
Ich finde es schön zu hören, wie die Kinder, die gerade vorne gelesen haben, das Wort Gottes verinnerlicht haben. Es gibt viele Kinder, die sich alles Mögliche merken. Sie merken sich die Namen von Schauspielern, von Märchenfiguren, von Automaten oder von irgendetwas anderem. Das kann man natürlich auch tun, aber im Leben bringt das nicht sehr viel weiter.
Wenn man sich jedoch schon von Jugend an mit dem Wort Gottes auseinandersetzt, es im Kopf und auch im Herzen hat, dann ist das ein Schatz, den man das ganze Leben mit sich tragen kann. Ich hoffe, dass es einigen von euch, die heute Morgen hier sind, genauso ergangen ist und ihr als Kinder etwas vom Wort Gottes mitgenommen habt. Denn Gott spricht dadurch zu uns, stärkt uns und gibt uns Orientierung.
Liebe Geschwister und Freunde, als ich das letzte Mal hier war – ich erinnere mich noch gut daran – da war schon Corona. Damals habe ich von jemandem von euch eine Maske geschenkt bekommen. Nicht diese hier, nein, diese nicht, aber ihr erinnert euch bestimmt an die schöne Maske aus Stoff, die zugeschnitten und genäht war, auf der „Jesus lebt“ stand. Einige von euch haben sie auch getragen.
Vielen Dank dafür! Ich habe die Maske erst später bekommen und mich damals nicht mehr bedankt. Ich habe sie monatelang getragen, so lange es erlaubt war. Jetzt ist das nicht mehr erlaubt. Durch diese Maske bin ich mit einigen Menschen ins Gespräch gekommen. Ich habe das zum Beispiel im Supermarkt bemerkt: Die Leute schauen mich an, sehen mir nicht direkt in die Augen, sondern schauen auf die Maske mit der Aufschrift „Jesus lebt“. Auch beim Arzt hat mich eine Sprechstundenhilfe darauf angesprochen und gefragt, was das da auf der Maske bedeutet.
So hat mir die Maske gute Dienste geleistet. Wie gesagt, im Moment kann ich sie nicht mehr tragen, weil es nicht mehr erlaubt ist. Aber ich hoffe, einige von euch haben das auch getan. Mich freut das sehr, danke dafür! Das hat mir in mancher Situation geholfen.
Ich habe auch anderen Christen gesagt: Macht das doch auch! Wenn ihr kein Geschenk bekommt, dann besorgt euch doch selbst eine Maske mit dieser Aufschrift. Das ist eine hervorragende Möglichkeit, um Menschen auf Gott aufmerksam zu machen. Ganz egal, was sonst mit Corona ist – Gott gibt uns immer eine Möglichkeit, Menschen anzusprechen.
Gerade in Zeiten, in denen Menschen beunruhigt sind, sollten wir als Christen Hoffnungsbringer sein. Nicht als Leute, die meckern, jammern oder diskutieren, sondern als Menschen, die zeigen: Ganz egal, was passiert, wir wissen um den, der dein Leben in der Hand hat. Derjenige, der bestimmt, ob du lebst oder stirbst, ob Politiker eine richtige Entscheidung treffen oder nicht.
Das ist etwas ganz Tolles! Als Christen müssen wir nicht verunsichert sein. Wir können darauf vertrauen, dass Gott hinter allem steht und auch solche Situationen gebrauchen kann.
Als Christen sollten wir in mancherlei Hinsicht anders sein als die Menschen um uns herum. Denn als Christen kennen wir einen Gott, der da ist – ganz gleich, ob es uns gut geht oder schlecht, ob die Wirtschaft floriert oder nicht. Wir machen hoffentlich manche Dinge anders als Menschen, die Gott nicht kennen.
Ein Beispiel dafür ist die Taufe. Jemand, der kein Christ ist, wird sich normalerweise nicht taufen lassen – zumindest nicht so, wie es in der Bibel beschrieben wird. Es gibt zwar einige, die als kleine Babys etwas Wasser auf den Kopf bekommen und das als Taufe bezeichnen. Doch wenn wir in der Bibel lesen, wurden Menschen getauft, weil sie ihr Leben Gott übergeben haben. Sie haben durch den Tod Jesu Christi Erlösung erfahren, sind dadurch neu geworden und haben sich als äußeres Zeichen ihres Bekenntnisses vor anderen taufen lassen. So zeigen sie: Mein Leben gehört Jesus Christus.
Ähnlich gibt es andere Dinge, die wir hoffentlich tun, weil wir Christen sind, und andere, die wir nicht tun, weil wir Christen sind. Eines der Dinge, die wir hoffentlich immer wieder tun, ist das Beten.
Für Menschen, die nichts mit Gott zu tun haben, wirkt das oft seltsam. Sie denken vielleicht: Du sitzt zu Hause am Tisch und redest mit jemandem, der gar nicht da ist. Zumindest ist das die Auffassung von jemandem, der Gott nicht kennt. Er fragt sich: Zu wem redest du denn? Da ist doch niemand.
Oder du bist zu zweit mit deinem Ehepartner und ihr betet zusammen. Dabei sprecht ihr nicht zueinander, sondern zu einer anderen Person – zu Gott. Denn wir wissen, dass Gott unsichtbar da ist, dort wo wir leben und sind.
Wir brauchen keine Statue, vor der wir uns verneigen müssen, wie es in manchen anderen Religionen der Fall ist. Wir wissen: Gott ist allgegenwärtig. Er ist da, ob wir ihn sehen oder spüren oder nicht. Er versteht uns besser, als wir uns selbst verstehen, besser als unser Ehepartner uns versteht und besser als irgendein anderer Mensch.
Wir können ihm sagen, was uns auf dem Herzen liegt. Wir können ihm die Ehre geben dafür, dass er uns durch unser Leben begleitet, beschützt, auf Gebete geantwortet hat und dass wir einmal in der Ewigkeit bei ihm sein dürfen. All das dürfen wir ihm im Gebet sagen.
Deshalb spielt das Gebet in der Bibel eine außerordentlich wichtige Rolle. Dabei geht es aber nicht darum, möglichst lange oder laut zu beten. Das ist nicht entscheidend. Gott müssen wir nicht beeindrucken, denn er ist nicht schwerhörig. Du musst Gott nicht anschreien, denn er versteht dich, egal ob du leise oder laut sprichst.
Manchmal sieht Gott sogar nur das Gebet deines Herzens, wenn du innerlich betest. Darauf kommt es an. Jesus sagt in der Bergpredigt: Ihr sollt nicht plappern wie die Heiden, die meinen, um ihrer vielen Worte willen erhört zu werden.
Du musst Gott nicht überreden oder totreden. Du kannst ihm alles sagen, was dir auf dem Herzen liegt – und solltest es auch tun. Denn er ist die beste Adresse für jemanden, der zuhört.
Wir brauchen ihn nicht mit klugen Worten zu überzeugen. Dahinter steckt oft ein falsches Bild von Gott, als ob er etwas Böses wollte und wir ihn erst überreden müssten, davon abzulassen.
Dabei weiß Gott den besten Plan für dein Leben. Er weiß es viel besser als du. Würde Gott alles tun, was du gerne möchtest, wer weiß, wo du heute stehen würdest? Vielleicht wärst du dann gar nicht gläubig.
Darauf müssen wir vertrauen: Gott weiß am besten, was gut für uns ist. Wir müssen ihn nicht überreden. Manchmal geht es Gott eher darum, dass wir unsere Sorgen von der Seele reden und er zuhört – wie ein guter Vater. Er antwortet auch, aber nicht immer so, wie wir es uns gerade vorstellen.
Ich möchte euch heute Morgen einen Text aus der Bergpredigt vorlesen, und zwar den Teil, in dem Jesus etwas über das Gebet sagt. Er bringt seinen Jüngern das Gebet bei, das für Christen das wichtigste Gebet überhaupt ist: das Vaterunser.
Wahrscheinlich gibt es kaum ein Gebet weltweit, das von so vielen Christen gebetet wird. Man kann es mit Überzeugung beten, oder auch nur als Ritual.
Dieses Gebet findet man in der katholischen Kirche, in der orthodoxen Kirche und in der evangelischen Kirche. Dort wird es meistens jeden Sonntag gebetet. Manche beten es sogar jeden Tag. In der katholischen Kirche gibt es zusätzlich den Rosenkranz. Dabei hat man Perlen in der Hand und betet ein Vaterunser, ein Ave Maria, ein Vaterunser und so weiter.
Oft geschieht das jedoch nicht mehr von Herzen. Es ist dann nur noch ein Ritual. Man hofft, durch das ständige Wiederholen bei Gott „Punkte“ zu sammeln, um besser bei ihm dazustehen.
Aber man kann das Vaterunser auch mit tiefer und fester Überzeugung beten. Denn wir wissen, dass es die Worte Jesu sind. Hat Jesus nicht zu seinen Jüngern gesagt: „Wenn ihr betet, dann betet so“?
