Die Begrenztheit menschlichen Wirkens und die Sehnsucht nach authentischem Leben
Ich denke, jeder von uns ist sehr belastet – nicht nur durch Sorgen um Krankheit oder um liebe Menschen, sondern auch durch Enttäuschungen. Wir hätten ja so gern in unseren Gemeinschaften dieses authentische Leben, das andere Menschen anzieht. Doch oft ist dort alles so müde und gequält. Und wir selbst können es auch nicht vermitteln.
Das bewegt mich immer wieder bei diesem Thema: Wir können gar kein Leben machen.
Ich war 40 Jahre Gemeindepfarrer. Wenn ich zurückdenke, erschrecke ich über unzählige versäumte Gelegenheiten, über Menschen, die man verprellt hat, über Besuche, die man vergessen hat, und über Kranke, die man nicht betreut hat. Was können wir denn wirklich?
Ich habe mit unzähligen zerbrechenden Ehepaaren gesprochen, deren Ehe auseinandergebrochen ist. Ich kann kein Ehepaar zusammenführen, selbst wenn ich wie ein Engel rede – ich schaffe es nicht.
Ich habe junge Menschen gesehen, die sich mit Drogen gespritzt haben. Ich habe mit ihnen geredet, ihnen gesagt, sie sollten keinen Unsinn machen. Sie haben mich angeschaut und sind weitergegangen. Wir können gar nichts machen.
Wissen Sie, was der Hochvackertag ist? Das ist das Bekenntnis, dass wir arme, schwache Menschen voller Mängel und Fehler sind.
Es war aber so wichtig, wie wir geheiratet haben, meine Frau und ich: Wir brauchen nie voreinander Theater zu machen. Wir brauchen jeden Tag vielfach die Vergebung von Jesus.
Das haben wir auch unseren Kindern gesagt: Wenn wir morgen einen Dach halten, dann stoßt euch nicht an uns. Wir machen viel falsch. Aber wir haben einen wunderbaren Herrn.
Das ist das Besondere an der Hofhacker-Konferenz: der Blick auf Jesus. Der Blick auf Jesus, der so viel will, so viel kann und so viel tut. Und vor allem will er Leben schaffen. Er, der das Leben ist, unser Herr Jesus, will Leben schaffen.
Die Einladung zur Freude und das Loslassen eigener Kraft
Da kamen einmal junge Leute zum Grafen Zinzendorf. Sie waren voller Kraft und Energie, standen im Glauben und sagten: „Graf, wir wollen etwas tun.“
Sie dachten an ganze Kataloge von Aufgaben. Sie waren bereit, viele Dienste zu übernehmen und sich in schwierigen Missionsaufgaben senden zu lassen.
Wissen Sie, was Graf Zinzendorf zu ihnen sagte? „Werdet des Heilands fröhliche Leute, seid des Heilands fröhliche Leute. Nur das ist wichtig: Freut euch, dass ihr einen Herrn habt, der euch liebt, der euch trägt und der euch gebraucht.“
Habe ich dieses Thema ein bisschen unterteilt? Warum sind dann viele Christen so verkrampft? Es gibt eine große Not bei uns, denn viele Christen sind verkrampft.
Ach, das ist alles gut gemeint. Sie sind sehr lieb und sagen: „Ich will ein guter Mensch sein, ich möchte alles richtig machen, ich möchte eine gute Ehe führen, ich möchte eine vorbildliche Familie haben.“
Aber Sie können darauf Gift nehmen: Es wird nichts. Mit unserer Kraft ist nichts getan. Wir kommen nicht weit, wir brechen ein.
Kennen Sie den Kampf in Ihrem Leben, wenn man sich auf Biegen und Brechen müht und sagt: „Ich möchte jetzt irgendetwas wirken für meinen Herrn“? Man zwingt sich.
Heute gibt es so einen rührenden Eifer, wie wir in unseren Gemeinden immer neue Aufgaben, Dienste und Methoden erfinden.
Irgendwann muss das Leben kommen. Aber wir merken: Nein, es kommt nicht. Wir sind schon alle überarbeitet, bis an die Grenzen unserer Belastbarkeit gekommen.
Wir machen es nicht. Aber Jesus kann.
