Sehnsucht nach göttlicher Gerechtigkeit
Wir warten auf dein Heil, dass du uns die Augen öffnest für das, was du an Heil für uns bereit hast. Amen.
In der Bergpredigt steht gleich zu Beginn: Wohl denen, Glückwunsch, Heil denen, selig sind, die gerecht sind – genauer gesagt: selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit. Erinnern Sie sich noch daran, als Sie Hunger hatten? Vielleicht auf Veränderung oder darauf gewartet haben, dass endlich eine Quelle kommt oder sich von fern eine Wirtschaft zeigt, wo es einen Sprudel gibt – durstend, hoffentlich ein bisschen Wasser auf die Zunge?
Da sagt der Herr Jesus: Wohl denen, die Durst haben nach ein bisschen Gerechtigkeit in ihrem Leben. Denn normalerweise sagen die Menschen: „Wenn alle so wären wie ich, dann wäre es recht.“ Dann würde es auf dieser Welt anders aussehen. Jeder Mensch ist davon überzeugt, dass er recht hat, so wie er ist.
Und da sagt der Herr Jesus: Ihr habt eine Ahnung. Gott wartet darauf, dass ihr von ihm ein bisschen Gerechtigkeit ersehnt, erstrebt und euch geben lasst. Selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit.
Diesem Thema wollen wir heute in dieser zweiten Einheit ein wenig nachdenken. Damit werden wir auch dem Sterben des Herrn Jesus näherkommen. In manchen Liedern ist das aufgenommen: „Der Gerechte macht Gerechte.“
Philipp Friedrich Hiller, der zwanzig Jahre lang stimmlos war, aber dafür zweimal 365 Lieder geschaffen hat in seinem Liederkästlein, hat uns auch das große Lied geschenkt: „Jesus Christus herrscht als König“ mit sechzehn oder achtzehn Versen. Leider sind nicht mehr alle in unseren Gesangbüchern aufgenommen.
Denn eine dieser Strophen heißt:
„Komm zum Tod, verdammt Geschlechtem,
der Gerechte macht Gerechte,
Heilige aus der Sünderrott,
komm, du wirst noch angenommen,
komm beherzt, er heißt dich kommen.
Sag ihm nur: Mein Herr und Gott,
der Gerechte macht Gerechte!“
Es ist ein Geheimnis, von dem wir heute selten etwas hören. Wenn die Kirche sich zu Wort meldet in ihren Verlautbarungen, hören wir oft: „Jesus gibt Freude in dein Leben“, „Jesus gibt Impulse in deinem Leben“, „Jesus gibt deinem Leben Sinn.“
Aber ich frage Sie: Wann haben Sie zum letzten Mal gehört, dass Jesus uns gerecht macht und dass das das größte Wunder ist? Dieses Thema taucht auch in wenigen Liedern auf. Vielleicht war Jochen Klepper einer der wenigen, der darüber gedichtet hat.
Er schreibt in dem Lied „Er weckt mich alle Morgen“:
„Er ist mir täglich nahe
und spricht mich selbst gerecht.“
Ich singe immer gern: „und spricht selbst mich gerecht.“ Das Wunder!
Die Herausforderung der Gerechtigkeit in Jesu Zeit
Jesus hat uns darauf hingewiesen, dass wir es nötig haben, von den Frommen seiner Zeit zu lernen. Diese waren die Pharisäer und Schriftgelehrten, die sich sehr bemüht haben, dass ihr Gewissen rein bleibt und sie ein sauberes, wohltätiges Leben führen. Sie strebten nicht nur nach äußeren Werten, sondern wollten heilig vor Gott leben.
Jesus sagt auch in der Bergpredigt, gleich im Kapitel 5: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer…“ Nach meiner Überzeugung war ihre Gerechtigkeit zu 99,9 Prozent vorbildlich. Aber Jesus betont, dass, wenn eure Gerechtigkeit nicht noch besser ist, ihr nicht in den Himmel kommen werdet. Wollen wir wirklich in den Himmel kommen? Ich möchte die Ewigkeit beim lebendigen Gott verbringen.
