Einleitung und biblischer Ausgangspunkt
Offenbarung 3,14-21 und Offenbarung 3,14-22
Und dem Vorsteher der Gemeinde in Laodizea schreibe: Das sagt der Amen, der Treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes:
Ich kenne deine Werke. Du bist weder kalt noch warm. Ach, dass du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich aus meinem Munde ausspeien.
Du sprichst: Ich bin reich und habe genug und brauche nichts. Doch du weißt nicht, dass du elend, jämmerlich, arm, blind und bloß bist.
Ich rate dir, dass du von mir Gold kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich wirst. Kaufe weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar wird. Kaufe auch Augensalbe, um deine Augen zu salben, damit du sehen kannst.
Die ich lieb habe, die weise ich zurecht und züchte sie.
So sei nun eifrig und tue Buße!
Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür auftut, werde ich zu ihm eingehen, und wir werden das Abendmahl miteinander halten.
Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich mit meinem Vater auf seinen Thron gesetzt habe.
Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.
Die Realität der Volkskirche und die Suche nach der idealen Gemeinde
Die Missstände in unserer Volkskirche sind so offensichtlich, dass es selbst der Dümmste merkt: Die Kirche, so wie sie organisiert ist und sich darstellt, kann nicht nach dem Willen Jesu sein. Das ist eine klare Sache.
Viele Menschen kommen aus verschiedenen Ecken Stuttgarts und sagen, sie hätten gesucht. Manche berichten, dass es nicht einmal einen Bibelkreis gibt, oder dass bei ihnen das Wort Gottes umgedeutet wird.
Doch in dieser Lage der Kirche besteht die Gefahr, dass man sich ein Bild von einer idealen Gemeinde zurechtmacht. Besonders einfach ist das, wenn man an die Urchristenheit denkt und meint, dort sei doch alles ganz wunderbar gewesen.
Es kommt jeden Tag vor, dass Leute in der Gemeinde begegnen, die wie auf der Suche nach einer Braut sind – sie suchen nach der idealen Gemeinde, der sie sich anschließen wollen. Ich sage dann immer ein wenig spöttisch: „Suchen Sie mal schön, hier finden Sie bestimmt nichts Vernünftiges.“ Denn das, was die Leute suchen, ist etwas ganz Vollkommenes.
Doch schauen Sie mal im Neuen Testament nach: Gab es dort eine ideale Gemeinde? Es waren überall Gemeinden mit Fehlern und Mängeln. Wenn wir meinen, wir hätten keine Mängel und keine Fehler, dann ist das das Allerschlimmste.
Eine Gemeinde, die sich einbildet, sehr intakt zu sein, ist gefährdet. Sicher, wir können gewisse Weichen besser stellen, und daran wollen wir uns auch immer bemühen. Es ist gut, wenn wir offen Fehler sehen, Fehler ansprechen und Fehler bekämpfen.
Die Realität der Urgemeinden und der Wert des Wortes Gottes
Obwohl die Apostelgeschichte eine Beschreibung ist, zeigt sie erstaunlich viele Mängel. Dort gab es Spannungen, Missstände und Versäumnisse, besonders im diakonischen Bereich. Auch Lügen fanden dort Raum. Diese Vielfalt an Problemen ist deutlich zu erkennen. Später entstanden zudem Spannungen in der Leitung zwischen den Aposteln.
Man kann all das sehen, auch dass Paulus in der Jerusalemer Gemeinde nicht immer richtig aufgenommen wurde. Das ist wichtig zu wissen und zu sehen. Denn wir bringen ja an jede Gemeinde auch uns selbst mit. Deshalb ist es gut, wenn wir sagen: Dort will ich mich anschließen.
In der Neujahrspredigt wurde das Thema ebenfalls angesprochen. Jesus spricht dort davon, dass trotz aller Mängel der treue, wahrhaftige Zeuge seine Stimme laut werden lassen kann. Nicht die Menschenmeinung steht im Mittelpunkt, sondern Gottes Wort. Dann ist es nicht so schlimm, wenn es viele Missstände gibt.
Wir selbst brauchen täglich Korrektur. Doch wir wollen hinhören. Besonders bei den Zensurschreiben fällt auf, dass fast alle Gemeinden getadelt werden. Nur eine Gemeinde wird nicht getadelt. Diese war relativ klein und wurde im Kampf bekämpft. Gerade dort ist das Wort Jesu wichtig. Es ist das Entscheidende, was eine Gemeinde ausmacht.
Wo wir das Wort hören, wird es auch allen Kirchengemeinden helfen, die irgendwo wirken wollen. Auch jungen Vikaren sollte immer der Rat gegeben werden, mit der Gemeinde das Bibellesen zu beginnen. Wo das Wort Gottes offen gehört und befolgt wird, entsteht neues Leben. Es ist wirklich das einzige Mittel zur Belebung.
So bleibt es, egal ob Freikirche oder Landeskirche: Die ganzen Strukturfragen kann man drehen, wie man will. Doch ausgehend vom Wort Gottes, wo Jesus in der Mitte steht, entsteht geistliches Leben.
