Die zentrale Wahrheit: Gott ist der Anfang und Ursprung der Errettung
Wir wollen noch ein wenig im ersten Kapitel verweilen, denn dort gibt es noch einiges, das wir mitnehmen müssen, bevor wir zu den weiteren Kapiteln kommen.
Gestern haben wir eine Hauptwahrheit gesehen, die ich gerne noch einmal wiederhole. Ich möchte diesen Gedanken tief verankern und hoffe, dass er sich festsetzt: Gott ist am Anfang. Spurgeon wurde bekanntlich nie müde, daran zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass jede Irrlehre, jede falsche, verdrehte oder halbwahre Lehre über Christus und das Evangelium damit zusammenhängt, dass nicht Gott, sondern etwas anderes am Anfang steht. Sei es das Vermögen des Menschen, der Wille des Menschen oder etwas anderes.
Nein, im Anfang ist Gott. Sonst wäre Gott nicht Gott. Im Anfang ist Gott. Die Errettung geht von Gott aus, und deshalb ist sie gewiss.
Ein zweiter Punkt ist ebenfalls wichtig. Gestern Abend haben wir gehört, wie John Wesley am Grab seines Freundes und Mitarbeiters Georg Whitfield sagte, dass der Inhalt der Botschaft von Georg Whitfield darin bestand, alles Gute, das im Menschen ist, Gott zuzuschreiben und Gott in allem zu erhöhen.
Die Erkenntnis, dass wir die ganze Errettung Gott verdanken, weil sie von Gott ausgeht, macht Gott groß und den Menschen klein. Gott wird groß, und der Mensch wird klein. Der Mensch wird gedemütigt.
Diese Tatsache und Wahrheit muss auch Israel gedemütigt haben, als Israel aus Ägypten herausgeführt wurde. Es muss sie tief bewegt haben, dass sie errettet wurden, weil Gott sich das vorgesetzt hat. Die Errettung geht von Gott aus, Gott hat es vorhergesagt, und nun ist es genau so geschehen.
Gottes Vorherwissen und souveräne Errettung im Alten Testament
Das Gleiche finden wir wiederum im Propheten Jesaja. Wir schlagen jetzt auf Jesaja 48, ab Vers 3.
Jesaja 48,3: „Ich habe das Frühere verkündet, und es ist aus meinem Munde hervorgegangen. Ich habe es hören lassen, plötzlich vollführte ich es, und es traf ein. Weil ich wusste, dass du hart bist und dass dein Nacken eine eiserne Sehne und deine Stirn von Erz ist, so habe ich es vorlängst dir verkündet. Ehe es eintrat, habe ich es dich hören lassen, damit du nicht sagen möchtest: Mein Götze hat es getan, und mein geschnitztes und mein gegossenes Bild hat es geboten.“
Nein, nicht irgendetwas, das du gefertigt oder gebildet hast oder was aus deinen Händen hervorgeht, sondern ich habe es gebildet – auch die Errettung. Diese Wahrheit soll uns demütigen.
Nun, Demütigung und Demut sind ja nichts anderes als Wahrhaftigkeit. Denn Gott ist groß, und wir sind einfach klein. Uns bleibt nichts anderes übrig, als anzuerkennen, wie die Dinge sind: Gott ist groß, und wir vermögen nichts. Gott hat alles getan, und wir haben Gott nichts gegeben, wofür Gott uns hätte vergolten müssen.
Noch einmal Römer 11,33-36: „O wie unermesslich sind des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind seine Gerichte und unausspürbar seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt? Wer ist sein Berater gewesen? Wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge. Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit!“
Dadurch ist sichergestellt, dass Gott alle Ehre bekommt. Gott muss alle Ehre bekommen, weil Gott Gott ist.
Und wiederum Jesaja 42,7: „Ich bin der Herr, das ist mein Name; meine Ehre gebe ich keinem andern.“ Gott tut es nicht.
So hat Gott, wie in der Schöpfung, auch in der Errettung alles so eingerichtet, dass der Mensch in allem vollständig von Gott abhängig und auf Gott angewiesen ist. Damit Gott in allem verherrlicht werde und niemand sagen kann: Das habe ich gewirkt; das hat mein Götze getan, mein Götze, mein Vermögen, mein Planen.
Wir werden gedemütigt, Gott wird erhöht.
Im Epheserbrief Kapitel 1 steht dreimal, dass die ganze Errettung zum Lob und zum Preis der Herrlichkeit Gottes sei. Das ist so, weil, wie Paulus auch im Epheserbrief darlegt, die ganze Errettung von Gott ausgeht. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken.
Darüber werden wir dann noch sprechen.
Die Schuld Israels und die Notwendigkeit göttlicher Gnade
Nun folgt hier auch eine Erklärung und Begründung, warum die Errettung ganz Gottes Werk sein muss. Israel ist verstrickt und kann sich nicht selbst befreien. Doch nicht nur das: Israel ist auch schuldig und hat daher nicht verdient, dass Gott sich für dieses Volk einsetzt.
Man liest diese Geschichte im zweiten Mosebuch und gewinnt dabei leicht den Eindruck, dass das Volk Israel ein armes Opfer böser Menschen und übler Umstände sei. Das Evangelium stellt die Sache jedoch anders dar. Paulus beschreibt im Römerbrief die Lage so, dass der Mensch unter Gottes Zorn steht – und zwar aus eigener Schuld.
