Die zeitlose Nähe der Weihnachtsgeschichte
Es ist immer wieder so an diesem Weihnachtsabend, dass alle Menschen von dem berührt sind, was sie so oft gehört haben. Wenn man dann gemeinsam singt und fragt, warum die Weihnachtsgeschichte uns so unmittelbar und direkt anspricht, bekommt man schnell eine Antwort.
Der Grund liegt darin, dass sie aus unserer Welt gegriffen ist. Bis heute, im Jahr 1997, passiert so etwas täglich tausendfach – in Lateinamerika, in Sibirien und in China. Eine junge Familie ist unterwegs, findet keinen Frieden und keinen Raum. Sie ist ruhelos und wird von den Schikanen des Lebens gehetzt.
Diese Familien können viele Geschichten erzählen, und wir lesen davon in Büchern. Das ergreift uns und berührt uns tief. Warum ist das bloß so in der Welt, dass Menschen so leiden müssen? Gerade weil in der Weihnachtsgeschichte diese Ruhelosigkeit, diese Friedelosigkeit und die Einsamkeit der Menschen mit ihrer Not so deutlich werden.
Es gibt keinen Raum für sie, und andere hören nicht auf ihr Leid. Man möchte oft weiterspielen und fragen: Haben sie ihre Herzen einfach zugesperrt? Was ist da passiert? Warum ist alles so hartherzig und kalt? Diese Fragen regen viele zum Nachdenken an.
Denn das ist eine Geschichte aus unserer Zeit. Das ist die Wirklichkeit, in der wir leben. Auch die Hirten – diese Männer, die draußen auf dem Feld sind – kennen wir gut. Viele von ihnen sind im Leben zu kurz gekommen, vielleicht gehören wir selbst dazu. Darum berührt uns diese Geschichte besonders, weil sie viele Züge enthält, die wir selbst im Leben schon erlebt und gelitten haben.
In der Kälte war man, niemand kümmerte sich um einen, und keiner trat für die eigenen Rechte ein. Man musste hart arbeiten und bekam wenig dafür. Das Leben ist oft so, dass man bitter werden kann.
All das spricht in der Weihnachtsgeschichte dafür, die ganze Not der Welt aufzuzeigen, die vielen Probleme und das, was uns belastet.
Das Licht in der Dunkelheit als Hoffnungsschimmer
Bis auf jenen Augenblick – und das ist der springende Punkt der Weihnachtsgeschichte – zerreißt plötzlich die dunkle Nacht. Durch einen Lichtglanz aus der Ewigkeit leuchtet die Herrlichkeit Gottes hell hinein in diese elende, zerstrittene, leidende Welt.
Man muss immer genau hinsehen, sonst versteht man die Weihnachtsgeschichte gar nicht. Wenn das bloß eine Darstellung unserer Nöte wäre, dann wäre das zum Heulen traurig. Wir würden jeder in einer Ecke sitzen und sagen: Es gibt gar keinen Ausweg. Du musst dich durchbeißen und mit deiner Not alleine fertigwerden.
Aber jetzt kommt der Punkt: Wenn es wahr ist, dass der ewige, lebendige Gott mich sieht und mich kennt; wenn zwischen mir und der ewigen Welt nur ein hauchdünnes Papier liegt – das ich mit meinen blinden Augen nicht erkennen kann – wenn der ewige Gott da ist und die Schar der Boten Gottes mich umgibt, ist das dann ein Märchen? Ist das eine Erfindung, ein Spiel, das da erzählt wird? Ist das etwas Verrücktes oder ist es wahr?
Das ist die Kernfrage heute Abend, wenn wir feiern. Und erst recht, wenn wir mit Menschen reden, die in großer Not sind, die am Leben verzweifeln und in der Depression versinken. Ist das wirklich wahr? Kann man sich darauf verlassen?
