Ihr dürft schon einmal den Propheten Haggai suchen, das zweitkürzeste Buch im Alten Testament nach Obadja, dem Propheten Haggai. Wir möchten heute das zweite Kapitel anschauen.
Das Buch ist vor allem deshalb das zweitkürzeste, weil der Dienst von Haggai gerade mal vier Monate umfasst. Er beginnt, und das können wir ziemlich genau sagen, am 29. August nach unserer Zeitrechnung, also am 29. August 520 v. Chr. Dort richtet er die erste Predigt an das Volk im ersten Kapitel. Sein Dienst endet vier Monate später, am 18. Dezember 520 v. Chr.
Das heißt, um es uns vielleicht einfacher zu merken: Er beginnt mitten in der Urlaubszeit und beendet seinen Dienst kurz vor Weihnachten. Haggai selbst ist wahrscheinlich 18 Jahre vor den Ereignissen, die in diesem Buch beschrieben sind, mit 50 anderen Israeliten aus der Gefangenschaft in Babylon nach Israel, nach Jerusalem, zurückgekehrt.
Das bedeutet, er hat miterlebt – nur damit ihr das ein bisschen geschichtlich einordnen könnt – wie das Volk zwei Jahre nach der Rückkehr begeistert begonnen hat, den Tempel wieder aufzubauen, der zerstört worden war. Sie haben euphorisch begonnen, doch dann kam Druck von den umliegenden Ländern, etwas Druck auch von innen heraus. Deshalb hat man das Ganze nach kurzer Zeit wieder aufgegeben und aufgehört, den Tempel weiterzubauen.
Dann vergehen sechzehn Jahre, und Haggai muss das Volk wieder ausrichten. Er muss ihre Prioritäten in Frage stellen. Einen Satz hören wir immer und immer wieder, insgesamt fünfmal: „Richtet euer Herz auf eure Wege.“ Das heißt, prüft, ob die Ziele und Prioritäten, die ihr in eurem Leben gesetzt habt, wirklich wertvoll sind. War es das wert? War es das wert, die Prioritäten in deinem Leben und die Ziele, die du dir gesetzt hast, so zu wählen, wie du es getan hast?
Und diese Predigt Hageis, die erste Predigt am 29. August, schlägt voll ein. Man kann von einer Erweckung im Volk sprechen. Hagei erlebt, wie das Volk unter der Führung eines Mannes namens Seru Babel und eines hohen Priesters namens Joshua wieder beginnt, den Tempel weiterzubauen.
Nach sechzehn Jahren, in denen der Bau einfach brachgelegen hat und nichts passiert ist, lag nur das Fundament da. Nun wurde der Tempelbau wieder aufgenommen.
Doch es kommt zu einem Problem, das uns zum zweiten Kapitel führt. Es gibt viele Männer und Frauen im Volk, die siebzig Jahre und älter sind. An sich ist das nicht das Problem.
Das Problem ist, dass der Tempel, den sie jetzt wieder aufbauen, 586 vor Christus durch Nebukadnezar zerstört wurde. Er wurde also nicht gleich zu Beginn der Gefangenschaft zerstört, sondern im Jahr 586 vor Christus. Das bedeutet, dass dies gerade mal 66 Jahre her ist.
Es gibt also noch einige, die wissen, wie der Tempel ausgesehen hat. Einige können sich an die Pracht, die Herrlichkeit und die Schönheit dieses Tempels erinnern. Wahrscheinlich war Haggai selbst als Kind, als kleiner Junge, mit seinen Eltern dort. Zwar nicht im Allerheiligsten, nicht im Heiligen und nicht im Inneren des Tempels, aber er hat die Schönheit und die Pracht dieses Tempels gesehen.
Und dieser Tempel – allein das Material, das verwendet wurde: Schon unter König David begann man, Material, Gold und Silber tonnenweise anzusammeln und anzusparen für den Tempelbau, den Salomo dann in Angriff nahm. Allein die Anzahl der Arbeiter, die Salomo zur Verfügung standen, überstieg bei weitem das, was Serubbabel hatte.
Wir sehen in Esra und Nehemia, dass Serubbabel wahrscheinlich mit etwa 50 Personen zurückkehrte – man muss sagen „Personen“, da alle mitgezählt sind. Im Gegensatz dazu lesen wir über Salomos Tempelbau folgende Worte. Ich möchte, dass Sie sich einige Abschnitte daraus anhören.
In 2. Chronik 2,1 heißt es: „Dazu ließ König Salomo 70 Lastträger und 80 Steinhauer in den Bergen antreten. Drei Männer setzte er als Aufseher über sie.“ Er beschäftigte also allein 150 Leute, die Steine schlugen und diese nach Jerusalem transportierten, um den Tempel zu bauen.
Im dritten Kapitel von 2. Chronik lesen wir weiter: „Am zweiten Mai in seinem vierten Regierungsjahr begann der Bau. Die Grundmaße, die Salomo für den Bau des Gotteshauses festlegte, betrugen 30 mal 10 Meter. Die Halle vor dem Haus war 10 Meter breit und 10 Meter hoch. Ihre Innenwände ließ er mit reinem Gold überziehen.“
Das Tempelhaus selbst verkleidete er innen mit Zypressenholz und überzog es mit Gold. Darauf waren Palmen und Zierketten angebracht. Salomo ließ das ganze Haus mit Edelsteinen schmücken.