Er beginnt in Römer 1,18 damit zu erklären, dass der Mensch, obwohl er weiß, dass es einen Gott gibt, sich diesem Gott verweigert. Er stößt das Licht und die Erkenntnis, die er von Gott hat, von sich. Deshalb steht er unter Gottes Zorn. Der Mensch ist also nicht nur unfähig, sich selbst zu retten – er ist ein Knecht der Sünde und des Bösen –, sondern er ist auch schuldig. Er verdient es nicht, dass Gott ihm hilft oder sich seiner annimmt. Die Lage ist vollständig hoffnungslos.
Wie zeigt sich das an Israel? Hier wird das zwar nicht explizit gesagt, doch wenn man die Geschichte im zweiten Mosebuch liest, haben manche daraus eine Erzählung konstruiert, in der ein bedrücktes und unterdrücktes Volk in einem heldenhaften Kampf mit Gottes Hilfe schließlich befreit wird. Diese Darstellung ist zum Vorbild für viele Befreiungsideologien geworden: ein unterdrücktes Volk, das einen heldenhaften Kampf um seine Freiheit führt.
Doch das ist falsch. Wir haben es hier mit einem schuldigen Volk zu tun, das unter Gottes Zorn steht.
Woher weiß ich das? Einer der Propheten – und ich kann mich wirklich nur an diese eine Stelle erinnern, die diese Lage beleuchtet – ist Hesekiel. In Hesekiel Kapitel 20 wird genau diese Situation dargestellt. Dies wird uns auch im Neuen Testament, besonders im Römerbrief, mit aller Klarheit gezeigt: Der Mensch ist nicht das unschuldige Opfer seiner Situation, sondern durch eigene Bosheit selbst gewählt und gefangen. Er ist schuldig, selbst verschuldet.
Hesekiels Zeugnis über Israels Verstockung und Gottes Zorn
Also Hesekiel Kapitel 20, Vers 6 an:
An jenem Tag erhob ich meine Hand zu ihnen, dass ich sie aus dem Land Ägypten führen würde, in ein Land, das ich für sie bereitet hatte. Ein Land, das von Milch und Honig fließt, die Zierde aller Länder.
Ich sprach zu ihnen: Werft jeder die Scheusale seiner Augen weg und verunreinigt euch nicht mit den Götzen Ägyptens. Ich bin der Herr, euer Gott.
Nun, wer das tat und wie das geschah, wissen wir nicht. Aber offensichtlich waren die Israeliten in Ägypten im Götzendienst versunken. Sie wussten um den Gott der Väter. Nicht nur das, sie wussten auch, was alle Heiden wussten: dass Gott ein Schöpfer ist, ein Alleiniger. Das sieht man an der Schöpfung.
Und doch dienten sie den Götzen. Sie waren Götzendiener. Gott sprach zu ihnen und forderte sie auf: Werft diese Götzen weg! Ich bin der Herr, euer Gott.
Aber sie waren widerspenstig gegen mich und wollten nicht auf mich hören. Keiner warf die Scheusale seiner Augen weg, und von den Götzen Ägyptens ließen sie nicht ab.
Da gedachte ich, meinen Grimm über sie auszugießen. Sie standen also unter Gottes Zorn, und sie hatten Gottes Zorn verdient. Gott hätte sie in Ägypten richten müssen.
Da gedachte ich, meinen Grimm über sie auszugießen und meinen Zorn an ihnen zu vollenden, mitten im Land Ägypten, schon dort.
Aber ich handelte anders. Und jetzt kommt es um meines Namens willen: Wenn Gott rettet, dann rettet er um seines Willens, nie aufgrund von Verdienst.
So sagt auch Römer Kapitel 1, Vers 18 und folgende:
Es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen oder niederdrücken.
Sie wissen genug, sie erkennen genug. Und das, was sie wissen und erkennen, drücken sie nieder. Sie unterdrücken, verdrängen und verweigern Gott.
Darum stehen sie zu Recht unter Gottes Zorn.
Die Verkündigung des Evangeliums und die Realität der Sünde
Wir sollten dies bei der Verkündigung des Evangeliums bedenken. Es ist nicht immer möglich, alles direkt und offen auszusprechen. Doch irgendwann müssen wir den Menschen die Wahrheit sagen. Es ist einfach nicht richtig, ihnen nur zu sagen: „Gott liebt dich.“
Das Erste, was Paulus im Römerbrief sagt, ist nicht, dass Gott uns liebt, sondern dass wir unter Gottes Zorn stehen. Dieser Zorn wird begründet durch unsere Gottlosigkeit und unsere Verweigerung gegenüber Gott. Gottes Zorn steht über dieser Sünde und damit auch über uns.
Ja, Gott hat seine Liebe bewiesen und erwiesen – in der Hingabe seines Sohnes. So sehr hat Gott die Welt geliebt. Aber im gleichen Kapitel, Johannes 3, steht auch: „Wer an den Sohn glaubt, hat das ewige Leben; wer dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern Gottes Zorn bleibt auf ihm.“ Das heißt, Gottes Zorn lastet aufgrund des Unglaubens auf ihm.