Zeugnis von jungen Christen und die Kraft des Wortes
Es war für mich sehr beeindruckend, wie die jungen 41 Burschen aus Spanien zurückgekommen sind. Sie hatten eine 28-stündige Busfahrt hinter sich. Wenn man sie sieht, möchte man ihnen nachts auf der Straße lieber nicht allein begegnen. Man hat Angst, wenn man diese Kleiderschränke sieht.
Diese Burschen waren ohne einen Hauptamtlichen unterwegs. Trotzdem sagen sie, dass sie den ganzen Morgen Bibelarbeit gemacht haben und es großartig war. Dabei waren ganz unterschiedliche Leute dabei, die zeigen, dass Jesus das kann. Es sind Menschen befähigt, die nicht einmal dafür ausgebildet sind.
Sie können das Wort Gottes weitergeben – das Geheimnis der Gemeinde, wie man sich organisiert. Wir sollten die ganzen Fragen der Organisation, der Taufe, der Abendmahlsfeier, der Hauptamtlichen und der verschiedenen Bekenntnisse nicht zu hoch hängen. Wenn Jesus, der Gottessohn, mit seinem unverfälschten Wort in der Mitte steht, gibt es viele verschiedene Formen von Struktur und Bekenntnis.
Das ist Gemeinde, und dort wollen wir sein. Dort baut Jesus seine Gemeinde auf. Der Teufel, alle Verführungen und Missstände werden dort auch präsent sein. Doch das Leben wird ebenfalls da sein, denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig. Es durchdringt und schafft etwas Neues.
Die Gemeinde von Laodizea – historische und biblische Einordnung
Wir wollen uns einmal ansehen, was für eine Gemeinde die in Laodizea war. Laodizea war die Hauptstadt von Phrygien in Kleinasien. Die Gemeinde wird dort zweimal erwähnt.
Im Kolosserbrief Kapitel 2, Vers 1 heißt es: Paulus sagt, er wolle wissen lassen, welchen Kampf er um die Gemeinde in Kolossä, in Laodizea und um alle führt, die ihn nicht von Angesicht gesehen haben. Vermutlich war Paulus also nicht persönlich in Laodizea. Das ist eine Kombination, auf die es nicht sehr ankommt.
Er sagt, dass er einen großen Kampf um diese Gemeinde führt. Das kann uns auch trösten, denn es zeigt, dass es immer wieder ein Ringen gibt, damit eine Gemeinde auf dem richtigen Kurs bleibt. Das ist heute eines der größten Probleme in unseren Gemeinden: Man darf kaum noch sagen, dass eine Gemeinde falsch liegt, weil man es nicht mehr hören will. Dabei muss das die Kernfrage sein: Sind wir in jedem Kirchengemeinderat, in jedem Mitarbeiterkreis wirklich auf der Linie Jesu?
Es muss dauernd eine Unruhe geben. Paulus hat einen Kampf um die Gemeinde von Laodizea. Noch einmal: Kolosser 2,1 sowie Kapitel 4, Verse 13 und 16. Dort heißt es, dass Epaphras, der die Gemeinde offenbar gegründet hat, viel Mühe um die Gemeinde in Kolossä, Laodizea und Hierapolis hat.
In Vers 16 wird noch erwähnt, dass die Brüder in Laodizea sowie Nympha und die Gemeinde in ihrem Haus grüßen. Laodizea lag nur etwa siebzehn Kilometer von Kolossä entfernt, also relativ nah beieinander.
Es war offenbar eine normale Gemeinde, die nach außen hin sehr wirksam wirkte, sehr tätig und lebendig war. Eine Gemeinde, bei der man denkt, dass alles in Ordnung ist. Doch Jesus blickt hinter die Kulissen. Er sieht die Wirklichkeit, die nach außen hin verborgen bleibt.
Uns geht es gar nicht um das äußere Erscheinungsbild. Das ist nicht wichtig. Das Image, das wir haben, wie wir nach außen wirken, ist ganz unwichtig. Es zählt nicht, was die Leute über uns sagen.
Die Bedeutung von äußeren Strukturen und innerer Lebendigkeit
Interessant ist, dass in unserer Zeit so viel gemacht wurde, an das man sich kaum noch erinnern kann. Wenn ich in unser Gemeindehaus komme und das Clubzimmer betrete, fühle ich mich an meine Kindheit erinnert.
Das war unser Traum: Wie wir Jugendarbeit drüben am Feuersee in der Johannesgemeinde gemacht haben. Wir dachten, wenn einmal im Gemeindehaus ein Clubzimmer gebaut ist, dann können wir Jugendarbeit machen. In allen Gemeindehäusern war zu jener Zeit, seit den fünfziger Jahren, das Clubzimmer das Symbol der modernen Jugendarbeit.
Heute stehen die Clubzimmer leer, und es findet dort kaum noch ein Treffen statt. Das sind Bilder, an die man sich klammert: tolle Räume. Gerade wenn man so einen Gemeindebrief zusammenstellt, ist es im Grunde ganz unwichtig, was darin steht.
Ich kenne Gemeinden, die machen hervorragende Gemeindebriefe. Jeden Monat werden sie von Grafikern gestaltet und enthalten tolle Veranstaltungshinweise. Trotzdem gibt es kein geistliches Leben.
