Herr Präsident, liebe Gemeinde!
Dankbarkeit und Eindrücke vom Ärztekongress in Moskau
Zunächst einmal möchte ich ganz herzlich für alle Fürbitten danken, die mich spürbar begleitet haben während der letzten Woche. Von Mittwoch bis gestern war ich beim christlichen Ärztekongress in Moskau und hielt dort Vorträge.
Es war beeindruckend zu sehen, woher sich die Mediziner aufgemacht hatten, um an dieser Tagung teilzunehmen. Sie kamen unter anderem aus Omsk, Sankt Petersburg, Kurgan und Joschpa im Ural, aus Wolgograd, Jekaterinenburg, Wladivostok und Samara. Auch jemand aus dem Kaukasus war dabei, sogar aus Riga in Lettland.
Eine Ärztin aus Wladivostok erzählte mir, ihr Flug habe acht Stunden gedauert. Von anderen erfuhr ich, dass die circa 14 Rubel, die so ein Flug kostet, hin und zurück etwa die Hälfte eines Jahresgehalts ausmachen. Sie setzen also die Hälfte eines Jahresgehalts ein, um an dieser Konferenz teilnehmen zu können.
Solche internationalen Treffen lassen immer etwas vom Geheimnis der weltweiten Gemeinde Jesu Christi erahnen.
Am ersten Abend, nach getaner Arbeit, klang der Konferenztag mit einem kleinen Musikabend aus. Dabei sangen wir am Abschluss dieses Abends miteinander in russischer Sprache. Einige deutsche Stimmen waren ebenfalls darunter.
Wir sangen das Lied: „Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Christus offenbart.“ Ich musste anschließend daran denken, dass diese Situation einen echten Symbolcharakter hatte.
Die verbindende Kraft der Liebe Christi
Dieses Lied, das wir miteinander sangen, verband diese bunte Truppe, die für drei Konferenztage zusammenkam. Diese Gruppe wird sich in dieser Zusammensetzung auf dieser Erde wohl nie wiedersehen.
Was uns miteinander verband, war nicht in erster Linie der gemeinsame Beruf als Ärzte. Es waren ja auch Theologen dabei, wie ich zum Beispiel. Es war nicht die Nationalität oder die Kultur, die uns verband, sondern die Liebe Jesu Christi, die wir besungen haben.
Was uns verband, war, dass wir von ihm geliebt sind und von ihm gerettet wurden. Unser Leben ist an ihn gebunden, und jeder von uns will ihm in dem Bereich dienen, in dem er uns hingestellt hat.
Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Christus offenbart. Was auch immer sonst jeden von uns motiviert haben könnte, nach Moskau aufzubrechen – sei es, um Kollegen zu treffen, den Horizont zu erweitern, Fortbildung zu erfahren oder Vorträge zu halten – letztlich war es die Liebe zu Jesus Christus und seine Liebe zu uns, die uns bewegte, dort zusammenzukommen.
Diese Liebe stand hinter allem.
Die Gemeinde als Leib Christi – weltweite und örtliche Dimensionen
Und genau das meint der Apostel Paulus, wenn er in unserem Predigttext zu Beginn von Vers 16 sagt: Von dem aus, nämlich von Christus aus, ist der ganze Leib zusammengefügt, und ein Glied hängt am anderen.
Wörtlich sind das eigentlich zwei parallele Begriffe, die hier synonym gebraucht werden. Von ihm aus ist der ganze Leib zusammengefügt und zusammengebracht – so muss man es eigentlich übersetzen.
Das gilt sowohl für die weltweite Gemeinde Jesu Christi als auch für ihre vielen kleinen Ableger vor Ort. Die Bibel öffnet uns immer wieder die Augen für beide Dimensionen.
Wir sind ein Teil der weltweiten Gemeinde Jesu Christi, von der Jesus gesagt hat: Ich baue meine Gemeinde, und die Pforte der Hölle werden sie nicht überwältigen. Es ist wichtig, diese Dimension der weltweiten Gemeinde im Blick zu haben, damit wir nicht provinziell werden in unserem Denken und unsere Situation nicht verabsolutieren.
Manche Probleme, die uns hier so scheinbar übergroß gefangen nehmen wollen, erscheinen ganz anders, wenn man sie im Licht dessen betrachtet, was andere Glaubensgeschwister zu erleiden, zu erdulden und zu bewältigen haben. Der Blick für die weltweite Gemeinde Jesu schützt uns vor Provinzialität.
Die Bibel öffnet uns aber auch immer wieder den Blick für die Gemeinde vor Ort. Wir sind Gemeinde Jesu Christi vor Ort, und interessanterweise liegt der Schwerpunkt des Neuen Testaments auf der Ortsgemeinde.
Das wird viel häufiger thematisiert, wahrscheinlich weil die Ortsgemeinde der Bereich ist, in dem wir uns tagtäglich zu bewähren haben. Und hier ist es oft schwerer, im Kleinen, vor Ort.
Es gibt Christen, die lesen Missionsberichte aus fünfzehn Ländern und halten es keine sechs Monate in einer Ortsgemeinde aus. Die weltweite Gemeinde Jesu Christi wächst aber von den Ortsgemeinden hier.
Die sechs PR-Maßnahmen des Gemeindewachstums nach Paulus
Und so wollen wir heute einen Bibeltext abschließen, der uns nun schon zwei Predigten lang begleitet hat. Es handelt sich um einen Bibeltext, der geradezu ein Schlüsseltext für Gemeindeaufbau und Gemeindewachstum ist.