Es ist gut, dass in der Weihnachtsgeschichte gar nicht viele Menschen zu Wort kommen. Stattdessen rufen die Boten Gottes mit ewigem Auftrag in diese traurige, kalte, verzweifelte Welt hinein die Botschaft: Gott erbarme sich seiner Welt. Gott sucht Menschen, die nicht mehr weiterwissen, deren Leben in der Dunkelheit versinkt.
Darum ist das, was wir heute Abend in dieser Weihnachtsgeschichte wieder hören, ein so wunderbares Evangelium, eine Freudenbotschaft, eine Nachricht, die unser Leben völlig auf den Kopf stellt. Sie verwandelt etwas in uns und nimmt uns ganz hinein in die große Freude.
Die Botschaft der Engel und der Friede auf Erden
Und bei diesem Punkt müssen wir genau hinschauen: Was verkünden denn die Engel? Was ist ihre Nachricht, ihre Botschaft?
Sie könnten heute Abend viel erzählen – vielleicht von Krankheitsnöten, vielleicht von persönlichen Sorgen. Vielleicht gab es bei Ihnen heute Abend böse Worte in der Familie beim Weihnachtsfeiern. Das kommt ja häufiger vor, als wir ahnen. Manche sagen: „Ich bin umgeben von Disharmonie und Unverständnis“ oder „Die Einsamkeit lastet schwer auf mir.“ Ganz gleich, was es ist – was ruft denn dieser Bote Gottes hinein in diese traurige Welt, zu diesen verzweifelten Menschen?
Ja, das, was sicher am meisten aufgenommen wird und was man heute überall in den Zeitungen lesen kann: Friede auf Erden. Sie reden auch von der Freude, sie reden von der Ehre Gottes. Ich will heute Abend nur über das eine sprechen: Friede auf Erden.
Warum? Weil gerade dieses Thema Jahr für Jahr wieder die bissigen Kommentatoren in den Zeitungen reizt. Sie spotten darüber und stellen Fragen. Sie sagen: „Die Christen feiern immer noch ihr Weihnachtsfest und singen von Friede auf Erden – und in der Welt wird weiterhin geschossen. Es gibt so viele Kriegsschauplätze.“
Man muss gar nicht weit in die Welt hineinschauen. Wie sieht es denn in unseren Häusern aus, in unseren Familien? Wie sieht es in unserem eigenen Herzen aus? Wie oft graben wir selbst das Kriegsbeil aus?
Und da müssen wir sagen: Stimmt ja überhaupt nicht!
Ich habe in den letzten Tagen auch Besuche gemacht, unter anderem bei Kranken. Und da war es überraschend, dass mir einer der Kranken diesmal ganz bitter das vorgehalten hat. Er sagte: „Was hat sich denn verändert? Hat sich doch gar nichts verändert in der Welt in den 2000 Jahren. Ist da alles so geblieben, wie es ist? Steckt euch doch eure Sprüche an den Hut. Was können wir denn damit anfangen? Wo ist denn der Friede auf Erden?“
Das ist eine brennende Frage: Wo ist der Friede auf Erden?
Die Realität der Welt und die Einladung zum Frieden
Und wie bei allen kritischen Einwänden und Zweifeln, die geäußert werden, gilt: Wenn man ihnen nachgeht, wird man immer reicher, weil Gott uns darauf Antwort gibt. Man muss nicht stumm bleiben. Wo ist denn der Friede?
Mir hilft es sehr, wenn man einmal das Hirtenfeld von Bethlehem besucht. Heute muss man durch Panzersperren gehen und wird streng von Soldaten mit Maschinenpistolen kontrolliert. So haben wir auch erfahren, dass die Wirklichkeit der Welt anders aussieht, als die Engel es sagen.