Über das Allerheiligste lesen wir weiter: „Den Raum des Höchstheiligen machte Salomo 10 Meter lang und 10 Meter breit. Er überzog ihn mit reinem Gold im Gewicht von 600 Talenten, was circa 20 Tonnen entspricht – nur für das Allerheiligste also 20 Tonnen Gold.“
Allein für den Überzug der Nadelköpfe wurden 500 Gramm Gold verwendet. Auch die oberen Räume wurden mit Gold verkleidet. Für das Höchstheilige ließ Salomo in Bildhauerarbeit zwei Cherubim anfertigen und überzog sie mit Gold.
Vor dem Haus ließ Salomo zwei Säulen aus Bronze anfertigen, die zusammen 18 Meter hoch waren – jede Säule war 9 Meter hoch. Jede hatte ein Kapitell von 2,5 Metern Höhe. Oben brachte er Zierketten an, an denen 100 Nachbildungen von Granatäpfeln befestigt waren. Die Säulen stellte er rechts und links vor dem Tempel auf.
Das sind nur einige Ausschnitte vom Bau des Königs Salomos, von diesem Tempel. Man kann gerne zuhause 2. Chronik Kapitel 2 bis 6 durchlesen und sich vorstellen, wie dieser Tempel ausgesehen haben muss und wie viel Material verwendet wurde.
Dann lesen wir Haggai 1,8: „Steigt auf das Gebirge, bringt Holz herbei und baut das Haus. So werde ich Wohlgefallen daran haben und verherrlicht werden, spricht der Herr.“
Nichts gegen Holz, aber im Vergleich zu dem, was wir über den salomonischen Tempel lesen, klingt das geradezu erbärmlich. Im Vergleich zum Tempel Salomons wirkt der Tempel, den sie jetzt bauen, für den Propheten Haggai wie eine armselige Holzhütte.
Keine goldüberzogenen Wände, keine mächtigen Bronzesäulen am Eingang. Der Tempel ist weit davon entfernt, so prächtig und herrlich zu werden wie der von Salomo. Er wird erst viel später fertiggestellt, und selbst dann weiß die Bevölkerung genau, dass er niemals an den vorherigen Tempel herankommen wird – nicht einmal ansatzweise. Allein das Material, das ihnen zur Verfügung stand, war bei weitem nicht vergleichbar.
In Esra 3 wird der Schmerz der älteren Bevölkerung deutlich. Dort wird der Grundstein, das Fundament des Tempels, gelegt. Danach liegen die Bauarbeiten sechzehn Jahre lang still.
Wir lesen in Esra 3: „Aber viele der alten Priester und Leviten und Familienhäupter, die den früheren Tempel gesehen hatten, den von Salomo, weinten laut, als der Grund für dieses Haus vor ihren Augen gelegt wurde.“
Ähnlich war es auch zur Zeit Haggais, als der Tempelbau wieder aufgenommen wurde. Die anfängliche Euphorie schwand mehr und mehr. Die Frage entstand: Wie kann Gott dieser Tempel gefallen, wenn er doch nur eine erbärmliche Holzhütte sein wird? Kein mächtiger Tempel, der die Jahrhunderte überdauert und die Größe dieses Gottes irgendwie darstellen soll. Stattdessen Holz, kein Gold, kein Silber, keine Bronzestatuen.
Dieser Entmutigung sieht sich Haggai zu Beginn des zweiten Kapitels gegenüber. Es ist einige Wochen her, dass der Bau wieder aufgenommen wurde. Gott beauftragt Haggai, erneut das Wort an das Volk und ihre Führer zu richten.
Wir sehen, dass Gott diejenigen ermutigt, die verzagt sind, die entmutigt sind, aber ihr Herz darauf gerichtet haben, das Richtige zu tun. Sie haben ihr Herz auf Gott selbst und auf das, was er möchte, gerichtet. Gott sieht, wie es ihnen geht, und er ermutigt sie.
Wir möchten die ersten neun Verse dieses zweiten Kapitels lesen.
Haggai 2,1: Im siebten Monat, am einundzwanzigsten Tag des Monats, erging das Wort des Herrn durch den Propheten Haggai. Er sprach:
„Rede doch zu Serubbabel, dem Sohn Schealtiels, dem Statthalter von Juda, und zu Josua, dem Sohn Jozadaks, dem Hohenpriester, und zum Überrest des Volkes.
Fragt sie: Wer ist unter euch übrig geblieben, der dieses Haus in seiner früheren Herrlichkeit gesehen hat? Und wie seht ihr es jetzt? Ist es nicht wie nichts in euren Augen?
Und nun sei stark, Serubbabel, spricht der Herr, und sei stark, Josua, Sohn Jozadaks, du Hoherpriester!
Seid stark, alles Volk des Landes, spricht der Herr, und arbeitet! Denn ich bin mit euch, spricht der Herr der Heerscharen.
Das Wort, das ich mit euch eingegangen bin, als ihr aus Ägypten zogt, und mein Geist bleibt in eurer Mitte.
Fürchtet euch nicht!
Denn so spricht der Herr der Heerscharen: Noch einmal, eine kurze Zeit, da werde ich den Himmel erschüttern und die Erde, das Meer und das Trockene.
Ich werde alle Nationen erschüttern, und das Ersehnte aller Nationen wird kommen.
Ich werde dieses Haus mit Herrlichkeit füllen, spricht der Herr der Heerscharen.
Mein ist das Silber und mein ist das Gold, spricht der Herr der Heerscharen.
Die letzte Herrlichkeit dieses Hauses wird größer sein als die erste, spricht der Herr der Heerscharen.
