Einführung und Kontext des Kolosserbriefes
Kolosser 4 – wir sind am Ende des Kolosserbriefes, eines Briefes, der uns so viel von der Fülle zeigt, die in Christus ist. Er enthält ungeheuer tiefe Aussagen.
Kolosser 4, von Vers 7 bis Vers 18 – haben Sie alle Bibeln? Es ist immer wieder wichtig, die richtige Bibel zu haben. Ich war neulich in einem Antiquariat, und ich habe Ihnen schon von der Bibelanstalt erzählt. Dort gibt es leicht beschädigte, nagelneue Bibeln zum halben Preis. Die Bibelanstalt befindet sich in der Möhringer Straße – oder besser gesagt, in der Balinger Straße in Möhringen.
Dort kann man jederzeit hingehen und frei in den Bibeln blättern. Es gibt Bibeln von verschiedenen Verlagen und Ausgaben. Ich möchte noch sagen, dass ich nach wie vor von der Lutherbibel erklärt überzeugt bin. Ich finde sie immer wieder sehr gut. Auch heute steht das meiste am Rand.
Man muss aber aufpassen: Die Bibelanstalt behauptet, sie habe völlig aus Versehen die Umschläge vertauscht. Die früher blaue Bibel ist jetzt grün, und eine neue Bibel, die viele historisch-kritische theologische Anmerkungen enthält, ist jetzt blau. Das ist natürlich eine Verwechslung par excellence.
Die Lutherbibel erklärt will gerade keine kritische Theologie vermitteln, während die jetzt blaue Bibel das tut. Wenn Sie über den Titel lachen: Die Lutherbibel erklärt wird jetzt neu in Grün herausgegeben. Früher war sie immer blau. Bei unseren Büchern steht sie nur als blau. Die Verwechslung ist also wirklich vorprogrammiert.
Die Erklärungsbibel enthält bibelkritische Anmerkungen. Die Lutherbibel erklärt stammt vom Hofacker-Kreis. Dort haben unter anderem Bischof Martin Haug, Ulrich Parzany und Karl Gutbrod mitgearbeitet – alles Bibelausleger.
Die frühe blaue Ausgabe ist jetzt grün, wenn man sie neu kauft. Man sollte also darauf achten, dass der Titel „Lutherbibel erklärt“ richtig ist. Die andere Bibel heißt „Erklärungsbibel“.
Paulus’ Mitarbeiter und ihre Bedeutung für die Gemeinde
Wie es um mich steht, wird euch alles Tychikus berichten. Er ist der liebe Bruder, treue Diener und Mitknecht in dem Herrn. Ich sende ihn zu euch, damit ihr erfahrt, wie es uns ergeht, und damit er eure Herzen tröste.
Mit ihm schicke ich Onesimus, den treuen und lieben Bruder, der einer von euch ist. Alles, wie es hier steht, werden sie euch berichten.
Es grüßen euch Aristarchus, mein Mitgefangener, und Markus, der Vetter des Barnabas. Wegen ihm habt ihr schon Weisungen empfangen. Wenn er zu euch kommt, nehmt ihn auf.
Jesus mit dem Zunamen Justus war damals ein ganz gebräuchlicher Vorname. Von den Juden sind diese allein meine Mitarbeiter im Reich Gottes, und sie sind mir ein Trost geworden.
Es grüßt euch Epaphras, der einer von euch ist, ein Knecht Christi Jesu. Er ringt allezeit in seinen Gebeten für euch, damit ihr feststeht, vollkommen und erfüllt mit allem, was Gottes Wille ist.
Ich bezeuge ihm, dass er viel Mühe hat um euch und um die in Laodizea und in Hierapolis.
Es grüßt euch Lukas, der Arzt, den ihr auch schon kennt, der Geliebte, und Demas.
Grüßt die Brüder in Laodizea und in Nympha sowie die Gemeinde in ihrem Hause.
Und wenn der Brief bei euch gelesen ist, so sorgt dafür, dass er auch in der Gemeinde von Laodizea gelesen wird. Lest auch ihr den von Laodizea.
Sagt dem Archippus: „Sieh auf das Amt, das du empfangen hast in dem Herrn, dass du es erfüllst.“
Mein Gruß mit der Hand des Paulus. Gedenkt meiner Fesseln. Die Gnade sei mit euch.
Gemeinschaft und Teamarbeit im Dienst des Paulus
Ich habe heute Abend große Freude, Ihnen das ein wenig auszulegen, weil man dabei einen Einblick bekommt, wie Paulus gelebt hat. Wir können unsere Fantasie ein wenig schweifen lassen, doch das ist eigentlich gar nicht nötig, denn alles steht klar geschrieben.
Paulus war niemals ein Einzelgänger. Das ist heute eine Krankheit unserer modernen Zeitströmung: Jeder zieht sich am liebsten zurück. In unserer Stadt Stuttgart zum Beispiel werden immer mehr Kleinwohnungen für allein lebende Menschen benötigt. Auf der anderen Seite sind viele Menschen allein und klagen über Einsamkeit. Der Fernseher kann das auch nicht wirklich ersetzen.
Das ist eine Not, deren Ausmaß wir erst später richtig erkennen werden: Wir sind gemeinschaftsunfähig geworden. Das zeigt sich sogar darin, dass es uns schwerfällt, auf andere zuzugehen. Oft sagen wir, wir seien schüchtern – das ist schon fast ein Krankheitszustand. Dabei gehört Geselligkeit eigentlich zum Wesen des Menschen. Wir sind Wesen, denen es wohl ist in Gemeinschaft, und wir müssen sehr darauf achten.
Paulus lebte immer mit einer großen Zahl von Mitchristen zusammen. Das ist ein Punkt, an dem Gott uns durch viele gute Freundschaften bereichern will. Paulus war nicht verheiratet, hatte aber eine große Gemeinschaft von Freunden, mit denen er sich ausgezeichnet verstand. Er arbeitete immer im Team.
Einzelgängertum ist bei Gott eine Sünde, es ist nichts Gutes. Mir wurde das vor Jahren in England sehr deutlich, als ich an einem Gottesdienst in der All Souls Kirche von John Stott teilnahm. Er sagte: Unterstützen Sie niemals eine Ein-Mann-Mission, denn die ist nicht von Gott. Es muss ein Team sein, in dem Menschen miteinander arbeiten.
