Jetzt lesen wir einfach Kapitel 7, Markus 7,1-23.
Einführung in die rituellen Waschungen und ihre Bedeutung
Und es versammelten sich bei Jesus die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren. Sie sahen, dass einige seiner Jünger mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen das Brot aßen. Dabei bedeutet „unrein“ nicht schmutzig, sondern nicht rituell gesäubert. Denn sie wussten genau, was rituelle Reinigung ist.
Rituell ist etwas Ähnliches wie in der katholischen Kirche: Wenn man hineingeht, taucht man die Hand ins heilige Wasser und berührt sich. Das ist eine rituelle Handlung. Es hat nichts damit zu tun, dass man sich vor dem Toilettengang oder nach dem Essen die Hände wäscht. Um diese alltägliche Sauberkeit geht es hier nicht.
Ihr habt das extra verwechselt, nicht dass ich meine, die Hygiene sei schlecht geworden. Es geht also nicht um die Reinheit im Alltag, sondern um die rituellen Waschungen. Denn die Pharisäer und alle Juden essen nicht, ohne die Hände mit einer Handvoll Wasser gewaschen zu haben. Markus erzählt das sehr prägnant und betont, dass sie so die Satzungen der Ältesten einhalten.
Was sind die Ältesten? Das können wir gleich klären: Es sind die Rabbiner der vergangenen Jahrhunderte, die mündliche Überlieferungen weitergegeben haben. Diese spielen im Judentum eine große Rolle. Wenn man vom Markt kommt, isst man nicht, ohne sich rituell gewaschen zu haben.
Es gibt viele andere Vorschriften, die man zu beachten hat, zum Beispiel das Waschen von Trinkgefäßen, Krügen, Kesseln und Bänken. Das ist Teil der koscheren Sitten. Wer Israel besucht, wird darauf achten, dass diese Regeln eingehalten werden – selbst in den besten Hotels. Im King David Hotel beispielsweise sieht man oft, wie ein Rabbiner in schwarzem Anzug hinter der Küchentür verschwindet.
Kaum ein Abendessen vergeht, ohne dass überprüft wird, ob die Vorschriften eingehalten werden. Es darf zum Beispiel nicht Fisch und Fleisch oder Milch und Nicht-Milch zusammen gespült werden. Fast zu jeder Mahlzeit kommt der Rabbiner vorbei, um das zu kontrollieren. Dafür bekommt er auch etwas zu essen. Aber diese Regeln sind sehr streng.
Die Pharisäer und Schriftgelehrten fragten Jesus deshalb: Warum leben deine Jünger nicht nach den Satzungen der Ältesten? Warum essen sie das Brot mit nicht rituell gewaschenen Händen? Man würde sagen, sie haben unreine Hände.
Es ist interessant, dass wir bereits wissen, dass Jesus zu seinen Lebzeiten manche Bräuche gebrochen hat. Nicht alle, aber einige hat er definitiv verändert oder nicht befolgt.
Jesus’ Kritik an den Pharisäern und die Bedeutung des Herzens
Jesus aber sprach zu ihnen: Wie treffend hat Jesaja von euch Heuchlern gesprochen, wie geschrieben steht. Auch das Wort, das Jesus jetzt verwendet, ist hart. Es handelt sich um einen radikalen Angriff auf die Position dieser Pharisäer.
Jesaja 29 sagt: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist fern von mir. Vergeblich dienen sie mir, weil sie Lehren vertreten, die Menschengebote sind.“ Ihr verlasst Gottes Gebot und haltet an den Satzungen der Menschen fest.
Und Jesus sprach zu ihnen: „Wie fein hebt ihr Gottes Gebot auf, damit ihr eure Satzungen aufrichtet! Denn Mose hat gesagt: ‚Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.‘ Und wer Vater oder Mutter flucht, der soll des Todes sterben. Ihr aber lehrt: Wenn jemand zu Vater oder Mutter sagt ‚Korban‘ – das heißt, es ist eine heilige Opfergabe, die dir von mir zusteht – dann lasst ihr ihn nichts mehr für seinen Vater oder seine Mutter tun. So hebt ihr Gottes Wort auf durch eure Satzungen, die ihr überliefert habt.“ Und dergleichen tut er viel.
Jetzt kommt ein neuer Abschnitt, den nehmen wir wieder auf. Jesus rief das Volk wieder zu sich und sprach zu ihnen: „Hört mir alle zu und begreift es: Es gibt nichts, was von außen in den Menschen hineingeht, das ihn unrein machen könnte.“
Es ist interessant, dass Jesus hier nichts Negatives über das Essen sagt. Das ist ganz ähnlich wie bei dem Götzenopferfleisch. In der griechischen Welt der Antike war das ganze Fleisch oft in grausamen Orgien, in Sexorgien, im Tempel geweiht. Paulus sagt, man kann es essen, wenn man kein schlechtes Gewissen hat, aber man soll es meiden, wenn es das Gewissen belastet.
Das zeigt, wie weit die Freiheit eigentlich ging, Dinge zu gebrauchen, die einen nicht unrein machen. Es geht hier also nicht um dämonische Besessenheit oder Ähnliches. Jesus sagt, dass nichts von außen den Menschen unrein machen kann. Vielmehr kommt das Unreine aus dem Menschen selbst heraus.
Als Jesus vom Volk ins Haus kam – wahrscheinlich in das Haus, in dem er oft in Kapernaum wohnte – fragten ihn seine Jünger nach diesem Gleichnis. Er sprach zu ihnen: „Seid ihr denn auch so unverständlich? Merkt ihr nicht, dass alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht unrein machen kann? Denn es geht nicht in sein Herz, sondern in den Bauch.“ Ganz wichtig: Nur was in das Herz geht, ist gefährlich.