Und an diesem Ort will ich Frieden geben, spricht der Herr der Heerscharen.“
Was fällt auf, worüber stolpert man beim Lesen dieser Verse?
Immer wieder kommt der Name Gottes vor: „Herr der Heerscharen“. Es ist der Name, der im Buch des Propheten Haggai für Gott verwendet wird, nämlich Yahweh Sebaoth, Herr der Heere.
Was macht dieser Name deutlich? Er zeigt, dass Gott allmächtig ist und alles in seiner Hand hält. Er spricht von Gottes Macht und seiner Autorität.
Es ist kein Zufall, dass Haggai genau diesen Namen verwendet. Warum?
Das Volk Israel war siebzig Jahre in der Gefangenschaft. Gott spricht ihnen mit diesem Namen zu.
Zum einen verwendet er den Namen Yahweh, den persönlichen Gott, mit dem sie einen Bund geschlossen haben. Zum anderen Sebaoth, was bedeutet, dass Yahweh alles in seiner Hand hält.
Sie waren in der Gefangenschaft und kehren nun zurück. Was ist mit dem Land? Gibt es ein Land Israel? Nein, nicht wirklich.
Wir lesen nichts von einem König, sondern von Serubbabel, einem Statthalter. Es handelt sich um eine kleine Provinz, in die ein winziges Volk zurückgekehrt ist.
Die Frage, die sich stellt, ist: Was ist mit diesem Gott? Steht er noch auf unserer Seite? Was ist mit all seinen Verheißungen?
Gott spricht ihnen durch diesen Namen zu: Ich bin derselbe Gott, und ich stehe weiterhin zu meinen Verheißungen.
Und ich stehe nicht nur zu meinen Verheißungen, ich habe alles in der Hand, um diese Verheißungen auch zu erfüllen.
Und nicht nur der Name Gottes ist kein Zufall, auch das Datum, an dem Haggai diese Worte an das Volk richtet, ist bedeutsam. Im Text lesen wir: Es ist der einundzwanzigste Tag des siebten Monats. Nach jüdischer Zeitrechnung entspricht das, nach unserer Zeitrechnung, dem siebzehnten Oktober 520 vor Christus.
Nun, was ist so besonders an diesem Datum? Am fünfzehnten des siebten Monats beginnt das Laubhüttenfest. Dieses Fest dauert sieben Tage, also eine ganze Woche lang. Am achten Tag findet dann noch eine Festversammlung statt, ein Feiertag, an dem nicht gearbeitet werden durfte.
Das bedeutet: Wenn der fünfzehnte des siebten Monats der Start des Laubhüttenfestes ist und es sieben Tage dauert, dann ist der einundzwanzigste des siebten Monats der letzte Tag dieses Festes.
Was ist daran so besonders? Was war der Zweck dieses Festes? Es gab zwei Zwecke.
Der erste ist, und das lesen wir in 2. Mose, dass dieses Fest ein Erntedankfest war. Man gedachte der reichen Ernte und dankte Gott dafür. Jeder, der sich an die letzte Woche erinnert, merkt die Ironie daran. Warum? Nun, sie hatten seit sechzehn Jahren keine einzige gute Ernte mehr. Sie hatten gerade so viel, dass sie überlebt haben.
Schaut in Haggai 1,6, da heißt es: "Ihr habt viel gesät und wenig eingebracht, ihr esst, aber nicht zur Sättigung, ihr trinkt, aber nicht zur Genüge, ihr kleidet euch, aber es wird keinem warm, und der Lohnarbeiter erwirbt Lohn für einen durchlöcherten Beutel." So spricht der Herr der Heerscharen: "Richtet euer Herz auf eure Wege."
Sie hatten die falschen Prioritäten in ihrem Leben, die falschen Ziele. Sie setzten ihre Ziele darauf, ihre Häuser schönzumachen, und ließen den Tempel einfach links liegen. Und was war die Folge? Eine schlechte Ernte nach der anderen – sechzehn Jahre lang.
Dann kommt dieses Erntedankfest, und sie sollen Gott danken für diese wirklich schlechte Ernte seit sechzehn Jahren.
Aber das Laubhüttenfest hatte noch einen zweiten Zweck, und auch dieser ist wichtig. Es erinnert an den Auszug aus Ägypten und vor allem an die Führung durch die Wüste. Daran soll dieses Fest erinnern.
Deshalb sollten sie auch nicht in ihren Häusern wohnen, sondern in Laubhütten, um so ein wenig nachvollziehen zu können, wie das Volk einige Jahrhunderte zuvor durch die Wüste gezogen ist und in Zelten gewohnt hat. Vor allem aber soll der Fokus darauf liegen, wie Gott das Volk durch die Wüste geführt hat.
Und gerade am Ende dieses Festes wendet sich Gott diesem Volk zu. Das Datum ist also sehr wichtig.
In Vers 3 sehen wir, dass Gott ganz genau weiß, wie es den Menschen geht. Er kennt genau das, was in ihnen vor sich geht. Er stellt genau die Frage, die sie beschäftigt und entmutigt.
Schaut noch einmal in Vers 3: „Wer ist unter euch übrig geblieben, der dieses Haus in seiner früheren Herrlichkeit gesehen hat?“ Diese Frage richtet sich speziell an die Älteren der Bevölkerung, die den Tempel Salomos noch erlebt haben. Dann fragt Gott weiter: „Und wie seht ihr es jetzt, dieses Haus? Ist es nicht wie nichts in euren Augen?“
Gott bestätigt ihre Wahrnehmung: „Ja, es ist nur eine erbärmliche Holzhütte.“ Er kann nachvollziehen, wie es seinen Dienern geht, die ihr Herz auf ihn ausgerichtet haben und auf das, was er will. Gott versteht genau, was in ihren Herzen vor sich geht und wodurch sie entmutigt sind.
