Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 131: Die Heilung eines Gelähmten, Teil zwei.
Rückblick und Ausgangssituation
Ich hoffe, ihr erinnert euch noch, wo wir stehen geblieben sind. Vier Freunde bringen ihren gelähmten Kumpel zu Jesus, damit er ihn heilt. Als sie jedoch nicht durch die Menge hindurchkommen, decken sie kurzerhand das Dach des Hauses ab, in dem Jesus sitzt, und lassen den Gelähmten von oben durch das Loch hinab.
Zwei Dinge waren mir beim letzten Mal wichtig. Erstens: Glauben kann man sehen, und er sieht oft genug ein wenig verrückt aus. Zweitens: In dieser Geschichte geht es gar nicht primär um den Glauben des Gelähmten, sondern um den Glauben seiner Freunde. Glauben hat also nicht nur eine private, sondern oft auch eine gemeinschaftliche Seite.
Bis hierhin. Folgen wir nun den weiteren Ereignissen, denn jetzt wird es für die dabei sitzenden Pharisäer und Gesetzeslehrer spannend.
Die überraschende Vergebung der Sünden
Matthäus 9,1-2: Und er stieg in ein Boot, setzte über und kam in seine eigene Stadt. Und siehe, sie brachten einen Gelähmten zu ihm, der auf einem Bett lag.
Als Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: „Sei guten Mutes, Kind, deine Sünden sind vergeben.“
Das war eine überraschende Wendung, oder? Jeder hätte doch erwartet, dass Jesus diesen Gelähmten heilt. Aber stattdessen sagt er: „Sei guten Mutes, Kind, deine Sünden sind vergeben.“ Das ist an sich tatsächlich wichtiger als eine Heilung, doch die Formulierung ist trotzdem unerwartet.
Zunächst einmal halten wir fest: Vergebung ist dort, wo Glauben ist – ganz grundsätzlich. Wo echter Glaube an den Herrn Jesus vorhanden ist, dort findet sich Vergebung. So wie Petrus es später im Haus des Heiden Cornelius formuliert:
Apostelgeschichte 10,43: Diesem geben alle Propheten Zeugnis, dass jeder, der an ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch seinen Namen.
Die besondere Bedeutung der göttlichen Vergebung
Grundsätzlich ist es nichts Besonderes, wenn ein Mensch einem anderen Menschen vergibt. Jesus fordert uns sogar direkt dazu auf. In Markus 11,25 heißt es: „Und wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemand habt, damit auch euer Vater, der in den Himmeln ist, euch eure Übertretungen vergibt.“ Wir sollen vergeben, und zwar damit auch unser Vater im Himmel uns vergibt.
Doch was Jesus hier tut, ist etwas anderes. Der Gelähmte war ja nicht persönlich an ihm schuldig geworden – oder doch? Wie ist das eigentlich: Wenn wir sündigen, an wem sind wir dann schuldig? Im Gleichnis vom verlorenen Sohn, wenn dieser nach Hause zurückkehrt, sagt er in Lukas 15,18: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.“ Eine spannende Formulierung, oder? „Ich habe gesündigt gegen den Himmel“, also gegen Gott, „und vor dir.“ Im Gleichnis ist das der Vater.
Ein anderes Beispiel: Als die Frau des Potiphar Joseph verführen will, lehnt er ab und sagt: „Wie sollte ich dieses große Unrecht tun und gegen Gott sündigen?“ Bedeutet das, dass jede Sünde gegen Menschen – im Fall von Joseph gegen seinen Chef Potiphar, weil er in dessen Ehe eingreift, wenn er mit dessen Frau ein Verhältnis anfängt – auch immer eine Sünde gegen Gott ist? Die Antwort lautet: Ja, genau das!
Jede Sünde gegen einen Menschen ist auch eine Sünde gegen den Gott, der diesen Menschen geschaffen hat und liebt. Wenn wir uns also die Frage stellen: War der Gelähmte mit seiner Sünde, was auch immer das war – das wissen wir ja nicht –, schuldig geworden an dem Herrn Jesus? Dann müssen wir sagen: Ja, das war er. Denn der Herr Jesus ist niemand anderes als Gott selbst.
