Einführung und thematische Einordnung
Welche Rolle spielt das mosaische Gesetz für einen Christen? Fünf Dinge, die du dazu wissen musst.
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt – Nachfolge praktisch, dein geistlicher Impuls für den Tag. Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute beschäftigen wir uns mit der Frage, warum Gott das mosaische Gesetz gegeben hat, Teil eins.
Kurzer Rückblick: Wir wissen inzwischen, dass Gott mit Abraham einen Segensbund geschlossen hat. Dieser Bund erfüllt sich in dem Moment, in dem der Herr Jesus durch seinen stellvertretenden Tod am Kreuz zum Segen für jeden wird, der an ihn glauben will.
Der Herr Jesus richtet einen neuen Bund auf, und es entsteht die Gemeinde der Gläubigen. Mit dem Herrn Jesus hat der alte Bund mit den mosaischen Gesetzen sein Ablaufdatum erreicht. Spätestens im Jahr siebzig nach Christus, als die Römer den Tempel in Jerusalem zerstören, hört der Alte Bund ganz praktisch auf zu existieren.
Die Frage nach dem Sinn des Alten Bundes
Frage: Warum hat Gott den Alten Bund gegeben, wenn er die Menschen nicht retten kann? Welchen Sinn hat der Alte Bund mit den Zehn Geboten und dem Bundesbuch, das die Ausführungen zu den Zehn Geboten enthält?
Denn die Gesetze über Opfer, Priester, Reinheit, Heiligkeit, Gelübde und vieles mehr – wenn man die Bibel zum ersten Mal liest, erschrickt man fast über die Menge an Geboten und Vorschriften, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Wozu also das mosaische Gesetz?
Ich möchte dazu drei Antworten geben, jeweils mit einer Bibelstelle. Die ersten beiden Antworten bekommst du heute. Wir beginnen mit 5. Mose 4,5-8:
Siehe, ich habe euch Ordnungen und Rechtsbestimmungen gelehrt, so wie der Herr, mein Gott, mir geboten hat, damit ihr danach handelt, mitten in dem Land, in das ihr kommt, um es in Besitz zu nehmen. So bewahrt und tut sie, denn das ist eure Weisheit und eure Einsicht in den Augen der Völker, die alle diese Ordnungen hören. Sie werden sagen: „Ein wahrhaft weises und verständiges Volk ist diese große Nation.“
Denn wo gibt es eine große Nation, die Götter hätte, die ihr so nahe wären wie der Herr, unser Gott, in allem, worin wir zu ihm rufen? Und wo gibt es eine große Nation, die so gerechte Ordnungen und Rechtsbestimmungen hätte wie dieses ganze Gesetz, das ich euch heute vorlege?
Das Gesetz als Zeichen nationaler Weisheit und göttlicher Nähe
Punkt eins: Das mosaische Gesetz dient dazu, Israel in den Augen der umliegenden Völker hervorzuheben. Es stellt Israel als ein besonders weises und einsichtiges Volk mit gerechten Ordnungen und Rechtsbestimmungen dar.
Dabei wird deutlich, dass die Qualität der Gebote nicht darauf zurückzuführen ist, dass Israel besonders klug ist, sondern weil Gott ihnen so nahe ist. Die Weisheit und Gerechtigkeit der Rechtsbestimmungen im mosaischen Gesetz weisen auf einen Gott hin, der selbst weise und gerecht ist.
Das ist Punkt eins. Man kann sagen, das Gesetz ist evangelistisch. Die Völker erleben Israel und beginnen zu fragen: Was für ein Gott steht hinter diesem Volk?
Die didaktische Funktion des Gesetzes im Hinblick auf die Sünde
Punkt Nummer zwei, Galater 3,19. Dort heißt es: Was soll nun das Gesetz? Es wurde der Übertretung wegen hinzugefügt, bis der Nachkomme käme, dem die Verheißung galt, angeordnet durch Engel in der Hand eines Mittlers.
Diesen Vers hatten wir gestern bereits, falls ihr euch erinnert. Der Schwerpunkt gestern lag auf dem Ausdruck „hinzugefügt bis“. Heute geht es um die Frage, warum das mosaische Gesetz gegeben wurde. Die Antwort lautet: Es wurde der Übertretung wegen hinzugefügt.