Die Kraft des Glaubens und das Leben in Christus
Und ich habe ein Wort aus dem Galaterbrief, Kapitel 2, Vers 20: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich hat dargegeben.“
Es war eine ganz schlimme Krise damals in den Gemeinden in Galatien, heute liegt das Gebiet in der Türkei. Plötzlich kamen Bibellehrer, die in den Gemeinden großen Zulauf hatten. Sie sagten, Paulus mache es viel zu einfach. Er rede immer nur von Jesus, Jesus, Jesus. Aber man müsse auch selbst etwas dazu tun. Man müsse sich anstrengen, sich kasteien, sich mühen. Man müsse reine und geheiligte Menschen sein.
Diese Lehrer verwiesen darauf, dass im Alten Testament viele Mose-Vorschriften stehen, die man wieder einführen müsse. Das habe ja alles seinen Sinn, wenn man all die kultischen Vorschriften wieder einführt.
In unserer Zeit, in der alles drunter und drüber geht, sagen wir immer wieder: Wir brauchen Werte, das ist so wichtig. Aber wer hilft uns eigentlich zu sagen, wie wir diese hohen Werte auch umsetzen können? Wir wissen schon, was gut und wichtig für unser Leben wäre. Aber wie schaffen wir das?
Ordnungen, Aufrufe und Beispiele helfen mir nichts, wenn mir niemand sagt, wie ich das schaffen kann. Paulus hat immer wieder darauf hingewiesen. Irgendwann bekannte er ganz offen: Der große Theologe, große Evangelist und Apostel sagt ganz simpel: „Ich bin gefangen ins Böse!“
Das Böse ist nicht bloß in der Welt – darauf kann man ja mit Fingern zeigen. Das Böse steckt ganz massiv in mir drin. Ich will, aber ich kriege es nicht hin. Ich will es tun, ich will es vollbringen, aber ich weiß nicht, wie ich es schaffen soll. Wie kann ich überhaupt mit der Macht der Sünde brechen?
Jetzt wissen Sie, warum es oft so verkrampft und verbissen wird bei uns. Wir wollen gegen die bösen Versuchungen ankämpfen. Wir wollen keine trägen Christen sein. Gerade wir als Pietisten meinen es doch ernst. Wir wollen die Gesetze halten, gute Menschen werden und etwas tun für das Reich Gottes.
Vier Verse davor, in Vers 16, schreibt Paulus im zweiten Kapitel im Galaterbrief: „Durch das Tun des Guten wird kein Mensch gerecht.“ Kein Mensch auf der Welt hat es je geschafft, mit seinen Vorsätzen und Absichten das Gute zu tun.
Deshalb ist es so wichtig, wenn wir uns verkrampfen, erkämpfen und ringen. Ich habe es bei jungen Leuten erlebt, zum Beispiel im Jugendbibelkreis. Wenn wir darüber sprachen, sagten sie: „Ich möchte ein ganz anderes Leben führen als meine Eltern. Es soll viel besser sein.“ Doch dann brechen sie furchtbar ein und erleben die Macht der Sünde in ihrem Leben.
Liebe Schwestern und Brüder, das ist das aktuellste Thema in euren Hauskreisen, in euren Gottesdiensten und Bibelstundegemeinschaften: darüber zu reden, dass wir bis ans Ende unseres Lebens diesen furchtbaren Kampf kämpfen müssen – gegen die Versuchungen, gegen die Macht des Teufels, der uns verwirren will.
Und dass wir sagen: „Das hat gar keinen Wert.“ Da werden neue Appelle und neue Aufrufe laut.
Die Erfahrung der Gnade und das Leben im Glauben
Zum nächsten Punkt: Das erste war, warum sind so viele Christen so verkrampft, freudlos und verbissen?
Ich habe eine Frage: Kennst du die Kraft von Jesus? Paulus erinnert die Galater daran: Wie war es denn, als ihr gläubig wurdet? Ja, damals hat Paulus ihnen Jesus vor die Augen gemalt – den Gekreuzigten. Da sind ihnen die Tränen runtergelaufen. Dieses neue Leben hat sie bewegt und ergriffen. Sie sagten: „Ich bin gerecht vor Gott, unverdient, gratis, aus lauter Gnade, und ich darf das annehmen. Es wird mir geschenkt, es wird mir zuteil, obwohl ich es nicht verdient habe, obwohl ich den Gehorsam gar nie erbracht habe. Unverdient habe ich dieses Geschenk empfangen.“
Und dann kam die Stunde, wo es hieß: „Aber dann muss man selber arbeiten.“ Nein! Bis in deine Todesstunde hinein bleibt dieser Punkt so bestehen. Du kannst nicht einmal deine Todesstunde selber bewältigen. Und wenn du ein Glaubensheld bist, wenn dich Jesus nicht durchträgt, kannst du die schweren Krisen deines Lebens gar nicht bestehen.
