Einführung in das Gedenken an Jesu Tod und die Gnade Christi
An diesem eindrucksvollen Nachmittag, an dem uns so viel geschenkt wird – fürs Auge, fürs Herz und für die Weitung des Horizonts – wollen wir auch unserem Herrn gehorsam sein. Er hat gesagt: Ihr sollt meines Todes gedenken, gerade jetzt in dieser Passionszeit.
Deshalb grüße ich Sie mit dem Wort des Apostels Paulus. Sie kennen doch sicher die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, wie es im 2. Korinther 8,9 heißt: Ihr kennt doch hoffentlich die Gnade des Herrn Jesus Christus, dass er segnet, bewahrt und hilft – und gebetet wird er auch. Nein, sagt Paulus, nicht das. Er sagt: Ihr kennt doch die Gnade des Herrn Jesus, obwohl er reich ist, wurde er arm um eureretwillen, damit ihr durch seine Armut reich würdet.
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie oft in der Bibel Vergleiche und Bilder aus der Kaufmannssprache, der Wirtschaftswelt und Szenen aus dem Geschäftsleben vorkommen? Sogar der Herr Jesus sagt: Ich gebe mein Leben als Lösegeld für viele. Der Jesus, der sonst so gegen den Mammon war, spricht hier vom Lösegeld.
Im Psalm 119,162 heißt es: Ich freue mich über dein Wort wie einer, der eine große Beute macht. Der Apostel Paulus sagt: Er hat den Schuldbrief, der gegen uns in Forderungen aufgestellt war, zerrissen und ans Kreuz geheftet, hat den Schuldbrief abgetan (2. Korinther 5). Gott rechnete uns unsere Sünde nicht zu.
Offenbar sind wir alle ganz Ohr, wenn es ums Geld geht – nicht nur die Schwaben und die Schotten, sondern alle Menschen. Da wird es interessant, wenn es um Mark und Pfennig geht. Doch der Apostel Paulus hat sich nicht hingesetzt und seine Fantasie spielen lassen, um ein Bild zu finden, das die Menschen anspricht, wenn es ums Geld geht. Stattdessen hat er sich von der Schrift Israels, vom Alten Testament, die Formulierungen geben lassen. Er ist eng an den Formulierungen geblieben.
Die biblischen Wurzeln der Armut Jesu
Wenn er von der Armut unseres Herrn Jesus sprach, dachte er an Psalm 22. Dieser Psalm wurde von Jesus noch am Kreuz gebetet und beginnt mit den Worten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Zu dieser Zeit verspotteten alle diesen Jesus, so wie es bereits in dem Psalm vorhergesagt war: „Alle, die mich sehen, verspotten mich.“
Schon achthundert Jahre bevor Jesus am Kreuz hing und den Spott erdulden musste, ließ Gott dies durch den Psalmdichter voraussagen. Dort heißt es: „Alle, die mich sehen, sperren das Maul auf, spotten und sagen: ‚Er klage es dem Herrn, der helfe ihm heraus, wenn er Gefallen an ihm hat.‘“
Diese Situation wird dann im Vers 25 zusammengefasst: „Aber Gott hat nicht verachtet das Elend des Armen.“ Hierher stammt der Begriff „der arme Jesus“. Während alle Menschen spotteten, hat Gott das Elend des Armen nicht verachtet.
Der Apostel Paulus war so tief in der Schrift Israels verwurzelt, dass sich bei ihm sofort eine Gedankenbrücke bildete. Er assoziierte Psalm 22 mit Jesaja 53, wo vom Allerverachtetsten gesprochen wird, mit dem Gott einen Plan hat. Dort wird deutlich, dass die Menschen diesen Plan nicht verstanden haben.
Es heißt dort: „Du, Gott, legst mich in den Staub.“ Wir müssen erkennen, dass es in der Bibel viele Querverbindungen gibt. Ein langes Leben reicht oft nicht aus, um all diese Verbindungen zu entdecken. Doch sie helfen uns, das, was in der Bibel gesagt wird, plastisch und dreidimensional zu sehen.