Es ist sicher wichtig, die Dinge ernst zu nehmen und sie mit Liebe und Mühe zu nutzen. Aber entscheidend ist doch, ob Jesus in der Gemeinde wirken kann.
Geistige Herausforderungen und die zentrale Rolle Jesu
In Laodizea, wie wir gleich im Vers 14 sehen, geht es um eine sehr problematische Religionsvermischung. Damals gab es in Kleinasien große geistige Umwälzungen, ähnlich wie wir sie heute am Ende unseres Jahrhunderts erleben.
Vielleicht haben Sie das in Ihrem Freundeskreis beobachtet: Menschen, die vor zehn Jahren noch aktive Bibelleser in einer Gemeinde waren, hängen heute plötzlich Esoterik an. Sie beschäftigen sich mit Anthroposophie oder vertreten plötzlich die Lehre der Seelenwanderung. Diese Entwicklungen reichen bis in gläubige Familien hinein.
In unserer Zeit findet eine große geistige Auseinandersetzung statt. Menschen lösen sich vom Wort der Bibel, von der göttlichen Offenbarung. In diesen Freiraum treten ganz andere Mächte ein. Damals war es vor allem der griechische Geist des Hellenismus, das griechische Denken und die Philosophie, die sich mit einem merkwürdigen Mischmasch aus orientalischen Religionen vermischten.
Es gab verrückte Vorstellungen von Mächten, okkulten Kräften, dem Ausgeliefertsein und der Seelenwanderung, die durch die Äonen läuft. Es ist nicht wichtig, diese im Einzelnen darzustellen. Paulus setzt diesen Irrlehren jedoch nicht lange Ausführungen entgegen. Das ist besonders schön im Kolosserbrief zu sehen, der ebenfalls an die Gemeinde von Laodizea gerichtet war.
Paulus stellt diesen Leuten die Gestalt Jesu gegenüber. Er macht Jesus so groß und sagt, dass Jesus größer ist als alles, was es in der Welt gibt: die Planeten, die Gestirne, die Schöpfungskräfte und die Natur. Wenn es dort Götter und Gottheiten gibt, dann ist Jesus noch viel größer.
Er ist der Anfang von allem, was es in dieser Welt gibt. Im Kolosserbrief wird das eindrucksvoll beschrieben: Jesus ist der Erstgeborene von allen Kreaturen. Indem Paulus Jesus so herausragend darstellt, bringt er keine neue Lehre ein. Theologen fragen manchmal, ob der Brief überhaupt von Paulus stammt, weil er das so betont.
Doch Paulus betont es, weil die Lage vor Ort anders war. Natürlich predigte Paulus jeweils passend zur Situation der Menschen. Wenn er mit Juden oder jüdischen Christen sprach, war sein Ansatz ein anderer. In Kolossä war jedoch der griechische Geist sehr stark, ebenso die Vorstellung, dass Gott irgendwie im Universum gefunden wird.
Paulus sagt dazu: Ach was, Jesus ist der Größte! Wer mit Jesus verbunden ist, steht über all den Mächten. Das wird wunderbar im ersten Kapitel des Kolosserbriefs beschrieben, den wir jetzt nicht extra heranziehen müssen.
Für die Gläubigen ist nur wichtig, dass der Mittelpunkt und Schlüsselpunkt ihres Glaubens gegen alle Formen moderner Religionen und Religionsvermischungen immer Jesus ist. Wo sie mit ihm in Verbindung stehen, haben sie ihre Glaubenssicherheit.
Jesus ist der treue, wahrhaftige Zeuge. Wo sie sein Wort haben, dort haben sie die Wahrheit. Für die Gemeinde ist es immer wieder eine Herausforderung, sich zu fragen: Bin ich noch auf dem richtigen Weg?
Doch wo sie das Wort Jesu hören und Jesus nachfolgen, wo er der Herr ihres Lebens ist, sind sie in der Mitte der Wahrheit. Dort können sie ihren Weg fröhlich und einfach gehen, so wie Paulus es in diesem Brief darstellt.
Die Kritik an der Gemeinde Laodizea und die Warnung vor Lauheit
Und jetzt kommt die Kritik im Vers 15. Die Gemeinde von Laodizea war ungeheuer stolz auf alles, was sie an Werken getan hatte. Wir evangelischen Christen sind nicht gegen Werke. Wir wollen ja auch etwas für Gott wirken, Taten tun – diakonisch, sozial. Wir möchten einladen und missionarisch tätig sein.
Sie waren ganz mächtig stolz auf das, was sie in ihrer Gemeinde geleistet hatten. Jesus prüft diese Werke und sagt, sie seien nur gut temperiert. So mittelmäßig, durchgewärmt, mit christlichem Gut – würden wir sagen, das ist doch schon gut. Ich bin immer ein Christ, der nicht ganz gottlos ist. Ich bin zwar auch nicht fanatisch, aber ich bin so mittelmäßig. Das leuchtet uns doch ein.
