eindringlich gefleht: Verhärte dein Herz nicht.
Der zweite Schritt zum Abfall ist in Vers 12 beschrieben: „Seht zu, Brüder, dass nicht etwa in jemandem von euch ein böses Herz des Unglaubens sei.“ In Vers 13 wird ergänzt: „Ermuntert einander jeden Tag, solange es heute heißt, damit niemand von euch verhärtet werde durch den Betrug der Sünde.“
Der zweite Schritt auf dem Weg zur Bitterkeit ist also Unglaube und Verhärtung. Als Christ kann ich im Unglauben leben und mein Herz gegenüber Christus verhärten.
Das hat übrigens viel damit zu tun – und das möchte ich kurz erwähnen –, dass die Auslegung der Bibel nicht in erster Linie eine theologische, sondern eine Charakterfrage ist. Ich möchte das so praktisch wie möglich halten und die Probleme ansprechen, die wir heute haben oder die ich zumindest sehe, wie ich die Bibel verstehe und auslege.
Die Auslegung der Schrift ist keine primär theologische Angelegenheit, sondern eine Frage des Charakters. Ich werde gleich erläutern, was ich damit meine: Wenn ich etwas in der Bibel lese, das mir nicht gefällt oder mir zu eng erscheint, ich aber Christus nicht ablehnen will, weil ich an den Himmel kommen möchte, beginne ich, die Bibel zu interpretieren.
Das hat nichts mit Theologie zu tun, sondern mit Charakter. Nehme ich Gott beim Wort oder nicht?
Ich möchte hier kurz etwas ansprechen, denn meiner Meinung nach herrscht viel Unglaube in unseren Gemeinden. Wir haben uns gegen das wahre Wort Gottes verhärtet.
Ein Thema, das oft Verwirrung stiftet, ist die Frage: Muss ich die Bibel wörtlich nehmen, oder ist sie nur eine allgemeine Richtlinie, an der ich mich halbwegs orientieren soll, damit es mir besser geht?
Es herrscht Verwirrung, weil sowohl Fundamentalisten als auch Liberale dieselbe Bibel lesen, aber sie völlig gegensätzlich auslegen. Das ist merkwürdig, denn wenn wir dieselbe Bibel lesen, sollten wir doch zu derselben Meinung kommen, oder nicht?
Nun magst du fragen: Wer hat Recht? Die Fundamentalisten, die Liberalen, die Humanisten oder wer auch immer? Welche Auslegung ist korrekt?
Ich möchte dir eine kleine, praktische Hilfe geben, und dann kannst du viele der Bücher vergessen, die darüber geschrieben wurden, wie man die Bibel verstehen soll.
Die Bibel ist nämlich relativ einfach zu verstehen – sie ist genauso zu verstehen wie jede andere Kommunikation. Wenn ich mit dir spreche, zum Beispiel mit Angela, muss ich herausfinden, was sie meint, um sie zu verstehen. Ich darf nicht interpretieren, was sie meinen könnte, sondern muss klären, was sie tatsächlich sagt.
Ich möchte ein Beispiel anführen, das ich kürzlich gehört habe und das mir sehr geholfen hat.
Nehmen wir an, meine Tochter Lisa, die zwar erst fast fünf Jahre alt ist, aber in ein paar Jahren so weit sein wird: Lisa und ihr Freund gehen an einem Abend während der Schulzeit auf eine Cola ins Café Landgraf, das auf der Hauptstraße liegt.
Ich sage zu Lisa: „Lisa, du darfst ohne Weiteres hingehen, aber du musst vor elf Uhr zu Hause sein.“ Wie würde sie das verstehen? Das ist ziemlich klar, oder?
Stellen wir uns nun vor, es ist bereits 22:45 Uhr, und Lisa und ihr Freund sitzen noch immer im Café Landgraf und vergnügen sich. Sie haben keine Lust, jetzt schon nach Hause zu gehen. Also fangen sie an, das Gesagte zu interpretieren.
Sie fragen sich: Was hat er wohl wirklich gemeint, als er sagte: „Du musst vor elf Uhr zu Hause sein“? Hat er das tatsächlich auf uns persönlich bezogen, oder redet er von Menschen im Allgemeinen?
Hat er vielleicht gemeint, dass als allgemeine Regel gilt, man sollte vor elf Uhr zu Hause sein? Oder hat er nur eine allgemeine Beobachtung formuliert, dass man normalerweise vor elf Uhr zu Hause ist?
Hat er sich nicht sehr klar ausgedrückt, oder was meinst du?