Wir müssen sozusagen Psalm 22, in dem das Elend des Armen geschildert wird, neben Jesaja 53 lesen, wo der Allerverachtetste vorhergesagt wird. Vielleicht sollten wir auch das Buch der Weisheit, Kapitel 2, hinzuziehen, in dem gesagt wird: „Ist er der Gottessohn, so steige er herunter.“ Dies wird später beim Leiden Jesu erfüllt.
Darüber hinaus sind die Passionsberichte der Evangelien wichtig, damit wir wirklich plastisch vor Augen sehen, wie das Elend des Armen und der Jesus, der arm war und doch viele durch seine Armut reich gemacht hat, zusammengehören.
Die Armut Jesu und ihre Bedeutung
Ich weiß nicht, ob wir uns wirklich die ganze Armut des Herrn Jesus bewusst machen. Ja, er ist arm auf die Erde gekommen, damit er sich unter uns erbarmen kann. Martin Luther hat das immer wieder in seiner Sprache beschrieben, die uns heute vielleicht fremd vorkommt. Doch wir spüren, dass er ein echtes Aha-Erlebnis hatte.
Was hat Jesus alles an der Herrlichkeit Gottes aufgegeben, als er unser Bruder wurde! Da klagt Gott in Ewigkeit: „Mein Elend ohne Maß.“ Er dachte an seine Barmherzigkeit und wollte mir helfen. Er wandte sich mir mit dem Vaterherz zu. Bei ihm war das wahrlich kein Scherz. Er ließ sein Bestes kosten.
Er sprach zu seinem lieben Sohn: „Fahr hin, es ist Zeit zu erbarmen, und lass die armen Leute mit dir leben!“ Eine tolle Formulierung von Martin Luther. Dazu ist Jesus Mensch geworden, damit wir mit ihm leben können.
Wir denken immer, das Große an der Menschwerdung des Heilands Jesus Christus sei, dass er mit uns gelebt hat, dass er unser Leben geteilt hat, dass er begriffen hat, wie es uns zumute ist. Aber der Gottesgedanke dahinter war – und Martin Luther hat es begriffen –, dass der Vater zum Sohn sagt: „Lass sie mit dir leben!“
Dafür hat Jesus die Herrlichkeit des Vaters verlassen. Schon bei seiner Geburt gab es für ihn und seine Mutter Maria nichts als ein Notlager. Sofort war König Herodes darauf aus, ihm das Leben zu nehmen.
Als dann Josef mit Maria und dem Jesuskind aus Ägypten zurückkehrte, gab es keinen Platz in Jerusalem, nicht in Bethlehem. Sie mussten nach Nazaret ausweichen. Doch auch dort wurde Jesus ausgestoßen.
Wir sollten uns das einmal klar machen: Füchse haben ihren Fuchsbau, und Vögel unter dem Himmel haben ihre Nester. Aber Jesus hatte keinen Platz, wo er sein Haupt hinlegen konnte.
Wie viel Verachtung erfuhr er von dem frommen Simon, der Jesus zum Tisch eingeladen hatte! Doch er gewährte ihm weniger als einem Hausierer. Er gab ihm kein Wasser, um die Füße zu waschen, keinen Tropfen Öl, um Hände und Haupt zu salben – wie es damals bei Gästen üblich war.
Es musste die stadtbekannte Dirne kommen, um das zu tun. Jesus ist arm auf die Erde gekommen, damit er sich unser erbarmen kann.
Er wurde von Jerusalem ausgestoßen. Man hob Steine auf, um ihn zu steinigen. Seine Wunder wurden ihm neidet, die Bergpredigt, seine Worte, seine Jünger – alles wurde ihm missgönnt.
Doch das alles wurde noch übertroffen, besser gesagt, zu einem Tiefpunkt geführt, als Jesus ans Kreuz geschlagen wurde.
Das Leiden und die Verantwortung Jesu am Kreuz
Kennt ihr die Gnade des Herrn Jesus Christus? Obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen.