Wenn dich Jesus nicht durchträgt, dann geht es nicht. Darum sagt Paulus: „In meinem Leben hat es einen Wechsel gegeben. Die Mitte bin immer ich.“ So lebe nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Ich habe Christus in meinem Leben als Mitte aufgenommen. Das ist authentisches Leben: Christus lebt in mir.
Und was ich noch lebe im Fleisch, in meinen irdischen Tagen, das lebe ich im Glauben an Jesus, den Sohn Gottes. Man sagt ja bei uns immer: Der Glaube rettet, der Glaube macht sich. Das stimmt aber nicht. Der Glaube rettet nichts, sondern Jesus rettet.
Der Glaube ist nur das Instrument, durch das ich Jesus halten und fangen kann. Ich darf Jesus fassen durch mein Vertrauen, durch mein kindliches Vertrauen. Und ich darf das immer wieder festhalten und heute wieder sagen: „Herr Jesus, ich weiß nicht, wie dieser Tag vorbeigehen soll, ich weiß nicht, wie ich sagen soll, aber du musst meine dürren Worte nehmen, dass es heute irgendwo ins Herz fällt. Du musst das machen, ich kann es nicht.“
Und die vielen Aufgaben, die Sie haben, vor denen Sie stehen, an denen Sie scheitern, sagen Sie: „Herr Jesus, wir haben alles probiert, jetzt bist Du dran. Ich kann nur Dir das Feld überlassen.“
Die Bedeutung von Schwäche und Gnade im Glaubensleben
Ein weiterer, dritter Punkt: Wenn man immer wieder die Sünde durchbricht – es sind fünf Punkte –, ist es gut, wenn wir das allen Menschen sagen, die mit uns zusammenkommen.
Es ist heute eine große Not, dass jeder ein Vorbild sein will, aber wir sind es doch nicht. Wann hat einer wieder den Mut, so wie Ludwig Hofacker zu sagen: „Ich bin nicht besser als die, die man an einem Galgen aufhängt. Ich bin so einer wie die, aber die Gnade rettet, die Gnade rettet.“ Deshalb fallen Christen mit ihren steilen Sprüchen oft furchtbar auf die Nase und erleben viele Enttäuschungen.
Hans Brandenburg, den viele nicht mehr kennen, war ein großer Mann. Er war Missionsmann, tätig in der Berliner Stadtmission, Evangelist und lange Zeit bei „Licht im Osten“ engagiert. Hans Brandenburg sagte immer: Es gibt Kinderkrankheiten im Glauben, die muss man durchmachen, um die nötigen Abwehrkräfte zu entwickeln. Sie wissen, was das bedeutet: Windpocken muss man haben, Masern muss man durchmachen, Keuchhusten auch, damit man die Widerstandskräfte aufbaut.
Hans Brandenburg sagte außerdem: Jeder durchläuft nach seiner Bekehrung eine gesetzliche Phase. In dieser Phase ist man leidenschaftlich und will die ganze Welt bekehren und allen sagen, was sie falsch machen – bis man die Gnade von Jesus in einer ganz neuen Tiefe erfasst.
Paulus war es so wichtig, den Galatern zu sagen: Das Einzige, was euch rettet, ist, dass ihr jeden Tag neu die Gnade von Jesus erlebt.
Ich höre oft, dass man bei der Evangelisation sagt: Wir wollen die Außenstehenden erreichen. Wer will das nicht? Wir wollen alle erreichen, haben ein Herz wie ein Scheunentor und wollen alle einladen. Aber wissen Sie: Jede Evangelisation, die ich besucht habe, habe ich selbst gebraucht – vor allen anderen. Denn der Glaube ist nicht mit einer einmaligen Entscheidung am Anfang des Glaubenslebens abgehakt. Wie oft muss ich zurückkehren?