Was hat er wohl gemeint, als er sagte: „Du musst vor elf Uhr zu Hause sein“? Ein liebevoller Vater wäre doch nicht so unerbittlich und unflexibel, oder? Wahrscheinlich hat er das als Vorschlag gemeint.
Ich weiß ja, dass er mich liebt, also will er doch bestimmt, dass es mir gut geht, oder? Und wenn ich gerade viel Spaß habe, will er bestimmt nicht, dass ich an dem Abend schon so früh Schluss mache.
Was hat er gemeint, als er sagte: „Du musst vor elf Uhr zu Hause sein“? Meint er das wörtlich? Außerdem hat er nicht klar gesagt, ob er elf Uhr abends oder morgens meint.
Er hat auch nicht deutlich gesagt, ob er sich auf die zentrale Standardzeit oder die pazifische Zeit bezieht. Schließlich ist in Honolulu erst viertel vor sieben.
Und überhaupt: Wenn man die Sache recht betrachtet, ist es ja immer vor elf Uhr, egal wie spät es ist. Es ist ja immer vor der nächsten elf.
Was hat er wohl gemeint, als er sagte: „Du musst vor elf Uhr zu Hause sein“? Er hat nicht klargemacht, wessen Zuhause eigentlich gemeint ist. Das könnte ja überall sein.
Vielleicht hat er bildlich gesprochen, denke an das alte Sprichwort: „Mein Heim ist, wo mein Herz ist.“ Mein Herz ist hier im Café Landgraf, das heißt also, dass ich eigentlich schon zu Hause bin.
Mit all diesen Unklarheiten können wir wirklich nicht sicher sein, was er überhaupt sagen wollte. Wenn er sich schon nicht klar ausdrücken kann, kann er uns auch nicht dafür verantwortlich machen.
Man lacht darüber, aber genau das tun wir mit dem Wort Gottes. Genau das!
Unsere Motive können die Art, wie wir die Worte interpretieren, total verfärben. Darum habe ich gesagt: Die Auslegung der Bibel ist in erster Linie eine Charakterfrage, keine theologische.
Gott spricht relativ klar. Ich gebe zu, dass einige Dinge in der Bibel, vor allem Nebensächlichkeiten, nicht so einfach sind.
Aber dort, wo es um die klaren, einfachen Aussagen der Schrift geht – dass Jesus Christus für unsere Sünden gestorben ist, dass er im Grab war, auferstanden ist und heute lebt, dass er Menschen zur Buße auffordert, damit sie ihn in ihr Leben einladen und von heute an als Herrn empfangen und mit ihm leben –, das ist sonnenklar in der Schrift.
Nicht nur einmal, sondern hunderte Male.
Wenn man anfängt, diese Dinge zu interpretieren, hat das nichts mit Theologie zu tun. Das ist Unglaube und Verhärtung gegenüber dem Wort Gottes.
Der zweite Schritt auf dem Weg zur Bitterkeit.
Dritter Schritt: Trägheit und Gleichgültigkeit gegenüber dem Wort Gottes
Der dritte Schritt haben wir im Hebräerbrief, Kapitel 5, Verse 11 bis 14. Darüber gibt es viel zu sagen, und es ist schwer darzulegen, weil ihr im Hören träge geworden seid. Denn während ihr eigentlich Lehrer sein solltet, habt ihr wieder nötig, dass man euch lehre, was die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes sind. Ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben und nicht feste Speise!
Denn jeder, der noch Milch genießt, ist richtiger Rede unkundig, weil er ein Unmündiger ist. Die feste Speise aber ist für Erwachsene, die infolge der Gewöhnung geübte Sinne haben, zur Unterscheidung des Guten wie auch des Bösen.
Der dritte Schritt zum Abfall und zur Bitterkeit ist Trägheit und Gleichgültigkeit dem Wort Gottes gegenüber. Wenn wir träge und gleichgültig werden gegenüber dem, was Gott in seinem heiligen Wort uns zu sagen hat.
Ich predige mehr als an der Hälfte der Sonntage im Jahr in verschiedenen Kirchen. Jeden Sonntag begegne ich Menschen, die äußerlich erwachsen sind, aber innerlich immer noch Kinder, was den Glauben anbelangt. Nicht, weil sie unfähig sind, sondern weil sie träge und gleichgültig geworden sind dem Wort Gottes gegenüber.