Das Essen ist nicht schlecht, aber es gibt Dinge, die uns im Herzen beschäftigen. Sie wissen auch, dass es Lesestoff, Filme oder Ähnliches gibt, die einen tief im Herzen beschäftigen können. Das ist etwas anderes. Ebenso wie Streit und andere Dinge, die das Herz belasten. Aber vom Essen geht nichts Unreines aus.
Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein. Ja, hier wird es deutlich: Auch Jesus hat sehr drastisch gesprochen.
Die innere Quelle der Unreinheit und die Vielfalt religiöser Gruppen im Judentum
Und Jesus sprach: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht den Menschen unrein. Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen böse Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Missgunst, Lästerung, Hochmut und Unvernunft.
Vielleicht kommen wir später noch dazu, diese Worte genauer anzuschauen. Alle diese bösen Dinge kommen von innen heraus und machen den Menschen unrein.
Welche religiösen Gruppen gab es im Judentum? Wir haben die Pharisäer, die Sadduzäer, die Essener und die Zeloten. Die Zeloten waren radikale Kämpfer für die politische Freiheit. Die Essener lebten in Qumran.
Auf der Israelreise wird das oft nicht beachtet. Beim Zionsfriedhof oben gibt es Ausgrabungsreste, direkt bei der Dormitio, wo der große Busparkplatz ist, hinter der Mauer. Das sind die Ausgrabungen der Essener-Siedlung.
Es gibt einen interessanten Hinweis, dass das alles wahrscheinlich genau stimmt beim Abendmahl Jesu. Jesus sagt, dort werdet ihr einen Mann treffen, der einen Wasserkrug trägt. Nur die Essener hatten Männer, die Wasserkrüge trugen; Frauen trugen keine Wasserkrüge. Das ist genau der Teil des Abendmahls neben der Essener-Siedlung auf dem Zionsberg, bei der Dormitio-Kapelle – sehr interessant.
Sonst gibt es kaum Berührungspunkte. Es gibt immer wieder heutige Bestseller, die versuchen, Jesus mit Qumran in Verbindung zu bringen. Doch alles, was Jesus verkündet, steht der Lehre der Essener strikt entgegen. Es gibt überhaupt keine Berührungspunkte.
Übrigens hat auch Johannes der Täufer nichts mit den Essenern gemein, obwohl er in der Wüste war. Die Lehre von Johannes und die Lehre von Jesus sind ganz entgegengesetzt. Die Essener verkündeten immer das Überleben der Heilsgemeinde. Jesus hingegen wandte sich an alle und hatte eine Botschaft für die Welt. Hier lassen sich viele Gegensätze aufzeigen.
Kommen wir nun zu den Pharisäern und Sadduzäern und woher diese Gruppen stammen. Als Israel von Feinden besetzt war, tobte ein großer Freiheitskampf der Makkabäer. Nachdem die Makkabäer Israel erobert hatten und Herrscher über Israel wurden, überlegten sie, wie man das kulturell gestalten kann.
Das ist heute auch für den Staat Israel, etwa für Netanjahu, ein Problem: Kann ich Israel so führen, wie es die Orthodoxen wollen? Das geht natürlich nicht. Der moderne Staat erfordert andere Regeln.
So mussten die Makkabäer, etwa zwei- bis dreihundert Jahre vor Jesus, den römisch-griechischen Geist hineinlassen. Das bedeutete zum Beispiel, dass es in Jerusalem ein Gymnasium gab, eine Sportstätte, in der nackt geturnt wurde – für Juden undenkbar. Es gab auch eine Pferderennbahn. Das waren große Ärgernisse.
Darum bildeten sich Gruppen, die sagten: Wir müssen das eigentliche geistliche Erbe schützen. Das waren die Kasidim, die Frommen. Daraus entstanden zwei Gruppen.
Die Sadduzäer waren, es ist schwierig, das mit unseren Begriffen zu beschreiben, etwas freier. Das wird der Sache nicht ganz gerecht. Sie sagten jedenfalls, das Gesetz müsse man halten, hielten sich aber zurück, irgendetwas drumherum zu machen.
Die Pharisäer hingegen sagten: Wir müssen einen Zaun um das mosaische Gesetz bauen und haben sehr viele zusätzliche Gebote aufgestellt. Das war der Punkt, an dem Jesus mit den Pharisäern in Konflikt geriet.
Man darf jetzt wieder vergessen, welche Gruppe was gelehrt hat. Aber wenn man in entsprechende Bücher schaut, etwa in städtischen Bibliotheken, kann man sehr viel darüber lernen. Die Geschichte dieser Gruppen ist immer sehr interessant.
Es gab Unterschiede: Die Sadduzäer glaubten nicht an eine Auferstehung der Toten, die Pharisäer hingegen schon. Das waren wichtige Unterschiede zwischen diesen Parteien.
Jesus hatte einen starken Konflikt mit den Pharisäern. Das weiß schon jedes Kind aus der Kinderkirche.
Leider wird in den biblischen Geschichten nicht richtig deutlich, dass die Anhänger dieser Gruppen Spitzenleute waren. In unserem Verständnis waren sie Vorbilder. Im Grunde waren sie Sozialvereine, die die gesamte soziale Absicherung des Volkes organisierten.
Wie die Pharisäer sich etwa um die Armen kümmerten, ist für unsere christlichen Begriffe mustergültig. Jesus kritisierte sie trotzdem, weil er sagte: Ihr fresst der Witwe Häuser.