Damit meint er sicher nicht, dass wir keine anderen Worte gebrauchen dürfen. Aber es scheint doch ein Gebet zu sein, in dem viel steckt – etwas, von dem wir auch heute noch für unsere Beziehung zu Gott und für die Gestaltung unseres Gebets lernen können.
Ich möchte euch an dieser Stelle das Vaterunser vorlesen. Ihr könnt gerne mitlesen. Wir finden es im Matthäusevangelium, Kapitel 6. Ich werde euch immer einen kleinen Abschnitt vorlesen und danach einige Worte dazu sagen.
Im Matthäusevangelium, Kapitel 6, geht es zunächst ums Beten. Jesus sagt, dass ihr nicht so beten sollt wie die Heuchler, denn euer Vater weiß, was ihr braucht. Deshalb sollt ihr auf folgende Weise beten: Kapitel 6, Vers 9 – „Unser Vater, der du bist im Himmel“.
Schon in diesen Worten steckt viel Bedeutung. Zuerst wird Gott als Vater angesprochen. Dabei wird deutlich: Dieses Gebet darf und kann nicht jeder Mensch sprechen. Du kannst zu Gott als Mensch sprechen, auch wenn du kein Christ bist, etwa als meinen Schöpfer oder meinen Richter. Das ist richtig, denn Gott ist der Schöpfer und Richter jedes Menschen.
Aber Gott ist nicht der Vater jedes Menschen. Wenn Gott dein Vater sein soll, musst du erst sein Kind werden. Nur ein Kind kann berechtigterweise seinen Vater so nennen.
Ich weiß nicht, wie es euch geht: Wenn ihr im Supermarkt einkauft und ein Kind ruft „Papa“, dann dreht ihr euch wahrscheinlich nicht um und sagt: „Ah ja, Schatz, soll ich dir helfen?“ Das Kind wäre vermutlich überrascht, weil es gar nicht euer Kind ist, wenn es ein anderes ist. Genauso ist es, wenn du zu Gott „Papa“ oder „Vater“ sagst, aber Gott nicht dein Vater ist. Was soll das?
Um Gott „Vater“ nennen zu dürfen, musst du sein Kind werden. Die Bibel sagt, dass du nur Kind Gottes werden kannst, wenn du wiedergeboren bist. Denn der Mensch ohne Gott ist von ihm entfernt. Er ist zwar sein Geschöpf und sieht äußerlich lebendig aus, aber innerlich, geistlich gesehen, ist er tot.
Das heißt: Die Verbindung zu Gott fehlt. Dein eigener Geist ist tot. Wenn du kein Christ bist, bist du äußerlich lebendig – dein Körper lebt, du kannst denken und fühlen – aber dein Geist ist tot.
Erst wenn du zu Jesus Christus kommst, wenn du eingestehst, dass du Gott gegenüber rebellisch warst, dass du in Sünde gelebt hast und das nicht mehr möchtest, dann kannst du darum bitten, dass Jesus dir deine Sünden vergibt und dir ein neues Leben schenkt.
Dann kommt der Heilige Geist in dich, erneuert dein Leben und du wirst geistlich wiedergeboren. Das ist auch der Grund, warum sich heute manche taufen lassen wollen, weil sie diese innere Veränderung erlebt haben. Das ist der einzig legitime Grund. Wenn man nur aus Tradition getauft wird, hilft das nicht. Nur wenn man innerlich neu geboren wird, ist die Taufe sinnvoll.
In diesem Moment bist du Kind Gottes geworden. Du bist nicht Kind Gottes, weil du in einer christlichen Familie aufgewachsen bist. Du bist es nicht, weil du in Deutschland wohnst. Du bist auch nicht Kind Gottes, weil du einen Gottesdienst besuchst. Du bist nur dann Kind Gottes, wenn dein altes Leben gestorben ist und du als Sohn oder Tochter Gottes neu geboren wurdest.
Nur dann darfst du Gott als Vater ansprechen, weil er dann dein Vater geworden ist – der liebevolle Vater, der dir zuhört und es gut mit dir meint. Deshalb darfst du ihn deinen Vater nennen.
Das ist außergewöhnlich, denn im Alten Testament war das nicht so üblich im Volk Israel. Dort wurde zwar gesagt, dass Gott der Vater des Volkes Israel ist, weil er Abraham berufen hat. Aber nicht unbedingt der Vater des einzelnen Menschen, der stand meist weit darunter.
Im Neuen Testament aber dürfen wir alle zu Gott „Vater“ sagen.
Darin steckt allerdings auch schon eine nähere Bezeichnung, denn es heißt ja „Vater unser“. Hier wird ganz deutlich gemacht: Leben mit Gott, Leben mit Jesus Christus ist keine Sache, die nur dich privat betrifft.
Es gibt Menschen, die haben den Eindruck: „Ich und Gott, das genügt, was anderes brauche ich nicht.“ Doch das finden wir ganz deutlich, das geht nicht. Schon hier allein drückt es sich aus: Wenn du betest und Gott als Vater hast, dann sagst du gleichzeitig, dass du auch Schwestern und Brüder hast. Mit ihnen gehörst du zusammen, weil Gott das so will.
Wir sind in einer Familie, und wir werden auch in der Ewigkeit eine Familie sein. In Deutschland ist es so, dass in manchen großen deutschen Städten – das habe ich vor kurzem in einem Artikel gelesen – in einigen dieser Städte die Hälfte aller Wohnungen von nur einer Person bewohnt wird. Es handelt sich also um Ein-Personen-Haushalte, Singlehaushalte.
Warum ist das so? Man will sich an niemanden binden, man will sein eigenes Ding machen. Wenn man jemanden treffen will, dann tut man das. Ich weiß nicht, ob ihr das gehört habt: Es gibt in Deutschland eine neue Form von Ehe. Auch da hatte ich neulich mit einem jungen Paar gesprochen. Sie sagten, sie streiten sich so häufig, dass sie überlegten, ob es nicht besser wäre, in zwei verschiedenen Wohnungen zu leben.
Der Ehemann zieht in eine Wohnung, die Ehefrau in eine andere. Dann kann jeder sein eigenes Ding machen. Und wenn sie sich ab und zu treffen wollen, um gemeinsam etwas zu unternehmen, dann besuchen sie sich jeweils in der einen oder der anderen Wohnung. Danach verabschiedet man sich wieder.
Was haltet ihr davon, die Ehe so zu führen? Ich habe ihnen dann gesagt: Das ist nicht Gottes Plan. Wenn jeder sein eigenes Leben führt, könnt ihr euch auch fast scheiden lassen. Gott will, dass ihr zusammen seid. Er will auch, dass ihr euch manchmal aneinander reibt und ärgert.
Jetzt denkt man vielleicht: Warum will Gott, dass ich mich ärgere? Wie lesen wir das zum Beispiel im Hebräerbrief oder an anderen Stellen? „Wen Gott liebt, den züchtigt er.“ Manchmal müssen wir auf unsere eigenen Fehler und Irrtümer aufmerksam gemacht werden. Dabei gebraucht Gott andere Menschen.
Es ist gut, wenn du dich ab und zu mal an Geschwistern in der Gemeinde ärgerst. Aber ihr müsst euch jetzt nicht Mühe geben und sagen: „Ach, ich ärgere die anderen jetzt ganz besonders, weil das ein Segen ist.“ Nein, so ist das nicht. Das muss man in der Familie ja auch nicht tun.
In der Familie ist es trotzdem so, dass man sich ab und zu ärgert. Warum macht er das so? Warum hat er die Sache wieder stehen gelassen? Warum hat sie das nicht aufgeräumt? Warum hat er das nicht gemacht? Wir ärgern uns aneinander. Gleichzeitig ist das aber auch eine Möglichkeit, einander zu dienen, einander zu vergeben und Geduld und Gnade zu üben.
Wie willst du das lernen, wenn du keinen Menschen hast, dem du gnädig sein musst? Sei dankbar für die Leute, die dich nerven in deiner Umgebung: deine leiblichen Geschwister, deine geistlichen Geschwister. Gott hat sie dir gegeben, damit sie dir deine eigenen Grenzen zeigen. Damit sie zeigen, wie wenig noch Liebe, Gnade oder Vergebungsbereitschaft dein Leben bestimmt.
Denn wärest du voller Gnade und Vergebungsbereitschaft, dann würdest du dich gar nicht mehr ärgern. Dann könnten alle machen, was sie wollten, und du würdest sie immer noch in Liebe umarmen, ansehen und sagen: „Mein lieber Bruder, meine liebe Schwester.“ Wenn da noch Ärger ist, dann merken wir, dass Gott noch an uns arbeitet.
Wenn dann steht „Unser Vater“, heißt das, dass er auch der Vater deiner Brüder und Schwestern in der Gemeinde und in der Familie ist – egal, ob du dich über sie ärgerst oder nicht. Wenn du „unser Vater“ betest, sollte dir das bewusst werden. Dann sagst du nicht „Mein Vater, du bist für mich und setzt meine Interessen durch“, sondern: Wir sind eine Familie.