Wie toll wäre es, wenn wir in unseren Kirchen die Bußbank der Heilsarmee hätten, wo man zusammenbrechen darf und sagt: „Jesus, ich komme wieder mit der alten Schuld. Aber ich will deine Liebe erahnen und deine Treue erfahren in meinem Dienst. Du musst doch etwas daraus machen, sonst wird alles nichts. Erbarme dich meiner, so wie du dich erbarme hast, als du mich zu dir gerufen hast.“
Seien Sie mit allem eigenen Wollen so gut und lieb, wie es gemeint ist – mit allen Verkrampfungen, Riemenreißen und Appellen. Wir alle wollen es schaffen, aber wir schaffen es nicht, den Teufel zu besiegen. Nur einer hat es geschafft: Jesus.
Der wichtigste Teufel von Jesus heißt am Ende der Versuchung: „Jesus, du hast diese Macht, alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Jesus hat allein die Macht über ihre Enkelkinder, Jesus hat allein die Macht über den schwierigen Ehemann und über die ganzen Zurüstungen, die wir brauchen. Jesus hat doch Macht!
Das Wirken Jesu und die Kraft des Wortes Gottes
Die Fülle war so eindrucksvoll, als wir in Israel den Vortrag eines führenden Judenchristen, Viktors Madja, hörten. Er erzählte, wie er als Jude gläubig wurde und Christus fand. Dabei habe ich eines begriffen: Ich muss in meinem Leben nichts selbst machen. Jesus hat alles schon vorbereitet. Die Werke sind bereits bereit, und ich muss sie nur noch entdecken und darin wandeln.
So heißt es ja tatsächlich in Epheser 2,10: Gott hat das alles schon fertig gemacht. Das war in meinem Leben wunderbar. Morgens habe ich gesagt: „Herr, ich bin gespannt, was du heute tun wirst.“ Und ich bin ganz sicher, dass Jesus in Ihrem Leben viel vorhat – in Ihrer Familie, mit den Menschen, denen Sie begegnen, und in Ihrer Gemeinschaft.
Auch wenn Sie manchmal sagen, es sei gar nichts los – doch wenn Jesus dort wirken kann, ist das großartig. Was ist Ihr Sehen? Sie sehen doch gar nicht, was im Stillen geschieht. Sie sehen nicht die Verborgenheit des Reiches Gottes. Rechnen Sie mit den großen Wirkungen Jesu! Er will Sie neu machen und Ihr Leben in Besitz nehmen. So sagt Paulus: „Christus lebt in mir.“
Das ist uns Pietisten ganz wichtig: die Neugeburt dadurch, dass Jesus in unserem Leben wohnt. Dass ich Christus aufnehme – nicht ich, sondern Christus soll mich beherrschen. Er soll mich leiten mit seinen Gedanken. Wie kann ich seine Worte hören? Nur aus seinem Wort, durch das er zu mir redet, aus der Stille des Gebets.
Es ist so wunderbar, dass Sie dieses authentische Leben erleben dürfen, das Jesus bei Ihnen schafft. Sehen Sie, jedes Kind kann das ganz einfach: Hände ausstrecken, Jesus aufnehmen und ihn wirken lassen, zu ihm kommen und sagen: „Herr, tu du was!“
Das Leben in Aktivität und Zeugnis
Mein vierter Punkt
Jetzt ist unser Leben voll sprühender Aktivität. Natürlich sind die Werke wichtig, die Werke. Aber es ist ja toll, dass wir Alten noch etwas tun dürfen, wenn uns der Herr noch braucht.
Herr, wenn ich noch ein paar Stunden zu leben habe, möchte ich noch ein paar Menschen zu dir führen. Ich will kein stummer Hund sein. Ich will mit meinem türkischen Nachbarn nicht über den Islam streiten, sondern ihm erzählen, wie Jesus meine Sünde tilgt. Größeres kann man einem Muslim nie sagen. Wenn ich sterbe, fallen die offenen Hände Jesu. Für einen Muslim unerhört: Es gibt Heilsgewissheit, es gibt Vergebung der Schuld.
Mensch, nutzt doch die Gelegenheiten! Jesus will uns doch als seine Zeugen haben, unsere Gemeinde! Macht doch nicht so, dass wir stille Vorbilder suchen! Guckt mal die großen Vorbilder alle an, auch die, die vorher genannt wurden: Fehlbare, schwache Leute voller Mängel. Zum Beispiel hatte jemand so eine tolle Großmutter, die ungeheuer viel Segen ausgestreut hat – die Großmutter Busch, Mutter von Wilhelm Johannes Busch. Und an ihrem achtzigsten Geburtstag ließ sie singen: „Wird es Erbarmen widerfahren, Erbarmen, dessen ich nicht wert bin.“ Das zähle ich zu dem Wunderbaren. Mein stolzes Herz hat es nie begehrt. Das bleibt bis zu unserer Todesstunde das Geheimnis unserer ganzen Aktivität.