Das macht unser Sozialamt auch. Die Witwe bekommt ihren Unterhalt, aber wenn sie stirbt, wird das Häuschen kassiert. Das ist in Stuttgart selbstverständlich, oder? Das ist doch klar: Wenn jemand kein Einkommen hat, bekommt er solange er lebt Unterstützung, etwa ein Altenheim. Wenn er stirbt, fällt das Haus an die Stadt.
Bei den Pharisäern war das nicht anders organisiert. Sie waren sehr modern und hatten das alles sehr gut geregelt. Sie kümmerten sich auch um die Erziehung der Jugend. Wenn man das liest, war das fantastisch. Man kann sich wirklich für die Pharisäer begeistern.
Dann fragt man sich: Wie ist das im Neuen Testament? Was sagt Jesus dazu? Heute sind wir an einem Punkt, an dem wir verstehen, warum Jesus so vehement gegen die Pharisäer war. Es lag daran, dass sie nur mit der Form so ernst nahmen.
Aber manchmal sagt man heute bei jungen Leuten: Form ist auch ein bisschen wichtig. Die Frage ist, ob man das einfach so abtun kann. Die Form hat ja auch mit dem Inhalt zu tun.
Ich denke, jeder von uns schätzt Formen. Es ist schön, wenn man höflich und anständig ist. Die Pharisäer haben den Glauben in eine Form gegossen und gesagt: Dazu gehören einfach gewisse Dinge. Man kann nicht Christ sein oder ein glaubender Mensch, der Gott dient, ohne bestimmte Dinge einzuhalten.
Die Form darf man ihnen deshalb nicht zum Vorwurf machen.
Die Auseinandersetzung mit den Menschengeboten und die Gefahr der Gesetzlichkeit
Wir kommen ganz zum Schluss darauf, dass es Jesus um eine ganz wichtige Sache geht. Jetzt gehen wir einmal entlang dieser Rede, die Jesus hält. Es ist eine der längsten Reden, die Jesus gehalten hat.
Die Pharisäer und einige der Schriftgelehrten – das ist eine andere Gruppe – versammelten sich bei Jesus. Diese Schriftgelehrten hatten sich bewusst nicht mit den Gedanken der Pharisäer identifiziert. Es gab also verschiedene Gruppen. Aber sie kommen hier zusammen, um Jesus zu kontrollieren und ihm Fallen zu stellen.
Jesus entzieht sich dem nicht, er lässt es sogar gerne darauf ankommen. Er hat es ja mehrfach mit den Pharisäern gemacht, um das, was er bringen wollte, umso entscheidender herauszustellen. Und sie sehen jetzt, dass Jesus das nicht versteckt. Es ist immer gut, wenn Menschen ihren Glauben freimütig leben, ohne Angst vor den Menschen zu haben.
Sie nehmen Anstoß daran, dass die Jesusjünger die rituellen Vorschriften der Reinheit nicht einhalten. Jetzt interessiert uns: Was sind das für Vorschriften? Es sind Vorschriften, die großenteils wahrscheinlich erst einige Jahrzehnte alt waren, damals. Sie gehen auf die Rabbiner, die Lehrer Schammai und Hillel zurück, etwa dreißig oder zwanzig Jahre vor Christus. Es handelte sich um eine symbolische Handlung, die Hände zu reinigen.
Was war der Hintergrund dieser Sache? Es ging nicht um Seife und Sauberkeit, sondern um den Ritus. Wenn man vom Markt kommt – das steht hier drin –, was war da die Gefahr? Sie wussten nicht, wem sie die Hand geben. Auf dem Markt wurde gehandelt, man gab dem anderen die Hand, aber man wusste nicht, ob der andere rituell sauber war.
Zum Beispiel könnte der andere mit einem toten Tier in Berührung gekommen sein. Das würde gegen die Mose-Vorschriften verstoßen. Nach diesen Vorschriften war man dann rituell unrein. Wir wollen die Stellen nicht aufschlagen, aber es sind das das 3. und 4. Buch Mose.
Sie gaben einem Mann, der es mit der rituellen Vorschrift nicht so genau nahm, die Hand. Sie wussten vielleicht auch, dass die Leute diese Bäder, das Mikwebad, zur Reinigung brauchten. Wann man es genau brauchte, weiß ich nicht genau. Aber die Gefahr war, jemandem die Hand zu reichen, der nach dem Mose-Gesetz unrein war.
Der Fall war im Mose-Gesetz nicht behandelt, sie haben ihn jetzt konstruiert. Ich habe gesagt, dann ist es natürlich gut, um dieser Unreinheit, an die Mose noch gar nicht gedacht hat, aus dem Weg zu gehen, diese rituelle Waschung zu machen. Deshalb war es eine zusätzliche Reinigung und etwas Übervorsichtiges eingebaut. Aha, das steht nicht im Mose-Gesetz.
Jesus hat das Mose-Gesetz nicht aufgelöst. Wir sehen später auch noch, wo er es aufgelöst hat. Und das nimmt Jesus zum Anlass, in ganz scharfen Worten dieses Jesaja-Zitat zu verwenden.
Ich könnte mir vorstellen, dass ich der Versuchung erlegen wäre und gesagt hätte: „Die meinen es doch recht.“ Es beeindruckt uns doch immer wieder, wenn wir Juden heute beten sehen und sagen: „Die meinen es so ernst mit ihrem großen Eifer, mit den Schäbchenloggen und so.“ Warum hat Jesus sich nicht durch diesen Eifer bezaubern lassen?