Gott ist unser Vater, und wir sind seine Söhne und Töchter, die ihm nachfolgen wollen. Das bleibt auch so bis in alle Ewigkeit. Denn wie gesagt, im Himmel wird es keine Apartments geben, in denen jeder für sich lebt.
Also sollte nicht jeder für sich „zack, Tür zu, Internet an“ machen, was auch immer man gerade alleine tut. Nein, dort werden wir gemeinsam Gott loben, als eine große Familie. Und hier auf der Erde sollten wir das auch tun.
Es ist unser Vater. Er ist nicht nur dein Vater oder nur mein Vater, sondern unser Vater. Und als solchen sollten wir ihn auch ansprechen.
Also unser Vater, ganz deutlich unser Vater: Du bist der, du bist im Himmel.
Was soll uns dadurch gesagt werden? Einerseits soll ganz einfach gesagt werden: Ja, wir alle haben auch einen irdischen Vater, egal ob du ihn nun kennst oder nicht, oder ob du ihn liebst oder nicht. Ich hoffe eher, dass du ihn kennst und dass du ihn liebst. Aber manche kennen ihre Väter ja auch nicht, weil sie ausgesetzt sind, die Eltern gestorben sind oder aus anderen Gründen. Also hast du einen irdischen Vater.
Jetzt ist es vielleicht traurig, das von dir zu hören, aber dein irdischer Vater ist nie so gut wie dein himmlischer. Du könntest dir sagen: „Oh nein, wir sind doch gute Väter.“ Ich kann das als Vater sagen, ich habe ja mehrere Kinder. Aber wir können nie so gut sein wie unser himmlischer Vater, weil wir alle noch Fehler haben, noch mit Sünde zu tun haben und nicht so geduldig sind, wie wir es sein sollten.
Deshalb soll hier deutlich gemacht werden: Der Vater, zu dem wir im Gebet reden, ist nicht ein irdischer Vater, sondern der himmlische Vater. Das heißt, er wohnt im Himmel, er thront weit über der Erde. Das bedeutet, sein Herrschaftsbereich geht weit über das hinaus, was irdisch überhaupt möglich ist. Selbst wenn du einen Vater hast, der Präsident oder König eines Landes ist, ist das im Vergleich zum himmlischen Vater noch nichts. Denn auch dieser Präsident wird irgendwann abgesetzt und sterben, ebenso der König. Aber der himmlische Vater herrscht ewig und ist ewig da.
Wenn wir dann bitten: „Unser Vater, der du bist im Himmel“, soll das nicht ausdrücken, dass du so weit weg bist. Es soll ausdrücken, dass du an dem Herrschaftsort des Universums bist. Du bist derjenige, der weit über das hinausgeht, was wir hier auf der Erde haben, und viel mehr bist als irgendein irdischer Vater es sein kann.
Der Himmel bedeutet jetzt nicht nur „sehr, sehr weit weg“. Natürlich ist die Herrschaft Gottes irgendwie weit weg, aber auf der anderen Seite ist er ganz nahe. Denn der Himmel ist ja da oder fängt schon da an, wo wir ihn als Kinder Gottes in unserem Leben wohnen lassen. Da sind wir ja schon Himmelsbürger, da gehören wir schon mit dazu. Also: Unser Vater, der du bist im Himmel.
Dann geht es weiter: „Geheiligt werde dein Name.“ Die ganzen ersten Bitten des Vaterunsers richten sich interessanterweise nicht an unsere Interessen, sondern an Gottes Interessen. Das ist eine wichtige Sache, die wir daraus lernen sollten, selbst wenn wir nicht immer wieder das Vaterunser beten.
Wir sollten lernen, dass unsere Gebete nicht nur ausdrücken, was ich gerne haben will oder was Gott besser für mich tun sollte. Das ist etwas, worum wir häufig automatisch beten. Ich weiß nicht, wie es euch geht, mir muss das keiner sagen. Wenn ich ein Problem habe, dann komme ich zu Gott, sage ihm das und bitte: „Greife ein, verändere etwas.“ Das darf ich, das ist nicht verboten.
Aber wir dürfen nie vergessen: Gebet sollte nicht nur mein Interesse oder das Interesse meiner Familie oder Freunde sein. Das Gebet sollte immer auch das Interesse Gottes im Blick haben. Hier geht es um Gottes Interesse: „Dein Name werde geheiligt.“ Davon habe ich erst mal gar nichts. Das ist nicht so, dass es mir besser geht in meiner Familie, in meiner Arbeit oder in meiner Gesundheit.
Wir sollten im Gebet auch daran denken, Gott, wir wollen die Perspektive weg von uns zu dir richten. Gott, es soll dir gut gehen, dein Ziel soll erreicht werden, nicht nur mein Ziel.
Geheiligt werde dein Name. Geheiligt meint so viel wie ausgesondert, ganz besonders beachtet, von allen geehrt. Das heißt geheiligt. Und wer kann das eigentlich nur machen? Es ist eine Bitte, die sich an Gott richtet. Gott, du kannst es nur machen, dass dein Name geheiligt wird.
Dass Menschen eben nicht über dich spotten oder sich über dich lustig machen, sondern wir wünschen uns als Christen, dass alle Menschen Ehrfurcht vor dem Namen Gottes haben. Denn wenn hier „der Name“ steht, dann ist natürlich auch die Person damit gemeint. Im ganzen Alten Testament und im Neuen Testament steht für die Person der Name. Wenn gesagt wird: „Dein Name werde geheiligt“, dann heißt es, du als Person, du als Gott sollst geheiligt werden. Du sollst im Mittelpunkt stehen.
Wir haben so vieles in unserem Umfeld, von Menschen und vielleicht manchmal auch von uns, was die Stelle Gottes einnimmt – und das ist schlecht. Jetzt bitten wir Gott darum, dass er im Zentrum stehen soll, mit seinem Namen, aber insbesondere auch mit seiner Person.
Wenn wir das beten, kann es auch sein, dass Gott in unserem Leben eingreift und manche Dinge, die uns so wichtig geworden sind, wegnimmt. Weil er sagt: „Ja, du bittest mich doch darum, dass ich geheiligt werden soll.“ Geheiligt heißt herausgehoben, herausgehoben in deinem Leben, nicht nur eine Sache unter vielen oder eine Nebensache, sondern dass er das Zentrum deines Lebens, das Zentrum der ganzen Welt wird.
Wenn du ihn darum bittest, solltest du nichts tun, was dem entgegensteht. Du solltest zumindest in dem, was du in deinem Alltag tust, nichts unternehmen, was dazu beiträgt, dass der Name Gottes nicht geheiligt wird.
Wodurch wird der Name Gottes nicht geheiligt? Zum Beispiel, indem du als Christ in Sünde lebst. Wenn du in Sünde lebst, gibt es andere, die sich über Gott lustig machen. Das wissen wir, das kennen wir doch. Wenn du heute mit jemandem aus der katholischen Kirche sprichst, dann sagen viele: „Ja, da gibt es doch die Priester, und die haben sich an Kindern vergangen.“ Schon ist der Ruf Gottes, der Kirche und der Gemeinde beschädigt.
Genauso ist es manchmal, wenn jemand in der Gemeinde in Sünde lebt oder handelt und das an die Öffentlichkeit kommt. Dann ist damit auch der Ruf Gottes beschädigt. Nicht weil Gott es getan hat, sondern weil seine Diener es getan haben.
Wenn du willst, dass der Name Gottes geehrt und geheiligt wird, statt dass man ihn verächtlich behandelt, dann solltest du schon allein deshalb darauf achten, wie du als Christ nach außen trittst. Wie nehmen die Leute dich als Christ wahr?
Dann sagen sie nicht nur: „Ach, der Michael Kotsch, was hat der für komische Sachen gemacht?“ Sondern: „Ja, da sieht man mal wieder, so sind die Christen, so ist das mit dem Glauben, so ist das mit Gott.“
Das heißt, auch wie wir leben oder was wir tun, kann dazu beitragen, dass der Name Gottes geheiligt, gelobt und geehrt wird – oder wir tun das Gegenteil.
Wir bitten Gott: „Dein Name sei geheiligt.“ Aber wir leben so, dass die Leute den Namen Gottes nicht heiligen, weil sie unser Leben ansehen.
Wenn wir bitten: „Dein Name werde geheiligt“, kann Gott das am Ende nur tun. Wir können nur einen kleinen Beitrag leisten. Aber wir können das ehrlich bitten und zumindest diesen kleinen Beitrag liefern.
