Nach der Ordnung unserer Kirche ist der Predigttext heute, am fünften Sonntag nach dem Dreieinigkeitsfest, Matthäus 28,16-20, der Missionsbefehl.
Begegnung mit dem erhöhten Herrn und der Missionsauftrag
Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie bestellt hatte. Als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder, einige aber zweifelten.
Jesus trat heran und sprach zu ihnen: „Mir ist alle Macht gegeben, im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und macht alle Völker zu Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu halten, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Herr, segne dein Wort an uns allen.
Es passiert zuweilen beim Essen, dass man zu viel isst. Wenn man zu viel isst, wird der Anzug mit jedem Bissen immer enger und der Gürtel zieht sich fester zu. Wenn man einfach futtert und futtert und immer mehr hineinschiebt, dann entsteht dieses Gefühl.
Ich habe jetzt ein wenig ein banges Gefühl, ob wir das heute Morgen nicht auch machen. Wir bekommen ja nachher nach dem Gottesdienst einen pakistanischen Hauptgang mit Hindu-Curry-Soße, gut zubereitet von Doktor Kilgus, einen Missionsbericht aus erster Hand. Anschließend gibt es noch echte Königsberger Klopse, die sind dann richtig authentisch.
Und wenn ich Ihnen jetzt noch ein südafrikanisches Eintopfgericht vornerein biete, ob das dann für diesen Sonntagmorgen nicht zu viel Mission wird?
Aber ich habe dann gedacht: Wenn uns, der ich sonst nicht so sehr an die Ordnungen der Perikopen gebunden bin, heute dieser Missionstext gegeben wird, ob ich Ihnen dann nicht doch einiges von den Eindrücken miterzählen soll, die mich bewegt haben.
Denn ausgerechnet dieses Wort des erhöhten Herrn zusammen mit seinem Sendungsbefehl bei der Himmelfahrt durchzog diese südafrikanische Konferenz christlicher Führungskräfte in Pretoria vom Programmheft bis zur Schlussveranstaltung.
Ich habe in diesen Tagen dort ganz neu nachdenken gelernt. Als ich zurückkam und den Predigttext aufschlug, berührten sich diese Eindrücke. Darum verstehen Sie, dass wir das heute doch noch mischen und zusammenfassen müssen.
Die grenzenlose Herrschaft Jesu Christi
Ich will drei Aussagen dieses großen Wortes Jesu besonders hervorheben. Die erste Aussage betrifft die grenzenlose Herrschaft Jesu Christi. Wir sagen so leicht zu Jesus „Herr Jesus“, doch das ist oft ein abgegriffenes, nichtssagendes Wort. Es wird erzählt, dass unter den ersten Jüngern bei der Himmelfahrt etliche zweifelten. Diese Seuche hat sich unter den Christen weiter ausgebreitet und ist auch für uns charakteristisch.
Wir beginnen mit der Herrschaft Jesu in unserem täglichen Leben nur sehr wenig. Vielleicht muss man weit wegreisen von seiner gewohnten Umgebung, um einmal bestürzt innezuhalten und zu erkennen, wie wenig Christen mit der Herrschaft Jesu rechnen. Als wir uns dort unten in den Sporthallen Pretorias, in der wohl konservativsten Stadt Südafrikas, mit etwa sechstausend eingeschriebenen Teilnehmern trafen, von denen die Hälfte farbig war, spürte ich zum ersten Mal, wie das ist.
Wenn ein Mensch diskriminiert leben muss, sehe ich das in meiner Umgebung kaum, da bin ich ja blind dafür. Doch dort fragten mich schwarze Menschen: Glaubst du wirklich, dass Menschen in eurem Land und Christen mich voll akzeptieren würden? Und wenn man dann spürt, wie sich diese schrecklichen Grenzen durch das ganze öffentliche Leben ziehen – als wir zwei Weiße und zwei Schwarze einen Rundgang durch Pretoria machten und die Sehenswürdigkeiten besichtigten – und zum Schluss eine Tasse Kaffee trinken wollten, gab es in der ganzen Stadt kein Lokal, in dem man mit einem Schwarzen zusammen eine Tasse Kaffee trinken konnte.
Wo ist denn die Herrschaft Jesu? Ist die Welt nicht längst eine Welt, in der man meint, es werde ohne ihn gelebt, weil ganz andere Mächte hier regieren? Noch einmal: Wir sehen das fernab nur deutlicher, was uns in unserer nächsten Umgebung verschlossen scheint. Es ist doch in unserer Welt genauso, dass wir ohne Christus als den Herrn und Herrscher unseres Lebens bestimmen wollen.
