Die zentrale Rolle Gottes im Evangelium und die menschliche Abhängigkeit
Wir kommen zu unserem dritten Punkt. Der erste war, dass Paulus zeigt, dass beim Evangelium Gott die Hauptsache ist und nicht der Mensch. Der zweite Punkt war, dass der Mensch verdienterweise unter Gottes Zorn steht und darum ganz auf Gottes Erbarmen und auf Gottes Wohlgefallen angewiesen ist. Dabei wurde die vollständige, die totale Verderbtheit des Menschen dargestellt.
Als drittes folgt nun die Gnade Gottes. Wenn wir erkannt haben, dass der Mensch Gottes Sohn verdient hat und dass er unfähig und sogar unwillig ist, Gutes zu tun, dann begreifen wir auch, dass einzig Gottes Gnade ihn retten kann. Daraus ergibt sich, dass die Errettung ganz Gottes Werk sein muss.
Die Errettung ist nicht so, wie es die Kirche von Rom, die römisch-katholische Kirche, lehrt. Sie versteht die Errettung nicht als ein Zusammenwirken des Sünders mit Gott. Die römische Kirche sieht die Gnade als Gottes Beistand für den, der guten Willens ist, das Gute zu tun. Dem hilft dann Gott, hilft dir selbst, so hilft dir Gott.
Das ist ganz knapp zusammengefasst das volkstümliche und römisch-katholische Verständnis von Gnade. Das neutestamentliche Verständnis von Gnade ist jedoch, dass alles von Gott ausgeht und dass Gott die Errettung vollständig und ganz wirkt.
Gottes Gerechtigkeit und die Rechtfertigung durch Glauben
Besonders deutlich macht das der Apostel Paulus im Epheserbrief. Doch zuvor wollen wir Römer 3,21-26 lesen. Auch hier sehen wir bei Paulus die gleichen Gedanken, die er im Epheserbrief deutlicher und auf andere Weise ausführt.
Römer 3,21-26:
„Jetzt aber ist ohne Gesetz Gottes Gerechtigkeit geoffenbart worden, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Gottes Gerechtigkeit aber wird durch den Glauben an Jesus Christus allen zuteil, die glauben. Denn es ist kein Unterschied: Alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes. Sie werden aber ohne Verdienst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist. Ihn hat Gott dargestellt als einen Gnadenstuhl, durch den Glauben an sein Blut, zur Erweisung seiner Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorhergeschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes. Dies geschieht zur Erweisung seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, damit er gerecht sei und den rechtfertige, der durch den Glauben an Jesus ist.“
Beachtet im Zusammenhang mit der Errettung, wie Paulus hier fast ausschließlich grammatikalisch passiv formuliert. Die Aktivkonstruktionen umschreiben Gottes Handeln. Gott ist der Wirkende, der Handelnde, und der Mensch ist nur der Empfangende. Gott wirkt alles, und der Mensch empfängt nur.
Vers 21: „Jetzt ist Gottes Gerechtigkeit geoffenbart worden.“ Das ist passiv. Der Mensch hat nichts getan, es ist von Gott geoffenbart worden. Dies ist bezeugt worden, also nicht von uns erfunden, sondern von Gott offenbart und bezeugt.
In Vers 22 und 23 heißt es: „Alle haben gesündigt.“ Hier sind wir aktiv im Sündigen. Alle haben gesündigt — das ist aktiv.
Vers 24: „Sie werden umsonst gerechtfertigt.“ Hier handelt nur Gott bei der Rechtfertigung. „Umsonst“ heißt im Griechischen „dorean“, also geschenksweise. Ein Geschenk ist per Definition etwas, das man nicht verdient hat. Sonst wäre es kein Geschenk, sondern Lohn. Doch Lohn ist der Tod und die Verdammnis — das haben wir verdient. Die Rechtfertigung aber wird uns geschenkt, unverdient.
Durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist — er ist es, der die Erlösung gewirkt hat.
Vers 25: „Welchen Gott dargestellt hat.“ Gott hat ihn dargestellt, Gott hat bestimmt, dass er der Retter sei. Gott hat ihn zum Stellvertreter gemacht, der an unserer Stelle lebt. Alles ist durch Gott bestimmt und wird durch Christus ausgeführt.
Monergismus: Die Alleinwirksamkeit Gottes in der Rettung
Ja, Gnade bedeutet, dass Gott alles wirkt. Man nennt diese Tatsache Monergismus. Das ist ein griechisches Wort und bedeutet Alleinwirksamkeit – die Alleinwirksamkeit Gottes in der Rettung.
Das ist nicht einfach ein theologisches Streitwort. Es wurde geprägt in der Auseinandersetzung zur Zeit der Reformation mit der verderbten römischen Heilslehre, die eigentlich gar keine Heilslehre mehr ist. Der Glaube an diese Lehre rettet niemanden.
In der Auseinandersetzung mit dieser ganz korrupten, verderbten Lehre wurde die notwendige Alleinwirksamkeit Gottes in der Rettung sehr stark betont. Paulus sagt das in Epheser 1,11 ganz deutlich. Dort steht: „In welchem wir auch ein Erbteil erlangt haben, die wir zuvor bestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt, nach dem Rate seines Willens.“ (Epheser 1,11)
Gott wirkt alles. In der Rettung, in der Rechtfertigung ist Gott allein der Handelnde. Gnade bedeutet also, dass alles von Gott ausgeht. Das ist die erste Bedeutung von Gnade: Alles Heil beginnt mit Gott und geht von Gott aus.
Das Fundament des Glaubens: Gottes Souveränität im Heilsplan
Ich habe in den letzten Tagen ein Büchlein zum zweiten Mal fertig gelesen, das ich vor etwa sechs Jahren schon einmal gelesen hatte. Damals las ich es auf Deutsch: „Spurgeon, wie ihn keiner kennt“. Jetzt habe ich es auf Englisch gelesen: „The Forgotten Spurgeon“. Dabei wurde mir erneut bewusst, und wenn man auch seine Predigten liest, dann kommt er immer wieder darauf zurück, dass das Fundament von allem richtigen Glauben und Urteilen immer ist: Gott ist im Anfang.
Immer wieder betont er: Gott ist im Anfang. Das Heil geht von Gott aus. Es beginnt mit Gott, mit Gottes Ratschluss, mit Gottes Vorsatz, mit Gottes Erwählung – da beginnt die Errettung. Gnade bedeutet, dass alles Heil von Gott ausgeht.
Ich möchte nun ein Beispiel aus einer Predigt von Spurgeon anführen. In seinen Predigten hat Spurgeon immer wieder mit großer Vorliebe den Heilsrat Gottes entfaltet. Er hielt einmal eine Predigt über Galater 1,15 unter dem Titel „Als es Gott wohl gefiel“. Dort heißt es: „Als es aber Gott, der mich von meiner Mutterleibe an abgesondert hat und durch seine Gnade berufen hat, wohl gefiel, seinen Sohn in mir zu offenbaren.“
Jetzt zitiere ich aus dieser Predigt:
In diesen Worten ist der göttliche Heilsplan sehr klar niedergelegt. Er beginnt, wie ihr seht, mit dem Willen und dem Wohlgefallen Gottes: „Als es Gott wohlgefiel“. Die Grundlage der Errettung findet sich nicht im Willen des Menschen. Sie beginnt nicht mit dem Gehorsam des Menschen, um von da zum Vorsatz Gottes fortzuschreiten. Nein, hier ist der Anfang, hier ist der Quell, aus dem alle lebendigen Wasser fließen: Es gefiel Gott.