Und wir staunen plötzlich: Da sind Menschen zum Glauben gekommen. Oft erfahren wir es erst Jahre später, da ist etwas sichtbar geworden, weil der Herr im Stillen wirkt, im Verborgenen. Und in der Ewigkeit werden wir staunen, was der Herr tun durfte. Ja, zum Glück verhüllt er uns, sonst wären wir ja stolz darauf.
Ich wünsche mir immer, wir sollten gar nicht so ein Getöse um unser Tun machen. Was ist schon unser Tun? Es ist der Herr, der in seiner Gnade wunderbar wirkt, der Leben schenkt – auch bei Ihnen, wo Sie sind, auch in Ihrer Gemeinde. Rechnen Sie mit ihm, stricken Sie sich nach ihm aus.
Da ist unser Leben voll sprühender Aktivität – durch unsere Worte, durch unser Tun, durch unser Lieben, durch unser Begegnen mit anderen. Ach, was ist das so schön, auch an diesem Tag, wo man mit vielen anderen zusammenkommt: Noch das Letzte nichts ohne Jesus.
Also, das ist ja jedes Mal bei Israelreisen für mich ein Schock, wenn so treue Mitchristen aus Württemberg kommen und sagen: „Ach, wie die an der Klagemauer beten! Die beten ja viel ernster als wir.“ Und ich sage: Quatsch! Ist das ernsthaft, wenn man mit seinem Körper wackelt? Wie sehr ist das nicht viel größer: Wir dürfen zum ewigen Gott „Papa“ sagen, aber lieber „Vater“. Wir dürfen reden wie Kinder. Was uns Jesus ermöglicht hat, ist viel, viel größer.
Wenn man da durch diesen Hasmonäer-Tunnel geht, kommt man an eine Stelle, da ist ein zugemauerter Kanal. Dort sitzen ein paar gläubige Juden, und sie kreischen und schreien und fassen mit ihren Händen hin, weil sie bis auf 45 Meter an das ehemalige Allerheiligste hinkommen. Da ist Gott zum Fassen.
Ich wollte sie alle einzeln herumreißen und sagen: Stopp! In Jesus kommt Gott in dein Leben, in dein böses Herz, und nimmt Wohnung darin – die ganze Fülle Gottes leibhaftig. Er will wirken, er will der Herr sein. So lebe nun nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir.
Um diese Neugeburt geht es doch, nicht bloß irgendwo einen Stein fassen und sagen: Da ist Gott. Nein, in Christus ist er erschienen, der große und mächtige Gott, und er will in Ihrem Leben Wohnung machen. Wissen Sie das? Trotz aller Sünden, trotz aller Schwäche, trotz aller Versäumnisse.
Und so ein großer Apostel wie Paulus, der die ganze Welt von Jesus erobern wollte, hatte als sein größtes Bekenntnis: Seine Gnade ist in Schwachen mächtig. Diese wunderbare, mächtige Jesus-Gnade – wissen Sie, was die erst in ihrem Leben wirken will, wenn sie schon beim Paulus so viel gewirkt hat?
Und wenn er jahrelang im Gefängnis lag, ich hätte ja gerabbelt wie ein Wilder. Paulus sagt: Wenn ich nur an den Gefängnisbeamten ein Stück der Jesusliebe sichtbar machen kann. So bescheiden war er mit seinen Planungen.
Wir haben manchmal viel zu übersteigerte Erwartungen, was wir alles für Jesus tun wollen. Wenn wir nur im Kleinen treu sind, in den kleinen Aufgaben unseres Lebens, in alltäglichen Begegnungen, und wenn wir Menschen von der unverdienten Barmherzigkeit und Güte unseres Herrn Jesus weitererzählen.
Paulus konnte ohne Jesus nichts, gar nichts mehr, keinen Schritt tun. Er war körperlich so geschlagen. Es ist ja merkwürdig, dass unser Herr das auch heute tut, nicht durch die Gesunden. Ich glaube auch nicht nur durch die schreierischen Ereignisse. Ich will da niemanden angreifen.