Er spricht ihnen Mut zu: „Sei stark, Serubbabel! Sei stark, Josua, du hoher Priester! Sei stark, ganzes Volk des Landes!“ So spricht der Herr und fordert sie auf, zu arbeiten.
Der Grund dafür wird gleich genannt: „Warum sollt ihr stark sein? Warum sollt ihr euch nicht entmutigen lassen? Ich bin mit euch“, spricht der Herr der Heerscharen. „Das Wort, das ich mit euch eingegangen bin, als ihr aus Ägypten zogtet, und mein Geist bleibt in eurer Mitte. Fürchtet euch nicht!“
In dieser Zusage sehen wir in Vers 5 einen Rückblick in die Vergangenheit. Ab Vers 6 folgt ein Weitblick, ein Blick in die Zukunft, durch den Gott das Volk ermutigen möchte.
Nun, wie gesagt, es ist der siebte Tag dieses Laubhüttenfestes. Sie haben sich eine Woche lang daran erinnert, wie Gott das Volk durch die Wüste geführt hat. Dabei haben sie auch sein Versprechen an das Volk nicht vergessen.
In 2. Mose 29 sagt Gott zu diesem Volk in der Wüste: „Und ich werde in der Mitte der Kinder Israel wohnen und werde ihr Gott sein.“
Hier verspricht Gott durch Haggai dem Volk, dass sich nichts geändert hat. Es hat sich rein gar nichts daran geändert, dass er treu zu seinen Zusagen steht. Gott hat in der Stiftshütte in der Mitte dieses Volkes gewohnt. Er hat sie „geführt durch die Wolken- und Feuersäule“. Und er verspricht ihnen: „Ich bin weiterhin mit euch. Es hat sich nichts an meinem Wort geändert, das ich euch gegeben habe, und mein Geist ist weiter in eurer Mitte.“
Also: Seid stark, fürchtet euch nicht!
Interessant ist, dass „seid stark“ immer in der Einzahl verwendet wird, obwohl das ganze Volk gemeint ist. Wir sollen gemeinsam stark sein und den Tempelbau weiter fortführen.
Gott richtet dann in Vers 6 seinen Blick weg von dem, was geschehen ist, und schaut nach vorne in die Zukunft. Er ermutigt sie durch Weitblick – das ist der erste Punkt: Ermutigung durch Weitblick.
In den Versen 6 bis 9 lesen wir das noch einmal gemeinsam. Dort steht:
„Denn so spricht der Herr, der Herrscher: Noch eine kurze Zeit, dann werde ich den Himmel erschüttern und die Erde, das Meer und das Trockene. Ich werde alle Nationen erschüttern, und das Ersehnte aller Nationen wird kommen. Ich werde dieses Haus mit Herrlichkeit füllen, spricht der Herr, der Herrscher. Mein ist das Silber und mein das Gold, spricht der Herr, der Herrscher. Die letzte Herrlichkeit dieses Hauses wird größer sein als die erste, spricht der Herr der Heerscharen. Und an diesem Ort will ich Frieden geben, spricht der Herr der Heerscharen.“
Bevor wir sofort in die Interpretation einsteigen und überlegen, was das bedeuten könnte – ob es schon erfüllt ist, wer damit gemeint ist, wann es sich erfüllt oder ob es vielleicht schon zu hundert Prozent erfüllt wurde –, möchte ich, dass wir zunächst genau anschauen, was in den Versen überhaupt steht.
Was steht dort tatsächlich? Ich möchte, dass wir uns genau mit dem Text beschäftigen, bevor wir zu irgendeiner Interpretation kommen.
In Vers 7 heißt es: „Das Ersehnte aller Nationen wird kommen.“ Viele sagen, dass sich dieses „Ersehnte“ auf Jesus, den Messias, bezieht – das Ersehnte der Nationen. Sie argumentieren, dass die Herrlichkeit, mit der Gott das Haus füllen will, bereits erfüllt sei, weil Jesus als Zwölfjähriger und auch als erwachsener Mann im Tempel war. Jesus war genau in dem Tempel, der unter Zerubbabel gebaut wurde, der später verschönert und schließlich siebzig Jahre nach Christus von den Römern zerstört wurde. Deshalb meinen einige, mit dem „Ersehnten“ sei Jesus gemeint.
Nun stellt sich die Frage: Macht das Sinn? Ich möchte eine Warnung aussprechen, denn ich habe manchmal den Eindruck, dass Christen gerade bei alttestamentlichen Texten oft dazu neigen, alles sofort zu vergeistlichen und in jedem Detail ein Bild zu sehen. Das ganze Alte Testament spricht zwar von Jesus und bereitet auf sein Erlösungswerk vor. Aber das bedeutet nicht, dass jedes Detail, das halbwegs passt, automatisch auf Jesus bezogen werden muss – vor allem nicht, wenn der Kontext das nicht nahelegt.
Wir müssen eine wichtige Sache im Kopf behalten: Gott spricht durch Menschen zu Menschen. In diesem Fall spricht er durch Haggai zu seinem Volk. Das, was Gott sagt, ist genau an diese Menschen gerichtet. Was für ein Gott wäre es, der einem entmutigten Volk, das gerade mit dem Hausbau beschäftigt ist, ein Versprechen gibt, das sie damals gar nicht verstehen konnten? Ein Versprechen, das am Ende ganz anders gedeutet werden muss, als sie es damals hätten verstehen können?