Jesus sagt: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist, wie schafft ihr das?“ Daraufhin erzählt Jesus eines seiner großen Gleichnisse. Es ging ein Pharisäer zum Tempel hinauf, um anzubeten. Übertragen auf unsere Zeit könnte er sagen: „Lieber Gott, ich danke dir, dass ich nicht im Gefängnis gelandet bin, dass ich ein gutes Zeugnis habe und einen sinnvollen Beruf. Ich faste sieben Wochen im Jahr und bin Mitglied im Krankenpflegeverein. Du hast mir so viel Geld gegeben, dass ich großzügig an den Kirchbauverein spenden kann. Ich möchte vorbildlich leben für meine Altersgenossen und danke dir, dass du mir dabei hilfst.“
Dann kam auch ein Zöllner, heute würden wir vielleicht sagen ein Drogendealer, der sein Geld damit verdient hat, andere Menschen ins Verderben zu stürzen. Er konnte nur noch sagen: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Punkt, Gedankenstrich.
Dann sagt Jesus: Dieser Mann, dieser Drogendealer mit seinem schlechten Leben, ging gerechtfertigt hinab. Wissen Sie, wie es weitergeht? Er wurde gerecht gemacht vor Gott. Jesus hat nicht gesagt, der Pharisäer sei schlecht. Aber einer hat es erreicht, dass seine Gerechtigkeit besser war: der Zöllner, der Gott anflehte: „Sei mir gnädig.“
Das Angebot göttlicher Gerechtigkeit im Alten Testament
Jetzt komme ich zum zweiten Teil. Zuerst habe ich darüber gesprochen, dass es schon zur Zeit Jesu nicht selbstverständlich war, dass Menschen nach Gerechtigkeit hungerten.
Im zweiten Teil geht es um das große Angebot Gottes. Wenn man ins Alte Testament hineinschaut – ach, wenn wir das Alte Testament nicht kennen, dann verstehen wir auch Jesus nicht mehr.
Wie oft heißt es dort in den Psalmen: „Errette mich durch deine Gerechtigkeit“ oder „Ich preise deine Gerechtigkeit allein“. Diese Worte brauche ich auch beim Propheten Jeremia.
Gott wird David einen gerechten Nachkommen, einen Spross, erwecken. Dies wird sein Name sein: Der Herr, unsere Gerechtigkeit.
Der Herr – das ist, was Gott für mich tut. Am Schluss des Alten Testaments, beim Propheten Maleachi, steht das herrliche Wort: „Euch aber, die ihr seinen Namen fürchtet, soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit.“
Hier wird deutlich, wie anständig und gerecht ihr seid und was Gott euch schenken wird – seine Gerechtigkeit.
Beim Propheten Jeremia heißt es, dass Gott es liebt, Gerechtigkeit zu üben, zu praktizieren. Gott wartet nicht darauf, wie er sagt: „Zeig mal, wie anständig dein Leben war.“ Stattdessen wartet er darauf, dass er uns seine göttliche Gerechtigkeit geben kann, Anteil geben kann an der vollkommenen Gerechtigkeit, die er hat, an dem vollen Konto.
Wir dürfen partizipieren, teilhaben an dieser Gerechtigkeit.
Das Alte Testament ist voll davon, dass Gott uns seine Gerechtigkeit anbietet – uns, die wir sie nötig haben.
Auch im Alten Testament gibt es Eliphas von Teman, der vergisst, mit Hiob zu rechten und ihn seelsorgerlich zu betreuen. Stattdessen sagt er: „Mir ist ein Gesicht bei Nacht gekommen, es ist mich ein Schaudern angekommen. Wie kann ein Reiner kommen von den Unreinen, ein Gerechter von den Ungerechten?“
Wie kann man denn in dieser Welt gerecht sein?
Ich habe doch von meinen Vorfahren nicht nur das komische, bloße Erbe, die Gene von meinem Großvater, der so merkwürdig und penibel war. Ich habe doch sehr viel, was von meinen Vorfahren schon auf mich gekommen ist: an Unsitte, an Versuchung, an Fantasie.
Das steckt doch tief in mir drin, sodass plötzlich, wenn ich überfordert bin, ein Fluch aus mir herausfährt. Die Ungeduld, der Neid, der Geiz.
Kann ein Reiner kommen von den Unreinen?
