Es ist Ferienzeit, und ich habe für euch eine vierteilige Reihe zum Thema Gebet vorbereitet.
Diese Reihe bietet Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, sowie praktische Impulse zur Nachfolge – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Gebet, Vortrag I.
Die Priorität des Gebets im Alltag Jesu
Wir müssen uns vorstellen: Der Tag davor war sehr stressig. Es war so ein Tag, an dem ich beschlossen hätte, am nächsten Tag mal auszuschlafen. Bis spät in die Nacht kamen Menschen, die geheilt werden wollten.
In einer solchen Situation, in der ich gerade Erfolg habe und von anderen als jemand wahrgenommen werde, der etwas zu sagen und zu geben hat, stehe ich im Rampenlicht. Doch in genau diesem Moment wird für den Herrn Jesus eine Sache viel wichtiger: die Begegnung mit seinem Vater im Himmel.
Diese eine Sache will er einfach nicht missen. Er tut es ganz bewusst zu einer Zeit, in der man normalerweise fragt: Warum gerade früh morgens, als es noch sehr dunkel war? Ganz einfach: Da haben alle noch geschlafen. Es war noch niemand da, der geheilt werden wollte. Diese Zeit war dafür da.
Das Mindeste, was ich an dieser Stelle lerne, ist: Wenn es richtig viel Arbeit gibt und gerade alles gut läuft, brauche ich besonders viel Gebet. Stehe ich vor der Wahl zwischen Schlaf und Gebet in so einer Situation, sollte ich mich für das Gebet entscheiden.
Die Bedeutung des Gebets im Dienst Jesu im Lukasevangelium
Wenn ich dem Gedanken nachgehe, Jesus als Beter zu sehen, dann stelle ich fest – und das vor allem im Lukasevangelium –, dass das Gebet im Dienst des Herrn Jesus eine ganz zentrale Rolle spielt.
Warum finden wir das im Lukasevangelium so deutlich? Das liegt daran, dass Lukas als Evangelist besonders die menschliche Seite des Herrn Jesus betont. Matthäus legt den Schwerpunkt stark auf das Thema Königreich, König und Herrschaft. Markus zeigt immer viel Aktion, weshalb man sagt, dass Markus den Diener oder Knecht hervorhebt. Johannes betont vor allem den vom Himmel gekommenen Gott, der Mensch wird. Lukas hingegen beschreibt uns Jesus ganz stark als Menschen.
Deshalb, wenn man Emotionalität sucht oder praktisch gelebte Frömmigkeit sehen möchte, ist man im Lukasevangelium am besten aufgehoben.
Vielleicht wisst ihr das schon, aber ich möchte das am Anfang noch einmal klar machen. Wenn wir über Gebet sprechen, muss uns die Frage beschäftigen: Welchen Stellenwert hat das Gebet für den Menschen, von dem wir sagen, dass er ein Leben geführt hat, wie es vorbildlicher nicht sein kann? Von dem wir als Christen sagen, dass er der Herr in unserem Leben ist, dem wir nachfolgen wollen und von dem wir als seine Jünger lernen möchten.
Versteht ihr, ich muss mir anschauen, wie Jesus das Thema Gebet ganz praktisch umgesetzt hat.
Gebet als Ausdruck des Gehorsams und der Identifikation mit den Menschen
Und wenn ich das mache, dann gehen wir mal gemeinsam durch das Lukas-Evangelium. Im Lukas Kapitel 3, Vers 21, heißt es – dort geht es um die Taufe Jesu. Ich lese den Vers einmal vor:
Lukas 3,21: Es geschah aber, als das ganze Volk getauft wurde und Jesus getauft war und betete.
Spannend, oder? Nur Lukas berichtet uns an dieser Stelle davon. Hier sehen wir den Herrn Jesus, der getauft wird und dabei betet.
Und wisst ihr, was dann passiert? Es heißt, dass der Himmel aufgetan wurde. Ich mag diesen Vers sehr, weil hier deutlich wird, wie die Taufe Jesu funktioniert. Es ist ein „Ich lasse es zu, dass die Welt mich sieht als wahren Menschen“. Als jemanden, der sich wie jeder andere auch taufen lässt, obwohl er das eigentlich gar nicht nötig gehabt hätte.
Johannes der Täufer weigert sich ja zunächst und sagt: „Nicht du, sondern wenn jemand hier jemanden tauft, dann du mich.“ Doch Jesus antwortet: „Nein, lass es zu, dass so die Gerechtigkeit erfüllt wird.“ Er muss ganz Mensch werden, er muss quasi ganz nach unten gehen. Er muss sich mit sündigen Menschen identifizieren und diesen Weg ganz unten beginnen.
