Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 501: Wehe euch, Gesetzesgelehrte! Teil 1
Die Reaktion der Gesetzesgelehrten auf Jesu Kritik
Nachdem der Herr Jesus die Pharisäer zurechtgewiesen hat, wendet er sich nun den Gesetzesgelehrten zu. Dabei ist es interessant zu beobachten, dass die Gesetzesgelehrten kein Schuldbewusstsein zeigen.
Sie hören die Weherufe gegen die Pharisäer und merken, dass die Worte Jesu auch sie betreffen. Sie fühlen sich gedemütigt und schlecht gemacht, doch sie beginnen nicht, über die Kritik nachzudenken.
Lukas 11,45: Aber einer der Gesetzesgelehrten antwortete und sprach zu ihm: „Lehrer, indem du dies sagst, schmähst du auch uns.“
Wie gesagt, hier ist jemand nur gekränkt, aber nicht wirklich daran interessiert, der Kritik auf den Grund zu gehen.
An dieser Stelle sollten wir bitte ganz anders sein. Ehrliche Zurechtweisung ist ein Schatz, den es zu bergen gilt. Die Sprüche sind da ganz klar:
Sprüche 12,1: Wer Zucht liebt, liebt Erkenntnis, und wer Ermahnung hasst, ist dumm.
Dieser Vers hat mich vor vielen Jahren ermutigt, Bibelverse auswendig zu lernen und viel über die Bibel nachzudenken. Wer Ermahnung hasst, ist dumm. Wer sich nichts sagen lässt, ist ein Dummkopf.
Jesu Wehrufe gegen die Gesetzesgelehrten
Aber kommen wir zurück zu den Gesetzesgelehrten. Wie bei den Pharisäern spricht Jesus drei Wehrufe über sie aus. Diese Wehrufe drehen sich um geistliche Lasten, die sie anderen auflegen. Es geht außerdem um ihre Haltung zu den Propheten Gottes und darum, dass sie ihren Zuhörern den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen haben.
In Lukas 11,46 heißt es: „Er aber sprach auch zu euch, Gesetzesgelehrten: Wehe, denn ihr belastet die Menschen mit schwer zu tragenden Lasten, und selbst rührt ihr die Lasten nicht mit einem eurer Finger an.“
Die Gesetzesgelehrten belasten ihre Mitmenschen, indem sie die Gesetze immer feiner auslegen. Je genauer sie ein Gebot zerlegen, desto schwieriger wird es für den normalen Gläubigen, das Gebot zu halten.
Vielleicht ist dieser Aspekt einer genaueren Betrachtung wert. Man könnte schnell denken, dass Gebote, je genauer man sie auslegt, desto besser ihre Funktion als Gesetz erfüllen. Doch dem ist nicht so. Dort, wo Gebote in der Bibel eher allgemein formuliert sind, reicht das, was im Wort Gottes steht, völlig aus.
Beispiel: Der Sabbat und die Auslegung von Geboten
Ein einfaches Beispiel zum Ruhetag finden wir in 2. Mose 20,8-10. Dort steht: „Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes; da sollst du keine Arbeit tun.“
Hier wird deutlich, dass der Israelit am Sabbat nicht arbeiten soll. Das Ziel ist, am Sabbat auszuruhen. Der Sabbat gehört dem Herrn, und er ordnet den Menschen Ruhe an.
Soweit ist das klar. Allerdings wird hier nicht genau definiert, was unter „Arbeit“ zu verstehen ist. Das stimmt, und das ist auch nicht unbedingt nötig. Die Entscheidung darüber kann jeder selbst treffen, je nachdem, wer sich ausruhen will. Ich selbst weiß, was für mich Arbeit ist, und diese soll ich am Sabbat nicht tun.
Aber Jürgen möchte mehr Gerechtigkeit – also eine klare Definition von Arbeit. Was genau Arbeit ist und was nicht, wäre aus seiner Sicht hilfreich.
Warnung vor Übermaß an Gerechtigkeit
Antwort: Nein, ist es nicht. Der Prediger warnt vor solchen Gedanken, wenn er schreibt: „Sei nicht allzu gerecht und gebärde dich nicht übermäßig weise; wozu willst du dich zugrunde richten?“ (Prediger 7,16).
Das klingt zunächst merkwürdig. Sollte nicht mehr Gerechtigkeit ein Gewinn sein? Aber das ist es nicht immer. Ein Übermaß an Gerechtigkeit führt leider – wie man gut bei den Pharisäern und den Gesetzesgelehrten sehen kann – nicht zur Heiligung, sondern zur Selbstgerechtigkeit.
Wenn ich anfange, die Gebote Gottes zu „verbessern“, indem ich eigene Regeln hinzufüge, um die Gebote noch greifbarer oder praktischer zu machen, betrete ich einen sehr schlüpfrigen Boden. Natürlich kann ich das im Sinne einer Anwendung für mich selbst tun.
