Einführung: Die Erfahrung der Jünger und die Bedeutung der Namensschreibung im Himmel
Wir haben heute das Dreieinigkeitsfest, und als Predigtabschnitt lesen wir Lukas 10,21-24.
Damals kamen die Jünger begeistert zurück. Jesus hatte sie ausgesandt in die Welt, und sie hatten eine besondere Erfahrung gemacht: Wo sie hinkamen und von Jesus redeten, geschah etwas Großes. Dort herrschte Jesus machtvoll. Selbst die bösen Geister mussten vor ihm weichen.
Die Jünger kamen beglückt zurück, und Jesus sagte: Das ist noch nicht die Spitze. Das Größte, das Allergrößte ist, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.
Lobpreis Jesu und die Offenbarung des Vaters
Und nun sagt Jesus zu der Stunde – und nun folgt der Bericht zu dieser Stunde: Jesus wurde im Heiligen Geist verlockt und sprach: „Ich preise dich, Vater und Herr des Himmels und der Erde, dass du solches den Weisen und Klugen verborgen hast und es den Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, so war es wohlgefällig vor dir.
Es ist mir alles übergeben von meinem Vater, und niemand weiß, wer der Sohn ist, außer dem Vater, und wer der Vater ist, außer dem Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.“
Er wandte sich besonders zu seinen Jüngern und sprach: „Selig sind die Augen, die sehen, was ihr seht. Denn ich sage euch: Viele Propheten und Könige wollten sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen; und hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.“
Er hilf uns, dass wir es begreifen, fassen und verstehen. Amen.
Früher – das waren noch ganz andere Zeiten. In den Zwanzigerjahren gab es eine proletarische Freidenkerunion mit immerhin 600 Mitgliedern, die nichts anderes zum Ziel hatten, als auf die Barrikaden zu steigen und gegen den Glauben an Gott zu kämpfen. Es war ihr erklärtes Ziel, durch die Kraft des Geistes die Welt neu zu verstehen und dadurch auch die Welt zu verändern.
Nun möchte ich fragen: Gibt es das heute auch noch? Freidenkerunionen, Freidenkerversammlungen, Kämpfe, Menschen, die auf die Barrikaden gehen und gegen den Glauben an Gott kämpfen? Ich jedenfalls kenne kaum noch solche Aktivitäten.
Woran liegt das? Sind die Menschen vielleicht gläubiger geworden in den letzten Jahrzehnten? Keine Spur davon. Die Menschen heute leben in einem ganz eigenartigen Widerspruch. Auf der einen Seite ist der Glaube an Gott ihnen verborgen, und auf der anderen Seite können sie sich nicht von Gott lösen. Viele von ihnen gehören zur Kirche und wollen diese Bindung auch ganz bewusst nicht durchschneiden. Sie suchen nach Klarheit und nach einer Antwort, und sie finden sie nicht.
Das ist vielleicht das Kennzeichen für uns alle heute: Wir wissen von Gott, haben aber keine Klarheit über ihn. Wir wollen zu ihm vordringen, können es aber nicht. Große Denker unserer Zeit haben gesagt, wir leben im Schatten Gottes, in Finsternis. Ernst Jünger sagt, die Menschen heute leben im gottleeren Raum, der furchtbarer ist als der Gottlose.
Es wäre so einfach, wenn man sich jetzt einfach von Gott losreißen könnte und ihn wirklich los wäre. Aber der Mensch heute wird Gott gar nicht los und findet doch nicht zu ihm hindurch. Sicher führen Sie alle auch Gespräche mit Menschen heute und versuchen, ihnen aus Ihrem Glauben weiterzuhelfen. Dabei macht man eine bedrückende Erfahrung: Die Menschen heute können uns nicht verstehen.
Wir können ihnen etwas bezeugen von uns, wir können ihnen das bestätigen, aber das prallt irgendwie an ihnen ab. Es schlägt nicht durch, findet keine Resonanz. Wir reden und reden, ja, wir erleben das bei der Verkündigung dauernd. Wir geben schöne Bücher aus der Hand und wollen gerne, dass ein Mensch daran teilhat und zur Klarheit findet. Doch es bleibt alles von der Gottesfinsternis beschattet.
Ich meine, in diese Situation hinein spricht heute unser Wort. Ich möchte drei Dinge aus diesem Wort herausgreifen.
Erstens: Es hat Gott wunderbar gefügt, dass die Menschen in der Gottesfinsternis leben. Nun werden Sie denken, das sei eine meiner extremen Formulierungen, dass ich so spreche. Aber das ist bei mir kein schwacher Punkt, sondern das ist hier im Evangelium drin. Denn das sagt ja schließlich Jesus.
Mir liegt nur daran, dass wir die Schärfe des Wortes Jesu wieder ganz in seiner ursprünglichen Art begreifen. Wir empfinden es als eine Not, dass Menschen nicht zum Glauben durchdringen, dass Menschen bei allem Grübeln keine Klarheit in ihrem religiösen Denken bekommen. Und Jesus steht hin und sagt: „Wunderbar, großartig, Vater im Himmel, ich preise dich dafür. Besser kann man es nicht machen, schöner kann es nicht sein, idealer geht es gar nicht, dass es den Weisen und Klugen verborgen ist.“
Es ist nämlich nicht meine Formulierung, dass Gott es wunderbar gefügt hat. Das ist eine Formulierung Jesu. Aber wenn wir das aussprechen, dann müssen wir auch wissen, wie vielen Menschen wir damit jetzt wehtun. Denn so viele Menschen suchen mit dem Einsatz ihres ganzen Lebens nach Gott. Hinter dem religiösen Streben in der Welt steht ja nicht bloß irgendein Hobby oder ein Freizeitgeschäft.
Menschen wollen doch mit ihrem Leben Klarheit gewinnen. Das steckt hinter der Frage nach Gott: Wofür kann man denn überhaupt noch leben? Was lohnt sich überhaupt noch als Wert zu haben? Was ist schön, was ist gut, was ist wahr? Und dann sagen wir das hier so leicht: Das hat Gott einfach unmöglich gemacht, dass man ihn erkennen kann. Und Jesus sagt: „Vater, ich freue mich so, dass das so ist.“ Wir wissen doch, dass so viele daran leiden.
Jetzt wollen wir alles im Umkreis dieser Frage sehen: Ja, Gott hat es so gefügt, dass Menschen – so sehr sie sich auch mühen – bis zu ihm nicht durchdringen können. Das steckt hinter den ganzen Religionen der Welt, ein Versuch, der von ganz großen Opfern begleitet ist. Nicht bloß von Opfern, die man darbringt, sondern von Opfern an Zeit, Geld, Kraft und Denkleistung. Man will doch endlich diesen Gott finden, und man findet ihn nicht.
Selbst hinter dem Wort so vieler enttäuschter Menschen steckt dieses ganz ernsthafte, eifrige und ehrliche Suchen nach Gott. Und Gott hat sich verhüllt, ganz absichtlich verhüllt, und wir tasten nur im Nebel.
Es bewegt ja viele Christen, warum eigentlich heute in der Theologie, auch in der evangelischen Theologie, so viel Not herrscht. Manche, die ihr Studium begonnen haben, um in der Theologie, in der wissenschaftlichen Bestätigung und Beschäftigung mit dem Glauben eine Antwort zu finden – eine sichere Antwort –, finden plötzlich Fragen über Fragen. Am Ende sagen sie: „Mir wackelt jetzt alles.“
Sehen Sie, dass das zusammenhängt? Dass Gott sich verhüllt? Das ist nicht bloß die Ursache, die in ein paar Personen liegt, sondern das liegt viel, viel tiefer. Gott sagt: „Ich habe das gemacht.“ Und Jesus sagt: „Das ist wunderbar, dass der Vater im Himmel sich verborgen hat und sich verhüllt hat und es den Weisen und Klugen der Welt unmöglich macht.“
Ja, wie soll man denn Gott sonst erkennen können als mit Weisheit und Klugheit? Gott sagt: „Ich habe es unmöglich gemacht, und völlig unmöglich.“ Und nicht erst im zwanzigsten Jahrhundert, sondern solange es Menschen gibt, hat Gott hier dem Menschen den Weg versperrt.