Dann gibt es die Masse der Vorurteile, diese lähmende Angst vor der ungewissen Zukunft, die viele Weise lähmt, und die Bitterkeit, die die Schwarzen kennzeichnet. Was bedeutet das, wenn Jesus uns sagt: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden“? Da lacht man doch und fragt: Wo ist denn etwas von deiner Macht?
Ich vergesse nicht, wie der Ministerpräsident des Zululandes, Chief Butulesi, in einem kurzen Lebenszeugnis von seinem Glauben sprach und dann sagte: „Wenn ihr Christen hier nur einen Schwarzladen eröffnen wollt und dann sagt, wir ändern doch nichts an den Zuständen dieser Welt, dann packt heute noch eure Koffer und fahrt nach Hause, das ist das Geld nicht wert. Aber wenn ihr mit dem Herrn Jesus rechnet, dann müsst ihr wissen, dass ihr Lösungen ansteuern dürft, die unser Begreifen übersteigen, weil wir nicht mit unseren Fähigkeiten rechnen, sondern mit einem Herrn, der größer ist als unsere Schwäche und unsere Ohnmacht.“
Es war dann der von vielen verspottete und verlachte Minister für Kooperation und Entwicklung, Doktor Piotr Kurnhoff, der trotz großer Feindschaft seiner eigenen weißen Partei auf diesem Kongress sprach. Er erzählte, wie er zum ersten Mal, nachdem er Minister geworden war, mit jenem Ministerpräsidenten des Zululandes zusammenkam. Die erste Frage war im Amtszimmer: „Herr Minister, bleibt es so? Können wir, bevor wir reden, miteinander beten?“
Ist es noch möglich, dass Christen mit der Gewalt Jesu rechnen in einer Welt, die so festgefügt von Bösem und Undurchdringlichem in unseren Augen erscheint? Damals hatten die Jünger Jesu nicht begreifen können, was Jesu Macht und Gewalt auch bedeutet. Sie hatten geglaubt, er werde das Reich Israels wieder aufrichten.
Ich habe das erst dort unten in den vielen Bibelarbeiten wieder begriffen, wie Sie gesagt haben: Ihr blickt immer rückwärts, ihr wollt nationale Lösungen ansteuern, ihr wollt völkisch arbeiten. Ahnt doch, dass die Aufbrüche Jesu weiter und größer sind, wenn er euch ruft!
Und wenn ich Ihnen jetzt übersetzen könnte, was es bedeutet, wenn Sie zum ersten Mal in Ihrem Leben begreifen, dass Jesu Herrschaft grenzenlos ist – obwohl Sie zweifeln, ob Jesu Lösungen noch in Ihr Leben eingreifen können, in die Verwirrungen, in denen Sie sich befinden, in die Unklarheiten und Ratlosigkeiten – sein Arm ist doch gar nicht zu kurz, dass er nicht helfen könnte.
Wir waren in diesen ganzen Tagen versammelt als solche, die nichts mehr wussten, wie es weitergeht. Das unterscheidet die Betroffenen vor Ort von den Besserwissern in aller Welt: Es gibt wohl in Südafrika keinen mehr, der eine ernsthafte Lösung kennt außer den radikalen, chaotischen Lösungen, die Not, Tod und Elend über Millionen Menschen bringen. Wie kann es da noch eine Lösung geben?
Aber wenn dieses Wort neu gehört wird, so möchte ich, dass Sie es über Ihrem Leben neu begreifen: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Bei unserem Gott gibt es kein Unmögliches. Schauen Sie auf diesen auferstandenen Herrn und trauen Sie ihm zu, dass er Sie hindurchführt.
Schon in der Eröffnungsansprache sagte der Gestalter dieses Kongresses, der Missionstheologe, der afrikanische Missionstheologe Professor Doktor David Bosch, es sei wie ein Gehen durch Stromschnellen. Man wisse nur: Dort, wo gestern noch ein Weg gewesen wäre, sei heute keiner mehr. Es sei einem bang vor der Zukunft, und niemand könne mehr sagen, wo überhaupt ein Weg weitergehen würde.