Es ist auch interessant, dass, wenn man das Wort Gottes so, wie Gott es geschrieben hat, ganz klar und deutlich predigt, viele daran Anstoß nehmen. Einige sind mir gegenüber nicht mehr sehr offen, auch in dieser Gemeinde. Wenn sie mich treffen, versuchen sie dauernd, mir Schuldgefühle zu geben wegen dessen, was ich letzten Sonntag in der Kirche gesagt habe.
Man nennt mich falschen Propheten – das wäre noch das geringere Übel. Was mir jedoch leidtut, ist, dass Bitterkeit aufkommt. Noch schlimmer finde ich, dass sie nicht willig sind, mir anhand des Wortes Gottes zu zeigen, dass das, was ich gesagt habe, nicht Wort Gottes ist. Das ist nicht mehr der Maßstab.
Aber wo haben wir unseren Maßstab? Sie stützen sich lieber auf ihre persönlichen Erlebnisse und auf psychologische Erkenntnisse, aber nicht mehr auf das Wort Gottes. Es ist auch interessant, dass sie meistens damit argumentieren, einmal eine schlechte Erfahrung mit evangelikalen Christen gemacht zu haben. Vielleicht kennt ihr das auch: Eine schlechte Erfahrung gemacht und seitdem ist für sie alles unglaubwürdig.
Das glaube ich ihnen durchaus, denn unter den Evangelikalen habe ich das selbst erlebt. Ich habe sicher vielen Menschen wehgetan. Und wir werden es immer wieder tun, bis zu einem gewissen Maß, weil wir nicht perfekt sind. Das möchte ich keinesfalls abschwächen. Ich bin sicher, dass wir viel Blödsinn, viel Herzlosigkeit und wenig Barmherzigkeit gezeigt haben – überhaupt keine Frage.
Aber das löst die Schrift nicht auf. Jesus Christus bleibt derselbe gestern, heute und in Ewigkeit. Dennoch ist da eine gewisse Bitterkeit vorhanden, die nicht mehr zulässt, dass man sich korrigieren lässt. Es gibt einen Anspruch: „Ich darf bitter sein, weil ich diese schlechte Erfahrung gemacht habe.“ Dieser Anspruch ist tödlich, denn sie verharren darin und kommen nie mehr heraus aus ihrer Schale.
Diese Menschen sind oft sehr bitter anderen gegenüber, gerade denen, die es vielleicht gut mit ihnen meinen und ihnen die Wahrheit sagen. Also ist der dritte Schritt auf dem Weg zur Bitterkeit Trägheit und Gleichgültigkeit dem Wort Gottes gegenüber.
Paulus sagt: Ihr solltet Lehrer sein, doch ihr braucht immer noch Milch. Ihr vertragt die Wahrheit nicht; feste Speise ist euch zu viel.
Vierter Schritt: Mutwilliges Sündigen
Und dann haben wir in Hebräer 10 den vierten Schritt. Dieser vierte Schritt ist, wenn wir anfangen, mutwillig zu sündigen.
Hebräer 10, Vers 26 sagt: „Denn wenn wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, bleibt kein Schlachtopfer für Sünden mehr übrig, sondern ein furchtbares Erwarten des Gerichts und der Eifer eines Feuers, das die Widersacher verzehren wird.“
Es heißt weiter: „Hat jemand das Gesetz Mose verworfen, stirbt er ohne Barmherzigkeit auf zwei oder drei Zeugen hin. Wie viel schlimmere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des Bundes, durch das er geheiligt wurde, für gemein erachtet und den Geist der Gnade geschmiert hat? Denn wir kennen den, der gesagt hat: ‚Mein ist die Rache, ich will vergelten‘, und wiederum: ‚Der Herr wird sein Volk richten‘. Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“
Das bedeutet, dass Gott ein Gott des Gerichts ist. Nur wenn du erkennst, dass Gott gerecht ist und auch richtet, kannst du in dem Maße verstehen, wie sehr Gott Sünde verabscheut. Und in dem Maß lernst du auch kennen, wie sehr Gott liebt. Wie groß die Gnade ist, erkennst du erst, wenn du siehst, wie groß die Verdammnis ist.
Der Grund, warum heute die Gnade oft so mit Füßen getreten wird, liegt darin, dass wir nicht mehr erkennen, wie tragisch die Verdammnis ist. Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.
Ich muss ehrlich sagen, ich predige nicht sehr gerne darüber, aber ich mache mich schuldig. Wisst ihr, wie oft das Wort „Gericht“ in der Bibel vorkommt, wenn Gott richtet? Es sind über vierhundert Mal.