Denken wir an dieser Stelle immer wieder: Ist denn Gott eigentlich gegen den Intellekt? Dieser Vorwurf taucht hier immer wieder auf, und er kommt gerade vom Menschen, der meint, er hätte hier ein Argument, um gegen Gott zu kämpfen. Er sagt: „Hier in der Bibel wird das Denken des Menschen madig gemacht.“
Das stimmt gar nicht. Es wird in der Bibel so klar gesagt, dass der Verstand eine große, herrliche Gabe Gottes ist. Man kann ihn nicht hoch genug einschätzen. Aber jede Gabe hat ihren ganz bestimmten Zweck.
Da will ich Ihnen einfach ein Bild erläutern: Unsere Ohren sind ein herrliches Kunstwerk, aber sie können mit ihren Ohren heute Mittag nicht beim Mittagessen die Suppe aus dem Teller löffeln. Dafür sind sie ungeeignet.
Ihr Verstand ist für das Erkennen Gottes ungeeignet. Sie können viel erkennen. Unser Verstand ist nur in der Lage, die sichtbaren Dinge, die wir mit den fünf Sinnen betasten, schmecken und empfinden können, also all die Dinge der geschaffenen Welt, zu erfassen.
Unsere Nase ist ein herrliches Organ, aber ich kann damit keine Briefe schreiben. Alle Gaben Gottes haben ihre Begrenzung und ihre Zuspitzung auf ein ganz bestimmtes Ziel hin.
Und Jesus sagt: „Wunderbar ist es, dass Gott ein für allemal klargelegt hat, dass man über Grübeleien des Verstandes, über endlose Spekulationen, ja über den Weg der Philosophen Gott nicht erkennen kann.“
Und das ist doch wunderbar! Jetzt kann man Zeit, Kraft und Geld sparen. Sie brauchen manche Bücher gar nicht mehr zu lesen, weil Sie wissen: „Ich kriege hier auf diesem Wege keine Klarheit über Gott. Ich komme dort nicht weiter, und ich komme nicht zur Erkenntnis.“
Das könnte sich mancher diesen Irrweg ersparen, wenn er dieses Wort Jesu in seiner Schärfe hören würde: „Vater, ich preise dich, dass du den Weisen und Klugen zugemauert, versperrt und verriegelt hast.“
Im ersten Semester wohnte ich in Bethel mit zwei anderen Theologiestudenten zusammen. Da war ein junger Mann aus dem Ruhrgebiet dabei, der sagte: „Ich habe das Theologiestudium ergriffen, weil ich nicht glauben kann. Ich hoffe, dass ich durch das Studium zum Glauben finde.“
Unser Weg hat uns nach diesem ersten Semester auseinandergeführt, und bald kamen Briefe, die so voll zynischem Spott waren. Er ging den Weg zum totalen Freidenker.
Und ich merke: Es war meine Schuld, dass ich ihm damals nicht klar gesagt habe: Theologie hat ihren Platz, aber sie hat ihren Platz ganz gewiss nicht da, wo man noch nicht glauben kann. Sie kann höchstens das, was man im Glauben erkannt hat, erhellen oder mit dem Denken durchdringen.
Aber sie kann nie, nie das Denken der Menschen zum Glauben führen. Es kann nur das Zweite sein. Das hat Gott wunderbar gefügt.
Das war mein erster Punkt.
Der zweite Punkt: Es gibt nur einen Weg. Man müsste eigentlich zuerst sagen: Es gibt einen Weg. Das ist jetzt sehr wichtig. Es gibt doch einen Weg zu Gott. Er bleibt nicht im Dunkeln stehen.
So sehr dem Verstand und dem Intellekt alles verriegelt ist, hat Gott einen Weg gewählt, bei dem alle Menschen dieser Welt ganz gleich behandelt werden. Und da tun unsere Kinder, die jetzt drüben im Kindergottesdienst sind, genauso schwer oder so leicht wie wir.
Und das ist der Weg Gottes, den er wählt. Er hat einen Weg gewählt, bei dem er den Riegel wegnehmen muss.
Ach, dann kann ja ein Mensch gar nichts dazu tun? Ja, Gott sei Dank kann ein Mensch nichts dazu tun. Sonst käme es ja darauf an, dass wir mit unserer Kraft, mit unserer Geistesstärke, mit unserer Bravheit oder mit unserer Vollkommenheit und all dem, was uns fehlt, irgendetwas dazu tun könnten.
Nein, das ist viel wunderbarer, wenn Jesus sagt: „Niemand kennt den Vater, außer dem Sohn und wem es der Sohn will offenbaren.“ Und umgekehrt kennt niemand Jesus als die, denen Jesus den Blick für ihn gibt.
Und anders kommt man zu keiner Erkenntnis des Glaubens.
Ja, dann kann ich ja gar nichts machen, dann weiß ich ja gar nicht? Doch, doch, doch, doch! Sagen Sie das jetzt nicht mit Argumenten.
Jesus ist gekommen, damit Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen, aber nur auf dem einen Weg. Und ob sie an der Tür schon mal geklopft haben – das ist jetzt wichtig – und ob wir immer an der Tür stehen bleiben.
Da spricht Jesus von den Unmündigen. Das heißt nicht von den dummen Menschen. Die Unmündigen sind die Kinder, die wissen: An einer Stelle bin ich schwach. Und da muss ich es machen wie die Kinder, die die Hand ausstrecken, wie ein Säugling, der dann schreit und weiß, ich werde von der Mutter im Arm gewogen oder der Vater reicht die Hand zu mir herunter.
Im Glauben kommen sie nicht anders zur Klarheit, als so, dass sie unmündig sind wie ein Kind und sagen: „Vater, hilf mir doch zu dieser Erkenntnis! Ich will dich erkennen, ich kann anders nichts verstehen.“
Und es gibt keine andere Evangelisation, die geschieht, als dass Menschen das merken: Ich muss vor Gott bitten: „Herr, gib mir einen Blick für dich! Ich kann deine Weisheit mit meinem begrenzten Verstand nicht erfassen, aber du kannst mir jetzt das Verständnis geben.“
Heute am Dreieinigkeitssonntag: Was wollen wir denn vom größten Gott erfassen als Menschen, die sterben müssen und die in begrenzter Zeit leben? Wenn Gott uns den Blick gibt, dann erkennen wir.
Es gibt einen großen Mathematiker, der uns diesen Weg in einer Schärfe vorgelebt hat. Es war Blaise Pascal, der in Jahren, als der Vater ihm nur die Sprachbücher in die Hand gab, schon die Lehrsätze Euklids der Geometrie selbst entdeckte, der als Jugendlicher eine Rechenmaschine konstruierte, der auf der Höhe des Ruhms schwebte.
Am 23. November 1654 notierte er an einem Abend auf einem Zettel, den er in sein Ärmelsakkett einnähte, weil er ihn bis zu seinem Tod nie mehr verlieren wollte:
„Feuer, Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, nicht der Philosophen und Gelehrten Gewissheit, Gewissheit, Empfinden, Freude, Friede, Gott Jesu Christi, dein Gott wird mein Gott sein. Nur auf den Wegen, die das Evangelium lehrt, ist er zu finden. Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht, ich aber kenne dich. Freude, Freude, Freude und Tränen der Freude. Ich habe mich von ihm getrennt. Mein Gott, warum hast du mich verlassen? Möge ich nicht auf ewig von ihm geschieden sein! Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen. Jesus Christus, Jesus Christus“, schreibt er weiter, „ich habe mich von ihm getrennt, ich habe ihn geflohen, mich losgesagt von ihm, ihn gekreuzigt. Möge ich nie von ihm geschieden sein! Nur auf den Wegen, die das Evangelium lehrt, kann man ihn bewahren. Vollkommene und liebevolle Unterwerfung unter Jesus Christus und meinen geistlichen Führer, ewige Freude für einen Tag geistiger Übung auf Erden. Ich werde nun Lateinisch, ich werde nie deine Worte vergessen. Amen.“
Ein Mensch, der auf der Höhe des Verstandes stand, erkennt plötzlich: Gott ist mir nur dort offenbar, wo er mir gegenübertritt, in Jesus Christus.
Und da hat er einen Höhepunkt gewählt, wo er alle seine Erkenntnisse mir zeigen will: als er der Gekreuzigte ist und wo er es mit seinen Nägelmalen mir zeigen will: „Ich lasse dich nicht los, ich bin für dich gestorben.“
Und dort können sie Festigkeit finden, und dort können sie wissen: Ja, es gibt Vergebung. Dort können sie Antwort finden auf das Suchen des Glaubens.