Der Apostel Paulus beschreibt darin göttliche Prinzipien des Gemeindewachstums. Wir haben sie PR-Maßnahmen nach Paulus genannt. Diese PR-Maßnahmen stammen nicht aus einem Management-Ratgeber, in dem PR einfach „public relations“ heißt, also die Pflege der öffentlichen Beziehungen, Werbung und alles, was dazugehört.
Auch haben wir diese PR-Prinzipien nicht aus einer Unternehmensphilosophie entnommen. Vielmehr hat Gott selbst uns diese Prinzipien offenbart. Darum sind es sechs PR-Maßnahmen der besonderen Art, die Paulus uns hier ans Herz legt.
Die ersten vier haben wir bereits ausführlich besprochen. Sie können diese auf den Predigtkassetten beziehungsweise über die MP3-Aufnahmen nachhören. Wir haben gesehen: Die erste PR-Maßnahme ist die Predigt des Wortes. Die zweite PR-Maßnahme ist die Prägung der Heiligen, die durch diese Predigt des Wortes erfolgt, also die Prägung aller Christen.
Dadurch werden wir in die Lage versetzt, die dritte PR-Maßnahme zu tätigen, nämlich die Prüfung der Geister. Ebenso wichtig ist die vierte PR-Maßnahme: die Praxis der Liebe, die in einer Gemeinde unendlich wichtig ist.
Paulus hat aber noch zwei weitere PR-Maßnahmen im Köcher. So setzen wir heute fort bei Vers 15. Wir hatten letztes Mal aufgehört mit Vers 15a: „Lasst uns wahrhaftig sein in der Liebe.“ Das war die Praxis der Liebe, die vierte PR-Maßnahme.
Die Priorität Christi als fünfte PR-Maßnahme
Und jetzt gehen wir einen Schritt weiter bis zum Ende dieses Abschnitts und lassen uns in allen Stücken zu dem hin wachsen, der das Haupt ist, Christus. Von ihm aus ist der ganze Leib zusammengefügt. Ein Glied hängt am anderen, und man könnte wörtlich sagen, ein Glied ist mit dem anderen durch alle Gelenke verbunden. Dadurch unterstützt jedes Glied das andere nach dem Maß seiner Kraft und Macht. So wächst der Leib und baut sich selbst in der Liebe auf.
Wir wollen noch einmal beten: Herr Jesus Christus, nun bitten wir dich, dass jedem von uns ganz klar wird, an welcher Stelle du ihn, dich oder sie gebrauchen willst. In dieser Architektur deiner Gemeinde, in dieser Anatomie deiner Gemeinde, lass uns von deinem Wort her sehen, Herr, was du von uns willst und was du uns schenkst. Amen.
Paulus kommt jetzt also auf den Schlussteil dieser Passage zu. Es ist, als wollte er sagen: Achtet darauf, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt. Achtet darauf, dass ihr das große Ziel immer wieder klar vor Augen habt. Lasst uns wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus!
Ohne diese fünfte PR-Maßnahme wären alle anderen Maßnahmen sowieso nutzlos und zum Scheitern verurteilt. Das Fünfte ist also die Priorität. Das ist die fünfte PR-Maßnahme: die Priorität des Christus. Ihm gebührt die absolute Vorrangstellung. Lasst uns in allen Stücken zu dem hin wachsen, der das Haupt ist.
Sie merken, hier kommt Paulus wieder auf seinen Lieblingsvergleich zurück, auf das Bild aus Vers zwölf: Die Gemeinde ist der Leib Christi, der Körper Jesu Christi, und Jesus Christus ist das Haupt dieses Leibes. Wenn es eine Kernthese des Gemeindewachstums gibt, dann ist es diese fünfte: die Priorität des Christus. Er ist der Chef. Das heißt, Jesus Christus ist die höchste Autorität in der Gemeinde. Und das passt genau zu unserem Wochenspruch, wo Jesus sagt: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben.“ Er ist die höchste Autorität, und er führt seine Gemeinde.
Er führt seine Gemeinde, er bestimmt, und wir handeln in Abhängigkeit von ihm. Das ist die ganze Aufgabe des Körpers: dass er den Signalen und Befehlen des Hauptes, des Kopfes, zur Verfügung steht. Die anderen Körperteile handeln nicht eigenständig, sie handeln nicht unabhängig vom Kopf. Und wenn sie das tun, dann bekommen wir Schwierigkeiten.
Wenn einer sagt: Meine Beine gehorchen mir nicht mehr, weil er immer zusammenklappt, dann machen sich die Beine selbständig und gehorchen nicht mehr dem Kopf. Wenn jemand von Krämpfen geplagt wird, dann produziert sein Körper zwar enorm viel Energie, aber nicht gerade zum Guten, weil der Körper nicht mehr dem Kopf gehorcht.
Die Aufgabe des Körpers besteht darin, den Befehlen des Kopfes zur Verfügung zu stehen. Die Priorität des Hauptes ist das Grundgesetz des Gemeindeaufbaus. Wir als Leib Christi, als Gemeinde, sollen ihm zur Verfügung stehen. Darum ist die Gemeinde Jesu Christi im wahrsten Sinne des Wortes eine Personalgemeinde.
Wir leben in einer persönlichen Beziehung zu dem Sohn Gottes. Diesen Sohn Gottes ehren wir als König, und wir folgen ihm als unserem Haupt. Die Priorität des Christus ist darum kein Lippenbekenntnis. Die Priorität des Christus ist keine Parole des Gemeindebaus, die nichts kostet. Sondern die Priorität des Christus ist ein teures Lebensprogramm.
Das heißt, Jesus dient in der Gemeinde nicht nur als Mittel zum Zweck, weil das so eine schöne Gemeinschaft stiftet, wenn wir alle von Jesus singen und wir diese Gemeinschaft lieben und uns deswegen an Jesus freuen. So eine Gemeinschaft kann man in etwas anderer Weise auch im Sportverein finden.