Es ist wichtig, dass man das auch sagt und predigt – nicht nur die Liebe Gottes, sondern auch seinen Zorn. Bemerkenswerterweise beginnt Paulus im Römerbrief, wo er das Evangelium erklärt – was ja seine Absicht ist –, nicht mit Gottes Liebe, sondern mit Gottes Zorn und der Schuld des Menschen.
So ist auch Israel selbst schuld an seiner Knechtschaft. Die Knechtschaft, in die Israel gerät, ist ein Ausdruck von Gottes Zorn. Es ist Gottes Zorn gegen dieses Volk, dass es dem Pharao ausgeliefert ist, einem brutalen Drücker und Mörder.
Das stellt die ganze Sache in ein anderes Licht. Es soll Israel auch deutlich machen, dass sie allein Gottes Güte und Gnade, seiner unbegreiflichen Gnade, verdanken, dass sie daraus befreit wurden. Sie waren nicht besser oder würdiger als die Ägypter.
Die Knechtschaft der Sünde als Zustand des Menschen
Und dann sind sie Knechte und unter die Sünde verkauft. So stellt der Römerbrief die Lage des Menschen dar: Die Knechtschaft der Sünde ist das, was der Mensch sich durch seine Verweigerung gegenüber Gott einhandelt. Er wird ein Knecht der Sünde und kann nicht anders. Ja, er will nicht anders. Er liebt die Sünde und wählt es, Gott, sein Wort und seinen Willen von sich zu stoßen. Stattdessen entscheidet er sich für den Eigenwillen, das Eigene, die Sünde, das Böse.
Lassen wir uns einige Stellen aus dem Römerbrief im Zusammenhang ansehen, damit wir ein umfassendes und klares Bild vom Zustand des sündigen, gefallenen Menschen erhalten.
Römer 3,9: "Nun haben wir einen Vorzug durchaus nicht, denn wir haben sowohl Juden als auch Griechen zuvor beschuldigt, dass sie alle unter der Sünde sind, alle ohne Ausnahme und unter der Sünde."
Der Mensch ist nicht einfach nur in der Sünde; er ist unter der Sünde. Das bedeutet, die Sünde steht über ihm und beherrscht ihn. Er ist nicht frei, sich der Sünde zu entziehen. Die Sünde ist nun sein Herr und Herrscher geworden. Damit ist sie derjenige, der den Menschen zur Sünde verleitete. Im Alten Testament ist es Pharao, im Neuen Testament der Fürst dieser Welt, Satan. Er ist unter der Sünde. Was für eine erschütternde Wahrheit!
Die Bibel lässt uns keine Vorstellung von einem autonomen Menschen. Es ist einfach nichts mehr davon da. Ja, der Mensch hat die Sünde selbst gewählt, aber jetzt ist er ein Knecht geworden.
Weiter heißt es: "Da ist kein Gerechter, auch nicht einer." Das bedeutet, unser ganzes Wesen ist böse, umfassend böse. Keiner ist gerecht, alle sind ungerecht.
Dann steht dort: "Da ist keiner, der Gott sucht." Das heißt, auch unser ganzes Trachten ist von Gott abgewandt. Unser Wille ist gegen Gott gerichtet. Wäre es anders, würde sich Gott zuwenden, aber das tut er eben nicht. Keiner sucht Gott.
Weiter: "Da ist keiner, der Gutes tut." Die Taten sind böse. Mit ihren Zungen handeln sie trüglich, die Worte sind böse. Ihre Füße sind schnell, Blut zu vergießen. Auch unsere Wege sind böse.
Das Gewissen als göttlicher Funke im Menschen
Im Menschen ist ein göttlicher Funke vorhanden. Ja, etwas ist da – etwas, woran Gott anknüpft. Es geht nicht um eine Fähigkeit oder eine gute Anlage, die der Mensch besitzt, sondern um etwas anderes. Paulus macht das ganz deutlich: Der Mensch hat ein Gewissen.
Dieses Gewissen ist wie ein Funke oder ein Licht, das immer wieder leuchtet und flackert. Es ist da, und das Wort Gottes trifft das Gewissen des Menschen und überführt ihn. So erkennt der Mensch, dass es wahr ist, was Gott und sein Wort über ihn sagen. Das Gewissen verurteilt ihn.
Das haben übrigens auch die Evangelisten erkannt, die von Gott gebraucht werden. Sie tun es auch heute noch: Der Evangelist verwendet das Wort Gottes, um das Gewissen des Menschen aufzurütteln und zu beunruhigen. Dadurch erkennt der Mensch, dass er wirklich ein Knecht ist, dass er die Sünde liebt und Gott sowie sein Heil verabscheut.
Wenn er das erkennt, ist er in der Lage, zu rufen: „O Gott, erbarme dich meiner! O Gott, erbarme dich meiner!“ Dann wird ihm bewusst, dass er einen Retter braucht, dass er Rettung benötigt. Und schließlich begreift er, dass Gott allein retten kann.
Die Notwendigkeit des Glaubens und die Verantwortung des Menschen
Nun, warum beginnt der Römerbrief mit dieser Darstellung der Sünde und der Sündhaftigkeit des Menschen?