Es gibt nur einen Weg, und es gibt einen Weg, wo man Gott findet. Und dort bezeugt es Jesus und sagt: „Das ist der Wille des Vaters, dass du heute Frieden findest und heute mit Gott versöhnt wirst.“
Und dass man ein Leben lang nie über diese Stelle der Offenbarung Gottes hinauswachsen kann.
Dann können die anderen vom Urgrund des Seins reden und von der Allmacht Gottes. Ich verstehe die Worte nicht, die sie machen. Ich schäme mich nicht, offen ihnen zu sagen: Ich weiß nicht, was sie reden, mit Begriffen, die ich nicht fassen kann.
Ich kann Gott fassen dort, wo er sich mir zuneigt und mir meine Schuld heute vergibt und mich heute in seine Hand nimmt und ich bei ihm geborgen leben darf.
Es gibt keine andere Erkenntnis.
„Vater, ich danke dir“, sagt Jesus, „dass du es den Unmündigen geoffenbart hast, die sich jetzt zu dir herandrängen und erkennen, wer du bist, was deine Liebe bedeutet und was du willst als Vater der Unmündigen.“
Das war ein letzter Punkt, den ich hier erwähnen will. Wir hatten gesagt: Zuerst das hat Gott wunderbar gefügt mit dem Zusperren, das andere war, es gibt nur einen Weg, und nun ein unvergleichliches Geschehen.
Da wandte sich Jesus zu seinen Jüngern und sagt: „Ihr habt das große Los erwählt. Menschen mit euch wollten die größten Leute tauschen, die Propheten, Jesaja und David. Wenn die das erlebt hätten, was heute ein junger Bursche mit 14 Jahren im Bibelkreis erleben kann, was heute ein alter Mensch bei seiner stillen Zeit erkennen kann, die hätten das ja nicht fassen können.“
Heil dem, Glück dem, der über dem Wort Gottes in Jesus den lebendigen Gott erkennt und plötzlich merkt, dass sie nicht bloß Begriffe und Sätze haben, sondern dass das die Wahrheit ist.
Welch ein Wunder, wenn Gott die Augen öffnet. Das ist mit nichts zu vergleichen, und es geht im Glauben um dieses Geschehen.
Wir hatten am Anfang davon gesprochen, dass es Menschen gibt, die nicht zur Klarheit des Glaubens durchdringen.
Liebe Brüder und Schwestern, wir wollen uns freimachen von all dem Krampf, als ob wir Menschen mit Worten und mit Mühen den Glauben aufreden könnten.
Sie wissen ja um den Spott von Karl Marx, der auf Feuerbach zurückgeht, dass der Glaube nur eine Projektion meiner Wünsche wäre – wie wenn ich mit dem Scheinwerfer etwas an eine dunkle Decke male und mit dem Lichtbildapparat ein Bild projiziere.
Das hätte nur der Mensch so gemacht.
Und es ist gut, dass der Spott kommt, denn dann können wir ja darauf antworten und sagen: Das stimmt, vielleicht haben wir manchmal gemacht, als ob der Glaube in unserer Macht stünde, als würden wir einem Menschen sagen: „Wenn du ein netter Kerl bist und dich anstrengst, dann musst du glauben.“
Stimmt ja gar nicht.
Wir wollen es den Menschen heute wieder sagen, unerschrocken auch diesen schweren Punkt des Glaubens sagen: Ich weiß, dass du gar nicht glauben kannst, aber der Vater kann dir die Augen öffnen, wenn du den Vater darum bittest.
Und du musst in diesen Kreis eintreten und sagen: „Vater, öffne mir die Augen, ich will dich erkennen, ich will dich sehen.“
Und dann ist es wunderbar, dass der Glaube eben doch nicht nur auf der Projektion meiner Wünsche ruht, sondern auf einem Offenbaren Machen Gottes.
Dieses Werk schafft der Heilige Geist in uns, und darum ist der Glaube eben doch stärker als die Zweifel, die manchmal an ihm so rütteln wollen.
Weil er nicht auf unseren Gedanken ruht, sondern auf der Offenbarung Gottes.
Darum gibt es Glaubensgewissheit, weil Gott uns deutlich macht, wer er ist, und weil er uns diesen freien Blick auf Jesus schenkt.
Und Sie können Glaubenszweifel nicht mit Verstandesargumenten wegkriegen, aber Sie können sie wegkriegen mit diesem freien Blick auf Jesus.
Darum lassen Sie mich noch einmal von einem Menschen erzählen.
Es ist schade in der Kürze, vielleicht regt es den einen oder anderen an, mehr über die Personen noch einmal nachzulesen.
Es war Martin Kähler, als Kind sehr erkrankt, in seiner Kinderzeit sehr kränklich, aber hochbegabt.
Mit elf Jahren kannte er gründlich alle Dramen Schillers, lebte in dieser Welt.
Er hat später gesagt: Mit diesem Alter hatte er das Beten aufgegeben. Die Konfirmation war für ihn nur ein äußerliches Geschehen.
Er stammte aus einer Pfarrfamilie, aber wie es so manchmal geht in frommen Häusern, war er ablehnend. Er wollte nichts mehr wissen, wollte auch nicht mehr beten, nahm das alles äußerlich.
Dann studierte er Jura und wurde wieder sehr krank.
Er sagt vorher: „Ich vermag Kant und Schelling zu verstehen, das ist ja schon ein Stück, wenn das einer begreifen kann, aber von Paulus verstehe ich keinen Satz.“
Ist doch klar, es ist noch viel komplizierter, weil Paulus die ganze Verstandesweisheit ablehnt.
An dieser Stelle zur Erkenntnis Gottes spricht er ja von der Torheit des Kreuzes.
Und selbst in der Krankheit sagt er: „Ich verstand kein Bibelwort.“
Und dann ist Gott so freundlich, er kann noch anders reden.
Die Gesangbuchlieder waren es dann und das Beten plötzlich.
Und dann fand er zu Paulus, diesem grundgescheiten Mann, und Kähler fand zum Glauben an Jesus.
Er hat als 24-Jähriger notiert: „Die Torheit des Kreuzes, die Torheit, die Gott in den Augen der Welt macht, indem er nämlich den Verstand auf die Seite legen lässt, ist weiser, als die Menschen sind. Soll keiner meinen, Gott lehne den Verstand ab, denn Gott ist noch viel größer als das Denken von Kant und Schelling.“
Und dieser Martin Kähler hat in die damalige theologische Krise, die bis heute andauert, einen berühmten Vortrag gehalten, in dem er gesagt hat: „Wenn ihr mit eurer ganzen Wissenschaft das Neue Testament seziert bis in die letzten Kleinigkeiten hinein und annehmt, ihr findet alles über Jesus, alles bestätigt, ihr könnt mit euren Beweisen nie den Überwinder finden von Sünde, Tod und Teufel.“
So finde ich meinen Herrn nur, wie er mir gegenübertritt, dort, wo er mir die Augen öffnet, wo er sich mir offenbart, im Glauben.
Und er hat damals die Theologen seiner Zeit aufrufen wollen, doch das zusammenzusehen, dass man nur Theologie treiben kann aus einem gläubigen Herzen, das offenbart, das offenbar werdend Jesus hat, im Glauben.
Martin Kähler wurde missverstanden, und sein Wort wird bis heute verdreht.
Er ist einer dieser Rufer, der uns heute dorthin ruft, wo es Erkenntnis Jesu gibt.
Und ich wollte heute mit denen reden, die Klarheit über Gott suchen.
Ich preise dich, Vater, dass du es den Unmündigen geoffenbart hast und dass du nicht alles im Dunkeln liegen lässt.
Aber du hast die Höhe und die Fülle der Weisheit dort erst vor uns enthüllt, als du deine Liebe uns groß gemacht hast.
Und da hast du es deutlich gemacht, was vor dir gilt, unverrückbar, und was bleibt.
Ich darf Ihnen zum Schluss sagen: Auch euer Denken bleibt eine ganz wunderbare Gabe Gottes.
Sie dürfen von dieser Mitte her weiterdenken, von dieser Mitte der Enthüllung Gottes her dürfen Sie die Welt begreifen, Ihr Leben überdenken.
Dürfen Sie weiterdenken in Zeit und Ewigkeit.