Das wahre Elend des Herrn Jesus wird im Psalm 22 geschildert: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne. Ich bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und verachtet vom Volk. Ihren Rachen sperren sie gegen mich auf wie ein brüllender und reißender Löwe. Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, alle meine Knochen haben sich voneinander gelöst. Mein Herz ist in meinem Leib wie zu schmelzendes Wachs, meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, meine Zunge klebt mir am Gaumen. Sie haben meine Hände und Füße durchgraben, ich kann alle meine Knochen zählen. Aber sie schauen zu und sehen auf mich herab. Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand.“
Tausend Jahre vor dem Kommen von Jesus war dies ein Präludium, eine Vorschau auf das Leiden Jesu. Als dies dann in Kraft trat und erfüllt wurde, da wurde der, der doch reich ist, arm um unsretwillen.
Für den armen Jesus regte sich keine Hand. Sonst war man in Israel gewohnt, sich um die Armen zu kümmern. Noch nicht einmal der Landesherr Herodes setzte sich für seinen Untertan Jesus aus Galiläa ein.
Als Jesus das Kreuz hinauftrug auf die Schädelstätte, war es allein der Mob von Jerusalem, dem es die Tränen in die Augen trieb. Man stieß Jesus aus Israel aus, nicht einmal einen Quadratmeter Boden gönnte man ihm, als er erhöht wurde von der Erde.
Für den gibt es keinen Platz mehr bei uns. Weg mit ihm!
Wir müssen uns klar machen, was die Kreuzigung bedeutet: „Weg mit ihm! Du hast keinen Fußbreit Boden und kein Recht, bei uns zu sein.“
Wenn wir wissen wollen, was die eigentliche Armut von Jesus war, dann nicht nur, dass er von Menschen verachtet und verlassen war. Sondern dass Jesus gerufen hat, so wie es in dem Psalm vorgebetet war: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
In Psalm 22, Vers 16 heißt es: „Du legst mich in des Todes Staub.“ Nicht die bösen Menschen, nicht Herodes, nicht Pilatus – du!
Da fragen wir uns natürlich, warum das so ist. Was steht dahinter für ein Plan Gottes?
Hier müssen wir wieder hinüberschlagen zu Jesaja 53. Ich möchte Ihnen raten, Psalm 22, Jesaja 53, vielleicht noch Weisheit 2 und dann die Passionsberichte miteinander zu lesen.
Jesaja 53 beschreibt: Er war der allerverachtetste von allen Menschen. Gott warf unsere aller Sünde auf ihn, weil er die Sünden der Vielen getragen hat. „Er hat die Sünden der Vielen getragen“ – das wird immer wieder fast stereotyp in den kurzen Versen von Jesaja 53 gesagt.
Jesus ließ sich von Gott zum Kuli machen für all das, was in unserem Leben Gott betrübt hat und betrüben muss. Er hat das getragen, was in unser aller Leben uns wie mit schweren Bleischuhen hinunterzieht. Er hat die Verantwortung übernommen für allerwelts Sünde.
Heute wird das Wort „Ich übernehme Verantwortung“ ein bisschen inflationär gebraucht. Unser verehrter Bundeskanzler hat vor ein paar Wochen gesagt: „Ich übernehme die Verantwortung für die Fehler von Hartz IV.“ Der deutsche Außenminister hat neulich gesagt: „Ich übernehme die Verantwortung für die Pannen in der Ukraine.“
Aber was heißt das heute? Früher hieß es, dass einer zurücktritt oder versucht, die Sache gutzumachen. Heute machen sie fröhlich weiter. Es ist reines Geschwätz.
Verantwortung heißt, dass man den Kopf hinhält.
Jesus hat seinen Kopf hingehalten. Diese dreistündige Finsternis, als die Sonne ihren Schein verlor und Jesus in der Gottverlassenheit war, ist unvorstellbar für uns.
Alle haben uns jetzt berichtet, wie sie die Hilfe Gottes erlebt haben – Erhörung von Gebeten.
Wenn es mal bloß noch gilt: „Mein Gott, du hast mich verlassen“ für den, der eigentlich reich ist in Gott, da hat Jesus die Verantwortung übernommen. Er ließ sich zum Lastträger machen für unsere Schuld.
Die Herausforderung des Glaubens an das stellvertretende Leiden Jesu
Ich bin immer wieder erschrocken darüber, wie in unserer Welt – sowohl bei hochrangigen Theologen als auch bei einfachen Mitarbeitern der Gemeinde – daran herumgemäkelt wird. Wie soll das denn gehen, dass einer die Sünden der Welt trägt? Das kann unser Verstand kaum fassen, weil es in unserer Erfahrungswelt nicht möglich ist.