Doch der erhöhte Herr Jesus sagt Nein! Entweder leidenschaftlich brennend für ihn oder lieber ein radikaler Atheist. Dass man das überhaupt so formulieren kann und dass es so in der Bibel steht, das kann man kaum schlucken: Lieber einer, der ein Feind des Wortes Gottes ist, lieber ein Spötter, ein Verächter. Jesus sagt, der ist ihm lieber als dieses wohltemperierte Christentum von der Gemeinde von Laodizea.
Das Laue ist ja angenehm, es stößt nirgendwo an. Es passt sich an die Umwelt, an den Unglauben und an den Glauben an. Überall ist es eigentlich angenehm und für alle Seiten tolerierbar. Wahrscheinlich haben sie sich ja auch bemüht. Es ist ja immer auch eine Frage, dass wir weise sein wollen den Menschen gegenüber und geschickt. Wir wollen ja nicht irgendwie provozieren mit unserer Art oder mit unseren Worten.
Jetzt ist wichtig: Jesus möchte, dass wir brennend für ihn sind, eindeutig für ihn, mit klarer Entschiedenheit. Wenn man an dem Satz weitermacht, dann versteht man kaum, wie das hier formuliert ist: „Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“
Wir regen uns ja in diesen Tagen gerne über die Ungläubigen und über die Gottlosigkeit auf. Es ist ja auch wirklich schlimm, wenn man da irgendeine Frau Schlotthoff sieht, so eine radikale kirchliche Feministin, oder was an gottlosem Schändlichem aus Bad Boll publiziert wird. Man will es ja überhaupt nicht in den Mund nehmen.
Auch das, was an Gottlosigkeiten im Raum der Kirche publiziert wird, was heute in den Gemeindeblättern steht, ist wirklich schändlich. Es ist eine Lästerung der Ehre Gottes, was heute selbst von uns tagtäglich konsumiert wird. Aber Jesus sagt: Das ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, dass ihr nicht brennt.
Wenn ihr an eurem Platz für Jesus brennt, dann gibt es ein Licht. Nur das ist wichtig: dass ich an meinem Platz, da, wo mich der Herr hingestellt hat, in der Gemeinschaft für ihn brenne. Dass meine Werke nicht lau sind, nicht mittelmäßig, sondern ganz auf Jesus ausgerichtet.
Die Forderung nach echter Nachfolge und Hingabe
Kennen Sie das Buch von Dietrich Bonhoeffer über die Nachfolge? Es ist ein wunderbares Buch, wenn man es zur Hand nimmt. Dort sagt er ganz eindeutig, dass Jesus den ganzen Gehorsam will und die ganze Hingabe. Es genügt nicht bloß, der Spur nachzuleben.
Das Schlimme in diesen Tagen ist, dass viele gläubige Christen von der Zeit angekränkelt sind. Sie sagen: „Kann man in diesen Zeiten noch ganz nach dem Wort Gottes leben?“ – nur ganz anders nicht. Am Abend dieses Tages müssen wir uns wieder fragen lassen: Sind die Werke, die ich heute getan habe, für Jesus? Habe ich sie getan um meiner eigenen Ehre willen? Habe ich sie getan, weil ich es pflichtgemäß getan habe? Oder habe ich sie aus Liebe zu ihm getan?
Oft dienen wir dem Herrn nur mit halber Kraft, mit einer gewohnheitsmäßigen Trödelei gehen wir ihm nach. Es ist so wichtig, dass ich ganz ihm diene. In den Sendschreiben gibt der Herr Jesus ganz bestimmt den Gemeinden Bilder durch den Mund des Johannes, die sie verstehen. Das ist sicher klar.
Da war zum Beispiel die Gemeinde von Hierapolis erwähnt. Dort gab es heiße Quellen. Ich war noch nie dort, aber ich habe immer die Bilder gesehen. Das Wasser floss terrassenartig wie ein Wasserfall herunter. Oben kamen die Quellen ganz heiß heraus, und dann kühlte sich das heiße Wasser über diese Felstreppen ab.
Dieses Bild muss für die Leute sehr verständlich gewesen sein. Es zeigt sowohl die erste Liebe, die man verlässt, als auch das Lauwerden im Leben. Es bedeutet, dass man nicht mehr in ganzer Hingabe und Leidenschaft an Jesus lebt.
Der Teufel wird sicher neue Worte erfinden, so wie das Wort „Fundamentalist“ heute neu gebraucht wird, um diejenigen zu treffen, die bei der Bibel bleiben. Sie sollen in die Nähe von Khomeini gerückt werden, aus Persien. Ich weiß nicht, was ich mit ihm gemein haben sollte, nur weil ich bei seinem Wort bleibe. Das ist eine biblische Sache. Wo sollte ich denn sonst bleiben?
So wird es immer wieder Worte geben, die uns die eindeutige Form der Jesusnachfolge lächerlich machen wollen. Doch das ist der einzige Weg, den ich gehen kann, wenn ich Verheißung haben will, dass meine Werke für Jesus ausgerichtet sind.
Persönliche Zeugnisse und die Bedeutung der Hingabe
Und jetzt lesen Sie mal wieder in den Geschichten. Ich habe Ihnen erzählt, dass es mir im Urlaub wichtig war, das Buch mitzunehmen. Es gab mal vier Bände von Alfred Ringwald aus Tübingen. Vielleicht haben Sie auch nur so alte Schmöker herumliegen. Darin sind immer zwei Seiten mit Lebensbildern enthalten, eigentlich ganz toll. Es gibt nicht viel über ein Lebensbild, aber auf wenigen Seiten hat man alles Wesentliche. Diese Bände wurden zum Schluss für ein Spottgeld verschleudert.