Vor 2000 Jahren war das noch eindrucksvoller. Nicht weit vom Hirtenfeld, nur ein paar Kilometer Luftlinie entfernt, liegt dieser merkwürdige Bergkegel, das Herodion. Zur Zeit der Hirten hatte sich Herodes der Große, dieser Wüstling, dort eingemauert. Er besaß unterirdische Luxuskeller und war von Tausenden von Höflingen umgeben. In großer Todesangst ließ er seine ganze Familie abschlachten. Es war ein Blutbad ohne Gleichen.
Herodes hinterlässt eine Spur des Leidens und Sterbens. Und trotzdem reden die Engel vom Frieden auf Erden. Wo die Römer das Land ausbeuten und die Menschen unter Fremdherrschaft seufzen – wo ist da der Friede?
Man muss sehr genau hinhören, was die Engel sagen: Wo ist der Friede? Ihr werdet finden, wo?
Jetzt ist es gut, dass nicht gesagt wird, ihr müsst katholisch, neuapostolisch, protestantisch oder calvinistisch werden. Was sagen sie denn? Sie sagen, ihr müsst Jesus, das Kind, suchen.
Ich kann Ihnen nur sagen: Es ist so einfach und unkompliziert. Wenn Sie wirklich den Frieden suchen, gehen Sie dorthin! Die Hirten schauten sich zuerst ratlos an, als die Himmelserscheinung verschwunden war. Dann redeten sie miteinander und sagten: Wir müssen es mal ausprobieren.
Diesen Tipp möchte ich Ihnen heute Abend auch geben. Probieren Sie es einmal aus! Suchen Sie nicht Kirchen, nicht Konfessionen, nicht Pfarrer und keine Organisationen. Suchen Sie ganz für sich allein die Begegnung mit dem Sohn Gottes, der Mensch geworden ist.
Sie brauchen nicht mehr in die Krippe nach Bethlehem zu gehen. Er kommt Ihnen so nah.
Der Friede in der Krippe trotz widriger Umstände
Und es ist so eindrucksvoll geschildert, wie die Hirten dort stehen. Ja, wo ist denn der Friede?
Wir haben aus vielen Bildern immer wieder gesehen, wie glücklich Maria und Joseph um dieses Kind herumstehen. Selbst Ochse und Esel schauen noch vergnügt hinein. Sie wirken alle so friedlich in den Bildern. Man riecht nichts vom Duft des Staates, und man spürt nichts von der Verlassenheit eines solchen Gemäuers.
Da liegt ein Friede drin. War es denn das? Oder wie ist das? Warum ist das so idyllisch schön? Das zieht uns ja an. Wir lieben das Bild von der Krippe. Sie haben es ja in vielen Häusern aufgestellt. Da vorne haben wir es im Schaufenster. Die Krippe ist für uns ein Platz des Friedens – nur wegen dem, der da in der Krippe liegt.
Die äußeren Umstände waren so trostlos, wie man sie kaum vorstellen kann. Vor Maria und Joseph lag eine dunkle Zukunft. Sie wussten nicht, was der morgige Tag bringt. Die Bibel erzählt uns, wie wenig später das furchtbare Gemetzel von Herodes über die Säuglinge von Bethlehem beginnt.
Wo kann man sich so etwas vorstellen? In so einer dunklen Welt – wo ist denn da der Friede? Der Friede ist da, in dem Kind in der Krippe. Dieses Kind bringt den Frieden.
Jesus als Quelle des Friedens und der Vergebung
Was bringt denn Frieden? Jetzt müssen sie einfach die Bibel lesen, weil Gott eine Erlösung schaffen will. Das ist das größte Problem: Zwischen uns und ihm liegt eine Menge Schuld.
Und dieses Kind in der Krippe bleibt ja nicht ein Baby. Sondern es ist der mächtige Jesus, der dem Sturm und den Wellen gebietet, der wieder aufersteht und den Tod besiegt. Doch als größtes Siegeszeichen hat er sich ausgesucht, für meine Schuld zu bezahlen.