Jesus ist nicht das Mittel zum Zweck, auch nicht zum Zweck des sozialen Engagements. Wenn wir uns alle ein Beispiel an Jesus nehmen und durch ihn verbunden sind, dann sind wir ganz anders bereit, uns einzusetzen. Das stimmt ja. Aber wenn es nur um das soziale Engagement in erster Linie ginge, dann könnten wir auch zum Deutschen Roten Kreuz oder zu irgendeiner dritten Weltorganisation gehen.
Nein, Jesus selbst ist unser Ziel. Die Priorität des Christus: Ihm wollen wir ehren, ihm wollen wir dienen, ihm wollen wir folgen. Er soll der Mittelpunkt sein, sein Name soll geehrt werden. Und wenn das in rechter Weise geschieht, dann werden wir auch Gemeinschaft haben – in einer Echtheit, die wir woanders nicht finden.
Dann werden wir uns oft verantwortlich sehen, dieser Welt zu dienen und diakonisch und im besten Sinne sozial tätig zu werden. Aber wir tun es dann um des Herrn Willen, aus Liebe zu ihm. Darum lieben wir auch die Menschen, zu denen er uns sendet.
Die Priorität des Christus. Darum sagt Paulus: Lasst uns wachsen zum Haupt hin. Priorität des Christus heißt, dass wir wachsen wollen zum Haupt hin. Das heißt, Christus ist das Maß, zu dem wir wachsen wollen. Lasst uns wachsen zum Haupt hin. Wir sollen ihm ähnlicher werden – das ist hier gemeint.
Lasst uns als Einzelne und als ganze Gemeinde danach trachten, dass wir Christus ähnlicher werden, dass wir zum Haupt hin wachsen. Das hat Paulus so oft gesagt, etwa in 2. Korinther 3,18. Dort hat er es so ausgedrückt: „Wir werden verklärt“ – also verwandelt. Wörtlich steht dort das Wort für Metamorphose. Wir werden verwandelt in sein Bild, in Christi Bild, von einer Herrlichkeit zur anderen. Wir werden durch den Heiligen Geist verwandelt in das Bild Christi, von einer Herrlichkeit zur anderen (2. Korinther 3,18).
Und in Römer 8,29 hat Paulus das ganz ähnlich gesagt. Dort heißt es: Die, die Gott vorherbestimmt hat, die hat er dazu ausersehen, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes. Das bedeutet: wachsend zum Haupt hin.
Wir sollen als Einzelne dem Herrn Jesus Christus ähnlicher werden. Er ist das Maß. Aber wachsend zum Haupt hin heißt nicht nur, dass das Haupt das Maß des Wachstums ist, sondern auch, dass das Haupt das Ziel des Wachstums ist. Er ist unser Ziel.
Wir sollen in eine tiefere Beziehung mit ihm persönlich hineinwachsen. Wir sollen wachsen im Vertrauen zu dem Herrn Jesus Christus, wir sollen wachsen im Gehorsam gegenüber dem Herrn Jesus Christus.
So ergibt sich aus diesem Wort Gottes eine Prüfungsfrage für jeden von uns: Bist du Jesus ähnlicher geworden in der Zeit deines Christseins? Ist dir das ein Herzensanliegen, dass dein Leben von ihm verwandelt wird? Dass du von deinem Herrn immer mehr hineingestaltet wirst in das Bild Jesu Christi? Ist dir das wichtig?
Ist uns das als Gemeinde wichtig, dass wir als Gemeinde immer mehr hineingewandelt werden von dem lebendigen Herrn in das Bild Christi? Oder sagen wir: Hauptsache, es läuft. Hauptsache, wir sind zufrieden. Hauptsache, es ist eine gute Stimmung da. Hauptsache, es kommen ein paar Leute, dann sind wir schon zufrieden.
Kennen wir diese heilige Unruhe? Eine heilige Unruhe? Oder geht das unter in unserem Alltag, der so stark ist, dass wir uns gerade mal freuen, am Sonntag zum Gottesdienst zu kommen, aber dass da nicht mehr unser Herz schlägt? Dass wir wirklich Sehnsucht danach haben, zu wachsen in der Beziehung zu Christus, zu wachsen, verwandelt zu werden in sein Bild, im Gehorsam und in der Treue, ihm nahezukommen?
Paulus sagt noch mehr, er sagt es noch genauer: Er sagt nicht nur „Seht hin, lasst uns wachsen zu dem hin, der das Haupt ist, Christus“, sondern er sagt: „Lasst uns wachsen in allen Stücken.“ Lasst uns wachsen – das heißt in jeder Hinsicht – zu dem hin, der das Haupt ist, Christus.
Mit anderen Worten: Jeder Raum, der zum Haus unseres Lebens gehört, jeder Bereich unserer Existenz, in allen Stücken, in jeder Hinsicht soll von diesem Wachstum zu Christus hin ergriffen sein. Das heißt, ich muss mich immer wieder fragen, immer wieder mein ganzes Leben vor dem Herrn ausbreiten. Immer wieder mein ganzes Leben, meine Beziehungen, in denen ich stehe: innerhalb meiner Familie, im Bereich meines Arbeits- oder Freundeskreises, in der Art und Weise, wie ich mit meiner Zeit und meinem Geld umgehe.
Alle Stücke sollen zu Christus wachsen, sodass ich das immer wieder überprüfe. Es war für mich sehr ermutigend zu sehen, auch diesen Einsatz der Glaubensgeschwister dort in Russland. Das ist ja für einen selbst auch mal ein Anlass, sich zu überprüfen: Was bist du bereit zu opfern? Was bist du bereit einzusetzen?