In unserer gottlosen Zeit muss man doch sagen: Wenn wenigstens einer noch etwas tut, und wenn er es dann zu viel tut, kann es doch auch nicht falsch sein. Jesus sagt aber: Und da müssen wir sehen, es ist im Glauben so, dass beides falsch ist. Wenn man Gottes Wort nicht achtet, und wenn man Gottes Wort durch eigene Menschengebote übertreibt.
Das ist es, was man im christlichen Bereich als Gesetzlichkeit bezeichnet. Die Gesetzlichkeit ist der Todfeind jedes geistlichen Lebens. Hans Brandenburg hat ein schönes Büchlein geschrieben – ich glaube, im Moment hat man es nicht mehr – „Kinderkrankheiten des Glaubens“. Leute sind zum Glauben gekommen wie ein Kind, das Masern oder Keuchhusten bekommt. Es gehört einfach dazu zur Entwicklung.
So werden sie zuerst einmal gesetzlich. Jung bekehrte Leute werden gesetzlich. Ich kann das an ihrem eigenen Lebenslauf sehen. Da wird man irgendwo radikal, aber an Dingen, die in der Bibel gar nicht so radikal beschrieben sind. Es ist ein Eifer, und das hat das geistliche Leben genauso zerstört wie die Gottlosigkeit.
Wir müssen sehen: Die Gesetzlichkeit ist ein ganz großer Feind des Glaubenslebens. Sicher sind Sie oft auch gesetzlichen Christen begegnet, vor denen Frisur das Wichtigste war, die Rocklänge, Musikstile und so weiter. Das ist ja in sich gar nicht böse.
Oft haben Leute in ihrem Leben mit gewissen Dingen schlechte Erfahrungen gemacht. Was habe ich schon versucht, mit Leuten zu diskutieren, die gesagt haben, man solle beim Essen kein Fleisch oder keine bestimmte Wurst essen. Es gibt alle möglichen Schattierungen, bis hin zu der Forderung, man solle wieder am Sabbat festhalten, wenn man Sonntagsheiligung träumen will, und vieles mehr.
Plötzlich werden gewisse Ordnungen, die so klar in der Bibel nicht drinstehen, ganz zwingend für Christen gemacht. Ich will heute Abend – es ist kein erbauliches Thema, aber zur Hilfe – nur so klar sagen: Gesetzlichkeit ist der Todfeind geistlichen Lebens, genauso wie die Gottlosigkeit.
Deshalb redet Jesus so hart.
Das Jesaja-Zitat und die innere Haltung im Glauben
Jetzt wenden wir uns dem Jesaja-Zitat zu, und zwar Jesaja 29. Dort heißt es in Vers 13: Es geht um das alte Israel. Schon Jesaja hat dagegen gekämpft und gesagt, dass es schlimm ist, wenn die Leute viel reden, aber das Herz nicht dabei ist. Es ist eine rauschende Frömmigkeit, die jedoch nicht ins Herz hineinreicht.
Es ist beeindruckend, wie Jesus als Kenner der Schrift den alten Bund als Zeugen nimmt und sagt, dass dieser Kampf schon bei Jesaja genau derselbe war. Man kann ein frommes Leben mit den Lippen führen, aber das Herz ist nicht dabei. Man kann sogar ein Eiferer des Glaubens sein, ein Fanatiker, und dennoch fehlt das Herz.
Ich habe immer große Freude daran gehabt, reife Christen begleiten zu dürfen, die eine echte Ausstrahlung hatten. Gerhard, wenn ich an Paul Deitenbeck denke: Er hat im Alter gesagt, er fange wieder an, Zigarren zu rauchen, weil er die Gesetzlichkeit unter den Evangelikalen nicht mehr ertragen könne. Das gibt es doch gar nicht, sagt er. Heute sei das so. Er meint, man könne an solchen Punkten wie Günther Bayer, der gern seine Zigarre raucht, sehen, dass das keine Sünde ist. Wenn man es maßvoll tut, versteht er das. Günther, ich bin da gar nicht dafür, aber es gibt eben so viel.
Ich brauche die längste Zigarre, und da muss man die Tose unten zubinden. Aber es geht doch jetzt gar nicht mehr um die Gesundheitsfrage, sondern um die Frage, dass man oft aus irgendwelchen Gründen Dinge zum Gesetz macht. Das wollen wir jetzt nicht weiter thematisieren, das gehört in den Lesestoff.
Was für dein Leben gut ist, ist doch nicht für andere vorgeschrieben. Man darf nicht plötzlich äußere Schutzsäume errichten, von denen der eine sagt, sie seien sinnvoll. Jesus sagt: Es geht nur ums Herz. Der Glaube kommt aus dem Herzen, er ist eine Herzenssache. Wer in seinem Herzen die Verbindung mit Gott hat, ihn fürchtet, liebt und ihm vertraut, der weiß, wann er Sünde begeht. Um diesen Punkt geht es ganz klar.
Wenn du mit deinem Herzen Gott dienst, dann ist dein Gewissen berührt. Deshalb hat Jesus die Pharisäer so hart attackiert. Wir müssen immer wieder sagen, dass gesetzliche Frömmigkeit, die auch oft in unserem Leben oder im Bekanntenkreis vorkommen kann, sich nicht brüsten soll und sagen: „Aber sie ist wenigstens frömmer.“ Jesus fragt, wie viel davon Routine ist. „Ach, wir leben alle von der Gnade“, sagt man oft, doch es bleibt nur ein Lippenbekenntnis und kommt nicht von innen heraus.