Das sind die Grundprinzipien: Wenn jemand sagt, er könne alles nur allein und habe allein die Weisheit, dann funktioniert das nicht gut. Das gilt auch für unsere Kontakte, die wir brauchen. Ich bin überzeugt, Gott wird Ihnen Menschen auf den Weg führen.
Weinen Sie heute Abend nicht und sagen: „Ich habe niemanden.“ Achten Sie einmal darauf, wo Menschen sind, denen Sie begegnen. Sie dürfen in Gruppen hineingehen und sich ganz unkompliziert anschließen. Natürlich wird man von Menschen auch immer wieder enttäuscht werden – das hängt ganz vom Blickwinkel ab. Von jedem Menschen kann man etwas Negatives sagen. Deshalb ist es umso schöner, mit Vertrauen in die Gemeinschaft hineinzugehen und sie einfach so anzunehmen, wie sie ist.
Paulus’ Gefangenschaft und die Fruchtbarkeit seiner Zeit
Dann zum nächsten Punkt: Paulus schreibt diesen Brief aus der Gefangenschaft. Aber wo genau hat er ihn geschrieben? Das können Sie jetzt ganz leicht rekonstruieren.
Nach unseren Predigten, die wir gehalten haben, besonders in Caesarea – ihr, liebe Israelreisenden, wenn ihr in der glühenden Sonnenhitze über den großen Platz von Caesarea gegangen seid, habt ihr es sicher gespürt. Ich habe es in der Predigt versucht zu erklären: Wir hatten zweimal den Prozess von Paulus, wie er vor dem Landpfleger Porcius Festus steht, und wie Agrippa und Bernice kommen und so weiter. Das alles spielte sich in Caesarea ab.
Paulus war dort zwei Jahre in Haft – eine furchtbar trostlose Zeit. Man weiß nicht genau, wie lange er schon in Haft war, das muss man mal ausprobieren. Es ist unheimlich hart. Besonders für Paulus, der so tätig war. Das ist für mich immer der Punkt, an dem ich Paulus geistlich bewundere. Wie hat er das nur bewältigt?
Ich kann es mir kaum vorstellen: Wenn ich schon einen Tag still liegen müsste im Bett – lach doch nicht so! Verstehen Sie, wie schwer es für Paulus war, als ein tätiger Mann, der wirken wollte und die Probleme in den Gemeinden sah, wo überall sein Wort nötig gewesen wäre? Er müsste Frieden stiften, er müsste den Irrlehrern entgegentreten – und jetzt sitzt er dort in der Zelle.
Und doch schreibt er in großer Ruhe. Das können Sie beim Paulus lernen. Ich bete für Sie, dass Sie das Wichtigste tun: Wenn Sie merken, dass Sie Ihre Sorgen im Gebet an Gott ablegen dürfen, dann haben Sie schon viel gewonnen. Das habe ich in der Predigt gesagt und mich gefreut, dass es damals viele aufgenommen haben.
Diese Zeit in Haft war für Paulus die fruchtbarste Zeit seines Lebens. Er hat die meisten Briefe geschrieben, die wichtigsten Briefe des Evangeliums stammen aus dieser Haftzeit. So kann es auch in Ihrem Leben sein, wenn Sie eine Krankheitszeit oder eine schwierige Zeit durchmachen: Rückblickend kann das von Gott her eine fruchtbare Zeit sein – auch dieser Kolosserbrief.
Wenn diese herrlichen Aussagen aus dem Brief wieder lebendig werden – zum Beispiel, dass alle Fülle in Christus ist –, dann sind wir heute ganz schnell dabei zu sagen: „Wenn ich wirklich Jesus verloren habe, dann will ich, dass die Pforten des Gefängnisses sich lösen, dass sich meine Schwierigkeiten beheben lassen.“ Aber das ist nicht Gottes Ziel.
Gottes Ziel ist es, dass wir in den Schwierigkeiten reifen und mit Jesus verbunden bleiben. Das war ja immer das, was Paulus sagte: „Ich bin in Jesus, auch wenn ich im Gefängnis bin.“ Und damit hat er Raum, um in die Weite zu wirken.
Im Vers 18 steht: „Gedenkt meiner Fesseln.“ Übrigens, das war eine schwere Last, das müssen Sie wissen. Damals war es sehr hart, Fesseln in einem solchen Gefängnis zu tragen. Obwohl Paulus relativ viel Freiheit hatte – das erwähnt er auch in der Apostelgeschichte –, durfte er wohl Besuch empfangen. Wahrscheinlich war das für seinen Gesundheitszustand das Schlimmste, was er in diesen Gemäuern erleiden musste.
In dem kalten Gemäuer zu sitzen, besonders nachts, wenn der Boden kalt wird, und die ganze Ungewissheit – das war eine große Belastung. Paulus erwähnt seine persönlichen Nöte nur mit einem kurzen Satz. Am Sonntag habe ich erwähnt, wie er in 2. Korinther 12 sagt: „Ich habe zum Herrn gefleht wegen meiner Schmerzen.“ Das zeigt, was für Leiden Paulus durchgemacht hat.
Aber zurück zu Kolosser 4,18: „Gedenkt meiner Fesseln.“ Das heißt, betet doch auch für mich, damit ich diese schwere Zeit durchstehen kann.
Tychikus und die praktische Mitarbeit im Dienst
Nun wollen wir uns zuerst Tychikus ansehen. Was für ein Typ war er? Er war mit Paulus gereist. Wenn man in Apostelgeschichte 20,4 nachschaut, wird dort ein weiterer Kollege erwähnt, der ebenfalls am Ende des Verses genannt wird: Tychikus aus der Provinz Asien.
Paulus hat offenbar überall Leute mitgenommen. Ich würde sagen, das waren seine Lehrlinge – beste Studienmöglichkeiten in der Praxis. Komm mit, und dann leiten wir dich an. Es wäre eigentlich toll, wenn wir wieder so Mitarbeiterschulungen machen würden, also praxisnahes Lernen durch Tun. Man wird gleich hineingenommen in die Praxis, sieht, wie es läuft, und kann dann auf eigenen Füßen stehen.
