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Leben in zwei Welten

24.04.1999Kolosser 1,1-2

I. Zwei Wohnsitze

In Kolossä

Folie Kolossä liegt im kleinen Lykostal, im östlichen Teil der Provinz Asia. Laodicea liegt ca. 17 km und Hierapolis 20 km von Kolossä entfernt. Der Wohlstand Kleinasiens beruhte gleichmässig auf der Bodenkultur, der Industrie und dem Handel. Die fruchtbaren Wiesen dienten den Schafherden und daraus erwuchs auch eine grosse Woll- und Webereiindustrie besonders im Lykostal. Dort gab es auch eine bestimmte Purpurfarbe, die "kolossisch" genannt wurde. Das Land war sehr fruchtbar. Auch der Handel war sehr rege, dies wird durch eine Grabinschrift eines Fabrikanten aus Hierapolis bezeugt, denn er soll zweiundsiebzig mal in seinem Leben um Cap Malea nach Italien gefahren sein, vermutlich um dort Handel zu treiben. In Hierapolis standen Altäre für den Gott Apollo und die syrische Göttin Atargatis. Zudem gab es in Hierapolis heisse Quellen, die als Quellenheiligtum verehrt wurden und etwa einem Wallfahrtsort wie Lourde entsprach. Dadurch bildete Hierapolis ein Zentrum des phrygischen Mysterienkultes. Auch in Kolossä pulsierte das religiöse Leben. Kolossä war eine bedeutende, aufstrebende Stadt. Sicherlich war man stolz in dieser Stadt leben zu können.

Anwendung

Der Ort und das Land in dem wir leben, hat für uns oft eine grosse Bedeutung. Sie leistet einen Beitrag zu unserem Selbstverständnis: wer wir sind. Wir sind stolz auf unseren Wohnort, auf unser Land. Das kann manchmal soweit führen, dass wir uns etwas auf unsere Herkunft einbilden. Als ob wir etwas dafür könnten, in der Schweiz zu leben. Wir überheben uns über Menschen anderer Nationen. Umgekehrt geschieht genau dasselbe. Je weniger der Mensch etwas hat, woran er sich halten kann, was ihm zu einem gesunden Selbstbewusstsein verhilft, desto mehr neigt er zu einem übertriebenen Nationalismus der dann schon bald zum Rassissmus wird.

In Christus

Viel bedeutungsvoller ist der zweite Wohnsitz, den Paulus erwähnt. Die Kolosser sind Heilige und Gläubige in Christus. Der Wohnort ist austauschbar, deshalb soll der Brief auch in Laodizea gelesen werden (Kol.4,16). Der entscheidende Ort, der uns als Christen auszeichnet ist, dass wir in Christus sind – und wie es Jesus noch weiter ausführt – er in uns ist (Joh.15,5). In Jesus hat unser Leben eine neue Identität bekommen. Paulus sagt: Wenn also ein Mensch zu Christus gehört – in Christus ist – ist er schon "neue Schöpfung". Was er früher war, ist vorbei; etwas ganz Neues hat begonnen. 2.Kor.5,17. In Christus werden wir als Menschen neu definiert. Wir sind neu geschaffen, neu geboren. Es gelten nun ganz andere Werte. Diese neue Definition hat ganz konkrete Auswirkungen auf unser Wertesystem. Herkunft, gesellschaftliche Stellung usw. verlieren an Bedeutung. Paulus lehrt: Es hat darum auch nichts mehr zu sagen, ob ein Mensch Jude ist oder Nichtjude, ob im Sklavenstand oder frei, ob Mann oder Frau. Durch eure Verbindung mit Jesus Christus seid ihr alle ein neuer Mensch geworden. Gal.3,28. In Christus haben wir alle denselben Vater. Werden wir alle dasselbe Erbe antreten. Nochmals hält Paulus im Galaterbrief fest: Darum hat es keine Bedeutung mehr, beschnitten zu sein, und auch keine, unbeschnitten zu sein. Was allein zählt, ist: durch Christus neu geschaffen sein. Gal.6,15.