Jesus spricht von Heuchelei. Ihm ist die äußere Annonce genauso wichtig wie das Herz, das fern von ihm ist. Sie fürchten sich nur vor Menschengeboten, die man ihnen lehrt.
Jetzt kommen wir genau an den Punkt. Es ist immer faszinierend, heute sicher auch in Gruppen einzutreten, die sehr biblisch wirken und wo Leute sagen: „Das ist doch gut, was da gelehrt wird.“ Da ist man radikal christlich, und die Leute merken gar nicht, dass sie an Menschengeboten hängen.
Jesus will die Freiheit des Heiligen Geistes, die Freiheit. Ich habe mein ganzes Leben lang große Sorge vor Bindungen gehabt. In unserer Gemeinde haben wir darüber diskutiert, ob man Verpflichtungen unterschreiben soll. Manche sagten, sie könnten alle Verpflichtungen unterschreiben, aber das habe gar keinen Wert, wenn es nicht Herzenssache ist. Dann hilft der Glaube, aber alles Papier nichts.
Manchmal kann das eine Hilfe sein, aber es gibt für Christen Regeln: Wie soll man opfern? Wie soll man stille Zeit halten? Wie gestaltet man die Morgenandacht? Und wie den Sonntag? Die Frage ist, wie man die Gebote auslegt. Aber wir müssen aufpassen mit Menschensatzungen.
Es ist nicht nur die Frage, und ich will keine Namen nennen, ob in der Kirche oder in jener Kirche die Jesusnachfolge so unmittelbar in der Liebe zu Jesus gelebt wird, dass man weiß, was richtig ist. Dabei werden die Gebote nicht außer Kraft gesetzt. Es geht genau um diese Mitteldinge, um die Dinge, die dazwischen liegen.
Worum geht es Jesus? Es geht um die Geltung des Bibelwortes, gerade um die Gebote. Deshalb zeigt er es noch einmal deutlich. Die Versuchung liegt immer nahe, dass man sagt: „Wenn jemand eine Gabe hat, soll er sie seinen Eltern geben oder der Kirche opfern?“ Jesus sagt: „Nein, Familie hat Vorfahrt.“ Nach dem Gebot steht die Familie vor dem Heiligtum. So etwas kann nur Jesus sagen – die Gottesordnung der Familie und die Fürsorge der Kinder für ihre Eltern.
Man darf nicht unter dem frommen Deckmantel sagen: „Ich habe sie für den frommen Zweck gegeben.“ Du musst zuerst deine Familienpflichten erfüllen, bevor du Gott eine Gabe bringst. Wunderbar! Bleib nicht schuldig, gerade als Christ.
Wie schnell sagt man dann: „Ich muss jetzt für ein frommes Werk auch meine Eltern täuschen.“ Das heißt ja nicht, dass ein Missionar nie gehen darf und seine Eltern alleine lassen kann. Das sind oft große Nöte, mit denen wir ringen. Aber es ist wichtig, dass man sich nicht einfach so leicht darüber hinwegsetzt.
Jesus geht es gerade ums Gebot, Vater und Mutter zu ehren. Und nicht, dass man immer sagt: „Im Zweifelsfall geht es um den frommen Betrieb.“ Sondern: Erfülle deine Pflicht.
Die Bedeutung der biblischen Gebote und die Freiheit im Glauben
Ein weiteres Beispiel hatten wir in einem ganz anderen Zusammenhang, als Jesus sich mit den Pharisäern über die Scheidung stritt. Dabei wird deutlich, dass Moses sogar den Scheidebrief erlaubt hat. Jesus hingegen geht zurück auf den ursprünglichen Sinn des biblischen Wortlauts.
Er fragt: Was hat Gott gewollt, als er den Menschen geschaffen hat? Was hat er bewirkt, indem er die Spannung zwischen Mann und Frau geschaffen hat? Daraufhin sagt Jesus, dass ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen wird, und die beiden werden ein Fleisch sein. Was Gott zusammengeführt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
Jesus stellt sich damit gegen die komplizierten Auslegungen der Pharisäer. Es ist wichtig, dass man, gerade wenn man über das eigene Leben nachdenkt, weiß: Es geht nicht darum, das Bibelwort aufzulösen. Vielmehr muss man immer fragen, was in der Bibel offengelassen ist und was eine Ermessensfrage darstellt.
Ich behaupte bis heute: In der Taufe ist aus der Bibel nicht eindeutig herauszulesen, ob es sich um eine Erwachsenentaufe oder Kindertaufe handelt. Man kann beides herauslesen. Man kann die Taufe im fließenden Wasser vollziehen oder durch Besprengung. Wer mehr behauptet, zwingt mit Menschenworten.
Man sollte die Freiheit lassen, denn es gibt viele Dinge, die uns nicht mit letzter Klarheit gegeben sind. Es gibt vieles, bei dem man heute sagt: Vorsicht, ihr macht Menschengebote und macht Menschen dadurch zu Knechten eurer Meinung. So zwingt man sie in eine Enge, die Jesus nicht will.
Wir bleiben beim Gotteswort und wollen es in seiner ganzen Klarheit stehen lassen. Das sind die Beispiele, die Jesus hier ab Vers 7 nimmt: Ihr verlasst Gottes Gebot zugunsten von Menschengeboten. Das Gottesgebot gilt.
Wir haben ein wunderbares Beispiel für das Gottesgebot in den Auslegungen von Martin Luther, die ich nach wie vor für die besten halte. Das Gebot „Du sollst nicht töten“ bedeutet, dass wir unserem Nächsten an seinem Leib keinen Schaden oder Leid zufügen, sondern ihm helfen und ihn in allem Körperlichen fördern sollen. Das ist Gottes Absicht mit diesem Gebot.