All die Leute, die Paulus geschult hat, waren hervorragende Persönlichkeiten. Wir Deutschen können stolz sein auf unser Berufsschulwesen. Die ganze Welt kennt das so nicht. Wenn man heute der Welt etwas schenken wollte, müsste man das deutsche Berufsschulsystem exportieren, weil die Leute dort praktisch geschult werden.
Die Amerikaner sind heute noch überzeugt, dass ihr reines Schulsystem besser sei. Erst unter Clinton wurde das einmal infrage gestellt, was in Amerika großes Aufsehen erregte. In der Praxis lernt man viel mehr! Das heißt, viele erfolgreiche Unternehmer sind aus der Praxis herausgewachsen.
Das war in Deutschland schon immer so. Ob unsere Verschulung der Ausbildung wirklich hilft, ist eine andere Frage. In geistlichen Beziehungen sage ich immer wieder: Nehmt junge Christen recht früh mit hinein. Lasst sie Dienste übernehmen und beteiligt sie an Einsätzen. Die schulische Ausbildung muss auch sein, wir müssen die Bibel lernen, aber immer in Verbindung mit der Praxis.
Paulus hat die jungen Mitarbeiter in seinen Dienst mitgenommen – Tychikus, Trophimus, den wir hier auch finden, und Aristarch aus Thessalonich, dem wir später noch begegnen. Wir können noch einmal 1. Korinther 16,1-4 aufschlagen. Dort sieht man gut, wie alles zusammenhängt.
Warum brauchte Paulus diese Freunde? Er hatte eine klare Ordnung. Diese Freunde übertrug er finanzielle Aufgaben, damit er selbst nicht belastet war. In allen Gemeinden ordnete er an, dass Geld gesammelt wird – für die Heiligen in Jerusalem. Er regelte das in Galatien und in Korinth, wo am ersten Tag der Woche – dem Sonntag – gesammelt werden sollte.
Interessant ist, dass der Sonntag schon so früh eine besondere Bedeutung hatte, zum Beispiel auch in der Ukraine. Jeder sollte etwas bei sich zurücklegen und sammeln, so viel wie möglich, damit die Sammlung nicht erst erfolgt, wenn Paulus kommt.
Wenn Paulus dann kam, wollte er die bewährten Leute mit Briefen senden, damit sie die Gabe nach Jerusalem bringen. Wenn es sich lohnte, reiste er selbst mit. Er nahm also immer Menschen mit und sorgte für Begegnungen vor Ort.
Ich bin dankbar, dass man auch immer erkennt, dass die Gaben, die wir für das Werk des Herrn geben, nie nur einen finanziellen Aspekt haben. Es ist ein geistlicher Austausch. Von den Menschen, die empfangen, bekommen wir etwas zurück – nicht nur Segen und Fürbitte, sondern auch Anteil an ihrem Ergehen.
Deshalb sind die Berichte so wichtig. Schon in der Urchristenheit war das geordnet. Paulus hat viel über das Thema geschrieben, zum Beispiel in 2. Korinther 8 und 9. Diese Kapitel behandeln, was Opfer bedeutet.
Wir wollen eigentlich wenig über Geld reden, damit kein Druck entsteht. Doch Paulus spricht davon, dass Geben ein geistliches Geschehen ist. Im Glauben empfängt man den Segen Gottes ganz besonders, weil das Geld in das Werk des Herrn hineingegeben wird.
In diesem Zusammenhang war Tychikus tätig. Er erscheint später im Titusbrief, wo er nach Kreta gesandt wurde. Er hatte also eine sehr umfangreiche Reisetätigkeit.
In 2. Timotheus 4,12 heißt es: "Tychikus habe ich nach Ephesus gesandt." Wenn es Ihnen nicht zu viel wird – sonst hören Sie nur zu. Paulus hat seine Leute immer wieder eingesetzt, damit sie bestimmte Aufgaben im Dienst für ihn übernehmen. Unter seiner Aufsicht, wie man heute sagen würde, hatten sie begrenzte Aufgaben.
Tychikus taucht auch im Epheserbrief auf, Epheser 6,21: "Damit ihr aber auch wisst, wie es um mich steht und was ich mache, wird euch Tychikus alles berichten, mein lieber Bruder und treuer Diener im Herrn."
Die Bedeutung von Brüderlichkeit und Treue unter Christen
Bei Paulus waren es kleine Floskeln. Sie wissen, wie wichtig mir der Brudername ist. Warum? Jesus hat seinen Jüngern untersagt, Titel zu verwenden. Er sagte: „Ihr solltet euch nicht Rabbi nennen lassen.“
Ich freue mich immer, wenn jemand zu mir „Bruder Chefbuch“ sagt. Das ist eine Sache der Urchristenordnung. Wenn andere Menschen dem Wort „Bruder“ einen schlechten Sinn geben, macht das nichts. Es ist eine biblische Ordnung: Ihr seid alle Brüder und Schwestern, verbunden in Jesus, gläubige Menschen.
Diese Urchristenordnung hat nicht nur in Freikirchen ihren Platz, sondern ist urbiblisch. Wir sollten biblische Bräuche nicht ohne Grund wegwerfen. Ehre sollte es unter Mitchristen nicht geben, weil alle Brüder und Schwestern gleichrangig sind. So ist es in der neutestamentlichen Ordnung. Es gibt keine Hierarchie mehr. Es mag Amtsfunktionen geben, aber nicht im Sinne von Ehre.
Paulus schreibt: „Mein lieber Bruder.“ Das drückt eine richtige Vertrauensbeziehung aus. Damit ist nicht nur eine flüchtige Anrede gemeint. Oft hört man, dass man das Wort „Bruder“ nur zu jemandem sagen soll, mit dem man einen inneren Austausch hat. Man meint jemanden, zu dem man volles Vertrauen hat, dem man sich anvertrauen kann – auch in geistlichen Fragen. Mit dem man sich austauscht und mit dem man betet. Das ist die Bedeutung des biblischen Wortes „mein lieber Bruder“.