Ich möchte euch eine Geschichte vorlesen. Sie heißt „Die Gerichtsverhandlung“. Am Ende der Zeit versammelten sich Millionen von Menschen auf einer riesigen Ebene vor dem Thron Gottes. Viele von ihnen schauten ängstlich in das helle Licht, das ihnen entgegenstrahlte. Aber es gab auch einige Gruppen von Menschen, die sich hitzig miteinander unterhielten. Die Umgebung schien sie nicht zu beeindrucken.
„Wie kann dort über uns gerecht sitzen? Was versteht er schon von unserem Leiden?“, fauchte eine junge Brünette. Sie zog einen Ärmel hoch und zeigte eine eingravierte Nummer aus dem Konzentrationslager.
Aufgeregt öffnete ein farbiger Mann seinen Hemdkragen. „Schaut euch das an“, forderte er seinen Nachbarn auf. Am Hals sah man das hässliche Mal eines Stricks. „Gelungen wurde ich nur, weil ich schwarz bin. Auf Sklavenschiffen hat man uns erstickt, von unseren Liebsten wurden wir getrennt. Wie Tiere mussten wir arbeiten, bis der Tod uns die Freiheit schenkte.“
Ein junges Mädchen starrte trotzig vor sich hin. Auf ihrer Stirn stand das Wort „unehelich“. „Dieses Brandmal zu ertragen“, murmelte sie, „ging über mein Maß hinaus.“ Ihre Stimme verlor sich im Gemurmel der anderen.
Überall auf der Ebene wurden jetzt ärgerliche Stimmen laut. Jede richtete Klagen an Gott, weil er das Böse und das Leiden in der Welt zugelassen hatte. „Wie gut hat es Gott doch im Himmel, in all der Schönheit zu wohnen! Dort gibt es keine Tränen, keine Furcht, keinen Hunger, keinen Hass. Er kann sich doch gar nicht vorstellen, was der Mensch auf der Erde erdulden muss.“ Schließlich führte er doch selbst ein recht behütetes Dasein, fanden sie.
Es bildeten sich Gruppen, und jeder wählte einen Sprecher. Immer war es derjenige, der am meisten gelitten hatte. Da war ein Jude, ein Schwarzer, ein Unberührbarer aus Indien, ein Unehelicher, ein entstellter Leberkranker, ein Opfer aus Hiroshima und jemand aus einem Arbeitslager in Sibirien. Sie diskutierten aufgeregt miteinander. Schließlich waren sie sich in der Formulierung ihrer Anklage einig. Der Sachverhalt war ganz einfach:
Bevor Gott das Recht hatte, sie zu richten, sollte er das ertragen, was sie ertragen mussten. Und ihr Urteil lautete: Gott soll dazu verurteilt werden, auf Erden als Mensch zu leben.
Aber da Gott ja Gott war, hatten sie bestimmte Bedingungen aufgestellt. Er sollte keine Möglichkeit haben, aufgrund seiner göttlichen Natur sich selbst zu helfen. Dazu hatten sie sich Folgendes ausgedacht:
Er sollte als Jude geboren werden. Die Legitimität seiner Geburt sollte zweifelhaft sein. Niemand sollte wissen, wer eigentlich der Vater war. Er sollte versuchen, den Menschen zu erklären, wer Gott ist, und von seinen engsten Freunden verraten werden. Er sollte aufgrund falscher Anschuldigungen angeklagt werden. Vor einem voreingenommenen Gericht sollte er verhört werden und von einem feigen Richter verurteilt werden. Schließlich sollte er selbst erfahren, was es heißt, völlig allein verlassen von allen Menschen zu sein. Er sollte gequält werden und dann sterben. Und das sollte die Öffentlichkeit sehen, und zwar so schrecklich, dass kein Zweifel daran besteht, dass er wirklich gestorben war.
Während jeder Sprecher seinen Teil des Urteils verkündete, erhob sich ein großes Raunen in der riesigen Menschenmenge. Als der letzte Sprecher den Urteilsspruch abgeschlossen hatte, folgte ein langes Schweigen.
Alle, die Gott verurteilt hatten, gingen plötzlich leise fort. Niemand wagte mehr zu sprechen, keiner bewegte sich. Denn plötzlich wusste es jeder: Gott hat die Strafe schon auf sich genommen.
Es ist wichtig zu erkennen, dass man sich nicht so sehr auf die Bestrafung konzentriert. Es gibt kein einziges Leid, das Gott nicht selbst als Mensch durchgemacht hat — nicht als Gott, sondern als Mensch. Er weiß genau, wovon du sprichst, und er hat es selbst am eigenen Leib erfahren.