Das ist eine erstaunliche Parallele zum Zweiten Mosebuch. Dort finden wir ebenfalls die Beschreibung der Knechtschaft Israels. Genau wie gestern, als wir das Zitat von Kierkegaard hörten: Gott schafft alles aus dem Nichts. Auch in der Erlösung ist es so – Gott muss uns zuerst ins Nichts zurückführen, er reißt zuerst nieder.
Ich nehme an, dass Kierkegaard das bei Luther gelesen hat, denn Luther hat das immer wieder in seiner derben und drastischen Art gesagt: Gott zerstört, reißt nieder und tötet, ehe er heilt. Auch die Propheten haben das gesagt. Hannah drückt es in ihrem Gebet aus: Gott ist der, der tötet und lebendig macht.
Das war auch der Auftrag Gottes an Jeremia: niederzureißen, zu zerstören und zu pflanzen. So reißt das Evangelium zuerst nieder. Die Wahrheit reißt zuerst nieder, wer wir sind, sodass wir bekennen müssen, dass wir unfähig, unwillig und schuldig sind. Uns bleibt nur eines: uns völlig auf Gott zu werfen.
Hier ein Zitat von einem der Reformatoren: Die Reformatoren waren sich darin einig – sei es Calvin, Luther, Zwingli oder Melanchthon –, dass sie gegenüber der römisch-katholischen Lehre die Wahrheit über den Zustand des gefallenen Menschen sehr klar betonen mussten.
Nach römisch-katholischer Auffassung hat der Mensch noch den guten Willen. Der Wunsch und der Wille, das Gute zu tun, sind vorhanden. Diesen guten Willen stärkt Gott in seiner Gnade. Gottes Gnade kommt dem guten Willen des Menschen zu Hilfe. Dazu kommen noch die Sakramente, die Kirche usw. So heiligt sich dann der Mensch.
Die Katholiken sagen also: Nicht der Mensch wird ohne Gnade gerettet, nein, der Mensch braucht Gnade, aber die Gnade kommt einfach dem Menschen zu Hilfe.
Die Bibel sagt uns jedoch: Der Mensch ist so verloren und verdorben, dass Gottes Gnade dem Menschen nicht einfach zur Hilfe kommt, sondern dass Gott den Menschen rettet. Die Rettung ist des Herrn.
Die umfassende Verderbtheit des Menschen
Man könnte zunächst meinen, es sei übertrieben, den Menschen als „Fritter“ zu bezeichnen. Die Schrift bezeugt jedoch vielfach, dass der Mensch ein Knecht der Sünde ist. Das bedeutet, dass sein Geist der Gerechtigkeit Gottes so entgegengesetzt ist, dass er nichts planen, begehren oder unternehmen kann, was nicht böse, verderbt, gottlos und unrein ist. Denn das Herz, das bis zum Rand mit Sünde gefüllt ist, kann nichts anderes als die Früchte der Sünde hervorbringen.
Das ist wirklich niederschmetternd, wenn es stimmt! Es ist entsetzlich! Wenn wir Paulus im Römerbrief hören, kommen wir genau darauf. Und wenn wir sogar das Alte Testament befragen, kommen wir ebenfalls zu diesem Ergebnis.
Das Herz, das Innerste, von dem die Regungen des Menschen ausgehen, ist böse und nur böse. In 1. Mose 6,5 heißt es: „Und der Herr sah, dass die Bosheit der Menschen groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse den ganzen Tag.“
Wir verstehen jetzt, dass der moderne Mensch oft sagt: „Das ist doch total übertrieben, das ist ja überspannt, das ist doch einseitig.“ Klar, der Mensch tut auch Böses, aber er hat doch auch gute Seiten. Die Bibel stellt den Menschen jedoch einfach so dar.
So werden uns die Illusionen genommen, und wir erkennen: Wenn das stimmt, dann können wir Gott nichts bieten, das er als Dank dafür akzeptiert, uns zu retten. Wir sind wirklich darauf angewiesen, dass Gott uns rettet.
Denn die Rettung ist des Herrn, er allein ist mein Held.
Die Verantwortung des Menschen und Gottes Gerechtigkeit
Nun fragt sich vielleicht der eine oder andere: Wie steht es dann mit der Verantwortung des Menschen? Paulus hat diese ganz deutlich genannt, und wir werden darauf noch im zweiten Teil des zweiten Mosebuchs eingehen.
Die Errettung des Herrn geschieht durch ihn, durch den Glauben. Der Mensch muss glauben, der Mensch muss glauben.
Der Mensch ist auch deshalb verantwortlich, weil er die Sünde wählt und das Licht, das er über Gott hat, verwirrt. Das tut der Mensch selbst, nicht ein anderer für ihn. Deshalb sind wir schuldig und verantwortlich.
Darum ist Gott gerecht, wenn er von Menschen Glauben und Gehorsam fordert und verlangt. Ebenso ist er gerecht, wenn er Menschen richtet, die ihm dies verweigern. Gott ist gerecht.
Die Knechtschaft Israels in Ägypten erinnert uns daran, dass Gott Unfähige, Schuldige und Unwürdige rettet.