Schöne Worte am Schluss vom Buch Jesaja: „Unsere Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Gewand.“
Wissen Sie, wie das ist, wenn man sich vor zwei Stunden in die Ludwig-Hofacker-Kirche begibt und die Gemeinde sagt: „Meine Frau, schau, ob du das so unter die Leute kannst.“ „Oh, ich muss eine andere Krawatte anziehen, da ist ein Fleck drauf.“
Das heißt, 99,8 Prozent sind perfekt, aber so nicht.
Das bedeutet nicht, dass wir nichts Gutes tun können – unsere Gerechtigkeit. Man kann sehr viel Gutes tun, Hilfreiches, Tröstliches. Aber unsere Gerechtigkeit hat, wenn man es ernst nimmt, immer einen Fleck drauf.
Wenn man sich schon nicht unter die Leute wagen kann, sich nicht sehen lassen kann, wie kann ich mich vor Gott sehen lassen?
Wir haben es nötig, dass Gott uns gerecht macht.
Der Zöllner ging hinab und wurde gerecht gemacht, gerechtfertigt.
Die Vernachlässigung des Themas Gerechtigkeit in der heutigen Christenheit
Dritter Teil
Schade, dass auch das Heute in der Christenheit beinahe vergessen ist. Wir sind bis hinein in unsere Evangelisation ganz befangen. Dafür war der Mitbegründer von Pro Christ, aber immer gibt es die Tendenz: Ach, da kann man doch nicht von Gerechtigkeit reden, sondern man muss davon sprechen, dass Jesus deinem Leben einen Sinn gibt, Jesus Freude schenkt.
Im Jahr 1917 gab es ein großes Jubiläumsgedenken der Reformation. 1517 war ja der Durchbruch zur Reformation, und immer in den siebzehner Jahren wird daran erinnert. Auch im Jahr 2017 stand uns ein solches Gedenkjahr der Reformation bevor. Die meisten von Ihnen werden es noch erleben, ich nicht mehr.
1917 war mitten im Krieg, das 400-jährige Jubiläum. Eine kleine Gruppe von Studenten der deutsch-christlichen Studentenvereinigung unter Führung des späteren CvdM Reichwacht Erich Stange – mancher Name ist noch bekannt – schrieb an die Kirchenleitungen. Sie baten darum, darauf zu achten, dass Luther nicht bloß als großer Deutscher, als Erfinder der deutschen Sprache, als Liederdichter, als Begründer der ersten Choräle oder als Kämpfer gegen Rom gepriesen wird, sondern vor allem als einer, für den wichtig war: Gott ist gerecht und Gott macht gerecht. Lateinisch heißt das justificatio impii – die Gerechtmachung des Sünders, des Unheiligen.
Diese zwölf Studenten erhielten eine Abmahnung von ihren Kirchenleitungen. Man sagte ihnen, sie sollen nicht so vermessen sein, ihren Kirchenleitungen Ratschläge zu geben. Und natürlich wurde 1917 mitten im Krieg Luther als der große Deutsche, als Erfinder der deutschen Sprache gefeiert.
Wenn nicht alle Zeichen trügen, wird es auch 2017 nicht anders sein. Es ist uns verloren gegangen, dass die Hauptsache ist, dass Gott uns gerecht machen will.
„Kommt zum Tod, verdammtes Geschlecht, der Gerechte macht Gerechte!“ Bitte? Das ist schwierig vorzustellen, da haben Sie völlig Recht. Deshalb heißt es beim Propheten Jesaja: „Er hat mich gekleidet in seiner Gerechtigkeit wie in einem bräutlichen Schmuck.“ Sie wissen es bei Frau Pfarrer Stocker-Schwarz: Wenn sie ihren Talar anhat, kann sie darunter auch Gleithosen oder Hosen tragen, die nicht gerade ganz gebügelt sind. Aber der Talar deckt alles zu. Auch bei ihr ist immer alles gebügelt, perfekt. Der Talar deckt zu.
Wenn Sie sich schon fragen, wie es dazu kommt, dass Gott mich in seine Gerechtigkeit einhüllt, so dass vom ganzen Dreck meines Lebens nichts mehr zu sehen ist, dann hier noch einmal ein Vergleich. Danke für die Frage.