Was bedeutet das Gebot „Du sollst kein falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten“? Es heißt, dass wir unseren Nächsten nicht fälschlich belügen oder verraten sollen. Auch Nachrede, selbst wenn sie wahre Dinge enthält, ist verboten. Verleumdung oder bösen Leumund zu verbreiten, ist ebenfalls ausgeschlossen. Stattdessen sollen wir unseren Nächsten entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten wenden. Das ist Gottes Wille.
Wenn wir solche Leitlinien auslegungsgemäß richtig verstehen, auch im Zusammenhang der fünf Bücher Mose, dann haben wir genug Anleitung für unser Leben. Dann brauchen wir gar nicht mehr viel.
Viele Probleme, die heute diskutiert werden, stammen aus Menschen-Satzungen.
Die Befreiung vom Gesetz durch Christus und die Freiheit im Glauben
Aber jetzt kommen wir zu dem Abschnitt ab Vers 14. Bis hierher war noch einiges unklar zu den Menschensatzungen. Ich glaube, die Aktualität ist jedem deutlich geworden. Wo findet man einen Brief, der sich so stark gegen diese strengen Menschensatzungen wendet? Das ist der Galaterbrief. Dort fingen die Leute wieder an und sagten, Christen müssten sich beschneiden lassen. Paulus sagt: „Lasst sie sich ganz von uns fernhalten.“ Aber jetzt hört es auf! Das ist keine Christenpflicht und auch kein heiligeres Leben.
Wie scharf er hier vorgeht – war es Humor oder etwas anderes? – er sagt: Für euch ist Christus vergeblich gestorben, wenn ihr es durch eure Werke wieder zunichtemachen wollt, obwohl manches noch von den Geboten galt.
Hier sind wir jetzt beim zweiten Punkt: In der Tat hat Jesus an der Reinheitsvorschrift des alten Bundes etwas Wesentliches außer Kraft gesetzt. Das wird gerade im Galaterbrief, besonders in der Frage der Beschneidung, sehr deutlich. Jesus sagt, das Gesetz war ein Erziehungsmittel. Galater 3,24 sagt: „Das Gesetz ist unser Zuchtmeister.“ Im Griechischen steht da „Pädagogos“, also unser Zuchtmeister, unser Erziehungsmittel, das uns zu Christus hinführt.
Aber wo Christus ist, brauchen wir das Gesetz nicht mehr. Das Gesetz zeigt uns immer wieder, was wir nicht schaffen. Dann fliehen wir zu Christus, und er gibt uns seine Vergebung.
Verstehen Sie diesen Gedanken? Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wenn wir oft die Gebote hören, erschrecken wir, besonders bei der Bergpredigt: Wer seinen Bruder hasst, ist ein Totschläger. Wer eine Frau begehrt, hat schon die Ehe mit ihr gebrochen. Mensch, bin ich so ein unreiner Mensch! Und genau das treibt mich in die Arme der Vergebung Jesu. Ich kann das nicht befolgen, mein Herz bleibt so. Aber Christus macht mich rein, er erneuert mich.
Jetzt sind wir genau an dem Punkt, den wir am Sonntag hatten, als es um die Herrschaft des Teufels ging, was von Vers 14 an behandelt wird. Es geht darum: Wie bekomme ich mein Herz neu? Wie wird dieser Kampfplatz, den der Teufel am meisten beeinflusst, entmachtet? Wie wird die „Munitionsfabrik“, wo die schlimmen Produkte entstehen, getroffen?
Jesus sagt immer: Nicht durch äußere Formen. Wenn wir die Briefe der Apostel anschauen, sagen sie immer wieder, dass äußere Übungen nichts nützen. Jetzt haben wir Fastenzeit. Fasten ist gut, wenn man zu viele Kilos hat. Aber oft wird das Fasten als fromme Leistung verstanden. Die Apostel sagten: Es ist nichts Nützliches. Man muss selbst wissen, wo man seine Grenzen zieht und wo man verzichtet, weil es einem nicht gut tut. Es ist eine Sache der persönlichen Verbindung zu Jesus.
Sie legten keinen großen Wert auf äußere Riten, die den Glauben befruchten sollen. Der Glaube kommt aus der Begegnung mit Jesus, aus der Christusbegegnung, und lebt in der unmittelbaren Beziehung. Das ist wirklich befreiend und mutmachend.
Jesus sagt: Was du isst, wird durch die Verdauung wieder ausgeschieden. Das nehmen viele viel zu ernst. Die eigentliche Frage ist: Was kommt in dein Herz? Und das ist die Frage: Was kommt in dein Herz?
Sie wissen, wie leicht wir schon am frühen Morgen im Zorn leben können, wie das Herz anfängt zu hassen. Wie leicht wir unser Herz von bösen Dingen beeinflussen lassen, die wir später nicht mehr kontrollieren können.
Das ist heute eine große Frage – natürlich immer wieder. Eine radikale Lösung habe ich nicht. Eine fromme Frau erzählte mir neulich, dass sie wegen starker Knochenleiden nach einem Sturz die ganze Nacht im Sessel saß und die Nachtprogramme im Fernsehen anschaute. Sie war ganz entrüstet, wie schmutzig das alles sei. Da habe ich gedacht: „Liebe Frau, wie sieht es in deinem frommen Herzen aus, wenn du alles anschaust?“ Das nimmt einen ja auch mit und beeinflusst einen.