Man freut sich, wenn dieser Bruder in großer Not Beistand geben kann. Zu ihm kann man seine Nöte bringen, in dem Wissen, dass er verschwiegen ist, hilft und für einen betet. Paulus verwendet dieses Wort auch bei Onesimus: „mein treuer und lieber Bruder.“ Treu bedeutet verlässlich. Er steht zu mir.
Das ist immer auch eine Sache: Wir wollen nicht ständig hin und her rennen und immer neue Beziehungen aufbauen. Vielmehr wollen wir sagen: Hier fühle ich mich verpflichtet, und ich gehöre zu dieser Gemeinschaft. Dort gehöre ich hin, in diese Bruderschaft.
Dazu muss man nicht Mönch werden. Es ist etwas ganz Wunderbares. Ich genieße die herzliche Bruder- und Schwesterbeziehung mit vielen von Ihnen. Wir danken Ihnen, dass man das so leben darf – als einer der Euren, der zu euch gehört.
Darum war es Paulus so wichtig, der von euch kommt und mit euch lebt. Es ist jetzt wichtig, immer wieder zu fragen: Wie geht es denen? Das macht mutig und erquickt. „Wie geht es?“ – damit er eure Herzen tröste.
Die Haltung des Dienens und die Rolle von Onesimus
Es ist interessant, dass die Gemeinde von Koloss richtig gelitten hat. Wenn man denkt, Paulus sitzt im Gefängnis, schreibt er dennoch schnell einen Brief und erzählt den Leuten, dass es ihm gut geht. So brauchen sie sich keine Sorgen zu machen. Man spürt dabei richtig mit, wie schwer das innerlich für ihn war. Ähnlich geht es uns immer wieder mit unseren Kranken, wenn wir daran denken, wie sie leiden und belastet sind.
Paulus nennt sich im Vers sieben „mein treuer Diener und Mitknecht“. Er hat sich selbst in diese Aufgabe hinuntergestellt – als Knecht. Das ist immer wieder ein faszinierendes Erlebnis. Sie wissen, wie schön das ist. Mir gefällt es immer, wenn man sieht, wie der eine noch ein Sieb aus der Spülmaschine ausräumt, während der andere den Boden wischt oder beim Essen hilft. Es ist nicht immer alles gut, aber es ist schön, wenn man sich gegenseitig unterstützt.
Besonders freut mich, dass nicht nur Männer sagen: „Das ist nicht meine Rolle“, sondern dass auch sie sagen: „Das ist auch mein Platz.“ Es ist wunderbar, wenn man auch in schwierigen Dienstaufgaben zusammensteht und sagt: Es gibt keinen Standesunterschied zwischen uns. Paulus hat sich mit Vorliebe zu den Geringen gehalten, und das ist eine sehr wichtige Sache. In der Gemeinde Jesu gibt es keine Standesunterschiede, sondern wir sind alle Mitknechte. Wir stellen uns mit hinunter und teilen, was die anderen haben. Das ist nicht nur eine Frage der Worte, sondern der Tat.
Wer ist Onesimus? Onesimus kennen wir auch. Er war ein Sklave. Ich möchte Ihnen die ganze Geschichte von Onesimus nicht erzählen, sonst wäre unsere Zeit zu knapp. Im Philemonbrief wird erzählt, dass Onesimus weggelaufen war. Paulus hat ihn zurück zu seinem Herrn geschickt und vorgeschlagen: Nimm ihn nicht mehr als Sklaven, sondern als Bruder. Philemon hat es so gemacht.
So haben die Christen die Unrechtsordnung der Sklaverei von innen heraus untergraben. Damit war das ganze Sklavensystem zwar noch nicht überwunden, leider nicht, aber es ist wunderbar, Onesimus hier wiederzutreffen. Philemon hat ihn freigegeben. Christen können Sklaverei in keiner Form gutheißen, auch nicht irgendeine Menschenherrschaft – weder über Kinder noch über Ehepartner. Jeder ist eine eigenständige Persönlichkeit vor Gott und steht allein vor ihm. Das ist ein wichtiger Grundsatz, auch in der Ehe: Man hat sich nicht an die Persönlichkeit des anderen „verloren“, sondern achtet sie.
Onesimus ist schön, weil er nun ein treuer und lieber Bruder bei Paulus geworden ist. Die Überwindung der Sklavenfrage war, wie ich Ihnen schon beim letzten Mal erzählt habe, eine ganz entscheidende Tat der bibeltreuen Christen in England – etwa durch Wilberforce, John Newton und andere.
Hier ist ein schönes Beispiel: Wenn Sie den Philemonbrief lesen, finden Sie sehr viel über dieses Thema. Es ist nur ein Kapitel lang, und es geht ausschließlich um Onesimus.
Aristarchus und die gelebte Liebe im Dienst
Und wieder schließt sich der Kreis ganz schnell. Jetzt haben wir Aristarchus, meinen Mitgefangenen. Was bedeutet das? Der Aristarchus muss bei Paulus ausgehalten haben. Man meint fast, er hätte freiwillig mit Paulus in der Zelle gewohnt – mitgefangen sozusagen. Da sagt Paulus: Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, du kannst wegen deiner Krankheit gewisse Dinge nicht machen oder brauchst bestimmte Behandlung, aber ich bleibe bei dir. So eine ungeheure Liebe.
Ich bin oft so bewegt, wenn ich sehe, wie heute manche Leute ihre Angehörigen pflegen. Es ist ja ganz arg schwierig, ich weiß, was das bedeutet, wenn ganze Lebensjahre zerstört sind. Aber es ist etwas ganz Herrliches, wenn sich jemand in der Liebe verströmt.
Ich habe immer ein bisschen Sorge, dass bei uns keine Gefahr besteht, das Evangelium in seiner klaren Schärfe zu verschweigen. Aber manchmal habe ich ein wenig Sorge, ob vielleicht das doch unter den Tisch fällt. Deshalb soll man es immer klar sagen: Die Taterliebe, die Jesustat, das Hingegeben für andere – keine Scheinliebe. Jesus hat deutlich gemacht, dass jeder Becher Wasser von ihm gefüllt ist.