In Korntal, wo ich seit sechzehn Jahren leben darf, werden wir als Glieder der Brüdergemeinde in einem weißen Sarg beerdigt. Meine Frau hat lange gesagt: „Jetzt hast du so lange in der Landeskirche gedient, jetzt wirst du doch nicht auch in die Brüdergemeinde eintreten.“ Doch, ich bin gerne eingetreten. Sie hat nur eine Weile gewartet und dann gesagt: „Also, ich bekomme meinen Ruhegehalt von der Landeskirche. Es ist ein bisschen unfair, wenn wir jetzt zur Brüdergemeinde, in so eine halbfreie Gemeinde gehen.“ Dann habe ich zu ihr gesagt: „Dann wirst du auch nicht im weißen Sarg beerdigt.“ Das hat sie überzeugt.
Ich halte das für ein großartiges Bild. Wenn Sie einen Verstorbenen anschauen, bevor der Sargdeckel zugemacht wird, denken Sie: Ach, so sieht der Walder aus, ist er so krank gewesen, bloß nur elend. Und dann kommt der weiße Sarg drüber. Von der ganzen Vergänglichkeit sieht man nichts mehr. So will Gott einmal all meine Sünde, meinen Verderb zudecken mit seiner Gerechtigkeit.
Sie benutzen gern das Bild: Gott hat ein Konto der Gerechtigkeit. Ich bin längst in der roten Zahl. Darf ich bei ihm ein Buch führen, dass mein Konto nicht bloß ausgeglichen ist, sondern dass ich Guthaben habe? Also lauter Bilder, die das deutlich machen sollen.
Ich möchte teilhaben, ich Ungerechter, dass meine Gerechtigkeit am Schluss besser ist als die bei den vorbildlichen Pharisäern und Schriftgelehrten. Wir haben es nötig, und die Christenheit sollte dieses Thema wiedergewinnen. Ich bin froh, wenn in der Ludwig-Hofacker-Gemeinde dieses Thema nicht ausgespart wird.
Der Ehrentitel „Der Gerechte“ für Jesus Christus
Wie kommt man dazu? Das mit dem weißen Sarg verstehen wir, aber mit dem Talar – wie kommt man dazu?
Erstaunlich ist, dass im Neuen Testament der Herr Jesus immer wieder den Ehrentitel „Der Gerechte“ trägt. Jetzt wollen wir ein wenig über diesen Ehrentitel nachdenken. Ich freue mich, wenn wir in Gebetsgemeinschaften oder auch persönlich sagen: „Herr Jesus!“ Aber wenn man sich das Neue Testament genauer anschaut, sieht man, dass der Herr Jesus noch viel mehr Ehrentitel und Namen hat: der Nazarener, der Sohn Davids, der Erlöser, der helle Morgenstern, das Ebenbild des Vaters. Wenn man dem nachgeht, kommt man auf vierzig, fünfzig Ehrentitel, die im Neuen Testament genannt werden. Und wir sollten bis hinein in unsere persönlichen Gebete üben, den Herrn Jesus mit diesen Ehrentiteln anzurufen.
Einer dieser Ehrentitel, der in der ersten Christenheit offenbar sehr gebräuchlich war, war „der Gerechte“. In Apostelgeschichte 3 wird erzählt, dass der Apostel Petrus denen, die gefragt hatten, in welchem Namen er denn handele, antwortete: „In keinem anderen Namen ist das Heil.“ Dann sagte er: „Ihr habt den Gerechten verleugnet.“ Gemeint war Jesus. Und ihr habt gebeten, dass man euch den Mörder schenkt, den Barabbas. Also wurde der Titel „der Gerechte“ verwendet.
Oder der Stephanus in Apostelgeschichte 7, in seiner großen Verteidigungsrede als erster Märtyrer der Christenheit, sagte: „Ihr habt verfolgt all die Propheten, die das Kommen des Gerechten angekündigt haben.“ Gemeint war ebenfalls Jesus. Als Paulus von seiner Bekehrung erzählt, berichtet er in Apostelgeschichte 22,24, dass Hananias in Damaskus zu ihm kam und sagte: „Der Herr hat sich deiner erbarmt, dass du den Gerechten sehen wirst.“ Jeder wusste, was mit „dem Gerechten“ gemeint war. Das war auch naheliegend: Jesus war versucht wie wir, doch ohne Sünde.