Ich denke, wir sollten sehr vorsichtig sein, alles im Alten Testament sofort zu vergeistlichen, nur weil es gut klingt. Aus mehreren Gründen glaube ich, dass sich das „Ersehnte“ nicht auf Jesus bezieht.
Warum? Die erste Frage ist: Ist Jesus wirklich das Ersehnte der Heiden? Sehnen sich die Heiden nach einem Erlöser? Oder sehnen sie sich eher danach, so zu sein wie Gott, wie wir es in 1. Mose lesen? Sie singen „Du großer Gott“, doch sie schauen dabei nur auf sich selbst. Das ist der Mensch. Ich denke nicht, dass Jesus das Ersehnte der Heiden ist.
Zum anderen macht es auch grammatikalisch keinen Sinn, dass sich das „Ersehnte“ auf Jesus bezieht. Wer eine Elberfelder Übersetzung hat, wird feststellen, dass das „wird kommen“ im Plural steht. Deshalb ist es auch richtig, dort zu lesen: „Die Kostbarkeiten aller Nationen werden kommen.“ Im Plural.
Ich denke, der Zusammenhang zeigt ganz klar, was damit gemeint ist. Schauen wir in Vers 8: „Mein ist das Silber und mein das Gold“, spricht der Herr der Heerscharen.
Was bedeutet das für das „Ersehnte“ beziehungsweise die „Kostbarkeiten“? Ich bin überzeugt, dass hier das Gold und Silber der Nationen gemeint ist. Vers 8 würde überhaupt nicht passen, wenn Vers 7 nicht von Gold und Silber spräche.
Diese Kostbarkeiten der Heiden sind das, wonach sie sich sehnen. Gott sagt aber: „Das gehört alles mir.“ Alles Gold und Silber gehört mir. Die Heiden haben den Tempel ausgeraubt und alles Gold und Silber mitgenommen. Euer Tempel wird nicht so schön sein, ihr habt nicht das Material – das Gold und Silber – zur Verfügung. Aber seid euch einer Sache sicher: Alles Gold, das die Heiden geraubt haben, gehört mir.
Deshalb macht es nur Sinn, dass sich das „Ersehnte der Nationen“, die „Kostbarkeiten aller Nationen“, auf das Silber und Gold bezieht, das eigentlich Gott gehört. Es ist mein Silber, es ist mein Gold, ich bin der Herr, der alles in seiner Hand hält.
Gott sagt in Vers 7: „Und ich werde dieses Haus mit Herrlichkeit füllen“, spricht der Herr, der Herrscher. Wir sollten daher vorsichtig sein, wie wir das verstehen. Meines Erachtens ist hier nicht von der Herrlichkeit Gottes die Rede. Deshalb wird das auch nicht durch Jesus, der im Tempel war, erfüllt.
Wenn wir genau hinschauen, steht dort nicht einmal „die Herrlichkeit“, sondern: „Ich werde dieses Haus mit Herrlichkeit füllen.“ Mit Herrlichkeit, nicht mit der Herrlichkeit, nicht mit der Herrlichkeit Gottes. Gott sagt nicht: „Ich werde dieses Haus mit meiner Herrlichkeit füllen“, sondern nur „mit Herrlichkeit“.
Wenn wir Vers 7 und 8 zusammen betrachten, denke ich, dass mit „Herrlichkeit“ eindeutig das Gold, das Silber, die Kostbarkeiten gemeint sind, nach denen sich die Heiden sehnen, die aber eigentlich Gott gehören. Damit wird der Tempel gefüllt.
Andere Stellen bestätigen das, zum Beispiel Jesaja 60. Dort lesen wir, dass die Heiden ihre Reichtümer dorthin bringen werden: „Dann wirst du es sehen und vor Freude strahlen, und dein Herz wird beben und weit werden, denn die Fülle des Meeres wird sich zu dir wenden, der Reichtum der Nationen zu dir kommen.“
Weiter heißt es: „Und deine Tore werden beständig offenstehen, Tag und Nacht werden sie nicht geschlossen, damit der Reichtum der Nationen und ihre weggeführten Könige zu dir gebracht werden können.“
Also spricht nicht nur Haggai davon, dass die Nationen ihre Reichtümer, ihre Kostbarkeiten, nach Jerusalem in den Tempel bringen werden. Gott wird die Herrlichkeit dieses Hauses füllen, indem die Nationen und Heiden ihre Kostbarkeiten, ihr Gold und Silber – das, wonach sie sich sehnen, das aber eigentlich Gott gehört – zum Tempel bringen können.
Gott sagt: „Die letzte Herrlichkeit dieses Hauses wird größer sein als die erste, und es wird Frieden geben an diesem Ort.“
Nun gibt es einige, die sagen: Okay, das muss sich auf den Tempel von Zerubbabel beziehen. Es muss sich auf diesen Tempel beziehen, der 70 Jahre nach Christus zerstört wird.
Doch schaut genau in den Text, wie von dem Tempel die Rede ist. In Vers 3 heißt es: Wer ist unter euch übrig geblieben, der dieses Haus in seiner früheren Herrlichkeit gesehen hat? Wer hat dieses Haus gesehen? Gott spricht hier immer von demselben Tempel. Er spricht nicht vom ersten Tempel unter Salomo oder vom zweiten Tempel von Zerubbabel, sondern von diesem Haus. Es ist ein und dasselbe.