Was wir da versäumen, ist nicht mehr wiedergutzumachen. Die ganz praktischen Dinge: das Wort der Aufmunterung, das man einem Menschen sagt, die Zeit, die man einem Menschen widmet, die Liebe, die man gibt – das ist ganz wichtig. Und das wird ja auch im Evangelium unterstrichen.
Aristarchus hat sich so für Paulus hingegeben und sich mit ihm unter diesen schweren Weg gestellt. Überraschend ist auch, dass damals die ersten Christen gar nicht darunter litten und nicht sagten: Das gibt es doch gar nicht, dass Gott nicht eingreift. Es kam überhaupt kein Zweifel am Glauben auf. Das ist eine ganz moderne Fragestellung aus dem Wohlstand heraus, dass wir immer meinen, alle Schwierigkeiten müssten sich auflösen.
Aber was unser lieber Bruder Schäfer dahinter geleistet hat – Herr Schäfer, wie viele Jahre waren es mit Ihrer lieben Frau? Dreizehn Jahre. Und das muss man wissen. Dann sagt er: Das mache ich zu Hause. Und dann mit der Firma alles, sodass man sogar den Beruf behalten kann. Jede zwei Stunden nachts aufgestanden.
Markus – ein Beispiel für zweite Chancen und Treue
Wir kommen zu Markus, den kennen wir aus dem Evangelium Markus. Markus war ein junger Mann. Kurz noch einmal zum Lebenslauf: Ich möchte Sie jetzt nicht im Schnelldurchgang ermüden, aber vielleicht wird es dadurch etwas plastischer.
Er war ein Vetter des Barnabas. Barnabas werden wir im Oktober noch einmal behandeln. Auf unserem blauen Zettel steht bei der Bibelstunde, dass man das Lebensbild von Markus mal extra nehmen sollte. Er war ein Vetter – oder war es eigentlich ein Neffe? Bei mir steht Vetter. Das liegt am Wortgebrauch. Er war eigentlich viel jünger als Barnabas. Barnabas gehörte im Grunde zur väterlichen Generation. Aber es gibt ja manchmal Situationen, in denen Neffen älter sind als Onkel. Das haben Sie sicher auch schon erlebt in Freundschaften. Manches kommt durcheinander. Deshalb macht das gar nichts aus.
Manche unter Ihnen kennen die Abläufe nicht richtig: Als Saulus vor Damaskus die Stimme Jesu hörte, wurde er nach Damaskus geführt. Interessant ist, dass Damaskus damals eine Nabateerstadt war. Sie kennen die Nabateer, die man noch heute bei einer Reise durch Israel in Petra sehen kann. Die einzige Erwähnung der Nabateer im Neuen Testament betrifft Damaskus. Dort herrschte ein Nabateerkönig, der nachher Christ wurde. Dieser König verfolgte Paulus so sehr, dass Paulus bei Nacht über die Stadtmauer in einem Korb hinuntergelassen wurde und fliehen konnte. Der König hieß Aretas, Aretas IV. Das können Sie im Bibellexikon nachlesen. Es ist hochinteressant, wie die Nabateer hier eine Rolle spielen. Sie sind heute vor allem durch Petra bekannt, die eindrucksvolle Felsenstadt in Jordanien, wo Tempel und Häuser direkt in den Felsen gehauen sind. Das war die Nabateerstadt Damaskus.
Nach dieser Zeit zog sich Paulus viele Jahre in die Untätigkeit zurück. Das heißt, er war in der Stille, und Gott arbeitete an ihm. Paulus war ja ein sehr gelehrter Mann in der Schrift, ein Rabbi. Er spricht darüber im Galaterbrief über diese Zeit. Erst später taucht er wieder in Antiochien auf.
In Antiochien lebten Flüchtlinge, was neulich auch im Gottesdienst erwähnt wurde. Flüchtlinge aus Jerusalem waren dort hingegangen, nachdem sie vertrieben worden waren. Dort hatte sich eine Christengemeinde gebildet. In Jerusalem herrschte Unruhe, und man fragte sich, was dort eigentlich los war. War das eine Sekte oder was genau hatte sich gebildet? Man sagte: Da muss ein vernünftiger Mann hin, der das vor Ort prüfen kann. So schickte man Barnabas, den besten Mann, der das beurteilen konnte.
Barnabas kam nach Antiochien und stellte fest, dass die Entwicklung dort gut war. Er sagte, er bräuchte einen Mitarbeiter. Da fiel ihm Saulus ein, der in Tarsus lebte. Anfangs war man zurückhaltend und hatte Angst vor Saulus. Man dachte, er sei nur ein umgedrehter V-Mann, der eingeschleust wurde, und seine Begeisterung für Christus sei nicht echt gewesen. Aber Barnabas sagte: „Den holen wir!“ So kam Saulus nach Antiochien am Orontes.
Es gibt zwei Städte namens Antiochien. Diese liegt in Phönizien, an der Küste von Israel über Libanon. Dort war damals eine große Weltstadt, die drittgrößte der Welt. In dieser Stadt gab es die erste Christengemeinde. Von dort ließ sich Paulus aussenden. Diese Gemeinde war die Heimatgemeinde seiner Missionsreisen.
Schon damals, in Apostelgeschichte 13, taucht Markus zum ersten Mal auf. Auf der ersten Missionsreise nahm Barnabas den jungen Markus mit. Wie es jungen Leuten oft eigen ist, ist Markus ausgebüxt. Er zeigte keine Treue und konnte nicht durchhalten. Dann verließ er die Reise.
Paulus sagte daraufhin sehr klar: Nie wieder nehme ich so einen Versager mit. Das alte Problem: Wenn ein Mitarbeiter vor dem Feind weicht, kann man so jemanden nicht gebrauchen. Das führte zu einem großen Streit, der in Apostelgeschichte 15 beschrieben ist. Wir können hier nicht alles aufschlüsseln, aber Sie werden in Ihrer Bibellesung wieder darauf stoßen.
Zwischen Barnabas und Saulus gab es einen heftigen Streit. Saulus sagte: „Nie wieder Markus!“ Aber Barnabas wollte ihm noch eine Chance geben. Hier sieht man, dass es in solchen Fragen verschiedene Meinungen gibt.