Bevor Jesus noch ein Wunder getan hatte, versuchte der Teufel, ihn zu verführen. Doch Jesus prallte ab und fiel nicht darauf herein. Als Jesus vor seinem Leiden sagte: „Jetzt kommt der Fürst dieser Welt“ – gemeint war der Teufel – „aber er hat keine Macht über mich“, zeigte sich seine Unbezwingbarkeit. Selbst im schlimmsten Leiden und in der schlimmsten Entehrung blieb er standhaft.
Meine Frau hat heute Morgen bei der Andacht gefragt: Warum war es nötig, dass die römischen Soldaten mit Fäusten auf Jesus einschlugen? Warum haben sie ihn gegeißelt, ihn angespien und gesagt: „Weissage uns, wer wir sind?“ Diese Soldaten waren Hilfstruppen des Teufels, der Jesus noch einmal herumkriegen wollte. Doch Jesus blieb standhaft. Er sagte kein Wort des Fluches oder des Haderns. „Abba, befehle meinen Geist in deine Hände“, waren seine Worte.
Jesus hat seine Zeitgenossen einmal gefragt: „Könnt ihr mir eine Sünde nachweisen?“ Hat er jemals ein böses Wort gesagt oder jemanden enttäuscht? Die Zuhörer schwiegen. Ich dürfte es nicht wagen, so zu fragen – da würden viele aufstehen und sagen: „Bruder Krimmer, das können Sie uns sagen! Wir wissen, wie er in der Synode war, und wenn er erst mit meinen Kindern zu tun gehabt hätte, wie oft war er aufgeregt!“ Doch bei Jesus gab es keine Sünde, selbst nicht bei denen, die gegen ihn waren.
Nun kommen wir zur Gerichtsverhandlung. „Was hat er denn Böses getan?“, fragte Pilatus. „Ich finde keine Schuld an ihm.“ Sie brachten Zeugen vor, aber deren Zeugnis stimmte nicht überein. Nicht einen Punkt fanden sie, der Gotteslästerung entsprach. Nichts. Dann kam die Frau des Pilatus und ließ ihren Mann ausrichten: „Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten. Ich habe viel um seinetwillen erlitten im Traum.“
Judas brachte die dreißig Silberlinge zurück und warf sie in den Tempel. Er sagte: „Ich habe unschuldiges Blut verraten.“ Der mit Jesus gekreuzigte Mörder sagte: „Wir empfangen, was unsere Taten wert sind, aber dieser hat nichts Übles getan.“ Selbst die Leute, die keine Freunde von Jesus waren, mussten ihm bescheinigen: Er ist gerecht.
Jetzt kommt wieder etwas Gerechtes: Wenn es eine kleine Macke, einen Fehltritt oder ein böses Wort im Leben gegeben hätte, dann hätte man es ihm vorwerfen können. Doch das gelang nie. Jesus war der Gerechte. Deshalb hat die erste Christenheit gerne diesen Begriff verwendet: „Er, der Gerechte.“
Die Bedeutung des Leidens für den Gerechten
Aber auch noch aus zwei anderen Gründen.
Im Psalm 34 heißt es: „Ich will den Herrn loben alle Zeit, sein Lob soll immer in meinem Munde sein. Meine Seele soll sich rühmen, dass die Elenden hören und sich freuen. Preiset mit mir den Herrn!“ Ein herrlicher Psalm, der zeigt, was David mit seinem Gott erlebt hat.
Gegen Ende dieses Psalms steht: „Der Gerechte muss viel leiden, aber aus alledem hilft ihm der Herr.“ Das klingt befremdlich. Es ist, als ob das ein Test Gottes bei seinen Auserwählten ist, um zu prüfen, ob es wirklich ganz echt bei ihnen ist. Das fängt schon bei Abraham an: Wärst du bereit, deinen Sohn zu opfern? Ist deine Frömmigkeit echt? Die Auserwählten Gottes werden geprüft. Der Gerechte muss viel leiden.