Lasst uns wachsen in allen Stücken zu Christus hin, sagt Paulus. Lasst uns nicht selbstzufrieden werden und lasst uns nicht diese heilige Unruhe verlieren, die der Herr in unserem Herzen wirken wird.
Die Priorität des Christus darf nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Sie soll immer mehr die Realität unseres Lebens und die Realität im Leben unserer Gemeinde werden: dass der Herr regiert. Christus ist das Haupt, das heißt, er regiert, er ist die Autorität, er führt. Aber das heißt noch mehr.
Die Versorgung und Führung durch Christus als Haupt
Christus ist das Haupt, und darin liegt das Geheimnis für die Stärke und Wirksamkeit einer Gemeinde. Warum? Weil das Haupt nicht nur führt, sondern auch versorgt. Ebenso versorgt der Körper den Kopf. Ein Körper lebt vom Kopf her. Alle anderen Funktionen des Körpers werden im Kopf entschieden – das ist eine biologische Binsenweisheit. Und umgekehrt gilt das genauso: Wenn etwas nicht funktioniert, dann funktioniert es auch im Kopf nicht richtig.
Deshalb sagt man etwa, wenn Betriebe nicht funktionieren: Der Fisch stinkt vom Kopf. Das Leben kommt vom Kopf, die Kraft kommt vom Kopf. Das Haupt versorgt den Körper. Medizinisch lässt sich das erklären: Im Kopf sitzt das Gehirn. Bekanntlich befindet sich dort das Gehirn, und das gesamte Nervensystem geht vom Gehirn aus und ist mit ihm verbunden. Das bedeutet, der kleinste Nerv in unserem Finger kann letztlich zurückverfolgt werden zum Gehirn.
Das Nervensystem, ausgehend vom Gehirn, verbindet den gesamten Körper miteinander und sorgt dafür, dass er als organische Einheit agieren kann. Die Nervenenergie, mit der ich meinen kleinen Finger bewege, kommt ursprünglich aus dem Gehirn, also vom Kopf, vom Haupt. Durch das Denken und den Willen löse ich eine entsprechende Bewegung im Gehirn aus. Das Gehirn sendet dann quasi Energie über das Nervensystem, bis der Finger schließlich bewegt wird. Alles wird vom Haupt gesteuert.
Oder denken wir an das Wunder der Balance, also daran, dass wir unseren Körper so koordinieren können. Wenn man beispielsweise Dehnungsübungen nach dem Joggen macht, wirkt das Zentralnervensystem auf die Skelettmuskulatur ein. Diese Balance entsteht dadurch, dass das Zentralnervensystem angemessen auf die Skelettmuskulatur einwirkt. Und wo wird das koordiniert? In der Schaltzentrale, im Gehirn.
Die Quelle allen Lebens, aller Energie und aller Kraft, die wir als Christen und als Gemeinde brauchen, ist der Kopf, das Haupt – und das ist Christus selbst. Von Christus aus wird diese Kraft durch den ganzen Körper geschickt, zu jedem einzelnen Teil des Leibes. Das ist hier gemeint: Ein Körper lebt von seinem Kopf her.
Darum ist bei jedem gesunden Gemeindewachstum Jesus Christus das Haupt. Er ist der Protagonist, der eigentlich Handelnde. Er ist es, der eine Gemeinde stark macht. Er versorgt und bestimmt das Nervensystem auch im geistlichen Leben des Einzelnen. Er ist unsere Kraft, er ist das Haupt.
Deshalb heißt die Priorität des Christus auch: Er leistet die entscheidende Arbeit. Von Jesus Christus geht das Gemeindewachstum aus. Deshalb heißt es zwar in Vers 15: „Lasst uns wachsend zu ihm hin“, aber in Vers 16 wird deutlich, dass von ihm her der ganze Leib zusammengefügt und zusammengebaut wird, so dass ein Glied am anderen hängt.
Unsere Aufgabe besteht darin, nah bei Christus zu sein, eng bei ihm zu bleiben. Er tut dann das Entscheidende. Also halten wir fest: Die entscheidenden Funktionen des Körpers regelt das Haupt. Das Haupt koordiniert, das Haupt fügt zusammen, das Haupt stattet den Körper mit der nötigen Energie aus.
Die Priorität des Christus ist in jeder Hinsicht klar: Er ist das Haupt, er führt, er ist die Autorität, er versorgt und er gibt die Kraft.
Das Prinzip der Gegenseitigkeit als sechster Grundsatz
Und wo das geschieht, tritt ein sechster und letzter Grundsatz in Kraft, der für jedes Gemeindewachstum unverzichtbar ist. Dieser Grundsatz ist das Prinzip der Gegenseitigkeit.
Sehen Sie, was passiert, wenn die Priorität auf Christus liegt? Vers 16 sagt nochmals: „Von dem aus der ganze Leib zusammengefügt ist und ein Glied am anderen hängt, durch alle Gelenke, wodurch jedes Glied das andere unterstützt nach dem Maß seiner Kraft und macht, dass der Leib wächst und sich selbst auferbaut in der Liebe.“
Das ist ein faszinierender Vers. Ich möchte im Rest der Predigt nur noch ein wenig beleuchten, was Gott durch Paulus hier alles hineingesteckt hat. Hier ist das Prinzip der Gegenseitigkeit zu erkennen.
Wo Christus den Leib zusammenfügt, sagt Paulus zunächst, da entsteht ein einsatzfähiger Körper. Ja, von Christus zusammengefügt hängt ein Glied am anderen. Das hat im Griechischen die Bedeutung, dass jedes Glied an seinem Platz ist. Sie können sich das vielleicht an einem Puzzle-Beispiel vorstellen.