Von dieser Mitte der Offenbarung Jesu her darf man weiterdenken, denn Gott bleibt nicht mehr dunkel vor uns.
Und das ist die Mitte des Glaubens und des Denkens, wenn hier einer zur Klarheit kommt.
Und dann verstehen Sie, als Jesus sagt, da haben viele sich danach gesehnt, zu dieser Mitte zu kommen und von dieser Mitte her zu denken.
Wir sind reiche Leute, wo uns Gott ganz nahekommt und wo er uns in Jesus zum Vater wird und wo wir ihn Vater nennen dürfen, als seine Kinder vor ihm leben dürfen.
Amen.
Herr, das ist eine Schuld von uns, dass wir den Glauben oft verwechselt haben mit unseren religiösen Gedanken oder Gefühlen, dass wir Glauben anderen aufreden oder verkaufen wollten, als sei er eine Stimmung.
Du, Herr, musst den Grund zu unserem Glauben legen.
Ja, du musst das schaffen durch deinen Heiligen Geist, dass wir dich erkennen, den Sohn Gottes, und dass wir in dir den Vater sehen.
Und wir danken dir, dass du willst, dass jeder zur Erkenntnis der Wahrheit kommt, dass du bei jedem von uns dieses Werk, dieses wunderbare, unvergleichliche Geschehen machen willst, auch in den nächsten Tagen.
Gib uns Klarheit in all den Fragen, die uns bewegen, die uns bewegen, die ja nur in dir, in deiner Person, in deiner Liebe, in deiner Erlösung, in deiner Vergebung zu finden sind.
Ja, dass wir hier für Zeit und Ewigkeit auf den Felsengrund kommen, wo unser Glaube fest ruhen kann, in dir.
Wollen wir auch bitten für alle, die in der Wissenschaft mit einem Wort umgehen, in der theologischen Forschung.
Lass du das allen Theologiestudenten deutlich werden, dass nur aus Glauben in deinem Wort geforscht werden kann.
Und lege du den Grund, auch bei so vielen jungen Leuten, vor der Verdrehung deines Wortes und der Verfälschung.
Schaffe du dir Prediger, die allein dir gehorsam werden und dein Wort verkündigen.
Wir danken dir, dass wir unter deiner Verheißung stehen, auch für diese kommende Woche, für all das, was uns bewegt.
Dir befehlen wir auch die in unserer Mitte an, die schwere Not haben.
Du kennst sie jetzt, du weißt darum, und du willst diese Last mittragen.
Lass du uns fröhlich werden im Wissen um deine Nähe.
Lass du uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden,
unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern,
und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Nun bitten wir um den Segen des Herrn:
Herr, segne uns und behüte uns,
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig,
Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
Gottes wunderbares Fügen: Die Verborgenheit vor den Weisen und Klugen
Ich meine, unser Wort spricht heute genau in diese Situation hinein. Ich möchte drei Dinge aus diesem Wort herausgreifen.
Erstens: Es hat Gott wunderbar gefügt, dass die Menschen in der Gottesfinsternis leben. Nun werden Sie vielleicht denken, das sei eine meiner extremen Formulierungen, aber das ist bei mir kein schwacher Punkt. Das steht so im Evangelium, denn es sagt ja schließlich Jesus selbst. Mir liegt nur daran, dass wir die Schärfe des Wortes Jesu wieder in seiner ursprünglichen Art begreifen.
Wir empfinden es als eine Not, dass Menschen nicht zum Glauben durchdringen, dass sie trotz Grübeln keine Klarheit in ihrem religiösen Denken finden. Doch Jesus steht hin und sagt: „Wunderbar, großartig, Vater im Himmel, ich preise dich dafür! Besser kann man es nicht machen, schöner kann es nicht sein, idealer geht es nicht, dass es den Weisen und Klugen verborgen bleibt.“
Es ist nämlich nicht meine Formulierung, sondern die Jesu. Wenn wir das aussprechen, müssen wir auch wissen, wie vielen Menschen wir damit wehtun. So viele Menschen suchen mit dem Einsatz ihres ganzen Lebens nach Gott. Hinter dem religiösen Streben in der Welt steht nicht bloß irgendein Hobby oder Freizeitgeschäft. Menschen wollen mit ihrem Leben Klarheit gewinnen. Das steckt hinter der Frage nach Gott: Wofür kann man überhaupt noch leben? Was lohnt sich überhaupt? Was ist schön, was ist gut, was ist wahr?
Und dann sagen wir so leicht: Gott hat es unmöglich gemacht, dass man ihn erkennen kann. Jesus sagt: „Vater, ich freue mich so, dass das so ist.“ Wir wissen doch, dass viele daran leiden. Jetzt wollen wir alles im Umkreis dieser Frage sehen.
Ja, Gott hat es so gefügt, dass Menschen, so sehr sie sich auch mühen, bis zu ihm nicht durchdringen können. Hinter den Religionen der Welt steckt ein Versuch, begleitet von großen Opfern. Nicht nur von Opfern, die man darbringt, sondern von Opfern an Zeit, Geld, Kraft und Denkleistung. Man will endlich diesen Gott finden, doch man findet ihn nicht.
Selbst hinter den Worten so vieler enttäuschter Menschen steckt ein ernsthaftes, eifriges und ehrliches Suchen nach Gott. Gott hat sich absichtlich verhüllt, und wir tasten nur im Nebel.
Viele Christen bewegen sich die Frage, warum heute in der Theologie, auch in der evangelischen Theologie, so viel Not herrscht. Manche, die ihr Studium begonnen haben, um in der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Glauben eine sichere Antwort zu finden, entdecken plötzlich nur Fragen über Fragen. Am Ende sagen sie: „Mir wackelt jetzt alles.“
Sehen Sie, dass das zusammenhängt mit der Tatsache, dass Gott sich verhüllt? Das ist nicht bloß eine Ursache, die bei ein paar Personen liegt, sondern es liegt viel, viel tiefer. Gott sagt: „Ich habe das gemacht.“ Und Jesus sagt: „Das ist wunderbar, dass der Vater im Himmel sich verborgen und verhüllt hat und es den Weisen und Klugen der Welt unmöglich macht.“
Wie sollte man Gott sonst erkennen können als mit Weisheit und Klugheit? Gott sagt: „Ich habe es unmöglich gemacht, und zwar völlig unmöglich.“ Nicht erst im zwanzigsten Jahrhundert, sondern solange es Menschen gibt, hat Gott den Weg zu sich versperrt.
Denken wir an dieser Stelle immer wieder: Ist Gott eigentlich gegen den Intellekt? Dieser Vorwurf taucht hier immer wieder auf, gerade von Menschen, die meinen, sie hätten ein Argument, um gegen Gott zu kämpfen. Sie sagen, in der Bibel werde das Denken des Menschen madig gemacht. Das stimmt nicht.
In der Bibel wird klar gesagt, dass der Verstand eine große, herrliche Gabe Gottes ist. Man kann ihn nicht hoch genug einschätzen. Aber jede Gabe hat ihren bestimmten Zweck.
Dazu will ich Ihnen ein Bild erläutern: Unsere Ohren sind ein herrliches Kunstwerk, aber sie können heute Mittag beim Mittagessen nicht die Suppe aus dem Teller löffeln. Dafür sind sie ungeeignet. Unser Verstand ist für das Erkennen Gottes ungeeignet. Er kann viel erkennen, denn unser Verstand ist nur in der Lage, sichtbare Dinge zu erfassen, die wir mit den fünf Sinnen berühren, schmecken und empfinden können – also die geschaffene Welt.
Unsere Nase ist ein herrliches Organ, aber ich kann damit keine Briefe schreiben. Alle Gaben Gottes haben ihre Begrenzung und sind auf ein bestimmtes Ziel hin ausgerichtet.
Jesus sagt: „Wunderbar ist es, dass Gott ein für allemal klargelegt hat, dass man über Grübeleien des Verstandes, über endlose Spekulationen, ja über den Weg der Philosophen Gott nicht erkennen kann.“ Und das ist doch wunderbar! Jetzt kann man Zeit, Kraft und Geld sparen. Sie brauchen manche Bücher gar nicht mehr zu lesen, weil Sie wissen: Auf diesem Weg bekomme ich keine Klarheit über Gott. Dort komme ich nicht weiter, dort finde ich keine Erkenntnis.