Die Gerechten sollen nicht wie Adolf Hitler vom Volk hochgejubelt werden. Im Gegenteil, alle sollen sagen: „Den brauchen wir nicht.“ Wie ich vorher sagte: Wenn wir auf einen verzichten können, dann auf den. Getrost, weg mit ihm. Aber dann wird Gott sagen: „Der Gerechte muss viel leiden.“ Damit wird deutlich, wenn einer für ihn ist, dann Gott.
Das hat David erlebt. Im zweiten Samuelbuch sagt er: „Ich bin gejagt wie ein Floh, wie ein toter Hund, gehetzt von Saul. Aber der Herr hilft mir.“ Wenn einer für mich ist, dann Gott.
Verstehen Sie, das wird später bei Jesus erfüllt. Jesus hat die Würde nicht von Menschen, indem er sagt: „Seht her, was ich Gutes tue.“ Das hätten wir nur brauchen können. Bis heute merken wir, in was für einer Strömung wir drin sind, dass Leute sagen: „Ha, Jesus, das ist fundamentalistisch, das ist ein bisschen arg fromm.“ Evangelikale sprechen lieber von „Gott“. Wie viele Gebete fangen an mit „Guter Gott“, als ob man sagen würde: „Lieber Gott, bei mir kriege ich schon zwei plus, aber nicht ganz ein einziger ‚guter Gott‘.“
Die Christenheit hat von Anfang an, wie im 1. Korinther 1 beschrieben, den Namen des Herrn Jesus angerufen. Den Herrn Jesus haben wir angerufen. Heute, wenn Sie mal Rundfunkandachten hören, wie selten dort Jesus vorkommt! Bei meinem Sohn Ulrich, als er Vikar war an der Korber Höhe, hat eine Kirchen Gemeinderätin gesagt: „Es ist ja gut, dass Sie von Jesus reden, für unsere Russlanddeutschen, die sind es gewohnt, aber sonst steht es doch besser, wenn Sie von Gott reden.“
Wir sind in der Christenheit, die sich des Namens Jesus Christus schämt. Das ist eine ganz schlimme Bewegung, wenn wir auf Jesus verzichten können und stattdessen nur von Gott sprechen. Aber Gott hat diesen Jesus auferweckt, obwohl die ganze Welt – die frommen Pharisäer, die Schriftgelehrten, die heidnischen Römer und die Kriegsknechte – sagten: „Weg mit dem!“ Doch Gott sagte: „Den brauche ich, und den braucht ihr.“ Und er hat ihn auferweckt.
Der Gerechte muss viel leiden, er muss durch diesen Test durch, damit es deutlich wird. Aber der Herr ist mit ihm. Der Gerechte muss viel leiden – Psalm 34.
Ich denke, der Herr Jesus hat diesen Satz als Auferstandener erwähnt. Es ist tröstlich, dass auch die Jünger Jesu drei Jahre lang auf der theologischen Hochschule ihres Meisters waren. Aber als er gestorben war – er war mächtig in Taten und Worten – sagen die Emmausjünger: „Aber dann haben ihn unsere Oberen zur Verdammnis des Todes gebracht. Und jetzt kamen sogar unsere Frauen vom Grab und sogar das Grab ist leer.“ Jetzt herrscht tiefe Ratlosigkeit: „Wozu war das nötig? Warum hat Gott nicht eingegriffen?“
Und da sagt Jesus als Auferstandener zu ihnen, wie Lukas 24 berichtet: „O ihr dummen Kerle“, schwäbisch gesagt, „O ihr Toren mit eurem trägen Herzen! Da ist das Herz bloß zehn Schläge pro Minute, das ist zu wenig Sauerstoff in eurem Hirn, dass ihr begreift, dass schon die Propheten gesagt haben, dass Christus leiden musste.“
Versteht Lukas 24, das hat er auch verstanden, der gesagt hat, „und er öffnete ihnen die Schrift, die Psalmen und die Schriften von Mose und die Propheten.“ Ich denke, als er die Psalmen geöffnet hat, hat er gesagt: „Denkt doch daran, David hat gesagt: ‚Der Gerechte muss viel leiden.‘“
Das steht im Masterplan Gottes. Das ist keine Entgleisung, Gott hat nicht geschlafen. Gott hat diesen Plan, dass Jesus, zu dem die ganze Welt sagt: „Weg mit ihm!“, bis heute: „Wir wollen Religion, wir wollen Stimmung, wir wollen Werte, wir wollen Ethik, wir wollen Selbstlosigkeit, wir wollen für die Dritte Welt eintreten, für die Gerechtigkeit – lauter religiöse große Programme.“ Aber wo kommt etwas von Jesus vor? Alle Welt sagt: „Weg mit ihm!“ Und Gott sagt: „Der Gerechte muss viel leiden.“ Aber ich sage: Er ist nötig.