Es hängt nicht nur an dir, und es hängt nicht nur an mir. Aber wir können diesen Beitrag leisten. Wenn du etwas falsch machst, ist es nicht nur so, dass du schlecht dastehst. Viele Leute denken dann: „Ah, das ist typisch mal wieder die Christen, typisch die Gemeinde, oder das ist ja bei Gott, da hat Gott versagt.“
Da ist eine Christin, die sagt: „Gott macht uns immer gesund.“ Manche Christen sagen so etwas. Und wenn sie dann schwer krank werden, was sagt der Nachbar? „Ach, siehst du, das ist ihr Gott.“ Er sagt, er ist immer gesund, und er wird ja gar nicht gesund.
Mit solchen Dingen können wir Gott verunehren. Wenn wir sagen, jeder Christ ist immer gesund, und der Christ wird dann nicht gesund, verunehren wir Gott damit auch.
Wir müssen gut überlegen, was wir tun und was wir sagen. Gerade wenn wir hier so etwas beten, sollten wir dazu beitragen, dass der Name Gottes geehrt wird.
Natürlich bedeutet das auch, dass wir uns an die Zehn Gebote erinnern, wo steht: „Du sollst den Namen Gottes nicht unnütz führen“, „Du sollst den Namen Gottes nicht missbrauchen.“ Das gehört auch dazu.
Wenn der Name Gottes geheiligt werden soll, heißt das, wir sollen mit dem Namen Gottes nicht einfach so um uns werfen, als ob das irgendetwas sei. Viele Leute tun das, indem sie entweder mit dem Namen Gottes fluchen oder schwören, ohne sich zu überlegen, bei wem oder über wen sie da reden. So, als ob Gott jemand wäre, über den sie verfügen könnten.
Wenn wir über Gott reden, sollten die Menschen bei uns spüren, dass wir Ehrfurcht vor Gott haben, dass er für uns heilig ist. Das steckt hier mit drin. Jesus will uns sensibilisieren: Bete das zu Gott, und wenn du es zu Gott betest, kann es gleichzeitig dein Herz verändern, weil es deine Perspektive auf Gott verändert und du einen anderen Blick auf Gott bekommst.
Also: „Dein Name werde geheiligt, dein Reich komme.“
Das Reich Gottes, so wie Jesus es gepredigt hat, hat zum Teil hier auf der Erde schon begonnen. Es begann dort, wo du dein Leben Jesus Christus übergeben hast. Paulus sagt ja deutlich: Dann bist du ein Fremdling auf der Erde. Du bist eigentlich Himmelsbürger, und da ist das Reich Gottes schon hier.
Das Reich Gottes ist jedoch noch im ganz kleinen Maßstab vorhanden, weil es nur wenige Christen gibt, gemessen an der Gesamtbevölkerung. Und nur wenige Christen wollen Jesus wirklich annehmen. Selbst diese Christen leben nicht immer mit der ganzen Konsequenz, die Jesus sich wünschen würde. Aber das Reich Gottes fängt schon ein wenig an, und man kann es manchmal sehen.
Manchmal trifft es auch Menschen, die in eine christliche Familie oder Gemeinde kommen und sagen: „Bei euch ist das anders, da geht man anders miteinander um.“ Hoffentlich ist das so. Ich hoffe nicht, dass Leute in eine Gemeinde kommen und sagen: „Oh, gut, dass ich wieder weg bin, in meinem Sportverein sind die viel netter.“ Dann ist etwas falsch gelaufen, und das Reich Gottes ist dort noch nicht richtig sichtbar.
Eigentlich sollte das Reich Gottes in unserem Leben sichtbar sein, sodass Menschen merken, dass wir anders miteinander umgehen. Unsere Prioritäten und Ziele sind andere, und wir sagen: „Dein Reich komme.“ Aber wir müssen uns auch deutlich machen, dass wir das Reich Gottes auf Erden nicht schaffen können.
Es gibt immer wieder Christen, die es versucht haben. Sie sagten: „Wir machen eine Revolution, wir setzen die Regierung ab oder haben sonst ein tolles Programm, und dann haben wir das Reich Gottes auf Erden.“ In den meisten Fällen war es hinterher schlimmer als vorher. Keine menschlichen Programme, egal welche, können das Reich Gottes auf Erden schaffen.
In den letzten 150 Jahren haben sogar Atheisten versucht, das Reich Gottes auf Erden zu schaffen. Das war die Idee des Sozialismus und Kommunismus. Man wollte eine ganz andere Gesellschaft machen, alle Herrschenden absetzen, und am Ende sollten alle glücklich sein. Jeder sollte so viel erarbeiten, wie er kann, und alle sich gegenseitig unterstützen. Es sollte keine Herrschenden und Beherrschten mehr geben.
Am Ende kam heraus, dass es viel schlimmer war. Es gab zig Millionen Tote und Unterdrückte. Die Parteimitglieder wurden die Herrschenden, und die anderen wurden unterdrückt, besonders auch die Christen in kommunistisch-sozialistischen Ländern. Das war der Versuch, auf atheistische Weise das Reich Gottes einzuführen, und es funktioniert nicht.
Das funktioniert auch nicht, wenn wir Christen es probieren. Das Einzige, was wir tun können, ist, selbst nach dem Maßstab Gottes zu leben. Dann entsteht ein Stück weit das Reich Gottes. Wir können andere dazu auffordern, das Reich der Welt zu verlassen und Mitglieder des Reiches Gottes zu werden. Das wird die Welt am stärksten verändern.
Welche Sozial- oder politischen Programme wir auch wählen, egal welche Partei herrscht, es wird nicht grundsätzlich besser auf der Erde laufen. Im Herzen jedes Menschen – egal welcher Partei und Zuordnung – herrschen Eigensucht und Egoismus neben dem schwachen Wunsch, etwas Gutes zu tun. Am Ende wird das den Ausschlag geben.
Menschen werden nur tief im Inneren verändert, wenn sie Gott kennenlernen und wenn Gott durch den Heiligen Geist in ihnen wohnt. Das heißt: Willst du die Welt zum Besseren verändern, dann missioniere umso intensiver. Wenn Menschen gläubig werden, verändert das ihr Leben grundlegend.
Ab und zu bin ich in Rumänien, in einigen Dörfern an der moldawischen Grenze, und helfe mit, Hilfsgüter zu verteilen und mit Leuten über den Glauben zu sprechen. In diesen Dörfern, wo die Leute sehr bescheiden leben – viele haben nur ein Einraumhaus mit Lehmwänden und ohne Keller, also ganz einfach – kann man am Haus schon sehen, ob jemand gläubig ist oder nicht.
Man sieht, wie die Menschen in der Familie miteinander umgehen. Sie haben wenig, aber ich habe etwas Verblüffendes erlebt: Wir besuchten eine Familie, die nicht gläubig war. Der Mann trank, schlug seine Kinder, und das Haus war zerfallen. Zwei Jahre später wurde er gläubig. Er hat nicht mehr Geld, aber plötzlich stehen Blumen in der Wohnung, man geht herzlich miteinander um und lädt Leute ein. Gott hat das Herz verändert.
Genau das ist es: Wenn du die Welt verändern und besser machen willst, dann tu das, indem du Menschen auf Jesus Christus hinweist. Er verändert das Herz, und dadurch kann alles anders werden. Menschen verhalten sich anders, und so entsteht ein Stück weit das Reich Gottes hier auf der Erde – der Anfang davon.
Wenn wir Gott bitten: „Dein Reich komme“, bedeutet das, dass wir hoffen, dass Gott die Herrschaft über die gesamte Welt übernimmt. Wir bitten um etwas, von dem wir als Christen wissen, dass es geschehen wird, denn Jesus hat es versprochen.
Jesus hat versprochen, wiederzukommen. Wenn er das zweite Mal kommt, wie wir in Matthäus 24 lesen, wird er kommen, die Engel werden posaunen, und alle werden ihn sehen. Er wird nicht mehr nur als Diener kommen, sondern als Herrscher.
In der Bibel lesen wir, dass er in Jerusalem regieren wird und alle Völker nach Jerusalem kommen werden. Nicht wegen Jerusalem selbst, sondern weil Jesus dort ist. Das ist entscheidend. Jesus wird ein tausendjähriges Friedensreich aufrichten, und dann haben wir wirklich das Reich Gottes.
Dann werden Kriege, Eigensucht, Egoismus, Bestechung und Korruption vorbei sein, weil Jesus das Herz der Menschen verändert hat. In dieser Zeit wird der Teufel gebunden sein, sodass er die Menschen nicht mehr verführen kann. Dann wird das Reich Gottes da sein.
Wir sollten uns danach sehnen. Wir sollten uns nicht nur fragen, wie wir unser Haus noch schöner machen oder unseren Urlaub besser gestalten können. Das dürfen wir tun, und es ist nicht böse. Aber unser Hauptaugenmerk sollte nicht darauf liegen, uns ein kleines persönliches Paradies zu schaffen.
Vielmehr sollten wir darauf schauen und erwarten, dass Jesus kommt, hier auf der Erde regiert und sein Reich aufrichtet. Wir werden mit ihm herrschen, aber nicht selbst bestimmen. Jesus bestimmt, weil er am besten weiß, wie es geht.