In Vers 9 sehen wir dasselbe Prinzip. Dort ist auch von der letzten Herrlichkeit dieses Hauses die Rede, die größer sein wird als die erste, die das Haus unter Salomo hatte. Es ist also immer von einem Haus die Rede. Es muss sich nicht auf den Tempel Zerubbabels beziehen, der dann wieder zerstört wird.
Worauf bezieht sich der Text nun? Ich denke, dass alles, was wir hier sehen und beobachten können, nahelegt, dass es sich auf das zweite Kommen Jesu bezieht. Auf das Aufrichten des eintausendjährigen Reiches und den Tempel, der dort sein wird, sowie auf die Heiden, die ihre Wertschätze dorthin bringen werden.
Dafür spricht meines Erachtens auch das Ende von Vers 9, wo von Frieden die Rede ist. Wir sollten vorsichtig sein, das sofort zu vergeistlichen und nur von einem geistlichen Frieden zu sprechen. Natürlich hat Jesus geistlichen Frieden gebracht, aber er wird auch wirklichen Frieden bringen.
Jesaja 2 beschreibt dies: Es wird geschehen am Ende der Tage, dass der Berg des Hauses des Herrn feststehen wird auf dem Gipfel der Berge und erhaben sein wird über die Hügel. Alle Nationen werden zu ihm strömen, und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufziehen zum Berg des Herrn, zum Haus des Gottes Jakobs! Er wird uns belehren aus seinen Wegen, und wir wollen wandeln auf seinen Pfaden.
Denn von Zion wird das Gesetz ausgehen und das Wort des Herrn von Jerusalem. Er wird richten zwischen den Nationen und Recht sprechen vielen Völkern. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Keine Nation wird gegen eine andere das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen.
Wir selbst sind nicht fähig, Weltfrieden zu bringen. Weltfrieden wird es niemals geben, bis Jesus auf diese Erde wiederkommt und echten Frieden bringt. Und zwar nicht nur in geistlicher Hinsicht.
Das ist der Ausblick, den Gott diesem Volk gibt, damit sie weiter am Tempel bauen. Das ist die Ermutigung. Sie wissen: Gott ist der Herrscher, der alles in seiner Hand hat und genau das zu Ende führen wird, was er verspricht.
Er wird dieses tausendjährige Reich bringen. Er wird selbst über dieser Erde herrschen, diesen Frieden bringen und will sie durch diesen Weitblick in die Zukunft ermutigen.
Und eigentlich könnte das Buch Haggai schon mit diesem Blick in die Zukunft enden. Doch Gott wendet sich einige Wochen später, am 18. Dezember, erneut an das Volk – in den Versen 10 bis 19. Ich möchte nur ganz kurz darauf eingehen, und zwar vor allem auf Vers 14.
Wenn wir diesen Text lesen – ihr könnt ihn gerne zuhause einmal durchlesen –, dann ist dort von Unreinheit die Rede, von Reinheit und von der Tatsache, dass alles, was dieses Volk tut, unrein ist, weil sie selbst unrein sind. Schaut in Vers 14, ich denke, das ist der Kernvers dieses Abschnitts 10 bis 19:
Da antwortete Haggai und sprach: „So ist dieses Volk, und so diese Nation vor mir, spricht der Herr, und so ist alles Tun ihrer Hände, und was sie dort darbringen, also die Opfer, die sie darbringen – es ist unrein, es ist unrein.“
Diese Aussage macht deutlich, was hier gemeint ist. Zum einen blickt Haggai noch einmal zurück auf die Tatsache, dass sie ihr Herz auf die falsche Sache ausgerichtet haben, was ihnen eine schlechte Ernte eingebracht hat. In den weiteren Versen verheißt er ihnen, dass Gott sie wieder segnen will, weil sie jetzt ihr Herz auf die richtige Sache ausgerichtet haben.
Damit macht Haggai sich selbst angreifbar, denn er gibt eine Prophezeiung, die in den nächsten Wochen und Monaten in Erfüllung gehen muss. Die gute Ernte muss wiederkommen, wenn Haggai das verheißt. Er macht sich dadurch prüfbar, denn er gibt keine Prophezeiung, die vielleicht erst in 200, 300 oder 400 Jahren erfüllt wird und die niemand überprüfen kann. Vielmehr wird er als Prophet Gottes bestätigt, weil auch seine Verheißungen in den nächsten Wochen und Monaten eintreten. So wird klar, dass seine Aussagen richtig sind und dass es wieder Segen geben wird.
Ich denke aber, dass dieser Vers noch etwas anderes deutlich macht – ein Prinzip, das vor allem in den letzten Propheten des Alten Testaments deutlich wird. Schauen wir uns die Aussage von Haggai an: „Alles, was sie tun mit ihren Händen, alles, was sie opfern, ist unrein, weil sie selbst unrein sind.“ Die Frage ist: Wie soll ein Opfer das Volk reinigen und heiligen, wenn alles, was sie opfern, in dem Moment, in dem sie es anfassen und opfern, unrein wird, weil sie selbst unrein sind?