Ich weiß, ich habe meine gekauft, um ein paar Mark, vielleicht ein Viertel vom Originalpreis. Aber Lebensbilder sind so wunderbar, wenn man sieht, wie Jesus wirken kann, wenn Menschen sich ihm ganz hingeben. In dem Augenblick wird plötzlich Raum frei.
Ich will jedem jungen Menschen sagen, aber genauso jedem alten Menschen: Es gibt nie eine Zeit, in der ich sage, jetzt habe ich nichts mehr zu tun. Jeder Zeitraum meines Lebens wird von Jesus gefüllt, wird wertvoll und bedeutsam. Am Sonntag habe ich es in der Predigt noch einmal gesagt: Es gibt kein „Ich bin alt und jetzt bin ich kraftlos“ oder so. Wenn Jesus uns bereit findet, dann kann er viel wirken.
Und jede Gemeinde, ob sie noch so erstarrt oder altmodisch ist, macht das gar nichts aus. Wenn Menschen sich hingeben, dann wirkt Jesus in dieser Form.
Das ist auch immer eine Antwort, wenn Leute sagen: „Ja, warum bist du in der Landeskirche?“ Ich kenne keine Kirche, wo diese Probleme kleiner wären. Auch in den Freikirchen sind die Probleme mit Menschenleitung sehr groß, mit Menschenordnungen und so weiter. Ich sehe auch die Probleme in meinem Leben. Ich sehe das gar nicht so, dass es bloß an einer Organisation hängt.
Das Wichtige ist, dass das Wort Jesu wirkt, dass sich Menschen öffnen und dass man an diesem Platz wirkt und sich dem Herrn zur Verfügung stellt. Dann geschieht etwas. Und das freut mich so, wenn man das erlebt, wenn Mitarbeiterinnen im Kindergarten das tun oder an der Kranken-Diakoniestation, überall.
In dem Raum, wo ich bin – und jetzt genauso Sie als Gemeindeglied und Ihre Familie – geben Sie Jesus Raum und achten Sie darauf, dass Ihre Werke heiß sind, von Jesus durchdrungen und ihm geweiht. Geben Sie sich ganz hin.
Warnung vor Lauheit und Selbstgenügsamkeit
Laue Christen werden oft dafür kritisiert, dass das kirchliche Leben um uns herum abstirbt. Dieses Phänomen hat sich jedoch beständig durch die Geschichte der Kirche hindurch gezeigt. In der Christenheit gab es stets Phasen des Wachstums und des Sterbens.
Nur eine Frage sollte ich mir stellen: Entsteht bei mir auch eine Unruhe? Stirbt mein Glaube oder kann der Herr heute durch mich wirken? Dabei kommt es nicht auf meine Fähigkeiten an, sondern darauf, ob ich für ihn brenne, ob ich offen bin und mich ihm ganz ausliefere.
Klare Entschiedenheit ist notwendig. Klare Entschiedenheit braucht es immer und immer wieder. Wir brauchen einander und müssen uns gegenseitig immer wieder den klaren Willen Jesu zusprechen.
Betrachten Sie zum Beispiel einen Hauskreis. Warum wird ein Hauskreis nach ein oder zwei Jahren plötzlich müde? Dann entstehen Probleme, die Diskussionen werden langweilig. Hören Sie in solchen Momenten das Wort Jesu – so, wie Sie es selbst empfinden – mit aller Schärfe.
Wenn das geschieht, wird es im Hauskreis wieder interessant. Erzählen Sie von dem, was Sie entdecken. Laden Sie andere ein, auch Ungläubige. Dann wird es auf einmal spannend, und es geschieht etwas.
Die Gefahr der Selbstgenügsamkeit und der Stolz der Gemeinde
Jetzt kommt das Zweite: die schlimme Selbstgenügsamkeit. Du sagst: „Ich bin reich, habe genug und brauche nichts.“ Das muss man auch noch einmal deutlich sagen.
Die Gemeinde in Laodizea hatte eine florierende Wirtschaft. Jesus spricht hier in der Sprache eines Händlers und fragt: „Musst du nicht etwas kaufen?“ Sie antworten: „Ich brauche nichts, ich habe alles.“ Wenn jemand zu Ihnen nach Hause kommt und Ihnen etwas verkaufen will, sagen Sie dann auch: „Ich brauche nichts, ich habe alles“?
Was kann Jesus Ihnen heute Abend schenken? Kommen Sie überhaupt noch mit Sehnsucht zu ihm? Sagen Sie: „Ich bin am Boden, ich brauche, dass er mich aufrichtet. Ich habe keine Kraft mehr. Ich brauche Vergebung.“ Er will uns doch mit Gutem überschütten.
Die meisten Christen sind so stolz, dass sie sagen: „Ich brauche nichts.“ Doch das würde Jesus Ehre bereiten. Jesus freut sich, wenn wir sein ganzes Schaufenster plündern und sagen: „So viel wie möglich!“
Das erinnert an die damaligen Goldschmiede. Ich rate dir, Gold von mir zu kaufen – wertbeständiges, bleibendes Gold –, damit du es anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar wird.