Es kommt ja nicht nur darauf an, die einzelnen Teile irgendwie aneinanderzufügen – das könnte ich notfalls auch noch hinbekommen. Vielmehr muss ein Puzzle so zusammengesetzt sein, dass jedes der tausend Stückchen genau an dem Platz ist, an den es passt. Und das ist hier gemeint. Gott fügt die Glieder so zusammen, dass wirklich jedes Glied am rechten Ort ist.
Alle Glieder sind einbezogen, alle Gelenke, jedes Glied – keiner ist ausgeschlossen. Aber noch viel mehr: Es kommt nicht nur darauf an, dass jedes Puzzleteil, jedes Glied am richtigen Platz ist. Das ist beim Körper sogar noch wichtiger als beim Puzzle.
Denn jedes Glied ist so am rechten Platz, dass es lebendig mit den anderen Gliedern in eine Wechselwirkung treten kann. Durch dieses Miteinanderwirken funktioniert letztlich der gesamte Organismus. Gesteuert vom Kopf her dient ein Glied dem anderen durch alle Gelenke. Dadurch unterstützt jedes Glied das andere nach dem Maß seiner Kraft.
Das ist das Prinzip der Gegenseitigkeit in der Gemeinde. Ist Ihnen das schon einmal aufgefallen? Falls nicht, achten Sie mal darauf, wenn Sie in nächster Zeit das Neue Testament lesen, wie häufig dieses Prinzip der Gegenseitigkeit vorkommt. Man nennt es Mutualität oder Wechselseitigkeit.
Zum Beispiel heißt es in Römer 15,14: „Mit Erkenntnis erfüllt könnt ihr einander ermahnen.“ Oder in Kolosser 1 und Hebräer 3,13: „Ermahnt einander, einer den anderen.“ In 1. Thessalonicher 4,18: „Tröstet einander.“ Oder in 1. Korinther 12,25: „Die einzelnen Glieder sollen füreinander Sorge tragen.“
Dieses Prinzip der Wechselseitigkeit zieht sich durch das ganze Neue Testament hindurch. Paulus erklärt hier, wie es funktioniert. Dabei ist es erstaunlich, wie genau Paulus sich der medizinischen Begrifflichkeit bedient. Wahrscheinlich hat er diese Passage mit Lukas, dem geliebten Arzt, wie er ihn nennt, abgesprochen.
Auch einige Begriffe sind hier ähnlich zu finden bei alten griechischen Medizinern, etwa Hippokrates. Dort finden sich einige Begriffe ganz ähnlich wie hier. Zum Beispiel spricht Paulus in Vers 16 von den Gelenken. Eine noch ausführlichere Version finden wir in Kolosser 2,19. Dort sagt er das Gleiche noch etwas genauer:
„Vom Haupt her wird der ganze Leib durch Gelenke und Bänder gestützt und zusammengehalten und wächst durch Gottes Wirken.“ Der ganze Leib wird durch Gelenke und Bänder zusammengehalten.
Wissen Sie, was bei „Bändern“ im Griechischen steht? Dort steht „Syndesmos“. Jeder, der ein bisschen mit Sportmedizin und Sportverletzungen vertraut ist, dem klingelt das. Syndesmose ist eine typische Sportverletzung.
Syndesmose sind die Bandstrukturen zwischen Schienbein und Wadenbein. Und wir wissen, dass beim Schreiben des Kolosserbriefes Lukas auf alle Fälle dabei ist, denn in Kolosser 4,14 grüßt Paulus Lukas. Also hat Lukas ihm hier bestimmt begrifflich zur Verfügung gestellt.
Das Haupt sorgt dafür, dass der Leib zusammengehalten wird, durch Gelenke und Bänder gestützt, und dass er so in eine effektive Bewegung eintreten kann. Dabei unterstützt jedes Glied das andere entsprechend und erhält dadurch seine Funktion.
Verstehen Sie, was hier mit dem Prinzip der Gegenseitigkeit gemeint ist? Es geht um das lebendige Zusammenspiel aller einzelnen Glieder mittels der Gelenke und Bänder. Dadurch entsteht eine Dynamik, die zum Wachstum des Leibes führt beziehungsweise dazu, dass der Körper der Gemeinde effektiv existieren kann.
Das sagt Vers 16. Der Ausgangspunkt für alles und die Schaltzentrale für diesen ganzen Prozess ist das Haupt. Von ihm her ist der ganze Leib zusammengefügt, hängt ein Glied am anderen durch alle Gelenke, wodurch jedes Glied das andere unterstützt nach dem Maß seiner Kraft und macht, dass der Leib wächst.
Ist das nicht faszinierend? Das heißt, jedes Glied in diesem Prozess ist wichtig. Auch vermeintlich unscheinbare Glieder sind wichtig. Haben Sie schon einmal einen kranken Zahn gehabt? Nur ein krankes Zähnchen, das nicht funktioniert, und Sie können kaum noch klar denken.
Oder ein angerissenes Band: Das beeinträchtigt Ihr gesamtes Vorankommen, und Sie können viele andere Arbeiten nicht mehr machen, wenn ein Band gerissen ist. Oder eine Infektion im kleinen Finger kann zu einer Vereiterung führen oder sogar zu einer Blutvergiftung, die irgendwann den ganzen Körper lahmlegt.
Jedes Glied ist wirklich wichtig für das Funktionieren des Ganzen. Und das heißt für uns auch: Vermeintlich unscheinbare Dienste sind nur vermeintlich unscheinbar. Sie sind wichtig.
Das sieht niemand, wenn Sie einen Kranken besuchen. Das sieht niemand, wenn Sie einen Brief schreiben, um jemanden zu ermutigen – nur der, der den Brief bekommt. Das sieht niemand, wenn Sie in Ihrem Büro Kassetten für andere kopieren oder wenn Sie regelmäßig treue Fürbitte für bestimmte Nöte und Anliegen der Gemeinde tun.