Ich glaube, dass in unserem Volk heute durch vieles, was konsumiert wird, auch bei jungen Menschen eine Beherrschung fehlt. Das muss jeder für sich wissen, wie stark das Herz beherrscht wird. Auch leibliche Übungen helfen da nichts.
Wo wird dein Herz beeinflusst? Wovon lebst du? Was ist deine Gedankenwelt, deine geistige Welt? Das sind nicht die äußeren Formen, nicht die Rituale, nicht die Phasen, sondern das, was dein Herz vergiftet.
Jesus sagt: Das Schlimmste ist, dass aus meinem bösen Herzen all das herauskommt. Hier nennt Jesus eine Reihe von Sünden, dreimal vier, die man auch ordnen kann. Diese Reihenfolge kommt übrigens auch im Römerbrief vor.
Was nimmt Jesus hier heraus? Und er nimmt es sehr ernst. Normalerweise liest man darüber, deshalb will ich noch ein paar Worte sagen.
Unzucht ist alles, was auf dem geschlechtlichen Gebiet nicht nach Gottes Ordnung ist, was nicht erfreut, was mich nicht aufbaut und nicht glücklich macht. Das ist eine Sache, die wir als Christen wieder erkennen müssen. Das ist der Einfallstor meines Herzens. Nicht, weil die Filme oder Zeitschriften so schlimm sind, sondern weil mein Herz das alles aufnimmt. Wir haben eine Neigung, gerade das Böse aufzusaugen, und so machen wir unser Leben kaputt.
Jesus nennt an erster Stelle, vor über zweitausend Jahren, die Unzucht. Viele zerstören ihr geistliches Leben durch unklare Verhältnisse und ihre Gedankenwelt. Das ist eine große Not, besonders in unserer Zeit.
Die Älteren erinnern sich noch, als Willy Brandt die Pornografiefreigabe durchsetzte. Viele wurden erst dadurch mit Dingen konfrontiert, von denen sie vorher nichts ahnten, und kommen seitdem nicht mehr davon los.
Das ist eine Not, die wir heute offen ansprechen müssen. Jesus hat sie beim Namen genannt. Es geht nicht darum, ob eine Zigarre geraucht wird oder nicht, sondern da liegt das Böse drin.
Diebstahl betrifft Eigentum und Geld – klare Verhältnisse sind wichtig. Mord umfasst alles, was dem Mitmenschen das Leben raubt, also Hass, Neid und Missgunst.
Dann kommt der Ehebruch. Es ist mir sehr schwer, dass wir heute vielen Christen nicht mehr vermitteln können, wann eine Ehe beginnt. Wir wollen hier nicht zu sehr ins Detail gehen, aber in der Bibelstunde werden wir das noch sagen. Es ist uns wichtig, dass junge Leute, wo immer möglich, um ihres Glückes willen, diese Dinge hören.
Ich sage jungen Leuten immer wieder: Was ist bei euch anders als bei mir als Verheirateten? Wie würdet ihr reden, wenn euer Verhältnis so unklar wäre, dass man sagt: „Wir fahren mit einer fremden Frau in Urlaub, aber da ist ja nichts dabei und es passiert auch nichts.“ Dann bist du ja kein Mann! So ein Quatsch!
Wir müssen wieder klare Verhältnisse haben. Sie wissen auch, wie furchtbar das alles ist und was da zerstört wird, wenn man in der Zeitung von schrecklichen Dingen liest, bei Prozessen und so weiter. Das ist furchtbar.
Man möchte einfach wieder sehen, dass es eine Linie gibt, auf die wir achten müssen, weil das geistliche Leben darunter leidet. Meine Gottesbeziehung leidet unter diesen Dingen.
Es geht nicht darum, ob etwas öffentlich wird oder nicht, sondern weil es das Leben zerstört. Deshalb war Jesus nicht gegen das Gesetz, sondern gegen eure Menschenordnungen. Und da hat Jesus so hart gesprochen.
Vor vielen Jahren hatten wir den indonesischen Evangelisten Petrus Octavianus hier. Er predigte an einem Pfingstsonntag, als noch keiner in unserer Kirche die Dinge beim Namen nannte. Er sagte: „Ihr Männer, was hast du da wieder angeschaut?“ und sprach dann davon, was an Flughäfen läuft und verkauft wird. Für uns ist das Glaubensverhältnis dadurch sehr berührt.
Ich hoffe, dass heute Abend schon deutlich geworden ist, worum es geht.
Dann kommt die Habgier, die uns als moderne Menschen sehr betrifft. Wir haben alle mehr, als wir brauchen. Und wir gehen auf die Barrikaden, wenn uns etwas gestrichen wird.
Es ist interessant, dass in unserem Volk fast niemand mehr in der Lage ist, zu verzichten. Christen könnten am ehesten wissen, dass Verzicht unsere Volkskrise, heute auch unsere politische Krise, entschärfen könnte.
Aber Habgier ist etwas Furchtbares. Je mehr man hat, desto mehr will man. Niemand ist so auf Geld aus wie wir. Die Armen des Lambs, wie wir immer sagen, sind auf geistliche Fragen aus, sie fragen: Wo ist Gott? Bei uns spielt oft nur noch die materielle Frage eine Rolle.
Für viele spielt sich das ganze Glaubensleben nur noch ab in der Frage: Werde ich wieder gesund? Klappt es mit meinem Beruf? Geistliche Fragen, die weiter gehen, wie komme ich mit Gott in Ordnung?