Unser Gott ist nicht ein Gott, der da oben sitzt und von dort oben richtet. Er kam als Mensch und als der Geringste von allen. Wenn ein Mensch glaubt, Gott sei nicht gerecht, dann fängt er an, Gott anzuklagen. Die Trotzreaktion darauf ist, dass wir anfangen, mutwillig zu sündigen. Wenn man das tut, ist es nicht mehr weit bis zur Bitterkeit.
Fünfter Schritt: Die Wurzel der Bitterkeit erkennen und überwinden
Und auch das Letzte, das ist eigentlich dann bereits die Bitterkeit an sich nicht mehr der nächste Schritt, sondern da sind wir bereits da.
Hebräer 12,14: Jagt dem Frieden mit allen nach und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird. Und achtet darauf, dass nicht jemand an der Gnade Gottes Mangel leide, dass nicht irgendeine Wurzel der Bitterkeit aufsproße und euch zur Last werde und durch sie viele verunreinigt werden.
Hier haben wir das Endresultat der Bitterkeit. Zum Abfall, zur Bitterkeit ist vorgezeichnet: Erstens, die große Rettung in Jesus Christus missachten, sie ignorieren. Zweitens, sich dem Wort Gottes im Unglauben verhärten. Drittens, träge und gleichgültig werden dem Wort Gottes gegenüber. Und viertens, dass wir Gott anklagen und ihm trotz allem mutwillig sündigen.
Wir werden zum Richter, Jesus wird zum Angeklagten. Darum müssen wir uns selbst und andere, die vielleicht dort sind oder auf dem Weg dorthin, ermutigen.
Erstens, dankbar zu sein für die große Gnade, die uns widerfahren ist. Es nicht zu missachten, sondern dankbar zu sein: Danke, Herr Jesus, dass ich heute wieder leben darf, dass mein Leben einen Sinn hat, weil du bei mir bist.
Zweitens, uns selbst und andere ermutigen, Gottes Wort ernst zu nehmen. Gott meint, was er sagt, und sagt, was er meint. Es ist nicht kompliziert, die Bibel zu verstehen.
Drittens, nicht träge sein, sondern etwas tun, um die Beziehung mit Christus zu pflegen und Gemeinschaft zu haben. Erinnert euch, das haben wir am ersten Abend besprochen: nicht träge werden.
Viertens, im Wissen darüber, dass Gott liebend und gerecht ist, sollten wir nicht mutwillig sündigen. Stattdessen sollten wir lernen, Gott eine Freude zu machen. Gott, ich möchte dir heute mit meinem Leben eine Freude machen.
Die praktische Umsetzung im Leben des Gläubigen
Als letzter abschließender Vers sei Epheser 4,30-32 betrachtet:
Epheser 4,30-32: "Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt worden seid auf den Tag der Erlösung hin."
Ja, wir sind versiegelt, und dieses Siegel kann niemand abnehmen – auch du selbst nicht, Gott sei Dank. Dennoch können wir den Geist betrüben, und zwar jeden Tag.
In Vers 31 heißt es: Wie können wir ihn betrüben? Was sollen wir tun? "Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan samt aller Bosheit."
Was sollen wir stattdessen tun? Vers 32 gibt die Antwort: "Seid aber zueinander gütig, mitleidig und vergebt einander, so wie auch Gott in Christus euch vergeben hat."
Gütig, mitleidig und vergebend – das ist das Leben des Friedens. Das andere Leben dagegen ist geprägt von Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung. Dies alles sollen wir ablegen.
In der Kraft Jesu selbst können wir das schaffen.
Ein Beispiel aus dem Alltag: Unser Nachbar hat ein Kind, das in denselben Kindergarten geht wie unser Sohn. Oft nehmen wir den kleinen Thomas mit, wenn er mitfährt. Er ist zwei Jahre alt. Die Mutter ist kürzlich mit dem Schlitten eine Piste in der Ramsau hinuntergefahren, hat die Kontrolle verloren und ist gegen eine Schneekanone geprallt.
Das Kind lebt zwar noch, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Maschine abgeschaltet wird.
Für eine Mutter in so einer Situation ist es unglaublich schwer, vergeben zu können. Man hört oft Stimmen, die sagen: "Wie kann sie das nur tun?" Das kann eine Person für den Rest ihres Lebens zerstören.
Was ein solcher Mensch braucht, um nicht bitter zu werden, ist genau das, was die Bibel sagt: gütig sein, mitleidig sein, vergeben – nicht klug sein.
Wenn wir das tun, erfüllen wir das Gesetz Jesu, das er uns gegeben hat.