Deshalb gingen Barnabas und Saulus schließlich getrennte Wege. Barnabas behielt Recht: Es lohnt sich, Vertrauen in junge Menschen zu investieren und ihnen eine zweite Chance zu geben. Markus finden wir später wieder als Begleiter des Paulus. Das ist doch schön.
Darum war die ganze lange Geschichte nötig: Markus, wegen ihm habt ihr schon eine gewisse Wertschätzung, nehmt ihn wieder auf! Da war eine große Liebe zur alten Sache bewahrt.
Wir finden Markus später noch einmal, als er mit Paulus sogar bis nach Rom ging und ein treuer Begleiter des Paulus war. Er war auch Evangelist.
Dann finden wir noch weitere Angaben zu Markus: Er hatte eine Mutter namens Maria. Es gibt viele Marias im Neuen Testament. Diese Maria besaß ein Haus in Jerusalem, in dem sich sehr viel zugetragen hat. Wenn Touristen heute den sogenannten Abendmahlsaal besuchen, muss man wissen, dass dieser Saal erst im 14. Jahrhundert gebaut wurde. Vermutlich handelt es sich bei den alten Fundamenten unter dem Saal um das Haus von Johannes Markus und seiner Mutter Maria. Das ist ziemlich sicher.
Bei Ausgrabungen, an der Stelle, wo der Kenotaph des Königs David steht, hat man Inschriften gefunden, die von einem jüdischen Archäologen mit Jesuszitaten und ähnlichem eindeutig auf das erste Jahrhundert datiert wurden. Diese stammen aus der Zeit vor oder nach der Zerstörung Jerusalems.
Die alten Steinmauern stammen aus der Zeit vor der Zerstörung durch Titus. Dieses Gebäude, auf dem der Abendmahlsaal steht, ist hochinteressant. Wenn Fachleute einem zeigen, wie die Mauern liegen, vermutet man ziemlich sicher, dass es das Hauptquartier der Urchristengemeinde war.
Ob es der tatsächliche Abendmahlsaal war, ist schwer zu sagen, denn in der Bibel gibt es keine genauen Anweisungen dazu. Aber ziemlich sicher ist, dass es eine christliche Synagoge war, ein Versammlungsraum der ersten Christenheit.
Dieser Teil Jerusalems wurde bei der ersten großen Zerstörung nicht zerstört. Es waren die einzigen intakten Häuser. Deshalb kann man ziemlich sicher annehmen, dass hier oben das Geschehen stattfand.
Oft hatten solche Häuser auch einen Platzmann. Es ist gar nicht so wichtig, ob es genau dasselbe Haus war oder das daneben. Wahrscheinlich ist es das Haus mit dem Obergemach.
Aber hier ist es ziemlich sicher gewesen. Man kann sehr davon ausgehen, dass es das Haus von Johannes Markus war, mit seinen vielen Bezügen. Er hatte große Bedeutung für die erste Christenheit.
Wir wollen jungen Leuten nicht verzeihen, wenn sie untreu sind, aber wir sollten vorsichtig sein, wie wir sie zurechtweisen, wenn sie einmal versagen. Das ist ganz wichtig, auch in unserem Dienst.
Wenn wir junge Leute in den Missionsdienst schicken, braucht es eine sehr weise Führung und eine geduldige Leitung. Wir freuen uns immer, dass unsere Leute so belastbar sind, aber man muss aufpassen.
Junge Leute sind noch am Werden und nicht fertig. Das braucht sehr viel Geduld. Junge Leute müssen auch Fehler machen dürfen.
Jesus Justus und die jüdischen Christen
Von Jesus mit dem Beinamen Justus wissen wir nichts. Interessant ist jedoch, dass auch unter den Juden damals relativ wenige Christen waren – sehr, sehr wenige. In der gesamten Judenmission blieben es immer nur sehr wenige.
Es gibt heute unglückselige Streitigkeiten, etwa beim Weltgebetstag, bei der Liturgie und ähnlichen Themen. Auch die Situation zwischen Palästinensern und Israel ist sehr schwierig. Dieses Thema hat unsere Reisengruppen fast immer entzweit. Wenn ich das vorsichtig sagen darf: Es geschieht tatsächlich viel Unrecht, das unbegründet ist, in den besetzten Gebieten. Gerade weil wir Israel so sehr lieben, tut uns das besonders weh.
Wenn ich Ihnen diese Geschichten erzähle, kann es passieren, dass Sie dadurch plötzlich gegen mich sind. Doch sie sind bezeugte Geschichten, die ich von unseren arabischen christlichen Freunden erfahren habe. Jedes Militärregime hat seine Probleme, und wenn durchgegriffen wird, entsteht immer ein Problem. Wer bei der deutschen Wehrmacht war, weiß, wie oft das der Fall war.
Was mich am meisten freut, ist, dass es in Jerusalem Begegnungen zwischen Judenchristen und arabischen Christen gibt, die sich regelmäßig treffen. Die ganz kleine judenchristliche Gemeinde und die arabischen Christen treffen sich und sprechen miteinander. Dabei ist etwas Schönes passiert: Einer dieser arabischen Christen, der zu Unrecht festgenommen wurde, sehr gelitten hat im Gefängnis und auch Folter erdulden musste, wurde in der Nacht von einem Offizier angesprochen. Dieser brachte ihm ein Stück Schokolade und fragte: "Hast du noch einen Wunsch?" Was sollte er sich wünschen? Er bekam die Bibel!
Der Sohn von Viktor Smatja, dem judenchristlichen Gemeindeleiter, der in der Armee Dienst tat und im Gefängnis war, war es. Wie der arabische Christ erzählt, sagte der Vater: "Das ist mein Sohn gewesen." So erkannten sie sich über diesen Wunsch. Das freut uns besonders.
Aber es sind ganz, ganz kleine Scharen von Bekennern. Wir sollten auch das Wort "Palästinenser" nicht mehr verwenden, weil es "Philister" bedeutet – ein Hasswort. Stattdessen sollten wir von arabischen Christen und jüdischen Christen sprechen. Wir sollten auch dafür beten, dass Beziehungen geknüpft werden.