Aber Paulus sagt, es ist unverzichtbar, dass alle Gelenke, dass jedes Glied wirklich einbezogen ist und seine Verantwortung wahrnimmt. Paulus sagt: „So soll es bei euch sein.“ Das will Jesus Christus in eurer Gemeinde, in unserer Gemeinde auslösen.
Die Frage und das Gebet, das uns in den nächsten Wochen begleiten sollte, müsste lauten: Welches Glied in diesem Organismus soll ich sein? An welcher Stelle dieses effektiven Organismus will Jesus mich einsetzen?
Wo werde ich vom Herrn in seinem Leib gebraucht? Und will ich als Einzelner im Glauben wachsen, um auf diese Weise auch besser zum Wachstum der gesamten Gemeinde beizutragen? Denn der gesamte Leib wächst nur so gut, wie die einzelnen Glieder wachsen.
Darum ist die entscheidende Frage für uns immer wieder nicht: Wie setze ich mich durch? Sondern: Wie füge ich mich ein, mich ein in das Ganze, das der Herr als Haupt leiten will?
Gleichnis von der Werkstatt: Zusammenarbeit unter der Leitung des Meisters
Vor einiger Zeit hörte ich von einem Streit, der in einer Werkstatt ausgebrochen war. Die Werkzeuge begannen zu murren und übereinander herzufallen.
„Ich behaupte“, sagte Doktor Bohrer, ein tiefer Forscher, „dass der Bruder Hobel durchaus nur oberflächliche Arbeit tut. Er macht zwar viel Aufhebens, und wenn man nur die Späne betrachtet, so scheint er unheimlich viel geleistet zu haben, aber er berührt doch nur die Oberfläche. Nein, ich habe keine Geduld mit dem Bruder Hobel. Mein Grundsatz ist es, tief in die Sachen einzudringen.“
„Ich erkenne die Tiefe Ihrer Weisheit“, entgegnete da der Prediger Hammer, „und ich bewundere Ihre eindringliche Kraft. Aber Sie werden noch zugeben müssen, dass Ihr Einfluss, lieber Bruder Bohrer, doch auf einen sehr kleinen Umfang beschränkt ist.“
„Halt, halt, Bruder Hammer“, rief da der spitzfindige kleine Gehilfe Nagel. „Sie machen zwar Lärm genug, Bruder Hammer, das stimmt, aber aus Erfahrung muss ich bezeugen, dass Sie doch nur den Kopf berühren.“
Zwei alte Sägen legten ihre Häupter in recht nachdenklicher Weise zusammen. Die eine Säge flüsterte der anderen durch ihre gebrochenen Zähne hindurch zu: „Ich bin schon lange unzufrieden über den jetzigen Stand der Dinge in unserer Werkstatt. Zu meiner Zeit hieß es immer: langsam, aber sicher. Ich habe nie erwartet, ein Brett in wenigen Augenblicken in einen Haufen kleiner Stücke zu verwandeln – hin und zurück, hin und zurück, so muss es gehen. Aber jetzt hat man Maschinen und gewaltig große Apparate.“
„Nur nun, liebe Säge“, sagt da Freund Stemmeisen, „wir kennen Ihre Ansichten schon lange. Aber mir scheint, es kommt vor allem darauf an, dass man sich bewusst wird, auf welche Art und Weise man die bedeutendsten Ergebnisse erzielt. Und ich muss sagen: Prediger Hammer ist scharf kritisiert worden, aber ich habe lange als Stemmeisen unter seiner Leitung gearbeitet, und ich kenne die Wucht seiner Beweisführung und die vortreffliche Wirkung seiner kräftigen Sprache.“
Ein Hufeisen, das sich zufällig in der Werkstatt befand, mischte sich ein und sagte: „Auch ich anerkenne des Hammers Gewalt, aber ungleich mehr habe ich als Hufeisen durch den Prediger Blasebalg empfangen. Wärme tut not, sie schmilzt die Herzen, die der Gewalt widerstehen. Oh, wo wäre ich, wenn nicht Bruder Blasebalg durch seinen Hauch das Feuer angefacht hätte, das mich durchglüht hat?“
Da erhob sich ein Beifallssturm in der Werkstatt: „Wärme, ja, Wärme brauchen wir!“
Der ehrwürdige Professor Schleifstein, der soeben damit beschäftigt gewesen war, einigen Jungbeilen den Verstand zu schärfen, drehte sich nun feierlich herum und sprach: „Entschuldigen Sie, meine Herren, Wärme genügt nicht. Wenn wahrhaftig gute Arbeit geleistet werden soll, dann braucht es nicht nur Inbrunst. Ich habe viel Erfahrung, und ich habe schon manchen Funken sprühen sehen, der schließlich nur ein wenig Zunder zum Brennen brachte. Wir brauchen Genauigkeit, Schärfe, feine Bildung im umfassenden Sinne des Wortes.“
Manche bedeutsamen Blicke fielen plötzlich auf den redlichen Bruder Schraubstock, der ein ganz ungebildeter, aber durchaus treuer und wirksamer Arbeiter war.