Auf den souveränen Willensentschluss und das Wohlgefallen Gottes folgt als Nächstes die Aussonderung, das, was wir gewöhnlich Erwählung nennen. Gott sonderte uns zum Heil aus, als noch keine Berge waren. Auf diesen Akt der Aussonderung folgte die wirksame Berufung: „Er berief mich in seiner Gnade.“ Die Berufung entbrennt aus der Erwählung, und die Erwählung geht aus dem freien Wohlgefallen Gottes hervor. Auf die Berufung folgt, wie ihr seht, der Gehorsam.
Der ganze Weg verläuft also wie folgt: Zuerst der heilige, souveräne Vorsatz Gottes, dann die besondere und bestimmte Erwählung, dann die wirksame und unwiderstehliche Berufung und schließlich der Gehorsam zum Leben und die süßen Früchte des Geistes, die daraus erwachsen.
Wer das anders darstellt, irrt. Wer den Willen des Menschen an den Anfang stellt, weiß nicht, was er sagt, noch was er fest behauptet. Also: Gnade heißt, alles beginnt mit Gott.
Spurgeon war ein großer Bewunderer von George Whitefield, der hundert Jahre vor ihm lebte und wirkte. Dieser George Whitefield war ein Evangelist, der sich im Predigen des Evangeliums buchstäblich aufraffte. Man kann sagen, er hat sich einfach zu Tode gepredigt. Aber er war von einer solchen Leidenschaft getrieben, dass er nicht anders konnte.
Er hat in seinem Leben dreizehnmal den Ozean überquert. Im achtzehnten Jahrhundert war das jedes Mal eine acht- bis vierzehnwöchige Reise, und das waren die einzigen Gelegenheiten, in denen er nicht beständig predigte, weil dort einfach keine Menschen waren. Gegen sein Lebensende hin musste er geradezu solche Schiffsreisen machen, weil er es nicht aushielt, nicht unter Menschen zu sein und ihnen das Evangelium nicht zu predigen. Er konnte nicht anders; er musste allen das Evangelium von der Gnade Gottes predigen.
Mit 57 Jahren hat der Herr ihn dann heimgeholt. Man kann also praktisch sagen, er wurde von der Kanzel weg in die Ewigkeit gerufen.
Dieser George Whitefield war jemand, der persönlich so überzeugt war, dass es allein an Gottes erwählender Gnade lag, dass er überhaupt zum Glauben kam. Er hat das geglaubt und verkündet, gepredigt. Die Ergebnisse waren ganz ähnlich wie bei Spurgeon: unzählige Menschen wurden gerettet.
Manche denken: „Ja, wenn alles an der Erwählung Gottes liegt, dann muss ich ja gar nicht predigen. Was hat es dann für einen Sinn zu predigen?“ Das ist eine falsche Logik. Der Gott, der sagt: „Ich habe dich erwählt“, hat uns auch befohlen zu predigen. Also tun wir es. Auch wenn wir das nicht ganz verstehen, wie die Deutschen sagen: Wir tun's einfach.
Natürlich übersteigt es meinen Verstand, aber der Gott, der mich errettet hat, lügt nicht. Er weiß, was er sagt, und wenn er sagt: „Predigt das Evangelium“, dann tun wir es.
Gott hat es auch so eingerichtet und verordnet, dass durch die Predigt des Evangeliums Menschen gerettet werden sollen. Sonst werden keine Menschen gerettet. Darum müssen wir das Evangelium predigen, und darum wehe mir, wenn ich es nicht predige.
So hat dieser George Whitefield gelebt und gepredigt. In einem Brief schrieb er:
Ich preise Gott dafür, dass sein Geist mich überzeugt hat von der ewigen Erwählung durch den Vater im Sohn, von unserer Rechtfertigung durch den Glauben an sein Blut, von unserer Heiligung und dem sich daraus ergebenden Beharren im Glauben und der Verherrlichung als Folge von dem allen.
Ich bin davon überzeugt, dass Gott alle Glieder dieser Kette so miteinander verquickt hat, dass weder Mensch noch Teufel sie zu zerreißen vermögen.
Das ist gut gesagt. Ich bin davon überzeugt, dass Gott alle Glieder dieser Kette so miteinander verquickt hat, dass weder Mensch noch Teufel sie zu zerreißen vermögen.
Alles beginnt damit. Hier ist der Beginn: Alles beginnt damit, dass Gott uns von Ewigkeit her erwählte und uns in der Zeit rief. Er wird uns bewahren, so dass wir nicht bleibend abfallen können, bis die Zeit nicht mehr ist.
Man betrachtet das Evangelium von diesem Gesichtspunkt, und es erscheint uns als ein in sich geschlossener, festgefügter Ratsschluss. Dass die Errettung von Gott ausgeht, mit ihm beginnt – das ist die erste und fundamentalste Bedeutung von Gnade.
Den Ephesern schreibt Paulus, dass Gott sie, die an Jesus Christus glaubten, in Christus Jesus vor Grundlegung der Welt erwählt hat (Epheser 1,4): „Wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe.“
Den Thessalonichern schreibt Paulus im ersten Thessalonicherbrief und führt auch bei ihnen die Errettung zurück auf Gott, bei ihm nahm es den Anfang (1. Thessalonicher 1,4): „Wir danken unserem Gott und Vater, wissend von Gott geliebte Brüder, eure Ausserwählung.“
Auch im zweiten Thessalonicherbrief heißt es (2. Thessalonicher 2,13): „Wir aber sind schuldig, Gott allezeit für euch zu danken, vom Herrn geliebte Brüder, dass Gott euch von Anfang erwählt hat zur Seligkeit, in Heiligung des Geistes und im Glauben an die Wahrheit.“
Warum betont Paulus das so ausdrücklich, dass Gott euch von Anfang erwählt hat? Einfach, um uns das bewusst zu machen: Im Anfang ist Gott.
Ich behaupte dasselbe, was Spurgeon immer wieder sagte: Das ist wirklich das A und O von allem richtigen Denken über Gott, über den Menschen und über die Existenz des Menschen. Im Anfang steht immer Gott.
Das gilt in der Schöpfung: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ Die Schöpfung beginnt mit Gott, nicht mit Materie, nicht mit Raum, nicht mit Energie, sondern mit Gott.
Und das Gleiche gilt für die Erlösung. Schöpfung gibt es nur, weil Gott sie gewollt hat (Offenbarung 4,11): „Durch deinen Willen, um deines Willens wegen ist alles erschaffen.“ Und Erlösung geht ebenso von Gott aus, von Gottes Willen.
So beginnt Johannes sein ganzes Evangelium. Er führt den Leser zurück an den Anfang. Woher geht das alles aus, die Errettung? „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Dann folgt: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt.“ Es beginnt mit Gott.
Paulus will das den Thessalonichern und den Ephesern bewusst machen: Gott hat euch von Anfang erwählt.