Ich kann nicht mehr geradebiegen, was ich in meinem Leben alles falsch gemacht habe. Jeder Tag ist voll von Schuld und Versäumnissen. Deshalb ist es Jesus so wichtig, dass zwischen Gott und mir alles ausgeräumt ist, Vergebung und Frieden herrschen.
Und so sollen Sie heute Abend in dieser Christnacht wissen: Ihr Leben liegt nicht mehr im Dunkeln. Sie sind nicht bloß irgendwo vom Schicksal gebeutelt, sondern Jesus Christus ist Herr Ihres Lebens. Er will Sie führen, wenn Sie ihn als Herrn annehmen. Er will Sie leiten und segnen.
Wenn all die schrecklichen Dinge über Sie hereinbrechen, dann will Jesus in seiner Macht seinen Schutz um Sie breiten. Ist Gott für uns, wer kann dann noch gegen uns sein?
Jesus ist das Pfand der Liebe Gottes. Wir reden hier nicht über einen Spruch, sondern Christus ist da mit seiner Liebe, die mich deckt und leitet.
Die Freude und Zuversicht der Hirten als Vorbild
Ich möchte einfach schließen, wie diese Hirten ihre Bitte zurücknehmen und hinaus in ihre kalte Nacht auf ihre Felder gehen. Ich habe ihnen vorher gesagt, dass sie im Leben oft zu kurz gekommen sind, und dennoch leuchten und strahlen ihre Gesichter. Das ist ein ganz merkwürdiges Geheimnis.
Vor ein paar Tagen sagte meine Frau, als wir über ein Lebensschicksal sprachen – eines Menschen, der im Leben viel Schweres durchmachen musste – dass aus ihm eine Freude und Geborgenheit strahle. Woher kommt das? Weil dieser Mensch in Jesus seinen Frieden gefunden hat und weiß: Ich bin der Beschenkte, ich kann weitergeben.
In einem der Lieder, die wir so gern singen, heißt es: „Tobe, Welt, und sprünge, ich stehe hier und singe in gar sicherer Ruh. Weil Jesus bei mir ist, fürchte ich mich nicht.“ Das hat Christenmutig gemacht, den Frieden zu wagen.
Solche Menschen sind dann an ganz notvolle Orte gegangen. Das sind keine Exoten. Wissen Sie, dass Jesus sie tüchtig macht, mit ihrem Leben viel zu riskieren? Sie brauchen sich nicht irgendwo zu sichern, sondern sie können den Frieden wagen und sagen: Selbst wenn ich in ganz unsicherer Lage bin, will ich auf die Zusagen Jesu vertrauen – „Fürchte dich nicht, ich bin mit dir.“
Das macht doch die Hirten fröhlich. Auch wenn sie nicht mehr weitersehen, auch wenn ihr Leben ein Rätsel ist. Wie oft haben wir es erfahren: die Nähe Jesu so wunderbar stärkend. Nicht nur das Kind in der Krippe, sondern Jesus, der bei uns ist – im Gedränge meines Berufslebens, wenn ich verzweifeln will über die Fehler meines Lebens und die Schuld, wenn ich nicht mehr weiterweiß in den Spannungen, die mich umgeben, in der Krankheitsnot.
Am allerwunderbarsten ist es, wenn mein Lebenslicht verlöscht und ich weiß, ich bin in den Armen Jesu geborgen. Er trägt mich durch zum Leben. Jesus Christus ist die Auferstehung und das Leben. Wenn wir es dann noch zusprechen können beim Abschiednehmen über den Gräbern: „Fürchte dich nicht, ein lebendiger Herr macht mich mutig!“
Was haben die Engel zugerufen? „Friede auf Erden.“ Sie sollen diesen Frieden heute Nacht und bis an ihr Lebensende erleben. Sie sollen diesen Frieden so erfahren, dass sie sagen: Ich bin geborgen, auch wenn um mich herum die Welt zittert. Ich bin geborgen in den mächtigen Armen des starken Jesus, meines Herrn, meines Heilandes! Amen!