All die Beispiele, die wir aus unserer Erfahrungswelt nehmen, passen nicht. Die menschlichen Erklärungen, die wir suchen, greifen nicht bei diesem göttlichen Geschehen. Das Einzige, was wir haben, ist die Ankündigung Gottes als Rettungsplan, die bereits siebenhundert Jahre vor dem Kommen Jesu durch den Propheten Jesaja gemacht wurde.
Das, was wir uns kaum vorstellen können – dass die Sünde der Welt auf Jesus gelegt wird –, bedeutet, dass uns bis zum jüngsten Gericht keine einzige Sünde mehr vorgehalten wird. Der Schuldbrief ist zerrissen, die Zahlung ist vollbracht. Das Einzige, was uns dann im jüngsten Gericht vorgehalten wird, ist: Warum hast du es nicht mit Jesus gehabt?
Jesus hat in seinem Kreuzestod gezeigt: „Ich für dich und du für mich, wir gehören jetzt zusammen.“ Er hat dein Schicksal und deine Not übernommen. Nun darfst du dich an ihn hängen. Das, was die prophetischen Gottesboten im Psalm 22 verkündet haben – das Elend des armen Jesus, „du legst mich in des Todes Stau“ – ist durch Jesus erfüllt worden.
Jetzt ist diese göttliche Rechtsordnung in Kraft gesetzt, darauf können wir uns verlassen. Jesus nimmt die Sünder an. Mich hat er auch angenommen und mir den Himmel geöffnet.
Es werden nicht alle Gebete in unserem Leben erhört. Nicht alle Wunder, die wir uns vorstellen könnten, und nicht alle Bewahrungen geschehen. Aber das gilt: Mir ist der Himmel aufgetan, und dadurch sollen wir reich werden.
Die Herausforderung an den Glauben und die Einladung zur Nachfolge
Deshalb stellen wir uns noch einmal die Frage: Haben wir uns wirklich schon reich machen lassen durch die Gnade des Herrn Jesus Christus?
Der Apostel Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth, um die er sich sehr bemüht hat. Er sagt: „Ihr kennt doch die Gnade des Herrn Jesus Christus.“ Doch man hört heraus, dass er fragt: Kennt ihr sie wirklich? Oder redet ihr nur davon, dass Jesus für uns gestorben, auferstanden ist und wiederkommen wird? Ist das bei euch zur Routine geworden? Oder habt ihr euch durch die Armut des Herrn Jesus reich machen lassen?
Paulus benutzt eine merkwürdige Formulierung: „Durch Armut reich werden.“ Hat er das wirklich gemeint oder war das ein Versprecher? Versprecher kommen ja vor. Als junger Pfarrer hatte ich einmal einen Dekan, dessen Lieblingswort war: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg.“ Doch er hat sich immer versprochen und sagte stets: „Dein Fuß ist meines Fußes Leuchte.“ Man hat immer gelächelt, wenn der „Fuß“ wieder auftauchte. Versprecher gibt es also, aber man weiß meist, was gemeint ist.
Paulus hat sich nicht versprochen. Er sagt, dass wir durch die Armut des Herrn Jesus reich werden. Nicht durch seinen Reichtum, der Gebete erhört, Wunder tun kann, uns segnet, leitet, führt, unser Gewissen schärft und im Sterben Trost gibt. Sondern durch seine Armut.
Diese kaufmännische Begrifflichkeit ist gar nicht so unpassend. Am armen Jesus können wir erkennen, wie viel es Gott und dem Herrn Jesus gekostet hat, mich aus der Verlorenheit zu retten.
Jetzt dürfen Sie das weiterspielen: Warum werden wir reich durch den armen Jesus? Damals wurde das riesige Konto meines Defizits, meiner roten Zahlen, gelöscht. Der Schuldbrief, der mit Forderungen Gottes gegen mich stand, wurde zerrissen. Das geschah damals. Jesus machte klar: „Du gehörst zu mir.“ So wie ich deine Schuld übernehme, gehörst du ganz eng zu mir. Du darfst jetzt von meinem Konto an Gerechtigkeit abbuchen.