Der Bund mit Abraham allein war nicht genug, weil Gott, bevor er den Messias schickt, den Menschen noch eine Lektion erteilen wollte. Das mosaische Gesetz hat eine didaktische Funktion, ähnlich einem Lehrer. Sein Unterrichtsfach heißt „Sünde“.
Ich hatte das schon ganz am Anfang gesagt: Das mosaische Gesetz zeigt dem Menschen, wie man nicht gerettet werden kann, nämlich durch das Halten von Geboten. Rettung in der Bibel geschieht immer durch Glauben.
Das mosaische Gesetz ist einerseits genau das, was Israel brauchte. Jedes Gebot war, so sagt Paulus, heilig, gerecht und gut. Trotzdem hat das Wissen um die Gebote die Menschen nicht dazu gebracht, ohne Sünde zu leben. Warum nicht?
Weil jeder Mensch ein ganz besonderes Problem mit Sünde hat. Wir sind nämlich nicht nur diejenigen, die ab und zu sündigen, wir sind Sünder. Sünde steckt als Macht in uns drin.
Paulus beschreibt seine eigenen Erfahrungen so: „Als aber das Gebot kam, lebte die Sünde auf.“ Man könnte denken, dass Gebote dazu führen, dass Menschen heiliger leben. Schließlich weiß ich doch jetzt, was richtig wäre.
Aber weit gefehlt. Gebote machen den Menschen nicht heiliger, sondern unheiliger.
Lasst uns ein einfaches Gedankenexperiment durchspielen: Stellen wir uns vor, wir gehen spazieren, im Park. Wir freuen uns an dem schönen Rasen. Plötzlich steht da ein Schild: „Rasen betreten verboten.“
Was macht dieses Gebot mit mir? Löst es in mir den Wunsch aus, aus purer Dankbarkeit für die Mühe der Gärtner natürlich nicht den Rasen zu betreten? Oder passiert genau das Gegenteil?
Reizt mich das Gebot zum Guten oder zum Bösen? Muss ich mich jetzt mehr anstrengen, den Rasen nicht zu betreten, oder fällt es mir leichter?
Paulus spricht davon, wie das zehnte Gebot, „Lass dich nicht verführen“ – mit meinen Worten: „Sei nicht neidisch“ –, erst dazu geführt hat, dass er plötzlich neidisch wurde.
Gebote machen uns nicht zu besseren Menschen.
Mit dem mosaischen Gebot spielt Gott einem Volk die Idee durch, dass man nur die richtigen Gebote braucht, um ein heiliges Leben zu führen. Rettung als eine Frage der Bildung: Gibt man den Menschen eine gute Erziehung, wird er ein guter Mensch.
Falsch! Mit dem Gebot kommt leider auch die Lust in uns, das Gebot zu übertreten. Wo vorher nur Sünde war, wird jetzt eine Übertretung daraus.
Aber – und das ist der Clou am mosaischen Gesetz – mit der Übertretung kommt auch die Einsicht, dass mein Problem größer ist, als ich vielleicht dachte. Dass ich eben nicht nur deshalb ein Sünder bin, weil ich in die falsche Familie oder zur falschen Zeit geboren wurde.
Das mosaische Gesetz zeigt exemplarisch, dass sich ein Mensch nicht selbst retten kann, egal wie sehr er sich anstrengt und wie viel er weiß. Denn in ihm steckt Sünde als Macht zum Bösen.
Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse und Ausblick
Warum hat Gott das mosaische Gesetz gegeben?
Punkt eins: Er wollte, dass es Israel gut geht und dass die Völker durch die Gebote den Geber erkennen.
Punkt zwei: Ein perfekt auf die Bedürfnisse Israels abgestimmtes Gesetz zeigt, dass der Mensch ein tief sitzendes moralisches Problem hat. Er ist nicht nur Opfer seiner Biografie, sondern auch Sünder.
Morgen gibt es Punkt drei.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest noch einmal darüber nachdenken, wie du Gebote wahrnimmst. Was passiert, wenn man dir etwas verbietet und dir Grenzen setzt? Hat Paulus Recht, wenn er in Römer 7,8 schreibt: „Die Sünde aber ergriff durch das Gebot die Gelegenheit und bewirkte jede Begierde in mir“?
Das war’s für heute. Wenn du Predigten von mir suchst, wirst du auf meinem YouTube-Kanal fündig.
Der Herr segne dich. Erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.