Es ist nicht so, dass Gott darauf reagiert hat, dass er bei uns irgendetwas gesehen hat und dann gesagt hat: „Der ist würdig, den kann ich erwählen.“ Dann wäre es ja nicht Erwählung, sondern Anerkennung.
Gott hat von Anfang an von sich aus erwählt, vor Grundlegung der Welt.
Das heißt natürlich nicht einfach, weil Gott allwissend ist, hat er unseren Glauben vorhergesehen. Man versucht sich das ja manchmal so zurechtzulegen. Natürlich ist Gott allwissend und hat darum vor Grundlegung der Welt alle gekannt, auch genau gewusst – von jedem von uns, wann und wo wir geboren werden und was wir tun werden. Das steht außer Diskussion, das ist uns allen klar.
Wenn Paulus im Römerbrief in Kapitel 8 auf diese ganze Kette zu sprechen kommt – und Whitefield hat auf diese Kette angespielt, die von Erwählung über Berufung und Rechtfertigung bis zur Verherrlichung führt – dann geht Paulus zurück an den Anfang, woher das alles ausgeht (Römer 8,28-30):
„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind.“
Warum Vorsatz? Warum ist ihm das so wichtig? Hätte er sich das Wort ersparen können? Nein, er sagt es: Vorsatz. Vorher ist hier etwas geschehen.
Denn: „Welche er zuvor erkannt hat, die hat er auch zuvor bestimmt.“ Das ist das Ende der Sache. Zuvor erkannt und von Anfang an dazu bestimmt, dieses Ziel zu erreichen – Anfang und Ende von Gott her.
„Die hat er auch zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche er aber zuvor bestimmt hat, diese hat er auch berufen. Und welche er berufen hat, dies hat er auch gerechtfertigt. Welche er aber gerechtfertigt hat, die hat er auch verherrlicht.“
Das ist die goldene Kette der Gnade, so nannten das die Puritaner. Diese goldene Kette der Gnade kann weder Mensch noch Teufel zerreißen.
Ich möchte noch einen Liederdichter zitieren, den Fürsten unter den deutschen Liederdichtern, niemand anderen als Paul Gerhardt. Er hat das schöne Lied „Befiehl du deine Wege“ geschrieben, und in der fünften Strophe heißt es:
„Und obgleich alle Teufel hier wollten widerstehen, so wird doch ohne Zweifel Gott nicht zurückgehen. Was er sich vorgenommen und was er haben will, das muss doch endlich kommen zu seinem Zweck und Ziel.“
Das ist wahr und schön, beides zugleich wahr und schön gesagt. Diese Kette kann niemand zerreißen.
Nun, dieser Ausdruck „die, welche Gott zuvor erkannt hat“ – manchmal versuchen wir uns das irgendwie so zurechtzulegen: „Ja, Gott hat eben meinen Glauben vorhergesehen, darum hat er mich erwählt.“ So eine listige Art, die Sache doch in unsere Hand zu nehmen.
Das geht aus mehreren Gründen nicht, weil es den ganzen Gedanken der Erwählung aufhebt. Dann ist es keine Erwählung, sondern nur ein Erkennen dessen. Gott hat bei mir etwas gesehen, darum habe ich positiv reagiert, habe etwas gegeben, Vertrauen gezeigt, darum kann ich dich nehmen.
Nein, „zuvor erkennen“ heißt viel mehr als nur vorher wissen. Es heißt, sich jemandem zuzuwenden und sich mit jemandem zu verbinden.
So wird das Wort „erkennen“ im Alten wie auch im Neuen Testament verwendet.
Eine Stelle dazu aus dem ersten Buch Mose, Kapitel 18, Vers 19:
Hier sagt Gott von Abraham: „Denn ich habe ihn erkannt, auf dass er seinen Kindern und seinem Hause nach ihm Befehle, dass sie den Weg des Herrn bewahren.“
Ist euch aufgefallen, wie es ausgedrückt wird? Hier steht nicht: „Ich habe ihn erkannt, dass er das und das tun wird“, sondern: „Ich habe ihn erkannt auf dass“ – also die Erkenntnis stellt das Ergebnis sicher. Das ist göttliches Erkennen.
Und das wird hier in diesem Sinn verwendet.
Ich zitiere jetzt aus dem Kommentar von William MacDonald, den ihr auch auf dem Büchertisch findet. Er hat einen Kommentar zu allen Büchern des Neuen Testaments geschrieben, der sich durch ausgewogene und gut begründete Erklärungen der Aussagen dieser verschiedenen Bücher auszeichnet. Er geht Vers für Vers durch und erklärt.
Er schreibt zu Römer 8,29:
„Gott hat uns zuvor erkannt von Ewigkeit her. Das war nicht bloß intellektuelles Wissen. Was sein vollkommenes Wissen betrifft, kannte er jeden Menschen, der je geboren werden sollte. Aber seine Vorkenntnis umfasst nur diejenigen, die er zuvor bestimmt hat, dass sie dem Bilde seines Sohnes gleichförmig gemacht werden sollen. Es handelt sich also um eine Vorkenntnis mit einem ganz bestimmten Vorsatz, der nie aufgehalten werden kann. Es genügt nicht zu sagen, Gott habe eben vorher gewusst, wer eines Tages Buße tun und glauben würde. Seine Vorkenntnis stellt vielmehr die später eintretende Buße und den Glauben sicher.“
Es muss dem Apostel Paulus wichtig sein, dass wir das begreifen. Sonst hätte er das nicht immer wieder gesagt, sonst wäre er nicht immer wieder darauf zurückgekommen: „Zuvor erkannt“, „Vorsatz“, „Vorgrundlegung der Welt“, „von Anfang an“. Es muss ihm wichtig sein.
Das ist auch für unser Thema von außerordentlicher Wichtigkeit. Es kann Heilsgewissheit nur geben, weil die Errettung mit Gott beginnt. Darum ist die Errettung so fest und so sicher wie Gott und sein Ratschluss selbst.
Das ist der Grund, das ist der Felsengrund aller Heilsgewissheit.
Zudem ist das eines der wunderbaren Ergebnisse dieser Tatsache, dieser Erkenntnis: Gnade bedeutet, alles geht von Gott aus. Es macht Gott groß und uns klein. Und so muss es ja sein.
Gott hat die ganze Sache der Errettung so eingerichtet, dass Gott allein alle Ehre bekommt und der Mensch sich nichts selbst zuschreiben kann. Aller Ruhm ist ausgeschlossen.
Gott hat die Errettung so eingerichtet, dass aller Ruhm ausgeschlossen ist, und das geschieht eben dadurch, dass Gott allein alles wirkt.
Wir verdanken ihm alles und können nur staunend und überwältigt niederfallen und anbeten darüber, dass Gott uns geliebt hat. Wie Jeremia sagt: „Ich habe dich je und je geliebt, ich habe dich von Ewigkeit her geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Liebe.“
Warum mich, oh Gott, warum mich? Es ist mir unbegreiflich.
Es macht Gott groß, es macht uns klein. Und es kann uns nichts Besseres passieren, als dass wir auf unsere wirkliche Größe reduziert werden. Unsere wirkliche Größe ist eben: Wir sind klein, wir sind nicht groß.