Wenn wir beten „Dein Reich komme“, sollten wir diesen Blick haben – über die nächste Wahl, über die Politik und all das hinaus. Das Wesentliche, was die Welt braucht, ist die Herrschaft von Jesus Christus und nicht ein Regierungswechsel in Berlin oder anderswo.
Manche Christen denken viel zu eng und verstricken sich in kleine politische Themen. Dabei verlieren sie das Reich Gottes aus dem Blick. Doch darum geht es eigentlich nicht. Es geht nicht um Tagespolitik, wie wir sie täglich in den Medien verfolgen.
Dafür sollen wir beten, gehorsam sein, uns unterordnen und tun, was wir können. Aber das Wesentliche, für das wir stehen, ist das Reich Gottes, das erst noch kommt – sein Friedensreich, das er aufrichten wird.
Deshalb beten wir: „Dein Reich komme.“ Und wir sollten auch beten: „Hoffentlich kommt dein Reich bald.“ Wenn wir das beten, wissen wir auch, dass die Trübheitszeit vorherkommt.
Warum sollten wir Angst vor der Trübheitszeit haben? Sie wird sowieso kommen und ist im Vergleich zum tausendjährigen Reich nur eine kurze Phase. Wenn wir der Prophetie Daniels glauben, sind es sieben Jahre. Was sind sieben Jahre im Vergleich zu tausend Jahren? Das ist nur eine vorübergehende Zeit.
Jesus sagt, dass diese Zeit des Abfalls und des Antichristen vorherkommen muss, bevor er sein Reich aufrichtet. Deshalb brauchen wir uns vor dem Antichristen nicht zu fürchten. Wir schauen nicht auf den Antichristen, sondern auf Jesus, der den Antichristen besiegen wird.
Jesus wird diesem widergöttlichen Streben ein für alle Mal ein Ende bereiten. Das beten wir, wenn wir sagen: „Dein Reich komme.“ Dann haben wir die Hoffnung über alle politischen Versprechen hinaus, die nur die nächsten vier oder fünf Jahre betreffen.
Wir wissen, Jesus steht dahinter, und wenn er sein Reich aufrichtet, wird alles ganz anders laufen.
Und dann kommt hier die nächste Bitte, die uns wahrscheinlich noch stärker herausfordert, nämlich: Dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf Erden.
Dass im Himmel der Wille Gottes geschieht, ist ja vollkommen klar. Gott muss nur irgendeinen Befehl geben, und die Welt entsteht. Da steht ja: „Und Gott sprach, und es geschah.“ Bei Gott ist es so, dass er niemanden überzeugen muss und auch nicht gegen etwas kämpfen muss. Gottes Wille ist absolut. Wenn Gott etwas will, dann geschieht es auch. Er will, dass die Sonne kommt – zack, und die Sonne war da. Die Erde soll kommen – und die Erde ist da. Das Meer soll kommen – und das Meer war da. Wenn Gott etwas will, dann geschieht es.
Im Himmel, das heißt im Herrschaftsbereich Gottes, geschieht sein Wille absolut. Wenn wir bitten: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“, dann bedeutet das, dass wir uns wünschen, dass auch hier auf der Erde der Wille Gottes wieder vollumfänglich geschieht. Das ist im Moment nicht so.
Denn seit dem Sündenfall hat Gott dem Menschen die Möglichkeit gegeben zu sagen: Willst du mir aus freien Stücken gehorsam sein? Willst du dich meiner Regie unterordnen oder willst du deine eigene Sache machen? Der Mensch hat entschieden: „Ich will meine eigene Sache machen. Ich weiß besser, was für mich gut ist und was für die Welt gut ist.“
Was Adam und Eva gemacht haben, sagen manche Leute: „Ja, ich hätte es besser gemacht.“ Dann mache es heute besser, indem du dich heute dem Willen Gottes unterordnest. Denn im Grunde genommen sind die meisten Menschen heute noch genauso wie Adam und Eva. Sie sagen nämlich: „Ich weiß doch besser, was für mich gut ist.“
Und dann kommt Gott und sagt: „Mach das nicht!“ Dann sagt man: „Was, Gott, warum verbietest du mir das? Warum darf ich das nicht? Das macht doch Spaß, lass mich das doch tun, ich weiß doch, was für mich gut ist.“
Gerade in der postmodernen Zeit, in der wir jetzt leben, ist es so, dass alle Menschen meinen, niemand dürfe ihnen Vorschriften machen. Die Eltern dürfen mir keine Vorschriften machen, der Staat darf mir keine Vorschriften machen, die Gemeinde darf mir keine Vorschriften machen, Gott darf mir keine Vorschriften machen. Ich will nur das tun, was mir gut erscheint.
Und genau das war die Ursünde von Adam und Eva. Gott hat gefragt: Willst du dich selbst erkennen beziehungsweise bestimmen, was gut und böse ist? Der Mensch heute will selbst bestimmen, was gut und böse ist. Er möchte keinen reinreden lassen in das, was er tut.
Gerade das ist eben nicht zu bitten: „Dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden.“ Für den, der kein Christ ist, sagen wir, ist das natürlich verständlich. Was soll er auch sonst machen? Er steht vor seinem eigenen Willen. Und meistens merken die Menschen, umso älter sie werden, dass sie durch ihre eigenen Entscheidungen ihr Leben kaputt machen.
Da ist ein junger Mann, der besonders cool wirkt, weil er mehr Alkohol verträgt als alle anderen. Irgendwann ist er dreißig oder vierzig und hat eine Leberzirrhose. Und er seufzt zuhause immer noch, weil er jetzt nicht mehr davon loskommt.
Da ist derjenige, der jung ist und besonders cool ist, weil er nicht arbeitet und meint, es sei viel besser, viel Zeit mit Freunden zu haben, statt für Beruf und Lernen. Und dann bist du dreißig oder vierzig und merkst, du kriegst keinen Job mehr, du kannst kein Geld mehr verdienen.
Oder da ist derjenige, der meint, er müsse sich immer nur durchsetzen, egoistisch sein. Zwanzig Jahre später merkt er, dass seine Ehe kaputt ist, weil er sich immer nur durchgesetzt hat.
Es ist so, dass viele Dinge, unter denen wir im Leben leiden, durch unseren eigenen Willen herbeigeführt wurden. Wir haben versucht, unseren Willen durchzusetzen, weil wir meinten, besser zu wissen, was richtig ist als Gott.
Dann gilt es für jeden, ob gläubig oder nicht, zu entscheiden: Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe. Das ist doch das, was Jesus selbst im Garten Gethsemane gebetet hat: „Wenn es möglich ist, dann lass den Kelch an mir vorübergehen, aber nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe“, sagte er zu Gott, dem Vater.
Genauso sollten wir auch beten. Viele Christen beten nämlich eigentlich, ohne es auszudrücken, „Mein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden“. Das heißt, sie wollen Gott nur dazu bringen, das durchzusetzen, was sie sich schon lange vorgenommen haben.
„Ich möchte den Ehepartner, Gott, mach jetzt endlich, dass ich ihn bekomme.“ Und du bekommst ihn nicht. Da sagst du: „Ah, was kann ich noch tun? Gott, mach doch, mach doch!“ Und ich bete noch mehr. Am Ende ist es vielleicht Gnade, dass du den Ehepartner nicht bekommst, weil er gar nicht für dich gedacht ist und nur Stress in der Ehe bringen würde.
Oder du sagst: „Gott, gib mir unbedingt das Auto. Ich habe ein tolles neues Auto im Internet gesehen.“ Und du bekommst es nicht. Vielleicht ist es sogar gut, weil ein Getriebeschaden vorliegt, den du gar nicht gesehen hast, und du hättest in einem halben Jahr große Probleme damit bekommen.
Manche Leute wollen Gott vorschreiben, was er zu tun hat. Sie wollen ihren Willen mit der Kraft Gottes durchsetzen, statt wirklich zu beten: „Dein Wille geschehe im Himmel und auf Erden.“
Wenn du das betest, wirst du bei vielen Dingen im Alltag gelassener sein können. Denn dann bekommst du mal etwas nicht, um das du gebetet hast, und merkst am Ende, dass es auch der Wille Gottes ist. Sei allezeit dankbar gegenüber dem, was Gott tut.
Warum? Weil unser liebender Vater nichts Böses mit uns will. Selbst wenn Dinge da sind, die uns im Augenblick wehtun oder die wir nicht bekommen, obwohl wir sie gerne hätten, müssen wir so weit kommen, zu erkennen, dass sie wahrscheinlich auch nicht gut für uns sind.
Meine Frau war in den letzten Monaten häufig bei einer Frau zu Besuch, die aus einem gläubigen Elternhaus kommt, ihr Leben aber ganz ohne Gott geführt hat. Sie war sehr erfolgreich, hat viel Geld verdient, viele Freunde gehabt, viele Partys gefeiert und vieles mehr.