„Ich bestrebe mich“, so sagte Bruder Schraubstock schlicht, „alles, was mir in den Weg kommt, herzhaft anzufassen. Und was ich einmal festhalte, das lasse ich so bald nicht wieder los. Auf diese Weise ist mir schon manche Arbeit gelungen.“
Die beiden Freunde Winkel und Metermaß, die bis dahin auf dem Tisch gelegen hatten, fühlten sich nun gedrängt, auch etwas zu sagen. Winkel und Metermaß sprachen die Befürchtung aus, es könnte einer in seinem ungesunden Eifer zu weit gehen. „Solange wir uns erinnern“, sagten sie, „ist es niemandem gelungen, der nicht auf der ganz genauen Linie der vorgeschriebenen Pflichten blieb.“
„Ich habe doch manchen Hammer fest, manchen Nagel fest eingeschlagen, ohne irgendeinen Plan“, sagte Bruder Hammer. Und er schien ganz einfach zu vergessen, dass eine höhere Hand ihn dabei geleitet hatte.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und des Zimmermanns Sohn trat in die Werkstatt. Er trat ein, und sofort verstummte der Wortkrieg. Nun kam alles wieder ins Lot.
In Gegenwart des Meisters war bald alles in tätigem Einklang, und die Arbeit ging freudig vonstatten. Der Meister war gerade damit beschäftigt, das Modell eines Tempels zu verfertigen. Unter seiner geübten Hand schritt das Werk seiner Vollendung entgegen.
Jedes Werkzeug tat ohne Widerrede die Arbeit, zu der es gebraucht wurde: Säge und Hammer, Hobel und Bohrer, Schleifstein und Schraubstock – jeder fand seine Verwendung. Sie ließen jede Überheblichkeit dahinfahren, und einer machte dem anderen bereitwillig Platz, wie es der Arbeitsgang gerade erforderte.
So wuchs das Werk unter der weisen, schaffenden Hand des großen Meisters, und es wuchs zu einem herrlichen Tempel heran.
Das ist bewegend: Wo die Priorität des Christus gilt, da funktioniert auch das Prinzip der Gegenseitigkeit. Da lernen wir, aufeinander zu achten, füreinander Platz zu machen, einander zu achten und dem Herrn dankbar zu sein, was er mir gerade durch diesen Bruder und gerade durch diese Schwester im Glauben schenkt. Und wir lernen zu fragen: Wo ist mein Platz? Was ist mein Auftrag, den der Herr mir in dieser Gemeinde geben will?
Das Zusammenspiel der Gaben und Dienste in der Gemeinde
Liebe Geschwister,
hier in Vers sechzehn schließt sich der Kreis. Vor einigen Wochen hatten wir gesehen, wie Paulus in Vers sieben sagt, dass jeder durch den Heiligen Geist eine Begabung von Gott erhalten hat, die er in die Gemeinde Jesu Christi einbringen soll und darf.
In Vers 11 hatten wir dann gesehen, dass der Herr bestimmte Ämter eingesetzt hat, durch die er die Heiligen ausrüstet. In Vers 12 zeigt Paulus, wie diese Ämter die einzelnen Glieder am Leib wirklich befähigen, in dieses Zusammenspiel einzutreten. Hier in Vers 16 kommt das Ganze zum Ziel. Paulus zeigt uns, wie das Zusammenspiel der einzelnen Glieder unter der Leitung des Hauptes zu einer wirksamen Koordinierung führt. Diese Koordinierung macht es möglich, dass der ganze Leib gesund wächst und seine Aufgaben wahrnehmen kann.
Noch etwas ist ganz wichtig: Wo diese "PR-Maßnahmen" greifen, die Paulus uns hier zeigt, da brauchen wir keine zusätzlichen Tricks. Es sind keine weiteren Managementkniffe nötig. Was sagt Paulus? Am Ende all dessen bewirkt die Liebe, dass der Leib wächst und sich selbst aufbaut.
Verstehen wir, was das heißt? Der Leib baut sich selbst auf. Die Kraft zum Wachstum des Leibes kommt nicht von außen, nicht durch weltliche Methoden, Wachstumsprogramme oder Konzepte, die Menschen sich ausdenken. Nein, der Leib baut sich selbst auf. Das heißt, er wird durch Christus aufgebaut, durch das Haupt, das den ganzen Leib in Bewegung bringt und hält. Der ganze Leib baut sich selbst auf durch das Haupt.
Darinnen, liebe Glaubensgeschwister, liegt für jeden von uns eine ungemein große Ermutigung. Denn das bedeutet: Der Herr Jesus will jeden von uns gebrauchen – jeden, der wirklich an ihn glaubt, jeden, der zu ihm gehört. Der Herr kann uns gebrauchen, er will uns gebrauchen und ausrüsten. Er will uns schenken, dass wir mehr zu ihm hinwachsen. Das ist ein großes Vorrecht und ein großes Geschenk.
Aber darin liegt auch eine enorme Verantwortung. Jeder von uns ist gut beraten, sich immer wieder die Frage zu stellen: Bin ich wirklich bereit, die Verantwortung anzunehmen, die der Herr für mich vorgesehen hat? Bin ich bereit, ihm ganz zu dienen? Keiner von uns kann sich dieser Frage entziehen, wenn er Christ ist.
Der Herr will und kann jeden von uns gebrauchen und so einsetzen, dass das Ganze seines Leibes zu seiner Ehre gelingt.
Darum schließe ich mit dem Zeugnis einer jungen Frau aus Moskau, an deren Leben deutlich wird, dass der Herr wirklich jeden einsetzen kann und will in seinem Reich.
Wir waren dort zusammen mit Professor Weiser und unserem Übersetzer untergebracht in der Wohnung einer christlichen Organisation, die diese Wohnung als eine Art Frauenhaus betreibt. Dort können Frauen hinkommen, die von ihren Männern geschlagen wurden, bedroht wurden oder in eine Abtreibung getrieben wurden.
Für diese Frauen ist eine kleine Wohnung im neunten Stock eines Moskauer Stadtteils eingerichtet. Ein rumpeliger Fahrstuhl fährt nach oben, klein und einfach, aber ganz liebevoll. Ich habe mir mal gesagt: Wir sind eine Männer-WG in einem Frauenhaus.