Doch, sagte er, wir Christen wissen, dass es nie Hoffnungslosigkeit gibt. Weil der auferstandene Herr alle Macht und Gewalt im Himmel und auf Erden hat, will er auf dieser bedrängten und notvollen Erde sein Reich ausbreiten.
Ich denke immer daran, wie diese Jünger Jesu, als sie auf den auferstandenen und gen Himmel fahrenden Jesus schauten, inne wurden, dass er noch die Nägelmale trug. Damit wir uns nicht in ein falsches Gefühl hineinsteigern.
Wie wir uns heute Morgen versammeln: Wir sind doch die alten, schwächlichen, versagenden Menschen, die die Vergebung Jesu brauchen, für die er sterben musste. Wir sind doch nicht diejenigen, die etwas könnten, etwas wüssten oder etwas mit ihrem Leben meistern möchten, sondern die auf diesen Herrn schauen, fröhlich werden und sagen: Wir gehören dir, weil du für uns gestorben bist und alle Gewalt hast. Darum sind wir fröhlich.
Vielleicht waren einige von Ihnen vor zwei Jahren dabei, als Si Samole Bazzi, ein junger Akademiker aus dem Gettoviertel Soweto, in unserem Gemeindehaus ein kurzes Grußwort sprach. Er, der in Amerika studiert hatte und dann wieder zurückkehrte in jene Township, um seinen Platz als Bote Jesu auszufüllen.
Nach amtlicher Statistik leben dort 1,5 Millionen Schwarze. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn man annimmt, dass noch eine Million illegal dort lebt – oft acht, neun Leute in einem kleinen Zimmer von wenigen Quadratmetern. 45 Prozent sind junge Menschen unter 25 Jahren.
Als ich am Mittwoch vergangener Woche dort einen Besuch machte, sagten mir Schwarze: „Weißt du auch, dass du den Caesar in große Not bringst?“ Warum? „Wenn du mit ihm im Auto durch Soweto fährst, schürst du nur den Hass.“ Dann sagen die anderen: „Sieh, der schafft ja mit den Weißen zusammen.“
Ich fragte ihn, ob ihn das nicht störe, und er sagte, er habe schon viele Todesdrohungen erhalten, aber hier sei sein Platz. Er wisse, dass Jesus hier unter jungen Menschen wirke. Als ich ihn fragte, was er erreicht habe, vielleicht gar nicht umwerfend, antwortete er: „Hier arbeiten wir weiter, in dieser Verbitterung, in dieser Hoffnungslosigkeit unter so vielen arbeitslosen Menschen, weil Gott uns hierher gestellt hat.“
An diesem ganzen Kongress wird sicher auch viel Kritik geübt werden. Das, was ich bis jetzt beobachtet habe, hat mich erschreckt. Oft wird bei uns gesagt: „Was hat denn dieser evangelikale Kongress in Pretoria erreicht? Was ist seine Frucht?“ Ich denke, wir sollten vorsichtiger sein, nicht alles mit einer politischen Elle zu messen und nicht gleich am gleichen Tag politische Lösungen als fertige Früchte ernten zu wollen.
Ich denke, wir müssen lernen zuzuhören, wie Christen es plötzlich in einer spannungsvollen Umgebung schaffen. Das ist ein Durchbruch: In einer totalen Konfrontation einer Gesellschaft und der Völker eines Landes zusammen zu sein, fröhlich zu sein, mit dem Herzen des Anderen zu fühlen, was ihn belastet, seine Last mitzutragen und zu sagen: „Wir sind Brüder am Leibe Jesu.“
Das ist mehr, als man je erwarten kann, wenn Christen das schaffen – zur gleichen Zeit, in der zwei Kirchen vor dem obersten Gerichtshof Südafrikas einen Prozess führen und sich gegenseitig bekriegen, ohne rassische Gründe.
Wenn Christen dann plötzlich durch die Macht Jesu zueinander finden, was ist dann Großes geschehen bei diesem Kongress? Menschen wurden verändert. Ein Theologe, der gewiss nicht zu denen gehört, die die Zustände verharmlosen, sagte zu mir: „Was wollen wir eigentlich als Ergebnis eines solchen Kongresses? Wenn ihr gesehen hättet, wie Menschen zusammengebrochen sind und zum ersten Mal Schuld am anderen erkannt haben – da war das Wirken Jesu da.“
Und als dann einer aus unserer Delegation sagte: „Aber gestern Abend war es doch ein bisschen schwächer, als der Erzbischof von Kapstadt gesprochen hat, der Anglikaner“, sagte er: „So wenig könnt ihr zuhören, das war das Größte.“ Als er vom Opfer sprach und von Abraham, der das Liebste auf den Brandaltar gelegt hat, da haben wir gehört, was das für die Weisen in Südafrika bedeutet. Da hat Gott mit uns geredet.