Jetzt ist diese Frau schwer krank und wird wahrscheinlich an dieser Krankheit sterben. Plötzlich kommen Vorwürfe gegen Gott: „Gott, warum lässt du das so? Ich bin doch gar nicht so böse wie andere.“
Eigentlich müssen wir sagen: Vielleicht ist diese Krankheit, so traurig es klingt, ein Akt der Liebe Gottes. Was hätte diese Frau getan, wenn sie nicht krank geworden wäre? Sie hätte weiter gefeiert, bis sie irgendwann einen Herzinfarkt oder Ähnliches bekommen hätte, wäre tot gewesen und ewig von Gott getrennt.
Jetzt hat sie durch diese Krankheit, die sie aus ihrem gottfernen Leben herausreißt, die Möglichkeit, über ihr Leben nachzudenken. Hoffentlich, so beten wir, erkennt sie, dass alles, worauf sie früher gebaut hat und dem sie jetzt noch nachtrauert, sowieso alles vergeht. Ob es jetzt weggeht oder in zwanzig Jahren, es bleibt nichts davon übrig.
Sie soll sich darauf besinnen, was sie in ihrer Jugend schon gehört hat: von Jesus Christus und vom Glauben. Wir beten dafür, dass sie sich bekehrt.
Ich bin überzeugt, dass wir nicht in erster Linie beten sollten: „Nimm die Krankheit weg.“ Wenn die Krankheit weg wäre, würde sie weiterfeiern wie bisher. Sie würde nicht näher zu Gott kommen. Das wissen wir doch alle von uns selbst. Wann denken wir wirklich über Sünde nach? Meistens, wenn Gott den Finger auf den wunden Punkt legt. Wenn er uns deutlich macht: So kommst du nicht weiter. Wenn wir daran scheitern.
Deshalb sollte unser Gebet ernsthaft sein: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“, auch in unserem Leben.
Nicht, dass wir als Christen meinen, jetzt hätten wir mit Gott einen starken Partner. Der Ungläubige kann seine Interessen durchsetzen, er hat tolle Partys, ein schönes Auto und eine gute Familie. Und jetzt haben wir Gott, und jetzt erreichen wir genau dasselbe Ziel wie der Ungläubige – nur mit Gott, der es durchsetzt.
Das ist eine vollkommen falsche Vorstellung. Gott ist nicht dafür da, damit du deine Ziele durchsetzt, sondern du bist dafür da, damit Gott seine Ziele durchsetzt.
Das entspricht uns als Menschen gar nicht, denn wir sind geboren als hoffnungslose Egoisten. Alles dreht sich um uns. Gott muss dafür sorgen, dass es mir und meiner Familie immer gut geht, keine Krankheit, keine Arbeitslosigkeit, nichts passiert.
Aber die Frage müsste doch sein: Vielleicht hat Gott ja auch eine Absicht damit. Vielleicht macht er dich arbeitslos, damit du dem Berater bei der Arbeitsagentur von Jesus erzählst. Und dann denkst du: Ach, das wäre mal eine Perspektive.
Ich glaube, diese Perspektive brauchen wir manchmal. Genau diese Perspektive brauchen wir auch bei Corona.
Ich erlebe viele Christen, die nur beten: „Mach doch endlich der Regierung deutlich, dass sie ihre falschen Entscheidungen treffen!“ Statt einfach zu sagen: „Ja, jetzt ist das so. Und jetzt überlege mal, wie kannst du in diesem neuen Rahmen, den es bei Corona gibt, Menschen etwas von Jesus weitergeben?“
Es gibt ja ganz tolle neue Möglichkeiten. Vor ein paar Wochen war ich bei Geschwistern in der Nähe von Stuttgart. Sie waren ein paar Mal bei Anti-Corona-Demonstrationen, um Traktate zu verteilen.
Super, das sind massenhaft Leute, tief verunsichert. Sie wissen nicht, wie es in der Zukunft weitergeht. Sie brauchen Hoffnung. Die Hoffnung ist nicht, dass wir die Masken runterreissen und alle Gesetze verändern, sondern die Hoffnung ist, dass sie Jesus kennenlernen und dann selbst, wenn sie noch eine Maske tragen müssen, trotzdem glücklich sein können.
Das ist es, was wir weitergeben sollen.
Genauso ist es bei vielen Dingen. Ich war auch in einer Gemeinde, die sagt, seit Corona haben sie jeden Sonntag Besucher im Gottesdienst, die nie da gewesen sind. Ich war auch da, habe gepredigt, und es waren drei, vier Leute, die noch nie in einem Gottesdienst waren.
Warum? Sie sagen, sie haben über Online viel mehr Gottesdienstbesucher als vor Corona.
Wir sollten daran denken: Gott kann auch so etwas gebrauchen. Es kann ein Segen für die Menschen sein, auch wenn man es nicht sofort sieht.
Wir sollten uns nicht in politische Diskussionen verstricken, sondern daran denken, was über allem steht: der viel größere Herrscher.
„Dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden“ – in unserem persönlichen Leben ebenso wie im Leben des Volkes, des Staates oder sonst wo.
Gott kann durch viele Dinge zum Zug kommen, die wir nicht erkennen. Das braucht von uns immer wieder den Willen, zu sagen: „Dein Wille geschehe, nicht mein Wille.“
Denkt daran: Viele Christen missbrauchen das, indem sie Gott für ihre eigenen Ideen und Ziele einspannen wollen. Sie wollen, dass er es durchsetzt. Wenn er es nicht tut, sind sie beleidigt. Das ist falsch.
Vielleicht sollte man eher beten: „Herr Jesus, bitte, ich bitte vielleicht um die falsche Sache. Ist das gar nicht das, was du erreichen willst? Ist vielleicht etwas ganz anderes dran? Öffne mir die Augen, sonst verfahre ich mich in eine falsche Richtung. Ich kämpfe um etwas, was in dem Moment gar nicht dran ist.“
Deshalb lasst uns mit Überzeugung sagen: „Dein Wille, oh Gott, geschehe im Himmel wie auf Erden.“
Im Himmel geschieht das ja sowieso schon, und auf der Erde soll es auch so sein. Wenn es auf der Erde geschieht, dann in erster Linie in deinem Leben, denn da kannst du am stärksten etwas bewirken.
Inwiefern der Wille Gottes in der großen Weltgeschichte stattfindet, darauf hast du sowieso keinen Einfluss. Du kannst Gott darum bitten, und er tut das auch. Er will, dass wir damit einverstanden sind.
Was du aber beitragen kannst, ist in deinem persönlichen Leben.
Diese ersten drei Bitten richten sich in erster Linie auf Gott, auf sein Handeln, auf seine Weisheit, auf seinen Namen, auf sein Reich, auf seinen Willen.
Jetzt kommen die Bitten, die uns und unsere Interessen betreffen.
In den nächsten Bitten geht es erst einmal um unser materielles Interesse, also um Essen, Trinken, Wohnen, Arbeiten, Familie, Gesundheit – all diese Dinge sind darin enthalten.
Dann wird uns aber auch bewusst gemacht: Wenn du für deine Interessen betest, dann darfst du das tun, aber es soll nicht im Mittelpunkt stehen. Wenn du für deine Interessen betest, dann bete auch für deine nicht nur materiellen Interessen, sondern auch für deine seelischen und geistlichen Interessen.
Manche Christen vergessen das. Es ist leichter, für Schulden oder Krankheit zu beten, weil uns das unmittelbar betrifft. Aber manchmal ist es schwerer, zu bitten: „Herr Jesus, räume du die Sünde in meinem Leben aus.“
Das sollte aber fester Bestandteil unseres Gebets zu Jesus sein.
Wenn wir hier weiterlesen, steht als Nächstes: „Gib uns unser tägliches Brot.“
Martin Luther, der Reformator in Deutschland, hat das so ausgelegt, dass mit "unser täglich Brot" eigentlich alles gemeint ist, was wir materiell unbedingt zum Leben brauchen. Ich neige dazu, ihm zuzustimmen. Denn wenn damit nur das Brot gemeint wäre, müssten wir ja auch fragen: Was ist mit unserem Trinken? Oder was ist mit denen, die gar nicht so viel Brot essen, sondern mehr Nudeln oder Kartoffeln? Gibt es bei euch sogar Leute, die Fleisch oder Käse essen, also Luxusgüter? Dann dürftet ihr gar nichts mehr essen, wenn ihr nur übers Brot bittet.
Wenn wir sagen: "Gib uns unser täglich Brot", heißt das also nicht, dass es jeden Tag nur noch Brot geben soll. Ich glaube nicht, dass das so gemeint ist. Vielmehr steht das Brot hier als Beispiel für alles, was wir lebensnotwendig brauchen, um unseren Körper zu erhalten. Dazu gehören auch die Kleidung, die wir tragen. Wir dürfen darum bitten, dass wir sie haben. Ebenso gehört dazu, dass wir eine geheizte Wohnung haben und im Winter nicht draußen frieren müssen. Auch dazu gehört, dass wir etwas zu trinken haben.