George Whitefield sagte in einer Predigt ganz am Anfang seines öffentlichen Wirkens, da war er vielleicht 27 Jahre alt:
„Um allen Regungen geistlichen Hochmuts zu wehren, wollen wir immer daran denken, dass nicht wir Christus ergriffen haben, sondern dass Christus uns ergriffen hat, dass alles, was wir haben, uns von oben gegeben worden ist, dass die freie Gnade Gottes allein den Unterschied zwischen uns und den anderen gemacht hat, dass wir, sollte Gott uns nur einen Augenblick unseren eigenen trügerischen Herzen überlassen, schwach und gottlos werden würden wie die anderen.“
Das war ganz am Anfang seines Dienstes.
Zwei Jahre vor seinem Tod sagte er in einer Predigt:
„Ich weiß, dass keine andere Wahrheit den Menschen wirklich demütigen kann, denn entweder muss Gott uns erwählen oder wir müssen Gott erwählen.“
Ja, diese Wahrheit macht uns klein. Die Erkenntnis dieser Wahrheit macht Gott groß und uns klein. Gott wird verherrlicht.
Das ist auch das Ergebnis des Evangeliums, wie Paulus im letzten Satz des Römerbriefes sagt: Gott wird verherrlicht. Gott wird offenbar.
An der Errettung eines jeden Sünders wird Gottes Macht, Gottes Stärke, Gottes Größe und Gottes Weisheit offenbar – und in keiner Weise die Würde oder Würdigkeit des Menschen (Römer 16,25-27):
„Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium und nach der Predigt von Jesus Christus, nach der Offenbarung des Geheimnisses, das in den Zeiten der Zeitalter verschwiegen war, jetzt aber geoffenbart und durch prophetische Schriften nach Befehl des ewigen Gottes zum Glaubensgehorsamen an alle Nationen kundgetan worden ist, dem allein weisen Gott durch Jesus Christus, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit.“
Dieses Ergebnis wird dadurch sichergestellt, dass Gott alles wirkt. Darum können die Erretteten nur sagen: Ihm sei die Herrlichkeit, alles ihm zuschreiben.
Das steht auch in Epheser 1,3-14, in diesem am weitesten ausgreifenden und höchsten Überblick über Gottes Gnade. Dort steht dreimal, also wie ein Kehrreim, „zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade“.
Gott wird dadurch gepriesen, dass ihm das ganze Werk zugeschrieben wird. Er hat alles getan.
Er hat den Sohn gesandt, und der Sohn hat an unserer Stelle gewirkt, gearbeitet, gelitten und bezahlt. Dann hat der Heilige Geist in uns den Glauben geweckt und erhält uns den Glauben, damit wir glauben, kämpfen, überwinden und vollendet werden.
In Epheser 1,3-14 zeigt uns Paulus, wie der Ratschluss des Vaters, das Werk des Sohnes und das Wirken des Heiligen Geistes zusammenspielen. Dieses dreifache Wirken ist das Heil, und dreimal heißt es: „Zum Preise seiner Herrlichkeit.“ Gott muss gepriesen werden.
Einer der tiefsinnigsten Theologen und gleichzeitig der demütigsten Knechte Christi, den der Herr seiner Gemeinde geschenkt hat, war Jonathan Edwards, ein Nordamerikaner. Damals war Neuengland noch eine englische Kolonie.
Jonathan Edwards hielt einmal eine Predigt unter dem Titel „God glorified through man's dependence“ („Gott wird verherrlicht durch die Abhängigkeit des Menschen“). Er legt dort dar, wie Gott die ganze Errettung so eingerichtet hat, dass der Mensch total von Gott abhängig ist und darin Gott verherrlicht wird. Das demütigt den Menschen.
Ein weiteres Ergebnis ist: Es macht uns fest, dieses Wissen, das allein.
Zitieren wir noch einmal Römer 16,25:
„Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium.“
Der Glaube an dieses Evangelium macht fest. Dieses Evangelium, wie Paulus es darlegt: Alles geht von Gott aus, alles ist Gnade, alles ist durch Gott gewirkt.
Ja, natürlich – darüber werden wir am Nachmittag sprechen. Leider ist die Zeit dann etwas knapp. Ich hätte gerne mindestens genauso lange über Römer 12 und folgende gesprochen, die Folgen der Gnade: Hingabe, Gehorsam, Heiligung.
Natürlich müssen wir den Weg durch die Welt ans Ziel gehen. Diesen Weg müssen wir gehen, das ist klar. Wir müssen hinauf auf den Hügel.
Wenn ich aber weiß, ich werde dort auf diesem Hügel ganz sicher ankommen, Gott hat mir gesagt: „Du wirst dort ankommen. Ich habe dafür gesorgt, und ich habe gesagt, du wirst dort ankommen.“ Das ist fest verordnet und beschlossen bei mir: Du wirst dort ankommen.
Dann werden meine zitternden Knie mich da hinauftragen. Dann werde ich einen Schritt vor den anderen setzen, wenn ich weiß, ich komme an. Darum werde ich auch weitermarschieren.
Wenn ich es aber nicht weiß und immer denke: „Oh, vielleicht schaffe ich es nicht“, dann will ich irgendwann einmal sagen: „Ich schaffe es eh nicht, besser jetzt schon aufgeben.“
Ja, wir brauchen diese Gewissheit, dass Gottes Werk der Errettung, weil es sein Werk ist, fest ist, wirklich fest.
Diese Gewissheit gibt uns Kraft zum Gehen, zum Marschieren, zum Kämpfen.
Gestern Abend haben wir uns als Älteste und Mitarbeiter in der Gemeinde getroffen. Wir machen einen Kurs miteinander, studieren eine Schulung für Älteste von Alexander Strauch. Einige oder die meisten kennen ihn wahrscheinlich.
Dort erzählte einer, wie er zum Glauben kam – nicht in Arbon beim Kanton Zürich. Dort wurde immer gelehrt und gesagt, dass man abfallen und das Heil verlieren kann.
Er war sehr feurig und eifrig. Nach einigen Jahren passierte etwas, das er nie gedacht hätte, dass er dazu fähig sein könnte: Er ist irgendwie zurückgefallen.
Er war davon überzeugt, jetzt habe er genau das getan, mit Wissen gesündigt, mit Willen gesündigt. Jetzt habe er es verspielt und verscherzt. Jetzt sei es vorbei. Jetzt sei er genau dieser Hund, der zurückkehrt zum Ausgespienem und es wieder auflegt.
Deshalb ist er jahrelang nicht mehr in die Gemeinde gegangen, hat keine Christenabgabe gezahlt, keine Bibel gelesen. Es sei sowieso vorbei.
Er glaubte die ganze Zeit, die Bibel sei wahr, Jesus Christus sei alleiniger Retter, aber er habe es verscherzt.
Folge: Er hat den Löffel abgegeben, alles abgeschrieben.
Das war das Ergebnis.
So hat es wirklich verheerende Auswirkungen im persönlichen Leben.
Natürlich ist auch die Lehre der Gnade missbraucht worden, so dass man sagt: „Ja, wenn ich errettet bin von Gott der Welt, dann kann ich leben, wie ich will.“
Jemand, der so redet, dem muss man sagen: „Du fährst in die Hölle, guter Mann.“
Ich finde keine Verheißungen in der Schrift für Leute, die liederlich leben, die im eigenen Willen leben, dass sie in den Himmel kommen.