Mancher könnte sich diesen Irrweg ersparen, wenn er dieses Wort Jesu in seiner Schärfe hören würde: „Vater, ich preise dich, dass du den Weisen und Klugen zugemauert, versperrt und verriegelt hast.“
Im ersten Semester wohnte ich in Bethel mit zwei anderen Theologiestudenten zusammen. Da war ein junger Mann aus dem Ruhrgebiet, der sagte: „Ich habe das Theologiestudium ergriffen, weil ich nicht glauben kann. Ich hoffe, durch das Studium zum Glauben zu finden.“ Unser Weg führte uns nach diesem ersten Semester auseinander, und bald kamen Briefe von ihm, die voll zynischem Spott waren. Er ging den Weg zum totalen Freidenker.
Ich merke, es war meine Schuld, dass ich ihm damals nicht klar gesagt habe: Theologie hat ihren Platz, aber ganz gewiss nicht dort, wo man noch nicht glauben kann. Sie kann höchstens das, was man im Glauben erkannt hat, erhellen oder mit dem Denken durchdringen. Aber sie kann nie, nie das Denken der Menschen zum Glauben führen. Es kann nur das Zweite sein. Das hat Gott wunderbar gefügt.
Das war mein erster Punkt.
Der zweite Punkt: Es gibt nur einen Weg. Man müsste eigentlich zuerst sagen: Es gibt einen Weg. Das ist jetzt sehr wichtig. Es gibt doch einen Weg zu Gott. Er bleibt nicht im Dunkeln stehen.
So sehr dem Verstand und Intellekt alles verriegelt ist, hat Gott einen Weg gewählt, bei dem alle Menschen dieser Welt gleich behandelt werden. Unsere Kinder, die jetzt im Kindergottesdienst sind, tun sich genauso schwer oder leicht wie wir.
Das ist der Weg Gottes, den er wählt. Er hat einen Weg gewählt, bei dem er den Riegel wegnehmen muss. Ach, dann kann ja ein Mensch gar nichts dazu tun. Ja, Gott sei Dank kann ein Mensch nichts dazu tun. Sonst käme es darauf an, dass wir mit unserer Kraft, unserer Geistesstärke, unserer Bravheit oder Vollkommenheit irgendetwas dazu tun könnten – und das fehlt uns ja.
Nein, es ist viel wunderbarer: Jesus sagt: „Niemand kennt den Vater, nur der Sohn und wem der Sohn ihn offenbart.“ Umgekehrt kennt niemand Jesus als die, denen Jesus den Blick für ihn gibt. Anders kommt man zu keiner Erkenntnis des Glaubens.
Dann kann ich ja gar nichts machen, dann weiß ich ja gar nicht? Doch, doch, doch! Sagen Sie das jetzt nicht mit Argumenten. Jesus ist gekommen, damit Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen, aber nur auf dem einen Weg.
Ob sie an der Tür schon mal geklopft haben, das ist wichtig. Ob wir immer an der Tür stehen bleiben – da spricht Jesus von den Unmündigen. Das heißt nicht von dummen Menschen, sondern von denen, die wissen: An einer Stelle bin ich schwach. Da muss ich es machen wie die Kinder, die die Hand ausstrecken, wie ein Säugling, der schreit und weiß, er wird von der Mutter im Arm gewogen oder vom Vater gehalten.
Im Glauben kommen sie nicht anders zur Klarheit als so, dass sie unmündig sind wie ein Kind. Sie sagen: „Vater, hilf mir zu dieser Erkenntnis, ich will dich erkennen, ich kann anders nichts verstehen.“
Es gibt keine andere Evangelisation, als dass Menschen merken: Ich muss vor Gott bitten: „Herr, gib mir einen Blick für dich. Ich kann deine Weisheit mit meinem begrenzten Verstand nicht erfassen, aber du kannst mir jetzt das Verständnis geben.“
Heute am Dreieinigkeitssonntag: Was wollen wir denn von dem größten Gott erfassen als Menschen, die sterben müssen und in begrenzter Zeit leben? Wenn Gott uns den Blick gibt, dann erkennen wir.
Es gibt einen großen Mathematiker, der uns diesen Weg in einer Schärfe vorgelebt hat: Blaise Pascal. In Jahren, als der Vater ihm nur Sprachbücher in die Hand gab, entdeckte er schon die Lehrsätze Euklids der Geometrie selbst, konstruierte als Jugendlicher eine Rechenmaschine, schwebte auf der Höhe des Ruhms.
Am 23. November 1654 notierte er in einer Abendstunde auf einem Zettel, den er in sein Ärmelsäckchen einnähte, weil er ihn nie mehr verlieren wollte:
„Feuer, Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, nicht der Philosophen und Gelehrten Gewissheit, sondern Gewissheit, Empfinden, Freude, Friede, Gott Jesu Christi, dein Gott wird mein Gott sein. Nur auf den Wegen, die das Evangelium lehrt, ist er zu finden. Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht, ich aber kenne dich. Freude, Freude, Freude und Tränen der Freude. Ich habe mich von ihm getrennt. Mein Gott, warum hast du mich verlassen? Möge ich nicht auf ewig von ihm geschieden sein. Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen. Jesus Christus, Jesus Christus.“
Er schreibt weiter: „Ich habe mich von ihm getrennt, ich habe ihn geflohen, mich losgesagt von ihm, ihn gekreuzigt. Möge ich nie von ihm geschieden sein. Nur auf den Wegen, die das Evangelium lehrt, kann man ihn bewahren.“
Vollkommene und liebevolle Unterwerfung unter Jesus Christus, meinen geistlichen Führer, ewige Freude für einen Tag geistiger Übung auf Erden. „Ich werde nun Lateinisch, ich werde nie deine Worte vergessen. Amen.“
Ein Mensch, der auf der Höhe des Verstandes stand, erkennt plötzlich: Gott ist mir nur dort offenbar, wo er mir gegenübertritt, in Jesus Christus. Und dort hat er einen Höhepunkt gewählt, wo er alle seine Erkenntnisse mir zeigen will – als der Gekreuzigte.
Dort, wo er es mit seinen Nägelmalen zeigt: „Ich lasse dich nicht los, ich bin für dich gestorben.“ Dort können sie Festigkeit finden und wissen: Ja, es gibt Vergebung. Dort finden sie Antwort auf das Suchen des Glaubens.
Es gibt nur einen Weg, und es gibt einen Weg, wo man Gott findet. Dort bezeugt es Jesus und sagt: „Das ist der Wille des Vaters, dass du heute Frieden findest und heute mit Gott versöhnt wirst.“
Man kann ein Leben lang nie über diese Stelle der Offenbarung Gottes hinauswachsen. Andere können vom Urgrund des Seins reden und von der Allmacht Gottes. Ich verstehe die Worte nicht, die sie machen. Ich schäme mich nicht, offen zu sagen: Ich weiß nicht, was sie reden mit Begriffen, die ich nicht fassen kann.
Ich kann Gott fassen dort, wo er sich mir zuneigt, mir meine Schuld heute vergibt, mich in seine Hand nimmt und ich bei ihm geborgen leben darf. Es gibt keine andere Erkenntnis.
Jesus sagt: „Vater, ich danke dir, dass du es den Unmündigen geoffenbart hast, die sich jetzt zu dir herandrängen und erkennen, wer du bist, was deine Liebe bedeutet und was du willst als Vater der Unmündigen.“
Das war ein letzter Punkt, den ich hier erwähnen will. Wir hatten gesagt: Erstens, Gott hat es wunderbar gefügt mit dem Zusperren. Zweitens, es gibt nur einen Weg. Und nun ein unvergleichliches Geschehen:
Da wandte sich Jesus zu seinen Jüngern und sagt: „Ihr habt das große Los erwählt. Menschen, mit euch wollten die größten Leute tauschen, die Propheten, Jesaja und David. Wenn sie das erlebt hätten, was heute ein junger Bursche mit 14 Jahren im Bibelkreis erleben kann, was heute ein alter Mensch bei seiner stillen Zeit erkennen kann, hätten sie es nicht fassen können.“
Heil dem, Glück dem, der über dem Wort Gottes in Jesus den lebendigen Gott erkennt und plötzlich merkt, dass es nicht bloß Begriffe und Sätze sind, sondern die Wahrheit. Welch ein Wunder, wenn Gott die Augen öffnet!