Wenn Jesus dem Gelähmten Vergebung zuspricht – „Sei guten Mutes, Kind, deine Sünden sind vergeben“ –, dann spricht er ihm göttliche Vergebung zu. Persönlich war der Gelähmte nicht an dem Rabbi Jesus aus Nazaret schuldig geworden, aber als Gott in Gestalt eines Menschen kann Jesus dem Mann, dessen Glauben er sieht, natürlich trotzdem Vergebung zusprechen.
Die Empörung der Schriftgelehrten
Nur dass genau das wiederum nicht allen gefällt. Einige von den Schriftgelehrten sprachen bei sich selbst: „Dieser lästert.“
Der Gedanke ist naheliegend. Wenn Jesus dem Gelähmten vergibt, dann spricht er ihm nicht einfach menschliche Vergebung zu, sondern göttliche Vergebung. Und genau das kann doch kein Mensch tun. Wer das tut, stellt sich in puncto Autorität auf eine Stufe mit Gott, macht sich zu Gott.
Lukas 5,21: „Und die Schriftgelehrten und die Pharisäer fingen an zu überlegen und sagten: Wer ist dieser, der solche Lästerungen redet? Wer kann Sünden vergeben außer Gott allein?“
Die Schriftgelehrten und Pharisäer haben hier ein echtes Problem. Auch wenn Menschen einander vergeben können und sollen, geht das, was dieser Rabbi aus Nazareth tut, deutlich zu weit. Hier handelt jemand, als wäre er Gott selbst. Wirkliche Sündenvergebung ist nämlich Gottes Sache.
Die Bestätigung durch das Wunder
Matthäus 9,4-5: Und als Jesus ihre Gedanken sah, sprach er: Warum denkt ihr Arges in euren Herzen? Oder Böses? Denn was ist leichter zu sagen: Deine Sünden sind vergeben, oder zu sagen: Steh auf und geh umher?
Natürlich denken alle: Klar, es ist viel leichter zu sagen, deine Sünden sind vergeben. Denn sagen kann man viel, aber wer soll das nachprüfen? Genau das war der Vorwurf: Dieser junge Rabbi sagt leichtfertig Dinge, die nur Gott zustehen.
Matthäus 9,6: Damit ihr aber wisst, dass der Sohn des Menschen Vollmacht hat, auf der Erde Sünden zu vergeben, sagt er zu dem Gelähmten: Steh auf, nimm dein Bett auf und geh in dein Haus.
Ich kann mir vorstellen, dass es in diesem Moment ganz still im Haus wird. Dann heißt es in Lukas 5,25: Und sogleich stand er auf, nahm auf, worauf er gelegen hatte – ich vermute, das war so eine Art Matratze – und ging in sein Haus und verherrlichte Gott.
Ein Wunder, ohne Zweifel: Ein Gelähmter steht einfach auf und geht nach Hause, ganz ohne monatelange Physiotherapie. Ein Wunder und ein Zeichen dafür, dass Jesus die Wahrheit sagt. Er hat als Sohn des Menschen, das heißt als Messias, tatsächlich die Vollmacht auf der Erde, Sünden zu vergeben.
Lukas 5,26: Und Staunen ergriff alle, und sie verherrlichten Gott, wurden mit Furcht erfüllt und sprachen: Wir haben heute außerordentliche Dinge gesehen.
Definitiv. Wir verstehen auch, warum sich hier Staunen mit Furcht mischt. Einerseits die Freude über den geheilten Gelähmten, der nicht nur gesund geworden war, sondern dem auch seine Sünden vergeben wurden. Andererseits mischt sich in den Lobpreis auch Ehrfurcht und Respekt vor diesem Rabbi, der nicht nur Wunder tut, sondern auch eine Vollmacht besitzt, wie sie in puncto Sündenvergebung eigentlich nur Gott selbst zusteht.
Einladung zur persönlichen Reflexion und Abschluss
Du könntest darüber nachdenken, ob du dich wirklich genug darüber freust, dass dir als Gläubigem deine Sünden vergeben sind.
Das war es für heute.
Von Donnerstag bis Sonntag halte ich Vorträge über den Philipperbrief in Auerbach-Rempesgrün. Über Gebet würde ich mich sehr freuen.
Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.