Die zentrale Bedeutung von Jesus und der Buße
Der Hauptfehler vieler evangelikaler Christen besteht darin, dass sie glauben, es gäbe viele verschiedene Themen, die wichtig sind – und nicht das eine, das jedes Mal im Mittelpunkt steht, wenn wir die Bibel aufschlagen: Jesus, der für meine Sünden stirbt. Darum geht es jedes Mal.
Wenn ich diesen Punkt verstanden habe, dann bin ich am Kern der Sache. Wenn Sie die Bibel aufschlagen oder beten, möchte Jesus Ihr Leben erfüllen. Sie stehen vor ihm als ein gescheiterter Mensch – und genau das ist der Kern des Glaubens, wie es im Römerbrief beschrieben wird. Wenn Jesus uns so wieder erfüllen kann, dann entdecken wir auch, dass er unsere Gerechtigkeit ist, unsere Kraft und unser Sieg. Dann brauchen wir ihn und halten uns an ihn.
Paulus hat im Philipperbrief geschrieben, dass er immer wieder dasselbe betont. Er bittet darum, ihn nicht zu verdreschen, weil er immer wieder auf diesen wichtigen Punkt zurückkommt. Dieser Punkt war ihm sehr wichtig. Paulus sagt: Ich jage ihm nach, ich will ihn ergreifen, ich will seine Kraft erfahren.
Darum hat er sich mit den Schwärmern gestritten, die sagten, man müsse jetzt in anderen Zungen reden. Paulus entgegnet: Ich muss Christus entdecken.
Ich bin jemand, der alles achtet, was ihm im Leben bisher wichtig war. Und ich will mit Furcht und Zittern selig werden. Ich will das Himmelreich erlangen. Das ist mir wichtig, dass ich dabei bin.
Ich rate dir, Gold von mir zu kaufen. Oft ist es bei uns so, dass wir glauben, wir seien schon weit gekommen, hätten gewisse Stufen erreicht. Doch nein: Wir bleiben Sündern, die allein durch die Gnade Jesu gerettet werden. Und genau das ist die Kraft, die in unserer Mitte lebt.
Das war auch in der Erweckungsbewegung immer so: Erst wenn dieser Punkt wieder leuchtet, gibt es Erweckung. Es ist nicht wahr, dass es andere Punkte gibt – das ist Erweckung.
Zeugnisse aus der Erweckungsbewegung und die Kraft des Blutes Jesu
Es war so: Ich besitze einen so großen Schatz, dass mir jetzt jemand, der nach England gereist ist, aus einem Antiquariat wieder fünf Bände von Spört mitgebracht hat. Ich habe bereits eine große Sammlung seiner Werke, aber mir fehlen immer noch zwanzig Bände, nach denen ich auf der Suche bin. Insgesamt habe ich vielleicht schon dreißig.
Es ist beeindruckend, was er dort gepredigt hat – mit einer unheimlichen Kraft. Dieser Prediger zog jeden Sonntag viele Tausende von Menschen an. Er sagte: Je älter ich werde, desto mehr will ich nur noch über einen einzigen Satz predigen: "Er starb für mich." Und Hofacker hat gesagt: Die Predigt vom Blut Jesu zieht die Geister an, das ist Erweckung. Alles andere sind Nebenthemen.
Wir sagen oft: Ach, das ist doch jetzt schon vorbei. Das ist der Grund, warum wir auch nicht mehr evangelisieren. Die Mitte stimmt einfach nicht mehr. Dabei wäre die Gemeinde eine permanente Evangelisation. Wenn unsere Hauskreise und Gottesdienste so gestaltet wären, könnten wir die Ungläubigen hineinbringen. Sie würden in unserer Mitte überführt werden, und der Geist Gottes könnte mächtig an ihnen wirken und sie erbauen.
Wir sind immer wieder diejenigen, die jedes Mal neu die Ausrüstung brauchen. Ich brauche das Gold von ihm – seine Vergebung, seinen Zuspruch, seine Verheißung. Das spüren doch die Menschen. Das brauche ich für mich, und das wird doch jedes Mal für mich gepredigt, weil ich davon lebe.
Man könnte fragen: Wie wollen Sie Ihre Todesstunde bewältigen? Haben Sie denn eine andere Grundlage? Da kommt doch die Anfechtung. Aber ich weiß: Christi Blut und Gerechtigkeit sind der Schatz. Und da sagt er: Nimm doch das Gold von mir, das geläutert ist, und die weißen Kleider. Das kann man jetzt alles von Laodizea noch auslegen, und die Kommentare beschreiben, dass er die Lutherbibel erklärt oder so, dass es dort auch eine Textilindustrie gab.
Das mag ja alles sein. Es ist schön, wie Jesus den Leuten das noch plastisch macht, an dem, was sie verstehen können. Aber die Bilder müssen für uns sprechen – auch die Augensalbe. Offenbar gab es da auch eine medizinische Sache, damit deine Augen ... Aber nicht nur, damit du einen besseren, klareren Blick auf diese Welt hast, sondern damit du wirklich das siehst, was Gottes Augen in deinem Leben sehen.