Der Gerechte als Erfüllung der Weissagung und Hoffnung
Letztes Beispiel vom Gerechten, der gerecht macht
Im großen Kapitel Jesaja 53 finden wir eine unübertreffliche Weissagung auf Christus hin. Wahrscheinlich hat Jesus diese Stelle vor seinen Jüngern als der Auferstandene hauptsächlich erklärt. Er war der allerverachtetste und unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Wir dachten, dass er von Gott gestraft sei, aber er ist um unserer Missetat willen verwundet, um unserer Sünde willen hingegeben. Die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden haben.
Und da geht es weiter: Durch seine Hand wird der Plan Gottes gelingen. Frau Stocker-Schwarz und alle Mitarbeiter hier in der Kirchengemeinde, wir könnten alles bleiben lassen, wenn wir nicht wüssten, dass der Plan des Herrn Jesus, der Plan Gottes, durch Jesus gelingt – durch seine Hand. Er greift ein und sorgt dafür, auch wenn die Welt ihn verachtet. Der Plan des Herrn wird durch seine Hand gelingen.
Dann heißt es in Jesaja 53, Vers 11: „Und er, mein Knecht, der Gerechte, wird in vielen Gerechtigkeit schaffen.“ Das ist das gleiche Wort wie in der Schöpfungsgeschichte, wo Gott aus dem Nichts, aus dem Toho Wabo, eine Welt geschaffen hat. Sehr gut, so wird er Gerechtigkeit schaffen.
Liebe Schwestern und Brüder, ich freue mich auf den Himmel. Nicht auf eine Art Schlaraffenland und auch nicht in erster Linie darauf, dass ich meine Angehörigen wiedersehe. Ich weiß gar nicht, wie ihr das macht. Ich denke an meine Mutter, 84-jährig, und ihren Vater, der starb, als sie elf Jahre alt war. Der möchte wahrscheinlich im Himmel das elfjährige Mädchen wiedersehen. Wie finde ich sie da heraus? Die Leute haben schöne Hoffnungen vom Wiedersehen mit den Liebsten, aber das Hauptsache ist: Ich bin gespannt darauf, wie ich überkleidet werde mit der Gerechtigkeit Gottes, ich armseliger Mensch.
Darf ich wieder ein dummes Beispiel benutzen? Manchmal denke ich, wenn ich einmal in der Welt Gottes bin, überkleidet wie mit dem Brautgewand der neuen Gerechtigkeit – in 1. Johannes 3 heißt es: Wir werden ihn sehen, wie er ist. Und wir werden ihm gleich sein, voll Gottes Gegenwart, Gottes Gefühle, Gottesherrlichkeit.
Wenn ich so in der Welt Gottes sein werde, ist das vielleicht ein bisschen dumm gedacht, aber ich sage es mal so, bei Ihnen Vertrauten darf man das so sagen: Meine Frau kommt vorbei und sagt nicht einmal „Grüß Gott“, sondern sagt: „Hey, was ist denn los? Kennst du mich nicht mehr?“ Dann wird sie sagen: „Wer sind Sie?“ – „Dein Mann, ich bin der Rolf.“ „Oh möglich, der war doch immer gleich nard, der da so verkniffenes Gesicht gehabt hat. Das sind Sie nicht!“ Aber vielleicht werde ich auch Sie nicht mehr richtig erkennen. Dummes Beispiel.
Aber das wird Himmel sein: Wenn wir, die wir uns oft selber nicht mehr im Spiegel anschauen können, weil wir so entgleist sind, weil so viel danebengegangen ist, überkleidet werden mit der Gerechtigkeit Gottes. Denn er, mein...