Ich wünsche mir, dass Sie die Kraft und Gewalt Jesu in Ihrem Leben ebenso erfahren, der Sie ruft und in seinen Dienst nimmt. Das Größte ist, auf ihn zu schauen und ihm zu vertrauen.
Berufung zur Jüngerschaft und gelebtes Zeugnis
Das Zweite, was ich hervorheben möchte, ist die grenzenlose Herrschaft Jesu. Er will uns als seine Jünger haben. Das Wort „Jünger“ ist kein Begriff der modernen Sprache. Wir würden heute eher „Schüler“ sagen.
Wir sind oft lieber die Professoren, die genau wissen, wie alles laufen müsste. Aber Jesus möchte uns als seine Schüler, als seine Lehrlinge, als die Stifte, die er anweisen und unterrichten kann, wie alles zu geschehen hat.
In diesen Tagen auf unserem Kongress wurde viel über die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen gesprochen, die das Zeugnis des Evangeliums auch in Südafrika mit sich bringt. Es war unstrittig, dass ein Christ sich in der Welt engagieren muss. Es wurde klar, dass wir Christen alle in der Welt leben und unseren Dienst dort tun sollen.
Aber wie geschieht das richtig? Es wurde mit großer Klarheit herausgestellt, dass sich unser politisches Handeln von dem anderer unterscheidet. Wir kämpfen nicht für Ideale an sich – weder für Freiheit, noch für soziale Gerechtigkeit oder Wohlstand. Diese können zu Götzen werden, wenn sie für sich allein stehen.
Doch wo wir im Gehorsam gegenüber unserem Herrn im Alltag Wegweisung finden, können wir geführt werden. Wie sieht das aus, wenn wir die Herrschaft Jesu in unserem Leben als seine gelehrigen Schüler darstellen? Wenn unsere Familien und unsere berufliche Arbeit von Jüngerschaft geprägt sind, gehört das zum Zeugnis dazu. Natürlich sind wir seine Schüler und haben viel zu hören, was er uns zu sagen hat.
Es ist erschütternd, wenn man sieht, wie andere in konkreten Situationen versagen. Es ist nicht zu viel gesagt, dass das Problem Südafrikas mit einem Schlag beseitigt wäre, wenn nur die Christen aus allen Völkern dieses Landes Bruderschaft leben würden. Es gibt viel zu viele Christen in diesem Land. Wenn sie zueinander finden, würde das ganze politische Problem von heute auf morgen gelöst sein – wenn Jüngerschaft Jesu gelebt würde.
Ich finde es groß und bewegend, dass sechstausend Menschen begonnen haben, einen ersten Schritt miteinander zu gehen, viele von ihnen zum ersten Mal. Man sollte nicht auf große Lösungen zur Weltveränderung warten, sondern anfangen.
Und wenn es nur nach diesem Gottesdienst geschieht, dass jemand einen Streit beilegt oder eine ungerechte Sache in seinem Leben bereinigt, dann realisiert sich darin die Jüngerschaft Jesu in dieser Welt.
Verschiedene Referenten haben zum Anlass genommen, darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Führungskräfte“ missverständlich ist. „Südafrikanischer Kongress christlicher Führungskräfte“ klingt so, als seien sie die Elite des Volkes. Doch immer wieder wurde betont: Das bedeutet nur, dass wir uns in Verantwortung nehmen lassen.
Wenn ein Christ in dieser Welt eine Führungskraft sein will, kann er nur Jesu Schüler sein und seinen Dienst als Knecht und Diener nachahmen.
Ich kann es Ihnen nicht so anschaulich erzählen, wie es ein Schwarzer in seinem Vortrag getan hat. Er sprach davon, wie die Jünger Jesu zusammen zu Tisch lagen und ihre stinkenden Füße mitbrachten. Er malte es aus – ich erspare Ihnen die Details –, wie sie da lagen. Wenn man liegt, hat man ja die Füße unterm Kopf, und es stank von den Füßen. Jeder sagte zum anderen: „Du stinkst!“ Nur einer war es, Jesus selbst, der den Jüngern die Füße wusch.