Das ist mit nichts zu vergleichen, und es geht im Glauben um dieses Geschehen.
Wir hatten am Anfang davon gesprochen, dass es Menschen gibt, die nicht zur Klarheit des Glaubens durchdringen. Liebe Brüder und Schwestern, wir wollen uns freimachen von all dem Krampf, als ob wir Menschen mit Worten und Bemühen den Glauben aufreden könnten.
Sie kennen den Spott von Karl Marx, der auf Feuerbach zurückgeht, dass der Glaube nur eine Projektion meiner Wünsche sei. Wie wenn ich mit einem Scheinwerfer etwas an eine dunkle Decke male und mit einem Lichtbildapparat ein Bild projiziere. Das hätte nur der Mensch so gemacht.
Und es ist gut, dass der Spott kommt, denn dann können wir darauf antworten und sagen: Das stimmt, vielleicht haben wir manchmal so gehandelt, als stünde der Glaube in unserer Macht, als würden wir einem Menschen sagen: Wenn du ein netter Kerl bist und dich anstrengst, dann musst du glauben.
Das stimmt ja gar nicht. Wir wollen den Menschen heute wieder sagen, unerschrocken auch diesen schweren Punkt des Glaubens: Ich weiß, dass du gar nicht glauben kannst, aber der Vater kann dir die Augen öffnen, wenn du ihn darum bittest.
Du musst in diesen Kreis eintreten und sagen: „Vater, öffne mir die Augen, ich will dich erkennen, ich will dich sehen.“ Und dann ist es wunderbar, dass der Glaube eben doch nicht nur auf der Projektion meiner Wünsche ruht, sondern auf einem Offenbaren Machen Gottes.
Dieses Werk schafft der Heilige Geist in uns, und darum ist der Glaube stärker als die Zweifel, die manchmal an ihm rütteln wollen. Weil er nicht auf unseren Gedanken ruht, sondern auf der Offenbarung Gottes, gibt es Glaubensgewissheit.
Gott macht uns deutlich, wer er ist, und schenkt uns den freien Blick auf Jesus. Glaubenszweifel können Sie nicht mit Verstandesargumenten wegkriegen, aber Sie können sie mit diesem freien Blick auf Jesus überwinden.
Darum lassen Sie mich noch einmal von einem Menschen erzählen. Es ist schade, dass ich es in der Kürze nur andeuten kann. Vielleicht regt es den einen oder anderen an, mehr über diese Person nachzulesen.
Es war Martin Kähler, ein Kind, das in seiner Kindheit sehr erkrankt und kränklich war, aber hochbegabt. Mit elf Jahren kannte er gründlich alle Dramen Schillers. Er lebte in dieser Welt und sagte später, dass er in diesem Alter das Beten aufgegeben hatte.
Die Konfirmation war für ihn nur ein äußerliches Ereignis. Er stammte aus einer Pfarrfamilie, aber wie es manchmal in frommen Häusern geht, war er ablehnend. Er wollte nichts mehr wissen und nicht mehr beten. Er nahm alles äußerlich hin.
Dann studierte er Jura und wurde wieder sehr krank. Er sagte vorher: „Ich vermag Kant und Schelling zu verstehen, das ist schon ein Stück. Aber von Paulus verstehe ich keinen Satz.“
Das ist doch klar. Es ist viel komplizierter, denn Paulus lehnt die ganze Verstandesweisheit ab. An dieser Stelle spricht er von der Torheit des Kreuzes zur Erkenntnis Gottes.
Selbst in der Krankheit sagt Kähler: „Ich verstand kein Bibelwort.“ Und dann war Gott so freundlich, anders zu reden: Es waren die Gesangbuchlieder und das Beten, die ihn plötzlich erreichten.
Dann fand er zu Paulus, diesem grundgescheiten Mann, und er fand zum Glauben an Jesus. Mit 24 Jahren notierte er:
„Die Torheit des Kreuzes, die Torheit, die Gott in den Augen der Welt macht, indem er den Verstand auf die Seite legt, ist weiser als die Menschen sind. Soll keiner meinen, Gott lehne den Verstand ab, denn Gott ist noch viel größer als das Denken von Kant und Schelling.“
Martin Kähler hielt in der damaligen theologischen Krise, die bis heute andauert, einen berühmten Vortrag. Er sagte: „Wenn ihr mit eurer ganzen Wissenschaft das Neue Testament bis in die letzten Kleinigkeiten seziert und alles über Jesus findet, alles bestätigt, könnt ihr mit euren Beweisen nie den Überwinder von Sünde, Tod und Teufel finden. So finde ich meinen Herrn nur, wie er mir gegenübertritt, dort, wo er mir die Augen öffnet, wo er sich mir offenbart – im Glauben.“
Er rief die Theologen seiner Zeit auf, das zusammenzusehen: „Ich kann nur Theologie treiben aus einem gläubigen Herzen, das offenbart, dass Jesus offenbar wird – im Glauben.“
Martin Kähler wurde missverstanden, und sein Wort wird bis heute verdreht. Er ist einer dieser Rufer, der uns heute dorthin ruft, wo es Erkenntnis Jesu gibt.
Ich wollte heute mit denen reden, die Klarheit über Gott suchen: Ich preise dich, Vater, dass du es den Unmündigen geoffenbart hast und dass du nicht alles im Dunkeln lässt. Aber die Höhe und die Fülle der Weisheit hast du erst vor uns enthüllt, als du deine Liebe uns groß gemacht hast.
Da hast du deutlich gemacht, was vor dir gilt, unverrückbar und was bleibt.
Ich darf Ihnen zum Schluss sagen: Auch euer Denken bleibt eine wunderbare Gabe Gottes. Von dieser Mitte her dürft ihr weiterdenken, von der Mitte der Enthüllung Gottes her dürft ihr die Welt begreifen und euer Leben überdenken.
Dürft ihr weiterdenken in Zeit und Ewigkeit, von der Mitte der Offenbarung Jesu her. Denn Gott bleibt nicht mehr dunkel vor uns.
Das ist die Mitte des Glaubens und des Denkens, wenn jemand zur Klarheit kommt. Dann verstehen Sie, wenn Jesus sagt, dass viele sich danach sehnten, zu dieser Mitte zu kommen und von dieser Mitte her zu denken.
Wir sind reiche Leute, weil uns Gott ganz nahekommt, weil er uns in Jesus zum Vater macht und wir ihn Vater nennen dürfen, als seine Kinder vor ihm leben dürfen.
Amen.
Herr, es ist eine Schuld von uns, dass wir den Glauben oft verwechselt haben mit unseren religiösen Gedanken oder Gefühlen, dass wir Glauben anderen aufreden oder verkaufen wollten, als sei er eine Stimmung.
Du, Herr, musst den Grund zu unserem Glauben legen. Ja, du musst das schaffen durch deinen Heiligen Geist, dass wir dich erkennen, den Sohn Gottes, und in dir den Vater sehen.
Wir danken dir, dass du willst, dass jeder zur Erkenntnis der Wahrheit kommt, dass du bei jedem von uns dieses wunderbare, unvergleichliche Werk vollbringen willst, auch in den nächsten Tagen.
Gib uns Klarheit in all den Fragen, die uns bewegen, die nur in dir, in deiner Person, in deiner Liebe, in deiner Erlösung, in deiner Vergebung beantwortet werden.
Ja, lass uns hier für Zeit und Ewigkeit auf den Felsengrund kommen, wo unser Glaube fest ruhen kann – in dir.
Wir wollen auch bitten für alle, die in der Wissenschaft mit einem Wort umgehen, in der theologischen Forschung.
Lass du allen Theologiestudenten deutlich werden, dass nur aus Glauben in deinem Wort geforscht werden kann. Lege du den Grund, auch bei so vielen jungen Leuten, die der Verdrehung deines Wortes und der Verfälschung ausgesetzt sind.
Schaffe dir Prediger, die allein dir gehorsam sind und dein Wort verkündigen.
Wir danken dir, dass wir unter deiner Verheißung stehen, auch für diese kommende Woche, für all das, was uns bewegt.
Dir befehlen wir auch die in unserer Mitte an, die schwere Not haben. Du kennst sie jetzt, du weißt darum, und du willst diese Last mittragen.