Und dieser Weg nach unten, dieser Weg, der den Herrn Jesus dahin bringt, dass gleich eine Stimme aus dem Himmel kommt, die sagt: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden“, dieser Weg des Gehorsams ist immer verbunden mit Gebet.
Deshalb glaube ich, wenn wir geöffnete Himmel erleben wollen, wenn wir wirklich Gott begegnen wollen, dann brauchen wir Gebet. Wir brauchen auf der einen Seite den klaren Wunsch, den Weg zu gehen, den Gott für uns hat – ganz unten durch, egal was kommt. Und auf der anderen Seite brauchen wir Gebet.
Wir sind nicht besser dran als der Herr Jesus. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, dass es anders sein könnte, versteht ihr?
Gebet als Kraftquelle trotz zunehmender Popularität
Und dann nimmt seine Popularität zu. In Lukas 5,16 heißt es: „Er aber zog sich zurück und war in einsamen Gegenden und betete.“
Ich finde das so faszinierend: Die Popularität nimmt zu, und statt dass Jesus jetzt noch mehr Menschen sucht oder noch intensiver den Kontakt zu ihnen sucht, weiß er etwas viel Wichtigeres. Mehr Heilungen sind nicht das Entscheidende, sondern die Einsamkeit des Gebets.
Warum? Weil es diese Momente sind, die zum Dienst befähigen. Ganz wichtig ist, dass wir das verstehen – besonders, wenn du ein Machertyp sein solltest. Deine Befähigung erwächst nicht aus deiner Berufung, sie erwächst nicht aus dem, was du als Mensch mitbringst. Deine Befähigung erwächst immer aus dem Gebet.
Bitte lasst uns das nie vergessen: Ohne Gebet wird das mit dem Dienst ganz schnell eine sehr menschliche Sache. Und dabei kann man zwar immer noch eine ordentliche Portion Erfolge abgreifen, aber es ist nicht das, was wir bei dem Herrn Jesus sehen. Er hat Erfolg – und er geht ins Gebet.
Gebet als Entscheidungsgrundlage bei der Berufung der Apostel
Und das sehen wir, wenn er zum Beispiel die Apostel beruft. Was macht er denn, bevor er die Apostel beruft? Er will aus der Summe der Jünger, die ihm zur Verfügung stehen, zwölf auswählen – die zwölf, die richtig sind, die richtigen zwölf.
Jesus tut eine besondere Sache, die wir in Lukas 6,12 lesen können. Dort heißt es: „Und es geschah in diesen Tagen, dass er auf den Berg hinausging, um zu beten, und er verbrachte die Nacht im Gebet zu Gott.“
Dann geht es weiter: „Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger herbei, und er wählte aus ihnen zwölf, die er auch Apostel nannte.“
Merkst du, was hier passiert? Er geht ins Gebet, eine ganze Nacht lang, und dann kommt er zurück. Dann ist der Moment da, die zwölf Apostel zu berufen.
Bedeutet das nicht, dass wenn wir vor schwierigen Entscheidungen stehen, das Wichtigste darin besteht, zu beten? Und zwar nicht nur mal fünf Minuten, sondern eine längere Zeit.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, wenn hier steht, dass er eine Nacht im Gebet verbrachte. Vielleicht denkst du: Das kann ich mir gar nicht vorstellen, ich weiß nicht, wie das gehen soll.
Ich kann dir das erklären, wenn du möchtest. Das ist etwas, was man lernen kann und lernen muss – lange, und zwar ohne zu plappern. Dazu kommen wir noch, wenn wir über das Beten sprechen.
Gebet als Quelle für Erkenntnis in der Jüngerschaft
Oder gehen wir ein Stück weiter zu Lukas 9,18. Dort lesen wir: „Und es geschah, als er für sich allein betete, waren die Jünger bei ihm. Und er fragte sie und sprach: Was sagen die Volksmengen, wer ich bin?“
Wir merken wieder, dass Jesus betet. Aus dem Gebet heraus stellt er den Jüngern eine Frage.
An dieser Stelle könnte man ganz einfach formulieren: Du hast Interesse an Jüngerschaft, du möchtest Menschen weiterbringen und ihnen die richtigen Fragen stellen. Was brauchst du dafür? Noch einen Kurs, den du irgendwo kaufst? Noch eine Internetrecherche? Eine Google-Abfrage?
Oder vielleicht einfach die richtige Menge Gebet, damit Gott dir offenbart, welche Frage oder welcher Schritt in der Jüngerschaft der nächste und zugleich der beste ist.
Das war’s für heute. Die Predigt wird in der nächsten Episode fortgesetzt. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.