Einführung in die Gleichnisse vom Reich Gottes
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 288: Das Gleichnis vom Sauerteig
Wir sind bei den Gleichnissen, mit denen der Herr Jesus uns das Reich Gottes beschreibt. Wir wissen inzwischen, dass das Reich Gottes eine persönliche Seite hat. Der einzelne Mensch ist in dem Maß Teil des Reiches, wie er auf das Wort Gottes hört, es bewahrt und tut.
Dann hat das Reich Gottes aber auch eine heilsgeschichtliche Seite. Es kommt, um die Söhne des Reiches offenbar zu machen, und es besteht aus zwei unterschiedlichen Phasen. Zuerst gibt es die Herrschaft des Messias, dann folgt das Gericht, und schließlich das Reich des Vaters.
In der letzten Episode haben wir gesehen, dass Gottes Reich die ganze Erde durchdringen und zum Segen für alle Menschen werden wird. Das bedeutet natürlich nicht, dass alle Menschen gläubig werden.
Bei alledem wollen wir das allererste Gleichnis nicht vergessen, das wir miteinander betrachtet haben: Das Reich als Same, der einfach wächst, und der Mensch, der erst einmal nur zuschauen kann.
Mal ein Eingeständnis: Ich befinde mich heute in einer geschichtlichen Realität, in der ich fast zweitausend Jahre Reich Gottes überblicke. Und ganz ehrlich, ich sehe, dass es irgendwie funktioniert, das Reich wächst, und Menschen hängen ihr Herz an den König.
Aber gleichzeitig sehe ich so viel Komisches und Verwirrendes in der sogenannten Kirchengeschichte. Vieles ergibt auf den ersten Blick so wenig Sinn. Ich weiß, dass Gott keinen Fehler macht, aber es fällt mir schwer, mein eigenes Nichtwissen zu akzeptieren.
Vielleicht geht es euch ganz ähnlich.
Das Gleichnis vom Sauerteig und seine Bedeutung
Schauen wir uns ein neues Gleichnis an, das inhaltlich das wiederholt, was wir im Gleichnis vom Senfkorn gelernt haben.
In Matthäus 13,33 heißt es: „Ein anderes Gleichnis redete er zu ihnen: Das Reich der Himmel gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.“
Ich weiß nicht, ob jeder weiß, wie das mit dem Sauerteig funktioniert, aber als Bäckerin weiß ich so viel: Sauerteig ist fertiger Teig, den man mit Wasser unter Mehl mischt. Die im Sauerteig enthaltenen Milchsäurebakterien und Hefepilze säuern durch ihre Säuren das Mehl. So entsteht ein backfertiger Teig.
Worum geht es in diesem kurzen Gleichnis? Es wiederholt die Lektion aus dem Gleichnis vom Senfkorn. Das Reich der Himmel gleicht einem Sauerteig. Wie Sauerteig eine große Menge Mehl durchsäuern kann, weil er lebendig ist, so kann auch das Reich Gottes die Welt durchsäuern und ihr Geschmack und Lebendigkeit verleihen.
Kritik an einer verbreiteten Auslegung des Gleichnisses
Als junger Christ habe ich öfter die Auslegung gehört, dass sich dieses Gleichnis nicht auf die Ausbreitung des Reiches Gottes in der Welt bezieht, sondern darauf, dass das Reich Gottes selbst vom Sauerteig, also von der Sünde, durchsäuert wird.
Was ist davon zu halten? Kurze Antwort: Nichts.
Lange Antwort: Erstens ist diese Auslegung in Bezug auf den Vergleichspunkt unsauber. Das Reich Gottes gleicht ja nicht den drei Maß Mehl, die im Lauf der Zeit vom Sauerteig, also von der Sünde, durchsäuert werden. Vielmehr gleicht das Reich Gottes dem Sauerteig. Der Sauerteig selbst steht für das Reich Gottes beziehungsweise für das Prinzip, das der Herr Jesus hier deutlich machen will.
Zweitens wird der Begriff Sauerteig hier bildhaft gebraucht, das stimmt. Aber und das ist jetzt total wichtig: Was mit dem Bild konkret ausgedrückt wird, muss sich aus dem Zusammenhang ergeben. Gerade Sauerteig kann ganz Unterschiedliches bedeuten. Hier mal ein paar Beispiele.