So wie ich dich leben sehe, bist du ein Gottloser.
Natürlich kann man die Lehre der Gnade missbrauchen. Aber der Missbrauch soll uns nicht dazu verleiten, am Fundament der Gnade etwas abzubrechen.
Das Fundament ist und bleibt Gottes Gnade.
Und weil das eine Sache ist, die von Gott ausgeht, ist sie so fest wie Gott selbst.
Auf diesem Fundament kann ich stehen, und da haben wir Mut, Kraft und Freude, zu marschieren, zu gehen, zu arbeiten.
Der Apostel Paulus sagt ja von sich, das fasst sein Leben sehr schön zusammen:
„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
Jemand, der das auch von sich sagte, ein Mann, für den ich große Bewunderung habe, je länger ich ihn kenne, desto größer wird sie. Er lebt leider nicht mehr, ich kenne ihn nur von seinen Schriften. Das ist John Bunyan.
John Bunyan schreibt in seiner Bekehrungsgeschichte, die wirklich ergreifend ist und nicht umsonst „Grace Abounding for the Chief of Sinners“ („Überströmende Gnade für den Größten der Sünder“) heißt:
Er wurde auch nicht müde zu sagen: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
Paulus sagt das von sich (1. Korinther 15,10):
„Durch Gottes Gnade bin ich, als ich bin.“
Paulus wusste, was er damit meinte. Er war ein Verfolger der Christen. Er wollte den Namen, diesen Namen in dieser Welt, aus der Welt verbannen und alle, die diesen Namen anriefen, vernichten.
Er hatte nicht den Plan, Christ zu werden.
Christus ist ihm in den Weg getreten. Er, der ihn von seiner Mutterleib ausgesondert hat, als es ihm wohl gefiel, hat ihm seinen Sohn offenbart.
„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
Und dann sagt er: Seine Gnade ist nicht vergeblich gewesen, sondern er hat viel mehr gearbeitet als sie alle. Nicht aber er, sondern Gottes Gnade, die mit ihm war.
Das finde ich so wunderbar, dieses Ineinanderwirken.
Zuerst nur Gottes Gnade, aber Gottes Gnade befähigt dann zur Nachfolge, gibt Kraft zum Arbeiten.
Paulus sagt: „Ich habe gearbeitet, denn Gottes Gnade ist keine schwache Gnade. Es ist eine wirksame Gnade, eine mächtige Gnade, eine starke Gnade, eine uns verwandelnde Gnade. Es ist eine Gnade, die das Herz neigt, die den Willen neigt.“
Diese Gnade hat dazu geführt, dass er gearbeitet hat, mehr als alle anderen.
Das kann er sich nicht zuschreiben. Nein, Gottes Gnade, nicht aber er. Gottes Gnade, die mit ihm war.
Wunderbar!
Gottes Gnade heißt: Das Heil geht von Gott aus.
Gnade bedeutet ferner, Gott ist es, der Erlösung, Rechtfertigung und Befreiung von der Schuld wirkt.
Bis zehn vor haben wir Zeit, stimmt das? Noch vier Minuten.
Darum ist es so wichtig, dass wir die neutestamentliche biblische Lehre von der Stellvertretung Christi ganz klar fassen und von der Rechtfertigung durch den Glauben.
Stellvertretung Christi heißt, dass Christus all das für uns erlitten hat, was wir hätten erleiden müssen. Christus hat Gottes Zorn getragen.
Wir stehen der Sünde wegen unter Gottes Zorn. Christus hat Gottes Zorn an unserer Stelle getragen, ist der Stellvertreter für uns geworden.
Durch den Glauben an ihn werden wir gerechtfertigt, passiv.
Durch den Glauben an Christus spricht Gott uns gerecht.
Es ist nicht so, dass wir uns Gerechtigkeit aneignen und uns transformieren und dann langsam gerecht werden. Das ist die römisch-katholische Auffassung von Rechtfertigung.
Nach biblischer Lehre ist die Rechtfertigung ganz Gottes Werk. Sie wird den Menschen zugerechnet, das ist die Sprache, die Paulus verwendet. Sie ist ein für allemal geschehen, gerecht gesprochen, das ist punktuell.
Nach katholischer Lehre ist die Rechtfertigung Gottes und des Menschen Werk: Ein Beitragen des Menschen zu dem, was Gott tut, Gott zwar mehr, aber der Mensch auch etwas; etwas, das der Mensch sich aneignet; ein Prozess, der nie abgeschlossen ist.
Das ist die korrupte Rechtfertigungslehre der römischen Kirche.
Darum ist auch dieses ganze Papier, das da unterschrieben wurde, Augenwischerei.
Die römische Kirche hat nie geglaubt, was der Apostel Paulus über die Rechtfertigung lehrt.
Es ist Augenwischerei, reine Diplomatie.
Gut, dann schließen wir an dieser Stelle.
Gnade: Alles geht von Gott aus, alles wird durch Gott gewirkt.
Darum ist das Heil gewiss, fest, bleibend und sicher.
Die unzerreißbare Kette der Gnade
So hat dieser Georg Whitfield gelebt und gepredigt. In einem Brief schrieb er Folgendes:
Ich preise Gott dafür, dass sein Geist mich überzeugt hat von der ewigen Erwählung durch den Vater im Sohn, von unserer Rechtfertigung durch den Glauben an sein Blut, von unserer Heiligung und dem sich daraus ergebenden Beharren im Glauben sowie der Verherrlichung als Folge von all dem.
Ich bin davon überzeugt, dass Gott alle Glieder dieser Kette so miteinander verquickt hat, dass weder Mensch noch Teufel sie zu zerreißen vermögen. Das ist gut gesagt.
Alles beginnt damit: Gott hat uns von Ewigkeit her erwählt und uns in der Zeit gerufen. Er wird uns bewahren, sodass wir nicht bleibend abfallen können, bis die Zeit nicht mehr ist.
Man betrachtet das Evangelium von diesem Gesichtspunkt, und es erscheint als ein in sich geschlossener, festgefügter Ratsschluss. Dass die Errettung von Gott ausgeht und mit ihm beginnt, das ist die erste und fundamentalste Bedeutung von Gnade.
Erwählung als souveräner Akt Gottes
Den Ephesern schreibt Paulus, dass Gott sie, die an Jesus Christus glauben, in Christus Jesus vor Grundlegung der Welt erwählt hat. Epheser 1,4: „Wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe.“
Den Thessalonichern schreibt Paulus im ersten Thessalonicherbrief und führt auch bei ihnen die Errettung auf Gott zurück. Er sagt, bei ihm nahm es den Anfang. 1. Thessalonicher 1,4: „Wir danken unserem Gott und Vater, wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Ausserwählung.“
Im zweiten Thessalonicherbrief heißt es in Kapitel 2, Vers 13: „Wir aber sind schuldig, Gott allezeit für euch zu danken, vom Herrn geliebte Brüder, dass Gott euch von Anfang erwählt hat zur Seligkeit, in Heiligung des Geistes und im Glauben an die Wahrheit.“
Warum betont Paulus das so ausdrücklich, dass Gott euch von Anfang an erwählt hat? Ganz einfach, um uns das bewusst zu machen: Im Anfang ist Gott.
