Beteilige dich im Gebet
Reihe: Das ABC der Mission (2/4)
Kolosser-Brief 4,3-4
Corrie ten Boom erzählt über eine abenteuerliche Autofahrt: „Einmal fuhr ich in einem Auto durch die kalifornischen Berge von Los Angeles nach San Francisco. Es ist ein schwacher Punkt bei mir, dass ich mich fürchte, wenn ich mit Amerikanern durch die Berge fahre, denn meistens fahren sie mit ganz gehöriger Geschwindigkeit. Neben der Strasse befand sich ein Abgrund und ausserdem hatte sie viele Haarnadelkurven. Aus Erfahrung wusste ich, was ich machen musste, wenn ich in solche Angstzustände gerate. In der Gefängniszelle hatte ich oft solche Ängste auszustehen, und dann fing ich an zu singen. Singen half immer. Auch jetzt sang ich ein Lied nach dem andern, und der Fahrer fragte mich neckend: ‚Haben sie Angst?‘ ‚Ja‘, sagte ich, ‚und deshalb singe ich.‘ Aber es hatte diesmal nicht viel Erfolg. Jedesmal, wenn wir uns einer Kurve näherten, dachte ich. Wenn nun ein Auto von der entgegengesetzten Seite kommt, oh! dann gibt es einen Zusammenstoss, und erschrocken hörte ich auf zu singen. Nein, singen nützte diesmal nicht. Ich versuchte zu beten, aber immer war es das gleiche. ‚Herr, bringe uns wohlbehalten nach San Francisco. Gib, dass wir nicht in diesen Abgrund stürzen, und gib bitte, dass bei der Kurve da vor uns kein Auto von der anderen Seite kommt.‘ Ich betete fortwährend gegen meine Angst, und dann – ich weiss nicht, wie ich auf den Gedanken kam – fing ich an, für andere zu beten, für jeden, der mir in den Sinn kam, für die Menschen, mit denen ich gereist war, mit denen ich im Gefängnis gesessen hatte, mit denen ich zur Schule gegangen war. Ich weiss nicht, wie lange ich betete; aber dies weiss ich, dass ich mich nicht mehr fürchtete. Durch die Fürbitte war ich von meiner Angst befreit worden.“ Fürbitte ist nebst dem Dank und dem Lob Gottes ein ausserordentlich wichtiger Teil des Gebets. In der Fürbitte nehmen wir an verschiedenen Projekten und Lebenssituationen teil. In der Fürbitte beteiligen wir uns an der Mission. Auch Paulus bittet die Kolosser um Fürbitte: „Tretet auch für uns ein, wenn ihr betet! Bittet Gott, uns eine Tür für seine Botschaft zu öffnen. Dann können wir das Geheimnis weitergeben, das Christus uns enthüllt hat und für das ich im Gefängnis bin. Betet, dass ich meinen Auftrag erfüllen und dieses Geheimnis klar und verständlich verkünden kann.“ Kol 4,3-4
I. Auch die Besten brauchen Gebetsunterstützung
Paulus, der eifrige Verkündiger des Evangeliums, der – so scheint es – für das Evangelium durchs Feuer geht, bittet die Gemeinde um Gebet für seinen Dienst. „Tretet auch für uns ein, wenn ihr betet!“ Kol.4,3. Er bittet die Gemeinde in Kolossä, für ihn und seine Mitarbeiter zu beten. Hat Paulus das wirklich nötig? Ist das nicht einfach so dahingesagt? Die Hinwendung von Paulus zu Jesus war dermassen radikal, dass sich sein Leben komplett veränderte. Er wurde vom Christenverfolger zum Christusnachfolger. Für ihn gab es nur noch eines, was er in seinem Leben tun wollte: Das Evangelium von Jesus Christus verkündigen und so viele Menschen wie möglich mit dem Evangelium erreichen, damit sie für Zeit und Ewigkeit gerettet werden. Paulus war ausserordentlich intelligent und gebildet und ein vollmächtiger Verkündiger. Schon kurz nach seiner Bekehrung konnte er die Juden mit Argumenten in die Enge treiben. Lukas berichtet: „Paulus trat mit immer grösserer Entschiedenheit auf und brachte die Juden, die in Damaskus lebten, in grösste Verwirrung, weil er überzeugend darlegte, dass Jesus der Messias ist.