Sieh doch durch auf die wirklichen Dinge deines Lebens! Das war wichtig – keine Selbstgenügsamkeit. Es gibt viele evangelikale Lehrer, mit denen man bis hin in unsere Gemeinde hinein gerungen hat. Sie sagen: Das habe ich vor ein paar Jahren gepredigt, das braucht man jetzt nicht mehr zu predigen. Ich weiß nicht, wie die das in ihrem Glaubensleben machen.
Für uns gibt es keinen Tag, an dem wir uns nicht nackt und bloß an das Kreuz Jesu anklammern, weil es uns rettet. Und über dieses Anklammern hinaus wachsen wir nie. Das war die Botschaft von Hofacker, und das war die Botschaft von allen, auch von Paulus im Römerbrief. Da komme ich nie weiter. Im Himmel vielleicht, aber vorher nicht.
Die Zucht Gottes und die Bedeutung der Buße
Und jetzt sagt der Herr noch, dass er züchtigen kann und dass er auch uns zur Buße treibt. Er kann sehr viel zerschlagen. Hoffentlich bringt es uns zur Buße, wenn der Herr uns auch Dinge zerbrechen lässt. Dabei müssen wir aufpassen, dass wir nicht Gott beschuldigen, wenn uns im Leben Schweres und Leid widerfährt und wir fragen: Warum lässt uns Gott das zu?
Viele von Ihnen stehen ja in ganz schweren Nöten. Es ist mir schwer, denn manche klagen mich auch an. Vielleicht geht es Ihnen so und Sie sagen, ich sei ein schlechter Seelsorger. Aber ich glaube, alle Krisen ihres Lebens zielen letztlich auf eine neue geistliche Ausrichtung auf Jesus hin. Wir sind alle betroffen – ich schließe mich jetzt ein. Ich verstehe Sie deshalb sehr gut.
Sie meinen immer, ich müsste Ihnen irdischen Rat geben, menschlichen Rat, wie man Ihre Ehe reparieren kann oder wie man Ihre Geschäftsprobleme löst. Ich bin überzeugt, dass Jesus alles geistlich lösen will. Eine neue Umkehr zu ihm – und dann wird er Ihnen Schritt für Schritt auch hier wieder den Weg bahnen.
Ich habe so Gewaltiges erlebt. Einige von Ihnen waren noch dabei, bei unserem Doktor Ebersbecher, der in einem Millionen-Konkurs war. Über zwei Jahre hinweg, damals auf unserer Freizeit in Vevey, ging er nicht einmal zu den Bibelarbeiten, weil er sich so aufgeregt hatte. Später hat er hier in diesem Saal erzählt und gesagt: „Ich habe zuerst Jesus finden müssen, bevor er mir das lösen konnte.“
In Böblingen hieß es vor Gericht immer, er würde noch einmal als haftender Gesellschafter herauskommen, aber es gab keinen Ausweg. Das unerklärliche Wunder geschah, dass einer der Beteiligten sagte, er wolle keinen Aufsehen – und am Ende die ganze Schuld bezahlt hat. Es ging um Millionen.
Es geht nicht immer so, oft auch mit großem Schmerz. Aber es geht auch in Eheproblemen so, wie viele von Ihnen erlebt haben: Immer erst erfolgt aus der Schuld die Bereinigung. Es muss nicht immer ein Happy End sein. Aber es geht nur über eine geistliche Bewältigung.
Wir machen es oft falsch, weil wir meinen, es müsse eine Problemberaterin sein. Dann schicken wir jemanden vorher zur psychologischen Beratungsstelle in die Kronprinzenstraße. Dort heißt es dann: „Ach, Sie sind in einer blöden Gemeinde da oben, Sie sind doch evangelikal verengt.“ Und so wird man zuerst auf einen neuen Vordermann gebracht.
Geistlich müssen Sie die Probleme bewältigen. Ich glaube nicht, dass etwas anderes nötig ist in all den Krisen unseres Lebens, weil der Herr uns züchtigt. Die schweren Dinge, die uns auch heute widerfahren, sind der Grund, dass Sie heute Abend sagen: „Ich habe ein bedrängtes Herz.“ Das kann nur Jesus bei Ihnen lösen.
Vielleicht haben Sie völlig Recht, dass ich nicht weiß, wie er es löst. Aber ich will neben Ihnen ausharren, mitleiden, beten und zu Gott schreien, dass er sich Ihrer erbarmt.
Buße ist ein Wort, das bei uns außer Mode gekommen ist. Das liegt am Bußgeldbescheid und an vielem anderen. Buße heißt: Kehre um, fange neu an. Buße ist voller Verheißungen. Das war das Wort, das Martin Luther in seinen Thesen so herausgestellt hat: „Tue Buße, fang doch mit Jesus wieder neu an.“
Das heißt: Fang mit Jesus wieder an. Und das haben wir uns alle vermiesen lassen und gesagt, das sei billig. Das ist es aber nicht.
Sie haben Sorge um Ihre Kinder und um liebe Freunde. Wenn diese wieder anfangen würden mit Jesus neu, dann wäre so viel wieder ganz anders da.