Schon Jesaja 53 sagt: „Er, der Gerechte, wird Gerechtigkeit schaffen.“ Ich darf das, was Jesus an Gerechtigkeit hat, für mich in Anspruch nehmen, obwohl ich eigentlich nur ein Defizit habe. Ich kann seine Gerechtigkeit für mich abbuchen.
Ich war erschrocken, zutiefst erschrocken, als bei einer Gesellschaft jemand ganz cool sagte: „Wegen mir hätte Jesus eigentlich nicht sterben müssen.“ Zuerst war ich aufgewühlt, so wie wir Christen oft aufgewühlt sind bei solchen Aussagen. Gottes lästerliches Geschwätz.
Es ist immer gut, wenn wir nicht sofort reagieren, sondern Gott auch zu unserem Gewissen sprechen lassen.
Wie ist das bei dir? Brauchst du wirklich, dass Jesus am Kreuz von Golgatha gestorben ist? Oder reicht es dir, dass Jesus einen guten Weg zeigt, dass er dir Worte zuteilt, dich bewahrt, segnet, deine Gebete hört und dir in Not beisteht?
Brauchst du das Sterben Jesu? Oder reicht es nicht aus, dass Jesus als Bergprediger und Segnender da ist, als guter Hirte?
Der Apostel Paulus musste seine Gemeinden aufrütteln. Deshalb entschuldigen Sie, wenn jetzt ein hartes Wort kommt. Er sagt im Philipperbrief 3: „Ich sage es unter Tränen: Da gibt es Leute in der Gemeinde, denen ihr Bauch ihr Gott ist, denen es nur darum geht, dass es in ihrem Leben gut geht, dass sie bewahrt sind und dass alles wieder in Ordnung kommt, wenn sie beim Onkel Doktor waren.“ Diese Menschen seien wohlgefällig an sich selbst, „hinunter bis zum Äquator ihres mächtigen Leibes“, sodass sie nicht mehr über ihre Nasenspitze hinaussehen.
Sie sagen: „Schon alles gut, wie der Herr Jesus mich bewahrt, geleitet und geführt hat.“ Das sind Feinde des Kreuzes Christi, sagt Paulus im Philipperbrief. Sie wissen gar nicht, was der gekreuzigte Jesus bedeutet.
Oh Herr, weiß ich das wirklich? Oder ist mir nur wichtig, dass ich wieder gesund werde, dass Jesus mir hilft? Oder kann ich bis in den Tod hinein sagen: „Herr Jesus, du hast mir den Himmel geöffnet, meine Schuld kann mich nicht drücken. Du hast mich hineingeholt in die ewige Welt Gottes. Danke, danke, danke!“
Einladung zum Dank und zur Vertiefung des Glaubens
Ich möchte Sie einladen, gerade in dieser Passionszeit wieder ganz neu zu singen: Ich danke dir, Herr Jesus Christus, dass du für mich gestorben bist. Dass du das immense Schuldkonto meines Lebens gelöscht hast und mich teilhaben lässt an deiner Gerechtigkeit.
Dass ihr durch seine Armut reich werdet – dieses Wörtchen „durch seine Armut“ hat auch die Bedeutung, dass dadurch der Zugang geschaffen wird. Stichwort Römer 5: Wir haben Zugang zur Gnade durch Jesus, zu der Gnade, in der wir stehen (Epheser 3). Er hat den Zugang geschaffen, den Zugang gebrochen zu den Gnaden Jesu.
Wir hätten kein Recht auf die Segnungen und Hilfen Gottes, von denen ihr so eindrücklich berichtet habt, wenn nicht Jesus für uns gestorben wäre. Eigentlich müsste Jesus bei uns allen sagen: „Entschuldigung, mit dir möchte ich nichts zu tun haben. Wir beide passen nicht zusammen.“
Aber durch seinen Tod für Sünder hat er klargemacht, dass wir Zugang zu all meinen Kräften, zu meinen Segnungen und zu meinen Hilfen haben. Durch Christus haben wir Zugang zu der Gnade, in der wir stehen – durch ihn.