Die Weisheit Gottes in der Errettung
Und dann die Weisheit Gottes, die sich in der Errettung zeigt – die Weisheit Gottes. Paulus spricht ja von dieser Weisheit Gottes im Zusammenhang mit der Errettung im Römerbrief, Römer 11,33. Dort geht es um die Motive des Reichtums sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes.
Im Epheserbrief, im Kapitel 3, Vers 10, sagt er, dass an der Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes offenbar wird. Das hängt ebenfalls mit der Errettung zusammen.
Im ersten Korintherbrief, im Kapitel 2, Vers 6, steht: „Sie reden von Weisheit unter den Vollkommenen, nicht die Weisheit dieses Zeitlaufs, nach der Fürsten dieses Zeitlaufs, die zunichte werden, sondern wir reden Gottes Weisheit in einem Geheimnis, die verborgene.“ Also geht es um Gottes Weisheit, wie sie sich in der Errettung offenbart.
Nun will ich hier nur auf einen Beweis und Beleg für diese Weisheit hinweisen, und zwar aus dem Zweiten Mosebuch.
Gottes souveräne Lenkung des Bösen zum Heil
Wir haben gestern gesehen, dass die aus Ägypten Geretteten errettet werden, weil Gott verheißen hatte, sie zu retten. Nun haben wir aber auch gesehen, dass dieses Volk schuldig geworden ist. Es steht selbstverschuldet unter Gottes Zorn und hat deshalb jedes Anrecht und jeden Anspruch auf Errettung eingebüßt.
Wie soll also dieses Volk errettet werden? Es scheint, als würde alles nur schlimmer werden. Jetzt wird ein König in Ägypten Herrscher, der dieses Volk bedrückt, knechtet und Böses gegen es sinnt und ins Werk setzt. Gerade dieses Böse, das der Pharao tut, ist in Gottes Hand das Mittel, um dieses Volk zur Erkenntnis und zur Buße zu rühren.
So verwendet Gott das Böse, und das Böse muss Gottes guten Absichten dienen, ohne dass Gott der Urheber des Bösen ist oder selbst Böses tut. Wir haben diesen Vers gestern gelesen; schlagen wir ihn jetzt noch einmal auf: Psalm 105, Vers 25. Dort heißt es: „Er wandelte ihr Herz, sein Volk zu hassen, Arglist zu üben an seinen Knechten.“
Wir wundern uns wirklich, dass die inspirierten Autoren sich nicht scheuen, das so auszudrücken. Wir hätten das ja nie so gesagt, höchstens, dass Gott es zuließ. Aber die biblischen Autoren drücken sich oft direkt so aus: „Er wandelte ihr Herz.“ Natürlich ist es so, dass nicht Gott das Herz des Pharaos böse machte, sondern das Herz des Pharaos von sich aus böse war. Das lehrt uns die Bibel: Das Herz des Menschen ist böse.
Wenn wir das Ganze umschreiben, ist es dennoch richtig zu sagen, dass Gott diesen Pharao machen ließ. Er ließ die Ägypter handeln. Er hatte vorher das Herz des Pharaos, und dann begann er, seinen Hass auf dieses Volk zu lenken, es zu bedrücken und auszurotten.
Der Schreiber sagt zu Recht „Gott wandelte“, denn das geschah nicht zufällig oder weil der Pharao so stark war, oder weil er Gott überlistete. Nein, Gott walten über diesem ganzen Geschehen. Gott lenkte das Geschehen so, wie man Wasserbäche lenkt. Gott lenkt die Herzen wie Wasserbäche.
Ich glaube, vorletztes Jahr haben wir das Buch Ester miteinander behandelt, und in diesem Zusammenhang habe ich über diesen Vers gesprochen: Gott lenkt die Herzen der Menschen wie Wasserbäche. Dabei sind das nicht die munteren Bächle, wie sie hier bei uns fließen, denn die kann man nur schwer lenken. Das ist eine ungeheure Arbeit.
Diese Bäche, die in Sprüche 21,1 gemeint sind, sind Wasserrinnen, mit denen die Felder der orientalischen Bauern bewässert werden. Dort heißt es: „Gleich Wasserbächen ist eines Königs Herz in der Hand des Herrn; wohin immer er will, neigt er es.“ Das ist die gleiche Wahrheit wie in Psalm 105,25.
Wenn man einem solchen Bauern zuschaut – ich habe das öfter in Pakistan gesehen –, wie er die Felder bewässert, pumpt er Wasser, meist Grundwasser, aus dem Boden. Das Wasser fließt in einen Kanal, und links und rechts liegen Felder. Der Bauer legt ein Brett in die Rinne und öffnet an einer Stelle, sodass das Wasser dort fließt. Dann schließt er diese Stelle und öffnet an einer anderen, sodass das Wasser dorthin fließt. So lenkt er das Wasser auf das Feld, wohin er es lenken will.
Manchmal macht er das auch mit einem Spaten, zieht eine Furche und öffnet oder schließt sie, um das Wasser zu lenken. Das Wasser läuft von selbst zum tiefsten Punkt, man muss es nie anschieben.
So muss Gott den Menschen nie zum Bösen schieben. Der Mensch zieht von sich aus zum Bösen, denn er ist böse. Gott lenkt den Menschen, lässt ihn Böses tun, ohne ihm Böses einzugeben. Er öffnet gewissermaßen die Pforte, und der Mensch geht hindurch und tut das Übelste, zu dem er fähig ist.