Anwendung

Dieses Denken fällt uns gar nicht so einfach. Jakobus muss die Gemeinde auffordern und sagen: Meine Brüder, ihr glaubt an Jesus Christus, unseren Herrn, der Gottes Herrlichkeit teilt und dem alle Ehre zusteht. Dann dürft ihr unter euren Glaubensbrüdern nicht Unterschiede machen, je nachdem, ob jemand in der sozialen Rangordnung hoch oder niedrig steht! Jak.2,1. Jakobus macht das noch an einem Beispiel fest: Nehmt einmal an, ihr seid zum Gottesdienst versammelt, und es kommt ein reicher Mann mit goldenen Ringen und in vornehmer Kleidung herein und ebenso ein armer Mann in Lumpen. / Und ihr sagt zu dem gutgekleideten Mann respektvoll: "Bitte, hier ist noch ein bequemer Platz!" Aber zu dem Armen sagt ihr: "Du kannst dort hinten stehen", oder auch: "Setz dich hier neben meinen Stuhl auf den Boden!" / Trefft ihr da nicht höchst fragwürdige Unterscheidungen und urteilt nach verwerflichen Massstäben? Jak.2,2-4. Hier sind wir gefordert unsere neue Wirklichkeit ganz und gar ernst zu nehmen! Sehen wir in den Geschwistern zuerst, dass sie in Christus sind, egal welchen Bildungsstand, welchen Beruf, welche gesellschaftliche Stellung usw. sie haben? Oder sehen wir nicht doch zuerst ihre gesellschaftliche und soziale Stellung? Jakobus sagt noch: Wenn ihr aber dabei Unterschiede macht, begeht ihr eine Sünde und steht vor dem Gesetz als Übertreter da. Jak.2,9.

Evangelisation Wer nicht in Christus ist, hat übrigens auch einen zweiten Wohnsitz: der ist im Argen: Wir wissen aber, daß wir von Gott sind, und die ganze Welt liegt im Argen. 1.Jh.5,19. Gute Nachricht: Wir wissen, dass wir von Gott stammen; doch die ganze Welt ist in der Gewalt des Teufels. Es gibt aber einen Weg aus dieser Lage: Jesus Christus, der sein Leben für unsre Sünden hingegeben hat. Das tat er, um uns aus der gegenwärtigen Welt zu befreien, die vom Bösen beherrscht wird. So war es der Wille Gottes, unseres Vaters. Gal.1,4. So kannst Du Erlösung erfahren und den entscheidenden Wohnsitz wechseln, Paulus beschreibt das später im Brief noch ganz konkret: Er hat uns errettet von der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes. Kol.1,13. Heute kannst Du Deinen wichtigsten Wohnsitz ändern, der Wohnsitz, der auch dann von Bedeutung ist, wenn Du diese Welt verlässt.

II. Der Gruss

Oft heisst es nur: Freude zuvor! Wie bei uns vielleicht: Sehr geehrte Herren. Paulus scheint sich etwas mehr bei seinem Gruß gedacht zu haben. Er hat sich nicht den Floskeln hingegeben. In der Spannung zwischen Himmel und Erde sind für die Gemeinde die zwei Dinge von sehr grosser Bedeutung:
Die Gnade, denn sie können nichts aus eigener Leistung vorweisen.
Den Frieden, der nur von Gott kommen kann und wichtig ist, daß die Gemeindeglieder untereinander in Frieden leben.

Schluss

Wie Paulus die Gemeinde hier begrüsst, ist gleichzeitig Programm für den ganzen Brief. Er beschäftigt sich intensiv mit verschiedenen Einflüssen, denen die Gemeinde in dieser Welt ausgesetzt ist und zeigt auf, wie wir als Christen damit umgehen sollen. Er will uns mit seinem Brief vor allem Christus gross machen, damit wir wissen, welchen Reichtum wir ihn ihm haben und dass es völlig ausreichend ist in Christus zu sein. Freuen wir uns, dass wir in Christus eine neue Identität bekommen haben! Amen