Ich behaupte dasselbe, was Spurgeon immer wieder sagte: Das ist wirklich das A und O von allem richtigen Denken über Gott, über den Menschen und über die Existenz des Menschen – dass im Anfang immer Gott steht.
Das gilt in der Schöpfung so: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ Die Schöpfung beginnt mit Gott, nicht mit Materie, nicht mit Raum, nicht mit Energie, sondern mit Gott.
Und das Gleiche gilt für die Erlösung. Schöpfung gibt es nur, weil Gott sie gewollt hat. Offenbarung 4,11: „Durch deinen Willen, um deines Willens wegen ist alles erschaffen.“
Erlösung geht genauso von Gott aus, aus Gottes Willen.
Der Anfang des Evangeliums bei Johannes
Und so beginnt Johannes sein ganzes Evangelium. Er führt den Leser zurück an den Anfang.
Woher kommt eigentlich die Errettung? Johannes schreibt: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns. Wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Dann folgt der Hinweis: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt.“
Es beginnt also mit Gott.
Auch Paulus möchte den Thessalonichern und den Ephesern bewusst machen, dass Gott sie von Anfang an erwählt hat. Es ist nicht so, dass Gott erst reagiert hat, nachdem er bei uns etwas gesehen hat, und dann gesagt hätte: „Der ist würdig, den kann ich erwählen.“ Das wäre keine Erwählung, sondern Anerkennung.
Gott hat von Anfang an, von sich aus, erwählt – vor Grundlegung der Welt. Das bedeutet natürlich nicht einfach, dass Gott nur unseren Glauben vorhergesehen hat, weil er allwissend ist. Manchmal versuchen wir uns das so zurechtzulegen. Natürlich ist Gott allwissend und hat darum vor Grundlegung der Welt alle Menschen gekannt. Er wusste genau von jedem von uns, wann und wo wir geboren werden und was wir tun werden. Daran besteht kein Zweifel, das ist uns allen klar.
Wenn Paulus im Römerbrief Kapitel 8 auf diese ganze Kette zu sprechen kommt – eine Kette, die von Erwählung über Berufung und Rechtfertigung bis zur Verherrlichung führt – dann geht er zurück an den Anfang, von wo alles ausgeht.
Römer 8,28-30:
„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind. Vorsatz – warum betont Paulus das so? Hätte er sich das Wort ersparen können? Nein, er sagt es bewusst. Vorsatz bedeutet, dass hier vorher etwas geschehen ist. Denn welcher zuvor erkannt hat, die hat er auch zuvor bestimmt. Das ist das Ende der Sache. Zuvor erkannt und von Anfang an dazu bestimmt, dieses Ziel zu erreichen – Anfang und Ende von Gott her. Die hat er auch zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche er aber zuvor bestimmt hat, diese hat er auch berufen. Und welche er berufen hat, die hat er auch gerechtfertigt. Welche er aber gerechtfertigt hat, die hat er auch verherrlicht.“
Diese „goldene Kette der Gnade“, wie sie die Puritaner nannten, kann weder Mensch noch Teufel zerreißen.
Das göttliche Erkennen und seine Bedeutung
Und jetzt möchte ich noch einen Liederdichter zitieren, den Fürsten unter den deutschen Liederdichtern – niemand anderen als Paul Gerhardt. Er hat ja dieses schöne Lied geschrieben „Befiehl du deine Wege“.
Darin heißt es im Vers fünf der fünften Strophe:
„Und obgleich alle Teufel hier wollten widerstehen,
so wird doch ohne Zweifel Gott nicht zurückgehen.
Was er sich vorgenommen und was er haben will,
das muss doch endlich kommen zu seinem Zweck und Ziel.“
Das ist wahr und schön, beides zugleich wahr und schön gesagt. Diese Kette kann niemand zerreißen.
Nun, dieser Ausdruck hier, „die, welche Gott zuvor erkannt hat“ – manchmal versuchen wir, uns das irgendwie so zurechtzulegen: Ja, Gott hat eben meinen Glauben vorhergesehen, darum hat er mich erwählt. So eine listige Art, die Sache doch in unsere Hand zu nehmen.
Das geht aus mehreren Gründen nicht, weil er den ganzen Gedanken der Erwählung aufhebt. Dann ist es keine Erwählung mehr, sondern nur ein Erkennen dessen: Gott hat bei mir etwas gesehen, und darum hast du positiv reagiert, du hast etwas gegeben, du hast Vertrauen gezeigt, darum kann ich dich nehmen.
Nein, es ist so: „zuvor erkennen“ – das Wort „erkennen“ heißt viel mehr als nur „vorher wissen“. Es heißt, sich jemandem zuzuwenden und sich mit jemandem zu verbinden. So wird das Wort „erkennen“ sowohl im Alten als auch im Neuen Testament verwendet.
Eine Stelle dazu aus dem Ersten Mose Buch, Kapitel 18, Vers 19:
Hier sagt Gott über Abraham:
„Denn ich habe ihn erkannt, damit er und seine Kinder und sein Haus nach ihm Befehle, dass sie den Weg des Herrn bewahren.“
Ist uns aufgefallen, wie es ausgedrückt wird? Hier steht nicht: „Ich habe ihn erkannt, dass er das und das tun wird.“
Sondern: „Ich habe ihn erkannt auf dass“ – also stellt die Erkenntnis das Ergebnis sicher. Das ist göttliches Erkennen.
Und das wird auch hier in diesem Sinn verwendet. Ich zitiere jetzt aus einem Kommentar, den ihr auch auf dem Büchertisch findet, von William Macdonald. Er hat einen Kommentar zu allen Büchern des Neuen Testaments geschrieben. Dieser Kommentar zeichnet sich aus durch ausgewogene und gut begründete Erklärungen der Aussagen dieser verschiedenen Bücher des Neuen Testaments. Er geht einfach durch und erklärt Vers für Vers.
Zu den Versen Römer 8,29 schreibt er Folgendes:
„Gott hat uns zuvor erkannt von Ewigkeit her. Das war nicht ein bloß intellektuelles Wissen. Was sein vollkommenes Wissen betrifft, kannte er jeden Menschen, der je geboren werden sollte. Aber seine Vorkenntnis umfasst nur diejenigen, die er zuvor bestimmt hat, dass sie dem Bilde seines Sohnes gleichförmig gemacht werden sollen.“
Es handelt sich also um eine Vorkenntnis mit einem ganz bestimmten Vorsatz, der nie aufgehalten werden kann.
Es genügt nicht zu sagen, Gott habe eben vorher gewusst, wer eines Tages Buße tun und glauben würde. Seine Vorkenntnis stellt vielmehr die später eintretende Buße und den Glauben sicher.
Und es muss dem Apostel Paulus wichtig sein, dass wir das begreifen. Sonst hätte er das nicht immer wieder gesagt, sonst wäre er nicht immer wieder darauf zurückgekommen: „zuvor erkannt“, „Vorsatz“, „Vorgrundlegung der Welt“, „von Anfang an“. Es muss ihm wichtig sein.
Und das ist jetzt auch für unser Thema von außerordentlicher Wichtigkeit.