“ Apg.9,22. Paulus war sich seiner Sendung und Autorität sehr bewusst. Ihm war klar, dass Gott ihm den Auftrag gegeben hatte, unter den Heiden das Evangelium zu verkündigen. Das schreibt er den Christen in Ephesus: „Mir, dem Allergeringsten von allen, die zu Gottes heiligem Volk gehören, hat Gott in seiner Gnade den Auftrag gegeben, den nichtjüdischen Völkern zu verkünden, was für ein unermesslich grosser Reichtum uns in der Person von Christus geschenkt ist.“ Eph.3,8. Braucht dieser Mann tatsächlich die Gebetsunterstützung der Kolosser? Genügt es nicht, begabt und von Gott beauftragt und bevollmächtigt zu sein? Wenn wir die Bibel aufmerksam lesen, entdecken wir noch eine andere Seite, eine verletzliche Seite von Paulus. Durch die Verkündigung des Evangeliums musste Paulus viel leiden. Einmal wurde er gesteinigt, so dass die Peiniger überzeugt waren, dass er gestorben sei. Mehrmals peitschte man ihn aus. Dreimal versank das Schiff, auf dem er reiste und er trieb stundenlang im Meer. Er hatte Todesnöte ausgestanden und ist öfters im Gefängnis gelandet usw. Nicht gerade eine Erfolgsgeschichte. Diese ständigen Hindernisse, Rückschläge, Angriffe und Demütigungen haben bei Paulus Spuren hinterlassen. Oft fühlte er sich schwach und er hatte Angst. Vermutlich hatte er Angst, was wohl als nächstes kommen wird, wenn er das Evangelium verkündigt. So sagt er den Korinthern über seine ersten Verkündigungsbemühungen in Korinth: „Ich fühlte mich schwach; ich war ängstlich und sehr unsicher, als ich zu euch sprach.“ 1.Kor.2,3. Kein Superheld, der mit dem Kopf durch die Wand geht. Paulus benötigte immer wieder Motivation zum Weitermachen. Er musste sich immer wieder aufraffen, so auch in Thessalonich. Er schreibt der Gemeinde: „Kurz zuvor, in Philippi, hatten wir noch viel zu leiden gehabt; ihr wisst, dass wir beschimpft und misshandelt worden waren. Aber unser Gott schenkte uns neuen Mut, und obwohl wir auch in Thessalonich auf heftigen Widerstand stiessen, konnten wir euch sein Evangelium frei und offen verkünden.“ 1.Thess.2,2. Gott schenkte ihnen den Mut, trotz dem Widerstand das Evangelium zu verkündigen. Paulus war also nicht der starke und über alles erhabene Mann. Doch eines zeichnet Paulus aus: Er war entschlossen den Auftrag, den er von Jesus bekam, auszuführen – koste es, was es wolle! Weil Paulus seine Verletzlichkeit kannte und er um keinen Preis aufgeben wollte, bittet er die Gemeinde in Kolossä, ihn und seine Mitarbeiter im Gebet zu unterstützen: „Betet, dass ich meinen Auftrag erfüllen und dieses Geheimnis klar und verständlich verkünden kann.“ Kol.4,4. Paulus weiss, weder seine Intelligenz noch seine Bildung, weder sein Bekehrungserlebnis noch seine besonderen Offenbarungen, vermögen Menschen zur Umkehr zu bewegen. Paulus weiss: Wenn nicht Gott selbst die Herzen der Menschen öffnet, dann ist alles Reden, Predigen und Argumentieren sinnlos. Er ist und bleibt ganz und gar von Gott abhängig. Gott muss die Türen zu den Herzen der Menschen aufstossen. Das erlebte Paulus, als er zum ersten Mal auf europäischem Boden das Evangelium verkündigte. Lukas berichtet darüber: „Eine dieser Frauen – sie hiess Lydia – war eine Purpurhändlerin aus Thyatira, die an den Gott Israels glaubte. Während sie uns zuhörte, öffnete ihr der Herr das Herz, so dass sie das, was Paulus sagte, bereitwillig aufnahm.“ Apg.16,14. Der Herr öffnete ihr Herz, damit sie bereitwillig das Evangelium aufnehmen konnte. Paulus konnte wohl verkündigen und das machte er bestimmt ausgezeichnet. Doch das Herz der Lydia konnte nur Gott öffnen. Paulus kannte seine eigenen Grenzen. Deshalb ist ihm das Gebet der Gemeinde wichtig. Paulus gehört unbestritten zu den Besten Verkündiger im Reich Gottes. Wenn Paulus die Gebetsunterstützung der Gemeinde braucht, dann brauchen auch unsere Missionare unsere Unterstützung im Gebet. Ja, dann brauchen auch wir für die Begegnung mit Menschen in Zürich die Unterstützung im Gebet.