Damit macht Haggai deutlich, dass das eigentliche Problem nicht außerhalb des Menschen liegt, sondern in ihm selbst. Und ich denke, dass das, was Haggai hier sagt, genau dasselbe ist, was Jesus in Markus 7 sagt:
„Und er sprach zu ihnen, zu den Jüngern: Seid auch ihr so unverständlich? Begreift ihr nicht, dass alles, was von außen in den Menschen hineinkommt, ihn nicht verunreinigen kann? Denn es kommt nicht in sein Herz, sondern in den Bauch und wird auf dem natürlichen Weg, der alle Speisen reinigt, ausgeschieden. Er sprach aber: Was aus dem Menschen herauskommt, das verunreinigt den Menschen. Denn von innen, aus dem Herzen des Menschen, kommen die bösen Gedanken hervor: Ehebruch, Unzucht, Mord, Diebstahl, Geiz, Bosheit, Betrug, Zügellosigkeit, Neid, Lästerung, Hochmut, Unvernunft – all dieses Böse kommt von innen heraus und verunreinigt den Menschen.“
Das Herz des Menschen ist unrein. Das Problem des Menschen liegt in ihm selbst. Damit schreit dieser Vers im Propheten Haggai nach einem Messias. Er schreit nach einem Erlöser, nach dem Retter, der sein Volk von seinen Sünden erlösen wird.
Dieser Vers 14 schreit danach, dass ein Retter von außen kommt und den Menschen von seiner Sünde erlöst, die in ihm ist und ihn verunreinigt. Dieser Vers schreit nach dem Erlöser, Jesus Christus, von dem wir lesen, dass er uns von aller Ungerechtigkeit reinigt.
Dieser Vers 14 fordert dazu auf, die eigene Sünde zu bekennen und vor Gott Buße zu tun, damit er von den Sünden reinigt. Denn solange Christus dich nicht gereinigt hat, ist alles, was du tust – egal, wie gut es zu sein scheint – vor Gott unrein.
Alles, was das Volk anfasst, alles, was es tut, ist unrein, solange Christus nicht gereinigt hat.
Und zum Abschluss dieses Propheten kehrt Haggai noch einmal zu dem zurück, was er bereits im vorherigen Abschnitt prophezeit hat. Durch diesen letzten Abschnitt, die Verse 20 bis 23, gibt Gott dem Volk und allen voran Serubbabel Hoffnung – und zwar wieder durch Weitblick, durch den Blick nach vorne.
Lesen wir noch einmal gemeinsam diese Verse 20 bis 23:
„Und das Wort des Herrn erging zum zweiten Mal an Haggai, am vierundzwanzigsten des Monats, achtzehnter Dezember. Da sprach er: Rede zu Serubbabel, dem Statthalter von Juda, und sprich: Ich werde den Himmel und die Erde erschüttern, und ich werde den Thron der Königreiche umstürzen und die Macht der Königreiche der Nationen vernichten. Ich werde die Streitwagen umstürzen und die, die darauf fahren, und die Pferde und ihre Reiter sollen hinfallen, jeder durchs Schwert des anderen. An jenem Tag, spricht der Herr der Herrscher, werde ich dich nehmen, Serubbabel, Sohn Schertils, meinen Knecht, sprich der Herr, und dich wie einen Siegelring machen, denn ich habe dich erwählt, spricht der Herr, der Herrscher der Heerscharen.“
Nun soll diese Prophezeiung dem Volk und Serubbabel Hoffnung geben. Warum? Wir befinden uns wieder nach der Gefangenschaft, und die Frage, die sich das Volk stellt, ist immer noch: Ist Gott wirklich mit uns? Gelten seine Verheißungen noch? Gelten die Verheißungen, die Gott David gegeben hat – König David –, gelten sie noch? Gilt die Verheißung aus 2. Samuel 7 noch, dass der Sohn Davids, ein Nachkomme Davids, ewig regieren wird? Haben wir noch diese Hoffnung auf den kommenden Nachkommen Davids, der ewig regieren wird? Haben wir sie noch?
Warum ist das überhaupt eine Frage? In Jeremia lesen wir über König Jojakim, einen Nachkommen Davids, die folgenden Worte:
„So wahr ich lebe, spricht Jahwe, selbst wenn du ein Siegelring an meiner rechten Hand wärst, Kunja ben Jojakim“ – und damit ist Jojakim gemeint, König von Juda –, „würde ich dich doch von dort wegreißen.“
Und einige Verse später heißt es:
„So spricht Jahwe: Halte diesen Mann als kinderlos in der Chronik fest, als einen, der sein Leben lang nur Misserfolg hat, denn keinem seiner Nachkommen wird es gelingen, auf dem Thron Davids zu sitzen und Juda zu regieren.“
Die Frage nach der Gefangenschaft dieses Volkes ist also: Wie geht es mit dieser Verheißung an David weiter, wenn sie diesem König Jojakim genommen wurde? Wenn der Siegelring von seiner Hand gerissen wurde, wie geht es weiter? Hat Gott diese Verheißung komplett aufgelöst? Hat er sie einfach zunichtegemacht, nur um zu sagen: „Okay, ich suche mir ein anderes Volk, ich suche mir einen anderen Mann, ich suche mir einen anderen König“?
Die Antwort von Haggai ist: Die Verheißung an David wird an Serubbabel übertragen. Serubbabel ist ein Enkel von Jojakim, ein Mann, der von David abstammt, ein Nachkomme Davids, der die Hoffnung auf den kommenden König in sich trägt und sie an die nächsten Generationen weitergibt.
Was ist die Besonderheit an Serubbabel? Wenn ihr das Matthäusevangelium lest und es mit dem Lukasevangelium vergleicht – die beiden Stammbäume, den Stammbaum von Josef, der der rechtliche Vater von Jesus ist, und den Stammbaum von Maria –, dann werdet ihr eine Sache feststellen: Es gibt einige wenige Personen, die in beiden Stammbäumen vorkommen. Einer davon ist Serubbabel.