Lass uns fröhlich werden im Wissen um deine Nähe. Lass uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Nun bitten wir um den Segen des Herrn:
Herr, segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
Der einzige Weg zu Gott: Offenbarung durch den Sohn und die Haltung der Unmündigen
Der zweite Punkt: Es gibt nur einen Weg. Man müsste eigentlich zuerst sagen: Es gibt einen Weg – und das ist sehr wichtig. Es gibt doch einen Weg zu Gott; er bleibt nicht im Dunkeln stehen. So sehr dem Verstand und dem Intellekt auch alle Türen verschlossen sind, hat Gott einen Weg gewählt, bei dem alle Menschen dieser Welt gleich behandelt werden.
Unsere Kinder, die jetzt drüben im Kindergottesdienst sind, tun sich genauso schwer oder genauso leicht wie wir. Das ist der Weg Gottes, den er gewählt hat. Er hat einen Weg gewählt, bei dem er den Riegel wegnehmen muss.
Ach, dann kann ja ein Mensch gar nichts dazu tun? Ja, Gott sei Dank kann ein Mensch nichts dazu tun. Sonst käme es ja darauf an, dass wir mit unserer Kraft, mit unserer Geistesstärke, mit unserer Bravheit oder mit unserer Vollkommenheit und all dem, was uns fehlt, irgendetwas dazu beitragen könnten. Nein, das ist viel wunderbarer.
Jesus sagt: Niemand kennt den Vater, außer dem Sohn und denen, denen der Sohn ihn offenbaren will. Und umgekehrt kennt niemand Jesus als die, denen Jesus den Blick für ihn gibt. Auf anderem Weg kommt man zu keiner Erkenntnis des Glaubens.
Dann könnte ich ja gar nichts machen, dann wüsste ich ja gar nichts. Doch, doch, doch! Sagen Sie das jetzt nicht mit Argumenten. Jesus ist gekommen, damit Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen – aber nur auf dem einen Weg. Ob sie an der Tür schon mal geklopft haben, ist jetzt wichtig. Und ob wir immer an der Tür stehen bleiben – da spricht Jesus von den Unmündigen.
Das heißt nicht von den dummen Menschen, sondern die Unmündigen sind die Kinder. Sie wissen: An einer Stelle bin ich schwach, und da muss ich es machen wie die Kinder, die die Hand ausstrecken wie ein Säugling, der schreit und weiß, dass er von der Mutter im Arm gewogen wird oder der Vater die Hand zu ihm herunterreicht.
Im Glauben kommen sie nicht anders zur Klarheit, als indem sie unmündig sind wie ein Kind und sagen: Vater, hilf mir doch zu dieser Erkenntnis! Ich will dich erkennen, ich kann sonst nichts verstehen.
Und es gibt keine andere Evangelisation, als dass Menschen das merken: Ich muss vor Gott bitten: Herr, gib mir einen Blick für dich! Ich kann deine Weisheit mit meinem begrenzten Verstand nicht erfassen, aber du kannst mir jetzt das Verständnis geben.
Blaise Pascal als Beispiel für den Weg des Glaubens
Heute, am Dreieinigkeitssonntag, fragen wir uns: Was können wir von der Größe Gottes erfassen? Wir sind Menschen, die sterben müssen und in einer begrenzten Zeit leben. Wenn Gott uns den Blick dafür schenkt, dann erkennen wir.
Ein großer Mathematiker hat uns diesen Weg mit großer Klarheit vorgelebt: Blaise Pascal. Schon in jungen Jahren, als sein Vater ihm nur Sprachbücher gab, entdeckte er selbst die Lehrsätze Euklids der Geometrie. Als Jugendlicher konstruierte er eine Rechenmaschine. Er schwebte auf der Höhe seines Ruhms. Am 23. November 1654, an einem Abend, notierte er auf einem Zettel Worte, die er in sein Ärmelsäckchen einnähte, weil er sie bis zu seinem Tod nie verlieren wollte.
Dort steht: „Feuer, Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, nicht der Philosophen und Gelehrten Gewissheit, sondern Gewissheit, Empfinden, Freude, Friede, Gott Jesu Christi, dein Gott wird mein Gott sein.“ Nur auf den Wegen, die das Evangelium lehrt, ist Gott zu finden.
Pascal schreibt weiter: „Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht, ich aber kenne dich. Freude, Freude, Freude und Tränen der Freude. Ich habe mich von ihm getrennt. Mein Gott, warum hast du mich verlassen? Möge ich nicht auf ewig von ihm geschieden sein.“ Das ist aber das ewige Leben: „Dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“
Er fährt fort: „Jesus Christus, Jesus Christus, ich habe mich von ihm getrennt, ich habe ihn geflohen, mich losgesagt von ihm, ihn gekreuzigt. Möge ich nie von ihm geschieden sein. Nur auf den Wegen, die das Evangelium lehrt, kann man ihn bewahren.“ Er spricht von vollkommener und liebevoller Unterwerfung unter Jesus Christus als seinen geistlichen Führer. Das bringt ewige Freude, auch für einen Tag geistiger Übung auf Erden.
Pascal schreibt: „Ich werde nun Lateinisch, ich werde nie deine Worte vergessen. Amen.“ Ein Mensch, der auf der Höhe des Verstandes stand, erkennt plötzlich: Gott ist mir nur dort offenbar, wo er mir gegenübertritt – in Jesus Christus.
Dort hat Pascal einen Höhepunkt gewählt, an dem er alle seine Erkenntnisse zeigen will: Jesus als der Gekreuzigte. Dort, wo Jesus mit seinen Nägelmalen sagt: „Ich lasse dich nicht los, ich bin für dich gestorben.“ Dort können Menschen Festigkeit finden. Dort können sie wissen: Ja, es gibt Vergebung. Dort finden sie Antwort auf das Suchen des Glaubens.
Es gibt nur einen Weg, und es gibt einen Ort, wo man Gott findet. Jesus bezeugt dies und sagt: „Das ist der Wille des Vaters, dass du heute Frieden findest und heute mit Gott versöhnt wirst.“ Ein Leben lang kann man nie über diese Stelle der Offenbarung Gottes hinauswachsen.
Andere mögen vom Urgrund des Seins und von der Allmacht Gottes reden. Doch ich verstehe die Worte nicht, die sie benutzen. Ich schäme mich nicht, offen zu sagen: Ich weiß nicht, was sie meinen, mit Begriffen, die ich nicht fassen kann.
Ich kann Gott fassen dort, wo er sich mir zuneigt, mir heute meine Schuld vergibt, mich heute in seine Hand nimmt und ich bei ihm geborgen leben darf. Es gibt keine andere Erkenntnis.
Jesus sagt: „Vater, ich danke dir, dass du es den Unmündigen geoffenbart hast, die sich jetzt zu dir herandrängen und erkennen, wer du bist, was deine Liebe bedeutet und was du willst als Vater der Unmündigen.“
Die besondere Stellung der Jünger und das Geschenk der Offenbarung
Das war ein letzter Punkt, den ich hier erwähnen möchte. Wir hatten gesagt: Zuerst hat Gott wunderbar gehandelt, indem er verschloss. Das andere war, dass es nur einen Weg gibt. Nun folgt ein unvergleichliches Geschehen.
Da wandte sich Jesus zu seinen Jüngern und sagte: „Ihr habt das große Los erwählt.“ Mensch, mit euch hätten die größten Persönlichkeiten tauschen wollen – die Propheten, Jesaja und David.
Wenn diese erlebt hätten, was heute ein junger Bursche mit 14 Jahren im Bibelkreis erfahren kann, oder was heute ein alter Mensch in seiner stillen Zeit erkennen darf, hätten sie es nicht fassen können. Heil dem, Glück dem, der über dem Wort Gottes in Jesus den lebendigen Gott erkennt und plötzlich merkt, dass es nicht bloß Begriffe und Sätze sind, sondern die Wahrheit.
Welch ein Wunder, wenn Gott die Augen öffnet! Das ist mit nichts zu vergleichen, und im Glauben geht es genau um dieses Geschehen.
Der Glaube als Geschenk und die Abwehr gegen das Aufzwingen des Glaubens
Wir hatten am Anfang davon gesprochen, dass es Menschen gibt, die nicht zur Klarheit des Glaubens durchdringen. Liebe Brüder und Schwestern, wir wollen uns von all dem Krampf befreien, als ob wir Menschen mit Worten und mit Mühe den Glauben aufzwingen könnten.