So lenkte Gott das Herz des Pharao, das Volk zu bedrücken. Gott gab ihm nie etwas Böses ein, denn Gott kann nichts Böses eingeben oder zum Bösen versuchen. Das sagt Jakobus 1. Er ist nie der Urheber des Bösen. Der Urheber des Bösen ist der Mensch und der Menschenmörder Satan. Wenn er lügt, dann redet er aus sich selbst, so sagt Johannes 8,44.
Die Weisheit Gottes besteht darin, wie er es versteht, das Böse und die Gelüste des Bösen für seine Absichten voranzutreiben. Das ist das Großartige: Der Pharao tut nur das Böse, Gott lässt ihn das Böse tun, und mit diesem Bösen muss er Gottes Absichten dienen. Nämlich Israel durch diesen Druck zur Buße zu bringen, damit Israel anfängt, zu seinem Gott zu rufen.
Dann das zweite Böse, das der Pharao hier verordnet: Jeder Knabe, der geboren wird, soll in den Strom geworfen werden. Auch dieser Befehl geht von Pharao aus. Da fragt man sich: Wie kann Gott so etwas zulassen? Gott hätte das ja auch verhindern können. Wie kann er das zulassen?
Wenn wir Kapitel 2 lesen, bekommen wir eine Antwort darauf. Wäre dieser Befehl nicht ausgegangen, wäre Mose nicht in den Nil gelegt worden. Wäre Mose nicht ausgesetzt worden, wäre Mose nicht am Hof des Pharao aufgezogen worden.
Aber das musste offensichtlich sein. Das war Gottes Schule oder zumindest ein Teil der Vorbereitung für den Mann, der durch seinen Dienst denselben Mann stürzen sollte, der diesen Befehl erteilt hatte.
So wurde der Erlass des Pharao, jeden Knaben in den Strom zu werfen, zum Anlass, dass Mose dort aufgezogen wurde, wo er aufgezogen werden musste, und dass der Pharao selbst gestürzt wurde.
Das ist Gottes Weisheit. So muss sogar das Böse Gott dienen, ohne dass Gott je Urheber des Bösen ist.
„Ja, sogar der Grimm des Menschen muss ihn preisen“, sagt Psalm 76. Dort steht in Vers 10: „Der Grimm des Menschen wird dich preisen, und den Rest des Grimms wirst du zügeln oder eindämmen.“
Gut, dann fahren wir jetzt fort und kommen zum Kapitel 2.
Die Geburt Moses als Beginn der Errettung
Kapitel 2, Verse 1 bis 3
Ein Mann aus dem Hause Levi ging hin und nahm eine Tochter Levis zur Frau. Die Frau wurde schwanger und gebar einen Sohn. Sie sah, dass er schön war, und verbarg ihn drei Monate. Als sie ihn nicht länger verbergen konnte, nahm sie ein Kästchen aus Schilfrohr, bestrich es mit Erdharz und Pech und legte das Kind hinein. Dann setzte sie das Kästchen ins Schilf am Ufer des Stroms. Seine Schwester stellte sich in einiger Entfernung auf, um zu sehen, was mit ihm geschehen würde.
Die Tochter des Pharao ging hinunter, um am Strom zu baden. Ihre Dienerinnen gingen am Ufer entlang. Sie entdeckte das Kästchen mitten im Schilf und sandte ihre Magd, es zu holen. Sie öffnete es und sah das Kind. Der Knabe weinte, und es erbarmte sie sich seiner. Sie sprach: „Das ist eines der Kinder der Hebräer.“
Zunächst scheint diese Geschichte nicht recht zu dem vorherigen Geschehen zu passen. Das Volk, das in furchtbarer Not und Knechtschaft lebt, soll ausgerottet werden. Und nun lesen wir hier eine Familiengeschichte: Zwei junge Menschen lernen sich kennen, verlieben sich, heiraten und bekommen ein Kind. Dieses Kind wird geboren, um getötet zu werden.
Doch so ist es nicht. Hier finden wir den ersten Teil der Antwort darauf, wie dieses Volk gerettet werden soll. Dieses Volk soll gerettet werden – aber wie? Hier sehen wir den ersten Teil der Antwort: durch die Geburt eines Retters. Das Neue Testament zeigt uns auf seiner ersten Seite die Geburt eines Retters, durch die Menschwerdung des Sohnes Gottes.
Mose ist natürlich ein Vorläufer und ein Bild des Retters, des Befreiers und Mittlers, Jesus Christus. Allein die Geburt des Retters hätte noch keine Errettung bewirkt. Wäre der Herr nur Mensch geworden, hätten wir mehr Licht über Gott und seine Natur erhalten. Wir würden unsere Schuld deutlicher erkennen, aber wir wären nicht gerettet.
Deshalb muss auch der zweite Teil hinzukommen, der am Ende dieses Abschnitts, im zweiten Teil des Buches Exodus, in Kapitel zwölf, das Passahfest, erwähnt wird. Es ist ein Hinweis auf den Tod des Retters: Menschwerdung und Tod des Retters gehören zusammen.
