Der Genozid an den Kanaanitern – fünf Perspektiven aus der Theologie, die dich im Glauben wachsen lassen. Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag. Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um einen Gott der Rache.
Ich gebe zu, diese Woche behandeln wir ein sehr ungewöhnliches Thema: den Genozid an den Kanaanitern. Gott beauftragt sein Volk Israel mit einem Völkermord, wie es in 5. Mose 7 beschrieben wird.
Die biblische Anweisung zum Umgang mit den Kanaanitern
Wenn der Herr, dein Gott, dich in das Land bringt, in das du jetzt hineinkommst, um es in Besitz zu nehmen, und wenn er viele Nationen vor dir hinaustreibt – die Hethiter, die Girgasiter, die Amoriter, die Kananiter, die Perisiter, die Heviter und die Jebusiter –, sieben Nationen, die größer und stärker sind als du, und wenn der Herr, dein Gott, sie vor dir dahingibt und du sie schlägst, dann sollst du an ihnen unbedingt den Bann vollstrecken.
Du sollst keinen Bund mit ihnen schließen, noch ihnen gnädig sein. Sieben Völker wohnen dort, wohin Israel zieht, und Gott will, dass sie alle miteinander ausgerottet werden. Das wird diese Woche unser Thema sein.
Die Frage nach dem Umgang mit schwierigen Glaubensinhalten
Frage: Wie kommt man zu so einem Thema?
Antwort: Ich beschäftige mich gerade mit der Frage, warum junge Christen den konservativen Glauben ihrer Eltern verlassen. Dabei habe ich eine Studie gelesen, die beschreibt, wie es zu diesem Wandel kommt.
Im Zentrum der Entwicklung, die vom konservativen Glauben hin zu einer progressiveren Variante oder sogar zum Atheismus führt, steht eine Glaubenskrise. Solche Krisen sind für den Glauben an sich nichts Schlimmes. Jakobus weiß um den Wert von Versuchungen, wenn er schreibt: "Haltet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen geratet."
Glaubenskrisen, die gemeinsam mit Gott gemeistert werden, stärken den Charakter. Leider können sie aber auch unbefestigte Gläubige vom Glauben abbringen.
Wenn man sich anschaut, was diese Glaubenskrisen auslöst, dann sind es sehr häufig Fragen an die Bibel beziehungsweise an den Charakter Gottes. Ganz weit vorne bei den kritischen Anfragen an den Glauben steht die Frage: Wie kann ein Gott der Liebe den Völkermord an den Kananitern befehlen? Wie kann man ernsthaft an so einen Gott glauben beziehungsweise ihm folgen?
Die Unveränderlichkeit Gottes und die Herausforderung der Gottesvorstellung
Und die Frage ist gut. Eine Antwort darauf ist nicht, dass der Gott des Alten Testaments ein anderer Gott sei als der des Neuen Testaments. Nein, der Gott des Mose ist keine rachsüchtige Gottesvorstellung eines rückständigen Nomadenvolkes.
Es gibt in der Bibel keine Entwicklung der Gottesvorstellung. Und zwar einfach deshalb nicht, weil die Bibel nicht beschreibt, wie sich Menschen Gott vorstellen, sondern wie Menschen dem einen lebendigen Gott begegnen.
Gott ist aus der Sicht der Gläubigen eine Person und noch dazu eine, die sich nicht ändert. Und das ist gut so, gut für uns, weil genau das uns Sicherheit gibt. Wir wissen, woran wir sind.
Gott als ein Gott der Rache mag uns nicht schmecken. Vielleicht fällt es uns schwer, das zu singen, was in Psalm 94,1 steht. Dort schreibt der Psalmist: „Gott der Rache, Herr, Gott der Rache, strahle hervor!“
Ich sage nicht, dass Rache als Konzept zu den trivialen, simplen Dingen des Glaubens gehört. Aber eines ist mir sehr wichtig: Gott ändert sich nicht. Deshalb ist den Aposteln des Neuen Bundes das Konzept eines Rächergottes nicht nur als etwas Altes, Fremdes, längst Überholtes bekannt. Ganz im Gegenteil, sie warnen vor Glaubensabfall, vor Selbstjustiz und vor Unzucht, indem sie auf einen Gott hinweisen, der spricht: „Mein ist die Rache.“
Das wiederum ist ein Zitat aus dem Lied des Mose, aus 5. Mose 32,35.