Sie kennen sicher den Spott von Karl Marx, der auf Feuerbach zurückgeht. Dieser Spott besagt, dass der Glaube nur eine Projektion meiner Wünsche sei – so, als würde ich mit einem Scheinwerfer etwas an eine dunkle Decke malen und mit einem Lichtbildapparat ein Bild projizieren. Das hätte nur der Mensch so gemacht.
Es ist gut, dass dieser Spott kommt, denn dann können wir darauf antworten. Wir können sagen: Das stimmt, vielleicht haben wir manchmal so gehandelt, als stünde der Glaube in unserer Macht. Als würden wir einem Menschen sagen: Wenn du ein netter Kerl bist und dich anstrengst, dann musst du glauben. Das stimmt aber gar nicht.
Wir wollen den Menschen heute wieder unerschrocken auch diesen schweren Punkt des Glaubens sagen: Ich weiß, dass du gar nicht glauben kannst. Aber der Vater kann dir die Augen öffnen, wenn du ihn darum bittest. Du musst in diesen Kreis eintreten und sagen: Vater, öffne mir die Augen, ich will dich erkennen, ich will dich sehen.
Dann ist es wunderbar, dass der Glaube eben doch nicht nur auf der Projektion meiner Wünsche ruht, sondern auf einem Offenbaren Gottes. Dieses Werk schafft der Heilige Geist in uns. Darum ist der Glaube stärker als die Zweifel, die manchmal an ihm rütteln wollen. Denn er ruht nicht auf unseren Gedanken, sondern auf der Offenbarung Gottes.
Deshalb gibt es Glaubensgewissheit, weil Gott uns deutlich macht, wer er ist, und weil er uns diesen freien Blick auf Jesus schenkt. Glaubenszweifel können Sie nicht mit Verstandesargumenten wegkriegen. Aber Sie können sie überwinden durch diesen freien Blick auf Jesus.
Martin Kähler als Beispiel für den Weg vom Zweifel zum Glauben
Darum lassen Sie mich noch einmal von einem Menschen erzählen. Es ist schade, dass ich mich kurz fassen muss. Vielleicht regt es den einen oder anderen an, mehr über diese Person nachzulesen.
Es war Martin Kähler. Er war als Kind sehr krank und kränklich, aber hochbegabt. Mit elf Jahren kannte er gründlich alle Dramen Schillers und lebte in dieser Welt. Später sagte er, dass er mit diesem Alter das Beten aufgegeben hatte. Die Konfirmation war für ihn nur ein äußerliches Geschehen.
Er stammte aus einer Pfarrfamilie, aber wie es manchmal in frommen Häusern vorkommt, war er ablehnend eingestellt. Er wollte nichts mehr wissen und auch nicht mehr beten. Er nahm alles nur äußerlich wahr. Dann studierte er Jura und wurde wieder sehr krank.
Er sagte vorher: „Ich vermag Kant und Schelling zu verstehen, das ist ja schon ein Stück, wenn das einer begreifen kann. Aber von Paulus verstehe ich keinen Satz.“ Das ist doch klar, denn es ist noch viel komplizierter. Paulus lehnt die ganze Verstandesweisheit ab und spricht an dieser Stelle zur Erkenntnis Gottes von der Torheit des Kreuzes.
Selbst in seiner Krankheit sagte Kähler, dass er kein Bibelwort verstand. Dann aber war Gott so freundlich, dass er noch anders reden konnte. Es waren die Gesangbuchlieder und das Beten, die ihm plötzlich halfen.
So fand er zu Paulus, diesem grundgescheiten Mann. Kähler fand zum Glauben an Jesus. Als 24-Jähriger notierte er: „Die Torheit des Kreuzes, die Torheit, die Gott in den Augen der Welt macht, indem er nämlich den Verstand auf die Seite legen lässt, ist weiser als die Menschen sind. Soll keiner meinen, Gott lehne den Verstand ab, denn Gott ist noch viel größer als das Denken von Kant und Schelling.“
Martin Kähler hielt in der damaligen theologischen Krise, die bis heute andauert, einen berühmten Vortrag. Darin sagte er: „Wenn ihr mit eurer ganzen Wissenschaft das Neue Testament seziert bis in die letzten Kleinigkeiten hinein und annehmt, ihr findet alles über Jesus, alles bestätigt – ihr könnt mit euren Beweisen nie den Überwinder finden von Sünde, Tod und Teufel.“
„So finde ich meinen Herrn nur, wie er mir gegenübertritt, dort, wo er mir die Augen öffnet, wo er sich mir offenbart – im Glauben.“
Er rief damals die Theologen seiner Zeit auf, das zusammenzusehen: „Ich kann nur Theologie treiben aus einem gläubigen Herzen, das offenbart, was offenbar werdend Jesus ist – im Glauben.“
Martin Kähler wurde missverstanden, und sein Wort wird bis heute verdreht. Er ist einer dieser Rufer, der uns heute dorthin ruft, wo es Erkenntnis Jesu gibt.
Ich wollte heute mit denen sprechen, die Klarheit über Gott suchen.
Dank und Ermutigung zur Mitte des Glaubens und Denkens
Ich preise dich, Vater, dass du es den Unmündigen geoffenbart hast und dass du nichts im Dunkeln lässt. Die Höhe und die Fülle der Weisheit hast du uns erst enthüllt, als du deine Liebe groß gemacht hast.
Dabei hast du deutlich gemacht, was vor dir unverrückbar gilt und was bleibt.
Zum Schluss darf ich sagen: Auch unser Denken bleibt eine wunderbare Gabe Gottes. Von dieser Mitte her dürfen wir weiterdenken, von der Mitte der Enthüllung Gottes aus dürfen wir die Welt begreifen und unser Leben überdenken.
Wir dürfen weiterdenken – in Zeit und Ewigkeit – von der Mitte der Offenbarung Jesu her. Denn Gott bleibt uns nicht mehr dunkel.
Das ist die Mitte des Glaubens und des Denkens, wenn jemand zur Klarheit kommt. Dann verstehen wir, was Jesus meint, wenn er sagt, dass viele sich danach sehnen, zu dieser Mitte zu kommen und von dieser Mitte her zu denken.
Wir sind reiche Leute, wenn Gott uns ganz nahekommt, wenn er uns in Jesus zum Vater wird und wir ihn Vater nennen dürfen, als seine Kinder vor ihm leben dürfen.
Amen.
Gebet um Klarheit, Erkenntnis und Segen
Herr, es ist eine Schuld von uns, dass wir den Glauben oft mit unseren religiösen Gedanken oder Gefühlen verwechselt haben. Wir haben versucht, Glauben anderen aufzudrängen oder zu verkaufen, als wäre er eine Stimmung.
Du, Herr, musst den Grund für unseren Glauben legen. Ja, du musst es schaffen durch deinen Heiligen Geist, dass wir dich erkennen, den Sohn Gottes, und dass wir in dir den Vater sehen. Wir danken dir, dass du willst, dass jeder zur Erkenntnis der Wahrheit kommt. Du möchtest bei jedem von uns dieses Werk, dieses wunderbare, unvergleichliche Geschehen bewirken – auch in den nächsten Tagen.
Gib uns Klarheit in all den Fragen, die uns bewegen. Diese Fragen können nur in dir, in deiner Person, in deiner Liebe, in deiner Erlösung und in deiner Vergebung beantwortet werden. So wollen wir hier für Zeit und Ewigkeit auf den Felsengrund kommen, auf dem unser Glaube fest ruhen kann – in dir.
Wir wollen auch bitten für alle, die in der Wissenschaft mit einem Wort umgehen, in der theologischen Forschung. Lass du allen Theologiestudenten deutlich werden, dass nur aus Glauben in deinem Wort geforscht werden kann. Lege du den Grund auch bei so vielen jungen Leuten, die der Verdrehung deines Wortes und der Verfälschung ausgesetzt sind. Schaffe dir Prediger, die allein dir gehorsam werden und dein Wort verkündigen.
Wir danken dir, dass wir unter deiner Verheißung stehen – auch für diese kommende Woche und für all das, was uns bewegt. Dir befehlen wir auch die in unserer Mitte an, die schwere Not haben. Du kennst sie jetzt, du weißt darum, und du willst diese Last mittragen.
Lass uns fröhlich werden im Wissen um deine Nähe. Lass uns gemeinsam beten: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute, und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Nun bitten wir um den Segen des Herrn: Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.