Das Passah als Bild auf den stellvertretenden Tod Christi
Zweiter Mose 12,1-13
Und der Herr redete zu Mose und Aaron im Land Ägypten und sprach: „Dieser Monat soll euch der Anfang der Monate sein. Er soll der erste von den Monaten des Jahres sein. Rede zu der ganzen Gemeinde Israel und sprecht: Am zehnten dieses Monats soll sich jeder ein Lamm für ein Vaterhaus nehmen, ein Lamm für ein Haus.
Wenn das Haus nicht zahlreich genug ist für ein Lamm, so soll er es mit seinem Nachbarn, der dem Haus am nächsten ist, nehmen. Nach der Zahl der Seelen soll jeder nach dem Maß seines Essens auf das Lamm gerechnet werden.
Ihr sollt ein Lamm ohne Fehler haben, ein männliches, einjähriges, von den Schafen oder von den Ziegen sollt ihr es nehmen. Und ihr sollt es in Verwahrung halten bis zum vierzehnten Tag dieses Monats.
Die ganze Versammlung der Gemeinde Israel soll es zwischen den zwei Abenden schlachten. Sie sollen von dem Blut nehmen und es an die beiden Pfosten und an die Oberschwelle der Häuser tun, in denen sie es essen.
Und das Blut soll euch zum Zeichen an den Häusern sein, in denen ihr seid. Wenn ich das Blut sehe, werde ich an euch vorübergehen. Es wird keine Plage zum Verderben unter euch sein, wenn ich das Land Ägypten schlage. Das Gericht wird euch nicht treffen.“
Hier sehen wir den Tod des Erlösers, ein Bild auf den Tod des Erlösers. Es braucht also beides: Menschwerdung und Tod des Retters. Das ist das Mittel, durch das Gott rettet. Das ist seine Methode.
Das zeigt uns erneut, dass die Errettung Gottes Werk ist. Alles geht von ihm aus und alles geschieht durch ihn. Er tut auch alles.
In der nächsten Stunde werden wir dann sehen: Durch Glauben! So spricht auch der zweite Teil des Buches Zweiter Mose vom Glauben. Das ist die Verantwortung des Menschen. Der Mensch muss glauben.
Gottes Allmacht und Gerechtigkeit in der Errettung
Nun, Gott hätte die Macht gehabt, Israel aus Ägypten herauszureißen, weil er einfach allmächtig ist. Aber Gott ist nicht nur allmächtig, sondern auch gerecht. Allmacht ohne Recht ist Terror. Die quasi Allmacht diktatorischer Staaten und die quasi Allwissenheit von Diktaturen sind ja nichts anderes als Terror.
Je mehr Macht jemand hat, desto mehr wird er sie gebrauchen und missbrauchen. Macht bedeutet in der Hand des Menschen fast immer Missbrauch und damit Terror, letzten Endes Terror. Gott ist allmächtig und gerecht. Er kann sich selbst nie verleugnen und wird daher nie ungerecht handeln.
Gott wird keinen Menschen ungerecht richten und auch keinen Menschen ungerecht retten. Ich sage nicht, dass er jemanden verdientermäßig rettet, aber wenn Gott den Sünder rettet, dann geschieht dies auf eine Weise, die Gottes Gerechtigkeit wahrt und das Recht nie gebeugt hat – auf vollkommen gerechtem Weg.
Das ist es, was Paulus im Römerbrief als das größte Wunder des Evangeliums darstellt. Er sagt, das Evangelium offenbart Gottes Gerechtigkeit (Römer 1,16-17): "Ich schäme mich des Evangeliums nicht, denn es ist Gottes Kraft zur Errettung für jeden Glaubenden, sowohl für den Juden zuerst als auch für den Griechen. Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin offenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben."
Darum musste der Sohn Gottes Mensch werden. Erstens musste er Mensch werden, und zweitens musste er stellvertretend für die Sünder sterben. Es konnte nicht ein Engel kommen und die Menschen herausreißen – das wäre nur eine Entfaltung von Macht gewesen. Es musste ein Mensch sein, der als Mensch lebt.
Ein reiner, fleckenloser, unschuldiger Mensch, der vollkommen Gott genügte und Gottes Willen tat. Dieser vollkommene Mensch vertrat die Menschen nicht nur im Leben, sondern vor allem im Tod. Er nahm als vollkommener, reiner und schuldloser Mensch in seinem Tod den Platz des schuldigen Menschen ein.
So richtete Gott die Sünde der Schuldigen, der Sünder, an seinem Sohn. Da Menschen schuldig sind, muss ein Mensch bezahlen. Darum konnten die Tieropfer nur auf dieses Opfer hinweisen. Kein Tier kann die Schuld eines Menschen tragen – das geht gar nicht.
Die Schuld eines Menschen kann nur ein Mensch tragen. Die Schuld der Sünder konnte daher nur ein Mensch tragen, der vollkommene Mensch: Jesus. Zudem musste dieser eine Mensch auch Gott sein. Er musste Gott sein, denn sonst hätte er als Mensch nur die Sünde eines Menschen tragen und sühnen können.