Es ist einfach notvoll, dass jetzt wieder neue Spannungen entstehen. Darüber wollen wir gar nicht weiter sprechen, denn es hilft nichts, das zu entwirren. Vielmehr wollen wir helfen, dass Brücken gebaut werden, wo Jesusleute sich erkennen und sich als Brüder finden – über alle Spannungen hinweg, von denen ja auch in der Bibel viel steht.
Die eine Geschichte vom Gefängnis habe ich in einem Büchlein beschrieben. Aus guten Gründen habe ich das Land weggelassen, weil sonst Leute vielleicht mir die Augen ausgekratzt hätten und gesagt hätten, das stimme gar nicht. Es war dort im besetzten Gebiet passiert. Ich schreibe nur, es ist in Asien passiert, mit der Schokolade, die da reingegeben wurde. Wie der arabische Christ sagte, war das die größte Gebetserhörung für ihn. Und ausgerechnet der Offizier kam zu ihm – da hat Gott gesprochen.
So sehen wir auch die gnädige Hand Gottes, die wirkt und das tut – auch in sehr schwierigen und notvollen Verhältnissen.
Epaphras – der Beter und Gemeindegründer
Jetzt grüßt euch Epaphras, der einer von den Euren ist.
Die Stellen zu Johannes Markus brauche ich Ihnen nicht mehr aufzuschreiben. Sie finden sie in Apostelgeschichte 12,2; 13,5; und 2. Timotheus 4,11.
Kommen wir nun zu Epaphras. Was man über ihn sagen kann, ist, dass er ein Beter ist. Wir unterschätzen alle das Gebet. Schauen Sie mal hin: Ein Knecht Jesu Christi, der allezeit in seinen Gebeten für euch ringt. Die großen Taten Gottes werden durch Gebet erfleht, und das geschieht hier.
Was betet er? Er betet, dass ihr feststeht, vollkommen seid. Das heißt nicht fehlerlos, wie wir das oft falsch verstehen, sondern dass ihr durch und durch von Christus ergriffen seid. Ihr sollt erfüllt sein mit allem, was Gottes Wille ist. Er betet, dass ihr in Kolosse Menschen seid, die wirklich etwas für Gott tun wollen. Nicht nur Maulhelden, sondern Tatchristen. Dafür betet er.
Das muss Gott in den Herzen der Menschen wirken. Man kann das nicht durch Ermahnung erreichen, da muss Gottes Geist Raum schaffen. Epaphras war ein Beter. Er saß da, und die anderen fragten vielleicht: Was macht der schon? Aber das ist so wichtig. Durch das Gebet wird vieles bewegt. In der Ewigkeit werden wir erkennen, was durch Gebet bewirkt wurde. Warum hat Gott das Gebet so wichtig genommen? Weil er es eben getan hat – nicht die Tat, sondern das Gebet.
In Kolosser 1,7 heißt es: "So habt ihr es gelernt von Epaphras, unserem treuen Mitknecht." Epaphras war der Gemeindegründer von Kolosse. Er hat sich dann zurückgezogen und die Gemeinde allein gelassen, aber er hat sie mit Gebet begleitet. Das ist wirksam.
Darum wollen wir beten. Wir beten für eine Erweckung in unseren Kirchen, für unsere jungen Leute, für unsere Mitarbeiter, dass sie im Glauben wachsen. Wir beten für unsere Stadt und für unsere Regierung – so viel können wir durch das Gebet tun. Am Gebet kann man gar nie zu viel tun.
Ich bezeuge euch, dass Epaphras viel Mühe um euch hat und auch um die in Laodizea und Herakleia. Paulus hat sie alle gebraucht und gesagt, ohne sie würde etwas ganz Wichtiges fehlen, weil sie das ergänzt haben.
Lukas, Demas und die Hausgemeinde
Es grüßt euch Lukas, der Arzt. Er ist mir noch einmal wichtig, das habe ich damals in der Predigt schon gesagt, falls Sie sich erinnern. Ich möchte es noch einmal wiederholen.
Lukas war zwei Jahre bei Paulus in Caesarea. Diese Zeit ermöglichte es ihm, gründlich zu recherchieren. Vermutlich hat er sogar persönlich mit Maria gesprochen. Er besuchte nochmals alle wichtigen Orte, vielleicht ist er auch noch einmal nach Jericho hinuntergegangen. In diesen zwei Jahren war genügend Zeit dafür.
In seinem Evangelium finden sich viele Dinge, die die anderen Evangelien nicht enthalten. Zum Beispiel die Geschichte vom barmherzigen Samariter auf der Straße nach Jericho, die Begegnung mit Zachäus und viele Gleichnisse Jesu wie der reiche Mann und der arme Lazarus. Auch die Weihnachtsgeschichte, die gesamte Geschichte von Maria und der Geburt Jesu, ist bei Lukas sehr detailliert und genau dargestellt. Offenbar hatte er Zugang zu einer besonderen Quelle, die ihm diese Informationen erschloss.
Man kann sagen, dass es eine göttliche Fügung war, dass Lukas diese zwei Jahre bei Paulus verbringen konnte. Was wären wir ohne Lukas und seine Weihnachtsgeschichte? Lukas konnte diese Berichte nur möglich machen, weil er kein Jude war, sondern als Ausländer mit Paulus in Caesarea lebte. Von dort aus unternahm er seine Reisen. So zeigt sich, wie Gottes Wege oft einen Sinn haben, den wir vorher nicht erahnen können. Gottes wunderbare Wege sind groß, und das soll uns heute über dieser Geschichte besonders bewusst werden.
Demas, den kennen wir ebenfalls. In 2. Timotheus 4,10 heißt es: „Demas hat mich verlassen, weil er die Welt liebgewonnen hat.“ Was hat er da in der Welt liebgewonnen? Vielleicht hat er ein Geschäft eröffnet und ist reich geworden, oder er hat sich an einen Menschen gebunden und die „Partie seines Lebens“ gemacht. Paulus sagt, dass Demas seinen Auftrag verloren hat. Nicht aus Bosheit, sondern weil er die Welt liebgewonnen hat. Er hat nicht verstanden, dass wir hier nur eine Durchgangsstation haben.
