Wir haben heute Abend noch etwas von gestern Abend aufzuarbeiten. Wir sind ja nicht ganz fertig geworden. Deshalb werden wir uns einen Teil vom Ende des Kapitels 9 noch ansehen. Danach folgen Kapitel 10 und vielleicht auch ein Stück von Kapitel 11.
Ich erinnere daran, dass wir in Daniel Kapitel 9, Vers 26 waren. Es ging um die siebzig Jahrwochen. Wir lesen in Vers 26: Nach den zweiundsechzig Wochen wird ein Gesalbter – so sollte es heißen – ausgerottet werden. Das Volk wird keinen Gesalbten haben. Die Stadt aber samt dem Heiligtum wird das Volk eines Fürsten verderben, der kommen wird.
Das Ende dieses Fürsten ist in der Überflutung. Bis ans Ende wird es Krieg geben, mit fest beschlossenen Verwüstungen.
In Vers 27 heißt es: Er wird einen Bund schließen mit den Vielen für eine Woche. Zur Hälfte der Woche wird er Schlacht und Speisopfer aufhören lassen. Auf den Flügeln von Greuel wird Verwüstung sein, und zwar bis zur Vernichtung. Fest Beschlossenes wird sich auf den Verwüster ergießen.
Überblick über die siebzig Jahrwochen und ihre Bedeutung
Wir erinnern uns daran, dass wir gestern gesehen haben, dass die 70-Jahr-Wochen Daniels in drei Teile aufgeteilt sind: zuerst sieben Wochen, dann 62 Wochen und schließlich eine Woche. Diese Wochen sind hier als Jahre zu verstehen, nicht als Tage.
Wir haben uns anschließend auf die siebzigste Woche konzentriert. In dieser letzten Woche geschehen einige wichtige Dinge. Es heißt, dass ein Gesalbter ausgerottet wird, und das Volk hat danach keinen Gesalbten mehr.
Weiter heißt es, dass in dieser Woche die Stadt und das Heiligtum durch die Soldaten eines Fürsten, der kommen wird, zerstört oder verwüstet werden. Das Ende dieses Fürsten wird in einer Überflutung, also in einem Gericht, bestehen.
Bis zum Ende dieser letzten Woche wird es Krieg geben. Verwüstungen sind fest beschlossen.
In Vers 27 haben wir gelesen, dass dieser Fürst einen Bund schließen wird. Er schließt mit der Masse des jüdischen Volkes einen Bund für eine Woche, das sind die letzten sieben Jahre.
Zur Hälfte der Woche, also in der Mitte der sieben Jahre, wird er veranlassen, dass das Schlachtopfer und das Speisopfer aufhört.
Dann liest man diese rätselhaften Worte: „Auf den Flügeln von Gräueln wird eine Verwüstung sein, und zwar bis die Vernichtung und der Festbeschlossene sich auf den Verwüster ergießen.“
Verbindung zu historischen Ereignissen und Antiochus
Wir hatten dann darüber gerätselt, worauf sich das beziehen könnte. Gestern Abend habe ich noch darauf hingewiesen, dass wir immer den Zusammenhang beachten müssen. Wir erinnern uns: Der Zusammenhang im Buch Daniel führte uns bisher immer wieder auf Antiochus.
So war es bei der Vision in Daniel 2, wo das geteilte Reich dargestellt wurde. Das große, starke Reich war das Nordreich, und aus diesem kam dann dieser besondere Fürst heraus, nämlich Antiochus.
In Kapitel 7 wurde uns das dann anhand von Tieren dargestellt. Das letzte Tier, das schreckliche, war genau dieses Reich des Königs des Nordens. Wir haben festgestellt, dass die Könige des Nordens insgesamt zehn waren. Von diesen wurden drei gedemütigt beziehungsweise kamen gar nicht an die Macht. Bei einigen wurde verhindert, dass sie herrschen konnten. Der besondere Fürst war auch hier Antiochus.
In Kapitel 8 haben wir dann einen ganz detaillierten Bericht über eine weitere Vision von Daniel erhalten. Auch hier ging es wieder um diesen Antiochus, der das Volk Gottes auf furchtbare Weise bedrängt hat – für 2.300 Tage, das sind etwa knapp sechseinhalb Jahre.
Es liegt sehr nahe, dass wir es auch hier mit derselben Sache zu tun haben, die im Buch Daniel immer wieder vorkommt: Es handelt sich erneut um Antiochus.
Die Zerstörung Jerusalems und das Ende des Fürsten
Wenn wir nun die Geschichte betrachten, stellen wir fest, dass im Herbst 171 v. Chr. der Hohepriester Onias, der mächtigste Mann des Volkes, getötet wurde. Anschließend wurde er durch einen anderen Hohenpriester ersetzt, den Antiochus selbst ausgesucht hatte. Kurz darauf erfolgte ein weiterer Austausch. Der neue Hohepriester war zwar Jude, verhielt sich aber so heidnisch, dass er unmöglich als echter Hoherpriester gelten konnte. Dieser Mann hieß Menelaos. Der vorherige hieß Jason. Beide waren nur Scheinhohepriester, die in Wirklichkeit nicht von Gott eingesetzt waren. Das Volk hatte somit keinen echten Hohenpriester.