Darum muss er Mensch sein und zugleich Gott. Er muss wahrer Mensch sein, vollkommener Mensch, und er muss wahrer Gott sein, wahrer Gott vom wahren Gott. Und er muss in den Tod gehen.
Auf diesem Weg hat Gott die Errettung bewirkt und ist dabei gerecht geblieben. Er hat die Sünde gerichtet und den Schuldigen, den Sünder, gerettet.
Gottes Gerechtigkeit in der Rechtfertigung des Gläubigen
Paulus sagt im Römerbrief, Kapitel 3, Vers 21: „Jetzt aber ist ohne Gesetz Gottes Gerechtigkeit geoffenbart worden.“ Er erklärt, dass Gottes Gerechtigkeit im Evangelium offenbar wird, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Diese Gerechtigkeit kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben. Denn es gibt keinen Unterschied: Alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes.
Sie werden aber umsonst gerechtfertigt durch Gottes Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist. Gott hat ihn dargestellt als Gnadenstuhl, durch den Glauben an sein Blut. Dies geschieht zur Erweisung seiner Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorhergeschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes. Es dient auch dazu, seine Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit zu zeigen: Dass er gerecht sei und den rechtfertige, der des Glaubens an Jesus ist.
Gott ist gerecht, wenn er den Sünder rechtfertigt. Das ist nicht vergleichbar mit menschlicher Gerechtsprechung, die oft korrupt ist. Dort wird jemand manchmal freigesprochen, weil er der Neffe des Richters ist – das nennt man Nepotismus. Gott spricht uns frei und gerecht, weil Christus die Strafe für uns getragen hat. Der stellvertretende Tod Jesu Christi ist die Grundlage, auf der Gott den Sünder gerechtsprechen kann und dabei selbst gerecht bleibt.
Man könnte Römer 3,26 sogar etwas zugespitzter übersetzen. Das Griechische lässt dies zu, denn es handelt sich um eine Partizipialkonstruktion, die verschieden übersetzt werden kann: begründend, erläuternd oder einräumend. So könnte man übersetzen: „Zur Erweisung seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, dass er gerecht sei, auch wenn er den rechtfertigt, der an Jesus glaubt.“ Gott bleibt gerecht, sogar dann, wenn er einen Sünder rechtfertigt, der an Jesus glaubt.
Dieses Wunder hat auch Jesaja erfahren, gehört und geschrieben. In Jesaja 45,21 heißt es: „Tut kund und bringt herbei, ja beraten mögen sie sich miteinander, wer hat dieses von alters her hören lassen, vorlängst es verkündigt? Nicht ich, der Herr, und es ist sonst kein Gott außer mir. Ein gerechter und rettender Gott ist keiner außer mir.“ Ein gerechter Gott und ein Retter – das ist das Wunder, das Unbegreifliche, die Weisheit und Gerechtigkeit Gottes.
Wie konnte er den Sünder von der Schuld befreien, ohne dabei je ein Wort zurücknehmen zu müssen, das er ausgesprochen hat? Ein gerechter Gott und ein Retter – so steht es in der alten englischen Bibel. Das ist wunderbar. So hat Gott die Kraft der Errettung und der Wahrung seiner Gerechtigkeit entfaltet.
Das ist die zweite Grundlage, das zweite Fundament der Heilsgewissheit: Gott hat uns auf vollkommen gerechte Weise gerechtfertigt. Darum wissen wir, dass die Sache hält. Hätte Gott uns gerechtfertigt, einfach so aus Laune, indem er sagt: „Du, Udo, ich streiche jetzt einfach dein Sündenregister“, dann würdest du dich zwar freuen, aber nie sicher sein. Vielleicht sagt Gott morgen: „Udo, wir holen sie wieder hervor.“ So handeln Machthaber manchmal. Sie lassen jemanden aus dem Gefängnis frei, einfach weil sie Geburtstag haben. Zum Beispiel: „Wir lassen ihn springen. Der Schuft wollte zwar jemanden umbringen, hat einen Attentat geplant, aber heute habe ich Geburtstag, wir lassen ihn springen.“
Dieser Attentäter wird der Sache nie trauen. Er wird sich so weit wie möglich von diesem Despoten absetzen, weil er nie weiß, wann dieser seine Meinung ändert.
Nun aber hat Gott uns freigesprochen auf vollkommen gerechtem Weg. Gott hat sich nicht verändert, als er uns von der Sünde freisprach. Er blieb der gleiche treue, unveränderliche Gott. Darum wissen wir: Diese Gerechtsprechung gilt und bleibt. Wir müssen nie daran zweifeln, ob das wirklich so gemeint ist oder ob Gott seine Meinung ändert. Das wird nie passieren. Denn Gott kann sich selbst nicht verleugnen.
Er, der Gerechte, hat in gerechter Weise gehandelt. Er, der Gerechte und Unwandelbare, wird sein Wort nie zurücknehmen. Es bleibt, es hält. Das ist die Grundlage des Friedens mit Gott. Wir hätten sonst nie Frieden mit Gott, wenn die Errettung nicht auf vollkommen gerechte Weise geschehen wäre.
So danken wir von ganzem Herzen unserem Gott, der seinen Sohn dahingab, und dem Sohn, der sich für uns dahingab, um uns zu rechtfertigen und so auf immer mit Gott zu versöhnen.