Die Gewissheit der Errettung und ihre Auswirkungen
Heilsgewissheit kann es nur geben, weil die Errettung mit Gott beginnt. Darum ist die Errettung so fest und sicher wie Gott selbst und sein Ratschluss. Das ist der Grund, der Felsengrund aller Heilsgewissheit.
Zudem ist dies eines der wunderbaren Ergebnisse dieser Tatsache, dieser Erkenntnis: Gnade bedeutet, dass alles von Gott ausgeht. Es macht Gott groß und uns klein. Und so muss es ja sein. Gott hat die ganze Sache der Errettung so eingerichtet, dass allein Gott alle Ehre bekommt und der Mensch sich nichts selbst zuschreiben kann. Aller Ruhm ist ausgeschlossen.
Gott hat die Errettung so gestaltet, dass aller Ruhm ausgeschlossen ist. Das geschieht dadurch, dass Gott allein alles wirkt. Wir verdanken ihm alles und können nur staunend und überwältigt niederfallen und anbeten darüber, dass Gott uns geliebt hat. Wie Jeremia sagt: „Ich habe dich je und je geliebt, ich habe dich von Ewigkeit her geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Liebe.“ Warum mich, oh Gott, warum mich? Es ist mir unbegreiflich.
Diese Erkenntnis macht Gott groß und uns klein. Es kann uns nichts Besseres passieren, als dass wir auf unsere wirkliche Größe reduziert werden. Unsere wirkliche Größe ist eben: Wir sind klein, wir sind nicht groß.
Georg Whitefield sagte in einer Predigt ganz am Anfang seines öffentlichen Wirkens, da war er vielleicht 27 Jahre alt: „Um allen Regungen geistlichen Hochmuts zu wehren, wollen wir immer daran denken, dass nicht wir Christus ergriffen haben, sondern dass Christus uns ergriffen hat; dass alles, was wir haben, uns von oben gegeben worden ist; dass die freie Gnade Gottes allein den Unterschied zwischen uns und den anderen gemacht hat; dass wir, sollte Gott uns nur einen Augenblick unseren eigenen trügerischen Herzen überlassen, schwach und gottlos werden würden wie die anderen.“
Das war ganz am Anfang seines Dienstes. Zwei Jahre vor seinem Tod sagte er in einer Predigt: „Ich weiß, dass keine andere Wahrheit den Menschen wirklich demütigen kann, denn entweder muss Gott uns erwählen oder wir müssen Gott erwählen.“ Ja, diese Wahrheit macht uns klein. Die Erkenntnis dieser Wahrheit macht Gott groß und uns klein. Gott wird verherrlicht.
Das ist auch das Ergebnis des Evangeliums, wie Paulus im letzten Satz des Römerbriefes sagt: Gott wird verherrlicht, Gott wird offenbar. An der Errettung eines jeden Sünders wird Gottes Macht, Gottes Stärke, Gottes Größe und Gottes Weisheit offenbar – und in keiner Weise die Würde oder Würdigkeit des Menschen.
Römer 16,25-27:
„Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium und nach der Predigt von Jesus Christus, nach der Offenbarung des Geheimnisses, das in den Zeiten der Zeitalter verschwiegen war, jetzt aber geoffenbart und durch prophetische Schriften nach Befehl des ewigen Gottes zum Glaubensgehorsamen an alle Nationen kundgetan worden ist, dem allein weisen Gott durch Jesus Christus, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit.“
Dieses Ergebnis wird dadurch sichergestellt, dass eben Gott alles wirkt. Darum können die Erretteten nur sagen: Ihm sei die Herrlichkeit, alles ihm zuschreiben.
Das steht auch in Epheser 1,3-14. In diesem am weitesten ausgreifenden und am höchsten hinaufreichenden Überblick über Gottes Gnade steht dreimal, also wie ein Kehrreim, „zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade“. Gott wird dadurch gepriesen, dass ihm das ganze Werk zugeschrieben wird. Er hat alles getan.
Er hat den Sohn gesandt, und der Sohn hat an unserer Stelle gewirkt, gearbeitet, gelitten und bezahlt. Dann hat der Heilige Geist in uns den Glauben geweckt. Der Heilige Geist erhält uns den Glauben, sodass wir glauben, kämpfen, überwinden und vollendet werden.
In Epheser 1,3-14 zeigt uns Paulus, wie es der Ratschluss des Vaters, das Werk des Sohnes und das Wirken des Heiligen Geistes ist – dieses dreifache Zusammenspiel bewirkt das Heil. Dreimal heißt es: Zum Preise seiner Herrlichkeit. Gott muss gepriesen werden. Gott muss gepriesen werden.
Die Abhängigkeit des Menschen und die Verherrlichung Gottes
Einer der tiefsinnigsten Theologen und zugleich einer der demütigsten Knechte Christi, die der Herr seiner Gemeinde geschenkt hat, war Jonathan Edwards. Er war ein Nordamerikaner, damals war Neuengland noch eine englische Kolonie. Jonathan Edwards hielt einmal eine Predigt unter dem Titel „God glorified through man's dependence“ – „Gott wird verherrlicht durch die Abhängigkeit des Menschen“.
Darin legt er dar, wie Gott die ganze Errettung so eingerichtet hat, dass der Mensch total von Gott abhängig ist. In dieser Abhängigkeit wird Gott verherrlicht, und zugleich demütigt es den Menschen. Ein weiteres Ergebnis daraus ist, dass Gott groß wird, Gott allein verherrlicht wird und der Mensch klein wird.
Ein weiteres Ergebnis ist, dass dieses Wissen uns fest macht. Es gibt uns Halt. Zitieren wir noch einmal Römer 16,25: „Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium.“ Der Glaube an dieses Evangelium macht uns fest. Paulus legt dar, dass alles von Gott ausgeht, alles Gnade ist und alles durch Gott gewirkt wird: „Dem aber, der euch zu befestigen vermag nach meinem Evangelium.“
Natürlich werden wir später am Nachmittag noch ausführlicher darüber sprechen. Leider ist die Zeit etwas knapp. Ich hätte gerne mindestens genauso lange über Römer 12 und die folgenden Kapitel gesprochen – über die Folgen der Gnade: Hingabe, Gehorsam, Heiligung.
Natürlich müssen wir den Weg durch die Welt ans Ziel gehen. Diesen Weg müssen wir gehen, das ist ganz klar. Wir müssen hinauf auf den Hügel. Wenn ich aber weiß, dass ich dort auf diesem Hügel ganz sicher ankommen werde, dann gibt mir das Kraft. Gott hat mir gesagt: „Du wirst dort ankommen.“ Er hat dafür gesorgt und es fest beschlossen.
Wenn ich diese Gewissheit habe, werden meine zitternden Knie mich hinauftragen. Ich werde Schritt für Schritt gehen, weil ich weiß, dass ich ankomme. Darum werde ich auch weitermarschieren. Wenn ich es aber nicht weiß und immer denke: „Vielleicht schaffe ich es nicht“, dann könnte ich irgendwann sagen: „Ich schaffe es eh nicht, besser jetzt schon aufgeben.“
Wir brauchen diese Gewissheit, dass Gottes Werk der Errettung, weil es sein Werk ist, fest und wirklich sicher ist. Diese Gewissheit gibt uns Kraft zum Gehen, zum Marschieren und zum Kämpfen.