Serubbabel ist der Vorfahre dieses ewigen Königs Jesus Christus. Wie ist das möglich? Wahrscheinlich durch eine Schwagerehe. Darauf möchte ich jetzt nicht näher eingehen, aber so kommt es, dass er in beiden Stammbäumen vorkommt.
Die Verheißung an Serubbabel ist eine Weitergabe der Verheißung an David und erfüllt sich in Jesus Christus. Wir sehen wieder, wie Gott seinen Verheißungen, die er gibt, treu bleibt.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal auf die Erschütterung von Himmel, Erde und aller Völker zurückkommen. Diese Erschütterung haben wir sowohl in Vers 6 als auch hier in Vers 21 gelesen. Was ist damit gemeint? Worauf bezieht sich das?
Damit kommen wir auch zu der Frage, die du dir wahrscheinlich gestellt hast und die dich beschäftigt: Was hat das eigentlich mit mir zu tun? Was geht mich an, was vor 2.500 Jahren, 520 vor Christus war? Was hat mich dieser Tempelbau zu sagen? Was hat mir persönlich das Buch Haggai zu sagen?
Schlagen wir dazu gemeinsam den Hebräerbrief auf, Kapitel 12, ab Vers 25. Dort sehen wir, wie genau dieser Vers mit der Erschütterung, nämlich Vers 6, in Hebräer 12 zitiert wird. Hebräer 12,25-28 lautet:
„Habt Acht, dass ihr den nicht abweist, der redet! Denn wenn jene nicht entflohen sind, die den abgewiesen haben, der auf der Erde göttliche Weisungen verkündete, wie viel weniger wir, wenn wir uns von dem abwenden, der es vom Himmel herab tut. Seine Stimme erschütterte damals die Erde.“
Das bezieht sich auf 2. Mose 19, wo Gott auf den Berg Sinai kommt und seine Stimme damals die Erde erschütterte.
Jetzt aber hat Gott eine Verheißung gegeben, indem er spricht: „Noch einmal erschüttere ich nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel.“ Dieses „noch einmal“ deutet auf die Beseitigung der Dinge hin, die als erschütterbar geschaffen wurden, damit die Dinge bleiben, die nicht erschüttert werden können.
Darum, weil wir ein unerschütterliches Reich empfangen, lasst uns die Gnade festhalten, durch die wir Gott auf wohlgefällige Weise dienen können – mit Scheu und Ehrfurcht. Denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer.
Gott wird nicht nur die Erde erschüttern, sondern das ganze Universum. Alle natürlichen Dinge, die erschüttert werden können, werden vernichtet. Nur die ewigen Dinge bleiben bestehen.
Gott wird ein neues, ewiges, unerschütterliches Reich schaffen. In Offenbarung 21 heißt es:
„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel herabkommen, von Gott bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut.“
Haggai und der Hebräerbrief machen eines deutlich: Du kannst diesen Planeten nicht retten. Wir können noch so viele Gesetze erlassen, wir können alles daran setzen, dass die Klimaerwärmung nicht so stark ausfällt, wir können alles tun, um die Welt zu retten – aber wir können es nicht. Wir können diesen Planeten nicht retten, denn Gott wird ihn sowieso komplett neu machen.
Aber was kannst du tun? Du kannst diesen Planeten nicht retten, aber du kannst dich selbst retten. Indem du Teil dieses unerschütterlichen, ewigen Reiches wirst, indem du Bürger des Himmels wirst. Indem du Buße tust, dich zu Jesus bekennst, ihm dein Vertrauen schenkst, dein Herz ihm öffnest und dein Leben auf ihn ausrichtest.
Also ist die Frage an dich: Bist du Teil dieses unerschütterlichen Reiches? Und wenn ja, dann stellt sich die Frage, die der Prophet Haggai auch heute noch an uns richtet: Worauf hast du dein Herz gerichtet?
Worauf hast du dein Herz gerichtet? Welche Prioritäten und Ziele hast du in deinem Leben gesetzt? Und wenn du sie aus der Ewigkeitsperspektive betrachtest: Waren sie es wert? War es das wert, diese Prioritäten und Ziele zu setzen? War es das wert, alles dafür zu geben, das schönste Haus hier auf Erden zu haben – aus der Ewigkeitsperspektive betrachtet? War es das wert, alles daran zu setzen, das schönste Auto zu besitzen, die beste Karriere zu machen? Ist es wert, die Prioritäten darauf zu setzen, die besten Noten in der Schule zu haben?
Ich sage nicht, dass ihr nicht lernen sollt. Aber ich denke, dass alles ein Götze werden kann – auch die schönen, guten Noten in der Schule.
War es das wert? Worauf hast du dein Herz gerichtet?
Die Antwort, die der Hebräerbriefautor gibt, lautet: Richte dein Herz auf die Ewigkeit. Richte dein Herz auf die Dinge, die nicht vergehen, die unerschütterlich sind. Richte dein Herz auf das unerschütterliche, ewige Reich Gottes.
Ein Kapitel später schreibt der Hebräerbriefautor, und mit diesem Vers möchte ich schließen, in Hebräer 13,14:
„Denn hier auf der Erde haben wir keine Heimat; unsere Sehnsucht gilt jener künftigen Stadt, zu der wir unterwegs sind.“
Amen.