Bosheit, Arglist, das ist die Täuschung des Anderen. Ausschweifung – es gibt keine Erfüllung im ausschweifenden Leben. Das steckt tief in uns drin.
Missgunst, das Vergleichen mit anderen, dem anderen nichts gönnen. Aber mal ehrlich: Wer erträgt es, wenn er einen Hauskreis leitet und bei ihm kommt fast niemand, während der andere platzt aus allen Nähten? Wer erträgt das?
Das ist Missgunst. Zinzendorf war so ein Liederdichter, dass er sich freute, wenn anderen Gnade widerfuhr und das geistliche Leben besser lief als bei ihm.
Da sitzt etwas Böses in mir drin, und das muss man bekämpfen.
Lästerung, Hochmut, Unvernunft – das hat Jesus alles beim Namen genannt.
Jetzt kommen wir zum Abschluss und wollen das noch zusammenfassen.
Die Bedeutung der Halacha und die innere Haltung zum Wort Gottes
Die Juden haben ein Wort: Halacha. Daraus stammt eigentlich alles. Halacha ist der Sammelbegriff für all diese mündlichen Überlieferungen der Propheten. Die Halacha kann man kaufen, wenn man in Israel ist. Dort bekommt man sie in jüdischen Läden. Es gibt sie auch in deutscher Übersetzung. Die Halacha umfasst die ganzen Lehren der Rabbinen, die uns Stützen geben.
Halacha bedeutet auf Deutsch „Wandel“. Genau um diese Frage geht es: Wie wandelt man richtig? Wie ordnet man sein Leben so, dass es Gott wohlgefällig ist? Jesus sagt, dass das Wort Gottes, das heilige Gotteswort, das Wort der Schrift in deinem Gewissen sitzen muss. Sonst brauchst du nichts mehr. Gar nichts mehr.
Ich füge immer noch hinzu: Es ist gut, wenn du die Gebote nebenher noch liest, als Korrektur. So kannst du prüfen, ob das, was du lebst, wirklich stimmt. Sonst bist du auf dem falschen Weg. Es ist auch gut, dass in der Schrift immer wieder Mahnungen stehen. Zum Beispiel: Pass auf, wer so und so lebt, der spricht nicht dem Wort Gottes. Mein Handeln kann aber nur aus der Tiefe kommen, wenn ich mit dem Wort Gottes lebe.
Jesus redet zu mir. Das Wort Gottes ist schärfer als ein zweischneidiges Schwert. Es dringt in mein Gewissen ein. Von dort aus kann ich meine Entscheidungen fällen und weiß, was ich tun muss. Ich muss nicht mit einem ganzen Packen von Anweisungen unterm Arm herumrennen und fragen, was man als Christ in dieser oder jener Lage macht.
Leb fröhlich, hab Jesus lieb. Ganz ähnlich beschreibt Paulus im Galaterbrief: „So besteht nun in der Freiheit, zu der euch Christus befreit hat. Lebt fröhlich, unbekümmert!“ (Galater 5,1). Das ist für junge Christen besonders freudig. Jesus gibt dir Gaben, Freude am Leben. Geh einfach hinein ins Leben. Auch wenn du Fehler machst, darfst du die Vergebung Jesu immer wieder empfangen.
Aber lebe fröhlich dein Leben und werde kein Menschenknecht. Lass dich nicht unterjochen unter irgendwelche Menschensatzungen. Das mag immer wieder attraktiv sein, aber diesen Punkt muss man haben. Wir denken dabei auch an die Reformation und all die Erweckungsbewegungen. Dort waren Menschen, die plötzlich ein überschäumendes geistliches Leben führten – voller Freude und Schönheit.
Ich habe viele Menschen getroffen. Ich erinnere mich an eine Christin, die ausgezeichnet Klavier spielte. Sie sagte: „Das habe ich für Jesus geopfert.“ Da hätte er rechts und links ein Baggen ausschlagen können, aber das wäre auch nicht sehr geistlich gewesen. Unser Antivide spielt sehr schön Schlagzeug, das ist auch schön.
Man weiß aber auch, wann man bei bestimmten Veranstaltungen nicht mitmachen kann, weil es gegen das eigene Gewissen ist. Da passt die Gabe nicht hin, und anderes macht man eben. Das kommt aus der inneren Tiefe und aus der Freude heraus. Jesus hat uns eine große Befreiung geschenkt, dass wir unmittelbaren Kontakt zum heiligen Gott haben dürfen. Er will unser Leben benutzen, damit es ihn preist.
Dabei kann es Unterschiede geben. Der eine sagt: Ich verstehe den anderen nicht, der hatte größere Freiheit als ich. Aber bitte lasst nicht zu, dass Gesetzlichkeit, Traurigkeit, Kleinkrämerei oder Feierlichkeit das Glaubensleben beherrschen. Unser Glaubensleben muss ansteckende Freude vermitteln, auch für unsere jungen Kinder.
In Esslingen war früher Fritz Liebricht, der den CVJM leitete. Er sagte immer: „Es war mir eine Hilfe, wenn man als junger Christ in den Christenhäusern aufwächst. Da muss die Freude viel, viel größer sein als bei anderen Leuten. Der Sonntag muss noch schöner sein als bei allen anderen.“ Da muss man etwas Besonderes bieten.
Wenn Fasnacht ist, dann muss es in unseren Häusern noch fröhlicher sein. Aber nicht, indem wir die Welt kopieren, sondern indem wir echte, lebendige Freude vermitteln. Ich möchte Ihnen auch den Impuls geben, diese Freude immer wieder dort weiterzugeben, wo Sie mit anderen Menschen zusammenkommen.