Die Einladung Jesu und die Gemeinschaft mit ihm
Jesus verheißt: „Ich stehe vor der Tür und klopfe an.“ Viele kennen das Bild, in dem Jesus vor der Tür steht – ein schönes Bild. Mein künstlerischer Geschmack ist vielleicht weniger ausgeprägt, aber mir gefallen die Nazarenerbilder, in denen Jesus vor der Tür steht, die nur einen Knauf hat. Von außen kann die Tür nicht geöffnet werden.
Und genau so ist es: Jesus drängt sich niemandem auf. Er kann das manchmal in einem beeindruckenden Moment tun und hat manche überwältigt, aber das ist die Ausnahme. Meist steht er ganz schlicht bei uns und klopft nur. Jetzt liegt es an uns, ihm die Tür zu öffnen.
Das ist lebendige Gemeinde, trotz aller Fehler und Mängel: dass sie Jesus aufnimmt, dass er eintritt – besonders viele Menschen – und sie die Geschichte mit ihm neu gestalten. Die Stimme Jesu zu hören, ganz ähnlich wie beim guten Hirten (Johannes 10), die sein Wort kennen, ihn an seiner Stimme erkennen und die Tür öffnen.
Ich bin heute sehr unglücklich über viele neue Gemeinden, die entstehen, und ich befürchte, es wird noch schlimmer werden. Im Moment gibt es viele Gruppen, die das für sich beanspruchen. Ich sage oft: Es gibt doch schon viele Gruppen, Gemeinschaften und Hauskreise, die man neu gestalten kann. Aber wer Lust hat, soll es machen.
Nur erkenne ich dort viele kleine Päpste und Gemeindeleiter, die sagen: „Alles hört auf mein Kommando.“ In unserer Evangelischen Allianz in Stuttgart hatten wir lange Jahre einen bekannten Mann, der immer sagte: „Die Jungen müssen den bedingungslosen Gehorsam gegenüber den Eltern lernen.“ Ich habe dann lachend gesagt: „Das ist wie bei den Jesuiten, was du predigst – bedingungsloser Gehorsam gegenüber den Alten.“
Nein, das gilt nur für die Stimme Jesu. Und leider müssen wir bei jeder Verkündigung fragen: Ist es die Stimme Jesu? Das ist uns nie erspart. Oder ist es ein Verführer? Wir können auch fromme Verführer sein.
Wir folgen der Stimme Jesu, nicht Menschen. Wir sind auch keine Lutheraner, die sagen: „Luther, Luther über alles.“ Wir sind Jesusjünger. Und wir lieben alle, die vom Geist Jesu durchdrungen sind, egal ob sie zur Brüdergemeinde, den Heilsamen oder den Baptisten gehören – sie atmen den Geist Jesu. Darum soll es gehen.
Deshalb lieben wir die Gemeinden und wehren uns für sie, aber sie sind uns nicht das Letzte, dem wir uns mit Haut und Haar verschreiben. Das ist auch meine Einstellung zur Mitgliedschaft. Bibelchristen wollen wir sein, dem Wort Gottes gehören, und Jesusleute wollen wir sein – das sind die beiden Begriffe, die ich meine.
Jesus sagt: „Ich stehe vor der Tür und will eingehen.“ Ich will das Abendmahl mit ihm halten. Dabei ist es egal, wie das Abendmahl gefeiert wird. Es geht um eine ganz intime, enge Beziehung, Gemeinschaft mit Jesus.
Meine Oma hat auch eine solche Erfahrung gehabt. So haben wir es als Kinder erlebt: Wenn wir bei ihr schlafen durften, trat Jesus ins Fenster und sagte: „Gute Nacht, lieber Heiland.“ So halten wir das Abendmahl mit ihm, leben ganz eng mit ihm, machen alles mit ihm.
Wer überwindet – und das heißt „drüberkommen“ –, so war ein Spruch in unserer Kinderzeit, der kommt in den Himmel. Meine Oma sagte immer, man darf nicht am Ärger oder Streit hängenbleiben. Wenn sie schlichten musste, sagte sie: „Die, die überwinden, die kommen in den Himmel.“ Eine tolle Erkenntnis, das ist einfache Theologie.
Es bleibt nicht hängen am Schmerz oder Leid, das fängt schon bei Kindern an. Man soll es weglegen. Jesus lässt uns teilhaben an seiner Königsherrschaft. Wie das im Himmel mit den Thronen genau ist, habe ich nie verstanden, und es interessiert mich auch nicht. Ich weiß nur, dass es wunderbar sein wird.
Darum halten wir uns nicht an äußeren Beschreibungen auf. Wir brauchen keine Lehren darüber. Die, die uns Lehrende erzählen, wie das aussieht, verstehen es meist am wenigsten. Aber wir freuen uns, dass wir dort sind – ganz nah beim Vater und bei Jesus.
Die Zeit hier auf der Erde ist kurz. Und da wollen wir unsere Berufung unter die Füße kriegen. Wir dürfen sie nicht wegen irdischer Nöte, Ehrverletzungen, Streit, menschlicher Lehren und Meinungen oder Dickköpfigkeiten verlieren.