In dieser Männer-WG hat uns in diesen drei Tagen eine junge Dame versorgt, 34 Jahre alt, die zu dem Team gehört, das diese Frauenwohnung im Auftrag einer christlichen Organisation regelmäßig versorgt – im Sinne einer ehrenamtlichen Mitarbeit. Sie hat für uns das Frühstück hergerichtet, das Abendbrot gemacht und dafür gesorgt, dass wir dort leben konnten.
Am zweiten Abend, während wir noch beim gemütlichen Gedankenaustausch zusammensaßen, kam sie dazu. Sie wollte alles aufräumen und für den nächsten Tag fertig machen. Dabei kamen wir mit ihr ins Gespräch, und sie erzählte uns kurz ihre Geschichte.
Mit 22 Jahren war sie voll alkoholabhängig. Dann kam sie in ein Krankenhaus in Moskau, wo man eine ziemlich harte Entzugsmaßnahme bei ihr ansetzte. Während dieses Entzugs lernte sie im Nebenbett eine Drogenabhängige kennen. Diese besorgte ihr statt des Alkohols Drogen. Sie sagte: "An dem Tag, an dem der Alkoholentzug begann, habe ich mir die erste Spritze gesetzt."
So kam sie drogenabhängig aus dem Krankenhaus heraus. Ihre eigene Mutter setzte sie vor die Tür und sagte: "Ich kann nichts mehr für dich tun." Ihr blieb nur, um die Drogen zu bekommen und ihren Lebensunterhalt zu sichern, Diebin zu werden. Sie klaute sich ihren Lebensunterhalt zusammen, wurde entdeckt und kam ins Gefängnis. Sie saß dann vier Jahre im Frauengefängnis in Irkutsk.
Doch sie kam heraus, und Jesus Christus fand sie. Er rief sie zum Glauben. Sie erkannte ihre Schuld, fand heraus aus der Sucht und steht jetzt kurz vor dem Abschluss einer vierjährigen Fernausbildung. Sie lernt juristische Fachkenntnisse für Sozialarbeit im Gefängnis. Sie sagt: "Ich will meinen Beruf im Gefängnis ausüben, ich will im Frauengefängnis arbeiten. Ich weiß, wie es dazu geht."
Sie möchte den Frauen helfen, die eine ähnliche Lebenswegproblematik wie sie erlebt haben, und ihnen das Evangelium bringen.
Diese Larissa weiß nicht, ob die Leberschädigung, die sie durch ihre Sucht davongetragen hat, noch einmal vollkommen geheilt werden kann. Das ist ungewiss, und man sieht es ihr auch nicht an. Aber sie ist ein fröhlicher Mensch, der still und mit großer Treue seinen Dienst tut.
Sie sagte uns – der Übersetzer hat das übersetzt: "Wenn ich heute sterben würde, dann weiß ich, ich bin bei Jesus, denn er hat mir alle meine Schuld abgenommen."
Zurzeit arbeitet sie also ehrenamtlich in diesem Frauenzentrum mit, um den Frauen, die keine Hoffnung kennen, die Hoffnung des lebendigen und auferstandenen Jesus Christus mitzuteilen.
Jeder, jeder kann von Christus herausgezogen werden aus jeder Not. Und jeder, den Christus zu sich zieht, wird auch von ihm eingesetzt.
So gebraucht der Herr diese Larissa. Dort in Moskau hat sie in diesen Tagen die Referenten versorgt. Die Referenten haben dann ihren Beitrag zur Konferenz geleistet. Andere Geschwister in Moskau haben weitere Dinge für diese Konferenz vorbereitet.
Und die Ärzte tragen das, was sie dort gehört haben, nun mit, wenn sie heute wieder aufbrechen in den Ural, nach Wladiwostok, nach Jekaterinburg und in viele Gebiete dieses großen Reiches. Dort dienen sie den Menschen als Ärzte, aber eben nicht nur als Ärzte, sondern als Boten Jesu Christi.
So funktioniert der Leib Christi. Der Herr rüstet uns aus, damit wir einander dienen können. Dadurch entsteht am Ende das Produkt einer wachsenden Gemeinde.
Paulus sagt, dass der Leib wächst und sich selbst aufbaut in der Liebe.
So, liebe Glaubensgeschwister, lasst uns den Herrn bitten, dass er auch uns hier in Hannover jede Woche wieder mitnimmt auf diesem Weg – jeden einzelnen von uns und uns als Gemeinde zusammen. Dass der Herr Jesus Christus auch hier in Hannover weiterhin seine Gemeinde baut, auch durch uns.
Und dass das geschieht zu seiner Ehre, zum Heil vieler, die ihn hier noch finden sollen, und zum Segen für uns alle, die wir ihm gehören und ihm dienen.
Amen!
Wir wollen jetzt das Lied 215 miteinander singen, die Strophen 1 bis 4 und 7 bis 9.
Schlussappell und Gebet für die Gemeinde
Und so, liebe Glaubensgeschwister, lasst uns den Herrn bitten, dass er auch uns hier in Hannover jede Woche wieder mitnimmt auf diesem Weg. Jeder Einzelne von uns und wir als Gemeinde zusammen sollen begleitet werden.
Möge der Herr Jesus Christus auch hier in Hannover weiterhin seine Gemeinde bauen, und zwar auch durch uns.
Das soll geschehen zu seiner Ehre, zum Heil für viele, die ihn hier noch finden sollen, und zum Segen für uns alle, die wir ihm gehören und ihm dienen. Amen!
Wir wollen jetzt das Lied 215 miteinander singen, und zwar die Strophen 1 bis 4 sowie 7 bis 9.