II. Die Hauptsache im Auge behalten
Paulus – das geht aus seiner Bitte an die Gemeinde hervor – sitzt im Gefängnis. Natürlich nicht weil er etwas verbrochen hätte, sondern weil er mit der Verkündigung des Evangeliums Anstoss erregte. Wenn wir wüssten, dass jemand von uns in dieser Situation ist. Für was würden wir beten? Wir würden bestimmt dafür beten, dass die Gefangenschaft erträglich ist, dass er gesund bleibt und vor allem, dass er möglichst bald wieder freikommt. Das wäre alles richtig und natürlich spricht gar nichts dagegen, für diese Anliegen zu beten. Das Erstaunliche ist jedoch, dass Paulus diese Anliegen mit keinem Wort erwähnt. Ihn beschäftigen offensichtlich ganz andere Anliegen: „Bittet Gott, uns eine Tür für seine Botschaft zu öffnen. Dann können wir das Geheimnis weitergeben, das Christus uns enthüllt hat und für das ich im Gefängnis bin.“ Kol.4,3. Mit anderen Worten: Bittet Gott, dass wir die Gelegenheit bekommen, das Evangelium von Jesus Christus zu verkündigen. Betet, dass wir auch im Gefängnis unseren Auftrag ausführen können. Findet ihr das nicht erstaunlich? Ich finde das sehr erstaunlich! Praktisch nie bittet Paulus die Gemeinden, für seine ganz persönlichen Anliegen zu beten. Seine Aufrufe zur Fürbitte stehen immer in Zusammenhang mit seinem Auftrag – mit der Verbreitung des Evangeliums. Dieses erstaunliche Verhalten entdecken wir auch bei den ersten Christen in Jerusalem. Als Petrus und Johannes gefangen und verhört wurden und man ihnen unter Drohungen verbot, weiterhin von Jesus zu erzählen, war das für die Christen eine schwierige und vor allem eine bedrohliche Situation – eine lebensbedrohende Situation! Was unternahmen die Christen? Klar - sie beteten, was den sonst. Sie beteten jedoch nicht um Bewahrung, dass ihnen nichts Böses zustosse. Das schien sie gar nicht zu beschäftigen. Sie beten so: „Höre nun, Herr, wie sie uns drohen, und hilf uns als deinen Dienern, furchtlos und unerschrocken deine Botschaft zu verkünden.“ Apg.4,29. Die Sorge der Christen war, dass sie den Auftrag nicht mehr erfüllen könnten. Sie hatten Bedenken, dass sie aus lauter Angst vor Verfolgung nicht mehr den Mut hätten, über Jesus zu sprechen. Deshalb bitten sie Gott um Furchtlosigkeit, damit sie das Evangelium trotz allen Widerständen unerschrocken verkündigen können – selbst wenn es sie das Leben kosten würde. Ihr persönliches Wohlbefinden beschäftigte sie offensichtlich nicht so stark. Diese Christen haben die Hauptsache nicht aus den Augen verloren, so wie jene Christen, die Jakobus tadeln musste: „Selbst wenn ihr euch an Gott wendet, werden eure Bitten nicht erhört, weil ihr in verwerflicher Absicht bittet: Das Erbetene soll dazu beitragen, eure selbstsüchtigen Wünsche zu erfüllen!