Die Bedeutung der Heilsgewissheit im persönlichen Glaubensleben
Gestern Abend haben wir uns als Älteste und Mitarbeiter in der Gemeinde getroffen. Wir machen gemeinsam einen Kurs und studieren eine Schulung für Älteste von Alexander Strauch. Einige oder die meisten kennen ihn wahrscheinlich.
Dabei erzählte einer, wie er zum Glauben kam – nicht in Arbon beim Kanton Zürich, sondern an einem anderen Ort. Dort wurde immer gelehrt und gesagt, dass man abfallen und das Heil verlieren kann. Er war damals sehr feurig und eifrig.
Nach einigen Jahren passierte etwas, womit er nie gerechnet hätte: Er war irgendwie wieder zurückgefallen. Er war davon überzeugt, dass er jetzt genau das getan hatte, was man nicht tun darf – mit Wissen und Willen gesündigt zu haben. Er dachte, er habe es damit verspielt und verscherzt. Für ihn war klar: Jetzt ist es vorbei. Er sah sich selbst als jenen Hund, der zum Ausgespeiten zurückkehrt und es wieder auflegt.
Aus diesem Grund ging er jahrelang nicht mehr in die Gemeinde, gab keine Christenabgabe mehr und las keine Bibel. Für ihn war es sowieso vorbei. Trotzdem glaubte er die ganze Zeit, dass die Bibel wahr ist und Jesus Christus der alleinige Retter ist – aber er dachte, er habe es verscherzt. Das Ergebnis war, dass er aufgab und alles abschrieb.
So, wie der Bruder sagte, kann das sehr verheerende Auswirkungen im persönlichen Leben haben. Natürlich wird auch die Lehre der Gnade missbraucht, wenn jemand sagt: „Ja, wenn ich errettet bin von Gott der Welt, dann kann ich leben, wie ich will.“ Solchen Menschen muss man sagen: „Du fährst in die Hölle, guter Mann.“ Ich finde keine Verheißungen in der Schrift für Leute, die liederlich leben und nach eigenem Willen handeln, dass sie in den Himmel kommen. So wie ich dich leben sehe, bist du ein Gottloser.
Natürlich kann man die Lehre der Gnade missbrauchen. Aber dieser Missbrauch darf uns nicht dazu verleiten, etwas am Fundament der Gnade abzubrechen. Das Fundament ist und bleibt Gottes Gnade. Weil sie von Gott ausgeht, ist sie so fest wie Gott selbst. Auf diesem Fundament kann ich stehen. Dort finden wir Mut, Kraft und Freude, um voranzugehen, zu marschieren und zu arbeiten.
Paulus und John Bunyan über die Kraft der Gnade
Der Apostel Paulus sagt von sich selbst: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ Das fasst sein Leben sehr schön zusammen.
Ein Mann, der das ebenfalls von sich sagte und für den ich große Bewunderung habe – je länger ich ihn kenne, desto größer wird sie –, ist John Bunyan. Er lebt leider nicht mehr, und ich kenne ihn nur durch seine Schriften. In seiner Bekehrungsgeschichte, die wirklich ergreifend ist, schreibt er nicht umsonst „Grace Abounding for the Chief of Sinners“ – „überströmende Gnade für den Größten der Sünder“. Auch John Bunyan wurde nicht müde zu sagen: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
Paulus sagt das von sich in Römer und 1. Korinther 15,10: „Durch Gottes Gnade bin ich, wie ich bin.“ Und Paulus wusste genau, was er damit meinte. Früher war er ein Verfolger der Christen. Er wollte den Namen Christus aus der Welt verbannen und alle vernichten, die diesen Namen anriefen. Es war nicht sein Plan, Christ zu werden. Doch Christus trat ihm in den Weg. Derjenige, der ihn schon im Mutterleib ausgesondert hatte, wie es ihm gefiel, offenbarte ihm seinen Sohn.
Paulus sagt: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ Und dann fügt er hinzu, dass seine Gnade nicht vergeblich gewesen sei. Er habe viel mehr gearbeitet als alle anderen – „nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir war.“
Das finde ich so wunderbar: dieses Ineinanderwirken. Zuerst ist es nur Gottes Gnade. Aber Gottes Gnade befähigt dann zur Nachfolge und gibt Kraft zum Arbeiten. Paulus sagt: „Ich habe gearbeitet, denn Gottes Gnade ist keine schwache Gnade. Es ist eine wirksame Gnade, eine mächtige Gnade, eine starke Gnade, eine uns verwandelnde Gnade. Es ist eine Gnade, die das Herz neigt, die den Willen neigt.“
Diese Gnade hat dazu geführt, dass Paulus mehr gearbeitet hat als alle anderen. Das kann er sich nicht selbst zuschreiben. Nein, es ist Gottes Gnade, nicht er selbst, sondern Gottes Gnade, die mit ihm war. Wunderbar!
Zusammenfassung: Gnade als Ursprung und Wirklichkeit der Errettung
Also, Gottes Gnade bedeutet, dass das Heil von Gott ausgeht. Gnade heißt ferner, dass Gott es ist, der Erlösung, Rechtfertigung und Befreiung von der Schuld wirkt.
Wir haben bis zehn vor Zeit, stimmt das? Noch vier Minuten.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir die neutestamentliche biblische Lehre von der Stellvertretung Christi ganz klar verstehen, ebenso wie die Rechtfertigung durch den Glauben.
Stellvertretung Christi bedeutet, dass Christus all das für uns erlitten hat, was wir hätten erleiden müssen. Christus hat Gottes Zorn getragen. Wegen der Sünde stehen wir unter Gottes Zorn. Christus hat diesen Zorn an unserer Stelle getragen und ist so unser Stellvertreter geworden.
Durch den Glauben an ihn werden wir gerechtfertigt – passiv. Durch den Glauben an Christus spricht Gott uns gerecht. Es ist nicht so, dass wir uns Gerechtigkeit aneignen, uns transformieren und dann langsam gerecht werden. Das ist die römisch-katholische Auffassung von Rechtfertigung.
Nach biblischer Lehre ist die Rechtfertigung ganz Gottes Werk. Sie wird den Menschen zugerechnet – das ist die Sprache, die Paulus verwendet. Sie ist ein für alle Mal geschehen, gerecht gesprochen, also punktuell.
Nach katholischer Lehre ist die Rechtfertigung ein Werk Gottes und des Menschen. Der Mensch trägt zu dem bei, was Gott wirkt:
a) Gott zwar mehr, aber auch
b) der Mensch etwas, etwas, das er sich aneignet,
c) ein Prozess, der nie abgeschlossen ist.
Das ist die korrupte Rechtfertigungslehre der römischen Kirche.
Darum ist auch das ganze Papier, das unterschrieben wurde, Augenwischerei. Die römische Kirche hat nie geglaubt, was der Apostel Paulus über die Rechtfertigung lehrt. Es ist reine Diplomatie.
Gut, dann schließen wir an dieser Stelle.
Gnade – alles geht von Gott aus, alles wird durch Gott gewirkt. Darum ist das Heil gewiss, fest, bleibend und sicher.