Manchmal könnten wir Gott auch Danke sagen für all die günstigen Angebote, zum Beispiel bei Lidl oder anderen Geschäften. Diese ermöglichen uns, so viele gute Nahrungsmittel zu bekommen, dass wir weit mehr haben, als wir nur zum Überleben brauchen. Gott dafür Danke zu sagen, wäre doch schön. Dabei dürfen wir nie aus dem Blick verlieren, dass wir Gott darum bitten, uns das zu geben. Gerade in reichen Ländern wie dem, in dem wir leben, kann es leicht passieren, dass wir denken, das sei selbstverständlich. Am Ende merken wir aber: Es ist nicht selbstverständlich.
Auch wenn du hoffentlich an deinem Arbeitsplatz dein Bestes gibst, arbeitest und dich einsetzt, ist es am Ende Gott, der dir jeden Tag aufs Neue die Kraft zum Arbeiten gibt. Er hat dir den Verstand und die Körperkraft gegeben. Er sorgt dafür, dass die Firma, in der du arbeitest, nicht pleitegeht. Auch das ist nichts Selbstverständliches. Wir sollten daran denken – nicht nur daran, was wir tun können oder was der Staat oder die Firma tun kann, sondern dass dahinter immer Gott steht. Ohne ihn wäre all das nicht möglich.
Das zeigt uns die Bitte: "Gib uns unser tägliches Brot heute." Gib uns das, was wir brauchen. Wir sollten diese Bitte nicht nur als Floskel oder Gewohnheit sagen, sondern uns bewusst machen, dass alles, was wir haben, nicht daherkommt, weil wir so toll sind oder in einem guten Land leben. Wir sind in allem abhängig von Gott. Deshalb sollten wir ihm das ausdrücken und ihm auch danken, wenn wir es bekommen.
Ich denke, ihr tut das wahrscheinlich sowieso, wenn ihr zu essen habt oder morgens aufsteht. Ihr sagt Gott Danke: Danke, dass du mir das Leben geschenkt hast. Danke, dass ich heute ohne Schmerzen oder mit wenig Schmerzen aufwachen konnte. Danke, dass ich eine Arbeit habe, in der ich mein Geld verdienen kann. Danke, dass es einen Supermarkt gibt, in dem ich viele Sachen kaufen kann. Danke, dass ich eine Wohnung und eine Küche habe, in der ich das Essen zubereiten, leben und Freunde einladen kann.
Wir sollten Gott darum bitten, aber wenn er es uns schenkt, dürfen wir nicht aus Gewohnheit sagen, das sei selbstverständlich. Vielmehr sollten wir ihm auch danach Danke sagen. "Unser tägliches Brot gib uns" bedeutet: Gib uns all das, was wir unbedingt materiell zum Leben brauchen.
Gott ist so gnädig, dass er den meisten von uns sogar viel mehr schenkt als das. Ich vermute, die meisten von euch leben nicht so knapp, dass ihr jeden Tag überlegen müsst, was ihr zu essen habt. Vielmehr fragt ihr euch: Was können wir denn morgen kochen? Heute gibt es zum Beispiel einen Braten, morgen vielleicht etwas anderes. Das ist nicht schlimm. Aber gerade deshalb sollten wir Gott umso mehr dafür danken.
Es bleibt aber nicht nur bei den materiellen Dingen: „Gib uns heute unser tägliches Brot und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldnern.“
Der Begriff „Schulden“ ist hier nicht im Sinne von Bankkrediten gemeint. Jemand könnte sagen: „Ich habe mir gerade ein neues Haus gebaut, Gott vergib mir meine Schuld.“ Dann schaut er auf seine Bankverbindlichkeiten und denkt: „Ach, immer noch so viele Schulden, ich muss kräftiger beten, irgendwann sind die Schulden bei der Bank weg.“ Ja, Gott kann das auch tun. Aber hier sind Schulden im Sinne von Schuld, also Sünde und Versagen gemeint. Es heißt: „Vergib du mir meine Schuld.“
Man könnte einwenden: „Ich bin doch Christ, warum soll ich um Vergebung bitten?“ Aber bedeutet das, dass du plötzlich vollkommen sündlos bist? Wenn du glaubst, sündlos zu sein, stimmt in deinem geistlichen Leben etwas nicht. Denn wenn du wirklich den Heiligen Geist in dir hast, wird er dir offenbaren und zeigen, wo in deinem Leben noch Sünde vorhanden ist. Und leider wird diese Sünde so lange vorhanden sein, wie du hier auf der Erde lebst. Das ist traurig, aber so ist es nun einmal.
Da tauchen dann oft egoistische Gedanken auf, eigentlich schon eigensüchtige Taten – „Ach, schon wieder gesündigt.“ Denn wir wissen aus dem 1. Korinther 13: Alles, was ohne Liebe getan wird, ist vor Gott nichts wert. Und plötzlich merken wir, dass wir manches Mal danebenliegen.
Oder wie ist es, wenn wir in der Bibel lesen: „Wenn du etwas Gutes weißt zu tun und es nicht tust, dann ist das eine Sünde.“ So erkennen wir, wie universell die Sünde ist. Auch wenn wir durch Jesus gerettet und gereinigt sind, schleicht sich immer wieder Sünde in unser Denken, Handeln und Reden ein – kleinere oder größere, hoffentlich mehr kleinere als größere.
Deshalb sollten wir immer wieder zu Jesus kommen und unsere Schuld nicht wegreden, sondern sagen: „Herr Jesus, ich habe wieder versagt, vergib du mir. Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldnern.“
Dahinter steckt auch das Bekenntnis: „Ich bin bereit, denen zu vergeben, die an mir schuldig geworden sind.“ Manche sind durchaus bereit zu sagen: „Bitte vergib du mir“, aber wenn ein anderer zu ihnen kommt und um Vergebung bittet, sind sie nicht bereit zu vergeben. Das geht nicht. Hier steht ganz deutlich: Vergib uns, wie auch wir vergeben denen, die an uns schuldig geworden sind.
Manchmal gibt es Menschen, die uns Unrecht getan haben. Sie haben uns nicht so behandelt, wie wir es verdient hätten. Sie haben uns nicht die Hilfe gegeben, die wir brauchten. Sie haben uns böse Worte gesagt oder sogar Schlimmeres. Ich weiß sogar von Christen, die andere betrogen haben. Vor einiger Zeit war ich in einer Gemeinde, in der jemand Finanzbetrügereien begangen hat. Er sammelte Geld von den Geschwistern ein, und das Geld war hinterher weg.
Das ist Schuld, und diese Schuld muss vergeben werden. Deshalb: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben, die an uns schuldig geworden sind. Das heißt, wir sollten auch bereit sein, anderen zu vergeben, wenn sie uns Unrecht getan haben.
Wenn in deinem Herzen etwas Bitteres oder ein Groll ist, wenn du denkst: „Dem kann ich nicht vergeben, was er mir gesagt oder nicht gesagt hat, was er mir angetan hat“, dann solltest du an diese Bitte im Vaterunser denken und sagen: „Doch, ich soll bereit sein zur Vergebung.“
Es ist sogar noch viel schlimmer, wenn wir an das Gleichnis vom Knecht denken, dem viel vergeben wurde. Doch als ihm jemand eine kleine Summe schuldete, verlangte er sofort sein Geld zurück. Danach kam der Herr und sagte: „Jetzt kommst du ins Gefängnis, bis du alles zurückgezahlt hast.“
Dieses Gleichnis zeigt uns: Wenn uns vergeben ist – und Gott vergibt uns immer gerne –, dann sollen auch wir bereit sein zu vergeben. Manchmal ist das schwer, besonders wenn Menschen uns über lange Zeit verletzt oder gegen uns gesündigt haben. Aber auch dann ist es notwendig zu sagen: „Herr Jesus, vergib du mir, ich brauche das immer wieder. Aber ich bin auch bereit, anderen zu vergeben.“
Und dann ist hier die Bitte: „Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse oder errette uns von dem Bösen.“
Mit „dem Bösen“ ist vermutlich am Ende der Teufel gemeint. Der Teufel steht hinter allem Bösen. Er verführt die Menschen dazu, Böses zu tun. Deshalb bitten wir darum, dass Gott uns davor errettet und bewahrt.
Wenn es heißt „Führe uns nicht in Versuchung“, klingt das so, als ob Gott uns in Versuchung führt – und das tut er auch. Im Jakobusbrief, Kapitel 1, heißt es: „Jubelt, freut euch, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallt.“ Warum? Weil diese Anfechtung Beständigkeit, Ausdauer und Festigkeit hervorbringt.
Gott führt uns manchmal in schwere Lebenssituationen – nicht, weil er Böses mit uns vorhat, sondern weil er will, dass unser Glaube gefestigt, trainiert und stabil wird. Das gelingt nur durch schwierige Situationen.
Deshalb sollten wir Gott nicht bitten, alle schwierigen Situationen wegzunehmen. Stattdessen sollten wir erkennen, dass wir schwache Menschen sind und Gott darum bitten, uns in Versuchungen zu bewahren, die wir nicht tragen können.