“ Jak.4,3. Wir sollten in unseren Gebeten das Reich Gottes nicht aus den Augen verlieren. Was Jesus in der Bergpredigt sagt, das gilt auch für unsere Gebete: „Es soll euch zuerst um Gottes Reich und Gottes Gerechtigkeit gehen, dann wird euch das Übrige alles dazugegeben.“ Mt.6,33. Wenn wir uns nur um uns selber drehen, werden wir keine tiefgreifenden Erfahrungen mit Gott machen. Von einer gläubige Frau wird berichtet, die durch allerlei Sorgen in der eigenen Familie, Schwierigkeiten im Haushalt, Ärger und Probleme mit Nachbarn und Hausbewohnern, ein beschwerliches Leben hatte. Ihr Leben war voller Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten. Mit viel Beten versuchte sie ihre schwierige Situation zum positiveren zu verändern. Doch alles schien zu bleiben wie es war. Doch eines Tages geschah in ihr eine totale Wandlung, und zwar durch ein Mädchen, das in Not und Verzweiflung an ihrer Tür stand und um Hilfe bat. Im Umgang mit diesem Mädchen und beim ernsthaften Beten um seine Errettung erlebte sie, wie plötzlich eine echte Liebe zu diesem verlorenen Menschen in ihr aufbrach. Je mehr sie sich um sie kümmerte, desto mehr sah sie auch andere, die in Not geraten waren. Während sie vorher nur ihre eigenen Probleme gesehen hatte, bekam sie jetzt einen Blick für die Schwierigkeiten und Nöte um sie her- um, und je mehr sie anfing, für die Not der anderen zu beten, desto mehr verschwand ihre eigene Not. Sie wurde fröhlich und hilfsbereit. Sie war frei geworden für die Not ihrer Mitmenschen. Durch ihr Gebet für die anderen wurde auch sie an das Stromnetz der Liebe Gottes angeschlossen und dadurch frei von sich selbst. Welche Anliegen bestimmen deine Gebete? Wie gross ist der Anteil deiner Anliegen, die das Reich Gottes betreffen?
Natürlich dürfen und sollen wir unsere Sorgen Gott bringen. Wir müssen nicht nur für andere und für das Reich Gottes beten. Das könnte groteske Auswüchse zur Folge haben. Wie bei jener ledigen Frau, die betet: „Herr, da ich nicht für mich selbst beten möchte, bitte ich dich für meine Mutter – dass du ihr einen Schwiegersohn schenken möchtest!“ Natürlich können und sollen wir für uns selber beten, das hatte Paulus bestimmt auch gemacht. Schliesslich werden wir dazu ermutigt: „Legt alle eure Sorgen bei Jesus ab, denn er sorgt für euch.“ 1.Petr.5,7. Doch wir dürfen dabei nicht vergessen, für die wichtigsten Anliegen zu beten, nämlich für die Verbreitung des Evangeliums. Wir dürfen in unseren Gebeten nicht vergessen, dass es auf dieser Welt nicht hauptsächlich um uns geht, sondern dass Gott möchte, dass wir uns an der Verbreitung des Evangeliums beteiligen. Gott freut sich, wenn wir uns im Gebet am Missionsauftrag beteiligen. Jesus sagt: „Die Ernte ist gross, doch es sind nur wenig Arbeiter da. Bittet deshalb den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter auf sein Erntefeld schickt!“ Mt.9,37-38. Beteiligen wir uns im Gebet am grossen Auftrag, den Gott uns gegeben hat: an der Verbreitung des Evangeliums!