Kennt ihr die Gnade des Herrn Jesus Christus? Wo er reich war, wurde er arm um eureretwillen, damit ihr durch seine Armut reich würdet.
Afrikanische Perspektiven und die Bedeutung des gekreuzigten Jesus
Einige von ihnen waren in Tansania und Uganda und haben vielleicht etwas von der ostafrikanischen Erweckungsbewegung erlebt. Diese Bewegung ist bekannt für ihr Lieblingslied „Tukutendere sah Jesu, Ehre und Preis sei dem gekreuzigten Jesus, dem Lamm Gottes“.
Eines Tages kamen zu den Kreisen und Gruppen dieser ostafrikanischen Erweckungsbewegung einige dänische Missionare, die ein wenig charismatisch angehaucht waren. Sie sagten: „Oh, ihr lieben Freunde, bleibt doch nicht dauernd stehen beim gekreuzigten Jesus, der für uns gestorben ist. Es gibt doch noch mehr! Es gibt das Halleluja, es gibt Heilungen, es gibt Wunder.“
Daraufhin antworteten unsere afrikanischen Freunde: „Ihr redet so viel vom Heiligen Geist. Hat euch der Heilige Geist nicht gezeigt, wie wichtig der gekreuzigte Jesus ist? Hat der Heilige Geist euch nicht eure Sünde gezeigt und deutlich gemacht, wie sehr ihr den Herrn Jesus Christus als Gekreuzigten braucht?“
Es ist großartig, dass unsere afrikanischen Geschwister ein so tiefes Verständnis dafür haben, wie die Armut des Herrn Jesus uns reich macht.
Historische Herausforderungen und die bleibende Botschaft des Kreuzes
Im Revolutionsjahr 1848 war es für Christen eine große Versuchung, auf das Trittbrett der neuen Strömungen aufzuspringen. Doch es ging nicht immer nur um Jesus, um Sterben und Auferstehung, um die Bergpredigt und christliche Moral.
Zu allen Zeiten besteht die Versuchung für Christen darin, zu zeigen, wie sehr sie up to date sind und hellwach für die Zeit. Als auf dem Marktplatz von Schöndorf die Bürgerwehr aufgestellt und vereidigt wurde und die Fahne der Bürgerwehr geweiht wurde, hielt der Stadtpfarrer Frank – übrigens der Konfirmator von Gottlieb Daimler – eine feurige Rede.
Er sagte: „Jetzt endlich bricht Neues an, und wir Christen machen mit. Ein neuer Geist des Aufbruchs durchzieht unser Volk.“
Daraufhin knurrte der pietistische Stundenmann, der Weber Christian Rein: „Ich kann das nicht leiden, auf so etwas Neues aufzusteigen. Wir Christen haben doch die Hauptsache im gekreuzigten Jesus. Das ist doch, was wir der Welt zu sagen haben.“
Ja, er hatte Recht. Da liegt unser Reichtum. Er, der reich war, wurde arm um unseres Willens, damit wir durch seine Armut reich würden. Das ist die Hauptsache. Dafür wollen wir unserem Herrn Jesus danken.
Schlussgebet des Dankes und der Hingabe
Hab Dank, du erbarmer Jesus!
Du, Sohn des ewigen Vaters, du König der Welt, hast dich erniedrigen lassen zum Kuli unserer Sündenlast. Du hast dich erdrücken lassen von der Gottesferne und bist doch fest an Gott festgehalten. Du hast dich so mit unserem Schicksal verbunden, dass wir begreifen können: Wir dürfen zu dir gehören.
Du stößt uns nicht zurück, sondern hast Verantwortung übernommen und möchtest weiterhin für uns Verantwortung tragen. Gib, dass wir hineinwachsen und hineinlernen, dass wir verstehen, was wir an deiner Armut haben.
Dank sei dir, Herr Jesus, für dein Leiden, für deine Armut, für deine Erniedrigung und für die ganze Liebe zur Welt, die darin zum Ausdruck gekommen ist. Jetzt gib, dass wir uns noch viel enger mit dir verbinden, damit wir ewig durch deine Armut reich werden. Amen.