Gucken Sie mal in Ihrem Leben, wer Sie gesegnet hat und wer in Ihrem Leben so echt gewirkt hat: Menschen voller Mängel und Fehler, aber die Jesus aufgenommen haben und ihn wirken ließen, wo sein Wort wuchs und Frucht aufging.
Wenn Sie einmal denken, was in zweitausend Jahren deutscher Geschichte geschehen ist, kann man sich das ja gar nicht vorstellen. Unsere Vorfahren vor zweitausend Jahren beteten Botane an und hatten als größte Freude, Menschen umzubringen. Sie waren Germanen, Schlachtleute. Und dann kam das Evangelium zu ihnen, und dann wurden Menschen umgedreht, bekehrt.
Da ist eine Nation entstanden, wo Hospitäler waren, Diakonie und Liebeswerke, die in Christengemeinden entstanden. Da war Liebe aktiv bis in die Kultur hinein. Da gab es einen Händel und einen Bach. Da wurden immer Schlachtlieder gesungen. Da waren Liederdichter wie Paul Gerhard. Da waren Menschen, die uns Jesus groß gemacht haben.
In unseren Zeiten scheint es ja, als wollte man das abbrechen, als würde man sich der ganzen Vergangenheit schämen. Das ist so ein Erbe, das man aufnehmen muss. Und was war das? Schwache Menschen, die Jesus in ihrem sterblichen Leib wirken ließen.
Man erlebt das heute in der Mission, wie es immer so eindrücklich in Lateinamerika ist: riesige Aufbrüche. Heute gibt es nur dort, wo das Wort Gottes ist, diese Aufbrüche. Ganz interessant: Das Wort Gottes schafft Aufbrüche. Gemeinden gibt es nur über das Wort Gottes.
Ich glaube, unsere ganzen Gespräche über Methoden und Formen sind so unnütz. Wo das Wort Gottes ausgebreitet und echt ausgelegt wird, wächst Frucht, weil sein Wort nicht leer zu mir zurückkommt.
Und wie das heute läuft in Äthiopien, wo unerreichte Völker zum Glauben kommen, in Zentralasien und wie plötzlich eine Umänderung passiert. Wie heißt das in Lateinamerika? Wir erzählen den Lateinamerikanern immer, die Machos seien so Herrenmenschen, die Frauen ausbeuten und brutal behandeln. Die Machos werden plötzlich liebende Familienväter, wo das Evangelium hinkommt. Sie saufen nicht mehr und sie huren nicht mehr, ohne dass man mit ihnen darüber spricht.
Da werden nicht lange Konferenzen darüber gehalten. Das Evangelium schafft Frucht, weil Jesus über seinem Wort wacht und wirkt. Dann gibt es authentisches Leben.
Wenn man da sieht, wie die Indianervölker, die am Aussterben waren, plötzlich wieder Zukunftshoffnung haben, wie sie ihre brutalen Religionsgewohnheiten ablegen und wie sie plötzlich Verantwortung wahrnehmen. Wie man das erlebt in Malaysia, bei den Dayaks und überall, bei den Kopfjägern. Wie eine Veränderung durch das Evangelium geschieht.
Die größte Veränderung, wissen Sie doch, geschieht da in einem Menschen, wenn das Evangelium Frucht trägt und Leben schafft. Und darum können wir nichts mehr ohne Jesus.
Was ich jetzt im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dargegeben hat – dieser Jesus, der Sie liebt. Er will noch ganz viel durch Sie wirken.
Sie sollen am Freitag nach Hause gehen und sagen: Jesus, ich schenke mich dir aufs Neue, ich weihe mich dir aufs Neue, dass du etwas wirken kannst. Ich bin nicht besser als die anderen. Aber du kannst auch mein Leben ändern, dass meine giftige Sprache im Konflikt aufhört, dass ich besser Frieden wirken kann.
Aber du allein kannst es schaffen, es kann nur von dir herkommen. Und ich möchte Sie einfach bitten: Ergreifen Sie ganz neu diese Gnade von Jesus. Er will Sie benutzen und will mächtig in Ihnen wirken, Leben wirken, an Ihrem Ort, in Ihrer Gemeinschaft, dort, wo Sie leben, in Ihrer Familie.
Sie sind sein Zeuge, und Sie können es am besten sagen: Ich bin es nicht wert, aber er.