Verschiedene Bedeutungen des Bildes vom Sauerteig in der Bibel
Im Blick auf ein unzüchtiges Gemeindemitglied, das die Korinther nicht ausgeschlossen haben, schreibt Paulus in 1. Korinther 5,6-7: „Euer Rühmen ist nicht gut. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seid, wie ihr ja bereits ungesäuert seid.“
Der Sauerteig steht hier für das sündigende Gemeindeglied beziehungsweise für die Sünde selbst. Weil wir ungesäuert sind und Jesus uns als Gemeinschaft am Kreuz geheiligt hat, hat ein unbußfertiger Sünder mit seiner Sünde in unserer Mitte nichts verloren.
Paulus fährt fort in 1. Korinther 5,8: „Darum lasst uns das Festfeiern nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit dem Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem der Lauterkeit und Wahrheit.“
Ein weiteres Beispiel findet sich in Matthäus 16,11-12: „Hütet euch aber vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!“ Da verstanden die Jünger, dass er nicht gesagt hatte, sie sollten sich vor dem Sauerteig der Brote hüten, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.
Hier steht der Sauerteig für die Lehre der Pharisäer und Sadduzäer. Doch selbst in diesem Zusammenhang kann der Begriff „Sauerteig“ eine andere Nuance annehmen.
In Lukas 12,1 heißt es: „Als sich unterdessen viele Tausende der Volksmenge versammelt hatten, sodass sie einander traten, fing er an, zuerst zu seinen Jüngern zu sagen: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer!“ Das heißt hier: vor der Heuchelei!
Man merkt, dass der Sauerteig der Pharisäer nun nicht mehr ihre Lehre meint, sondern ihr schlechtes Vorbild, ihre Heuchelei.
Das Bild des Sauerteigs als Symbol für das Reich Gottes
Und zum Schluss noch einmal unser Beispiel: Matthäus 13,33.
Ein anderes Gleichnis redete er zu ihnen: Das Reich der Himmel gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.
Der Sauerteig steht hier für das Reich der Himmel. Wenn man sich fragt, warum gerade Sauerteig als Bild verwendet wird, obwohl Sauerteig oft für etwas Negatives steht, dann wäre meine Antwort folgende: Die Leute, die den Sauerteig des Reiches Gottes ausmachen, wurden genau so wahrgenommen – negativ, wenig respektabel, einfache Leute mit einer zum Teil mehr als schrägen Biografie. Sie waren eben gerade nicht der Typ Nachfolger, von dem man erwarten würde, dass Gott ihn beruft, um mit dem Evangelium die Welt zu verändern.
Das Bild vom Sauerteig passt also schon irgendwie. Und es ist doch auch ermutigend, oder? Wenn Gott seit zweitausend Jahren sein Reich mit Sauerteigtypen baut, dann kann er auch mit mir etwas anfangen.
Persönliche Haltung und Ermutigung zum Dienst im Reich Gottes
Ich muss das noch einmal sagen: Wir sind nicht die Strategen hinter dem Bau von Gottes Reich.
Lasst uns sehr skeptisch sein, wenn Prediger eine neue Erweckung ankündigen. Ich glaube solchen Leuten nicht. Ich halte sie alle für Scharlatane. Warum? Weil sich bislang noch alle geirrt haben. Außerdem binden sie Gläubige mit solchen Versprechen an sich, an ihre prophetisch-heilsgeschichtliche Sicht und oft auch an ihre sehr spezielle Interpretation der Bibel.
Inhaltlich ist es immer ein „Jesus plus eine besondere Erfahrung oder eine Einsicht oder eine Gemeinschaft“. Ihr ahnt es bestimmt: Da bin ich raus. Mir reicht mein Herr Jesus. Ich will mich nicht von Irrlehrern, neuen Strömungen oder Offenbarungen einfangen lassen. Ich will einfach nur ein Sauerteigtyp sein.
Damit diene ich mit den Gaben, die Gott mir gegeben hat, dort, wo Gott mich hingestellt hat. Lasst uns treu sein – das ist anstrengend und herausfordernd genug.
Du könntest dich darüber freuen, dass du als Sauerteigtyp mit deinen Gaben am Bau des Reiches Gottes mitwirken darfst. Dabei dürfen wir wissen, dass Gott aufpasst und darauf, dass am Ende alles einen Sinn ergibt.
Abschluss und Segenswünsche
Das war es für heute.
Wenn du deine Bibel noch nicht so oft gelesen hast, nimm dir doch einmal vor, für einen Monat jeden Tag vier Seiten zu lesen.
Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.