Merken wir nicht, warum es bei uns oft so ist, dass wir den Gestank am anderen riechen, aber nicht erkennen, dass uns das alles dazu führen soll, dem Bruder die Füße zu waschen – zum Dienst, weil wir seine Jünger und Schüler sind?
Wie wäre es, wenn wir nicht mehr abhängig wären von unseren Traditionen und Erfahrungen? Wir kamen immerhin aus über hundert Kirchen, aus verschiedenen Konfessionen. Und wenn dann nur noch Jesus und sein Wort und sein Wille in der Mitte stehen – nicht Menschenmeinungen und Menschenlehren –, führt er uns in die große Gemeinschaft seiner Jünger hinein.
Mut und Zuversicht im Dienst Jesu
Noch ein letztes Mal: Mutig vorwärts! Geht hin, steht hier, geht hin!
Ich habe immer wieder in die Gesichter mancher Schwarzer sehen müssen, wenn sie am Ende des Kongresses mit ihren Bussen abgefahren sind. Aber dann habe ich gemerkt, dass es nicht nur für sie schwer ist.
Mir wurde von einer kleinen Gruppendiskussion erzählt, in der ein Weißer sehr unruhig war. Er fragte sich, wie es werden wird, wenn er zurückkehrt, ob er verhört wird oder Schwierigkeiten bekommt. Es gab ja sehr viel erbitterte Kritik, besonders auch von Regierungszeitungen während des Kongresses. Über Nacht wurden die großen Tafeln am Eingang mit Hammer und Sichel übersprüht, und an 70 Autos waren die Ventile abgeschraubt. Der Protest wurde sichtbar, wenn hier ein Schritt der Versöhnung gewagt wird.
In dieser Gruppe geschah dann Folgendes: Schwarze, einfache Leute sagten, wir beten für dich. Du musst keine Angst haben, wenn du nach Hause gehst. Es wird nicht schwierig werden, denn Jesus ist bei dir.
Wenn das erlebt wird, dass unsere Wege, die wir gehen – und wenn es Wege sind, die Opfer fordern, auf denen wir manchmal allein sein werden, weil uns andere nicht verstehen, die nicht mit Jesus gehen – dann erfahren wir plötzlich: Er geht ja mit. „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Was kann dann noch geschehen? Was soll uns widerfahren können, das uns Not macht?
Und wenn uns die dicksten Mauern den Weg versperren, dann kann ich mit meinem Gott über die Mauern springen.
Ich habe in einem Predigtdienst in den letzten Tagen ein vernichtendes Urteil über diesen Kongress gelesen: Es sei keine politische Lösung sichtbar geworden. Dachten die Menschen denn wirklich, es sei so simpel, als ob man sie einfach abrufen könnte wie aus einem Glaskasten? Als wenn der goldene Zettel vom Himmel herunterflattert, auf dem alles oben steht?
Aber wenn Menschen, die oft aus totaler Verzweiflung kommen und nicht wissen, wo der nächste Schritt hingeht, fröhlich ihre Straße ziehen, dann ist das das Wunder der Herrschaft Jesu und seines Reiches in dieser Welt. So wurde Jesu Reich immer und zu allen Zeiten gebaut und ausgebreitet.
Es war wieder jener Professor Bosch, der in der letzten Ansprache des Kongresses am Schluss ein einfaches Bild benutzte und sagte: „Wisst ihr Schwarzen, dass wir Weißen nicht aus unserer Furcht herauskommen? Wir kriegen die Furcht nicht los, was aus diesem Land werden wird, wenn die Schwarzen die Macht übernehmen. Wisst ihr das? Und ihr sagt, unsere Furcht sei grundlos. Das hilft uns nichts. Es gibt auch bei Kindern Furcht, die grundlos ist. Man redet sie ihnen nicht aus, und die Mutter nimmt ein Kind bei der Hand. Nehmt uns an der Hand, damit wir die Furcht verlieren!“
Dann sagte er zu den Weißen: „Dank Gott, dass es Menschen gibt, die das Gespräch noch nicht abgebrochen haben. Zu euch, die bis heute nicht zur Gewalt greifen und in euch den Bruder sehen wollen: Was könnte dort in Südafrika und bei uns geschehen, wenn es nur einige wären, die es neu wagten mit der Herrschaft Jesu und dann hinziehen!“
In seinem Dienst, Amen.