Gottes Rache und das menschliche Verbot der Selbstjustiz
Wir wollen uns diese Woche mit dem Genozid an den Kanaaniten beschäftigen. Bevor wir jedoch tiefer einsteigen, müssen wir uns der Tatsache stellen, dass Gott El-Nekamah, der Gott der Rache, ist.
Während er uns Menschen die Rache verbietet, weil wir dazu nicht gerecht genug und nicht weitsichtig genug sind, behält er sich selbst vor, das Böse in der Welt zu rächen und zu richten. Wann und wie er das tut, bleibt allein ihm überlassen.
Wir tun gut daran, eines niemals zu vergessen: Gott wird in seiner Heiligkeit niemals einen faulen Frieden mit der Sünde schließen. Er ist nicht der Schwammdrübergott, kein nachsichtiger alter Opa-Gott. Er war, ist und bleibt ein verzehrendes Feuer.
Daran ändert weder das Kreuz noch die Auferstehung etwas. Daran erinnert uns der Hebräerbrief mit eindringlichen Worten: "Denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer" (Hebräer 12,29).
Lasst uns deshalb, da wir ein unerschütterliches Reich empfangen, dankbar sein und Gott wohlgefällig dienen – mit Scheu und Furcht. Denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer, genauso wie der Gott, dem das Volk Israel am Horeb begegnet war.
In 2. Mose 24,17 heißt es: "Die Erscheinung der Herrlichkeit des Herrn aber war vor den Augen der Söhne Israel wie ein verzehrendes Feuer auf dem Gipfel des Berges." Dieses verzehrende Feuer ist ein zum Gericht bereiter Gott, der die Sünde von sieben Völkern rächt – das ist der Gott Israels.
In 5. Mose 9,3 lesen wir: "So erkenne denn heute, dass der Herr, dein Gott, es ist, der vor dir her hinübergeht als ein verzehrendes Feuer. Er selbst wird sie vernichten, und er selbst wird sie vor dir demütigen. Du wirst sie vertreiben und sie schnell umkommen lassen, so wie der Herr zu dir geredet hat."
Gott ist ein verzehrendes Feuer. Doch er benutzt das Volk Israel, um sein Gericht über die Kanaaniter zu vollziehen.
Die Verbindung von Rache, Schuld und Vergebung bei Gott
Ein letzter Gedanke zum Thema Rache: Rache setzt konkrete Schuld voraus. Ein gerechter Gott lässt Sünde nicht ungestraft.
Doch das ist nicht alles. Die Vergeltung Gottes setzt noch etwas anderes voraus. Gott ist ja nicht nur der Gott der Rache, sondern auch der Gott der Vergebung. In gewisser Weise kann man sich aussuchen, wie man Gott erfährt – als Rächer der Sünde oder als einen Gott, der die Sünden vergibt. So beschreibt es auch der Psalmist im Umgang Gottes mit seinem Volk.
Psalm 99,8: „Herr unser Gott, du hast ihnen geantwortet. Ein vergebender Gott warst du ihnen, doch auch ein Rächer ihrer Taten.“
Gott wird nicht dadurch zu einem Rächergott, dass er auf Schuld trifft. Es braucht noch etwas mehr: einen Mangel an Einsicht, einen Mangel an Reue, Unbußfertigkeit oder eine Verstockung des Herzens.
Gott hat kein Gefallen am Tod des Sünders. Er will gern vergeben. Aber – und diese Tatsache wird uns diese Woche beschäftigen – wir tun gut daran, uns der Tatsache zu stellen, dass Gott Sünde rächt. Und das tut er im Leben von Einzelnen, aber auch im Leben von Völkern.
Einladung zur persönlichen Reflexion
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, wie unangenehm dir der Gedanke ist, dass Gott ein Rächergott ist.
Das war's für heute. Morgen geht es weiter. Wenn dir der Podcast gefällt, leite doch deine Lieblingsepisoden weiter.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.