Um bei unserem Text zu bleiben: Du darfst gerne die Kräuter, die du auf dem Balkon ziehst, verzehren. Das ist erlaubt. So musste sich auch jeder Israelit überlegen, wie er den Ruhetag ganz persönlich einhalten kann.
Die Gefahr zusätzlicher Auslegungen als Lasten
Aber die Gesetzesgelehrten gehen noch weiter. Sie bleiben nicht bei den ursprünglichen Geboten stehen, sondern formulieren Auslegungen dazu, die – ähnlich wie das mosaische Gesetz selbst – den Charakter göttlicher Gebote erhalten. Dabei sind diese Auslegungen keine echten Gebote. Es handelt sich lediglich um Interpretationen und Anwendungen.
Genau diese Lasten sind es, von denen Jesus spricht. In Lukas 11,46 sagt er: „Wehe euch, Gesetzesgelehrte! Denn ihr belastet die Menschen mit schwer zu tragenden Lasten, und selbst rührt ihr die Lasten nicht mit einem eurer Finger an.“
Vielleicht noch ein Hinweis: Gesetzesgelehrte gibt es natürlich auch heute noch. Deshalb lohnt es sich, bei Predigten genau hinzuhören, welche Gebote dort formuliert werden.
Wir sollten strikt unterscheiden zwischen dem, was tatsächlich im Wort Gottes steht, und dem, was daraus gemacht wird. Gebote, die keine oder nur sehr schwache Grundlage im Wort Gottes haben oder deren Bezug zum Wort Gottes bestenfalls gezwungen wirkt, sind in den Augen Jesu kein Segen, sondern ein Wehe. Sie sind eine Last.
Vorsicht vor selbst erdachten Geboten
Es mag auf den ersten Blick verlockend erscheinen, moderne Sünden zu verbieten. Doch hier ist wirklich Vorsicht geboten.
Wer Aussagen trifft wie „Rauchen ist Sünde“, „Ins Kino gehen ist Sünde“, „Frauen sollten keine Hosen tragen“ oder „Als Christ darf ich keine KI verwenden“, sucht oft nur nach Bibelstellen, die diese selbsterdachten Gebote stützen. Ich weiß, dass man die Bibel verbiegen kann, um eigene Vorstellungen zu untermauern.
Solche Menschen mögen in ihrem Herzen überzeugt sein, dass diese zusätzlichen Gebote gerade für junge Geschwister eine echte Hilfe sind. Zum Beispiel, um sie vor der Welt mit ihren sündigen Einflüssen zu schützen. Doch Vorsicht: Genau so dachten auch die Gesetzesgelehrten.
Dann kam Jesus und verworf diesen ganzen Ansatz, weil er nicht in die Freiheit, sondern in die Selbstgerechtigkeit führt. Auf lange Sicht zerstört dieser Weg mit seinen zusätzlichen Geboten den Glauben. Obwohl er auf Gerechtigkeit pocht, bleiben am Ende die wirklich wichtigen Aspekte göttlicher Gerechtigkeit und die Liebe zu Gott auf der Strecke.
Echte Heiligung kommt immer aus dem Herzen. Zusätzliche Regeln fördern langfristig nur die Heuchelei.
Raum für biblische Gespräche ohne zusätzliche Gebote
Und damit mich niemand falsch versteht: Ich darf die Frage stellen, ob es weise ist zu rauchen. Ebenso, inwieweit säkulare Filme mein Denken beeinflussen, was es für Frauen bedeutet, sich fraulich zu kleiden, und wo künstliche Intelligenz durchaus zur Gefahr werden kann.
Ich habe nichts gegen diese Fragen und noch weniger gegen einen tiefen Austausch darüber. Ja, wir müssen solche Gespräche führen. Wir brauchen die Sprachfähigkeit, das Abwägen, das Entdecken von biblischen Prinzipien und die Frage, wie man sie in welcher Situation am besten anwendet.
Solche Gespräche sind notwendig, weil sie geistliches Wachstum fördern. Nur das ist eben nicht, wofür die Gesetzesgelehrten stehen. Sie vertreten neue Regeln, die sich an die Seite der alten Gebote stellen und im Zweifelsfall diese sogar ablösen.
Wer solche neuen Regeln einführt, macht ein herausforderndes Heiligungsleben noch schwerer – unnötig schwerer. Er legt Lasten auf Kinder Gottes, die Gott ihnen nicht auferlegt hat. Und so ein Verhalten verdient ein Wehe.
Einladung zur Selbstreflexion und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Denke darüber nach, wie sehr dein Leben von Geboten bestimmt wird, die nicht in der Bibel stehen.
Das war's für heute.
„Why not Glaubensfragen“ heißt der YouTube-Kanal meiner Frau. Dort gibt es viele Videos, die Fragen zum christlichen Glauben beantworten. Den Link findest du im Skript.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