Wilhelm Busch hat einmal einen Artikel geschrieben, der als Flugblatt verbreitet wurde. Es hieß „Der schmale Weg wird verbreitert“ und war damals ein Warnruf. Leider hat sich die Lage seitdem noch viel schlimmer entwickelt, als man damals dachte. Das Bild beschreibt, wie der schmale Weg immer breiter wird. Busch schrieb, dass Demas heute Hochkonjunktur hat – überall wird die Welt geliebt, und Jesus steht nicht mehr über allem.
Dieser Artikel ist sehr lesenswert, falls er Ihnen noch aus „Licht und Leben“ zu Hause vorliegt. Gerade wenn man darüber nachdenkt, erkennt man, dass viele Menschen nicht mehr bereit sind, um Jesu Willen Opfer zu bringen. Demas hat diese Welt liebgewonnen, sei es Karriere oder Geld. Es war nicht unbedingt Sünde, sondern einfach die Welt und der vergehende Zeitlauf waren ihm wichtiger als der Ruf zum Dienst.
Man muss ja nicht gehen, aber es ist doch schwer, einen Freund zu verlieren, der so viel für Paulus gewirkt hat. Hier ist Demas noch dabei.
Er grüßt die Brüder. Nympha hatte eine Hausgemeinde. Das war die urchristliche Ordnung, dass man sich im Haus versammelt. Ich habe heute ein wenig Sorge, und wir haben es auch gestern in unserem Mitarbeiterkreis erwähnt, dass Hausgemeinden oft nicht in sich selbst genügend tragen.
Es kommt vor, dass jemand sagt: „Ich mache mir meine Hausgemeinde, bei der ich der Chef bin“ und dann sitzen immer die gleichen Gesichter zusammen. Wenn Fremde dazukommen, „schmort man im eigenen Fleisch“. Die ursprünglichen Hausgemeinden waren aber wirklich missionarische Gemeinden, die weit über sich hinauswirkten und die ganze Nachbarschaft durchdrangen.
Die Menschen erzählten am nächsten Morgen auf dem Markt oder beim Wäschewaschen am Brunnen von ihrem Glauben und trugen ihn so in ihre Umgebung. Über die Kinder wurde der Glaube weitergegeben. So waren Hausgemeinden eine urchristliche Sache, wenn sie wirklich diesen missionarischen Eifer hatten.
Hier sieht man wieder schön biblische Strukturen. Wir sagen immer, es gibt kein reines Modell. Es gibt verschiedene Modelltypen für den Gemeindebau, und einer davon war die Hausgemeinde. Dieser Typ war sehr wirksam – ähnlich wie heute in China.
Dort leben die meisten Christen in Hausgemeinden, die sie hier und da bilden oder sogar im Freien, zum Beispiel während der Erntezeit. Dort finden auch große Evangelistenschulungen statt. Es ist einfach schön, wenn natürliche Bezüge genutzt werden.
Hausgemeinden haben einen großen Vorteil gegenüber späteren Kirchenbauten, weil der „heilige Raum“ dort nicht mit vielen anderen Vorstellungen verbunden ist. Wenn man sich dort trifft, wo man lebt, wird der Glaube gleich ins tägliche Leben integriert.
Briefe an die Gemeinden und Ermahnung an Archippus
Und jetzt hören wir, dass Paulus auch noch einen Brief an die Laodizea-Leute geschrieben hat. Die Laodizea, das waren doch die „Lauen“ aus der Offenbarung, aus dem Sendschreiben. Leider ist dieser Brief verloren gegangen.
Sind wichtige Briefe verloren gegangen? Schade. Aber wir freuen uns, dass die Briefe, die wir haben, nicht verloren gegangen sind. Gott hat auch seine Hand darüber gehalten. Das war damals gar nicht selbstverständlich, denn oft gab es nur eine einzige Kopie und noch keinen Buchdruck. Es ist wunderbar, dass wir den Brief haben.
Paulus sorgt auch dafür, dass die Briefe gegenseitig ausgetauscht werden. Er ermahnt Archippus, sein Amt auszuführen. Wir wissen nicht viel über Archippus, er wird im Philemon-Brief erwähnt. Dort wird er aufgefordert, wirklich sein Amt auszufüllen.
Vor Jahren hörten wir einmal, wie jemand sagte, er wolle einfach nur das Amt, das man ihm anvertraut hat, treu ausüben. In der Gemeinde gab es viele Versorgungs- und technische Dienste. Viele sagten: „Das ist mein Platz, ich kann anderes nicht, aber das will ich treu machen.“
Da ist große Treue zu erkennen, wenn man an seinem Platz bleibt. Ich ziehe meinen Hut, wenn ich sehe, wie manche Menschen über viele Monate hinweg immer wieder ihre Kinder betreuen. Ich weiß, wie das ist, wenn man viele Termine absagen muss und vieles nicht machen kann. Aber wenn man sein Amt treu ausfüllt, ist das schön.
Schön ist es, wenn man treu einen Kranken versorgt oder treu an andere denkt und sagt: „Du bist nicht vergessen, ich kenne jetzt deinen Geburtstag und all das.“ Treue ist gerade im Dienst etwas Wichtiges. Nicht Schaumschlägerei, sondern Treue, dass man seinen Dienst wirklich ausfüllt.
Abschluss und Ermutigung für die Gegenwart
Und nur noch der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand. Die Gnade Jesu sei mit euch, dem Herrn, der sich euch zuneigt.
Wir sagten, die Zeit in Caesarea war eine schöne, reiche Zeit. Eigentlich war es eine schwere Zeit. Paulus rüstet sich auf den Abtransport nach Rom, auf einen ungewissen Prozess. Dennoch war es eine Zeit, die Gott benützt hat.
So ist es auch bei uns. Wer weiß, was wir noch haben? Aber wir sollten die Zeit für den Herrn nutzen und etwas daraus machen – zu seinem Lob und zu seiner Ehre. In der Tat, in der Liebe, im Wort der Aufmunterung und im Dienst.