Die Bitte bedeutet also eigentlich: Bewahre mich vor der Versuchung, die ich selbst nicht ertragen kann. Wenn Gott mir aber eine Versuchung gibt, die notwendig ist, damit mein Glaube sich bewährt und stabil wird, dann bitte ich ihn um die Kraft, beständig zu bleiben. Dass ich nicht zusammenbreche, nicht versage und nicht darin sündige.
Das ist auch die Bitte: Halte das Böse von mir fern. Führe mich nicht in Versuchung – besonders nicht in die Versuchung, die mich von Gott wegzieht und der ich nicht standhalten kann. Hier bitte ich Gott, dass er mich davor bewahrt.
Vorausgesetzt wird dabei, dass Gott Versuchung geben kann, aber auch, dass er Versuchung wegnehmen kann.
Und wenn das Vaterunser beendet wird mit den Worten: "Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen", dann ist das der Abschluss, den wir brauchen. Wenn wir Gott um all das bitten, was wir jetzt besprochen haben, müssen wir uns vor Augen halten, dass dieses Reich eigentlich schon Gott gehört. Die Ewigkeit und die Herrlichkeit gehören ihm, dem, der über allem steht und das nicht erst erreichen muss.
Nur weil wir diesen Gott kennen, haben wir die Hoffnung, dass er all das erfüllen kann. Wir haben ihn in diesem Gebet gebeten oder bitten ihn immer wieder neu. Wenn ihr betet, müsst ihr nicht wörtlich wiederholen, was hier steht. Aber ihr solltet erkennen, dass Jesus uns darauf aufmerksam gemacht hat, dass all das immer wieder in euren Gebeten vorkommen soll. Die Ausrichtung auf den himmlischen Vater soll darin enthalten sein – hoffentlich ist er dein Vater.
Wenn er noch nicht dein Vater ist, dann solltest du umkehren und Christ werden, damit du ein Kind Gottes wirst. Du solltest immer daran erinnert werden, dass du als Christ nicht alleine dastehst. Du sagst "unser Vater", das bedeutet, wir gehören zusammen. Du hast den himmlischen Vater. Du lebst nicht nur hier auf der Erde, sondern du weißt um einen Himmel, um ein Jenseits, das immer schon da ist – nicht erst nach dem Tod, sondern jetzt schon. Das solltest du nicht aus dem Blick verlieren.
Wenn du dann bittest: "Dein Name werde geheiligt", dann sollte dein Leben so sein, dass Gott vor den Menschen nicht verspottet wird. Du solltest dich danach sehnen, dass Gott hier auf der Erde verherrlicht wird. Auch du darfst dazu beitragen, wenn du zu ihm sprichst oder ihm Loblieder singst.
Wenn du sagst: "Dein Reich komme", dann sollte es auch dein Wille sein, dass das Reich Gottes hier auf der Erde entsteht. Du kannst dazu beitragen, indem du Menschen zu Jesus Christus führst. Wenn du betest: "Dein Wille geschehe", dann sollte dir bewusst sein, dass der Wille Gottes in deinem Leben immer das Beste ist. Auch wenn manchmal schwierige Dinge von Gott zugemutet werden, kann es sein, dass auch das aus seinem Willen geschieht.
In solchen Situationen musst du um Kraft bitten, damit er dir Stabilität gibt, treu zu bleiben und dich nicht aufzugeben. Denk vor allem daran, dass du nicht versuchst, Gott für deine eigenen Ideen einzuspannen, sondern dich ihm unterordnest.
Dann darfst du darum bitten, dass er für all deine materiellen Bedürfnisse sorgt – für Wohnung, Essen und Arbeit. Und du solltest ihm auch danken können, dass er deine Sünden und deine Schuld vergibt, die du immer wieder neu auf dich lädst, weil du ihm nicht immer gehorsam bist.
Bitte ihn auch, dich vor schwerer Versuchung zu schützen, die dich von Gott wegführen könnte. Das sind ganz wesentliche Inhalte, die unser Gebetsleben bestimmen sollten.
Ich hoffe, dass ihr euch heute und auch in der nächsten Woche, wenn ihr hoffentlich Zeit im Gebet verbringt, daran erinnert. Amen!
Ich möchte an dieser Stelle gern noch mit euch beten.
Vater im Himmel, vielen Dank dafür, dass wir in deinem Wort so viele praktische Beispiele und Hinweise finden. Wir dürfen so viel von deinem Denken erfahren, das ewig gültig ist und uns in jedem Bereich unseres Lebens weiterführt. So wie bei dem Text, über den wir heute Morgen gesprochen haben, wo uns der Herr Jesus Christus etwas über das Gebet weitergibt und uns ganz neu vor Augen malt, dass du unser himmlischer Vater bist.
Wenn wir deine Kinder geworden sind, danken wir dir dafür, dass du im Himmel bist und Herrscher über alles. Auch wenn wir das hier auf der Erde nicht immer so merken, hilfst du uns dabei, deinen Namen zu ehren und dass dein Name immer mehr geehrt und geheiligt wird hier auf der Erde.
Wir möchten dich bitten, dass dein Reich kommt, weil wir wissen: Dein Reich ist das Beste für alle Menschen, für uns und auch für alle anderen, die sich sonst quälen und viel Leid antun. Hilf uns, deinen Willen zu erkennen und zu wollen. Hilf uns, unseren eigenen Willen zurückzustellen, weil wir wissen, dass deiner viel besser ist.
Hilf uns auch dabei, immer wieder zu erkennen, dass all die Güter unseres Alltags von dir kommen und dass wir sie von dir erwarten dürfen. Wir sagen dir Danke, dass du uns in den letzten Wochen und Monaten so gut versorgt hast.
Mach uns aufmerksam, wenn Sünde in unserem Leben ist, die noch auszuräumen ist, damit wir dir näherkommen und mehr so denken und handeln, wie du es willst. Bewahre uns vor Versuchungen, denen wir nicht standhalten können. Wenn wir in Versuchung geraten, schenke uns Kraft von dir, denn allein vermögen wir es nicht.
Stärke unseren Glauben und unsere Beziehung zu dir. Wir wissen, dass du der liebende Vater und der Herrscher des Universums bist, dass du groß bist und Macht hast. Dein Ziel wird erreicht, dein Wille wird geschehen. Wir freuen uns, mit daran beitragen zu können. Amen! Amen.
Ja, dann möchte ich zum Abschluss noch kurz auf zwei meiner Bücher hinweisen. Wenn ihr zu dem Text von heute noch Fragen habt, könnt ihr gerne am Ende der Veranstaltung auf mich zukommen. Zwischen den beiden Veranstaltungen haben wir ja eine Stunde Zeit.
Hier habe ich unter anderem ein Buch geschrieben, in dem es darum geht, wie Christen, die Jesus nachfolgen wollen, mit der katholischen Kirche umgehen können. Es gibt viele gläubige Christen, die heute Sympathien für die katholische Kirche haben. Ich kenne einige, die sagen: „Ach, schau doch mal an, der nette Johannes Hartl, wie gut er predigen kann, ist das nicht alles super toll?“
In dem Buch habe ich beschrieben, was Katholiken heute wollen, was der jetzige Papst sagt und was Johannes Hartl sagt. So kann man sehen, ob das in Einklang mit dem steht, was wir über Jesus finden, oder nicht. Wenn ihr davon etwas lesen wollt, habe ich hier vorne zwei Exemplare, die ich heute verschenke. Ihr könnt sie gerne mitnehmen und darüber nachlesen, wie wir als Jesusgläubige Christen heute mit der katholischen Kirche umgehen und was sie uns heute sagt.
Außerdem habe ich noch zwei Exemplare von diesem Buch dabei. Das habe ich, glaube ich, schon einmal bei euch vorgestellt: „Helden des Glaubens Band 2“ mit 22 Kurzbiografien von wichtigen Christen, die Gott in besonderer Weise gebraucht hat – vom zweiten Jahrhundert, also der ganz frühen Christenheit, bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein. Einige kennt ihr vielleicht, andere noch nicht. Es sind Männer und Frauen, Theologen, Missionare, hingegebene Menschen, die Gott gedient haben.
Manchmal ist es zur Bereicherung für euch selbst oder auch, um Gottes Handeln nachvollziehen zu können, schön, das zu lesen. Am Ende formuliere ich bei jedem Lebensbild, was wir aus dem Leben dieser Person lernen können – auch wenn es sich um sündige Personen handelt, aber sündige Personen, die Gott in besonderer Weise gebraucht hat. Falls ihr euch dafür interessiert, könnt ihr vorne auch ein Exemplar mitnehmen. Dafür solltet ihr mir dann aber zehn Euro dalassen.
Gut, wir kommen jetzt zur Taufe. Wir hören noch kurz von unserem Bruder Schidin, dann singen wir ein Lied und anschließend feiern wir die Taufe.