Es gab auch keine wirkliche religiöse Ordnung mehr. Dann ging die Zerstörung weiter: Derselbe Fürst verwüstete die Stadt und das Heiligtum. Er zerstörte die Stadtmauern und verbrannte die Häuser. Im Buch der Makkabäer hatten wir gestern einige Stellen gelesen, die genau zu dieser Situation passen. Es wird dort beschrieben, wie die Stadt samt Heiligtum durch die Truppen eines Fürsten verwüstet wird. Dies passt genau auf Antiochus und seine Soldaten, die diese Taten begingen.
In Vers 26 heißt es: „Sein Ende ist in der Überflutung.“ Das bedeutet, dass das Ende dieses Fürsten durch ein Gericht herbeigeführt wird. Bis zum Ende wird es Krieg und Verwüstungen geben. Bis zum Ende dieser Woche – das heißt bis ins Jahr 164 v. Chr., etwa Februar oder März – starb Antiochus. So lange dauerte auch der Krieg der Israeliten, die sich gegen Antiochus erhoben hatten. Es war der Krieg der Makkabäer gegen Antiochus.
Der Bund des Fürsten und das Ende der Opfer
In Vers 27 lesen wir, dass ein Bund geschlossen wird. Dieser Fürst Antiochus schloss tatsächlich einen Bund. Er schloss ihn mit der Mehrheit des jüdischen Volkes, also mit allen, die sich ihm anschlossen.
Antiochus hatte versprochen, diejenigen zu belohnen, die sich ihm anschlossen. Einige von ihnen erhielt sogar Ländereien. Er belohnte also diejenigen aus dem Volk, die kompromissbereit waren und dem Griechentum bereits zugeneigt waren, reichlich. Die anderen hingegen verfolgte er bis zum Tod.
So schloss er tatsächlich einen Bund mit dem Volk. Dieser Bund dauerte ungefähr eine Woche, das heißt eine Jahreswoche, insgesamt also über sechseinhalb Jahre.
Zur Mitte dieser Woche ließ er das Schlacht- und Speisopfer einstellen. Genauer gesagt, am 25. Dezember 168 v. Chr. verbot Antiochus das Schlacht- und Speisopfer.
Auf Flügeln von Greuel wird Verwüstung sein, und zwar bis zur Vernichtung. Ein fest beschlossenes Gericht wird sich über den Verwüster ergießen.
Zusammenfassung der Zeitabschnitte und historische Einordnung
Wenn ich jetzt kurz zusammenfassen darf: Wir haben also drei Phasen. Sie sehen das hier noch einmal auf der Folie.
Die erste Phase war die Zeit vor dem Bauen, das waren die ersten sieben Wochen. Danach wurde 62 Wochen lang gebaut. Schließlich folgt die berühmte letzte Woche, die große Bedrängnis der Israeliten durch Antiochus, die Verwüstung der Stadt und des Heiligtums.
Wenn ich jetzt die Daten einfügen darf: Die 70 Wochen werden gezählt ab dem Wort, das ausging, dass Jerusalem wieder gebaut und wiederhergestellt werden sollte. Dieses Wort kam mehrmals durch den Propheten Jeremia. Einmal im Jahr 605 in Jeremia 25, einmal im Jahr 597 in Jeremia 29 und einmal im Jahr 587 in Jeremia 30. Deshalb wissen wir nicht genau, ab wann wir zählen sollen. Aber das ist nicht so wichtig.
Wichtig ist, dass in den ersten sieben Wochen Ruhe herrschte und es kein Bauen gab. Dann, im Jahr 538, kehrte das Volk aus der babylonischen Gefangenschaft zurück. Jedenfalls der erste Teil davon. Sie kehrten zurück unter Serubbabel und Josua, dem Hohenpriester.
Genau zu dieser Zeit kam dieser Fürst, der Gesalbte, der Fürst. Das war der Hohepriester Josua, von dem es auch in Sacharja 6 heißt, dass ihm sogar eine Krone auf das Haupt gesetzt wird. Er war also nicht nur ein Hoherpriester und Gesalbter, sondern auch ein Fürst des Volkes, ein Führer.
Übrigens waren in der Folgezeit die Hohenpriester auch die Führer des Volkes. Während der gesamten griechischen Zeit waren die Hohenpriester gleichzeitig auch Volksführer. Das setzte sich sogar nach der Makkabäerzeit fort. Bis in die Zeit Jesu Christi waren die Hohenpriester die Führer des Volkes. Sie waren also gleichzeitig Gesalbte und Fürsten.